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Shinji's World

(wo-men 2)
von

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8. - Überraschungs- und Schockgesichter

8. - Überraschungs- und Schockgesichter
 

Zero ist genervt von dieser Tiefstimmung
 

Ich seufzte auf, als die tiefen Bassklänge an mein Ohr trafen. Shinji klimperte seit Stunden, ja Tagen schon darauf herum, immer wieder, und immer in irgendwelchen eher schweren, traurigen Tönen. Ich konnte es langsam nicht mehr hören. Er war so niedergeschlagen darüber, dass sie einfach keinen Gitarristen fanden. Ich hatte ihm erklärt, dass das manchmal eben Zeit brauchte. Aber er hörte nicht auf mich, zog sich immer mehr zurück und dümpelte vor sich daher. Es ging schon so weit, dass er freiwillig mehr für die Uni erledigte oder gar eher aufstand- Hauptsache keine Freizeit haben, denn da würde ich ja wieder an die Band denken müssen! So interpretierte ich zumindest sein Verhalten. Und dabei hatten sie doch noch einmal ein Vorspiel von drei Mann!
 

„Du siehst aus, als wenn du über was anderes als dein Buch da grübelst.“
 

Überrascht sah ich auf und blickte in Karyus lächelndes Gesicht, dass mitsamt seinem Besitzer im Türrahmen lehnte. Ich erwiderte dieses Lächeln sanft, seufzte dann aber und legte das Buch weg. „Ich mach mir Sorgen um Shinji.“

„Wegen der Bandgeschichte?“

„Ja…er lässt sich seit fast zwei Wochen verdammt hängen. Ich meine er macht mehr für die Uni und Co, aber…wann hast du ihn das letzte Mal richtig lachen sehen?“

„Hm…ist eine Weile her.“, nickte Yoshi und setzte sich zu mir, legte mir einen Arm um. „Aber das wird schon wieder. Das ist wie, wenn man das erste Mal unglücklich verliebt ist.“

„Shinji war nie so drauf, wenn er verliebt war.“

„Er war ja auch noch nicht ernsthaft verliebt, denke ich…das waren eher Schwärmereien. Aber ihm bedeutet seine Band halt sehr viel. Ist doch bei uns genauso, oder?“

„Ja, aber das ist etwas anderes.“

„Ist es nicht. Klar, wir haben viele Bandwechsel durchgemacht, das ist fast Alltag in Japan. Aber es gibt auch Bands, die bestehen seit der ersten Stunde. Und so etwas will Shinji.“

„Ich weiß…aber das ist nicht die Realität, Yoshitaka.“

„Aber sie kann es sein. Jeder hat Träume. Lass ihm seinen Traum.“

„Ich will aber nicht, dass er enttäuscht wird, weil er falsche Vorstellungen hat.“

„Das wird nicht ausbleiben. Manchmal muss man erst auf die Nase fallen um zu sehen, wie es richtig funktioniert.“

„Hmm…stimmt auch wieder…“, ich lehnte mich leicht an meinen Freund. Karyu schmunzelte und küsste meine Wange. „Lass ihn einfach. Wenn er Hilfe braucht, wird er es schon sagen.“

„Hmm…ich red trotzdem mal mit ihm.“

„Mach das. Ich bin drüben, den Text von Hizumi anschauen.“

„Geht klar.“, schmunzelnd sah ich Karyu nach, dann lief ich rüber zu Shinji, klopfte vorsichtig an.
 

„Ja..“, kam es gedämpft durch das Holz zurück.

Ich öffnete seine Tür und trat ein. „Shinji? Wie geht es dir? Du hockst schon den ganzen Tag im Zimmer.“, vorsichtig setzte ich mich zu ihm aufs Bett und nahm ihm die Kopfhörer ab. Dabei verzog ich das Gesicht. „Hör doch nicht so depressive Mucke.“

„Ach, und ihr macht fröhlichen Kitschpop?“, schmunzelte er darauf nun leicht.

Ich musste lachen und schüttelte den Kopf. Wie ausgefuchst der Hamster sein konnte..

