Angel von fragile (sasuXsaku) ================================================================================ Kapitel 4: Close ---------------- Ein großer Dank an , meiner lieben Beta, die wie immer einen super Job gemacht hat und überhaupt dafür 'verantwortlich' ist, dass das Kapitel wirklich lang geworden ist. Ein weiterer Dank geht an , die mich inspiriert hat. Kapitelwidmung: Enjoy reading Close Ich saß genau eine Stunde und vierundreißig Sekunden im Garten des Krankenhauses und betrachtete die vielen bunten Laubblätter, die über die kleinen Kieswege flogen und sich für wenige Sekunden an einem winzigen Fleck breit machten, ehe sie wieder mit dem Wind weiterzogen. Um meinen Hals trug ich den dicken Schal, den Naruto gestrickt hatte, als wir mit fünfzehn Jahren an einem Haushaltskurs teilnehmen mussten. Als Strafe, weil wir Unsinn und Streiche spielten. Und er konnte wirklich gut stricken, besser als ich, der bereits nach den ersten Maschen aufhörte. Der Schal war eigentlich schon viel zu mitgenommen, um ihm überhaupt als einen Schal zu bezeichnen, aber er gab mir für wenige Minuten Halt. Manchmal hab ich das Gefühl, dass meine Erinnerungen eingefroren sind und ich nur an einigen Stellen durch das dicke Glas spähen kann. Nicht mal ein Faustschlag fügt der Oberfläche Risse zu. Die Zeit verrinnt ziemlich schnell, wenn man versucht, alles auszukosten. Dann sitzt man auf dem unbequemen Sessel und starrt die Sanduhr an, die man von seinem Bruder zum sechsten Geburtstag geschenkt bekommen hat (weil Sanduhren besonders waren) oder zählt mit dem Sekundenzeiger die vergangene Zeit. Aber meistens fühle ich mich, als wäre meine Welt eine kaputte Taschenuhr. Ich tat schon immer alles auf einmal, aber die Wahrheit ist, dass ich alles gleichzeitig tun wollte, um Zeit zu sparen, bevor ich sterbe. Schon immer war ich Tagträumer, aber zwischen den Träumen ging ich alles genaustens durch, was die Tage zuvor geschehen war. Ich schmiedete Pläne und organisierte bereits Tage zuvor, manchmal sogar nachts. Nur, um Zeit zu sparen. Unter der Dusche übte ich die passenden Antworten zu Fragen der Reporter ein, die für gewöhnlich immer gestellt wurden. Beim Frühstück überflog ich die Zeitung und kritzelte nebenher kleine Zeilen aufs Papier, die mir für Songs in den Sinn kamen. Ich versuchte Zeit zu sparen, obwohl man es nicht sparen kann. Heute ist es mir eher bewusst als zu sonst einer Zeit. Jede Handlung, jede Bewegung, jede Verabredung – alles, was ich tat oder dachte, wurde von einer weiteren Tätigkeit oder einem anderen Gedanken überlagert. Ich strebte nach Vollkommenheit und Perfektionismus, um Dinge (Zeit) herauszuschlagen und ausgerechnet mein Ehrgeiz wurde mir immer wieder zum Verhängnis. Denn durch meine hochgesteckten Ziele und Vorstellungen verfiel ich in einen Höhenflug, der mir das Wichtigste aus dem direkten Blickwinkel nahm und das Wichtigste in den Toten Winkel schubste, welches ich dann nur hin- und wieder durch ein rasches Schulterblicken erhaschte, aber sofort wieder 'vergaß'. Ich glaube, ein Mensch versteht erst, wenn es wirklich so weit ist. Wenn man dann anfängt, wirklich über alles nachzudenken. Nachzudenken, ohne an der Oberfläche zu kratzen, an dem dicken Glas, sondern den Hammer in die Hand zu nehmen und einfach die Dinge zertrümmern, die einen aufhalten und festhalten. Es hat mir den Boden unter den Füßen wegzogen, als ich heute (mir fällt schon wieder auf, wie Tagebuch-mäßig