Tease von Anemia ================================================================================ Kapitel 1: Who's that girl? --------------------------- Noch immer keuchend liege ich neben Christine, die ebenso abgekämpft ist wie ich. Trotzdem ziert ein diebisches Grinsen ihr hübsches Gesicht. “Das war der absolute Hammer”, gesteht sie mir, während sie sich enger an meine starke, männliche Brust schmiegt. “Wir müssen das unbedingt noch mal machen, du bist wirklich so eine Granate im Bett, genau wie Manuela gesagt hat.” Nun muss ich ebenfalls grinsen, voller Stolz über mich und meine sexuellen Fähigkeiten. Die Mädels liegen mir schon seit der fünften Klasse zu Füßen, meine erste Freundin hatte ich mit bereits 12 Jahren, als ich noch nicht mal feucht gekommen bin. Mit 14 erlebte ich mein erstes Mal, keiner meiner Kumpels konnte so früh mit seinen Sexerfahrungen prahlen wie ich. Ja, ich war schon immer ein Frauenheld, noch nie wollte mich ein Mädchen von der Bettkante schubsen, ich bekam immer das, was ich wollte. Nämlich Sex. Das einzige, mit dem ich nicht dienen kann, sind langfristige Beziehungen, denn wenn ein Mädchen mir irgendwas erzählt, von wegen, ich sei ihre ach so große Liebe, bin ich über alle Berge. Denn an so einen Schwachsinn glaube ich absolut nicht. In meinem Leben gibt es nur die Liebe für eine Nacht und dabei bleibt es. Das Gefühlsgedusel kann ich mir sparen, das ist schließlich was für Weicheier. Und ein Weichei bin ich auf keinen Fall, Männer, die sentimental werden, sind mit einer 80 prozentigen Sicherheit schwul. Uh, schwul. Mein Hasswort Nummer eins. Ich verabscheue schwule Typen schon seit der Grudschule. Wenn ich die schon sehe, mit ihren Handtäschen und rosa Klamotten, könnte mir kotzübel werden. Aber mindestens genauso schlimm wie Schwuchteln sind die kleinen, ebenso schwulen Teenager, die diesen neuen, bescheuerten Trend mitmachen: Emo. Ich gebe es ja zu, es gibt eine ganze Reihe von Mädchen, die echt süß aussehen mit diesem Style, vorausgesetzt, sie sehen um die Haare nicht aus wie eine Vogelscheuche und tragen nicht ausschließlich schwarz. Aber von den Jungs ist gar nicht zu sprechen. Manchmal knutschen die sogar in aller Öffentlichkeit, ohne dass es ihnen peinlich ist, ihre eklige Homosexualität zur Schau zu stellen. Sowas sollte man in die Klapse einweisen, die sind ja eine Gefahr für die Allgemeinheit, zum Schluss versuchen die Emos an meiner Schule noch, mich rumzukriegen, weil sie mich sexy finden. Natürlich, es wäre verständlich bei meinem Körper, aber eher würde ich mich lebendig begraben lassen als einen Jungen in den Arsch zu ficken. Was ekligeres gibt es ja wohl nicht, wer würde mir in diesem Punkt auch nicht recht geben, mh? Abschaum der Gesellschaft so was… “Träumst du?”, spricht mich Christine plötzlich an und reißt mich somit aus meinen Albträumen. “Ich muss nämlich los, meine Mutter macht sonst echt Stress und den kann ich mir sparen.” “O-okay”, stottere ich noch immer verwirrt, doch als das Mädchen vor meinen Augen in seine Klamotten schlüpft, wird mir schon wieder ganz anders. Der schöne, knackige Po, die große Oberweite, ja, so stelle ich mir eine Frau vor. Wir sollten diese Nacht wirklich wiederholen, Christine hat vollkommen recht. Aber für heute ist mein Geschlechtstrieb gestillt, auch wenn das verwunderlich ist, da ich manchmal trotz One-Night-Stand noch onanieren muss, weil ich noch immer an wunderschöne Frauen denken muss. Ach, Dennis, und sie gehören alle dir, jede einzelne… ***** “Oje, so wie ich aussehe, kann ich unmöglich auf die Straße gehen.” Der morgendliche Blick in den Spiegel enthüllt schreckliches. Mitten auf meinem Kinn ragt ein dicker Pickel empor, den ich trotz verzweifelten Quetschens nicht entfernen kann. Was sollen nur die Mädels von mir denken, wenn die mich so sehen? Guckt euch mal den Pickel-Dennis an, werden sie sagen, ich höre es schon förmlich. Sie werden nie wieder mit mir schlafen wollen, da es ja sein kann, dass das monströse Ding an mir anteckend ist. Oh mein Gott. Völlig in Hysterie ausgebrochen wasche ich mein Gesicht, rubble es trocken, blicke erneut in den Spiegel, doch nichts hat sich geändert. Shit. Dieses Monstrum von Pickel mal außer Acht gelassen, ich sehe heute wirklich schlimm aus. Meine aschblonden Haare stehen struppig in alle Himmelsrichtungen, vielleicht sollte ich mich doch mal wieder einem Friseur vorstellen und mir auf 5 Millimeter kürzen lassen. Meine Kumpels ziehen mich eh schon damit auf, dass ich fast ein Emo sein könnte mit dem Haarschnitt, der mir bis unter das Kinn reicht. “Morgen, Mum”, begrüße ich meine Mutter, die es sich in der Küche gerade mit einer Tasse Kaffee gemütlich machen will. “Ich muss dann auch schon weg, Herr Becker killt mich, wenn ich zu spät zu dem wichtigsten Fach der Welt komme: Mathematik.” Letzteres war natürlich ironisch gemeint, denn Mathe könnte in meinen Augen auch ganz abgeschafft werden. Diese ganzen Zahlen machen mich noch ganz verrückt, die sind so unerotisch! Im Deutschunterricht könnte man ja eventuell noch die ein oder andere Zweideutigkeit entdecken, aber dort? Nee, Mathe ist definitiv nichts für mich. Generell verabscheue ich jegliches Rechenfach wie Physik oder auch Chemie. Welcher halbwegs normale Mensch füttert sein Gegirn schon freiwillig mit so einem Bullshit? ***** “Darf ich mich neben dich setzen?” Ein Mädchen mit dunkelbraunen Haaren lächelt mich zuckersüß an. Wer kann da schon nein sagen, vielleicht wird sie meine neue Flamme? “Klar, setz dich”, nicke ich ihr zu. “Ich bin übrigens Dennis. Und du?” “Veronica”, stellt sich die junge Dame vor, während sie die Beine übereinander schlägt und den Blick nicht von mir abwendet. “Du bist doch einer aus der zehnten, stimmts?” “Korrekt”, erwidere ich cool, aber doch höflich, denn man muss nett zu den Mädels sein, sonst hat man es sich gleich verschissen bei ihnen. “Und? Heute Nachmittag schon was vor?” Ich bin heute wieder so direkt, dass es mich schon bald selbst gruselt. Aber so wie ich mich kenne, zieht die Masche. “Ähm…nö…”, grinst Veronica. “Es sei denn, wir gehen heute noch ins Kino. Der neue Film mit Johnny Depp ist gerade angelaufen, und…” Innerlich verdrehe ich die Augen wegen diesen Schnulzenfilmen. Wie Mädchen nur auf so eine Herzschmerzkacke stehen können. Ich würde ja lieber einen Horrorfilm schauen, aber da machen nur meine Kumpels mit, die übrigens gerade den Bus betreten. “Na, Dennis, schwule Socke, alles fit im Schritt?” Meine Mine verfinstert sich augenblicklich, ich HASSE es, wenn Timo mich “schwule Socke” nennt. Ich hasse, hasse, hasse dieses abartige Wort! Bei dem Thema verstehe ich absolut keinen Spaß, das soll er sich merken. “Ey, was ist das denn für ein Monsterding da auf deinem Kinn, ih, da wirst du aber heute keinen Stich landen, das sag ich dir.” “Halt die Klappe”, rechtfertige ich mich und lege den Arm um das Mädchen auf dem Platz neben mir. “Ich habe heute schon ein Date und du bist ja nur neidisch, nicht war, Süße?” Veronica kichert nur auf mädchenhafte Weise und das bestätigt mir, dass ich recht habe. Ich bin der geilste Typ der Schule, wer würde mir das nicht bestätigen? ***** Auf dem Schulhof stehen wir noch eine Weile zusammen, meine Kumpels und ich, bevor der Unterricht beginnt. “Was machst du das Wochende so, Disco oder was?” “Klar, man”, antworte ich dem blonden Kevin, der wahrscheinlich schon wieder darauf aus ist, mit mir die Weiber aufzureißen. Wir haben da so einen kleinen Wettbewerb, nämlich, wer die meisten Mädels ins Bett kriegt. Und zur Zeit bin ich natürlich am gewinnen, ist ja logo. “Ey, Alter, guck dir mal die Tusse an, man, man…”, staunt Timo auf einmal und schaut an mir vorbei. “Tusse? Wo?”, will ich wissen und drehe mich hastig um, denn ich will ja schließlich nichts interessantes verpassen. “Boah, der Hammer, sag ich dir. Guck doch. Ich glaub, ich frag die, ob sie meine Briefmarkensammlung sehen will”, quatscht Timo weiter, doch ich kann meine Augen von dem schwarzhaarigen Mädchen in engen Röhrenjeans nicht mehr abwenden. Sie sieht nach Emo aus, aber sie sieht gut mit den Klamotten aus. Die Haare verdecken ihr rechtes Auge, elegant hält sie ihre Zigarette zwischen Zeige-und Mittelfinger und nimmt einen genüsslichen Zug. Leider sehe ich nun nur noch ihre Rückseite, aber ich habe gerade mit mir selber ausgemacht, dass ich sie in einer der nächsten Pausen mal anquatschen werde…da kann sie sich sicher sein. ***** Nachdem ich mich mit Timo noch fast zerstritten hätte, wer die heiße Emo-Queen abschleppen darf, beginnt die Mathestunde und so wird es Zeit, meinen Platz in einer der letzen Reihen einzunehmen, direkt hinter meinen Kumpels. “Guten Morgen, liebe Schüler”, begrüßt uns ein gut gelaunter Herr Becker, der sich zugleich an den Lehrertisch setzt und seine Mappe aufschlägt. “Nehmt einen Zettel raus, wir schreiben einen Test.” Waaas? Und das auch noch am Montag morgen, wo wahrscheinlich noch keine einzige Person dieser Klasse in der richtigen Stimmung für Arbeiten schreiben ist. Doch es hilft alles nichts, Herr Becker geht bereits scheißfreundlich grinsend durch die Reihen und verteilt die Aufgabenstellungen. Da hilft nur noch Augen zu und durch, das wird mir bewusst, aber wenn ich die Schule bis zur Mittagspause überlebe, werde ich die süße Emo-Queen wieder sehen. Und da vermassle ich sogar die Arbeit für. Eine Sechs mehr oder weniger tut ja nun auch nichts mehr zur Sache. Versetzungsgefährdet bin ich ja eh schon, also: Auf in den Kampf, du Loser! “Die Aufgaben waren ja total beschissen, nicht war, Emo-Boy?”, quatscht mich Timo nach der qualvollen Stunde an, nachdem er sich zu mir umgedreht hat und mich anglotzt, als hätte er ebenso wenig Schimmer gehabt wie ich. Aber warum er mich schon wieder Emo-Boy nennen muss, ich glaube, nach der Schule haue ich ihm noch eine rein. Verächtlich grinsend blicke ich auf meinen karierten Schreibblock und versuche, meine Wut auf Timo dadurch abzulenken, dass ich bald der Süßen mit den schwarzen Haaren Hallo sagen werde. “Sei froh, dass ich heute gute Laune habe, Kumpel”, drohe ich dem dunkelhaarigen. “Sonst hätte es aber geklatscht, und zwar keinen Beifall.” “Neja, tut mir sorry, aber guck doch mal deine Haare an”, versucht sich der andere kläglich für seinen dummen Spruch zu rechtfertigen, doch die Masche zieht nicht. “Die hängen dir schon bis über das rechte Auge, du…” Ich weiß schon, was er nun sagen wollte. Zu seinem persönlichen Glück hat er es noch rechtzeitig begriffen, denn wenn er mich heute noch einmal “Schwuchtel” oder “Emo” nennt, gehe ich davon aus, dass er morgen im Krankenhaus frühstücken möchte. “Noch so ein Spruch, Kiefernbruch”, warne ich schon mal, streiche mir meine in Freundeskreisen auch genannte Emosträhne zurück und trete meinem Kumpel als Vorgeschmack auf schlimmeres heftig ins Schienbein, worauf dieser sich unter Fluchen seinem Platz zuwendet und mich endlich mit seinem dummen Gelaber verschont. Mein Blick auf die Uhr verrät mir, dass bald die nächste Unterrichtsstunde beginnt. Geil, noch fünf Stunden, und dann ist Mittag! Ob die Hübsche wohl auch in die Mensa zum Essen geht oder ob sie sich lieber im Klassenzimmer verkrümelt und in irgendeiner Ecke emohaft heult? Na, da würde ich sie aber gerne trösten, ich Kummerkasten… Kapitel 2: Tommy ---------------- “…Und Hausaufgabe ist die Nummer vier von der Seite 143. Morgen werde ich sie kontrollieren, und zwar auf Zensur.” Ja, Frau König, denke ich abwertend, schon klar. Ich mache sowieso keine Englisch-Hausaufgaben. Wer braucht schon eine Fremdsprache? Schließlich kann ich Französisch, auch wenn es mit der Linguistik hapert… Meine Kumpels sind so doof, dass sie den Witz noch nie kapiert haben, auch wenn ich ihn bestimmt schon hundertmal erzählt habe. Da hat ja mein Pullover einen größeren Sinn für Humor als diese Trantüten. Der weiß wenigstens auch, was Wichsflecken sind, denn er hat schon welche abbekommen, was man von Timo bestimmt nicht behaupten kann, der Milchbubi kommt ja noch nicht mal feucht. Hach, bin ich heute wieder zynisch, so könnte mir das Leben gefallen. Nun fehlt mir nur noch eines zu meinem Glück: Die Emo-Queen! Klar, heute Nachmittag bin ich schon ausgebucht, aber morgen könnte ich mich ganz ihren Vorlieben und Bedürfnissen widmen. Doch wehe, sie steht auf Kuschelsex, damit will und kann ich garantiert nicht dienen. Aber so wie die über den Schulhof stolziert ist, möchte sie hart rangekommen werden, und so wie sie an ihrer Zigarette gezogen hat, kann sie ebenfalls französisch. Ja, dem wäre ich nicht abgeneigt, denn der Herr genießt und schweigt ja bekanntlich auch manchmal nur… Meine Nerve-Kumpels folgen mir ganz aufgeregt auf dem Weg zur Mensa, wo ich meine Süße bereits vermute. “Ob die in unsere Para-Klasse geht, was meinste, Alter?”, labert Timo, bestimmt hat er meine Drohungen bereits wieder vergessen, denn er macht wieder einen auf “Bester Kumpel 4 ever”. “Was weiß ich denn, deswegen werde ich sie ja auch mal ansprechen gehen, um das herauszufinden”, pampe ich den braunhaarigen an und verdrehe seufzend die Augen. “Und du schnappst sie mir nicht weg, Kevin, es sei denn, sie ist ne Domina, denn dominant bin immer noch ich, das ist ja wohl logo, ne?” “Stehst wohl nicht auf Spiele in Lack und Leder, oder wie?”, grinst der Angesprochende mich an. “Höchstens, wenn ich ein devotes Weibchen habe”, antworte ich und fühle mich total überlegen der ganzen Frauenwelt gegenüber. “Du Macho!”, mischt sich nun auch Timo ein und erntet dafür einen Schlag auf den Hinterkopf. “Bist ja nur neidisch, weil du keinen Stich landest und dein Masturbieren bereits chronisch ist”, kommentiere ich seinen dummen Spruch, grinse in mich hinein und erblicke weiter vorne auch schon das aktuelle Objekt meiner Begierde. “Da ist ja das Prinzesschen”, freue ich mich und lecke mir bereits über die Lippen. “Ihr wartet hier, und ich schnappe sie mir, habt ihr verstanden?” Meine Kumpels brummen nur genervt etwas vor sich hin, weil sie garantiert selbst scharf auf die Lady in Black sind. Apropos, irgendwie erscheint sie mir ganz schön groß, nicht mal einen ganzen Kopf überrage ich sie, wie das bei den meisten Mädels der Fall ist bei meinen 1,80 Meter. Und eigentlich sah es vorhin so aus, als würde sie Highheels tragen, doch wahrscheinlich hat das nur getäuscht. Lässig lehnt sie an der Wand kurz vor dem Eingang zur Mensa und spielt an einer ihrer Zigaretten. Sieht mir nach einer Kettenraucherin aus, eigentlich nicht so mein Fall, aber ich will ja mal nicht so sein. Optisch ist sie schließlich allererste Sahne, mjam. Ich beschließe, mir mein Verführergrinsen aufzusetzen und gehe mit schnellen Schritten auf sie zu. “Hallöchen, wie geht’s denn so?”, spreche ich sie an, oh man, jetzt wenn ich so vor ihr stehe, kommt sie mir gleich noch größer vor, eigentlich viel zu groß. Außerdem sind ihre Klamotten irgendwie viel zu unweiblich in meinen Augen, schwarze Lackschuhe trägt sie, dazu eine schwarze Röhrenjeans und eine ebenso schwarze Bluse mit Krawatte darüber. Und als ich ihre Hände sehe, die sie mit schwarzem Nagellack verziert hat, bin ich mir gar nicht mehr so sicher, ob ich sie noch ins Bett bekommen will. “Gut, und dir?” Nachdem sie das gesagt hat, hebt sie endlich ihren Kopf, und als ich nun ihr Gesicht betrachte, ihr schelmisches Grinsen, das fast schon provokant rüberkommt, falle ich beinahe um vor Schreck. Boah, das ist ja eine absolut hässliche Kackbratze! Die kann Kevin gerne haben, da vergeht mir ja die Lust. Geschockt taumle ich einen Schritt rückwärts, aber kann meinen Blick einfach nicht von der personifizierten Hässlichkeit abwenden, zu schrecklich ist dieser Anblick. “Was hast du denn?”, fragt sie mich mit einem immer noch anhaltenden Grinsen und einer furchtbar männlichen Stimme. “Bin ich denn so sexy, dass ich dir glatt den Atem raube?” Daraufhin lacht sie so scheußlich und überlegen wie die böse Hexe aus Hänsel und Gretel. Meine Lippen öffnen sich vor lauter Entsetzen, ihr furchtbares Aussehen kann wirklich nur noch von ihrer maskulinen Stimme übertroffen werden. Hilfe, die Transsexuellen kommen! Bestimmt war die mal ein Mann, um Gottes Willen! Das ist ja eine Gefahr für die Heteroheit, falls es diesen Begriff überhaupt gibt. “Jetzt sei doch nicht so schüchtern, du siehts ja aus, als ob du einen Geist gesehen hättest”, sagt die Kackbratze und stößt sich nun von der Wand ab. “Ich bin übrigens Tommy. Tommy Tease. Und du?” T-Tommy? Welches Mädchen heißt schon Tommy? Also ich kenne kein Einziges. Oh mein Gott. In meinem Kopf beginnt sich gerade ein absolutes Horroszenario abzuspielen. Das ist wirklich eine Transe, waaaah!!!! Am liebsten wäre ich nun mit hochgerissenen Armen zu meinen Kumpels gerannt und mich hinter Timo versteckt, aber das würde meinem Image zu sehr schaden, deswegen versuche ich, meinen Schock so still wie es geht zu verarbeiten. So schnell mich meine Beine tragen habe ich Reißaus genommen von diesem Wesen, dass sich Tommy nennt und eine männliche Frau ist. Oder ein weiblicher Mann, wer weiß das schon? Also für mich ist es nur eins: Ein geschlechtsloses Alien! “Gott, was ist denn in dich gefahren?”, fragt mich Kevin ganz teilnahmsvoll, als ich mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen vor meinen Kumpels stehe und kein einziges Wort mir mehr entgleiten möchte. “Hat die einen Damenbart oder warum siehst du aus, als hättet du Timo nackt gesehen?” “Haha, sehr witzig”, kommentiert der Erwähnte diesen Spruch zugleich, doch mir ist gerade jeglicher Witz vergangen. “Das is ne Transe!”, presse ich hervor und klinge wahrscheinlich, als hätte ich gerade den Weltuntergang verkündet. Naja, so ähnlich ist es ja auch, wenn man es sich recht bedenkt. “Was?”, fragt Kevin ungläubig nach. “Kann doch net sein, muss ich mit eigenen Augen gesehen haben. Wartet kurz.” Am liebsten hätte ich meinen Kumpel gewarnt, doch soll er doch in sein Unglück laufen und ebenso riskieren wie ich riskieren, dass er blind wird von dem Anblick der hässlich grinsenden Kackbratze. Soll er doch, aber wehe, er beschwert sich. “Ganz ruhig, Brauner”, versucht der noch immer neben mir stehende Timo auf mich einzureden, doch meine Blicke fixieren noch immer dieses Wesen, zu dem sich inzwischen Kevin gesellt hat und es mit neugierigen Blicken bombardiert. Von einer Sekunde auf die andere schaut auch der Blonde aus, als hätte ihm jemand am Schwanz gezogen, doch dieses Etwas vor ihm grinst nur, das sehe ich ganz genau, auch wenn seine Haare das halbe Gesicht verdecken. “Jetzt quatscht der auch noch mit diesem…diesem…”, fasle ich, da ich doch mit eigenen Augen sehe, wie die Beiden sich sogar ANLÄCHELN! Das ist echt zu viel des Guten, mein bester Kumpel steht auf Kackbratzen! Wie tief kann man eigentlich sinken? Ich dachte, nur bis ins Grab. Aber Kevin hat das Limit in diesem Augenblick völlig überschritten. Wie kann er nur? “Was hast du denn, eigentlich ist er doch gar nicht so schlimm. Naja, über sein Styling kann man sich streiten, aber sonst…und Sprüche hat der drauf, da träumst du nur von, sag ich dir”, berichtet mir Kevin, als wir uns schließlich in der Mensa versammelt haben, zum Glück hat er dieses hässliche Wesen nicht mitgebracht, ich glaube, ich hätte ihm vor Ekel die schwarze Bluse vollgekotzt. Doch ich glaube, bei meinem Kumpel hackt es langsam. “Nicht so schlimm? Du hast doch eine Vollmeise!”, protestiere ich und bin noch immer kurz vor einem Nervenzusammenbruch, während ich keinen einzigen Bissen meines Schnitzels mehr hinunterbekomme. Timo klopft mir beruhigend auf den Rücken und wendet sich dann an Kevin. “Was ist denn das eigentlich überhaupt? Ich blick das nicht ganz. Ein Kerl oder ein Weib, oder wie?” “Eine Transe!”, unterbreche ich und ernte dafür einen Schlag auf den Hinterkopf und einen bösen Fluch. “Also Titten sind schon mal keine vorhanden, und mir hat er auch weisgemacht, dass er einen Sack hat, und gleich gefragt, ob ich einen Beweis brauche”, erzählt Kevin und zerschneidet grinsend sein Schnitzel. “Aber da hab ich lieber nee gesagt, denn auf so was steh ich dann doch nie so. Doch ich hab ihm gesagt, dass du Schwänze