„Naja, das nun nicht. Aber besser als der Mist!“

„Wie du meinst. Und ja, mir geht’s gut.“

„Lüge.“

„Woher willst du das wissen, Maddy?“

„Weil ich es weiß, Shinji. Ich hab dich großgezogen! Ich weiß, wann du lügst. Auch wenn ich nicht so aussehe, bin ich eine Mama. Und ich spüre, wann es meinem Kind nicht gut geht.“ Zärtlich begann ich ihm durch die Haare zu streicheln. Shinji betrachtete mich, dann begann er schief zu lächeln. „Ich… denk einfach nur, dass das wieder schief geht.“

„Was geht schief?“

„Na das nächste Vorspiel. Es kommen ja noch einmal drei Mann…“

„Ach was. Nur weil das letztens eine Katastrophe war, muss es diesmal nicht auch so sein. Wann ist das neue Vorspielen?“

„Hm..heute…nachher. Muss langsam mal los…“

„WAS HEUTE?!“, ich blickte ihn geschockt an; er nickte nur unschuldig. „Ja…ich mach gleich los.“

„Nein, machst du nicht. Wir unterhalten uns noch ein wenig und dann fahr ich dich, klar soweit?“

„Ehm, ja, geht klar. Danke, Mapa.“

„Kein Problem, du Spinner. Und jetzt spiel mir mal was vor…am besten das Lied letztens, den Teil, wo du immer hängst.“
 

~*~
 

Ich übte noch ein wenig mit Shinji, zeigte ihm den ein oder anderen Trick und Kniff, bevor wir uns fertig machten. Er atmete tief durch und blickte mich nervös an. Wie damals, als er seine Prüfungen hatte. „Mapa…?“

„Ja?“, ich war gerade dabei, mir meine Papiere einzustecken, bevor ich ihn anblickte.

„Was…was wenn wieder nur so Spinner kommen? Haben wir…habe ich zu hohe Ansprüche?“ Nun musste ich schmunzeln. Da war er, mein kleiner Schatz. Mein Sohn, mein kleines Baby…na okay, nicht mehr ganz. Aber irgendwo schon, ja doch.

„Shinji, bleib ganz ruhig. Hör dir das heute in Ruhe an und entscheide mit deinem Herzen. Wenn du denkst, da ist keiner dabei, dann ist es keiner, okay? Du kannst nichts dafür. Natürlich bist du ein Musikersohn…aber selbst wenn nicht, dann wüsstest du mindestens genauso gut, wie ein ordentlicher Ton klingt, oder? Und wenn die anderen beiden auch immer wie du dagegen waren, wird schon was gestimmt haben. Vertrau mir einfach. Und vertrau dir… Zur Not setzten wir eine Anzeige in die Zeitung.“

„Aber es ist nur eine Freizeitband!“

„Ich weiß. Ich weiß aber auch, dass du es nicht so meinst. Du siehst mehr in ihr. Und vielleicht hast du ja Recht…vielleicht schafft ihr den Durchbruch wirklich, und das ohne uns.“

„Ja…ich will es schaffen…ich will mit der Musik mein Geld verdienen…“, murmelte er nachdenklich, weshalb ich ihn fest in meine Arme schloss. „Du wirst es auch, wenn du deinen Traum nicht aufgibst. Glaub an dich und die Jungs. Ihr habt Talent. Ihr seid nicht 08/15. Und irgendwann schafft ihr es auch, wenn ihr hart dafür arbeitet, da bin ich mir sehr sicher.“

Shinji lächelte sanft und kuschelte sich an meine Brust. Ich mochte es, wenn er so war. Es erinnerte mich wieder an die Zeit, wo er ein kleiner Junge war. „Danke, Maddy…ich hab dich lieb.“

„Ich dich auch. Aber komm, du musst los. Außerdem glotzt Karyu schon so, als würde er sich gern zu unserer Kuschelrunde dazugesellen.“

„Tu ich gar nicht!“, kam es sofort aus der Küche gerufen. Shinji musste lachen, „Ertappt~“

„Oh ja.“ Grinste ich, dann schob ich meinen Sprössling zur Tür hinaus und ab Richtung Garage.
 

In aller Ruhe fuhr ich ihn schließlich zu seinem Proberaum. Ich war dem Teufel von Kollegen immer noch dankbar, dass sie diesen Raum für sich nutzen konnten. Tja, gute Beziehungen zahlten sich eben aus. Doch im Moment würden wohl auch die nicht helfen, denn Shinji war noch immer bedrückt. Er starrte ruhig aus dem Fenster und schwieg vor sich daher. Ich seufzte leise, bevor ich zu der Musik im Radio zu summen begann.