dieser Brief hier ist) auf dieser Bank saß und mir der Tatsache bewusst wurde, was ich durch diesen Perfektionismus/Ehrgeiz/Ignoranz/Zwanghaftem-Zeitsparmodus viel zu sehr außer Acht gelassen hatte... die Zeit an sich. Die Momente, die ich geschenkt bekommen hatte, und gerade deshalb kommt es mir vor, als wären meine Erinnerungen eingefroren. In einer Art Starre gefangen. Und die wenigen Stellen, durch die ich hindurchblicken kann, geben mir ganz klar die Erinnerungen, die mir noch ganz fest im Bewusstsein sind, deutlich wieder. Nur will ich mehr und nicht einfach nur Ausschnitte. Ich bin selbst schuld, wenn ich mich nicht auf eines konzentrieren konnte. Gestern habe ich Jacob kennengelernt. Jacob ist zehn. Seine Mutter ist Japanerin, während sein Vater aus Amerika stammt. Er hat einen Herzfehler und wartet wie ich. Jacob wirkt unbeholfen, irgendwie aufgebauscht von Emotionen, die nach außen hin nur Frohsinn und Optimismus, möglicherweise auch die Leichtigkeit des Lebens, zeigen, aber nach innen die hässliche Fratze der anderen Seite des Lebens preisgibt: den Tod. Trotz seiner jungen Lebensspanne, verspüre ich eine Menge Respekt und Verbundenheit. Heute hat er sich einfach neben mich gesetzt und mit mir in den geschwärzten Himmel gestarrt, während die bunten Blätter an unseren Köpfen vorbeirauschten. Er hatte gelacht, wenn ein Blatt an seinem Körper klebte und er hatte gelacht, als er die ersten Tropfen auf seiner Stirn spürte. »Ich fühl mich manchmal lebendiger, wenn der Wind durch mein Haar fliegt« hatte er gesagt und leise genuschelt, dass er vor Gewittern Angst habe, aber sich dennoch immer auf das Spiel von Blitz und Donner freute, während die Gänsehaut über seinen Körper wanderte. Du hast auch Angst vor Gewittern. Ein Moment, an den ich mich sehr gut erinnern kann. Du dich auch noch? „Ich bin so aufgeregt! Ich war noch nie in einem Tourbus!“, fiepte Sakura und klatschte zweimal in die Hände, während sie ihre weißen Zähne zeigte. Hinata kicherte und stopfte das blaue Shirt in den Koffer. „Gut, dass mein Vater keine Zeit für uns hatte, so kommen wir rum.“ Sakura nickte zustimmend und ließ sich mit Kraft auf ihr Bett fallen. „Sag mal... wie ist eigentlich das Verhältnis zu deinem Cousin?“ Die Rosahaarige legte ihren Kopf leicht schräg, als sie die Frage herausbrachte und musterte Hinata, die leicht zusammenzuckte. „Was soll ich denn für ein Verhältnis haben?“, entgegnete sie leicht verwirrt. Sakura hüstelte kurz, ehe sie erklärte: „Na, ich will wissen, ob ihr ein gutes oder ein schlechtes Verhältnis habt. Irgendwelche Differenzen oder Ähnliches. Ich hab euch beide noch nicht wirklich miteinander sprechen gesehen, außer einem flüchtigen Morgen oder Gute Nacht. Wenn ich meine Cousine sehe, dann muss ich sie erstmal fest drücken!“ „Das ist so... eine komplizierte Sache“, flüsterte die Blauhaarige und gab es auf, die Tops und Shirts von Sakura, die sie selbst nicht mehr in ihren eigenen Koffer packen konnte, in den ihrigen zu quetschen. Mit einem lauten Ächzen setzte sich Hinata in den weißen Ohrensessel und spielte am Saum ihres Oberteils. „Erklär es mir!“ Nachdenklich schielte Sakuras Freundin unter ihrem Pony hervor, ehe sie stockend antwortete: „Mein Vater wollte immer, dass ich so werde wie Neji. Ein Vorzeigekind. Klug, talentiert. Ein perfekter Erbe für die Firma. Als Kinder haben wir immer gespielt und er war für mich nie wie ein Cousin, eher wie ein Bruder. Wir wurden natürlich älter und dann hat das Konkurrenzdenken angefangen. Einfach so. Wer die besseren Noten bringt, wer die Firmenpartner am ehesten verzaubern kann, wer der talentiertere im Reden ist... all das. Er wurde dann zum Star und ich blieb die einfache und stille Hinata.