122 Tage... von abgemeldet (122 Tage, die alles zerstörten.) ================================================================================ Kapitel 40 ---------- Tag 94 G-Dragon “Was ist? Ich hör dich nicht… Komm her!” Nur undeutlich erreicht mich deine Stimme aus dem Flur. Du weißt doch, dass ich gerade Teewasser aufgesetzt und die Geschirrspülmaschine eingeschalten habe. Wie soll ich dich bei dem Lärm verstehen, wenn du irgendwo im Flur stehst und sowohl das monotone Plätschern des Wassers als auch das schrille Pfeifen des Wasserkochers deine Stimme übertönt? Ob du verstanden hast, dass ich dich nicht gehört habe? Gerade, als ich das Wasser in die Tasse, in der bereits ein Teebeutel wartet, gieße, vernehme ich leise Schritte und schließlich das Öffnen der Türe. “Ich hab nur gesagt, dass ich kurz meine Jacke in die Reinigung bringe… Und, dass ich danach vielleicht noch mit Taeyang in dieses neue Restaurant gehe.” “Aber…? Davon hast du gar nichts erzählt…” “Ich weiß es ja selber erst seit wenigen Minuten… Er hat gerade angerufen und mich gefragt. Ich hab schon ewig nichts mehr mit ihm unternommen. Ich versuch aber, nicht allzu spät nach Hause zu kommen, ja? Ich bin auf jeden Fall noch vor Mitternacht daheim!” “Was?! Erst um Mitterna-… Au! Boah, Mist!” Fluchend eile ich zum Wasserhahn und halte die Hand, die soeben auf unsanfte Weise Bekanntschaft mit dem heißen Wasser gemacht hat, unter den kühlen Strahl. Ich bin so ein Idiot! Wer ist denn bitte so dumm, mit einer Tasse, in der sich heißer Tee befindet, wild zu gestikulieren? Aber du hast mich einfach völlig aus dem Konzept gebracht. Natürlich - ich wusste, dass du heute weggehen wolltest, allerdings war nie die Rede davon, dass du gleich den ganzen Abend abwesend bist. Was soll ich denn so lange alleine unternehmen? Warum hast du Taeyang nicht einfach gefragt, ob ich mitkommen darf? Schließlich ist er auch mein Freund. “Ist alles in Ordnung? Hast du dir weh getan?” “Schon okay…” “Sicher, dass du dich nicht verbrüht hast? Zeig doch mal her…” Eilig stellst du deine Tasche auf dem Boden ab, ehe du vorsichtig meine Hand unter dem Wasserstrahl hervorziehst, sie fachmännisch von allen Seiten betrachtest und behutsam abtastest. Obwohl du wirklich aufpasst, nicht zu doll zu drücken, zucke ich immer wieder leicht zusammen, sobald deine Finger meine gerötete Haut berühren. Bereits jetzt, nur wenige Sekunden nach dem Missgeschick, sind einige Bereiche meiner Hand leicht geschwollen und haben einen rötlichen Farbton angenommen. “Das musst du unbedingt kühlen! Halt deine Hand noch einmal kurz unter den Wasserhahn, ich hol dir aus dem Bad einen Waschlappen und steck einen von diesen Kühlakkus aus dem Gefrierfach hinein - das hilft sicher besser!” Noch ehe ich dir danken kann, bist du aus der Küche geeilt und auf dem Weg ins Bad und bereits weniger als eine Minute später bist du schon wieder zurück und durchsuchst den Kühlschrank nach einem Kühlakku, den du mir wenige Sekunden später auch schon, eingewickelt in den Waschlappen, auf die Hand drückst. Erschrocken über die plötzliche Kälte zucke ich zurück und gebe ein leicht gequältes Geräusch von mir. Sofort wirfst du mir einen entschuldigenden und mitfühlenden Blick zu und verringerst den Druck auf meine Hand. “Zu kalt?” “Nein, ich… Ich hab mich nur erschrocken…” “Tut es arg weh?” “Brennt nur ziemlich… Ist aber auszuhalten. Danke…” “Gut, dann…” Du wirfst mir einen sorgevollen Blick zu, während ich vorsichtig versuche, meine Finger ein wenig zu bewegen. Ich kann spüren, dass du jede meiner Bewegungen genauestens betrachtest, dass du genau darauf achtest, ob ich das Gesicht verziehe oder sonst irgendwie deutlich mache, dass ich