In der Nähe des Eingangs parkte ich schließlich unseren Familienwagen und blickte zu Sohnemann, der sich nun das erste Mal wieder rührte. „Schon da?“

Ich verdrehte nur die Augen, nickte dann aber. Ich wollte heute mal nicht so sein, wenn er noch so war. Da war er immer viel zu empfindlich…

„Ja, sind wir. Und nun mach, dass du raus kommst.“

„Okay, mach ich..und danke, dass du mich gefahren hast, Maddy.“

„Mapa gefällt mir mehr; Maddy klingt wie Nanny.“

„Dann halt so.“

„Gut….soll ich dich abholen?“

„Nein, ich mach mich dann zusammen mit Satoru auf den Rückweg.“

„Geht klar. Wenn was ist, ruf an, okay?“

„Okay.“, schmunzelte Junior und beugte sich zu mir, küsste meine Wange. Dann stieg er aus, wank mir noch einmal, „Lasst mir was vom Abendessen übrig!“

„Na mal sehen, das muss ich mir noch überlegen~“, entgegnete ich fies, zwinkerte aber schmunzelnd. Kurz blickte ich ihm nach, dann startete ich den Motor und machte mich auf den Rückweg. Mal sehen, ob es überhaupt ein Abendessen geben würde, oder ob ich noch einmal in den Supermarkt musste…
 

~*~
 

Shinji traut seinen Ohren nicht
 

Seufzend machte ich mich auf den Weg zum Proberaum. Ich hatte nicht wirklich Hoffnung auf Veränderungen. Klar, einerseits wünschte ich mir, dass jemand tolles dabei war, aber andererseits…. Andererseits hatte ich Angst davor, wieder solche Leute vor mir stehen zu haben wie das letzte Mal. Gestern erst hatte ich mit Chiyoko telefoniert. Sie hatte mir die Daumen gedrückt für heute. Wir hatten uns schon eher gesprochen und sie war natürlich traurig gewesen, dass niemand Gutes beim ersten Mal dabei gewesen war.

Als ich die Tür aufschob, waren Nabu und Satoru schon da. Sie blickten verwundert auf, lächelten dann aber sanft. „Hey, Shin! Cool, du bist da.“

„Hi…bin ich zu spät?“

„Nein. Wir hatten uns nur gewundert, weil du Satoru nicht abgeholt hast.“

„Sorry…Mapa hat mich gefahren.“

Die Eule beäugte mich seltsam, dann nickte er. „Ist vielleicht auch besser so.“

„Hey!“

„Ruhe, Jungs~“, lachte Nabu und schob mich näher zu ihnen. „Komm erstmal richtig an, Shin. Und dann kannst du dich ja langsam vorbereiten.“

„Hä? Wie vorbereiten?“

„Na noch mal aufs Klo, dann deinen Sitz hier anwärmen, Eventuell schon einmal Oropax und eine Kotztüte hervorholen…“

Satoru begann zu lachen. „Nabu, du spinnst! Mach ihm nicht noch mehr Angst.“

„Aber er hat Recht, Sato!“

„Hat er nicht. Warten wir’s ab. So viel schlechte Spieler kann es doch gar nicht auf der Welt geben… und nun hopp. Denn bis auf die Oropax und die Kotztüte kannst du den Rest schon erledigen.“ Grummelnd blickte ich ihn an, dann ging ich jedoch wie Majestät befahl aufs Klo.
 

~*~
 

Sagte ich es nicht? Das Vorspielen fing ja schon mal toll an, echt prima!

Der erste Typ hatte uns gerade was vorspielen wollen, kam vielleicht bis zur zweiten Zeile, wo er hängenblieb und nicht weiter kam. Satoru fragte dezent, was denn los sei und der Typ meinte, es läge an seiner Gitarre, die spinne manchmal. Ich wusste nicht, was der für eine Gitarre hatte, aber meine taten beide so etwas nicht. Aber gut, wir warteten. Eine Viertel- bis halbe Stunde später war er jedoch immer noch nicht weiter, weshalb ich schon vor Wut meinen Bleistift zerbrach. Nabu blickte mich entsetzt an, bevor Sato den anderen freundlich nach draußen schob und meinte, dass er zuhause noch einmal üben solle. Und wenn es dann klappte, solle er wiederkommen. Ich hoffte eher gerade, dass es nicht klappte.

„Ganz ruhig, Shini, wir schaffen das. Draußen steht noch wer.“, lächelnd holte er einen blonden Jungen herein und fragte ihn die üblichen Dinge- Alter, Gitarren- und Banderfahrungen, ob noch Schule oder Arbeit, Freizeit, etc. Er spielte uns auch gleich etwas vor und zugegeben, es klang ganz gut. Wenn mir auch etwas fehlte. Ich hatte das Gefühl, er war nicht ganz bei der Sache, oder sah das hier als Spaß an. Nachdem er fertig war, meinte Satoru nur begeistert, dass zwar noch nichts feststehe, wir uns aber wenn bald melden würden.
 