“ Sakura schob die Unterlippe hervor: „Du hast mir sowas nie erzählt.“ „Ich hatte keinen Grund“, entgegnete Hinata lächelnd. „Und jetzt ist es nicht mehr so, dass ihr ein Geschwister-Verhältnis habt?“ Traurig schüttelte Hinata den Kopf: „Es ging verloren, aber wann genau das war, kann ich nicht sagen.“ „Rede mit ihm oder geh du einen Schritt auf ihn zu! Wer nicht sieht, dass er dir wie 'ne Glucke hinterherschaut, ist eindeutig blind!“ „Glucke?“, wiederholte Hinata. Sakura grunzte leise: „Ok, Glucke ist das falsche Wort. Aber er überwacht alle Schritte von dir, wenn ihr in einem Raum seid.“ „Und du glaubst, reden hilft?“ „Selbst eine kleine Umarmung kann manchmal schon reichen. Hauptsache, du zeigst ihm, dass du den Bruder vermisst.“ Die junge Hyuga kaute auf ihrer Lippe herum. „Er vermisst seine kleine Schwester sicher genauso sehr“, zwinkerte Sakura und sprang vom Bett. Ein energisches Klopfen an der Tür ließ beide Mädchen verstummen und noch bevor eine von beiden Herein sagen konnte, stürmte Naruto Uzumaki bereits ins Zimmer und versprühte mit einem lauten Lachen die Vorfreude auf die anstehende 24-Stunden-Fahrt im Bus. Immerhin wusste Naruto, wie viel Spaß es machen konnte, mit allen zusammen zu sein, wenngleich auch öfters kleine Diskussionen hervorgerufen wurden. „Du kannst nicht einfach reinkommen!“, brüllte Sakura und gab ihm eine Kopfnuss, die ihn sofort dazu brachte, mit der Hand über die leicht schmerzende Stelle zu fahren. „Warum denn nicht? Eh, ich hab geklopft!“ „Und dann wartet man eigentlich, bis dich jemand hereinbittet, du Idiot!“ Wieder lachte Naruto und strich Sakura eine wirre Haarsträhne aus dem Gesicht: „Mach kein Drama.“ „Seid ihr fertig?“ Unter dem strengen Ton Sasukes zuckten alle im Raum zusammen. „Schlechte Nacht gehabt?“, stieß Sakura hervor und schnappte sich ihre Tasche, während Sasuke mit den Augen rollte. Sie musterte ihn und dachte angestrengt darüber nach, ob er beim Frühstück genauso ausgemerzt ausgesehen hatte. Ein Seufzen entfloh ihrer trockenen Kehle. „Na dann“, grinste Naruto und schnappte sich den Koffer von Hinata, die überrascht blinzelte. „Ich kann den Koffer selbst tragen, Naruto“, stotterte sie unbeholfen und wollte bereits nach dem Griff greifen, doch Naruto schüttelte lachend mit dem Kopf. Sie nickte und bedankte sich leise, ehe sie dem aufgeweckten Blondschopf in die Lobby des Hotels folgte. Sakura hielt neben Sasuke und bedachte ihn erneut mit einem fragenden Blick. „Was?“, fragte er mürrisch und verschränkte seine Arme vor der Brust. „Geht es dir gut, Sasuke?“ „Warum sollte es mir nicht gut gehen?“ Sie rümpfte die Nase, aufgrund seines genervten Tonfalls. Wie konnte man auf eine einfache und nett gemeinte Frage nur so pampig reagieren? Sie zischte leise, bevor sie mit ruhiger Stimme meinte, er sähe scheiße aus. Dann hatte sie das Zimmer verlassen. Sasuke blieb stehen, starrte in den Spiegel neben der Tür, dessen Rahmen ihm mit seinen goldenen Verzierungen hässlich entgegen starrte. Sakura Haruno hatte recht: er sah scheiße aus. Ihm war nicht bewusst, dass sein äußerlicher Zustand gerade nur allzu gut zu seinem inneren passte. Er murrte und fuhr sich mit