122 Tage... von abgemeldet (122 Tage, die alles zerstörten.) ================================================================================ Kapitel 12 ---------- Tag 66 G-Dragon Nichts, kein Schlag. Ich verweile noch einige Sekunden in der Position, doch nichts geschieht. Irritiert lasse ich die Hand sinken, um einen Blick auf dich zu werfen. Irgendwie wirkst du mindestens genauso erschrocken wie ich. Dein Mund ist leicht geöffnet und deine Augen starren ins Leere. Was war passiert? Noch ehe ich die Möglichkeit habe, dich genauer anzusehen, kommt plötzlich Regung in deinen Körper. Ein Hieb gegen meine Schulter lässt mich ein paar Schritte zur Seite taumeln. Ich halte die Luft an, unterdrücke den Impuls, mich zu beschweren, um dich im schlimmsten Fall nicht noch mehr zu verärgern und warte ab. War das gerade nur die Ruhe vor dem Sturm? Doch auch du stolperst einige Schritte zur Seite. Erst jetzt fällt mir auf, dass du beim Gehen die Hand über deine Augen gelegt hast. Weinst du etwa? Wenn ja - warum? Was war in den wenigen Sekunden, in denen ich mich abgewandt hatte, vorgefallen? Die Badezimmertüre fällt ins Schloss und der Schlüssel wird gedreht. Ich lasse mich einfach auf den Boden sinken. Eine ungeheure Anspannung löst sich und macht Platz für eine ganze Reihe anderer Gefühle. Liebe, Angst, Wut, Liebe, Erleichterung, Angst, Verzweiflung, Liebe, Ratlosigkeit. Ein gedämpfter Aufschrei reißt mich aus meinem Gefühlschaos und lässt mich hochschrecken. Während ich mich vollständig aufrapple und in unser Schlafzimmer eile, ertönt das Geräusch erneut. Der Schrei klingt verzweifelt, irgendwie gequält und ich kenne deine Stimme gut genug um herauszuhören, dass du tatsächlich weinst. Es zerreißt mir fast das Herz, dich so hören zu müssen, doch mein Entschluss steht fest. Eilig werfe ich T-Shirts, Hosen und ein bisschen Unterwäsche in eine Tasche. Wo ist nur mein Handy? Und wo der Geldbeutel? Hektisch durchsuche ich die Schränke und Schubladen, bis ich die beiden Dinge schließlich in die Tasche fallen lasse. Brauche ich noch etwas? Es reicht ja eigentlich, wenn ich lediglich Klamotten für die nächsten zwei bis drei Tage einpacke. Ich werde dich einfach in ein paar Tagen per SMS darum bitten, meine restlichen Sachen vor die Türe zu stellen oder mir einen Termin zu nennen, an dem du außer Haus bist, damit ich sie selbst einpacken kann, ohne dir über den Weg laufen zu müssen. Zur Not müsste ich wohl oder übel einen unserer Freunde in die Sache hineinziehen. Schließlich muss ich keine Angst vor dir haben, wenn neben mir Taeyang, Seungri oder Daesung steht. Ich lasse noch einen Schal, ein Buch, meinen iPod und eine Packung Schokoriegel in die Tasche sinken, ehe ich den Reißverschluss zuziehe und nach meiner Jacke greife. Ob ich dir wenigstens Bescheid geben sollte, dass ich gehe? Mein Blick fällt auf die Badtüre. Wie würde ich mich fühlen, wenn du plötzlich weg wärst? Zaghaft klopfe ich gegen die Türe. Du öffnest nicht und gibst auch keinen Laut von dir. Ich klopfe erneut und warte einen kurzen Moment, doch nichts passiert. “Ich… ich gehe jetzt. Ich wollte nur, dass du es weißt…” Ich seufze auf, während ich die schwere Tasche schultere. Im Flurspiegel überprüfe ich noch kurz, ob meine Frisur zumindest einigermaßen sitzt, ehe ich die Knöpfe meiner Jacke schließe und in Richtung Wohnungstüre gehe. Gerade, als ich die Türe öffnen möchte, höre ich, wie du den Schlüssel im Schloss drehst und sehe, wie sich die Türe langsam öffnet. Tag 66 T.O.P Ein Klopfen durchbricht die Stille. Ich sollte öffnen, dir erklären, dass es mir leid tut, aber ich kann nicht. Mein Blick fällt auf mein Spiegelbild. Gerötete, verquollene Augen starren mich an. Mein Gesicht ist gerötet vom Weinen - allerdings auch vor Wut über mich selbst und aus Scham. Erneut klopfst du gegen die Türe. Was willst du? Erwartest du eine Entschuldigung? Ich wünschte, ich wüsste, wie ich all das, was ich dir in den letzten Wochen zugefügt habe, entschuldigen kann. “Ich… ich gehe. Ich wollte nur, dass du es weißt…” Ich hatte es schon befürchtet und dennoch trifft mich dieser Satz nun wie ein Schlag. Ich kann hören, wie sich nach einigen Sekunden Schritte entfernen. Eigentlich will ich nicht, dass du mich so siehst, aber wer weiß, ob du mir, sobald du weg bist, je wieder die Chance gibst, dir mein Verhalten zu erklären? Mit zitternden Händen wische ich mir über die Augen, ehe ich eilig den Schlüssel drehe und dann langsam die Türe öffne. “Nicht! B-bitte… warte. Lass mich nicht alleine…” Keine