geil findest, Dennis. Da hat er sich gefreut. Ich glaub, der mag dich.” Wenn Blicke töten könnten, wäre Kevin auf der Stelle tot umgefallen. “Das hast du nicht wirklich gesagt, oder?”, vergewissere ich mich, aber der andere nickt nur. “Klar hab ich”, freut er sich und kaut zufrieden an dem hoffentlich schweinegrippeverseuchten Stück Fleisch. “Ich hab ihm auch erzählt, dass du erst nur schüchtern warst, und dass er nach der Schule auf dich warten soll, weil du ihn gerne kennen lernen möchtest.” Daraufhin lacht Timo so doof los, wie ich es noch nie gehört habe. “Haha, ist das geil, wir machen aus Dennis ne Schwuchtel, oh man, wie Hammer, sag ich dir.” Nun platzt mir endgültig der Geduldsfaden, wütend packe ich den Braunhaarigen am Kragen und nähere mich seinem Gesicht, sodass sich seine Augen erschrocken weiten. “Ich schlag dir gleich in deine hässliche Fresse, du…”, zische ich bedrohlich, und es scheint zu wirken, Timo sieht wirklich ängstlich aus. Doch ehe es noch zu einer Eskalation kommen kann, zieht mich Kevin an der Schulter von unserem Kumpel weg und will mich wahrscheinlich beruhigen, doch die Nummer zieht bei mir nicht, nicht bei meinem Hassthema. “Es mach mal nicht die Pferde scheu, Dicker”, redet er auf mich ein. “So schlimm hab ich dann auch nicht übertrieben, war nur Spaß. Musst das schon mit ihm selber abmachen, wenn du ihn haben willst. Ich halt mich da raus.” “Ich will es oder ihn oder wie auch immer nicht haben. Ich hasse ihn. Kapiert?” Noch immer auf 180 reiße ich mich von meinem Kumpel und verlasse mit schnellen Schritten die Mensa. Die können mich mal kreuzweise, wie kommen die eigentlich nur auf diese beknackte Idee, ich könnte mich für so eine widerliche Transe interessieren? Ich hasse Schwule, ich hasse Androgynität und noch mehr hasse ich Emos. Und all diese Dinge vereinen sich in diesem komischen Typen, der sich Tommy Tease nennt und wahrscheinlich glaubt, Mr Superstar zu sein. Wenn er nur einmal eine große Fresse riskiert, haue ich ihm eine rein, damit er merkt, was er von seinem großen Mundwerk hat. ***** Erst in der darauf folgenden Unterrichtsstunde hat sich mein Gemüt ein wenig abgekühlt und ich bin wieder einigermaßen zurechnungsfähig. Leider verspüre ich nach Sozialkunde einen starken Harndrang, deswegen beschließe ich, das Klo aufzusuchen, um mich dort zu erleichtern. Doch als ich die Tür zum Jungenklo öffne und in Richtung der Spiegel schaue, ballen sich meine Fäuste, die Wut kehrt wieder zurück, denn vor dem Waschbecken steht diese Schwuchtel und betrachtet ganz wohlgefällig ihr Spiegelbild. Zu meinem Pech hat mich dieser Tommy gleich bemerkt und grinst wieder sein hässlichstes, abartigstes Grinsen. Bestimmt sind schon Leute tot umgefallen, als sie es gesehen haben, auch mir wäre es vorhin fast nicht anders gegangen. “Na du?”, spricht mich der Schwarzhaarige an und tritt sogar noch einen Schritt näher zu mir, während ich mir meine überschäumende Wut nicht anmerken lassen will. Wenn er frech wird, soll er sie unerwartet an seinem unmännlichen Körper spüren. “Wie heißt du denn, mh? Ich habe mich ja bereits vorgestellt, aber du bist vorhin so schnell weg, dabei interessierst du dich doch für mich, das weiß ich!” Meine Lippen werden schmaler und schmaler, genau wie meine Augen, hektisch trete ich an den Spiegel heran und wasche mir die Hände, obwohl man das erst tut, nachdem man die Toilette besucht hat. Das Wasser ist ekelhaft kalt, die Seife stinkt, genau wie Tommy. Der soll ja nicht wagen, mich zu stalken, denn da gibt’s richtigen Ärger. “Dieter”, antworte ich also, damit ich vielleicht endlich meine Ruhe habe und die Kackbratze bei diesem Namen Reißaus nimmt. Doch nichts da, der Andere kichert nur blöde, was schon wieder einen verstärkten Reiz auf mich ausübt, ihm endlich eine zu knallen. Breit grinsend stellt er sich hinter mich und betrachtet mein Gesicht im Spiegel, welches ich vor Entsetzen über Tommys Hässlichkeit gar nicht mehr nach unten wenden kann. “Du heißt nicht Dieter”, sagt er wissend und legt den Kopf wohlgefällig schief. “Dein Kumpel hat mir erzählt, dass du Dennis heißt. Denni. Und dass du mich gerne kennen lernen möchtest, es aber nicht kannst, weil du so schüchtern bist. Aber du musst nicht schüchtern sein. Ich beiße garantiert nicht, ich bin ganz lieb. Besonders zu dir. Du bist schon ganz schön süß, weißt du das?” Nun platzt mir aber der Kragen endgültig. Wie vom Blitz getroffen drehe ich mich um, gebe diesem Tommy eine schallende Ohrfeige und verlasse lieber schnell die Toilette, bevor ich noch ungehaltener auf ihn einbrügle. “Fick dich ins Knie, man!”, fluche ich noch lautstark im Schulflur, leider hat mich Herr Becker gehört, wie ich diese bösen Worte in den Mund genommen habe. “Na hoffentlich meinen Sie nicht mich, Dennis”, erwidert er aber nur, während er mich gar nicht erst anschaut und weiterhin konzentriert den Vertretungsplan studiert. “So eine Scheiße!” Im Klassenzimmer vergrabe ich mein Gesicht in meinen Händen und ziehe damit nur wieder die Aufmerksamkeit von Timo und Kevin auf sich. “Was hast du denn, hat Tommy dir einen Korb gegeben?”, will Kevin wissen, dem ich in diesem Augenblick auch am liebsten eine geklatscht hätte. Doch ich versuche, mich ein wenig zu zügeln, denn ich weiß, die Aufregung ist nicht gut für mein Herz. “Ich habe der hässlichen Kackbratze eine gepfeffert, und dann bin ich abgehauen. Selber schuld, wenn der mich so provoziert. Sagt mir einfach, ich wäre süß und unterstellt mir, ich sei schüchtern. Der tickt doch nicht mehr ganz…” Kevin und Timo raunen vielsagend, warum denken die noch immer, ich würde auf den stehen? Vielleicht, weil er so feminin ist? Vielleicht, weil ich ihn von mir aus angesprochen habe? Wie konnte ich das nur tun? Das war wirklich ein Schuss in den Ofen, den ich ganz alleine verzapft habe. “Du hast einen Verehrer, Dennis, uh!”, grinst Kevin und klopft mir auf den Rücken. “Aber wie kannst du dem nur eine knallen, das ist aber nicht die feine englische Art. So erobert man nicht das Herz eines Jungen, weißte.” Darauf antworte ich nicht mehr, denn ich möchte nur noch allein sein und mit niemandem mehr reden. Nicht mit Timo, nicht mit Kevin und schon gar nicht mit diesem Tommy. Auch wenn ich vielleicht doch ein wenig überreagiert habe und ich mich bei ihm entschuldigen sollte… Kapitel 3: Pannen und andere Peinlichkeiten ------------------------------------------- Als ich das Schulhaus am späten Nachmittag verlasse und sehe, wie auch Tommy den Heimweg antritt, beschließe ich zu sagen, dass es vielleicht doch ein bisschen heftig war mit der Ohrfeige und dass es nicht so gemeint war. “Ähm…du…warte mal…” Ich bin wirklich über meinen Schatten gesprungen. Ich habe wirklich vor, mich bei Tommy zu entschuldigen. Der Angesprochende wendet mir langsam seine Vorderseite zu, seine dichten, schwarzen Haare verdecken seine Augen fast vollständig. Kein Wort sagt er, außerdem bemerke ich, dass seine Wange noch immer gerötet und wahrscheinlich auch ein wenig geschwollen ist. “Ich wollt mich nur bei dir entschuldigen”, brumme ich und stelle mich vor den Schwarzhaarigen, der wirklich nur ein paar Zentimeter kleiner als ich zu sein scheint. “Wollt dir keine Klatschen.” “Da hast du aber Glück, dass ich auf Schmerzen stehe”, grinst plötzlich mein Gegenüber und legt seine Hand auf die rechte Wange, während mein Gesicht vor Schreck erstarrt. “Wie, du stehst auf Schmerzen?”, frage ich nach, Tommy jedoch scheint das alles ganz gelassen zu nehmen und zuckt die Schultern. “Sag bloß, du weißt nicht, was Sadomaso ist, Denni?”, erkundigt er sich ungläubig. Natürlich weiß ich, was das für eine Sexpraktik ist, also ist Tommy doch eine Domina, wenn es das überhaupt als männliche Version gibt. Naja, Tommy ist ja auch nicht männlich, der ist ein Eunuch! Wie gerne hätte ich ihm das gesagt. “Aber wenn du nicht weißt, was das ist, könnte ich es dir heute Abend ja mal demonstrieren, bei einer Flasche Sekt. Wie wärs?” Na nun trifft mich aber endgültig der Schlag. Warum komme ich erst auf die bescheuerte Idee, mich dieser Transe vorzustellen und als wäre das noch nicht genug, entschuldige ich mich auch noch für eine wohlverdiente Ohrfeige, die dieser hässlichen Kackbratze auch noch gefallen zu haben scheint. “Du denkst wohl, ich bin total bescheuert?”, fluche ich und würde am liebsten schon wieder meine Hand erheben, was ich mir aber tunlichst verkneife, schließlich will ich diesem masochistischen Etwas nicht noch einen Gefallen tun. “Lieber würde ich mich einmauern lassen, als mit dir in die Kiste zu steigen, kapier das endlich!” “Wer sagt denn was von in die Kiste steigen?”, provoziert mich Tommy weiter. “Für Sadomaso braucht man kein Bett, das ist eh viel geiler, wenn man sich an die Wand ketten lässt.” Fassungslos! Der ist ja so was von pervers, am liebsten hätte ich ihm seine hässlichen Piercings aus der Fresse geschlagen, aber das macht den ja bestimmt auch noch an. “Lass dich doch an deinen Blechpickeln an die Wand hängen, und vergiss nicht, den Lederriemen um deinen Hals schön fest zu ziehen. Ich wünsch dir einen elenden Tod. Verrecke doch, Emo-Schwuchtel!” “Ich bin nicht Emo, ich bin Scene, du Assi!”, ruft mir der personifizierte Ekel noch hinterher, doch ich beschließe, es mit dem Arsch nicht mehr anzugucken und mache mich schleunigst auf zur Bushaltestelle, wohin es mich hoffentlich nicht auch noch verfolgen wird. ***** Nachdem ich niemandem mein Leid klagen konnte, treffe ich mich am Nachmittag mit Veronica am Kino. Ich bin zu früh, stelle ich fest, als ich die Uhrzeit von der Kirchturmuhr ablese, aber das macht nichts. Zu Hause ist mir fast die Decke auf den Kopf gefallen, und alles nur, weil ich so abgrundtief über diesen Tommy schockiert bin. Was bildet der sich eigentlich ein! Zur Ablenkung und Beruhigung stecke ich mir einen Kaugummi in den Mund, Mentolgeschmack für einen kühlen Kopf. Wie kommt er nur darauf, dass ich Interesse an ihm haben könnte! Nur weil er schwul ist, muss das noch lange nicht jeder sein. Und dass ich hin schließlich angequatscht habe ist keine Ausrede, denn man kann wirklich nicht so einfach feststellen, ob er Männlein oder Weiblein ist. Oder Zwitter. Ein masochistischer Zwitter, der auch noch auf mich steht. Na ich dank auch schön. “Hey, Dennis!” Veronicas lieblige Stimme erlöst mich von meinen Alpträumen. Ich bekomme gerade so ein Lächeln heraus und ein kleinlautes “Hey”, mehr ist absolut nicht drin nach diesem beschissenen Tag. “Geht’s dir nicht gut?”, sorgt sich das Mädchen zugleich um mich, das finde ich wirklich sehr süß. “Oder hast du keinen Bock auf Kino? Wir müssen nicht…” “Doch, doch”, erwidere ich schnell, nehme Veronicas Hand und gehe mit ihr zum Eingang. “Ich weiß ja, dass wir beide noch viel Spaß zusammen haben werden, nicht wahr, Süße?” “Das hoffe ich doch”, lächelt die Brünette und mir geht es schon ein wenig besser. Schließlich möchte ich nicht, dass dieses nichtige Wesen mir auch noch einen schönen Nachmittag mit meiner neuen Flamme ruiniert. Und das wird es nicht, Tommy kann mich mal kreuzweise… Johnny Depp läuft gerade zur Höchstform auf, während mich seine Taten persönlich überhaupt nicht beeindrucken. Naja, Hauptsache, Veronica hat ihren Spaß, mein Vergnügen kommt später… Doch immer wieder funkt mir das Gesicht der Kackbratze dazwischen, wie hämisch seine Lippenpiercings in der Sonne gefunkelt haben, als er mich so blöde anmachte. Ich muss ihm noch mal eine reinhauen, es geht gar nicht anders. Das dumme ist nur, dass es ihm gefallen wird… “Du, Veronica?”, frage ich aus heiterem Himmel, weil mir dieses Thema einfach keine Ruhe mehr lässt. “Hast du diese Transe gesehen, diese Neue? Die ist voll abartig und nennt sich Tommy Tease.” Veronica grinst plötzlich und steckt sich beinahe eine handvoll Popcorn in den Mund, was sie gar nicht mehr so attraktiv und damenhaft erscheinen lässt. “Der Tommy geht in meine Klasse”, erkärt sie mir kichernd, obwohl ich absolut keinen Grund für diese Reaktion erkennen kann. “Er ist zwar ein bisschen strange, aber so doch ganz okay. Und vor allem witzig.” Hat sich nun etwa die ganze Welt gegen mich verschworen? Die Kackbratze muss doch allen eine Gehirnwäsche verpasst haben, denn wer kann den schon nett finden? Und witzig ist der auch nicht. Eine Klopapierrolle hat mehr Humor als dieser Tommy. Veronica ist mir nun auch nicht mehr so sympathisch, wie sie es noch vor ein paar Minuten war. Vielleicht hat sie Tommy gefragt, ob er ihre Freundin sein möchte, ihre männliche Freundin. “Klar, da können wir jeden Tag shoppen gehen und Schminktips austauschen, ui, toll!”, wird die Schwuchtel geantwortet haben mit seiner hässlichen Schwuli-Stimme, die ich förmlich hören kann in meinem geistigen Ohr. Verächtlich schnaube ich vor mich hin, was Veronica bemerkt zu haben scheint. “Stimmt was nicht?”, erkundigt sie sich und schaut mich noch immer grinsend an. “Warum denkst du eigentlich so genau über Tommy nach? Sag bloß, der gefällt dir? Oh Gott, Dennis, du bist ja bi!” “Ich bin nicht bi!”, meckere ich. Warum kommt eigentlich jeder auf die Idee, dass ich homosexuelle Neigungen entwickelt habe, einfach so, über Nacht? Oder sie denken, als ich Tommy sah, wurde ich rosarot, weil er ja ach so süß und toll und hübsch ist. Und vor allem unwiderstehlich sexy, so wie er sich selbst zu sehen scheint. “Ich bin der heiße Schwuchtel-Tommy, ich springe im rosa Tutu durch meine pinkfarbene Welt und streue Blümchen…” Ist doch so. Scheiß Gaylord. Warum verschwende ich überhaupt noch irgendeinen Gedanken an ihn? Der kann mir doch schnurzpiepe sein, auch wenn er mich total aufregt mit seinem tuntigen Gebahren. ***** Warum? Warum musste mir das passieren, mir, Dennis Superlover, der immer und überall kann? Verzweifelt vergrabe ich mein Gesicht in meinen Händen, noch immer unbekleidet wegen dem vorangegangenen Geschlechtsverkehr mit Veronica. Dem versuchten Geschlechtsverkehr mit Veronica. Ich muss der Tatsache in Auge sehen. Mein kleiner Freund wollte nicht so wie ich. Er wollte einfach nicht. Klein und mickrig blieb er, ich konnte rubbeln und reiben so schnell es ging. Nichts. Verdammt. Die ganze Schule wird erfahren, dass es mit meinen Liebeskünsten dahin ist. Nie wieder wird ein Mädchen mit mir ausgehen wollen, nie, nie wieder. Seufzend lasse ich mich nach hinten sinken und blicke an meine weiß tapezierte Wand, meine Lippen presse ich fest aufeinander. Du bist schuld. Weil ich dich so sehr hasse, Tommy Tease. Vor Hass kann ich an nichts anderes mehr denken als an dich. Da ist immerzu dein Gesicht vor meinem geistigen Auge, deine zierliche Nase, dein zu einem Grinsen verzogener Mund und als wäre das nicht genug, diese Piercings, an denen du mit deiner Zunge gespielt hast, dein Blick von Provokation erfüllt. Ich hasse dich. Ich möchte dich verdammen, in dein hässliches Gesicht treten, damit ich nie wieder dein Grinsen sehen muss. Fick dich aus meinem Leben, Kackbratze. Sonst muss ich nachhelfen. ***** “Wie siehst’n du aus, Alter, haste nich gepennt oder was?”, will Timo am nächsten Tag auf dem Schulhof wissen, auf dem ich am liebsten nicht stehen geblieben wäre, denn es kann ja sein, dass mein Hassobjekt hier aufkreuzt, um ebenfalls am Unterricht teilzunehmen. “Ich konnt nicht schlafen”, erkäre ich kurz angebunden meinen Kumpels, die hoffentlich noch nichts ahnen von meinem Versagen bei Veronica. Hektisch schaue ich nach links und rechts, vorne und hinten, puh, Tommy scheint wahrscheinlich erst später Schule haben, denn er ist nirgends zu sehen. Doch plötzlich tippt mir jemand auf die rechte Schulter. “Hey, Denni”, werde ich zugleich begrüßt und weiß genau, wem diese zuckersüß flötende Stimme gehört. Oh nein. Da habe ich mich gerade zu früh gefreut. “Wir gehen schon mal in das Klassenzimmer, Alter, wir sehn uns”, grinst Kevin, schnappt Timo am Arm und ich kann sie rigendwas murmeln hören von wegen, jetzt will Dennis mit seinem Freund allein sein und ihn in Ruhe knutschen. Mein “Ihr könnt mich doch nicht mit diesem…diesem Wesen allein lassen!” wird leider Gottes nicht erhört, meine Kumpels entfernen sich mehr und mehr von mir und anstelle rückt Tommy in mein Blickfeld, der eine große, schwarze Sonnenbrille trägt. Außerdem ziert heute eine schwarze Krawatte sein ebenso schwarzes Hemd. “Das war ja keine nette Begrüßung, mein Herr”, bemerkt mein Gegenüber und nimmt die Sonnenbrille aus seinem Gesicht, während ich zum ersten Mal seine Augen richtig erkennen kann, die hellbraun in der Sonne schimmern, als wollte mich die Transe jeden Moment auffressen. “Und auch keine nette Verabschiedung gestern. Oder sind Worte wie “Emo-Schwuchtel” in deinen Augen Komplimente?” “Kannst du nicht endlich jemand anderen zulabern? Ich kann deine Hackfresse bald nicht mehr sehen.” Ich klinge böse, haha, hoffentlich sieht Tommy das genauso. Der aber scheint sich nicht von seiner “Quäl-den-Dennis” Masche abbringen zu lassen, meine Beschimpfungen interessieren den einfach nicht. “Hey, ich hab doch einen so süßen Kussmund, du kannst ruhig zugeben, dass du gern mal meine Lippen schmecken möchtest.” Ich gehe nicht weiter drauf ein, denn ich sehe bereits rot. “Hab ich mich nicht klar ausgedrückt? Fick dich, sonst werde ich richtig böse.” “Uh, da habe ich aber schon Angst”, meint Tommy gespielt erschrocken. “Willst wohl doch Sadomaso mit mir machen, was? Und übrigens, wie soll ich mich denn ficken? Mit dem Finger? Das macht aber keinen Spaß. Viel schöner wäre es, du würdest mir helfen.” Mit erhobener Hand stehe ich da, kurz davor, ihm erneut eine zu klatschen. “Ich will dir nicht bei deinen Fickspielchen helfen. Lass dir von jemand anderen das Gehirn rausvögeln. Oh, ich vergaß, das ist ja bereits geschehen, so viel Grütze, wie du laberst.” “Warum regst du dich eigentlich so auf?”, provoziert mich der Schwarzhaarige in einer Seelenruhge weiter. “Wohl schlechten Sex gehabt, wie? Tja, selber schuld, wenn du mich von der Bettkante schubst. Das mit mir, das hätte wenigstens Qualität. Und du weißt ja, Qualität geht vor Quantität. Da kannst du noch mit so vielen Jungs und Mädels ins Bett gehen, so viel Spaß wie mit mir hättest du mit niemandem. Das sag ich dir.” Mit diesen Worten lässt er mich stehen und ich kann nur noch verdutzt hinter ihm hergucken. Der ist ja so was von sich und seinen Liebeskünsten überzeugt, bestimmt passiert dem nicht so eine Panne im Bett wie mir gestern. Aber wer will schon mit dem schlafen, das ist ja abartig! Qualität und Quantität, pah. Soll er doch auf den Strich gehen und dort alten Männern seine Qualitäten zeigen. Bei mir zieht das nicht. Ich bin doch kein Homo. Kapitel 4: Wetten, dass...? --------------------------- Minuten später im Klassenzimmer. Der Unterricht beginnt jeden Augenblick. “Na, hat er dich nun geknutscht, oder warum wart ihr so lange beschäftigt? Doch nicht etwa ein Quickie auf dem Klo?” “Nein, liebster Kevin, wir waren nicht auf dem Klo. Tommy hat mir auf dem Schulhof einen geblasen, vor allen Schülern.” “Das ist nicht dein Ernst?” Er müsste sich jetzt selbst sehen, wie dämlich er aus der Wäsche schaut. “Natürlich ist das nicht mein Ernst! Eher lasse ich mich lebendig begraben, als etwas sexuelles mit der Schwuchtel anzufangen.” “Du würdest sogar als Emo rumlaufen, für den Rest deines Lebens?” “Uh, nein, das vielleicht auch nicht gerade, ich glaube, das wäre noch schlimmer, weil der Sex wäre nach ein paar Minuten vorbei. Oder schon nach Sekunden, weil Tommy der Schlappschwanz nicht mehr kann.” Plötzlich grinsen Kevin und Timo sich verheißungsvoll an. “Was ist denn nun wieder los? Was führt ihr im Schilde?” “Nun, du würdest also lieber mit Tommy schlafen als für den Rest deines Lebens als Emo rumzulaufen, haben wir das richtig verstanden?” “Nein…so meinte ich das nicht…also…” Shit, was habe ich nur gesagt? Ich habe die dumpfe Vorahnung, dass das hier für mich noch böse enden wird und ich nicht mehr lebend aus der Sache herauskomme. Mit Tommy zu schlafen muss doch total abartig und ekelig sein, schon der Gedanke daran lässt mich erschaudern. “Also abgemacht, wenn du mit Tommy schläfst, dann färben wir uns die Haare grün und pink. Solltest