„Und?! Der war doch gut, oder? Kommt, der war der Beste bisher. Oder Nabu?“

„Keine Ahnung, es klang gut. Aber ich denke, Shin kann das besser beurteilen, ich spiele keine Gitarre.“ Alle Blicke wanderten zu mir. Toll. Jetzt musste ich entscheiden oder wie?!

„Also ehm…ich weiß nicht…ihr wollt ihn, oder?“

„Naja ja, ich finde ihn toll. Aber ich entscheide nicht allein, auch wenn ich der Leader bin.“

Ich seufzte schwer und atmete tief durch. „Kommt denn noch wer?“

„Eigentlich sollte noch einer kommen, aber der ist nicht da. Keine Ahnung, der war schon das letzte Mal nicht da, wollte deshalb dieses Mal kommen…“

„Aha…dann bleibt uns im Grunde nichts anderes übrig, als Blondie zu nehmen. Wie hieß er?“

„Ehm…Shin…taro…“, murmelte Satoru und kratzte sich am Kopf. Ich dropte. „Toll, zwei Shins…“

„Was passt dir denn schon wieder nicht an ihm?“

„Was? Wie kommst du darauf, dass mir was nicht passt?“

„Du hast nicht zugestimmt, dass du ihn willst als Gitarristen.“

„Weißt du, ich…ich fand ihn gut, ohne Zweifel…aber irgendetwas hat mir gefehlt, ich weiß nicht was. Er hatte keine…wie soll ich das erklären…Ausstrahlung?“

„Du sollst ihn ja auch nicht verehren; er soll für und mit uns Musik machen!“

„So eine Ausstrahlung meinte ich nicht! Ich…ich meinte, dass er nicht mit ganzem Herzen bei der Sache ist, verstehst du?“

„Und das willst gerade DU beurteilen?! Woher willst du wissen, was er für’n Herz hat?!“

„Na hör mal, ich seh das!“
 

„Entschuldigung, ist das Vorspielen schon vorbei?“
 

Satoru und ich hatten uns so sehr in Rage geredet (während Nabu uns nur entsetzt beobachtet hatte), dass wir nicht bemerkt hatten, dass die Tür noch aufstand. Als wir uns alle drei nun also umblickten, blieb mir genauso wie Satoru die Luft weg.
 

Dort stand allen Ernstes Mi-chan. Das erste Mal sah ich sie in Freizeitkleidung, nicht der süßen Uniform, die sie sonst an hatte. Jetzt wirkte sie dadurch leger, gleichzeitig aber auch fröhlich, bunt und verrückt- passend zu ihrer Art. Ihre schwarz-orange Mütze trug sie allerdings. Nun trat sie ganz in den Raum und mir fiel der Gitarrenkoffer auf ihrem Rücken auf.

Allerdings konnte ich immer noch nicht anders, als sie anzustarren. Satoru fing sich jedoch schnell wieder und wand sich mir mit bösem Blick zu.

„Hast du sie herbestellt?!“

„Nein! So gut kenne ich sie nun auch nicht!“

„Woher weiß sie dann davon?!“

„Na von den Flyern, denke ich mal..“

„Ehm…könnt ihr mir erklären, wer das ist? Kennt ihr sie etwa? Sagt doch mal, ich blick hier nicht durch!“, klinkte sich Nabu uns Gespräch ein. Doch da drang ein Räuspern an unser aller Ohr.
 

„Eh Jungs…ihr wisst schon, dass ich euch hören kann, oder?“ , kichernd trat sie ein wenig mehr in die Mitte und überkreuzte die Füße, spielte sich selbst schmunzelnd an den Haaren herum.

Auf die Worte hin wurden wir alle drei etwas rot. Peinlich. Aber ehrlich: Ich war noch immer verwirrt. Was um alles in der Welt wollte sie? Doch nicht ernsthaft…?

„Eh…wer bist du?“, fragte Nabu unsicher und ließ sich auf einem der Stühle nieder. Sie strahlte nur und deutete grinsend eine Verbeugung an. „Nenn mich Mi-chan, so kennen mich auch schon die beiden da…die gehen neben mir auf die Uni.“

„Aha…aber…ehm…wie kommst du hierher? Wir suchen einen Gitarristen und es ist gerade Vorspielzeit…“

Sie begann laut aufzulachen, deutete dann aber hinter sich auf ihren Rücken. „Genau deshalb bin ich ja hier. Und was die Vorspielzeit betrifft…ich bin die Letzte, draußen stand keiner mehr.“

„Ah…ach so.“, ratlos kratzte sich der Rothaarige am Kopf und blickte hilfesuchend zu uns. Ich konnte jedoch nichts sagen , ich war noch immer dabei, mein heftig klopfendes Herz zu beruhigen. Ich kam mir gerade vor wie im falschen Film…
 