Antwort. Du drehst dich nicht einmal um. Allerdings bist du sofort stehen geblieben, als du meine Stimme gehört hast. Das ist ein gutes Zeichen oder? Schließlich hättest du auch einfach gehen können. Ji-Yong, ich liebe dich! D-das weißt du doch…?” Ein leises Seufzen ertönt, während du langsam deine Hand vom Türgriff nimmst und dich umdrehst. Ich sehe, dass du dich darum bemühst, möglichst entschlossen und abweisend zu wirken, doch ich weiß, wie sehr du dich gerade quälst. In deinen Augen funkeln Tränen und deine Lippen beben. Am liebsten würde ich dich in meine Arme nehmen, dir die Tränen aus dem Gesicht wischen und dich nie wieder loslassen. “Es hat doch keinen Zweck… Tut mir Leid…” Es ist zu spät. Ich werde dich nie wieder umarmen, werde nie wieder deine Lippen auf meinen spüren. Ich habe alles kaputt gemacht und es gibt nichts, dass ich tun könnte, um zu verhindern, dass du mich nun verlässt. Ich könnte flehen, betteln, schreien, weinen oder dich einfach festhalten aber dein Blick macht deutlich, dass ich meine Chance verspielt habe. Das Einzige, das ich jetzt noch tun kann, ist, es dir nicht unnötig schwer zu machen. Hilflos muss ich dir dabei zusehen, wie du die Türklinke hinunterdrückst, den Mund öffnest, nach wenigen Sekunden laut aufseufzt und anschließend eiligen Schrittes die Wohnung - und somit auch mich - verlässt. Tag 70 G-Dragon “Und du bist dir sicher, dass du nicht noch ein paar Tage warten willst?” Seufzend schüttele ich mit dem Kopf. Welchen Unterschied sollte es machen, ob ich heute, morgen oder in zwei Wochen meine restlichen Sachen abhole? Es würde immer unangenehm, schmerzhaft und irgendwie endgültig sein. Irgendwie habe ich Angst davor, diesen Schritt zu machen. Ist es überhaupt richtig, was ich tue? Ist zwischen uns nicht nach wie vor Liebe? “Alles klar? Los, lass uns lieber morgen gehen…” Nervös zappelt Taeyang von einem Bein auf das andere. Ich sehe ihm an, wie unangenehm ihm die Situation ist, da er schließlich mit uns beiden befreundet ist. Erneut schüttele ich mit dem Kopf, ehe ich den Schlüssel im Schloss drehe und die vertraute Wohnung betrete. Eine unheimliche Stille umfängt mich. Ob du wohl zu Hause bist? Eilig durchquere ich den Flur, um mich zu vergewissern, ob du da bist. “Ah, hier! Psscht…” Mit dem Zeigefinger auf den Mund gelegt, kommt Taeyang mir vom Wohnzimmer aus entgegen. Eilig werfe ich einen Blick in das Zimmer. Noch immer liegen die Chips auf dem Boden, ebenso wie die zerstörte Spielekonsole. Hast du die ganzen letzten Tage etwa überhaupt nicht aufgeräumt? Ich werfe einen prüfenden Blick in die Küche. Erschrocken halte ich bereits im Türrahmen inne. Überall auf dem Boden liegen Scherben, scheinbar hast du in deiner Wut den Großteil unserer Gläser kaputt gemacht. “Ach du… Was war denn hier los?” “Wir… wir hatten uns gestritten…” “Und deswegen wirft er gleich euer halbes Geschirr an die Wand?” Ich zucke nur mit den Schultern. Was soll ich auch antworten? Ich war schließlich nicht hier, als es passiert ist. Wer weiß, ob du nicht einfach eine Party gefeiert hast, bei der es etwas wilder wurde? Seufzend schiebe ich mit meinem Fuß einige Scherben zur Seite, um den Raum betreten zu können. Außer den Scherben lässt nichts darauf schließen, dass hier gefeiert wurde. Keine leeren Flaschen, keine dreckigen Teller… Hast du überhaupt etwas gegessen in den letzten Tagen? “Also aus dem Bad brauchst du dein Duschzeug und die Sachen im linken Schränkchen oder? Dann hol ich die, während du hier einpackst!” Darauf bedacht, nicht in die Glasscherben zu treten, verlässt Taeyang den Raum und macht sich, mit einer Tasche bewaffnet, auf den Weg ins Badezimmer, während ich die Schränke in der Küche nach Dingen durchsuche, die es mir wert sind, sie einzupacken. Teller, Tassen, ein alter Kalender… Nichts, das mir wirklich wichtig ist. “Oh Gott, Ji-Yong, na endlich… Ich bin so froh, dass du wieder da bist…” Erschrocken drehe ich mich um. Du lehnst im Türrahmen, deine Augen haben tiefe Ränder und wirken matt, deine Haare sind zerzaust und ein leichter Bartflaum ziert deine Wangen. Wie konntest du dich die letzten Tage nur dermaßen gehen lassen? Abwartend siehst du mich an. Ich weiß, dass du eine Antwort erwartest, aber ich weiß nicht, was ich sagen soll. Du wirkst so traurig und abgeschlagen und in deiner Stimme schwingt eine ungeheure Erleichterung und Hoffnung mit. Wie könnte ich dir nur sagen, dass ich lediglich hier bin, um einen endgültigen Schlussstrich zu ziehen? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)