der flachen Hand über das Gesicht. Daran war nun nichts mehr zu ändern, immerhin fuhr der Bus in wenigen Minuten los. Mit gemächlichen Schritten verließ er das Hotelzimmer und fuhr mit dem Aufzug in die Lobby, in der Sakura kichernd mit Hinata alberte und Naruto sich mit Shikamaru um den besten Schlafplatz im Bus stritt. Der Schwarzhaarige schüttelte grinsend den Kopf und stolzierte an der kleinen Gruppe vorbei, die ihm nach wenigen Sekunden tratschend folgte. Der Tourbus war groß und in einem dunklen blau lackiert. Stan Patrick stand grinsend vor der Tür und winkte die ankommende Band freudig heran. Er lachte, als Naruto über seinen eigenen Fuß stolperte. Stan war der Fahrer seit Know It den Durchbruch geschafft hatte und freute sich immer wieder, die jungen Männer zu sehen und sicher zu deren Locations zu bringen. Er selbst hatte im Alter von sechzehn versucht, in einer Band erfolgreich zu werden, doch trat der erhoffte Ruhm nie ein. „Hallo Jungs, was geht?!“, gluckste Stan, als die Band am Bus ankam und zum Stehen verleitet wurden. „Lange nicht gesehen, Stan!“, lachte Naruto und schlug mit dem Vierunddreißigjährigen ein. „Du hast dich nicht verändert“, begrüßte ihn nun auch Shikamaru, der gleich daraufhin ein lautes Gähnen ausstieß. „Du auch nicht, Shikamaru. Genauso müde wie sonst auch“, scherzte der Fahrer und strich sich durch sein gekürztes, blondes Haar. Es war schon lange her, seit die Band den Fahrer anheuerte, um sie durchs Land zu fahren, dennoch erschien es allen, als wäre die letzte Tour nur eine Woche her. Stan hatte nicht sofort die beiden Mädchen entdeckt, doch als er das Kichern der Rosahaarigen vernahm, drehte er sich interessiert zu ihnen um. „Oh hallo, ich bin Stan“, stellte er sich vor und hielt seine große, raue Hand zum Gruß hoch. Neji Hyuga war der Letzte, der in den Bus stieg. Mit wachsamen Augen begutachtete er Kurt. In einer verrückten Nacht im Tourbus, als die komplette Band und Stan selbst über den Durst getrunken hatten, tauften sie mit lautem Gejohle und sogar einem Sektkorken den dunklen Bus auf den Namen Kurt Cobain. Selbst ein kleines Poster von dem verstorbenen Sänger klebte an der Schrankwand, direkt neben dem Einstieg des Busses. Ein kurzes Grinsen schlich sich auf seine Züge, als seine Gedanken in die Erinnerung abdrifteten. „Neji?“ Der Hyuga zuckte unter der leisen und schüchtern klingenden Stimme seiner Cousine zusammen und drehte seinen Kopf nach Links. Eine seiner Augenbraue schoss ungewollt nach oben und musternd fuhren seine hellen Augen über Hinata, die unter seinen Blicken deutlich errötete. „I-ich soll dir Grüße von Vater ausrichten. Er hofft, dass es dir gut geht und du... auch gut auf uns aufpasst.“ Er verschränkte seine Arme vor der Brust und antwortete: „Ich wüsste nicht, warum ich auf euch aufpassen sollte. Ihr seid alt genug.“ Sie zuckte unter dem abweisenden Ton Nejis zusammen und schluckte, während ihre Augen schlagartig den Blick zum braunen Teppichboden fanden. Es war das erste Mal, dass Hinata Hyuga Teppichböden in einem Bus sah oder einen Schrank, geschweige denn die kleinen Schlafkabinen, von denen immer zwei übereinander waren und mit schmächtigen, grauen Vorhängen zugezogen werden konnten. Nicht sehr fördernd für die Privatsphäre. Als sie den festen und durchdringenden Blick Nejis auf sich spürte, schaute sie auf. Sein Gesicht wirkte entspannt und seine Arme hingen wieder locker herunter. Kurz huschten ihre