Schmerzen habe. Ich versuche, dir ein tapferes Lächeln zuzuwerfen, woraufhin sich deine Mine ebenfalls zu einem erleichterten Lächeln verändert. “… ja?” “Dann geh ich jetzt mal los… Leg dich am besten einfach hin, schau eine DVD und kühl deine Hand, ja?” “Oh… …. Ja, klar…” “Bis später!” Noch ehe ich antworten kann, hast du deine Tasche gepackt, die Küche verlassen und den Flur durchquert. Ich überlege noch, ob ich dir etwas hinterher rufen soll aber da ertönt schon das laute Geräusch der sich schließenden Türe. Warum hast du es so eilig, aus der Wohnung zu kommen? Du hättest dich wenigstens anständig von mir verabschieden können. Wäre ein kleiner Kuss, eine kurze Umarmung oder ein paar liebe Worte zu viel verlangt gewesen? Ich lasse mich seufzend auf das Sofa sinken, immer darauf bedacht, meine Hand nicht zu bewegen. Vorhin, als du sie gehalten hast, hatte ich das Gefühl, dass es gar nicht so schlimm ist, doch nun, da ich alleine bin, brennt meine Hand wie Feuer. Ob wir noch eine kühlende Salbe im Haus haben? Ich rapple mich eilig auf, gehe ins Bad und durchsuche das Medizinschränkchen. Nichts. Nur ein paar vereinzelte Pillen, von denen ich nicht einmal weiß, gegen was sie wirken, Schlaftabletten, ein paar Pflaster und ein Mittel gegen Heuschnupfen. Frustriert schließe ich den Schrank und verlasse das Bad wieder, als ein leises Brummen die Stille durchbricht. Seufzend reibe ich mir den Magen und mache mich auf den Weg in die Küche. Hoffentlich haben wir noch Cornflakes. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie ich mit meiner Hand ein anständiges Gericht kochen sollte. Keine Cornflakes - irgendwie war mir das schon vorher klar. Genervt stecke ich mir zwei Kekse auf einmal in den Mund und überlege, wie ich den restlichen Abend verbringen soll. Vielleicht sollte ich mir einfach eine Suppe kochen. Allerdings habe ich für heute eigentlich genug von heißem Wasser. Erneut ertönt ein forderndes Brummen, das ich damit quittiere, dass ich mir einen weiteren Keks in den Mund schiebe. Noch immer brennt meine Hand bei jeder Bewegung und der Kühlakku, der noch vor wenigen Minuten die Schmerzen gelindert hat, ist inzwischen auch schon lauwarm. Ich versuche mich daran zu erinnern, ob ich gerade Schmerzmittel im Schrank gesehen hab, gebe es nach wenigen Sekunden jedoch auf und gehe erneut ins Bad. Frustriert stelle ich fest, dass wir natürlich keine Schmerztabletten im Schrank haben. Für einen kurzen Moment würde ich am liebsten vor Wut gegen die Wand hauen, doch der Gedanke daran, dass es meinen Abend sicher nicht besser macht, wenn mir beide Hände weh tun, hält mich davon ab. Ob ich schnell zur Apotheke fahren sollte? Aber wie soll ich es mit nur einer Hand schaffen, die Reißverschlüsse von Jacke und Hose zu öffnen und zu schließen, meine Tasche zu packen und meine Schnürsenkel zu binden? Außerdem würde es ziemlich kompliziert werden, mit nur einer Hand Kupplung und Lenkrad auf einmal zu bedienen. Seufzend löse ich eine der Schlaftabletten aus der Packung. Auf der Schachtel steht, dass man nach der Einnahme mindestens acht Stunden lang schläft - das wäre dann etwas länger als bis Mitternacht. Somit wäre ich erst wieder wach, wenn du zurück bist. Außerdem tut es bis dahin sicher nicht mehr so weh. Ich spüle die Tablette mit einigen Schlücken Leitungswasser hinunter, gehe zurück zum Sofa und versuche, eine angenehme Schlafposition zu finden. Tag 94 T.O.P “Gefällt es dir hier nicht? Wir können auch gerne woanders hingehen… So cool, wie es in den Zeitungen angekündigt wurde, ist es hier wirklich nicht…” “Nein, nein… Es ist schön hier…” Eilig nehme ich einen Schluck von dem bunten Cocktail, in dem ich seit einigen Minuten gedankenverloren mit einem Strohhalm gerührt habe und sehe mich um. Es ist wirklich schön hier - keine grellen Lichter, eine angenehme, helle Atmosphäre und edle, cremefarbene Ledersessel. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es dir hier auch gefallen würde. Die Atmosphäre hier erinnert eher an einen edlen Nachtclub als an ein Restaurant. Ob ich dich vielleicht einmal hierher einladen soll? “So schön, dass du seit fast einer Viertelstunde nur herumsitzt, in deinem Getränk herumrührst und dabei kein Wort sagst?” “Nein, wirklich - ich finde es wirklich schön hier. Ich hab nur an Ji-Yong gedacht… Hier würde es ihm sicher auch gefallen.” “Wir könnten nächste Woche doch wieder hierher kommen… Alle zusammen, die ganze Band!” Ich nicke, während ich mein Glas leere. Wie lange ist es her, dass alle Mitglieder der Band etwas gemeinsam unternommen haben, das nichts mit Interviews, einem Fernseh-Auftritt oder dem Tanztraining zu tun hat? Früher, als wir noch alle zusammen gewohnt haben, waren wir fast jeden Abend zusammen weg. Vielleicht sollten wir wieder mehr mit den drei Anderen unternehmen? Vielleicht würde dir der Umgang mit unseren Freunden sogar dabei helfen, dich etwas von mir zu lösen und auch wieder Kontakt zu anderen Menschen zu suchen? “Hast du mir zugehört?” “Oh… Ja, klar! Ich fände es schön, wenn wir mal wieder gemeinsam ausgehen würden!” “Entschuldigen Sie… Darf ich Ihnen ein frisches Getränk bringen?” Irritiert blicke ich die Bedienung an, die mich abwartend ansieht und mir ihr Tablett reicht, damit ich mein leeres Glas darauf abstellen kann. Es dauert einige Sekunden, bis ich die Überraschung überwunden habe und ihr mein Glas reiche. Mein Blick wandert von Taeyang, der mich abwartend ansieht auf die Uhr. Noch nicht einmal 21 Uhr. Taeyangs Glas ist auch noch halb voll, ich hätte also noch jede Menge Zeit, um einen weiteren Cocktail zu trinken. Allerdings war ich schon ziemlich lange weg und noch dazu mache ich mir Sorgen um deine Hand. Eigentlich hätte ich zu Hause bleiben müssen, das ist mir klar. Es ist mir auch wirklich schwer gefallen, dich mit deiner verletzten Hand alleine zu lassen. Ich konnte dir bei der Verabschiedung nicht einmal in die Augen sehen, so schäbig habe ich mich gefühlt. Wie kann ich mich deinen Freund nennen, wenn ich mich so verhalte? Wie soll ein solches Verhalten irgendetwas an unserer Beziehung bessern? “Ähm… Möchten Sie noch etwas zu Trinken? Entschuldigung?” “Nein, ähm… Danke, ich möchte nichts mehr.” “Nicht? Willst du etwa schon gehen? Ist doch erst kurz vor 21 Uhr…” Ich nicke und werfe Taeyang einen entschuldigenden Blick zu, während ich nach meinem Geldbeutel greife und der Bedienung einige Scheine reiche. Der Jüngere wirft mir einen enttäuschten Blick zu, woraufhin ich einige lahme Entschuldigungen von mir gebe von wegen Kopfschmerzen und Müdigkeit und verspreche, dass wir uns nächste Woche alle treffen, während ich jedoch in Gedanken schon bei dir bin. “Hey, dein Schal! Du hast deinen Schal liegen lassen!” “Oh… danke…” “Leg dich besser gleich hin, wenn du zu Hause bist. Und meld dich wegen nächster Woche, ja?” Abermals nickend nehme ich den Schal an mich und wickle ihn mir um den Hals. Wahrscheinlich denkt Taeyang jetzt, ich hätte ihn vor Müdigkeit vergessen… Aber immerhin klingt meine Ausrede so überzeugender. Ich winke ihm noch einmal zu, ehe ich langsam das Restaurant verlasse. Aus den Augenwinkeln sehe ich noch, dass Taeyang bereits einige andere Freunde getroffen und sich zu ihnen gesetzt hat. Wenigstens bin ich nun das Gefühl los, ihm den Abend vermiest zu haben. Ob du wohl schon gegessen hast? Mit deiner verletzten Hand ist es eher unwahrscheinlich, dass