„Eh…du weißt schon, dass wir einen Mann suchen, oder?“, Satoru hob eine Braue. Dadurch wusste ich genau, dass er skeptisch war. Erwartungsvoll wanderte mein Kopf wieder zu ihr. Sie grinste noch immer. „Auf den Zetteln stand nicht, dass der Gitarrist männlich sein muss.“

„Ja, aber das kann man sich bei einer reinen Männerband doch denken…?“

„Bitte?! Es gibt genug gemischte Bands.“

„Da gibt es aber entweder mehr Frauen oder aber die einzige Frau ist die Sängerin, nicht die Gitarristin!“

Sie seufzte. „Du bist skeptisch gegenüber Neuem, oder?“

Satoru strich sich durch die Haare und atmete tief durch, ehe er erneut zu sprechen begann. Die Eule wollte also heute mal das letzte Wort haben? „Weißt du…ich habe grundsätzlich nichts dagegen…aber bei einer Band nur aus Männern, mit einer einzigen Frau…“, er schielte kurz zu mir, dann blickte er wieder sie an, „Ich habe keine Lust, dass es dann am Ende zu Streit kommt oder was weiß ich was. Hast du einen Freund?“

„Nein. Aber keine Sorge, ich will wegen meinen Qualitäten an der Gitarre genommen werden, nicht wegen meines Aussehens oder sonstigem.“

„Wie alt bist du?“

„15, immer noch. Aber komm mir bitte mit nichts von wegen zu jung oder so.“

„Du gehst noch zur Schule! Wir suchen etwas, was auf Dauer besteht, verstehst du?“

„Ja, ich weiß. Und deshalb melde ich mich. Ist das so schwer zu verstehen? Ich möchte mit der Musik Geld verdienen. Mein Gott, habt euch nicht so, lasst mich lieber erst einmal spielen. Raus jagen könnt ihr mich ja immer noch.“

Große Worte, die Satoru sprachlos werden ließen. Man oh man, die Kleine gefiel mir immer besser. Ich blickte zu Nabu, der nun grinsen und etwas kichern musste, sich dann schließlich zurücklehnte. „Sie hat Recht, Eule. Lass sie erst einmal machen. Schaden kann es nach den schlechten Vorspielern doch eh nicht mehr, was haben wir zu verlieren?“

„Eben! Ich bin dafür, dass sie uns zeigt, was sie kann. Spiel einfach, Mi-chan, wir werden ja sehen, ob du es kannst.“, stimmte ich sofort -nachdem ich aus meiner Starre erwacht war- zu. Satoru warf mir tödliche Blicke entgegen, zuckte schließlich die Schultern. „Überstimmt. Also Mädchen, zeig uns, was du kannst.“
 

Mi-chan strahlte, bevor sie erneut eine Verbeugung andeutete. „Vielen Dank. Na dann…hoffe ich mal, dass ich euch überzeugen kann.“, grinsend setzte sie ihren Gitarrenkoffer ab und zog eine E-Gitarre heraus. Sie war genauso bunt und knallig, wie die Kleine. Aber irgendwie gefiel mir das. Kreativ schien sie zu sein, das sah so selbstgemacht aus. „Habt ihr einen Verstärker?“

„Ja, Moment, den haben wir vergessen aufzustellen…“, murmelte ich, immerhin waren die meisten mit Akustikgitarren gekommen. Ich schob ihn ihr heran und sie schloss alles an. So wie sie das tat, schien sie Übung darin zu haben. Mein Herz begann heftiger zu klopfen. Sollten wir vielleicht den Hauch einer Chance haben, wieder wen zu finden…?
 

Sie zupfte an einer Seite, stimmte noch einmal nach, bis sie zufrieden war, ehe sie in die Seiten schlug. Die Melodie und das Lied gesamt waren schnell, hart und rockig und ich und die anderen beiden neben mir starrten sie mehr als entsetzt und überrascht darüber an. Solche Töne hatte ich nie zuvor gehört. Sie hatte ihren ganz eigenen Stil, auch wenn er mich etwas an einen anderen erinnerte…doch von wem? Mir blieb keine Zeit, darüber nachzudenken. Ich versank in Mi-chans Lied, das irgendwann abrupt endete und ruhiger wurde. Die Klänge wurden sanfter, zarter; liebevoll beinah strichen ihre Finger über die Seiten.