Augen zu Sakura, die ihr aufmunternd zunickte. Die Blauhaarige knabberte an ihrer Unterlippe und wippte mit ihren Füßen nach vorne und nach hinten. In ihrem Kopf rasten die Gedanken. Was sollte sie tun? Ein Gespräch beginnen oder einfach weggehen? Sie suchte in ihrer Kindheit nach Gesten oder Wörter, die sie ihm hätte schenken können, nur um ihn zu zeigen, dass sie sich an die Zeit ohne Konkurrenz, an die Zeit der Unbeschwertheit, erinnern konnte. Ganz hinten in ihrem Kopf fand sie die etwas, was er immer tat, um ihr ohne Worte Ich mag dich zu sagen. Hinata sog erneut die Luft gierig in ihre Lungen, spürte ihr kleines Herz wild in ihrer Brust schlagen, ehe sie schüchtern über Nejis Wange strich. Seine Augen weiteten sich für wenige Sekunden, doch bevor er etwas erwidern konnte, war sie schnell zu Sakura gegangen und lauschte der aufgebrachten Stimme ihrer Klassenkameradin. Sasukes Ächzen ließ Neji aufschauen. „Alles ok?“, fragte der Brünette. Der Leadsänger nickte und ließ sich in die untere Schlafkabine fallen und murmelte etwas vor sich hin, was der Bassist nicht verstand. „Brauchst du Wasser oder was anderes?“ Sasuke schüttelte den Kopf: „Nur Schlaf. Ich brauch einfach nur Schlaf.“ Die Fahrt dauerte bereits vier Stunden an und wohin die Reisenden auch blickten, überall nur Wald und Berge. „Wo sind wir eigentlich?“, murmelte Sakura und legte die Spielkarten seufzend zur Seite. „Stan will extra die Strecke fahren, weil nicht so viele Fans den Weg kennen und uns hinterherstalken“, antwortete Shikamaru und rutschte auf der Eckbank herum. „Stalker?“, wiederholte die Rosahaarige mit hochgezogenen Brauen. Naruto lachte: „Wir sind berühmt. Die Schattenseite des Ruhms sind nicht nur die ständigen Schlagzeilen. Stalker gehören dazu.“ „Außerdem ist die Strecke nicht so überfüllt von anderen Autos“, warf Neji ein, der interessiert ein Buch las. Sasuke lag noch immer in der kleinen Kabine und schien zu schlafen, während alle anderen plapperten, Karten spielten oder Lieder auf der Gitarre spielten. Wie Neji hatte auch Hinata ihre Nase in ein Buch gesteckt und war völlig vertieft in den dicken Roman, der zwischen ihren Fingern lag. Stan drehte das Radio auf und lauschte den Nachrichten. Bereits das dritte Mal verkündete der Nachrichtensprecher das kommende Gewitter in der Nacht. „Ich glaube, wir sollten im nächsten Ort Halt machen“, rief der Fahrer in den Aufenthaltsraum nach hinten. „Und wo ist der nächste Ort?“, fragte Naruto und griff in die Gummibärchentüte. Seit die beiden Schülerinnen bei ihnen waren, aß Naruto nur noch Gummibärchen, sobald er eine Heißhungerattacke hatte. „Dürften wir ungefähr in einer Stunde erreichen.“ „Dann werd ich hoffentlich endlich wieder Empfang haben“, sagte Sakura und schielte auf ihr Handy. Seit sie nur noch Bäume um sich herum hatten, hatte niemand Empfang. Eine kleine Ewigkeit schien zu verstreichen, in der einige für wenige Minuten ein Nickerchen machten oder weiterhin gespannt in Büchern oder Zeitschriften lasen, bis plötzlich ein merkwürdiger Gestank durch das leicht geöffnete Fenster drang. Naruto rümpfte die Nase: „Was stinkt hier so?!“ „Riecht verbrannt“, bestätigte Shikamaru und schaute aus dem Fenster in die geschwärzte Nacht. „Kann nix sehen“, erklärte er und setzte sich wieder. Ein lauter Knall ließ alle zusammenfahren. „Scheiße!