du aber Schiss haben, rennst du für den Rest deines Lebens als Emo rum. Schlag ein, Dennis.” Kevin hält mir seine ausgestreckte Hand hin, während Timo sich vor lachen kaum noch einkriegt. Mürrisch verschränke ich meine Arme vor der Brust und ziehe einen Schmollmund. “Auf die Wette lasse ich mich nicht ein”, verkünde ich. “Ich schlaf doch nicht mit der Transe.” “Dennis ist ein Schisshase!”, posaunt Timo lautstark, was mich schon wieder auf 180 bringt. “Du hast ja bloß Angst, dass Tommy deinen Schwanz lutscht und es dir auch noch gefällt.” “Hab ich nicht!” “Hast du. Sonst würdeste auch drauf eingehen.” “Meine Fresse, da mach ichs halt. Zufrieden?” “Öh, so kennen wir dich, Alter. So kennen wird dich. Du hast eine Woche Zeit, okay? Dann wollen wir aber Erfolge sehn.” Seufzend schlage ich ein und verdrehe die Augen. Die sind doch dumm wie Brot, die raffen es eh nicht, wenn ich nur lüge, dass mit Tommy was lief. Irgendwie werde ich die Sache hoffentlich umgehen können, fragt sich nur, wie. Also heißt es für diese Mathestunde: Pläne schmieden. ***** Ich nehme kaum war, wie Herr Becker den Raum betritt, mit den Arbeiten in der Hand. Ich könnte Tommy kastrieren. Oder ihm gleich den Schwanz abschneiden. Nein, das ist nicht gut, ich müsste sein Stück dazu anfassen. Nun reißt mich die laute und kräftige Stimme unseres Mathelehers doch aus meinen Mordgedanken. “Einige von Ihnen haben ein gutes bis sehr gutes Ergebnis erzielt. Für manche Schüler jedoch ist die Arbeit weniger erfreulich ausgefallen.” Er dreht den ersten Zettel um und schaut in die Runde. “Kevin Neumann. Eine eins. Sehr gut.” Mein Kumpel kann sich einen Freudenschrei natürlich nicht verkneifen. “Du Streber!”, buhe ich ihn aus, weil ich mit einer hundertprozentigen Sicherheit weiß, dass ich mal wieder der Sechserkandidat bin, wie immer. “Dennis Bartsch. Das war wohl nix. Wir sprechen uns nach der Stunde noch mal.” Mit schweren Schritten gehe ich auf den Lehrertisch zu und entreiße Herrn Becker, der scheißfreundlich grinst, meine Arbeit. Unter tausenden von “Fs” prankt eine große, rote, dicke, fette Sechs. Na super. Eigentlich rede ich mir nach jeder schlechten Zensur ein, dass sie mir egal sein könnte, da ich die ganze Schulbildung eh nicht nötig habe. Die ganzen berühmten Leute auf der Welt hatten schlechte Zensuren in der Schule, was sagen Noten schon über die Intelligenz aus? Für manche Personen scheinbar sehr viel, in der Pause werde ich mich wieder dem Spott meiner Klassenkameraden hingeben können und versuchen, auf Durchzug zu schalten. Doch das kann ich nicht so einfach. Tief in mir drin weiß ich, dass mir meine schlechten Zensuren nicht so leicht am Arsch vorbeigehen, wie ich es gerne hätte. Sauer über mich selbst und Herrn Becker studiere ich meine Fehler und nun spüre ich den starken Drang, irgendjemanden provozieren zu müssen. “Und F steht für Fuck, nicht wahr, Herr Becker?”, rufe ich dem Lehrer zu, als ich wieder Platz genommen habe. “Wissen Sie was? Sie können mich mal. Wer knallt mir denn ständig die scheiß Mathesechsen rein? Wohl Sie, nicht wahr? Weil Sie mich nicht abkönnen. Das ist doch pure Willkür.” Mein Kopf fühlt sich an wie eine heiße Leuchtboie, bestimmt sieht er auch so aus. “Jetzt gehen Sie erstmal vor die Tür, Dennis, und kühlen sich ein wenig ab. Nachher können wir uns gerne noch mal über mögliche Ungerechtigkeiten unterhalten, wenn Sie dies wünschen”, meint Herr Becker in einer Seelenruhe, die mich nur noch mehr aufregt. Eigentlich kommt es mir gerade recht, dass ich ein paar Minuten vor dem Klassenraum verbringen soll, also stehe ich hastig auf, packe meinen Kapuzenpulli, den ich kurz zuvor ausgezogen habe und reiße die Tür auf, um sie von außen mit aller Wucht zuzuschlagen. Hoffentlich sind drinnen die Blumentöpfe heruntergefallen, würde ich feiern… “Na, wohl auch nicht brav gewesen, Denni?” Neeeein! Vor der Tür des gegenüberliegenden Unterrichtsraumes steht mein Hassobjekt. “Wenn du mich noch einmal Denni nennst, dann sorge ich dafür, dass du dein Essen aus der Schnabeltasse trinken musst”, schnauze ich Schwuchtel-Tommi an und werfe ihm einen verbiesterten Blick zu. Sauer lasse ich mich auf den Boden sinken, lehne meinen Rücken an die Wand, während ich meine Beine anziehe und sie mit den Armen umklammere. Man könnte auch sagen, ich nehme eine Abwehrhaltung ein. “Warum bist du denn immer so gereizt? Ich habe gar nichts gesagt und du knallst mir gleich wieder Beleidigungen an den Kopf. Schon mal was von Soft Skills gehört? Nein? Kann ich mir vorstellen.” Zur Anstachlung meiner Wut setzt der Schwarzhaarige sich auch noch neben mich, ganz nah kommt er heran und ich kann seinen Blick förmlich auf mir ruhen spüren. “Ich kann dich nicht ab”, erkläre ich dem Anderen nach einem Schweigemoment nun etwas weniger aufgebracht, aber doch entschlossen und überzeugt von meinen Worten. “Du bist eine scheiß arrogante, transige Emo-Schwuchtel. Eigentlich ist nicht abkönnen der falsche Ausdruck. Ich hasse dich.” Nachdem ich das ausgesprochen habe, bin ich mir plötzlich gar nicht mehr so sicher, ob meine Worte okay waren. ‘Ich hasse dich‘, das klingt noch intensiver und gefühlsgeladener als ‘Ich liebe dich‘, da viele Menschen letzteres viel zu oft benutzen, obwohl es totaler Schmarrn ist. Liebe, was ist das schon? Hass hingegen ist klar definiert. Wenn man jemanden auf den Tod nicht ausstehen kann, wenn man den Anderen am liebsten eigenhändig begraben würde, dann ist das Hass. “Wirklich? Du hasst mich? Aber wieso? Irgendwie dachte ich eigentlich, dass du nur nicht zugeben möchtest, dass du mich magst. Aber dass du solche negativen Gefühle für mich hegst, das…macht mich sehr traurig. Denni. Warum. Erklär es mir bitte.” Mein Kopf hebt sich nun Widerwillen, mein etwas erstaunter aber auch erschrockener Blick trifft genau in Tommys traurige Augen und plötzlich frage ich mich ernsthaft, ob ich diesen Jungen wirklich so sehr hasse, wie ich eigentlich dachte. Klar, er verkörpert die Dinge, die ich nicht ab kann, aber mir wird nun bewusst, dass Tommy ein menschliches Wesen ist, das Gefühle zeigt und mir noch nie etwas getan hat, wenn man von den Provokationen einmal absieht. “Ich…ich weiß nicht…”, bringe ich als Antwort auf seine vorangegangen Frage nur hervor und blicke auf sein dichtes, schwarzes Haar, welches Tommys Augen wieder fast vollständig verdeckt. “Du kennst mich doch gar nicht, woher willst du dann wissen, ob du mich magst oder nicht? Man sollte nicht nur vom Äußeren auf den Charakter einer Person schließen und den Vorurteilen und Klischees glauben. Leider bist du nicht der Einzige, der das so macht.” Tief in mir bin ich ganz schön beeindruckt von Tommys Worten, er scheint wirklich ziemlich intelligent zu sein, wenn er sich so äußert. Nervös zupple ich an meiner Kapuzenjacke herum, da ich weiß, dass der Andere recht hat, mit dem was er sagt und ich mich irgendwie schäme für meine Hassbekundung. “Ich meine, du musst mich ja nicht heiraten, aber es wäre toll, wenn du mich respektierst, so wie ich dir auch Respekt entgegenbringen werde”, redet Tommy weiter. “Wahrscheinlich werden wir nicht gerade die besten Freunde, und das müssen wir auch nicht. Es ist ganz normal, dass man manche Menschen eben nicht besonders leiden kann. Nachdem man dies nach einem näheren Kennenlernen festgestellt hat.” Mir fehlen nun endgültig die passenden Worte, doch mit einem stummen Nicken signalisiere ich, dass ich meinem Gegenüber recht gebe. “Also, was ist? Wollen wir uns nicht ein wenig kennen lernen?”, durchnscheidet Tommys Stimme schließlich die Stille. “Ich bin Tommy, Tommy Tease, und du?” Mein verdutzer Blick trifft sich mit seinem, ein Lächeln breitet sich auf Tommys Gesicht aus, während er mir seine Hand entgegenhält. Nun weiß ich, auf was er hinaus will, auf einen Neuanfang. Vielleicht ist das wirklich eine gute Idee. “Dennis Bartsch, auch gennant ‘Denni’”, stelle ich mich vor und kann mir ebenso ein Lächeln, wie Tommy es mir zeigt, nicht verkneifen. “Ich gehe in die 10a, und du?” “In die 10b”, antwortet Tommy fröhlich. “Also in deine Paraklasse. Cool, da haben wir morgen zusammen Sport.” “Echt?”, erwidere ich, während Tommys Lippenpiercings meinen Blick gefangen nehmen, die mich auf eine gewisse Weise faszinieren. Keines der Mädchen, mit dem ich bisher ausgegangen bin, trug diese Art von Körperschmuck. “Stören die eigentlich nicht beim Küssen?”, platzt es mir heraus, mit dem Zeigefinger deute ich auf meine Unterlippe. Tommy kichert nur und spielt mit der Zunge an seinem rechten Ring. “Das sind Labrets, auch Snakebites genannt. Kannst mich ja mal küssen, dann weißt du, ob die stören.” Ich muss wie das Schwein ins Uhrwerk gucken, denn nun fängt Tommy erst richtig an zu lachen. “Nein, quatsch, das war nur Spaß”, beruhigt er mich. “Aber du musst wissen, ich provoziere sehr gerne. Und ich finde es sehr toll, wenn jemand darauf gut kontern kann.” Wir unterhalten uns noch eine ganze Weile über dies und das, doch irgendwann werde ich von Herrn Becker wieder in die Klasse gerufen. “Schade”, bedauert Tommy und zieht einen Schmollmund. “War echt cool mit dir. Vielleicht setzen wir das heute Nachmittag fort, bei einer Tasse Kaffee, hier um die Ecke beim Café Zeisig. Ich lad dich ein.” “O…okay”, stottere ich, während ich vom Fußboden aufstehe und mittlerweile völlig perplex geworden bin. “Ich hab nach der 7. aus, da könnten wir uns vor der Schule treffen.” “Gut, ich auch”, zeigt sich Tommy begeistert. “Also dann, bis nachher. Ich freu mich.” “Ich mich auch”, entgleitet es mir, als ich die Tür zum Unterrichtsraum öffne und eintrete. Gott, was war das denn? Das klingt ja fast, als würden wir ein Date haben. Und ich für mich auch noch total peinlich auf. ‘Ich mich auch, liebster Tommy’, pah, wie doof ist das denn. Aber ich weiß, dass ich den Emo nun nicht mehr hassen werde. Dafür interessieren mich noch ganz viele Dinge über ihn, nach denen ich heute Nachmittag fragen werde. Kapitel 5: Das "Date" ~ Ein Herz, das unsere Namen trägt... ----------------------------------------------------------- Ich muss wirklich krank geworden sein. Nach der Mathestunde entschuldigte ich mich sogar bei Herrn Becker für meinen Ausraster und sah ein, dass nur ich allein für meine schlechten Noten verantwortlich bin. Zum Glück reagierte der Mathelehrer total cool und verpasste mir nichtmal eine Strafe. Heute ist echt ein toller Tag, überlege ich, während ich auf dem Schulhof auf Tommy warte. Gestern ist dafür scheiße gelaufen, mit meiner Bettpanne, aber das wird schon wieder, das weiß ich genau. Plötzlich wird es um mich rum kohlrabenschwarze Nacht. “Ey, wer hat das Licht ausgemacht?”, meckere ich und höre ein leises Kichern hinter mir. “Na, wer bin ich woh, mh?”, fragt dieselbe freche Stimme und natürlich weiß ich genau, wer mich gerade neckt. Aber so leicht mache ich es Tommy nicht, neckst du mich, neck ich dich. Hieß das Sprichwort nicht so? Jedenfalls gabs da eins, indem ‘necken’ vorkam. Nur welches? “Nimm deine Wichsgriffel weg, du scheiß Schwuchtel!”, schreie ich den Schwarzhaarigen an, schnappe seine Handgelenke und reiße sie von meinem Gesicht. Dieses blickt nun wütend in die wie immer fast verdeckten Augen des etwas Kleineren, dessen Lippen sich erschrocken öffnen. Länger kann ich das Spiel nicht spielen, ein Lächeln zieht sich von meiner rechten bis zur linken Wange. “Reingefallen!”, lache ich laut los, Tommy wirkt noch ein wenig verdutzt, erkennt dann aber den Witz an der Sache. “Ich dachte schon, du meinst das ernst”, atmet der Schwarzharige erleichtert auf und verlässt an meiner Seite den Schulhof. “Du musst wissen, ich provoziere sehr gern, und ich finde es toll, wenn jemand darauf gut kontern kann.” “Hey, irgendwie kommt mir das doch bekannt vor”, bemerkt Tommy und grinst. Ich mag es mir selber nicht eingestehen, aber er scheint wirklich in Ordnung zu sein. Und eigentlich kann man ihn gar nicht hassen. Warum sollte ich das auch tun? ***** Wir setzen uns raus in die schöne, warme Frühlingssonne, die heute besonders kräftig vom Himmel lacht. Tommy meckert zwar, dass er die Sonne nicht mag und lieber drinnen seinen Kaffee genießen möchte, aber schließlich bin ich der eingeladene Gast und kann bestimmen, wo wir uns hinsetzen. “Ich bin allergisch auf Sonne.” Tommy dreht den Sonnenschirm so, dass er wenigstens etwas Schatten erhaschen kann. “Ach, Quatsch”, belächle ich seine Ausrede. “Du bist einfach nur zu dick angezogen. Langärmlig würde ich mich jedenfalls auch nicht wohl fühlen.” “Geht schon”, widerspricht mir der Scwarzhaarige kurz angebunden, schiebt langsam die Ärmel seines schwarzen Hemdes hoch, zieht sie jedoch ganz schnell wieder runter. Dafür lockert er seine Krawatte ein wenig und sieht mich prüfend an. “Ganz schön heiß hier. Ist das die Sonne…oder du?” “Ich ja wohl”, antworte ich gespielt arrogant, worauf mein Gegenüber lachen muss. “Kannst ja auf dem Tisch Tabledance machen, wenn dir so heiß ist und ich gucke zu.” Obwohl ich doch richtig cool gekontert habe, hört Tommy auf einmal auf zu lachen und guckt stumm in sein Eiskaffeeglas. Scheiße, das war wohl ein Schuss in den Ofen. Dabei müsste ich mich in Wiklichkeit schämen, denn ich sinke schon so tief, dass ich beginne, Tommy anzuschwulen. “Tut…tut mir leid”, entschuldige ich mich schnell, aber Tommy hebt schon wieder den Kopf, lächelt mich an und wechselt zugleich das Thema. “Warum hat der Lehrer dich denn heute aus dem Unterricht gekickt?”, will er wissen, während die Sonne nun in sein Gesicht scheint und ihn blendet, sodass er die Augen zusammenkneift, die sogar einmal richtig zu sehen sind und in haselnussbraun schimmern. Nach einem kurzen Zögern erzähle ich ihm die Anekdote aus dem Klassenraum, wie ich Herrn Becker an den Kopf warf, dass er schuld an meinen schlechten Zensuren sei und dass “f” nich für falsch, sondern für “Fuck” steht. Tommy findet es ebenso lustig wie ich im nachhinein, doch ihm bleibt die Frage ebenfalls nicht erspart. “Bestimmt hast du dem Lehrer deinen Schwanz gezeigt, hab ich recht? Das würde ich dir zutrauen.” “Nee”, schüttelt der Schwarzhaarige zugleich den Kopf. “Da müsste er schon ein paar Scheinchen auf den Tisch legen. Umsonst gibt’s nichts. Schon gar keine Qualität.” Überrascht lege ich meinen Kopf schief und sehe, wie mein Gegenüber leicht errötet, was aber auch durch die Temperaturen bedingt sein kann. Warum Tommy wirklich des Unterrichts verwiesen wurde, erfahre ich nicht, denn er wechselt gleich wieder zum nächsten Thema. “Du, weißte was mir eingefallen ist? Nächste Woche komme ich in eure Klasse, da meine in den Schwarzwald fährt. Cool, ne?” “Äh…ja…”, presse ich schnell hervor, da ich noch immer darüber nachdenken muss, dass Tommy seinem Lehrer den Schwanz zeigen würde, wenn der ihm Geld gibt. Ich würde das für keine Million machen, das ist doch abgrundtief eklig. Wenn ich mir Herrn Becker, den dicken Sack, vorstelle, wie er mich anglotzt, wenn ich nackt bin, könnte ich kotzen. Irgendwie ist Tommy ganz schön strange. Mh… ***** “Ich habs genau gesehn. Versuch gar nicht erst, es zu leugnen, Dennis.” Ein sehr aufgebrachter Timo ist am Telefon und lässt mich gar nicht zu Wort kommen. Seufzend lehne ich mich an die Wand und ziehe die Decke über meine Beine, trotz der Wärme. Hach, mein Bett könnte so gemütlich sein, würde mein sauberer Kumpel mich nicht schon wieder nerven. Macht er schließlich den ganzen Vormittag schon zur Genüge. “Was hast du denn so schreckliches gesehen? Mein Pickel? Aber das ist doch nichts Neues.” “Nein”, berichtigt mich Timo. “Ich hab dich mit der Schwuchtel im Café sitzen sehen. Ihr habt geknutscht.” Verwirrt ziehe ich meine Augenbrauen zusammen, weil der Kerl doch totalen Schmarrn erzählt. “Wir haben gar nicht geknutscht”, rechtfertige ich mich und schüttle den Kopf, obwohl Timo das ja nicht sehen kann. “Wir haben uns nur ein bisschen unterhalten. Ist das verboten?” “Wusst ichs doch, dass du auf den stehst”, höre ich das hämische Grinsen meines Kumpels am anderen Ende der Leitung. “Und? Ist er grad unter der Dusche?” “Weiß ich doch nicht”, pampe ich zurück und kann wieder nur den Kopf schütteln, diesmal heftiger und ein Verwirrtsein signalisierend. “Ich habe keinen Adlerblick und kann somit auch nicht bis in Tommys geöffnetes Fenster schauen. Bist du nun völlig gaga geworden, oder was?” “Nee, du”, antwortet Timo plötzlich leiser, als ob er mir ein Geheimnis anvertrauen möchte, dass ich niemandem weitererzählen soll. “Aber du hast ihn doch gepoppt. Gibs zu.” “NEIN!”, brülle ich ins Telefon. “Ich schlaf doch nicht mit neu Kerl. Und schon gar nicht mit Tommy. Das ist doch igittigitt. Hör mir ja auf.” “Also sieht es ganz danach aus, dass du unsere Wette verlieren wirst. Geil, da rennt bald noch so ne Emo-Schwuchtel an unserer Schule rum. Nämlich du.” “Ach, fick dich doch”, fluche ich, beende das Gespräch uns knalle mein Handy in die Ecke. Wenn man sich mal mit jemandem unterhält, bedeutet das noch lange nicht, dass man mit der Person ins Bett möchte. Wenn es denn so wäre, hätten Timo, Kevin und ich schon jede Menge Sex miteinander gehabt, und sogar schon Gangbang. Ich sag es ja immer wieder, mein Pullover hat einen größeren IQ als meine Kumpels. Der einzige, der hier noch intelligent ist, bin ich. Oh, naja, und Tommy. Der scheint auch nicht blöde zu sein. Bestimmt weiß er, dass Intelligenz sexy macht. Natürlich wirkt das nicht auf mich, aber bestimmt auf viele andere Jungs. Oder auf seinen Lehrer, dem er für Geld seinen Schwanz zeigt. Vielleicht ist Tommy doch nicht so intelligent. Wer macht denn schon so was? Hat er das Geld so nötig? Das wird wohl ein Rätsel der Menschheit bleiben… ***** Am nächsten morgen. Wie angewurzelt stehe ich da und glotze auf die Ziegelmauer, die das Schulhaus bildet. “Wer war das?” Jedes einzelne Wort betone ich besonders deutlich, das soll zeigen, dass ich stinksauer und kurz vorm platzen bin. Die Wand ziert ein riesengroßes Herz, indem etwas Unfassbares steht: ‘Tommy+Dennis’ “Macht ihr jetzt endlich mal eure Fresse auf? Ich will wissen, wer das war!” Kevin und Timo grinsen nur. “Frag doch deinen Tommy. Hat er dir nicht eine süße Liebeserklärung gemacht?” Alle anderen Schüler um uns herum kichern und glucksen, manche nuscheln auch irgendwas von ‘Dennis is ja schwul…hätt ich nicht gedacht…igitt!’ Wütend gleitet mein Blick über den neugierig gaffenden Pulk, bis er an dem angeblichen Übeltäter hängen bleibt. Erschrocken schaut Tommy mich an, natürlich war er das! Er ist doch von Anfang an in mich verknallt. Kopfschüttelnd mache ich mich auf den Weg zum Eingang, aber ich habe nicht damit gerechnet, wie schnell die Schwuchtel mich einholen kann. Ruckartig dreht er mich an der Schulter zu sich herum, mein verärgerter und abwertender Blick trifft in seine bräunlich schimmernden Augen. “Ich war das nicht”, versucht Tommy sich herauszureden, doch das nützt nichts, ich weiß, dass er lügt. “Such dir einen anderen Kerl, den du anschwuchteln kannst”, schreie ich mein Gegenüber an und möchte meinen Weg fortsetzen, leider spüre ich, dass Tommy micht nicht loslassen möchte. “Ich wusste von Anfang an, warum ich dich hassen sollte. Weil du ein Arschficker bist. Deswegen. Das ist Grund genug. Also verpiss dich. Na los, hast du nicht gehört, fick dich!” “Du denkst also wirklich, ich bin so bescheuert und mache gleich wieder zunichte, dass wir anfangen, uns kennen zu lernen. Ich bau mir was auf und reiße es mit dem Arsch wieder ein. Glaubst du, oder?” Tommy sieht so entschlossen aus, für eine Millisekunde frage ich mich im Ernst, ob er nicht doch die Warheit sagt. Unsere grölenden Mitschüler haben sich erneut um uns versammelt und kommentieren den Streit. “Oh, nun hat Tommy eure Liebe offiziell gemacht, und du freust dich gar nicht darüber, Dennis!”, grölt ein Typ aus meiner Klasse, der schon immer neidisch auf mich und meinen Erfolg bei den Mädels war. Meine Wut steigt unaufhörlich, Tommy steht immer noch vor mir und glotzt mich in einer Seelenruhe und mit erwartungsvollem Blick an. “Was glotzt du denn so?”, provoziere ich den Schwarzhaarigen. “Ich will dich nicht mehr sehen. Nie wieder.” Eine schallende Ohrfeige landet in Tommys Gesicht, was mich endlich Zeit gewinnen lässt, um zu fliehen. Und mit dem habe ich gestern so viel von meinem kostbaren Feierabend verschwendet. Ich habe sogar gefunden, dass er intelligent ist, ich habe ihn gar von mir aus angeschwult! War ja klar, dass es das gleich wieder anders auslegt und es nicht nur als Spaß sieht. Tommy, ich habe dich nun genug kennen gelernt, und ich habe feststellen müssen, dass du wirklich hassenswert bist. Tut mir leid. Beinahe dachte ich, dass du ganz okay bist. Da habe ich mich wohl getäuscht. Aber ganz gewaltig. ***** Laut lachend betreten Timo und Kevin das Physikkabinett. Arrogant blicke ich weg, ich möchte mich mit niemandem mehr unterhalten. Schließlich denkt nun die ganze Schule, ich wär eine Schwuchtel, eingeschlossen meine Kumpels. Wenig später nimmt Timo auch schon auf dem Stuhl links von mir Platz. “Warum warst du denn so böse mit deinem Schatz? Er wollte dir doch nur zeigen, wie sehr er dich liebt”, bedauert er gespielt, ich lache verächtlich auf. “Der ist nicht mein Schatz”, erkläre ich in sachlichen Ton. “Und ob er mich liebt oder geil findet oder was auch immer, das geht mir am Arsch vorbei. Ich habe ihm wieder einmal klar gemacht, dass ich nur Hass für ihn empfinde, und dass das für immer so bleiben wird.” Nun mischt sich auch Kevin ein. “Tommy war darüber auch ganz traurig”, fügt er hinzu. “Aber dann kam Christine an, die sich ganz lieb um ihn und seine rote Wange gekümmert hat.” Erschrocken blicke ich meinen Kumpel an. “Was? Christine? Was will die denn mit der Schwuchtel? Steht die etwa darauf, wenn zwei Kerle sich von hinten ficken? Das glaube ich nicht.” Kevin und Timo kichern nur. Was hecken die beiden denn nun schon wieder schlimmes aus? “Eigentlich wollten wir es dir gar nicht verraten, aber das mit dem Herz, das war gar nicht der Tommy. Das waren wir”, erklärt plötzlich Timo, was mich völlig erstarren lässt. “Wir dachten ja nicht, dass du dem armen Kerl gleich paar klatschst. Und dass du ihn hasst wollen wir schließlich auch nicht. Wir möchten euch nämlich viel lieber verkuppeln. Deswegen auch die Wette.” “Ihr habt sie wohl nicht mehr alle!”, presse ich entsetzt hervor. “Mischt euch nicht dauernd in mein Leben ein, ihr blöden…” Zu einem bösen Fluch komme ich leider nicht mehr, denn unser Physiklehrer betritt den Raum und möchte den Unterricht beginnen, auf den ich mich heute sowieso nicht mehr konzentrieren kann. Also hat Tommy wirklich nicht gelogen. Und ich Arschloch klatsch dem paar, ganz ohne Grund. Ich muss mich umgehend bei ihm entschuldigen und außerdem dafür sorgen, dass Timo und Kevin die Wand wieder reine machen. Manchmal glaube ich echt, ich bin umgeben von Idioten. Oder ich habe die falsche Tür genommen und bin in der Klapsmühle gelandet. Die ticken doch nicht mehr ganz. Kapitel 6: Porzellanpüppchen ---------------------------- Den ganzen Tag lang ist Tommy nirgendwo zu sehen, in der Pause hält er sich auch nicht in seiner Klasse auf. Ob ich ihn gar zum weinen gebracht habe mit meiner Grobheit? Vielleicht ist er nach Hause gegangen, weil es ihm wegen mir nicht gut ging. Eigentlich will ich nicht unbedingt, dass Tommy traurig ist. Ich will ihm sagen, dass ich ihn nicht hasse, und dass alles nur ein blödes Missverständnis war. “Tommy?” Hastig habe ich die Tür zu den Jungentoiletten augerissen, weil ich plötzlich die Eingebung hatte, dass sich der Schwarzhaarige hierhin verzogen haben könnte. Doch zunächst antwortet niemand. Ich gehe ein paar Schritte auf die eine der Kabinen zu, weil mir so war, als ob ich etwas gehört hätte. Da, wieder dieses Husten! “Tommy? Bist du das?” Nun wird aus dem Husten ein Röcheln und ein Schniefen schließt sich an. Scheiße. Wer immer dort auch drin ist, sei es Tommy oder auch ein anderer Junge, er braucht sicher Hilfe! Das hört sich nämlich gar nicht gut an. “Ich bin zwar kein Notarzt, aber bitte mach die Tür auf, wer immer du auch bist”, fordere ich lautstark und donnere an das Brett. “Verpiss dich!”, klingt es plötzlich von der anderen Seite der Kabine, die Stimme klingt sehr zittrig und schwach. “Es ist dir doch scheißegal, wie es mir geht, du arrogantes Arschloch!” Also doch Tommy. Ich habe es geahnt. Aber dass es ihm so beschissen zu gehen scheint, verwirrt mich ein wenig. Sonst tut er doch immer so tough. “Man, jetzt mach schon auf, ich wollte mich bei dir entschuldigen. Und ja, du hast recht. Ich bin ein arrogantes Arschloch.” Nun höre ich, nachdem ich es fast schon aufgeben wollte, den Riegel klacken und Sekunden später steht ein völlig elend aussehender Tommy vor mir. Wahrscheinlich blicke ich ihn an, als würde er ein Alien sein, mit seiner völlig verschmierten Schminke und dem total blassen Gesicht, denn Tommy wendet sich sofort von mir ab und geht an eines der Waschbecken. Dort erfrischt er sich zunächst sein Gesicht, es scheint ihm egal zu sein, ob sein Styling nun völlig hinüber ist. “Bist du nun zufrieden, dass du mich ruiniert hast? Schön, dass du mir gestern was von kennen lernen vorgegaukelt hast. Weißt du, wie unreif und verletzend ich so ein Verhalten finde? Ich erfahre schon genug Hass, da musst du mich nicht auch noch niedermachen.” Der Schwarzhaarige blickt in den Spiegel, der außer seinem auch mein Abbild zeigt. Durch seinen enttäuschten und traurigen Blick merke ich erst richtig, wie bescheuert ich mich aufgeführt habe. Und wie sehr Tommy recht hat, mit dem was er sagt. Wahrscheinlich wurde er schon oft angegriffen wegen seinem Styling und seiner Homosexualität. “Ich…ich weiß nun, dass du das nicht mit dem Herz warst, sondern meine Kumpels”, erzähle ich stockend, weil ich mich nun richtig schämen könnte für meine unsensible Tat. “Und auch wenn du das gewesen wärst, dann hätten wir das anders klären können.” Ohne irgendeine Reaktion mustert mich der Kleinere, der noch immer schnieft und mit den Tränen kämpft. Ich trete einen Schritt näher hinter ihn und betrachte sein etwas in Unordnung geratendes, dichtes schwarzes Haar. “Ich wollte dir keine klatschen, und ich hasse dich auch nicht. Wirklich. Eigentlich…habe ich dich sogar ein bisschen gern. Weil du so anders bist als meine Kumpels, viel intelligenter und nicht so…kindisch.” Nun wendet Tommy den Blick ab und geht zu der Box mit den Papierhandtüchern, um sich eines für seine tropfende Nase abzureißen. “Und ich wollte dich nicht zum weinen bringen. Doch wenn ich ehrlich bin, hätte ich gar nicht vermutet, dass dich mein Ausraster so traurig macht. Du hast auch gekotzt, habe ich recht?” “Mh”, brummt der Schwarzhaarige und wischt sich das vom abwaschen nasse Gesicht trocken. “Ich kotze immer, wenn meine Nerven blank sind. Und diesmal war ich besonders fertig weil…” Er stellt sich vor mich und sieht zu mir auf, geradewegs in meine Augen. “…Weil ich so enttäuscht von dir war. Und weil ich weiß, dass uns deine Kumpels gestern im Café gesehen haben. Sie haben doof rumgequatscht, von wegen, wir haben geknutscht und gefummelt. Ist ja klar, dass du nichts mit mir zu tun haben möchtest, ist schließlich schlecht für dein Image. Was sollen nur die Mädels denken, wenn du dich…mit einer Schwuchtel abgibst.” Hektisch schüttle ich den Kopf. Sowas darf er doch nicht denken! Aber insgeheim weiß ich, dass er schon wieder den Nagel auf den Kopf getroffen hat. Es geht nur um meinen Stolz, wie jemand anderes sich dabei fühlt, scheint mich nicht zu interessieren. Doch Tommys heftige Reaktion war mir eine Lehre. Ich will schließlich kein gefühlskalter Unmensch sein, auch wenn ich Gefühle zeigen schon immer doof und nur was für Mädchen fand. Naja, Tommy darf weinen, er ist ein weiblicher Junge. Vorsichtig lege ich meine Hände auf seine heruntergezogenen Schultern, worauf er wieder Blickkontakt zu mir aufnimmt. “Tommy…ich versprech dir, dass ich nicht mehr böse zu dir bin, dass ich dich nie mehr ohrfeigen werde und dass mir das ganze Getratsche der Anderen über uns egal ist.” Nun bin ich aber doch verwundert über meine Worte. Warum bemühe ich mich gar so um den Emo? Klar, ich finde ihn irgendwie nett. Und symphatisch. Aber ich führe mich auf, als würde mir eine Flamme einen Korb geben wollen. Ich bin doch nicht schwul! “Naja, eigentlich bin ich ja auch selber mit schuld”, sagt Tommy plötzlich und versucht sogar zu lächeln. “Schließlich habe ich dir erzählt, dass ich auf Schmerzen stehe. Deswegen hast du mir wohl eine geklatscht, weil du dachtest, du tust mir einen Gefallen damit?” Verwundert schaue ich mein Gegenüber an, während ein Stein von meinem Herzen fällt. Ach, Tommy”, seufze ich. “Ist ja echt cool, dass du nicht mehr böse auf mich bist. Aber ich weiß schon, du stehst nicht auf Schmerzen.Wer tut das schon?” “Du vielleicht?”, erwidert der Schwarzhaarige und setzt wieder sein freches Grinsen auf, während er mich mit schiefgelegten Kopf anschaut. “Bestimmt nicht”, wehre ich schnell an und grinse ebenfalls, leider wird unsere Versöhnung durch das Stundenklingeln unterbrochen. “Fuck, wir müssen doch zu Sport! Komm!” Ohne zu überlegen packe ich Tommy am Handgelenk, worauf dieser scharf die Luft einzieht. Als ich ihm einen fragenden Blick zuwerfe, kommentiert der Schwarzhaarige das ganze nur mit “Alles okay, du hast nur zu fest zugedrückt, du Grobian!”, ich muss grinsen und dann rennen wir so schnell wir können Richtung Sporthalle. ***** “Na, endlich fertig? Hat aber lange gedauert, Dennis. War wohl abtörnend mit Tommy, wie?” Kevin, Timo und auch die anderen Jungen glotzen uns beide hämisch an, ich hingegen zwinkere Tommy zu und mache für ihn ein wenig Platz neben mir auf der Bank in der Umkleide. “Also habt ihr wirklich gepoppt? Dennis, du hast die Wette gewonnen!”, krakeelt Timo lautstark und kommt auf mich zu, um mich zu umarmen. “Geh weg, du Schwuchtel!”, fluche ich nur, schubse den Kumpel von mir und spüre im nächsten Moment Tommys Hand auf meiner Schulter. “Was denn für eine Wette?”, flüstert er mir zu, ich schüttle nur den Kopf. “Nichts wichtiges”, rede ich mich schnell heraus, was den Schwarzhaarigen zunächst zufrieden stellt, aber einen skeptischen Blick wirft er mir trotzdem noch zu. Das ist eine einzige Scheiße mit der Wette. Wenn Tommy das herausbekommt, dass ich ihn ins Bett bekommen muss, nur damit ich nicht als Emo rumzulaufen brauche, ist er doch wieder stocksauer. Zurecht. Schließlich geht es dabei wieder nur um meinen Stolz. Eigentlich hätte ich von Anfang an klarstellen müssen, dass ich nicht mit Tommy schlafen werde. Was mache ich denn nun? Ich muss einen Plan schmieden, der alle zufrieden stellt, hierbei wähle ich absichtlich nicht das Wort ‘befriedigt’. Was soll ich nur machen? Denk nach, Dennis, denk verdammt noch mal nach. Hol deine grauen Zellen endlich von deinem Schwanz ins Gehirn uns lass dir was einfallen. Ich möchte nicht als Emo verkleidet gehen, ich möchte Tommy aber auch nicht fragen, ob er mit mir in die Kiste steigt. Ich will beide Sachen nicht. Mir bleibt nur die Möglichkeit, Timo und Kevin zu verarschen. Aber ob das klappen wird? “Warum ziehst du denn dein Hemd nicht aus?”, will ich von Tommy wissen, als die anderen Jungs bereits in der Sporthalle toben. “Frau Gerlich wird nicht erfreut sein, wenn du keine Sportklamotten trägst. Und unbequem ist es doch auch.” “Ich…ich hab mein T-Shirt vergessen”, stottert Tommy und kramt in seinem Sportbeutel, es klingt nicht sonderlich überzeugend. “Das muss zu Hause sein.” “Was für ein Glück, dass ich immer Ersatzsachen mithabe”, verkünde ich und halte ein graues, verwaschenes T-Shirt in die Höhe. “Hier, magst du das anziehen? Ist vielleicht ein bisschen weit für dich, aber es wird schon okay sein. Probier mal.” Ich drücke es dem Schwarzhaarigen in die Hände, der jedoch keine Anstalten macht, sein Hemd auszuziehen. “Hast du Schiss, weil ich dich oben ohne sehen werde? Das brauchst du nicht, du hast schließlich keine Titten, also werde ich auch nicht über dich herfallen, versprochen.” “Nein, ich…ich möchte mich nicht ausziehen. Akzeptier es einfach, okay?” Der gerade eben noch so eingeschüchterte Tommy klingt nun sehr entschlossen, ich zucke ratlos die Schultern, schnappe mir mein T-Shirt und packe es wieder in meine Sporttasche. “Aber dann beschwer dich ja nicht, wenn du Ärger mit Frau Gerlich bekommst”, warne ich den Anderen ein letztes mal, der jedoch brummelt etwas in seinen nicht vorhandenen Bart von wegen “Ist mir doch egal” und öffnet die Tür. “Kommst du?” “Nein, ich komme jetzt nicht”, erwidere ich frech in der Hoffnung, Tommy bringt mein Kommentar zum lachen. Doch der Andere guckt mich nur verständnislos an. “Na, denk doch mal zweideutig. Kommen, verstehst du? Einen Orgasmus haben”, erkläre ich und habe letztendlich doch noch Tommys Lacher auf meiner Seite. “Du bist genauso versaut wie ich, wenn ich gut drauf bin”, grinst Tommy verschmitzt nach seiner Lachsalve. “Aber heute geht es mir nicht so gut.” “Immernoch wegen mir?”, erkundige ich mich und ziehe eine Schnute. “Nein, nicht nur”, schüttelt Tommy schnell den Kopf und seine schwarzen Haarre verdecken seine braunen Augen einmal mehr. “Wie wäre es, wenn ich dich heute Nachmittag auf ein Eis einladen würde? Wärst du dann wieder glücklich?”, schlage ich spontan vor. Jetzt lächelt Tommy, sein Grinsen und sein Lächeln kann man deutlich voneinander unterscheiden. “Das ist lieb von dir, Denni. Aber ich muss mich erst zu Hause frisch machen gehen, so kann ich nicht unter die Leute.” “Okay”, nicke ich verständnisvoll und ich bin erneut über mich erstaunt. “Aber du siehst doch immer gut aus, Tommy.” Fuck. Warum purzeln solche Dinger nur aus meinem Mund? Kann ich nicht einfach die Klappe halten, bevor ich so was…so was schwules sage? Was soll Tommy denn jetzt von mir denken? Hoffentlich versteht er, dass ich das nur gesagt habe, um ihn aufzumuntern. Einen anderen Hintergrund hat die Sache schließlich auch nicht. “Ich…ich wollte dich das nicht fragen”, nuschelt der Schwarzhaarige unerwartet und sieht mich treuherzig an. “ aber wenn ich traurig bin, werde ich gerne umarmt. Würdest du mich umarmen, Denni? Das würde mich bestimmt aufmuntern.” Ohne zu zögern schlinge ich meine Arme um seine Schultern, ich muss verrückt sein, denke ich, völlig verrückt. Was mach ich hier nur? Tommy ist wirklich sehr dünn, das spüre ich durch seine Klamotten, fester darf ich gar nicht zudrücken, der zerbricht mir doch unter meinen groben Griffeln. Wie ein Porzellanpüppchen. Die blasse Haut, die großen, braunen Augen, der zerbrechliche Körper. Nun spüre ich Tommys Hände auf meinen Hüften, ganz vorsichtig streichelt er mich, und verdammich noch mal, es löst eine Gänsehaut auf mir aus. Was ist nur mit dir los, du Antischwuchtel? Irgendwie scheine ich wahrscheinlich gerade am durchdrehen zu sein. Aber ich kann das Kribbeln nicht abstellen, es ist einfach da und hört nicht mehr auf, umso näher sich Tommy an mich drückt uns leise seufzt, bestimmt vor Freude. Und ja, es ist ein schönes Gefühl, welches sich da gerade durch meinen Körper bahnt, als ich die Wärme des Schwarzhaarigen an mir spüre. Ein verdammt schönes. Verdammt Dennis, nun hör auf, du bist ja geistig umnachtet. Gleich hält das bunte Auto vor der Schule und lädt mich verwirrten Trottel ein, wenn ich nicht sofort hiermit aufhöre. “Was guckst du denn so?”, will Tommy von mir wissen, als ich meine Arme behutsam von ihm genommen habe und ihn anschaue, als hätte ich gerade vom Weltuntergang erfahren. Dazu lächelt der Schwarzhaarige auch noch, ob er meine Gedanken aus meinen Blicken lesen kann? Meine verwirrten, perversen, total absurden Gedanken? Um mich wieder ins Diesseits zu holen, schüttle ich kurz den Kopf und öffne schnell die Tür zur Sporthalle, in der bereits der Unterricht in vollem Gange ist. “L-lass uns r-reingehen”, presse ich stotternd hervor und bitte Tommy, vor mir hineinzugehen. “Wir kriegen bestimmt einen Mordsärger.” “Uh, Ladys first, oder wie?”, lächelt der Kleinere mich an, nachdem er an mir vorbei geschritten ist. “Ich bin aber keine Lady. Ich wüsste schließlich, wenn ich eine Pussy hätte. Brauchst du nen Beweis?” “N-nein, d-danke”, sage ich schnell und bin sauer, dass mein Sprachzentrum nun auch noch wirr geworden ist. Wenigstens scheint Tommy wieder besser drauf zu sein. Doch leider geht es mir nicht mehr besonders, da eine Glühbirne in meinem Kopf völlig durchgeknallt zu sein scheint. Irgendwie war das Gefühl komisch, als wir uns umarmt haben. So aufgeregt bin ich doch sonst nie, bei keinem einzigen Mädchen hat mein Körper solche Zicken gemacht wie bei Tommy. Wahrscheinlich sollte ich mich mal gründlich untersuchen lassen. Von Dr. Sommer… Kapitel 7: Ein Nachmittag im Park --------------------------------- Tommy und ich haben mächtig Ärger bekommen wegen unserer krassen Verspätung, aber das ist eher unwichtig. Zum Glück hat uns niemand bei unserer Umarmung gesehen, das wäre ja wieder ein Spektakel gewesen. Vor der Schule. Nach Schulschluss. “Also dann, bis um drei an der Eisdiele?” “Was?” “Na unser Treffen! Du wolltest mich doch einladen.” Auch das noch. Im Prinzip wollte ich den Emo heute nicht mehr sehen, denn wer weiß, auf was für dumme Ideen mein Körper dann wieder kommt. Erwartungsvoll blickt mir Tommy in meine Augen, auch wenn ich seine mal wieder fast nicht sehen kann vor lauter Haaren. Angespannt trete ich von einem Fuß auf den anderen, als würde ich pissen müssen. Tommy hat das natürlich gleich bemerkt und streicht sich eine Strähne aus dem Gesicht. Das macht er immer, wenn ein frecher Kommentar im Anmarsch ist. “Mach ja nicht Pipi in die Hose!”, warnt er mich. “Sonst ertrinkt noch die ganze Schule in deinem Urin.” “Ich muss gar nicht”, rede ich mich heraus, vollführe aber noch immer meinen seltsamen, nervositätsbedingten Tanz auf. “Und wenn, dann muss ich nicht Pipi, sondern pissen. Bin ja kein Mädchen.” “Also ich muss immer Pipi”, erzählt mir mein Gegenüber und tritt einen Schritt näher an mich heran, sodass sein Gesicht viel zu nahe an meinem ist. “Und weißt du was? Man kann überall Pipi machen, genauso, wie man überall Sex haben kann.” “S-Sex?”, presse ich hervor, als ob ich mich davon angesprochen fühle. Seine Lippenpiercings sehen noch besser aus, wenn er grinst, aber das ist diesmal kein normales Tommy-Grinsen, nein, dieses Grinsen ist unheimlich, irgendwie…lasziv. Was bezweckt er denn damit? Für einen kurzen Augenblick überlege ich ernsthaft, ob ich ihn jetzt, genau in diesem Moment, fragen sollte, ob er mit mir schlafen möchte. Doch den Gedanken verwerfe ich lieber schnell. Obwohl Tommy mir mit ‘Sex’ bereits das Stichwort gegeben hat. Nun kehrt zum Glück wieder das Normale Grinsen auf dem Gesicht des Schwarzhaarigen zurück, was mich innerlich erleichtert aufatmen lässt. “Was gucktst’n wie ein Auto?”, neckt er mich und boxt mich scherzhaft an die rechte Schulter, was mir beinahe meinen festen Standpunkt raubt, weil meine Knie eh schon so seltsam Pudding-artig sind. “Man könnte meinen, dass du nicht weißt, was Sex ist, deiner komischen Reaktion nach zu urteilen. Ich soll es dir doch nicht etwa an deinem Körper demonstrieren?” “Gott…nein!”, wehre ich schnell ab und reiße meine Auto-Augen noch weiter auf, Tommy jedoch lacht kurz auf wegen meinem endpeinlichen Verhalten und tätschelt mir wie einem kleinen Kind die Wange. “Was bist du denn auf einmal so nervös?”, will mein Gegenüber schmunzelnd von mir wissen. “Ich kann ja verstehen, dass es dir die Sprache raubt, weil ich so unverschämt sexy bin, aber…” Er kommt näher und näher, ich nehme den Geruch seiner Klamotten wahr, was mein Herz noch heftiger klopfen lässt, als wolle es herausspringen und somit Tommy ins Gesicht. “…aber du tust ja gerade so, als hätte ich dir ein eindeutiges Angebot gemacht. Vernasch mich, du notgeiler Fickfrosch.” Meine Lippen öffnen sich, um irgendetwas hervorzupressen, was mir jedoch nicht gelingt. Während ich so sehr damit beschäftigt bin, meinen Körper wieder unter Kontrolle zu bringen, leckt sich Tommy Pornoboy-mäßig über die Lippen, was meine Hirnströme endgültig zum versiegen bringt. Patient ist klinisch tot. Doch wenig später nehme ich fetzenhaft war, dass mein Gegenüber das ganze nur als Scherz gesehen hat und keine