Ich hätte ihr ewig zuhören können. Doch leider endete alles irgendwann, so auch Mi-chans Spiel. Kurz wischte sie sich über die Stirn, dann grinste sie uns an. „Und? Bin ich so schlecht, wie ihr dachtet? Ich kenne zumindest kein anderes Mädchen, das sowas kann.“
 

Kurz herrschte Schweigen, ehe Nabu sich nach vorn auf den Tisch stützte. „Heilige scheiße war das geil!“
 

Ich konnte ihm nur zustimmen, nickte heftig, „Wo zum Teufel hast du so spielen gelernt?!“

Sie lachte und stellte ihre Gitarre ab. „Also beim Teufel schon einmal nicht, da liegt ihr falsch. Wo ich das her habe? Naja…wie soll ich sagen, meine Familie ist halt sehr musikinteressiert und hat mir damals einen guten Lehrer besorgt…“

Auch Satoru erwachte wieder, nickte anerkennend, „Wow…wie lange spielst du schon?“

„Seit ich sechs bin…also seit 9 Jahren.“, grinste sie stolz. Mir klappte der Mund auf. Ich spielte auch, seit ich ca. 5, 6 Jahre alt war, also seit ungefähr 13 Jahren und ich fand sie beinah noch besser als mich. Und dann war sie auch noch ein Mädchen. Ein süßes kleines Mädchen, das ich die ganze Zeit über angehimmelt habe. Und jetzt hatte sie uns hier alle weggerockt.
 

„Du entschuldigst uns doch kurz, oder?“, wollte Satoru wissen. Sie nickte nur und machte sich daran, die Kabel wieder alle zu lösen. Eulchen zog uns etwas außer Reichweite.

„Also? Eure Meinung?“

„Da fragst du noch?!“, entkam es Nabu, doch ich schob ihn sanft beiseite, blickte Satoru ernst an. „Du hast Angst, weil ich sie süß finde. Aber keine Sorge, wenn sie es schaffen sollte, halte ich mich von ihr fern. Ich finde sie hat wahrlich Talent, wirklich. Du…du hast es selbst gesehen, so habe ich lange niemanden spielen sehen. Und sie besaß Leidenschaft, aber auch dieses…ich weiß nicht, du weißt was ich meine, ja? Es kommt so rüber, als liebe sie die Musik sehr.“

„Den Eindruck hatte ich auch.“, nickte Nabu.

Satoru musterte uns eindringlich, seufzte dann aber. „Jungs, ich will euch echt nicht ärgern… aber ihr wollt das ernsthaft machen. Und ich denke einfach, dass eine 15-jährige andere Vorstellungen hat als 19 und 21-jährige.“

„Du bist erst 18.“, war mein trockenes Kommentar dazu.

„Ist doch egal, du weißt, was ich meine! Außerdem ist sie wie gesagt ein Mädchen… stell dir vor, sie hat einen Freund…und dann kaum Zeit für die Band. Oder aber sie hat dir schon so den Kopf verdreht, dass du sie die ganze Zeit anstarrst und zu nichts weiteres mehr fähig bist!“

„Das ist nicht wahr!“

„Beweise es.“

„Okay, mach ich.“, ich lief zu meinem alten Bass, der noch herum stand und lief zu der Kleinen. „Mi-chan, warte, ich möchte noch etwas probieren.“

Fragend blickte sie von ihrem Gitarrenkoffer auf. „Uh? Eh Bass ist aber nicht so meins.“, lachte sie nur. Ich schüttelte den Kopf. „Ach was, musst du doch gar nicht. Ich will sehen, ob wir zusammen harmonieren beim spielen. Satoru, hast du unseren ersten Song?“

„Moment…“, er lief zum Schreibtisch und holte ein paar Texte hervor. „Hier, das ist unser allererster Song. Er ist relativ simpel. Hier sind die Gitarrennoten dazu.“

„Danke…“, sie nahm die Zettel und betrachtete sie ausgiebig. Nach einer Weile begann sie zu schmunzeln, dann wanderte ihr Zeigefinger auf ein Wort. „Soll das hier e-moll heißen?“

„Warte…“, ich beugte mich zu ihr, „Eh, ja…“

„Wer hat das denn geschrieben?“

„Shinji.“ – Satorus knappe Antwort.

Sie lachte leise. „Oh, okay. Das…ist echt schrecklich geschmiert, nimm mir es bitte nicht übel.“

„Schon gut…“, murmelte ich und ließ den Kopf hängen. Jetzt fing sie auch noch an…!

Mi-chan streckte sich, dann nickte sie. „Okay, ich probier es mal, sagt mir, wenn was nicht stimmt.“ Damit legte sie auch schon los mit der ersten Strophe und ich musste sagen, es klang perfekt. Als hätte sie das Lied schon 100 Mal gespielt. „Wow.“, entkam es mir.