“, kreischte Stan und verkrampfte seine Finger im Lenkrad. Der Wagen begann zu schlingern, rutschte auf dem grauen Asphalt herum und sprang bei jedem Schlagloch doppelt so stark auf, als er es sonst tat. Das Fluchen des Kurzhaarigen drang laut und stark bis nach hinten. Selbst Sasuke war durch das kurvige und holprige Fahren aufgewacht und blickte aus seiner Schlafkabine: „Was ist los?“ „Keine Ahnung!“, antwortete Shikamaru. Nach Sekunden kam der Bus qualmend zum Stehen und quietschte schrill. Naruto sprang auf und eilte nach vorne: „Was ist passiert?“ „Der Reifen“, antwortete der Ältere und schnallte sich ab, „Ich glaube, ich muss den Reifen wechseln.“ „Ich helf’ dir schnell!“ Während die beiden ausstiegen und sich am Reifen zuschaffen machten, kletterte Sasuke aus seiner Kabine und streckte sich leicht. „Gut geschlafen?“, fragte Sakura trotz des Reifens munter und betrachtete die zerdrückten Haare von Sasuke, die an einigen Stellen wie sonst auch hervorstanden. Sie grinste. „Hn.“ Nach langem Poltern draußen und einigen Flüchen und nicht zu wiederholende Beschimpfungen, traten Stan und der Drummer genervt in Kurt ein. „Alles klar?“, fragte Shikamaru und musterte die mit Dreck beschmierten Klamotten seines Bandkollegen. Mit einem entnervten Kopfschütteln ließ sich Naruto auf der Sitzbank nieder. „Der Reifen ist Schrott“, erklärte er. „Ersatzreifen“, meinte Neji und strich sich eine seiner langen, braunen Haare zurück. Naruto entfuhr ein Lachen: „Schrott!“ Er schlug die Hände über dem Kopf zusammen und zischte. „Irgendjemand hat den Ersatzreifen zerstochen.“ „Was?“, rief Sakura empört. „Sicher war das Mitsuko“, meinte Shikamaru und tippte mit seinem Zeigefinger an sein Kinn. „Wer ist Mitsuko?“ Shikamaru starrte erst überrascht zu Hinata, die auf eine Antwort auf ihre Frage wartete, bis ihm einfiel, dass das blauhaarige Mädchen gar nicht wissen konnte, wer Mitsuko überhaupt war. Er lächelte aufmunternd, ehe er antwortete: „Mitsuko ist der schlimmste Stalker gewesen, den wir je hatten. Erst hat sie uns Zahnbürsten oder sonstige Dinge geklaut, bis sie irgendwann das Verbot erhielt, sich uns zu nähern. Sie ist ausgetickt und wollte unsere Gesichter zerkratzen.“ „Wow“, lachte Sakura. „Das war nicht witzig, Sakura“, brummte Naruto und holte laut Luft. „Was machen wir jetzt?“, schaltete sich der Schwarzhaarige ein und gönnte sich ein Schluck aus der Wasserflasche. „Wir laufen das restliche Stück. Gut zwei Kilometer, würde ich sagen. Das haben wir in einer halben Stunde. Besser wir sind in einem Hotel und geschützt vor Wind und Wetter. Keine Lust, die volle Wucht des kommenden Gewitters unter einem dünnen Tourbusdach zu spüren“, bestimmte der Vierunddreißigjährige und wusch seine geschwärzten Hände an dem weißen Leinentuch ab. Nach nur fünf Minuten hatten alle das Notwendigste gepackt und den Tourbus Kurt hinter sich gelassen. Mit eiligen Schritten überquerten sie die löchrige Straße, während der Wind bereits um ihre Ohren pfiff. Sakura zitterte leicht: „Wisst ihr... ich hasse Gewitter.“ „Wir sind doch da, Sakura. Wir passen alle auf dich auf!“, munterte Naruto sie auf. Doch die Rosahaarige kräuselte ihre Stirn: „Das ändert nichts an dem Hass-Angst-Zustand vor Gewittern.“ Sasuke rollte mit den Augen, Shikamaru gähnte bereits das siebte Mal, Neji lief mit beiden Händen in den Hosentaschen und Hinata lächelte Sakura trotz der Dunkelheit zu. „STOPP!“, schrie die Schülerin plötzlich und hielt inne. Ihre Hand schnellte zu ihrem Hals, „Meine Kette!“ „Deine Kette?!