wirklichen Absichten auf Beischlaf mit mir hat. “Du hast mir das echt abgenommen”, lacht Tommy und seine Stimme wirkt noch frecher als sie es sonst immer schon ist. “Wie du geglotzt hast, als ob ich dir ans Leder wollte. Mein Gott, ich denk, du bist so cool. Und was war dann das? Denkst du im Ernst, ich vernasch nen Hetenboy?” “Äh..vielleicht?”, entgleitet es mir, weil ich wirklich nicht mehr klar denken kann, so sehr ich mich auch bemühe. “Ach, Quatschi!”, schüttelt Tommy den Kopf und entfernt sich glücklicherweise ein Stück von mir, was mich tief ausatmen lässt. “Ich bin nicht so einer, der unbedingt alle Männer umpolen will, keine Angst.” Irgendwie bleibe ich in diesem Punkt skeptisch. So, wie der sich benimmt ist genau das Gegenteil der Fall. “Aber wenn du mal schwul spielen willst, dann weißt du ja, an wen du dich wenden kannst. Ich bin jederzeit gerne dein Playboy-Bunny.” Er soll aufhören damit! Merkt er denn nicht, dass ich bereits völlig hinüber bin? Ich glaube, ich vertrage seine nicht ernst gemeinten Anspielungen nicht mehr. Vorgestern hätte ich ihm in so einer Situation garantiert eine in die Fresse gehauen, aber heute? Mein Körper benimmt sich auf einmal so komisch und ich kann nichts dagegen tun. Zuerst kribbelt er so stark, als wär ein Haufen Ameisen in meinen Mund eingedrungen, dann versagt mir mein Sprachzentrum und als wäre das noch nicht genug, wummert mein Herz irgendwo zwischen meinen Gedärmen, aber bloß nicht da, wo es hingehört. Der Tommy macht mich noch ganz kirre. Weil er so anders ist als alle anderen Leute, mit denen ich je zu tun hatte. Und dann soll ich auch noch einen Nachmittag mit Tommy-Boy überleben, der es doch garantiert einmal mehr schaffen wird, mich an meine nervlichen Grenzen zu bringen. Hallo, Erde an Dennis, wo bist du gerade? Ähm…irgendwie abgedriftet. Bodenlos schwebe ich im Universum, als wäre ich ein mir Helium gefüllter Luftballon, der die Besinnung verloren hat. Aber können Luftballons überhaupt denken? Nein. Eben. Dennis, wo ist nur dein armes, kleines Gehirn geblieben? Selbst bei deinem Schwanz ist es nicht zu finden. Wahrscheinlich hat Tommy mich so fest umarmt, dass es ganz klein zusammengeschrumpelt ist, ebenso wie mein kochend heißer Schädel, dem schon jegliche Flüssigkeit entzogen wurde. Jetzt habe ich einen Schrumpfkopf. Na klasse. Danke dir, Tommy Tease. Dennis Bartsch ist mit seinem Schrumpfkopf garantiert der attraktivste Mann auf der ganzen, weiten Welt. Vielleicht sollte ich auswandern. Am besten nach Südamerika. Dort werden Schrumpfköpfe schon seit Jahrhunderten hergestellt. Und außerdem bin ich dort Tommy los. Ey, darüber sollte ich ernsthaft nachdenken. Aber man kann das ganze auch positiv sehen: Lieber einen Schrumpfkopf als einen Schrumpfschwanz… ***** Ungeduldig warte ich Punkt 15.00 Uhr am verabredeten Treffpunkt, der Eisdiele. Wär ja schon nicht böse, wenn Tommy mich vergessen würde, da könnte ich mich ganz gemütlich dünne machen und einen Auswanderungsplan schmieden zusammen mit meinem Erdbeereis. Ich gebe einen Schrecklaut von mir, als sich unerwartet zwei Arme von hinten um mich schlingen und mich beinahe auf die Knie zwingen. “Hey, du Wrestler!”, fluche ich. “Lass mich los, ich falle ja um!” Pah, von wegen Porzellanpüppchen. “Mh, Sex macht eben Muckis”, flüstert mir Tommy verheißungsvoll ins Ohr, was mich unheimlich doll erschaudern lässt. Sein warmer Atem fühlt sich irre schön und geil an, wenn ich mir diesen furchtbaren sündigen Gedanken einmal kurz erlauben dürfte. Zum Glück lässt er mich im nächsten Augenblick auch schon los, was mich sehr erleichtert. Länger hätte ich seine Stimme so nah an meinem Ohr nicht ausgehalten, sicher wäre ich völlig durchgedreht, obwohl es da ja eh schon nicht mehr viel zu verlieren gibt. Wo kein Hirn ist kann schließlich auch keins verschwinden. Nun tritt der Schwarzhaarige vor mich, sodass ich ihn von oben bis unten mustern kann, ob ich will oder nicht. Seine wild auftoupierten Haare gleichen irgendwie einem Rosettenmeerschweinchen, wie ich finde. Unter der Matte schwitzt er sicher erbärmlich, ebenso zum Kopfschütteln bringt mich sein langärmliges Sweatshirt. In den Klamotten würde ich bei der Hitze zerlaufen. Zum Ausgleich dazu trägt er jedoch enge, schwarze Hotpants, die garantiert jedes schwule Männerherz höher schlagen lassen. Tommy hat wirklich schöne Beine, der kann es sich erlauben, so rumzulaufen… “Guck mal, ich bin dein Superman, Denni”, freut sich Tommy und deutet mit seinen Zeigefingern auf das ‘Superman-Logo’, welches sein Oberteil ziert. Kurz wird mir der Kopf so heiß, dass ich ihn am liebsten in die Erdbeereisbotte hineingelegt hätte, um ihn abzukühlen. “Sag mal, schwitzt du eigentlich nicht?”, frage ich schnell, um das Thema zu wechseln. “Nächstes mal schicke ich dich heim, wenn du wieder langärmlig antanzt, damit du dir was angemesseneres anziehst.” “Du willst mich ja nur im Bikini sehen, Denni, du kleiner Genitaldenker!”, grinst Tommy und lacht dazu frech, außerdem fast in der Tonlage eines Mädchens. “Bi-Bikini?” Ich runzle die Stirn. “Du hast doch nicht mal Titten, erzähl mir nicht so einen Schmarrn!” “Na und? Kann ich doch ausstopfen”, sagt Tommy und zieht einen Schmollmund, mein Blick ruht einmal mehr auf seinen Lippenpiercings, die sich stets mitbewegen, wenn er den Mund verzieht. “Eigentlich steh ich ja auch mehr auf das Unterteil. Ich find mich immer so verdammt scharf in Sting-Tangas. Besonders mit Leopardenmuster. Rawr!” Erstaunt über dieses Bekenntnis ziehe ich eine Augenbraue in die Höhe, während mein Kopf wieder zu glühen anfängt. Tommy ist wirklich strange. Aber genau das ist es, was ich an ihm mag. Was ich, um genau zu sein, viel zu sehr an ihm mag. Um nicht noch mehr aus Tommys Intimsphäre erfahren zu müssen, bestelle ich nun mein wohlverdientes Erdbeereis, an dem ich sofort zu schlecken beginne. Mh… Tommy entscheidet sich für seine Lieblingssorte, Schokolade, und lutscht frech grinsend an seiner Eiswaffel. Der denkt garantiert schon wieder an was anderes, so wie der guckt. Tommy, mein versautes Emo-Meerschweinchen… “Lass uns in den Park gehen!”, schlägt der Schwarzhaarige schmatzend vor und steuert, ohne meine Antwort abzuwarten, sein Ziel an. “Okay…”, presse ich nur noch hervor und habe Mühe, Tommy zu folgen. Das süße Erdbeereis tropft ganz unverschämt auf mein T-Shirt vor lauter Hast. Toll, Tommy. Alles nur wegen dir. “Och nö, hier sind viel zu viele Leute!” “Quatsch, hab dich nicht so. Für uns ist doch dort noch Platz, unter dem Baum.” Ich schaue zunächst gequält, da der Park rappelvoll mit Familien und verliebten Pärchen ist, die rumknutschen und fummeln, als wollte irgendjemand einen Liveporno sehen wollen. Eine Gruppe Jungs spielt mit einer Frisbeescheibe, welche auch nicht unbedingt auf meinem Kopf landen soll. “Bitte! Ich will mich so gerne ins Gras legen. Ich liebe es, in den Himmel zu schauen und einfach nur an schöne Jungs zu denken. Du kannst ja an schöne Frauen denken…oder an mich. Bitte!” Tommy zieht so eine süße Schnute, deswegen verdrehe ich nur noch einmal kurz die Augen und zucke gleichzeitig mit den Schultern, dann sage ich genervt “Na schön“, worauf der Andere vor Freude aufquiekt, mich am Arm packt und hinter sich herzieht. “Mein Eis!”, schreie ich noch, da es bereits wieder zu tropfen anfängt. “Ich leck dir das Eis von deinem Hals, wenn du nichts ruhig bist!”, droht mir Tommy, ich erschaudere bei dem Gedanken, seine Zunge auf meiner Haut zu spüren, also beschließe ich, lieber meine Fresse zu halten. Ich kann schon förmlich sehen, wie ich an den Baum gelehnt Tommys heiße Liebkosungen spüre und mein Gehirn da unten in meiner Hose sich wieder aufpumpt und riesig groß wird. Ob mir das wirklich passieren würde? Bin ich denn schon so tief gesunken? Dennis, du bist NICHT schwul, egal, wie geil es ist, wenn Tommys Piercings sich in seiner Unterlippe mitbewegen oder in der Sonne glänzen, egal, wie es kribbelt, wenn er mir ins Ohr haucht, egal, wie irre mein Körper wird, wenn der Emo seine Arme um mich schlingt. Da sind nur die Frühlingsgefühle. Die vergehen im Sommer wieder. Klar, man. Du bist keine Schwuchtel, Dennis, und du wirst auch nie eine werden… “Zum Glück ist es hier nicht so heiß”, seufzt Tommy, während er sich neben mir ins Gras sinken lässt, den Rücken an den Baum gelehnt. “Sonst schmilzt noch unser Eis.” “Mh”, brumme ich und schiele nach dem Schwarzhaarigen, dessen Zunge wieder und wieder über die Süßigkeit schleckt. Plötzlich kommt doch die Frisbeescheibe angeflogen, die in Tommys Schoß liegen bleibt. “Na holla, da hats aber wer nötig!”, bemerkt er und schießt das Spielgerät wieder zu den Jungs. “Selbst das Frisbee ist scharf auf mich, da siehst du mal, Denni, mit wem du dich hier abgibst.” Darauf fällt mir keine Erwiderung ein, Tommys Anspielungen haben mich eh schon ganz verrückt gemacht. Nun höre ich ihn an seiner Eiswaffel schnurpsen, man, der leckt aber schnell, denke ich mit großen Augen. “Ups, jetzt fallen mir auch noch die Krümel in den Schritt”, kichert Tommy plötzlich und guckt erst sein bestes Stück an, danach mich. “Willst du sie absammeln?” “Waaas? Ich?” Das ist das einzige, was ich herausbekomme. Tommy kann doch nicht im Ernst wollen, dass ich ihm…an die Eier fasse! “Nun hab dich nicht so, schließlich kratzt du dich morgens auch an deinem Sack. Ich verspreche dir auch, dass dir mein Schwanz nicht ins Gesicht springen wird, wenn du ihn mal kurz anfasst. Ach komm, die Krümel kitzeln und die Leute hier um uns herum wollen provoziert werden. Schatzüüü…!” Wieder blickt mir dieser Schmollmund entgegen, aber diesmal bleibe ich hart. “Frag doch den Blonden dort drüben, ob der dir die Krümel absammeln will”, schmolle ich diesmal und verschränke meine Arme vor der Brust. “Ich bin doch keine Schwuchtel. Und dein ‘Schatzüü’ bin ich auch nicht. Merk dir das.” “Blondie!”, ruft Tommy daraufhin dem Jungen auf der Decke neben uns zu, ohne auf meine schrulligen Worte einzugehen. “Willst du mir einen blasen?” “Bist du bescheuert, man?”, zische ich Tommy zu, der mich grinsend anschaut, während ich ihm am liebsten den Mund zugehalten hätte. “Halt ja die Fresse, wenn ich mich hier mit dir blamiere, war es das letzte Mal, dass ich mich außerhalb der Schule mit dir getroffen habe.” “Siehste, geht wieder nur um dein Image”, sagt Tommy hämisch mitten in mein Gesicht. “Und außerdem biste bloß neidisch, weil ich dir keinen Blowjob angeboten habe, Denni-Boy. Ich seh doch, du bist ganz heiß auf mich. Red dich nicht raus!” Mir fällt nichts anderes ein, als ihm meine Zunge herauszustrecken und mich ein wenig von ihm wegzudrehen. “Pah, jetzt ist er eingeschnappt. Ich geh jetzt erstmal pullern, und danach werden wir zwei Hübschen ein wenig schmusen, Denni. Wenn du dich weigerst, werde ich dich zu deinem Glück zwingen müssen.” “Tu was du nicht lassen kannst”, stöhne ich genervt, andererseits habe ich doch ein bisschen Schiss, dass er seine Androhung warmachen könnte. Wenig später steht Tommy am nächsten Baum und pinkelt fröhlich vor versammelter Mannschaft. Der hat echt null Schamgefühl, schließlich sind hier Frauen…und Kinder. Eines davon, das vielleicht drei Jahre alt ist, schaut ganz interessiert dabei zu, wie der Emo sich erleichtert und scheint auch noch Spaß dabei zu haben. “Guck mal, Mama, das Mädchen pinkelt im Stehen. Da muss sie aber einen Pullermann haben”, erzählt es ganz aufgeregt seiner Mutter, während ich mir die Hand vor die Stirn schlage. Wenn der Typ wiederkommt, kann er sich was anhören… “Bist du eigentlich vollkommen bekloppt? Selbst die Kinder lachen schon über dich”, meckere ich ihn an, als er sich wieder neben mir in die Hocke begibt. “Eigentlich dachte ich, dass du nicht so ein Kindskopf bist wie meine Kumpels, aber ich glaube, da habe ich mich gewaltig getäuscht. Du bist noch schlimmer als Timo und Kevin zusammen.” Tommy jedoch scheint sich nicht um meine Rüge zu scheren, frech wie er ist, legt er kurzerhand seinen Kopf in meinen Schoß und blickt mich von unten an. Nun verschlägt es mir aber völlig die Sprache und leider Gottes fängt in mir das Ameisenkribbeln wieder an. Tommys Kopf da an meiner intimsten Stelle, das ist eindeutig zu viel für mich. “Ich sag doch, Pipi machen kann man überall”, grinst der Schwarzhaarige und zieht sich sein Shirt glatt. “Werden deine Nippel beim Pullern auch immer steif? Guck mal, wie die vorstehen.” “Äh..” Mein Mund bleibt vor Schreck und Überraschung offen stehen, während ich auf Tommys Oberkörper glotze. Ja, wie ein Auto, wenn es die Scheinwerfer anmacht. Das Schreckliche an der ganzen Sache ist aber, dass Tommys harte Nippel irgendetwas in mir auslösen, das so kribbelt in meinem Bauch, dass ich glaube, ohnmächtig werden zu müssen. Der kleine Teufel in meinem Kopf flüstert mir nämlich was schlimmes zu: Wenn Tommy erregt ist, dann bist du es auch. Weil dich der Anblick allein schon scharf macht. Meine Auto-Augen fallen sicher bald drauf auf Tommys Nippel, jetzt, wo er auch noch über sie reibt und seine Zunge an der rechten Seite zwischen seinen Lippen zu sehen ist. “Was isn, Denni, ich seh doch, dass du total drauf abfährst. Fass mich endlich an. Du willst es doch auch.” Das einzige, was ich will ist ihm zu sagen, dass er mit der Scheiße aufhören soll, da sie langsam zwischen meinen Beinen zu ziehen beginnt. “Sonst helf ich nach. Überleg dir das gut!” Ehe ich mir irgendeine Antwort überlegen kann, hat mich Wrestler-Tommy schon ins Gras geschmissen, hält meine Handgelenke fest und tront über mir, total überlegen, während ich glaube, dass ich nun sterben muss. Ich halt das nicht aus! Tommy ist mir viel zu nahe, so nahe, dass er mich mit einer hundertprozentigen Sicherheit zur Besinnungslosigkeit knutschen wird und, noch schlimmer: Er wird mir meine Kleider vom Leib reißen, egal, wie viele Leute dem Ereignis beiwohnen werden, wenn der Emo mit mir schläft in seiner Notgeilheit. Unsicher und mit Herzklopfen begleitet wandern meine Augen erst zur linken und dann zur rechten Seite, wo Tommy meine armen Handgelenke ins Gras drückt und sie sicher so schnell nicht mehr loslassen wird. “Mh, so devot, mein Lieber, das kenne ich ja noch gar nicht von dir. Aber ist schon schnuckelig, wie du so brav unter mir liegst”, schnurrt Tommy und bleckt die Zähne wie ein Raubtier. “Magst du einen Kuss haben? Ich hätte noch einen.” “Nein…!”, stammle ich in meiner Todesangst und versuche mich loszureißen, aber das schwarzhaarige Porzellanpüppchen besitzt ungeahnte Körperkräfte. “Ich muss nach Hause! Lass mich los!” “Na gut”, schmollt der über mir tronende und entlässt mich endlich aus seinem Foltergriff. “Aber wir holen das nach. Und glaub bloß nicht, ich vergesse darauf.” So schnell ich kann bin ich aufgesprungen, habe mir das Gras von den Klamotten geklopft und könnte explodieren wegen dem Kleineren, weil der einfach unmöglich ist! Erst sagt er, er macht sich nicht an Heten-Jungs ran und dann? Überfällt er mich einfach und jagt mir armen Würstchen Angst und Schrecken ein! Ich dachte, jetzt ist es vorbei; jetzt polt er mich um! “Das war nur ein Scherzchen, Denni, denkst du, ich würde wirklich über dich herfallen, wenn du es gar nicht willst? Ich akzeptiere, dass du hetero bist, das weißte doch”, versucht er noch zu erklären, doch ich höre ihm schon nicht mehr zu. Als ich so vor ihm stehe, grinst er mich frech von unten an und wirft mir ein Küsschen zu, was mich erst richtig in Rage bringt. “Steck dir deine scheiß Küsse sonst wo hin! Deine ekligen Schlapperlippen will doch eh keiner knutschen. Du bist widerlich, Tommy. Und pervers. Und so peinlich, dass man sich mit dir nicht mehr auf die Straße trauen kann. Geh ins Bordell und leb dort deinen kranken Scheiß aus.” Ohne ihn noch mal anzublicken, mache ich auf dem Absatz kehrt und beeile mich, nach Hause zu kommen. Für mich steht nun nach dieser Kennlernsequenz endgültig fest: Tommy ist für mich gestorben. Weil ich mich selber dafür hassen könnte, dass mein Körper völlig verrückt spielt wegen diesem Jungen und ich mich kaum noch beherrschen kann, wenn er mir so nahe kommt wie gerade eben. Und dann ist da ja noch das kleine Teufelchen zu meiner rechten, das die ganze Zeit leise in mein Ohr geflüstert hat: Leck an seinen geilen Piercings, oh ja, Dennis, schmecke ihn, lass dich von ihm mit Zunge küssen und spüre, wie verrückt du in Wahrheit bereits nach ihm bist. Eigentlich bin ich von Anfang an verrückt nach ihm, wenn ich es mir eingestehe, nur hat es sich da anders geäußert als heute. Tommy hat was. Sexy Porzellanpüppchen. ***** Abends kann ich einfach nicht einschlafen, so sehr ich es auch versuche. Aufgewühlt wälze ich mich hin und her, meine Augen wollen einfach nicht geschlossen bleiben, anstelle brennen sie vor Müdigkeit. Zu viel Tommy ist da noch in meinem Schädel, zu sehr wurmt es mich, dass ich ihn so angeschnauzt habe, nur, weil mein Selbsthass so stark geworden ist, dass ich diesen irgendwie herauslassen muss. Dass Tommy darunter leiden muss, ist einfach nicht fair, das weiß ich ganz genau, zumal er sich ja nur einen kleinen Spaß mit mir erlaubt hat. Das dumme ist aber, dass mein Körper gleich wieder reagiert hat, als würde der Schwarzhaarige ernst machen. Und dann noch dieses Teufelchen in meinem Ohr, welches mich ganz verrückt macht. Zwischen Tommy und mir, da kann und wird niemals etwas mehr laufen als Freundschaft, denn wir sind Jungs. Und Schwulsein ist absolut abartig und pervers. Wenn Tommy mich wirklich mal gegen meinen Willen küssen sollte, müsste ich mir vorstellen, dass er eine Frau ist, ich müsste mir vorstellen, dass er Brüste hat. Aber eigentlich will ich das gar nicht. Tommy ist so perfekt wie er ist, er besitzt nicht diese männlichen, kantigen Züge, er stylt sich feminin, wobei er aber auch nicht unbedingt weiblich wirkt. Auf den ersten Blick vielleicht, aber wenn man erstmal seinen Charakter kennt und weiß, dass er einfach so an Bäume mitten im Park pinkelt, dann wird man nicht mehr sagen, dass Tommy mädchenhaft ist. Und genau das ist der Punkt. Genau deswegen kibbelt mein Bauch bestimmt so eigenartig, wie er es zum ersten Mal in meinem Leben tut. Und deswegen kann ich jetzt auch nicht einschlafen. Weil ich Tommy schon wieder verletzt habe, obwohl ich ihn sehr mag. Gerade, weil ich ihn sehr mag. Und es eigentlich nicht möchte. Kapitel 8: 'Tschuldigung... --------------------------- ‘Tommy + Dennis’ Nachdenklich stehe ich am nächsten Morgen vor der Schulmauer und blicke auf das noch immer nicht beseitigte, riesengroße Herz mit Tommys und meinem Namen darin. Ich dürfte gar nichts mit ihm haben, meine Kumpels würden triumphieren, ach was, die ganze Schule hätte etwas zu tratschen wegen uns. Kein Mädchen würde mehr mit mir ausgehen wollen, was absolut katastrophal wäre, denn wer sagt denn, nur weil da Tommy in mein Leben getreten ist, dass ich keinen Spaß mehr an den Damen hätte? Natürlich habe ich noch Spaß an ihnen, aber in stillen Momenten fragt das Teufelchen in meinem Ohr ernsthaft, ob ich denn mit Tommy genauso viel oder noch größeren Spaß haben könnte. Das wäre ja schon mal was anderes, und ich muss zugeben, ich bin immer offen für Neues. Ob ich mich doch langsam auf die alberne Wette konzentrieren, über meinen Schatten springen und den Emo einfach fragen sollte, ob er etwas intimer mit mir werden möchte, um es nicht ganz so hart auszudrücken. Ich kann mir ja denken, wie mein Körper auf Tommys Körper reagieren würde, aber es ist deswegen vielleicht doch das beste, ich vergesse die Sache. Tommy und ich dürfen nicht sündigen, auch wenn da schon so ein gewisser Reiz dahinter steckt… ***** Weiter hinten erblicke ich an die Mauer gelehnt Tommy, der sich mit ein paar Mädchen aus seiner Klasse unterhält und sogar mit ihnen lacht, wie ich sehe. So richtig gefällt mir diese Tatsache nicht, Tommy soll mit mir lachen, er soll mich wieder so Bauchkribbeln verursachend begrüßen. Aber zunächst muss ich mich einmal mehr bei ihm entschuldigen. Wie kann ich es nur abstellen, dass ich nicht mehr böse zu ihm bin? “T-Tommy? K-kann ich dich mal k-kurz sprechen?” Mein Herz klopft hoch bis zu meinem Hals, als ich vor dem Schwarzhaarigen