„Meinst du? Ich fand es etwas holprig, aber gut…wollen wir jetzt zusammen spielen?“

„Klar, gern!“, ich schob mir meinen Bass zurecht und wartete, dass sie startete. Kurz darauf setzte ich ein. Es klang fantastisch. Nach einer Weile hörte ich Nabu einsetzten, der sich hinter sein Schlagzeug geschwungen hatte. Dann schließlich sang auch Satoru leise mit.
 

Als der letzte Ton verklungen war, blickte ich sie beinah sehnsüchtig an. Wenn das nicht der Perfekte, neue Gitarrist war, wusste ich auch nicht weiter!

„Hast du schon einmal in einer Band gespielt?“

Sie nickte, legte die Gitarre auf ihren Schoß und drehte sich eine Strähne um die Finger. „Ja…das war aber eine reine Mädchenband. Am Anfang hat es Spaß gemacht, aber dann gab es immer mehr Gezicke, darauf hatte ich keine Lust und hab dort wieder aufgehört. Als ich dann euer Plakat las, habe ich gezögert. Als du aber sagtest, ihr habt immer noch keinen, dachte ich, ich komm mal vorbei. Ich hätte auch meine Schwester fragen können, sie spielt ähnlich gut wie ich, aber sie hat schon eine kleine Hobbyband, von daher. Und mein Brüderchen ist noch etwas zu jung…“, sie zuckte die Schultern und schmunzelte, blickte uns dann aber fast schon schüchtern an. „Und…was sagt ihr? Also mir hat es Spaß gemacht, mit euch zu spielen.“

„Mir auch!“, stimmte ich sofort zu, „Nabu?“

„Klar. Ich kam mir vor, als würde sie schon ewig mit uns spielen. Mädel, du bist ein Naturtalent. Deinen Lehrer möchte ich gehabt haben!“

„Satoru?“

„Ohne Zweifel, sie spielt genial. Und euer Spiel harmoniert auch gut…ich denke, wenn es wirklich keine Probleme gibt und du das hier ernst nimmst, dann herzlich Willkommen als unsere neue GitarristIN.“

„Oh danke, danke, danke! Ihr wisst gar nicht, wie sehr ich mich jetzt freue~ JUHU!“, sie jauchzte freudig auf und küsste mich auf die Wange, knuffelte mich, nur um sich gleich wieder zu lösen und die Prozedur bei den anderen beiden zu wiederholen. Nabu musste lachen und Satoru wurde seltsamer Weise ein wenig rot. Dann stellte sie sich vor uns und blinzelte überlegend. „Eh…wie heißt eure Band eigentlich?“
 

„Wie…?“, ich neigte fragend den Kopf, „Eh…wir haben noch keinen Namen…“, murmelte ich vor mich daher, erschrak dann auch ziemlich als sie ein lautes, entsetztes „WAS?!“, von sich gab.

Auf unsere fragenden Gesichter hin erklärte Mi-chan:

„Ihr wollt mit der Band berühmt werden, und dann hat sie noch nicht einmal einen Namen?! Jungs, also ehrlich!“

„Naja…wir dachten immer, früher oder später fällt uns sowieso einer ein…“

„Lieber früher, als später. Überlegt euch schonmal was.“

„Jetzt gleich?!“

„Nein, bis zur nächsten Probe…wann ist die überhaupt?“

„Morgen. Ab wann kannst du da? Ab Nachmittag hätten wir alle Zeit, oder?“, Nabu blickte sich fragend um. „Schon okay. Also dann sagen wir ca. 15.00 Uhr. Wer eher da ist, kann schon den Raum vorbereiten oder so, wie immer halt. Ich denke, wir sollten jetzt eh erstmal alles so stehen und liegen lassen und das restliche Wochenende genießen.“ Häuptling Satoru hatte gesprochen. Hau; oder wie sagte man da? Innerlich überlegte ich jedoch, wie ich Mapa den eben gestrichenen Familiensonntag beibringen sollte..
 

„Okay, ich versuch so schnell wie möglich zu kommen!“, damit setzte sie sich auch schon ihre Tasche wieder auf.