“, wiederholte der Drummer und hob seine Augenbrauen. „Meine Kette! Ich geh nie ohne meine Kette weg!“ „Kette?!“, fragte er erneut. Sie nickte: „Meine Großmutter hat sie mir geschenkt. Ich brauch sie! Ich geh zurück!“ „Allein?“ „Wenn es sein muss, gehe ich auch alleine!“, meinte sie und nickte zu ihrer eigenen Bestätigung. „Dann gehen wir alle.“ „Ihr könnt schon mal vorgehen und alles vorbereiten. Ich gehe mit ihr mit.“ „Ist das dein Ernst, Sasuke?“, fragte Naruto. „Ich... hab die Vitamintabletten im Bus vergessen“, erklärte Sasuke, woraufhin sein bester Freund verstehend nickte. Hätte Sakura Haruno ihre Situation beschreiben müssen, wäre ihr nur ein kleines Wort eingefallen, ein Adjektiv, mit dem jeder etwas hätte anfangen können. Schwarz. Nicht nur Sasukes Haare, seine Jacke, seine onxyfarbenen Augen oder gar die Stimmung, die er in jenem Moment versprühte, erinnerten sie an das Dunkle, sondern auch die Nacht selbst, den dunklen Schleier, der selbst die hellsten Sterne verdeckte, ließen sie schaudern. Schon seit einigen Minuten konnte sie das Grollen des Himmels hören, welches sie immer und immer wieder zusammenzucken ließ. Ihr Herz raste in ihrer Brust. „Sasuke?“ „Hn?“ „Wieso haben wir keine Taschenlampe mitgenommen?“ „Wir hatten nur eine, falls du es vergessen hast“, bemerkte Sasuke trocken und verschnellerte seinen Schritt, „Wir sind gleich da, nur ein paar Meter.“ Wieder ertönte ein lautes Donnergrollen und ließ die junge Haruno zusammenfahren. Sie jammerte leise, während Sasuke seufzte. „Kannst du dich nicht einfach vom Donner ablenken?“, brummelte der Sänger. Sakura schob ihre Unterlippe hervor und blieb stehen: „Wie denn?!“ „Keine Ahnung. Das kleine Ein-Mal-Eins im Kopf durchrechnen?“ „Jetzt kann ich das wirklich nicht gebrauchen, Uchiha“, zischte sie. Als ein Blitz den Himmel auf groteske Art und Weise erhellte, sprang sie erschrocken auf. In ihrer Trance klammerte sie sich an Sasukes Arm, der sie verwirrt anstarrte. „Lass los.“ Sakura schüttelte den Kopf. „Sakura.“ Wieder ein Kopfschütteln. Ergeben seufzte Sasuke und fügte sich ihrem Willen: „Nur, bis wir beim Bus sind.“ Sie nickte und klammerte sich noch fester an seinen Arm. Ich muss immer wieder lachen, wenn ich daran denke, wie ängstlich du an meinem Arm hingst. Selbst, als es angefangen hatte zu regnen, bliebst du strikt an meinem Arm. Jedes Grollen, jeder Blitz, ließen dich erschrocken aufschreien. Jacob schreit weniger. Er klammert zwar auch, aber er schreit nicht, sondern ist mucksmäuschenstill, in der Hoffnung, dass Blitz und Donner ihn dann nicht finden. Du bist laut und deine Stimme überschlägt sich, sobald sie zu hoch geht. Und dann wirst du plötzlich leise, wirkst verletzlich und zerbrechlich. Und diese Seite lernte ich im Tourbus kennen. Es war, als hätte die Zeit gestoppt, als wir auf der Eckbank saßen, du noch immer an meinem Arm, hoffend, dass das Gewitter bald enden würde, während der Regen weiterhin unaufhaltsam auf Kurt prasselte. Ein Trommelwirbel über uns, ein Lichtermeer um uns herum, aber zwischen uns war einfach nur Stille... eine Stille, die mir gut tat. Eine Stille, die uns etwas näher hat kommen lassen... denkst du vielleicht ähnlich? ____________ Der andere Weg Weniger zögern und mehr wagen, öfter innehalten, anstatt zu hasten, heute leben, anstatt zu verschieben, unsere Träume leben, anstatt unser Leben zu träumen von Jochen Mariss Danke an Sarah Hosted by Animexx e.V. 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