du dir selbst etwas gekocht hast. Ob ich dir etwas zu Essen mitbringen sollte? Im schlimmsten Fall hättest du eben schon gegessen und würdest es erst morgen essen. Andererseits will ich nicht, dass du das Gefühl hast, ich würde dich bemuttern. Übertriebene Fürsorge ist sicher nicht gerade hilfreich bei meinem Versuch, dir das Klammern abzugewöhnen. Und falls du wirklich großen Hunger hast, kann ich dir immer noch Nudeln kochen oder ein bisschen Fleisch anbraten. Wenige Minuten später betrete ich auch schon unsere Wohnung. Noch während ich meine Schuhe ausziehe, lausche ich in die Stille. Aus dem Wohnzimmer ertönt lautes Geknalle, gefolgt von einer panischen Frauenstimme und dem Getrampel von Hufen. Ob du einen Western anschaust? Dabei hasst du diese Filme doch eigentlich. Irritiert laufe ich in die Richtung, aus der das Geräusch ertönt und blicke auf den Fernseher. Tatsächlich tummeln sich auf dem Bildschirm einige Pferde und Cowboys. Seit wann siehst du dir solche Sendungen an? “Hallo, ich bin schon etwas früher gekommen… Hast du schon etwas gegessen?” Ich warte auf eine Antwort von dir, erwarte, dass du freudig aufspringst, mir um den Hals fällst oder zumindest erzählst, wie sehr du dich darüber freust, dass ich wieder zurück bin, doch du hebst nicht einmal deinen Kopf. Ich wiederhole meinen Gruß und warte erneut ab, doch du reagierst noch immer nicht. Nur langsam beginne ich zu begreifen, warum im Fernsehen ein Western läuft und du mir nicht antwortest. Leise schleiche ich vor das Sofa und gehe in die Knie. Deine Augen sind geschlossen, deine Hand, die du zu dem Kühlakku in den Waschlappen gesteckt hast, hast du auf der Brust abgelegt, die sich gleichmäßig hebt und senkt. Darauf bedacht, dich nicht zu wecken, ziehe ich den Waschlappen von deiner Hand, um diese betrachten zu können. Noch immer wirkt sie ziemlich rot aber die Schwellung ist inzwischen fast zurück gegangen. Wahrscheinlich wird es noch ein, vielleicht auch zwei Tage leicht brennen aber immerhin wirst du keine bleibenden Schäden oder Narben davontragen. Vorsichtig bette ich deine Hand wieder auf deinem Körper und erhebe mich. Ob ich dich wecken soll, damit du im Bett weiterschlafen kannst? “Ji-Yo-…” Ich ziehe meine Hand, mit der ich sanft über deine Wange gestreichelt habe, wieder zurück und lasse meinen Satz unvollendet im Raum stehen. Ich sollte dich einfach schlafen lassen. Es ist doch toll, dass du nach nur ein paar Tagen schon so beruhigt schlafen kannst, obwohl ich weg bin. Warum also sollte ich dich wecken? Ich sollte froh sein, dass du, dass wir solche Fortschritte gemacht haben und diese nicht sabotieren - auch nicht, wenn ich es nur gut meine. Also vergewissere ich mich lediglich noch einmal, dass du vollständig zugedeckt bist, ehe ich leise das Wohnzimmer verlasse, um mich bettfertig zu machen. Tag 95 G-Dragon Verschlafen reibe ich mir über die Augen und stoße ein erschrockenes Geräusch aus, als ein Brennen durch meine gesamte Hand zieht. Es dauert einen Moment, ehe meine Gedanken so weit geordnet sind, dass mir bewusst sind, woher die plötzlichen Schmerzen kommen. Vorsichtig taste ich mit der unverletzten Hand nach meinem Handy, das irgendwo vor mir auf dem Tisch liegen müsste. Bereits nach wenigen Sekunden spüre ich den kalten Gegenstand in meiner Hand und löse eilig die Tastensperre, um einen Blick auf die Uhrzeit werfen zu können. Bereits kurz nach drei Uhr. Schon lange nach Mitternacht - du müsstest schon längst wieder zu Hause sein. Warum liege ich dann noch hier? Ein ungutes Gefühl beschleicht mich. Warum hast du mich nicht geweckt, als du gekommen bist? Ob du noch unterwegs bist? Aber hättest du mir dann nicht wenigstens eine