„In welche Richtung musst du?“

„Weit weg von hier, im Westen der Stadt…aber keine Sorge, wenn meine Eltern Zeit haben, bringen sie mich, beziehungsweise nach der Schule komme ich dann immer gleich her… oder gehe vorher zu einer Freundin Hausaufgaben machen und komme dann her.“

„Ach so, okay. Und sonst? Fährst du mit der U-Bahn?“

„Ab und an, aber man kann es auch laufen.“

„Sollen wir dich noch zur Haltestelle bringen..?“

„Nicht nötig, mein Dad wollte zwei Straßen weiter auf dem Parkplatz warten. Aber trotzdem danke. Ihr seid echt süß und cool. Ich freue mich schon auf die Zusammenarbeit mit euch, bis Morgen. Auch und Shinji…“, sie begann mir etwas aufzuschreiben, „Ruf mich nochmal an wegen dem Eis essen…ich such nachher noch die Adresse von dem einen tollen Café heraus.“, sie lachte, drückte mir ihre Nummer in die Hand und verließ winkend den Raum. So schnell, wie sie erschienen war, verschwand sie also auch wieder. Noch lange starrte ich auf die nun geschlossene Tür.
 

Nabu fasste mir an die Schulter. Als ich zu ihm aufblickte, grinste er. Elender Farbtopf!

„Da hat dir aber wer gewaltig den Kopf verdreht?“

„Ach was…“

„Woher kennst du sie?“

„Sie hat mich angesprochen, als ich die Flyer aufhing.“

„Ach so? Cool…naja, dann haben wir nun halt eine Gitarristin~ Ist auch nicht schlecht.“

„Meinste? Was sagt deine Freundin da dazu?“

„He, ich bin treu! Und sie weiß, dass ich nicht auf so junge Damen stehe. Obwohl mir die hier älter wirkte als sie ist.“

„Ja…aber vor allem wie man mit 15 so Gitarre spielen kann!“

Satoru strich sich durch die Haare und nickte. „Das nächste Mal will ich den Namen von ihrem Lehrer. Das kann nicht angehen, dass sie beinah so top spielt wie unsere Eltern mit Jahrelanger Bühnenerfahrung.“

Nabu nickte heftig, ehe er lachen musste. „Boar, der Lehrer muss doch gut verdienen, ich meine, wenn all seine Schüler so werden…krass.“

Ich stimmte ebenfalls zu, seufzte dann aber. „Jetzt haben wir ganz vergessen, zu feiern.“

„Können wir doch immer noch.“

„Stimmt…das neue Mitglied wird auf jeden Fall gefeiert…auch wenn ich das Ganze, was jetzt passiert ist, erst einmal verarbeiten muss…“

Beide klopften mir auf die Schulter. „Mach das Shinji, mach das.“
 


 

~~**~~
 


 

Jetzt interessieren mich eure Meinungen *grins*
 

Vielen Dank für die lieben Kommi, auch wenn sie leider wieder abgenommen haben ;.;"

Wann das nächste Kapitel kommt, weiß ich noch nicht...ich lass mich erstmal von euren Meinungen hierzu überraschen ;D Das Kapitel war ursprünglich übrigens noch länger. Ich habe es zum besseren verständniss jedoch nocheinmal gekürzt :) Den Rest gibt's das nächste Mal.
 

lieben dank an:
 

@Sixty69Nine: Nicht schämen, ich hätte mich besser ausdrücken sollen^^ Ja? Na mal sehen, ob das bis zum Ende der FF so bleibt, mal sehen, was ich noch für Chaos mit meinen Süßen anrichte ;D
 

@Lucel: Da musst du wohl leider noch etwas warten ;D Aber vielleicht heitert dich das Kapitel ja auf, da wird ja schon ein Geheimnis gelüftet ;)
 

Bis bald!
 


 

~~**~~



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Kanoe
2010-10-28T09:34:26+00:00 28.10.2010 11:34
ein schönes kapitel und ich freu mich das sie jetzt jemanden für die gitarre haben

und vor allem freu ich mich auf das nächste kapitel
Von: abgemeldet
2010-10-23T20:25:29+00:00 23.10.2010 22:25
juhu!!! ^^

hach, wie mich das freut, dass Mi-chan jetz wirklich mitglied der band geworden is!! :DDD *quietsch*

bin auch gespannt wer ihr lehrer is...
kennen wir bestimmt, ne? ;D

...auf Mi-chans eltern bin ich aber auch gespannt...
so nett, sie immer zu proben zu bringen?! o.O boah...
Von:  Sixty69Nine
2010-10-23T11:41:30+00:00 23.10.2010 13:41
Haha echt cooles Kapitel<3 ^^
Etwas gemein das die anfangs so ein Problem damit hatten das sie ein Mädchen ist, ich meine ein Junge hätte ja auch genau so gut ne Freundin haben können & deshalb nie Zeit gehabt...>.<
Finds gaiil das die Mi-chan als Gitarristin haben ^___^
Bin schon gespannt wer dann ihr "Musikalischen Elten" sind, sicher auch ne berümte Band odr so.


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