stehe und dieser mich ausdruckslos anschaut. Die Mädels um uns herum beginnen nur diebisch zu grinsen, bestimmt hat Tommy irgendwas über mich geflunkert, dass wir beide was miteinander hätten und so. “Geht schon mal rein, ich komm dann gleich nach”, nickt Tommy den Mädchen höflich zu, wahrscheinlich versteht er sich recht gut mit ihnen. Besser bestimmt als mit der bei dem kleinsten Bisschen explodierenden Rakete, wie ich sie bin. Ich gehe gleich in die Luft, wenn Tommy mich mal anfasst oder mich mit Flirtsprüchen umgarnt. Vielleicht ist das aber einfach nur meine Art zu zeigen, dass mir gefällt, was er mit mir macht… “Was gibt’s?” Erwartungsvoll, aber auch gelangweilt stöhnend legt er den Kopf schief und sieht mich mit breitgezogenem Mund an, während er an seiner Zigarette zieht und mir beinahe den Rauch ins Gesicht bläst, was mir in diesem Moment aber eher nebensächlich erscheint. Sofort fällt mir auf, dass er heute andere Piercings in der Lippe trägt, nicht wie sonst diese schwarzen, sondern silberne. Wunderschöne, silberne Piercings… “Ich…wollt mich bei dir entschuldigen, wegen gestern. Das war echt nicht so gemeint”, gebe ich leise zu, weil ich mich noch immer schäme. Ich hebe langsam den Kopf und blicke in Tommys braunschimmernde Edelsteine. Sei ja ruhig, Teufelchen. Erzähl mir nun bloß nichts von wegen, er sieht zum ausflippen hammer aus oder so. Das weiß ich selbst. “Ach?”, sagt Tommy nur und zieht eine Augenbraue erstaunt nach oben. “Hör mal, ich bin doch nicht blöde. Denkst wohl, ich akzeptier deine Entschuldigung jetzt so einfach, um mich bei der nächstbesten Gelegenheit gleich wieder beleidigen zu lassen? Erzähl das deiner Großmutter.” “A-aber…”, stammle ich fassungslos und habe nun wirklich das dumme Gefühl, dass ich Tommy verloren habe. Dieser lässt mich in seiner Aufregung gar nicht mehr zu Wort kommen. “Ich habe ja nun kapiert, dass du mich nicht magst, dass du mich nicht so akzeptieren kannst, wie ich bin. Ja, ich bin eine perverse und endpeinliche Schlampe, aber ich werde mich wegen dir garantiert nicht verändern. Wenn man jemanden mag, dann respektiert man die Art und die Meinung des anderen. Eigentlich dachte ich, dass du mich wenigstens ein bisschen magst, so wie du es vorgegeben hast, aber wahrscheinlich bist du auch nur so ein Arschloch, dass andere für seine Zwecke benutzt. Blödes, arrogantes Egoistenschwein!” Ohne mich noch einmal anzuhören, macht er auf dem Absatz kehrt und nähert sich dem Eingang des Schulgebäudes. “Tommy” flüstere ich leise vor mich hin. “Ich hab dich doch so gern.” “Wen hast du gern, wirst du nun doch noch auf deine alten Tage sentimental?”, vernehme ich plötzlich eine vertraute Stimm hinter mir, daraufhin klopft mir eine Hand auf die Schulter, was mir in diesem Moment sehr unangenehm ist. Eine liebe Umarmung von Tommy hätte mir besser gefallen als so ein grobschlächtiger Handgriff meines Kumpels. “Dennis ist in Tommy verliebt!”, singt Timo daraufhin fröhlich, was mich mal wieder wütend macht. “Bin ich nicht!”, rege ich mich auf. “Und wenn es so wäre, ginge euch es einen feuchten Kericht an. Kapiert?” “Is ja gut, man!”, beruhigt mich Kevin und guckt mich prüfend an. “Was isn?”, will ich wissen. “Du hast so kleine Herzchen in den Augen, Kumpel. Doch hast du dich in den kleinen Emo verknallt. Is ja süüüüüß. Biste also doch bi, wa, Dennis?” “Ich bin nicht bi!”, schimpfe ich. “Ach wisst ihr was? Leckt mich doch am Arsch!” “Das übernimmt Tommy bestimmt gerne an unserer Stelle”, grinst Kevin, ich beschließe, schnell Reißaus zu nehmen, denn ich muss jetzt ein wenig allein sein. Meine komischen, ekligen Sentimental-Gefühle müssen erst geordnet werden, ehe ich wieder zurechnungsfähig bin. Und ich muss mir was einfallen lassen, wie ich Tommy dazu bringe, meine Entschuldigung zu akzeptieren. Denn ich will ihn so gerne noch viel besser kennen lernen… ***** “Tommy! Bleib doch mal stehen, ich muss mit dir reden!” In der Mittagspause sehe ich, wie er geradewegs die Mensa ansteuert, doch leider bleibt er einfach nicht stehen, so laut ich auch seinen Namen rufe. Er ignoriert mich. Er will mich nicht mehr anhören, er will mich nicht mehr sehen, er will nichts mehr von mir wissen. Was soll ich denn noch tun? Mehr als ‘Sorry’ sagen kann ich nun mal nicht… Ich beschließe, dem Emo trotzdem zu folgen, egal, ob ich noch so eine eklige Abfuhr von ihm bekomme. Ganz allein sitzt er an einem der Mensa-Tische, hat einen Teller mit Nudeln vor sich und stochert lustlos in ihnen herum. “Tommy”, sage ich in normaler Lautstärke, als ich neben seinem Platz stehe. Mit einem gleichgültigen Gesichtsausdruck wendet er sich mir kurz zu, dann steckt er seine Gabel wieder in zwischen seine Nudeln und tut so, als hätte nur eine geisterhafte Stimme zu ihm gesprochen. Egal, Dennis, egal, ob er dich köpfen wird, egal, ob er dir die Gabel in die Halsschlagader rammt, du setzt dich jetzt neben ihn. Und du bleibst so lange sitzen, bis Tommy dich angehört hat. Ganz langsam rücke ich den gegenüberliegenden Stuhl von Tommy ein Stück weg und nehme danach Platz. Der Andere schaut mich noch immer nicht an, er macht mich noch ganz nervös mit dem klirren der Gabel auf seinem Teller. “Hör auf damit!”, fordere ich, greife reflexartig nach Tommys Arm und halte ihn fest, sodass er ihn nicht mehr so leicht bewegen kann. Kurz hält er inne, funkelt mich mit seinen so unerwartet wütenden Augen fast schon bitterböse an und ich merke, dass meine Tat keine so gute Idee war. “Lass los, du Idiot!”, beschimpft mich Tommy, zieht seinen Arm weg und stochert wieder in seinen Nudeln herum, steckt sich nun sogar hin und wieder eine Gabel voll in den Mund. Eine Weile sitzen wir wortlos da, ich weiß nun gar nicht mehr, wie ich das Gespräch beginnen soll, mein Kopf fühlt sich so leer an und als ob darin nie wieder kluge Gedanken entstehen könnten. “Was isn, macht es dich geil, mich beim Essen zu beobachten oder was?”, kommentiert Tommy nun doch noch meinen verlorenen Blick, der wahrscheinlich mit den Nudeln zusammen immer wieder in seinem Mund verschwindet. “Nein…”, bringe ich nur zögerlich hervor, was auch nicht besonders klug war. “Na dann verpiss dich endlich!” Der Schwarzhaarige guckt mich nun wahrhaftig an, als wolle er mich mit seiner Gabel schachmatt setzen, vielleicht sticht er mir die Augen aus, wenn ich ihn noch länger beobachte. Traurig und mit einem seltsamen flauen Gefühl im Magen erhebe ich mich schließlich, schiebe den Stuhl an den Tisch und kann es mir einfach nicht nehmen, noch einen Blick auf Tommys wohlgeformte Lippen zu werfen. “Ich wollte dir nur sagen, dass ich…” Wieder reißt mein verdammter Gesprächsfaden ab, doch Tommy schaut mich kurz an, seine Augen sind einmal mehr verdeckt, was es mir vielleicht doch erleichtert, mit ihm zu reden. Mein Herz beginnt trotzdem wie wild zu klopfen. “Ich wollte dir nur sagen, dass ich dich sehr mag, Tommy, dass du was Besonderes bist und dass ich dich eigentlich total gern noch besser kennen lernen möchte.” Als ich das schließlich losgeworden bin, mache ich kehrt, laufe mit schnellen Schritten aus der Mensa, während ich spüre, dass das Schlucken im Hals weh tut. Ohne mein Zutun verschwimmt die Sicht vor meinen Augen, als ich den Flur entlanggehe, und als ich noch mal an Tommys schönes Gesicht denke, schwappt der Tränenfluss endgültig über. Was hast du nur mit mir gemacht, Porzellanpüppchen? Wie viele Jahre habe ich nicht mehr geheult, weil Männer einfach nicht heulen? Das ist doch wider die Natur, was du hier mit mir veranstaltest. Warum macht es mich so fertig, dass du nichts mehr mit mir zu tun haben möchtest? Wieso können diese Gefühle, die du in mir auslöst, nicht plötzlich aufhören zu existieren? Warum kann ich dich nicht einfach so hassen, so, wie ich es mir vorgenommen habe, als ich dich zum ersten Mal sah? Warum kann ich dich nicht hässlich finden, verabscheuen und dich dahin schicken, wo der Pfeffer wächst? Weil du schön bist, Porzellanpüppchen. Weil ich dich mag. Und niemand kann dagegen ankämpfen wie gegen eine Armee bewaffneter Soldaten. Scheiße, man. Ich glaube, ich bin dir wirklich verfallen. ***** Nach Schulschluss kann ich miterleben, wie ein Auto an der Schule hält, in das Tommy einsteigt. Als es losfährt, bemerke ich den etwas älteren Herren, der am Steuer sitzt, er scheint Geld zu haben, das Auto sieht teuer aus, bestimmt ist er Tommys Vater. Könnte vom Alter her passen. Dem Donnerstag auf Widersehen sagend und darauf hoffend, dass der Freitag wieder besser wird und etwas Sonnenschein für mich mitbringt, mache ich mich einsam fühlend auf den Heimweg. Den ganzen Nachmittag und Abend versuche ich mich mit Pornos aus dem Internet abzulenken, in der Hoffnung, dass mich die Frauen dort ein wenig aufheitern können. Doch alles ist vergebens. In meinem Kopf ist nur noch dieser Tommy, ich weiß nicht, was ich noch tun soll, um ihn endlich aus meinen Gedanken zu verbannen. Immer wieder muss ich an unseren gemeinsamen Nachmittag im Park denken, wie der Kleinere seinen Kopf in meinen Schoß gelegt hat, wie ich zum ersten Mal sein vollständiges Gesicht bewundern konnte. Ich wünschte, Tommy wäre wirklich diese hässliche Kackbratze, die er sein sollte. So sehr ich mich auch mit allen Gliedmaßen dagegen wehre, diese Gefühle, die ich für ihn hege und die nur umso stärker werden, je mehr Tommy mich ignoriert, wollen einfach nicht mehr verschwinden. Da ist nur noch die eine Frage, die das kleine Teufelchen in meinem Ohr mir stellt: Dennis, denkst du, dass sich so Liebe anfühlt? Glaubst du, du magst Tommy wirklich so sehr, dass du ihn für dich gewinnen möchtest? Naja, ich sag mal so: Ich möchte gerne etwas mit ihm unternehmen, ich will, dass er etwas von sich erzählt, ich will mit ihm lachen. Lachen deswegen, weil es irgendwie befriedigend ist, Tommy grinsen oder lächeln zu sehen. Es ist schön, wenn Tommy glücklich ist. Denn dann bin ich auch glücklich. ***** “Ey Bruder, Mama sagt, es gibt Essen!” Flo, mein jüngerer Bruder, reißt die Tür auf, guckt mich lächelnd an, doch als ich ihn anblicke, verschwindet dieses schnell. “Hast du was?”, will er wissen und nähert sich meinem Bett, auf dem ich mit angezogenen Knien hocke, als wolle ich meinen Körper davor schützen, noch mehr dieser seltsamen Gefühle zu entwickeln. “Nee, mir geht’s gut, bin nur müde”, antworte ich hastig, bemerke aber, dass meine Stimme ungewollt zittert. “Erzähl keinen Scheiß, hast du dich geprügelt? Ey, mir kannst dus doch sagen, ich bin dein Bruder”, sorgt sich Flo, der immer schon der von uns beiden war, der sich besser beherrschen konnte, der negative sowie positive Gefühle ruhig auszuleben oder zu verarbeiten vermochte. Und manchmal glaube ich auch, dass er mit seinen dreizehn Jahren reifer ist als ich es bin. Nun senkt sich die Matratze ein Stück nach unten, vorsichtig blinzle ich nach Flo, der wahrscheinlich nicht locker lassen wird, bis ich ihm mein Herz ausgeschüttet habe. “Also, was ist? Ich erzähls auch nicht Mama oder Papa.” Ich atme tief ein und schaue aus dem Fenster. Nein, ich kann ihm nicht die Wahrheit sagen, ich kann mir sie ja selber kaum eingestehen. Schließlich ist es ein große Sache, die mein Leben schon jetzt völlig verändert hat, die mich verändert hat. “Da is so ein Mädchen an der Schule, mit der hab ich mich gezofft, obwohl ich das gar nicht wollte, weil…irgendwie mag ich sie ziemlich”, erzähle ich schließlich langsam und stockend, mein Bruder hört mir die ganze Zeit geduldig zu und unterbricht mich nicht. Irgendwann fällt mir nichts mehr ein, nachdem ich losgeworden bin, dass ‘sie’ so anders ist als alle anderen ‘Mädchen’, dass ich genau das an ‘ihr’ schätze und dass es mich total ärgert, dass ich es mir so gewaltig mit ‘ihr’ verschissen habe. “Kann es sein, dass du in sie…verliebt bist?” “Ähm…äh…naja, eigentlich…weiß ich nicht so genau. Ich kenn sie doch erst seit ein paar Tagen.” Flo lächelt. Mir ist es im Nachhinein doch irgendwie peinlich, dass ich ihm so viel von meinem Seelenleben preisgegeben habe, schließlich geht es nur mich allein etwas an, was in mir abgeht. “Ey…naja, du magst sie. Und das ist doch schon mal ein Anfang. Wenn du sie näher kennen lernen würdest, könnte es schon passieren, dass du dich in sie verliebst.” “Ich weiß nicht…ich weiß ja nicht mal, ob ich es überhaupt raffen würde, wenn ich jetzt wirklich ernsthaft verknallt wäre. In meinem Leben gab es bisher nur Sex und die Liebe für eine Nacht.” “Denkst du, das geht dein ganzes Leben lang so? Irgendwann kommt eben die Person, bei der es ‘Klick’ macht. Ist doch ganz normal. Bei dem einen früher, bei dem anderen später. Dass ich schon mit elf meine erste Freundin hatte und du eben noch nie, das ist doch völlig Bockwurst.” Flo klopft mir auf die Schulter und erhebt sich schließlich. “Komm, das Essen wird kalt”, sagt er in ruhiger Tonlage, während ich nur einen tiefen Seufzer zustande bekomme. “Sag Mama, nichts gegen ihre Kochkünste, aber ich habe keinen Hunger. Außerdem…möchte ich jetzt lieber allein sein.” “Okay, ich sag Mama, sie soll was aufheben, vielleicht magst du später noch was.” Ich nicke nur kurz, denn ich bezweifle, dass ich heute noch Appetit bekommen soll. Mein Magen jedenfalls fühlt sich an, als würde ich nie wieder etwas essen können… ***** Irgendwann weit nach 23.00 Uhr, selbst Flo zockt nicht mehr an seinem Computer und das ganze Haus schläft bereits, habe ich doch noch Bock auf etwas Süßes. Barfuß und nur mit einer Unterhose bekleidet tappe ich in die Küche und öffne den Kühlschrank, indem schon ein schöner Schokopudding für mich bereitsteht. Eigentlich hat sich den sicher mein Bruder ausgesucht, aber ich denke, er wird mir verzeihen, wenn ich ihn einfach so ohne seine Erlaubnis verzehre. Ich bin gerade dabei, die Schublade zu öffnen, um mir einen Löffel zu entnehmen, als ich zusammenzucke. Um die Uhrzeit klingelt noch jemand an der Tür! Wer immer dort auch davor steht, er ist sicher total bescheuert. Bestimmt sind das irgendwelche Besoffenen, die sich einen Spaß erlauben wollten in ihrer Trunkenheit. Mürrisch eile ich zur Tür, um den Blödmann vor einem weiteren Klingeln abzuhalten. Kapitel 9: Dennis im falschen Film ---------------------------------- “Weißt du eigentlich, wie…”, zische ich und hätte am liebsten laut rumgebrüllt, aber mir hat es soeben ohnehin die Sprach verschlagen. “T-Tommy? W-was…?” Mehr fällt mir zu dem verkrampft dastehenden Kerl nicht ein, der am ganzen, halb nackten Körper zittert. “K-kann ich r-rein? Ich w-will nur schnell was trinken”, stottert das schwarzhaarige Wesen, welches ich im Dunkel der Nacht nur schemenhaft erkennen kann. Ich glaub, ich bin im falschen Film. Tommy steht mitten in der Nacht vor meiner Tür, hat kaum was an, was ich an seinen nackten Beinen und Füßen erkennen kann und klingelt noch die ganze Familie aus dem Bett. “Kann ich nun rein?” “Erklär mir zunächst, warum du hier halb nackig aufkreuzt. Und woher weißt du, wo ich wohne?” “Ist doch egal”, nuschelt der Emo und tritt über die Türschwelle hinein in den Flur. Ganz fest hat er die Arme um seinen Oberkörper geschlungen, wahrscheinlich ist ihm kalt, was ja auch kein Wunder wäre. Die dünne Bluse mit dem fellbesetzen Kragen wärmt bestimmt nicht sonderlich, wer weiß, ob er überhaupt noch etwas drunter trägt. Als mein Blick an ihm hinabwandert, fällt mir auf, dass er zudem nur einen String-Tanga anhat. Entweder, Tommy ist stockbesoffen oder reif für die Klapse. Was denkt er, was ich mit seinen nackten Arschbacken soll? In der Küche schütte ich ein Glas mit Wasser voll und reiche es dem Schwarzhaarigen. “D-danke”, sagt der mit zittriger Stimme und stürzt das Wasser gierig hinunter, als wäre er halb am verdursten. Abwartend sehe ich ihm dabei zu und als er das Glas endlich abstellt, stelle ich ihn erneut zur Rede. “Was soll denn der Scheiß? Erst guckst du mich nicht mehr mit dem Hintern an und dann kreuzt du hier so auf. Ich habe keine Nutte bestellt. Kapiert?” “Hör auf!”, schreit Tommy mich plötzlich an und guckt, als wolle er mir jeden Moment an die Gurgel springen. “Mir geht’s total beschissen, aber das interessiert dich ja einen Scheißdreck.” “Das ist nicht wahr! Wer spielt denn die beleidigte Leberwurst? Und jetzt sei ruhig, wenn meine Eltern wach werden und sehen, dass ein Kerl in String-Tanga in ihrer Küche steht, bekommst du mächtig Ärger.” “Is ja gut”, nörgelt Tommy und zieht einen Schmollmund. Seine Schminke ist völlig verschmiert, er sieht aus, als wäre er im Kohlenkeller rumgekrochen. Ob er…geweint hat? Wegen mir? Und ob es ihm wegen unserem Streit beschissen geht? Aber trotzdem…was sollen die aufreizenden Sachen? Der spinnt doch. “Ich geh dann wieder…”, kündigt Tommy das verlassen meines Zuhauses an. “Warte mal”, schüttle ich den Kopf. “So kann ich dich nicht mehr auf die Straße schicken, du holst dir ja den Tod. Obwohl du selber schuld dran wärst.” Fragend schaut mich der Kleinere an, dessen Haare völlig in Unordnung geraten sind und man ihn nun wirklich als Vogelscheuche bezeichnen könnte. “Du kriegst Klamotten von mir”, ordne ich an, schubse den Halbnackten in mein Zimmer und suche nach etwas passendem in meinem Kleiderschrank. Schließlich drücke ich ihm einen Kapuzenpullover, eine Jeans, Socken und Schuhe in die Hand. “Zieh das an”, sage ich schon nicht mehr so ärgerlich, während mir das unglücklich dastehende Häufchen Elend mittlerweile sogar leid tut. “Darf ich mich kurz setzen? Ich muss mich für zehn Minuten ausruhen, nur für zehn Minuten…”, bettelt Tommy und lässt sich auf die Couch hinter ihm sinken. Dort schnieft und seufzt er leise, bis ich mir das nicht mehr länger mit ansehen kann. Schließlich mag ich Tommy sehr und deswegen bin ich doch irgendwie verpflichtet, mich um ihn zu kümmern, wenn es ihm nicht gut geht. “Wenn du magst, kannst du bei mir schlafen”, rede ich beruhigend auf den noch immer zitternden Tommy ein. “Aber es wäre besser, wenn dich meine Eltern nicht sehen würden. Die denken ja Wunder was.” “Ist okay, Denni”, erwidert der Kleinere, während ich seine Augen in der Dunkelheit vor Tränen schimmern sehe. “Du bist ein echter Freund.” “Schon gut”, nicke ich und setze mich auf die Kante zu dem Sofa, auf dem Tommy sitzt. Unerwartet schmiegt dich der Kleine ganz eng an mich und beginnt, leise zu schluchzen. Zuerst zögere ich, da ich keine Ahnung habe, was ich nun machen soll, dann jedoch lege ich meine Arme um den bebenden Körper Tommys und streichle ihm behutsam über den Rücken. “Shh”, flüstere ich, während das Kribbeln in meinem Bauch zurückgekehrt ist, ebenso wie das heftige Herzklopfen. “Es ist alles gut. Ich bin bei dir.” Überwältigt von seinem süßen Duft vergrabe ich meine Nase in seinen Haaren und umarme ihn noch fester und inniger. Tommy, kann ich nur noch denken, mein Tommy. Ich glaube, du könntest für mich wirklich mehr werden als ein guter Freund. Egal, ob du ein Kerl bist. Egal… ***** Tommy hat sich glücklicherweise nach ein paar mir unendlich lang vorkommenden Minuten von seinem Heulkrampf beruhigt, drückt aber noch immer schniefend sein Gesicht an meine bloße Brust. Ob er mein Herz schlagen hören kann? Mir jedenfalls erscheint das gleichmäßige “Wumm Wumm” unheimlich laut. “Geht’s wieder?”, erkundige ich mich bei dem Kleineren, der sich gar nicht mehr freiwillig von mir lösen möchte und sich schutzsuchend wie ein Kind enger an mich schmiegt. Tommy nickt nur als Antwort auf meine Frage, wahrscheinlich befürchtet er, seine Stimme könnte noch immer beben. Um nun den nervösen Gefühlen entkommen zu können, löse ich mich aus der Umarmung und erhebe mich langsam. “Ich bring dir eine Decke, leg dich hin”, flüstere ich in beruhigender Tonlage zu dem zusammengesunken dasitzenden Tommy, um den ich mir wirklich langsam Sorgen machen muss. Irgendetwas Schlimmes muss ihm widerfahren sein, man heult nicht ohne Grund so herzerweichend und vor allem zeigt man keiner fast fremden Person solche intensiven Gefühle. Also ich würde vor keinen anderen Augen meine Tränen herauslassen, wenn ich denn das Bedürfnis danach hätte. Vorsichtig breite ich die Decke, die ich aus dem Schrank gesucht habe, über dem leichtbekleideten Tommy aus, der