SMS geschickt? Eine plötzliche, mich völlig in Besitz nehmende und unerklärliche Angst überfällt mich, überzieht meinen Körper mit einer Gänsehaut und pflanzt Gedanken und Bilder in mein Gehirn, die mich unwillkürlich zusammenzucken lassen. Du in einer Bar. In deiner Hand eine Flasche. Um dich herum die Typen, mit denen du früher schon unterwegs warst. Du bist betrunken. Szenenwechsel. Deinen Arm hast du um einen Jungen geschlungen. Ein hübsches Gesicht, gute Figur. Er grinst dich schelmisch an, spitzt seine Lippen. Szenenwechsel. Viele Leute stehen vor einer Seitenstraße herum und reden durcheinander. Polizisten versuchen, die Meute zur Seite zu drängen. Die zerbeulte Front des hellen Wagens, um den die Menschen sich versammeln, glänzt rot. Ein Sanitäter schüttelt traurig mit dem Kopf, ehe er ein Tuch über einem leblosen Körper ausbreitet. All diese Bilder ziehen wie ein makaberer Film vor meinem inneren Auge vorbei und lassen mich völlig verstört zurück. Obwohl es nur wenige Zentimeter von mir entfernt liegt, brauche ich mehrere Anläufe, um mein Handy erneut zu fassen zu bekommen. Meine Hände zittern wie Espenlaub, während ich das Register nach deiner Nummer durchsuche und auf die Wähltaste klicke. Sekunden, die für mich wie Stunden erscheinen, mich völlig wahnsinnig machen, vergehen, doch du nimmst nicht ab. Immer und immer wieder ertönt das monotone Klingeln und mit jedem dieser Geräusche male ich mir schlimmere Szenarien aus, die daran Schuld sein könnten, dass du nun das Gespräch nicht entgegen nimmst. “… … sag mal, was soll das denn? Es ist mitten in der Nacht. Ji-Yong, also echt… Bei aller Liebe…” Vor Schreck fällt das Mobiltelefon aus meiner Hand. In der Wohnzimmertüre lehnst du, die Haare wirr vom Kopf abstehend, eine Hand am Handy, die andere vor dem Mund, um ein Gähnen zu verdecken, gekleidet im Schlafanzug und mit halb irritierter und halb vorwurfsvoller Mine. Wahrscheinlich, weil ich keine Anstalten mache, das Telefon aufzuheben, betrittst du schließlich das Zimmer, kniest dich auf den Boden und reichst es mir - allerdings nicht, ohne zuvor den Anruf zu beenden, der dich scheinbar so jäh aus dem Schlaf gerissen hat. “Du hättest auch einfach zu mir ins Bett kommen können, wenn du mir etwas sagen willst… Falls du es vergessen hast - es ist auch dein Bett. Du hättest allerdings auch einfach bis morgen warten können…” “Ich…” “Ach egal… Na los, jetzt guck nicht so - sag mir lieber, was so wichtig ist, dass du mich dafür extra aus meinem Schönheitsschlaf reißt?” Du wirfst mir einen fragenden Blick zu, doch deine Mundwinkel kräuseln sich zu einem amüsierten Lächeln. Wahrscheinlich sehe ich gerade aus wie jemand, der einen - nein, sogar mehrere Geister gesehen hat. Auf jeden Fall muss ich ziemlich verstört wirken, da das Lächeln verschwindet, du mir das Handy wieder aus der Hand nimmst, es gemeinsam mit deinem auf dem Tisch ablegst und dich neben mir auf das Sofa sinken lässt. “Tut mir Leid… So war es nicht gemeint. Ich bin noch ziemlich verschlafen… Ich wollte dich nicht anmotzen, falls das für dich jetzt so rübergekommen ist…?” Langsam flaut die Angst ab und lässt mich nach und nach die Kontrolle über meinen Körper zurück erlangen, bis ich es schließlich schaffe, mich aus meiner Erstarrung zu lösen und mit dem Kopf zu schütteln, woraufhin sich deine Mundwinkel wieder heben und ein erleichterter Seufzer ertönt. Hast du gedacht, ich bin wütend auf dich? Ich könnte niemals böse auf dich sein. “Tut deine Hand eigentlich noch weh?” “Ein bisschen…” “… hm. Naja, ich würde dann mal zurück ins Bett gehen… Kommst du auch? Du bist doch sicher auch noch müde, oder?” Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)