noch immer zittert, den Grund dafür kann ich nur erahnen. Sofort deckt sich der Kleine bis unter das Kinn zu, schließt seine Augen und ist noch eingeschlafen, bevor ich ihm “Gute Nacht” wünschen konnte. Ich kann es mir einfach nicht nehmen, mich zu ihm auf die Couch zu setzen und ihn anzusehen, minutenlang verharre ich so. Wie unschuldig und brav er wirkt, wenn er schläft. Immer wieder bewegen sich auch seine Lippen, dann liegt er wiederum für kurze Zeit fast bewegungslos da. In mir erwacht der Wunsch, mich zu ihm zu legen, ihn vorsichtig an mich zu drücken, während er schlummert, ihn einfach nur festzuhalten, damit er spürt, dass ich für ihn da bin, sollte er aufwachen. Doch ich wage es nicht, zu groß ist die Angst, dass meine Eltern oder mein Bruder mich so mit dem Jungen sehen könnten, was würden sie von mir denken? Ich will nicht als Schwuchtel dastehen, ich bin nicht schwul! Schließlich sind da nur solche komischen Gefühe für Tommy, andere Kerle interessieren mich nicht die Bohne. Vorsichtig beuge ich mich über den friedlich daliegenden Tommy, dessen leises Atmen ich vernehme, als mein Gesicht ganz nah an seinem ist. “Schlaf schön, süßer Tommy”, flüstere ich und überlege für den Bruchteil einer Sekunde ernsthaft, ob ich ihm einfach meine Lippen aufdrücken soll. Doch ehe es dazu kommen könnte, hat der Kleine sich schon von mir weggehdreht, sodass ich ihm nur sanft durchs Haar streicheln kann. Ich weiß, dass es besser so ist. Aber ich weiß auch, dass ich es gerne anders hätte. ***** Am Morgen erwache ich durch das laute Zwitschern der Vögel vor meinem Fenster. Mein erster Blick fällt auf den noch immer schlafenden Tommy, was mir ein mulmiges Gefühl bereitet. Wenn meine Eltern ihn sehen, was soll ich sagen? Dass er ein Kumpel von mir ist? Aber warum habe ich seinen Besuch nicht angekündigt? Warum schleicht er sich mitten in der Nacht in unser Haus? Es gibt nur eine Möglichkeit: Tommy muss von hier verschwinden. Und das schnell. “Tommy, aufwachen!”, rufe ich, als ich mich zu ihm auf die Couch gesetzt habe und an seiner Schulter rüttle. Der Kleine aber dreht sich nur mit dem Gesicht zur Wand und brummelt leise. Nun werde ich doch ein kleines bisschen wütend über den Faulpelz, der sich nicht aufwecken lässt. “Man, jetzt werd endlich munter!”, fahre ich ihn schon strenger an, meine Mühe bleibt jedoch umsonst. Entschlossen stehe ich auf, packe seine Zudecke und werfe sie auf das Fußende. “Aufstehen, du Muschi. Sonst gibt’s ne kalte Dusche”, schimpfe ich, Tommy streckt seine nackten Beine aus und zeigt mir unbewusst seine Arschbacken. Dem kurzen Schauer, der bei dem Anblick über meinen Rücken läuft, schenke ich schnell keine Beachtung mehr, denn ich habe eine andere Mission. Nicht ‘Bekomm Tommy in das Bett’ sondern ‘Bekomm Tommy aus dem Bett’! “Mpf, Denni”, brummt nun die Schlafmütze ungewillt. “Lass mich noch kurz pennen. Bin müde.” “Na gut, du hast es so gewollt”, sage ich schließlich, lasse mich neben ihn plumpsen, drehe ihn auf den Rücken und zwicke ihm, ehe er es sich versehen kann, in seine Brustwarzen. “Ahh! Man, bist du bekloppt?”, flucht Tommy nun schon viel wacher und sieht mir empört in die Augen. Auf meinem Gesicht aber breitet sich nur ein diebisches Grinsen aus. Hehe, Mission erfüllt! Sauer erhebt Tommy sich, bleibt aber sofort wie angewurzelt stehen, als er an sich herabblickt. “Jetzt glotz nicht so”, meckert er, weil ich meine Auto-Augen mal wieder nicht im Griff habe, die fast herausfallen und an Tommys Körper hinauf kriechen. Man muss schon sagen, er sieht wirklich hammerscharf aus, in seinem schwarzen, geschnürten, knappen Oberteil, welches an Reizwäsche erinnert, und dann noch sein schwarzer String-Tanga dazu. Ja, man, zwischen meinen Beinen kribbelt es. Da könnt ich gleich ne Morgenlatte bekommen bei dem Anblick. Tommy jedoch scheint nicht nach Latte zu sein, ungeduldig tritt er von einem Fuß auf den anderen und grabscht sich am Rücken rum. “Wenn du dann mit deinem Gesabber fertig sein solltest, könntest du mir dann vielleicht mal helfen? Ich krieg das Teil alleine nicht auf”, bittet er mich in keiner besonders freundlichen Tonlage, er wirkt eher ziemlich gereizt. Als er mir dann seine Rückseite präsentiert und mein eh schon notgeiler Blick erneut auf seine Arschbacken fällt, regt sich dann doch was an meinem kleinen Freund da unten, ich kann es einfach nicht verhindern. Zunächst zögere ich, doch als Tommy mich mit einem ‘Nun mach schon!’ eindringlicher auffordert, mich an seinem Oberteil zu schaffen zu machen, erhebe ich mich und öffne mit zitternden Händen die Schleife über seinem Po. Oh man, was ich jetzt denke und fühle, will ich lieber nicht beschreiben, ich kann nur sagen, dass Tommy viel zu schön ist für einen Mann. So schön, dass das Kribbeln und Ziehen zwischen meinen Beinen immer stärker wird. “Na bitte, geht doch!”, meint Tommy, lockert sich sein Oberteil und zieht sich die Sachen an Land, die ich gestern Nacht für ihn herausgesucht habe. Danach guckt er mich ungläubig an. “Kann ich wenigstens noch bei dir Duschen? Ich habe echt keinen Bock, wie ein paarungswilliger Bock zu riechen, wenn ich in der Schule sitze.” Ich ziehe die Augenbrauen zusammen und wiege den Kopf hin und her. “Das ist ungünstig”, presse ich dann hervor. “Meine Eltern könnten dich sehen. Das wäre nicht…” “Ich dachte, wir wären nun wieder Freunde”, seufzt Tommy. “Und dass es dir egal ist, was die anderen über uns denken. Wenn du mich magst, dann brauchst du mich nicht zu verstecken.” Starr blickt der Kleinere hoch in meine Augen, oh Shit, er steht so nahe vor mir, dass ich fast wieder die Beherrschung verliere. “Ich bin dir peinlich. Und du hast mich in der Nacht nur reingelassen, weil du Mitleid mit mir hattest. Nicht, weil du dich um mich sorgst. Es ist dir wirklich scheißegal, wie es mir geht. Und wenn ich wo in der Ecke liege, wen kümmerts?” Seine Anschuldigungen machen mich wütend. Sehr wütend. Wie kann ich ihm nur klarmachen, dass das alles gar nicht stimmt, ohne ihm etwas von meinen abwegigen Gefühlen zu gestehen? Schließlich kann ich nicht vor ihm auf die Knie fallen und ‘I love you always and forever’ anstimmen. Als ich mich immer noch nicht für ein Wort entschieden habe, welches ich Tommy an den Kopf werfen möchte, dreht sich der Schwarzhaarige um, packt sich seine fellbesetzte Bluse und hastet zur Tür. “Na gut, dann haben wir uns ja nichts mehr zu sagen”, meint er noch beiläufig zu mir, während er die Tür öffnet. “Eigentlich dachte ich, so zärtlich du in der Nacht zu mir warst, dass da wenigstens ein bisschen Sympathie für mich vorhanden ist. Aber das heute Morgen, das lieblose Wecken und die Hauptsache, der blöde Tommy verschwindet so schnell wieder, wie er aufgetaucht ist.” Nun reicht es mir endgültig. Tommy hat ein völlig falsches Bild von mir und meinen Gefühlen für ihn. “Du bleibst hier!”, befehle ich dem Kleineren, der gerade mein Zimmer verlassen möchte und packe ihn fest am Handgelenk, leider auch ein bisschen zu fest, da Tommy scharf die Luft einzieht. Oh Gott, denke ich nur noch, als mein Blick daraufhin auf seinen Arm fällt, oh my fucking God. Alles voller Narben und Kratzern, roter Striemen und blauer Flecken! Wenn ich das Schwein erwische, welches Tommy so verletzt hat, ich glaube, dann kann ich mich nicht mehr beherrschen. Entsetzt schaue ich in Tommys Augen, die auf einmal nicht mehr so wütend sind, nein, sie sehen eher traurig aus, so, als ob Tommy gleich wieder anfangen würde zu heulen. Schnell senkt der Kleine seinen Blick, sodass die Haare über seine braunen Edelsteine fallen und diese mir nichts mehr über sein Seelenleben verraten können. Wie angewurzelt bleibe ich stehen, ich bin fassungslos. “Was glotzt du so? Hast du keine anderen Probleme?”, faucht mich Tommy nach einer Weile an, da er nicht abhauen kann, weil ich die Tür blockiere. “Wer war das? Wer hat dir so wehgetan?” Das ist das einzige, was mich im Moment bewegt, mein einziges Problem. “Das geht dich einen Scheiß an!” Man könnte meinen, Tommy ist wütend, aber ich glaube eher, er ist zutiefst verzweifelt. “Das geht mich etwas an, schließlich…sind wir Freunde”, werfe ich dem Anderen an den Kopf, der immer wieder versucht, zu entkommen, doch ehe er sich noch an dem Holz verletzen kann, schlinge ich beherzt meine Arme um den zitternden Körper Tommys, der sich zwar noch ein paar Mal zu wehren versucht, dann aber stillhält, als er merkt, dass es keinen Sinn macht. “Tommylein, du denkst doch wohl nicht im Ernst, dass ich so was lüge”, rede ich beruhigend auf den Kleinen ein, dessen Atem ich nun auf meinem Hals spüre und es mich ganz verrückt macht. “Du bist wirklich was ganz Besonderes und… ich mag dich total gern.” Beinahe wollte ich noch ‘Viel zu gern’ hinzufügen, doch das verkneife ich mir lieber rechtzeitig. Ich gestehe ihm gerade sowieso schon unmenschliche Sachen. Welche Person hat je so eine Sympathiebekundung von mir erhalten? Keine einzige, meiner Meinung nach. Da der Kleine sich gar nicht mehr zu rühren vermag und mir es leicht unangenehm wird, seine Hände auf meiner nackten Haut zu spüre, schlage ich vor, dass sich er zunächst duschen soll. Ich drücke ihm meine Klamotten in die Hand, Tommy schaut zwar noch ein wenig unschlüssig, doch dann verlässt er mein Zimmer und mir wird mal wieder mulmig. Bestimmt sind meine Eltern schon wach, oder mein Bruder. Sie werden Tommy sehen und ich kann mir schon mal eine Ausrede einfallen lassen. Kapitel 10: Flirten total ------------------------- “Kann ich so auf die Straße gehen?” Tommy steht unsicher in der Tür und blickt mich fragend an, während ich mich noch mal kurz in mein Bett gelegt habe um nachzudenken. “Du siehst gut aus”, bestätige ich dem Kleinen, dessen plötzliche Schüchternheit fast schon beängstigend ist. Nun setze ich mich hoch und winke Tommy zu mir, dieser kommt zögerlich auf mich zu und bleibt vor meinem Bett stehen. “Komm her zu mir”, bitte ich ihn, schaue ihm mit meinem liebsten Blick in die Augen und strecke meine Hand nach ihm aus, die er sogar nach ein paar stummen Momenten ergreift. Gänsehaut, verdammte! Ignorier sie, Dennis! Das ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür. “Wer hat dir wehgetan? Hat das was mit letzter Nacht zu tun? Warum stattest du mir überhaupt einen Besuch in solchen Klamotten ab, mh?” “Ich…” Tommy stottert nur, blickt auf den Boden und schlingt die Arme um sich, bestimmt ist ihm noch immer kalt, trotz der warmen Dusche und meines kuscheligen Pullis. Da meine Gefühle schon wieder verrückt spielen, als ich seine Lippen anschaue, seine Piercings und sein Näschen, macht sich plötzlich meine Hand selbstständig, beherzt lege ich sie auf Tommys Schulter und streichle sanft mit dem Daumen darüber. Das lässt den Kleinen endlich aufblicken, mitten in meine Augen. “Ich…ich kann dir das nicht sagen…akzeptier es einfach.” Tommys Stimme hört sich so traurig an, bestimmt hat ihm jemand sehr weh getan. Sanft greife ich nach seinem Arm, der in dem viel zu weiten Pullover total dünn wirkt, ziehe den Ärmel ein Stück weit nach oben und lasse meinen Zeigefinger über die gleichmäßig angeordneten, geröteten Narben gleiten. Seine Haut ist so blass, man kann seine blauen Adern deutlich am Handgelenk sehen, wie kann man so einem süßen Wesen so weh tun? Mein süßes Porzellanpüppchen… “Wenn ich könnte, würde ich alle deine Wunden heilen”, flüstere ich, obwohl mir hinterher klar wird, dass ich zu viel von meinen Gefühlen verraten haben könnte. Aber es ist so verdammt wahr. So wahr, dass es raus muss, da ich sonst platze. “Denni…”, presst Tommy mühevoll mit seiner heiseren Stimme hervor. “Du…ich…du… Sowas hat hat noch nie jemand zu mir gesagt. Ich glaub, ich hab dich total lieb…verzeih mir…ich weiß, das willst du nicht wissen…” “Doch, ich will es wissen. Es klingt schön”, entgleitet es mir, oh man, ich muss wahnsinnig sein. Am liebsten hätte ich mich nun auf den Kleinen gestürzt und ihn ins Koma geknutscht, doch das ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür. “Ich…ich hab dich nämlich auch…lieb. Und auch wenn ich mich manchmal dir gegenüber benehme wie eine Kneifzange, dann mein ich das nicht so. Es ist nur…” Nein. Das kann ich ihm nun wirklich nicht verraten. Ich kann ihm nicht sagen, dass ich mich nur so verhalte, weil ich mich selber nicht leiden kann wegen meinen komischen Gefühlen, die nicht sein sollen. Ich darf meinen Selbsthass nicht mehr an Tommy auslassen, es bricht ihm sein kleines Herz. Wo er mich doch…mag. “Nimm mich in den Arm”, verlangt Tommy plötzlich und sieht mich mit seinen rehbraunen Augen an. “Wie kann ich dir nur helfen, Kleiner?”, nuschle ich, als ich Tommys schöne, wohlige Körperwärme an mir spüre, dazu duftet sein Haar wieder so himmlisch wie heute Nacht. “Sei einfach nur für mich da, wenn ich dich brauche”, flüstert Tommy in mein Ohr, was das Kribbeln in mir wieder so stark macht, dass ich glaube, daran sterben zu müssen, wenn es nicht bald aufhört. Ich habe so was noch nie erlebt und werde so was wahrscheinlich auch nie wieder erleben. So ein Verhalten ist untypisch für mich, ich war noch nie gut darin, Gefühle zu zeigen, geschweige denn, sie so auszuleben. Aber ich habe mein Tommylein eben sehr lieb, daran ändert auch die Tatsache nichts, dass ich mich gerade aufführe wie ein Mädchen. Bei Tommy kann man nur zum Mädchen werden, man muss dieses kleine Emo-Wesen ganz einfach gern haben. Weil es doch so süß ist… ***** “Lass uns erstmal was zum Essen holen, bestimmt hast du einen Bärenhunger”, meine ich zu Tommy in der Schule, als wir in die Mensa gehen, um unser versäumtes Frühstück nachzuholen. “Ich habe keinen Appetit”, schüttelt Tommy den Kopf und zieht einen Schmollmund. “Doch, du isst was. Es ist nicht gut, ohne Frühstück aus dem Haus zu gehen”, belehre ich den Kleinen, dann bin ich an der Reihe und ordere für uns beide jeweils ein belegtes Baguette. “Ich mag keine Wurst. Und keinen Käse”, nörgelt Tommy, insgeheim muss ich nun doch über sein Verhalten lächeln, da er sich benimmt wie ein kleines Kind, was aber total süß ist und zu ihm passt. “Hier”, sage ich und drücke dem kleinen Mäkler das Brot in die Hand, welches er widerwillig annimmt und davon nur einen winzigen Bissen nimmt. Sanft schiebe ich ihn an einen der noch freien Tische und bitte ihn, sich neben mich zu setzen. “Schmeckts dir?”, will ich wissen und hätte am liebsten nach seiner unbeweglich auf dem Tisch ruhenden Hand gegriffen und sie ganz fest gehalten. Doch ich kann gerade noch widerstehen. “Nö”, meckert Tommy und schmollt schon wieder so süß. “Ich hätte lieber einen Kuss. Von dir.” “Tommy…”, stottere ich überrascht, oh mein Gott, ich kann ihm unmöglich seinen Wunsch erfüllen, nicht jetzt und nicht hier. Wenn er zu Hause damit angefangen hätte, hätten wir darüber reden können… “Das geht jetzt wirklich nicht. Hier sind zu viele…” “Niemand würde es sehen, wenn du mir einen winzigen, klitzekleinen Kuss gibst. Einen Trösterkuss”, bettelt Tommy, was es mir nur noch viel schwerer macht, bei meiner Entscheidung zu bleiben. Wie gerne würde ich in Wahrheit sein Gesicht in meine Hände nehmen und von seinen süßen Lippen kosten. Wie schön es sich wohl anfühlen mag, wenn seine Piercings gegen meinen Mund drücken? “Tut mir leid, Mäuschen”, entschuldige ich mich, die Bezeichnung ‘Mäuschen’ ist mir nur wegen meines Bedauerns herausgerutscht. Wie kann ich nur, irgendwann gestehe ich ihm es wirklich noch, dass er das Mäuschen meines Herzens ist. Als Entschuldigung nehme ich nun doch seine Finger und streiche sanft mit dem Daumen darüber. Wie sehr ich mich bereits innerhalb dieser wenigen Tage in ihn verliebt habe, es ist fast schon beängstigend. Wie sehr Tommy mich und mein Verhalten verändert hat, ich habe noch nie für ein Mädchen einen solchen Kosenamen benutzt. Höchstens mal ‘Süße’ oder so, nichts weltbewegendes. Und so zärtlich war ich auch noch nie, zu niemanden. Doch Tommy hat es sich verdient, dass ich Dinge tue, die von Herzen kommen… ***** Zum Glück blieb unser Händchenhalten unbeobachtet, ich wäre sonst völlig aufgeschmissen gewesen. So sehr ich Tommy auch mag, ich will niemals als Schwuchtel gelten. Es wäre absolut schrecklich. In der Mittagspause habe ich es geschafft, meine nervigen Kumpels loszubekommen, sie haben es mir echt geglaubt, dass ich noch was mit Herrn Becker wegen meinen Noten klären will. Also kann ich getrost zu Tommy gehen, der wie verabredet in seinem Klassenzimmer wartet. Als ich mich neben ihn setze und ihn kurz anlächle, höre ich die Mädchen um uns herum kichern. Oje, merkt man denn schon so sehr, was ich für Tommy empfinde? Ist es so offensichtlich? Ich hoffe nicht, denn ich will trotzdem noch mit einigen Mädels ins Bett. Denn meine Gefühle für Tommy und meine Lust auf Sex mit weiblichen Partnern sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Sex mit Tommy, das ginge gar nicht. Auch wenn ich ihn heute morgen doch sehr sexy fand in seiner Reizwäsche… mh, da könnte man schon schwach werden und sich auf ein kleines Abenteuer einlassen… “Wir lassen euch dann mal allein, ihr Turteltäubchen”, grinst die blonde Cecilia, auf die ich es auch schon das ein oder andere Mal abgesehen hatte, doch leider wollte sie nie so richtig anbeißen. Nun habe ich auch andere Probleme, denn bei dem Wort ‘Turteltäubchen’ wird mein Kopf höllisch heiß und garantiert rot wie eine reife Strauchtomate. Kurze Zeit später sind nur noch wir beide im Klassenraum übrig geblieben. Oje, ob Tommy sich nun seinen Kuss einfordern wird? Ich kann ihn nicht küssen, ich bin doch nicht lebensmüde! Ich bekomme schließlich schon einen halben Herzkasper, wenn der Kleine sich in meine Arme kuschelt oder mir in die Augen sieht. Nein, einen Kuss würde ich nicht überstehen. Ausgeschlossen. “Danke übrigens, dass ich mir deinen Schreibblock und einen Kuli ausleihen durfte, ich wäre sonst echt aufgeschmissen, so ganz ohne Arbeitsmaterial. Eh schon scheiße, dass ich meine Bücher nicht dabeihabe”, erzählt mir Tommy und rückt mir ziemlich auf die Pelle, während seine Augen die meinen fixieren. “K-kein Ding”, stottere ich, ich spüre, wie die Kribbelgefühle mein Sprachzentrum angreifen. Und nicht nur das, mein Denkvermögen scheint sich auch mal wieder verkrochen zu haben. Shit. “Ähm…Denni…was machst’n heute Nachmittag?”, fragt Tommy plötzlich, oje, seine Stimme klingt so rau, auf was will er hinaus? “Du sagstest ja, dass du mich noch besser kennen lernen möchtest…mh, ich wüsste da schon eine Möglichkeit, wie du etwas über meine Vorlieben erfahren könntest…” Goooott! Tommy hat wieder schlimme Gedanken, also scheint es ihm jetzt glücklicherweise besser zu gehen. Dafür geht es mir schlechter und schlechter…ob er das absichtlich provoziert? “Wir könnten uns ne DVD anschauen und naja…meine Hand würde sich dann ihren Weg in deine Hose bahnen…würde dir das gefallen?” “Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist”, gebe ich ganz sachlich zu, obwohl ich schon irgendwie ganz gerne…nein, lassen wir das. “Außerdem bin ich heute Nachmittag schon beschäftigt. Ich muss Mathe lernen, sonst bleib ich sitzen.” “Ich könnte doch mit dir lernen”, grinst Tommy verführerisch. “In Mathe bin ich ganz gut, und rechnen ist bestimmt nicht meine einzige Fähigkeit…” Frech legt Tommy seine Hand auf die Innenseite meines linken Oberschenkels und begrabscht mich, abgeschirmt durch die Schulbank. Tausendmal lieber wäre es mir gewesen, wenn er mich nur hätte küssen wollen, aber das hier…das raubt mir völlig den Verstand. Ich wünschte, er würde noch höher gehen, viel höher, hach, Tommy, du weißt doch, wo ich dich spüren möchte… “Mh, das ist ja echt süß, wie schön du heute mitspielst”, freut sich der Schwarzhaarige diebisch und lässt von mir ab. “Beinahe hätte ich geglaubt, du willst wirklich, dass ich dich zwischen den Beinen anfasse. Echt authentisch, du könntest in ‘nem Porno mitspielen, mein Lieber.” Seine Worte stimmen mich nun doch ein wenig mürrisch, schließlich habe ich hier nichts gespielt, das war alles echt. Der rafft es einfach nicht. Na gut, du hast es so gewollt, ich drehe den Spieß rum. Mal sehen, wie du reagieren wirst, Freundchen. “Ach, du willst wohl nen Porno mit mir drehen, was?”, schlage ich zurück und gucke dem Kleinen frech in sein laszives Grinsen, was mir das Spiel nicht gerade erleichtert. “Klar, Schätzchen”, macht mich Tommy an und ich glaube, lange dauert es nicht mehr, bis wir übereinander herfallen und endlich das nehmen, was wir wollen. “Ich kann es kaum erwarten, dich zu spüren.” Als Tommy sich nun auch noch über die Lippen leckt, hätte ich am liebsten verlangend aufgekeucht. “Du Bitch!”, entgleitet es mir. “Setz dich schon auf meinen Schoß, ich seh doch, wie rollig du bist.” “Du bist keinen Scheiß besser!”, faucht Tommy und möchte gerade auf mir Platz nehmen, als die Tür aufgerissen wird. “Was spielt ihr denn schönes, kann man mitmachen?”, fragt Cecilia und grinst. Scheiße. Die Mädels haben uns garantiert gesehen, vielleicht sogar gehört. Wieder wird mein Kopf feuerrot, verlegen blicke ich nach unten und klemme meine Hände zwischen den Beinen fest. Im Nachhinein wird mir erst klar, wie sehr ich es gerade mit Tommy übertrieben habe. “Nein, das ist kein Gesellschaftspiel”, antwortet Tommy schon frech, was mir irgendwie ganz recht ist, denn so brauche ich nichts zu sagen. “Oder stehst du auf Gang Bang, Denni?” “Sei ruhig!”, zische ich dem Schwarzhaarigen zu, der den Arm um meine Schultern gelegt hat, sodass mir schon wieder ganz komisch wird. “Musst das ja nicht auch noch breittreten. Eh schon schlimm genug, dass ich mich zu so was hinreißen lasse.” Sauer auf mich selbst flüchte ich aus dem Klassenraum, doch ich habe nicht mit Tommy gerechnet, der mir nachläuft. “Sorry”, entschuldigt er sich und klingt gar nicht mehr so pervers und notgeil, sondern anständig und gesittet. Ich weiß ja, dass Tommy auch anders kann als ständig rumschwuchteln. “Ich weiß ja, dein Image… und dass es nichts damit zu tun hat, dass du mich nicht magst…das glaube ich dir jetzt sogar…denn du hast es deutlich bewiesen.” “Nichts hab ich bewiesen!”, schmolle ich. Kein weiterer Kommentar. “Warum bist du denn jetzt schon wieder so stur? Es ist doch viel schöner, wenn wir so bisschen…naja…ein bisschen rummachen. Oder ist es dir peinlich, dass es dir so gefällt?” “Mir ist nichts peinlich, ich will nicht mir dir rummachen und ich find das auch nicht toll. Ich lass mir das nur bieten, weil…weil du es bist.” “Ja, klar”, lacht Tommy auf und wenn ich ihn nicht so gerne mögen würde, hätte ich ihm bestimmt mal wieder eine gepfeffert. “Kann es vielleicht sein, dass du doch ein bisschen bi bist? Wär ja auch gar nicht schlimm, ich meine…” “Tommy, ich explodiere gleich, wenn du noch weiter so einen Stuss laberst!”, meckere ich, was der Andere aber erneut nur witzig findest. “Du bist echt zum Anbeißen süß!”, lächelt der kleine Emo, zieht meinen Kopf ein Stück weit hinunter und knutscht mich auf die Wange. Na holla, jetzt fällt mir partout nichts mehr ein. Ganz starr blicke ich dem Kleineren in die Augen, bestimmt kommt gleich wieder ein dummer Spruch. “Ach so bringt man einen Denni zum Schweigen, na da weiß ich ja, was dich besänftigen kann, wenn du giftig bist. Dacht ichs mir doch.” Tommy wirft mir noch ein Luftküsschen zu und verschwindet dann schnell im Klassenraum. Ich jedoch stehe noch immer reglos da und fasse an die leicht feuchte Stelle an meiner Wange, die sich eingeprägt haben muss, wie sich der Kuss angefühlt hat. Mh, ich habe Tommys Piercings gespürt, ganz deutlich! Uh, ich glaube, ich werde mich nun nie wieder waschen, damit der Schmatzer für immer an mir kleben bleibt. Egal, ob mein Gesicht dann schwarz wie Kohle wird vor Dreck. Es gäbe aber auch noch eine andere Möglichkeit, die eigentlich viel besser ist: Einfach wieder ein neues Küsschen holen…hehe. Kapitel 11: Scary Movie ----------------------- Nach der Schule hefte ich mich sofort an Tommys Fersen, tausche meine Telefonnummer gegen seine und frage ihn, ob er morgen Lust hat, mit mir und meinen Kumpels wegzugehen. “Denkst wohl, da sage ich nein, was?”, grinst Tommy und seine geilen Piercings glänzen in der Sonne. Irgendwie taucht genau in diesem Moment die Frage in meinem Kopf auf, ob der Kerl wohl auch noch andere Stellen gepierct hat außer der Lippe. Das müsste man schon mal in Erfahrung bringen… “Also gut, dann hol ich dich ab”, schlägt Tommy vor und patscht mir auf die Schulter, zum Glück verwendet er diesmal eine kumpelhafte Geste, alles andere würde mich sicher ins Jenseits befördern. “Ich weiß ja, wo du wohnst.” “Oh, ist das eine Drohung?”, will ich gespielt erschrocken wissen. “Ich frag mich nur immernoch, wer dir meine Adresse verraten hat.” Geheimnisvoll winkt Tommy mich näher zu sich heran, was mir wieder ein mulmiges Gefühl beschert und nähert sich dann meinem Ohr. “Ich weiß alles über dich, Schätzchen”, flüstert der Emo, man kann sein Grinsen seiner Stimme deutlich anhören. “Ich weiß auch, dass du mich toll findest und dass du gerne dein Bett mit mir teilen würdest. Mh, du magst mich…” “Verdammt ja, ich mag dich. Aber das hab ich dir doch schon hundertmal gesagt”, brülle ich genervt, weil seine Nähe mich ganz kirre macht. “Schrei doch nicht so”, lacht Tommy und sieht sich um. “Jetzt hast du denn Salat. Die ganze Schule weiß jetzt, dass du…” “…dass ich dich am liebsten besinnungslos ficken würde. Mein lieber Herr Gesangsverein! Du machst mich noch ganz verrückt. Zum Schluss glaub ich das selber noch”, rege ich mich auf und schnappe mir die Krawatte des Schwarzhaarigen, ziehe ihn somit näher zu mir und blicke ihm in die Augen, die komischen Kribbelgefühle selbstverständlich ausgeschalten, wenn das denn möglich wäre. “Tommy Tease, jetzt hör mir mal zu”, zische ich, der Kleine lacht sich bald tot wegen meinem Auftritt, aber das ist mir egal. “Ich bin ganz Ohr, Schatz”, lächelt Tommy zuckersüß und bringt mich nun doch wieder fast um den Verstand. “Hast du von deiner Mama Fickverbot bekommen, oder bist du immer so notgeil?”, frage ich ihn, natürlich mache ich nur einen Scherz mit ihm, ich glaube, Tommy weiß das auch. Er weiß, dass ich flirte. Na mein Gott, dann ist das halt so. “Ich bin immer so”, antwortet mir der Kleine. “Aber du bist ja auch nicht besser. Das im Klassenraum, das war jedenfalls ne ziemlich heiße Nummer…ich muss schon sagen… hätt ich ja glatt Geld verlangen können, so viel Spaß, wie du hattest.” “Du kleine, männliche Bitch!”, betitle ich den Kleinen, der sich vor lachen nun kaum noch einkriegt. “Du gehst jetzt heim und wehe, ich bekomme von dir einen Porno-Anruf.” “Mh, stimmt, wir können ja jetzt Telefonsex haben. Du hast vielleicht gute Ideen, Denni, ich muss schon sagen.” “Tja, so bin ich halt”, gebe ich stolz zu. “Aber wenn du am Hörer bist und rumstöhnst, gebe ich Mama mein Handy, da kannst du der was vorwichsen. Da wird sie sich aber freuen.” “Bloß nicht!”, jammert Tommy, henkelt sich bei mir ein und verlässt an meiner Seite das Schulgelände. Er ist so süß, denke ich immer wieder mit entzücken, auch wenn ich mir das eigentlich gar nicht erlauben dürfte. Aber die Gefühle sind nun mal da und da ich gemerkt habe, dass ich mich nicht gegen sie wehren kann, gibt es nur noch eins, was ich will: Sie ausleben. Auch wenn ich wahrscheinlich immer Komplexe haben werde dabei, denn ich und ein Kerl? Forever strange. ***** Als ich nach Hause komme, kaum meine Tasche auf die Erde geschmissen und noch die Schuhe an den Füßen habe, tritt mein Brüderchen auf die Bildfläche. “Sag mal, das sind doch nich deine Klamotten, oder hab ich was verpasst?”, will er ganz erstaunt von mir wissen, während er mir Tommys Dessous unter die Nase hält. Shite! Was liegt das Zeug hier rum, verdammt! Wollte der Emo mir das schenken, oder warum hat er seinen Fummel nicht mitgenommen? Soll ich die jetzt tragen? Kann er sich abschminken. Hilfe, ich biete eine Million Euro gegen eine gute Ausrede für meinen Bruder! Verdammt, warum will niemand die Kohle?! “Und dann huschte heute morgen auch so eine schwarze Gestalt ins Bad, sag bloß, du hattest schon wieder ne heiße Nacht?”, löchert mich Flo weiter, kann er nich einfach damit aufhören und alles als gegeben hinnehmen? “Du alter Aufreißer, also echt mal.” “Ich hatte keine heiße Nacht!”, rege ich mich auf und stampfe mit dem Fuß wie ein bockiges Kleinkind auf den Boden. Wie kann man mir nur unterstellen, ich hätte mit Tommy…gepoppt? Geschlafen? Gevögelt? Wie auch immer, ‘heiße Nacht’ und ‘Tommy’ passen schon recht gut zusammen… “Und wer war das dann, der unser Bad einfach benutzt hat? Hast du dir eine Bill-Kaulitz-Perücke gekauft? Okay, dann warst du das…” “Verdammte scheiße, das war Tommy. So. Zufrieden?” Brüderchen hat es mal wieder geschafft, Informationen mittels seines Verhörs aus mir rauszuquetschen. Aber ich werde auf keinen Fall zugeben, dass ich was von dem kleinen Emo will. Da kann Flo Kopfstand machen. “Tommy…ah…ähm…ist das männlich oder weiblich?” Neugierig und mit schiefen Kopf guckt mein Bruder zu mir auf, meine Mundwinkel zucken nervös und meine Birne glüht wie ein brennendes Brikettstück. “Also den Klamotten nach zu urteilen… ist Tommy entweder weiblich oder ne Transe.” “Er ist keine Transe!”, meckere ich und merke erst nachdem ich diese Worte ausgesprochen habe, dass ich Tommys Geschlecht verraten habe. Boden, öffne dich. “Ach, ER!”, grinst Flo frech. “Und ER trägt solche Klamotten? Stehte wohl drauf, Bruder?” “Hast ja keine Ahnung”, nuschle ich nun recht unterwürfig in meinen nicht vorhandenen Bart. “Tommy gings nicht gut, deswegen ist er hierher gekommen.” “Dem gings bestimmt nicht gut, weil er Es unbedingt brauchte, wenn man sich so die Klamotten ansieht…und? Hast du es ihm gegeben?” “Ich sagte doch bereits, ich hatte KEINE heiße Nacht!” Mehr als aufregen kann ich mich nicht mehr, die Beharrlichkeit Flos macht mich auch ganz kirre. Der ist ja schlimmer als Tommy mit seinen Provokationen, weil er weiß, wo meine wunden Punkte liegen. Dort nämlich, wo ich etwas zu verheimlichen versuche. “Ach, jetzt weiß ich, Tommy ist ein Stricher!”, freut sich mein sauberer Bruder. “Und du hast ihn am Wegesrand aufgegabelt. Hat dir wohl gefallen das Schneckchen, so gut, dass du gleich bi geworden bist.” “Zum letzten Mal: Tommy ist nicht mein Schneckchen, ich bin nicht bi geworden und er ist KEIN Stricher. Okay? Und jetzt gib mir seine Klamotten!” Wütend entreiße ich meinem Bruder Tommys heißen Fummel, knalle meine Zimmertür zu und muss mich auf den Schreck erstmal setzen. Nachdenklich wühlen meine Hände in dem mit einer Schnürung versehenen Oberteil. Ich hab meinen Bruder grad voll angelogen. In Wahrheit ist Tommy mein Schneckchen, ich bin wahrscheinlich doch ein bisschen bi…aber Tommy, ein Stricher? Mein Tommy? Niemals. Plötzlich fällt mir sein Tanga zu Boden, den ich schnell wieder aufhebe und betrachte. Doch welcher Kerl, der kein Stricher ist, würde in solchen Klamotten freiwillig rumlaufen? Okay, bei Tommy könnt ich mir schon vorstellen, dass er darauf steht, aber warum kreuzt er dann so bei mir auf, halbnackt? Vielleicht, weil ihm einer seiner Freier wehgetan hat? Weil der schuld an seinen geschundenen Armen ist? Und ihn einfach rausgeworfen hat, nachdem Tommy zu weinen angefangen hat, nur in Unterwäsche? Ach du scheiße. In meinem Kopf beginnen alle Alarmglocken zu schrillen. Das passt alles so gut zusammen, das es anders gar nicht sein kann. Tommy. Wie kannst du nur? Wie kannst du nur auf den Strich gehen, Süßer? Ich will doch irgendwann mal dein Einziger sein. Der Einzige, der deinen Schniedelputz anfassen darf, der Einzige, mit dem du körperliche Liebe machst. Am besten, ich rufe den Kleinen erstmal an, damit er sich seine Sachen abholen kommt und vielleicht schaffe ich es dabei, etwas herauszufinden. Tommy, du darfst nichts strichern. Höchstens auf meinem Privatstrich. ***** “Tommy, du hast deinen Fummel bei mir liegenlassen. Willst du ihn abholen?” “Mh, ich bin gleich da.” Eigentlich hätte ich nun einen frechen Spruch erwartet, doch der Emo räuspert sich nur verlegen am Hörer und von Telefonsex ist auch keine Spur. Ob es ihm schon wieder nicht gut geht wegen seinem ‘Job’? Gar nicht lange nach unserem Telefonat klingelt es auch schon an der Haustür. Doch welch Schreck widerfährt mir, als ich aus meinem Zimmer spurte und sehe, wie mein Bruder dem Gast bereits geöffnet hat und ihn hereinbittet. “Da bist du ja, Denni, hey, du guckst, als ob du in eine Zitrone gebissen hättest”, begrüßt mich Tommy recht distanziert, während Flo mir nur einen vielsagenden Blick zuwirft. Vielsagend blicke ich zurück und stecke ihm gedanklich die Zunge raus. Er soll sich aus meinen Angelegenheiten raushalten, verdammich! Immer noch darüber nachdenkend, was ich meinem Bruder nach Tommys Besuch antun könnte, drücke ich Letzerem, ohne ihn auch nur kurz anzuschauen, seine Klamotten in die Hand. “Ich geh dann wieder…”, kündigt Tommy an und als ich merke, dass er enttäuscht klingt, schenke ich ihm wieder mehr Beachtung. Mein Bruder ist glücklicherweise im Wohnzimmer verschwunden, deshalb kann ich vielleicht mal mit ihm reden wegen meiner Vermutung. “Du brauchst noch nicht gehen, lass es uns in meinem Zimmer gemütlich machen”, bitte ich den Kleinen, der bei meinem Vorschlag sogar wieder lächeln kann, sodass es mir ganz froh im Herzen wird. “Kuscheln!”, freut sich der Emo und klammert sich verspielt an meinem Arm fest, was mich entzückt mit dem Kopf schütteln lässt. Wie gerne hätte ich ihm einmal gesagt, wie süß ich ihn finde und wie gerne ich ihn mag. Und dass ich sogar dazu bereit wäre, mehr als Freundschaft zwischen uns zuzulassen. Wenn Tommy mein Boyfriend werden würde, würde ich aufpassen, dass er nicht mehr mit anderen Männern schläft. Sondern nur noch mit mir. “Setz dich ruhig auf mein Bett”, fordere ich dem Schwarzhaarigen auf, der sich zugleich auf die Matratze plumpsen lässt und sich an der Wand anlehnt. Meine Blicke gleiten derweil durch mein Zimmer, in der Hoffnung, eine passende Beschäftigung für uns beide zu finden. Weil wenn ich Tommy nicht von mir ablenke, fängt er noch an zu fummeln, was ich jetzt zwar nicht so schrecklich finden würde, nein, insgeheim würde ich es sogar willkommen heißen, aber irgendwie will ich noch nicht mit Tommy rummachen, geschweige denn mit ihm schlafen. Schließlich haben wir uns noch nicht mal geküsst, wenn man mal von dem Wangenkuss absieht, der aber nicht als erotischer Kuss zählt. “Komm jetzt her, Denni, ich hab dein Bett schon mal vorgewärmt und warte auf dich”, flötet Tommy zuckersüß, meine Birne wird heiß und zum Glück rettet mich mein Fernseher und das DVD-Regal vor dem sicheren Tod. “M-magst du eine D-DVD mit mir gucken?”, frage ich den Kleinen, der bestimmt schon auf den Moment wartet, in dem er über mich herfallen kann. “Klar, warum nicht”, nickt mir Tommy zu, als ich ihm einen prüfenden Blick zuwerfe. Ja, ich finde, er steht meinem Zimmer. Passt gut zur Einrichtung. “Gut, was willst du sehen? ‘Transformers‘, ‘The fast and the furious‘…” “Nen Gay-Film. Sowas wie ‘Brokeback Mountain’.” Wah, nen Gay-Film? Pfui! “Ist nicht im Angebot”, stelle ich gleich klar, wende mich Tommy zu und betrachte sein süßes Schmollen. “Dann drehen wir unseren eigenen Gay-Film”, schlägt der Kleine plötzlich hocherfreut vor, was mich zusammenzucken lässt. “Na dann lass uns lieber ‘Scary Movie’ gucken”, sage ich, werfe mit zitternden Händen den Player an und lege die Scheine ein. “Dein Po ist sexy, Denni. Darf ich mal anfassen?”, tönt es von Richtung Bett, als ich mich bücke, um die mir aus der Hand gefallene DVD-Hülle aufzuheben. “Nein, darfst du nicht. Nur gucken, nicht anfassen. Klar?” “Das werden wir ja noch sehen.” Ehe ich noch irgendwas sagen kann, steht der Emo hinter mir, drückt meinen Körper an sich und springt mir fast auf den Rücken drauf. “Willst du mich etwa im Stehen begatten?”, äußere ich erschrocken, ich glaub, wir gucken nicht nur ‘Scary Movie’, nein, wir sind mitten drin! “Von mir aus”, haucht mir Tommy ins Ohr und schlingt die Arme um meine Hüften, was mir Schweißtröpfchen von der Stirn perlen lässt. Gott, ob der das jetzt wahr macht? Und aus Spiel Ernst wird? Lieber nicht darüber nachdenken, Dennis, lieber nicht… Schließlich habe ich es doch geschafft, Tommy dazu zu bringen, von mir abzulassen und im Bett auf den Film zu warten, während ich noch ein paar Knabbereien aus der Küche hole. Natürlich begegne ich dort wieder ausgerechnet meinem Bruder. Auf Ignoranz geschalten fülle ich eine Schale voll mir Chips und Salzstangen und schenke in zwei Gläser etwas Orangensaft. Leider war kein Likör mehr da… “Schon ein Süßer, dein Tommy”, belästigt mich Flo mal wieder. “Das ist der, mit dem du dich gestritten hast und bei dem du nicht weißt, ob du auf ihn abfährst, stimmts?” Kein Kommentar, gleich dreh ich ihm den Hals um. Genauso ein Quälgeist wie Tommy. “Er würde besser zu dir passen, glaub mir, Brüderchen”, seufze ich und verdrehe die Augen. “Genauso penetrant.” “Ach, Quatsch!”, winkt Flo nur ab und klopft mir auf die Schulter. “Du willst doch heiße Küsse von ihm. Mh, ich sehe, du wirst rot!” “Du bist blöde, man!”, schimpfe ich, schnappe mir die Schüssel, nur leider kann ich die Gläser nicht mehr halten und gleichzeitig die Tür aufmachen. “Hilf mir lieber mal!” “Ey, das geht auch freundlicher!”, schüttelt Flo den Kopf, nimmt mir dann aber doch was ab, für das ich mich grummelig bedanke. “Na du heißes Pornomäuschen?”, betitelt mich Tommy, als ich mein Zimmer mit meinem Bruder im Schlepptau betrete. “Grins nicht so dreckig, Flo, und du, Tommy, halts Maul!”, stelle ich zunächst klar, stelle die Schüssel auf den Tisch und gucke in die Runde. “Die ist nur da, in Falle ich Kotzen muss wegen dir.” Flo gluckst trotz meines Lachverbotes herum, sodass ich ihn am Arm packe und vor die Tür beordere. “Ich wünsch euch nen heißen Abend”, grinst er frech, dann schlage ich ihm das Brett vor der Nase zu. Der Film läuft. Stumm sitzen wir beide nebeneinander, Tommy mampft geräuschvoll Chips. Uh, nun weiß ich endlich, wie ich ihn ruhig stellen kann. Mit Essen… “Dein Bruder ist schon süß”, meint der Kleine neben mir plötzlich und sieht mich an. Sein ernstes Gesicht verwandelt sich in ein Grinsen. “Aber er ist zu jung für Sex. Was man von dir nicht behaupten kann.” Oh nein, Tommy kommt näher, legt den Arm auf meine Schulter und küsst mich zärtlich auf die Wange. Oh mein Gott. Ich schmelze… “Jetzt glotz doch nicht ständig auf den Film, ich bin viel interessanter!”, schnurrt Tommy mir ins Ohr, legt seine Hand auf meine Wange und dreht mein Gesicht in seine Richtung. “Sag mir, dass du mich lieb hast, Denni”, fordert der Kleine und ist mir so nahe, dass ich glaube, nun sterben zu müssen. “Ha-hab dich lieb…”, presse ich mühselig und am Rande eines Nervenzusammenbruchs hervor. “Mh, ich dich auch”, sagt Tommy, und sein Grinsen wird zu einem Lächeln. “Und deshalb will ich dir zeigen, wie schön es ist, wenn man sich so sehr mag wie wir beide es tun.” Mein Sprachzentrum ist mal wieder abgeschalten, als Tommy meine Beine auseinander schiebt, um sich dann zwischen sie zu setzen und sich mit dem Rücken an meine Brust zu lehnen. Wie ein Kätzchen reibt er zunächst seinen Kopf an meinem Hals, legt sich danach meine Hände auf seinen Bauch und lässt meine Griffel gar nicht mehr los, nein, er beginnt sie sogar sanft zu streicheln. Oh, Tommy, ich liebe dich, rast es durch meinen Kopf. Du bist kein Stricher, du schläfst gar nicht mit anderen Männern. Du willst doch nur meine Nähe spüren, so verschmust, wie du bei mir bist. Glücklich lege ich meinen Kopf auf Tommys Schulter und lasse zu, dass der Kleine seine Finger mit meinen verschlingt. “So könnte ich für immer sitzen bleiben”, gesteht er mir daraufhin und ich nicke nur selig vor mich hin lächelnd. “Ja, ich auch.” Kapitel 12: Mörderin -------------------- Plötzlich wird die Tür aufgerissen und ich glaube, einen Herzinfarkt erleiden zu müssen. Meine Mutter postiert sich vor mir, wutentbrannt, dass ich hier so mit Tommy sitze und wir wie ein Liebespaar kuscheln, scheint sie nicht im Geringsten zu interessieren. “Das Bad sieht aus wie Sau!”, meckert Mama, grummelnd löse ich mich von dem kleinen Emo, der gezwungenermaßen aufstehen muss, ich schiebe meinen Popo ebenfalls vom Bett. “Mama…”, schmolle ich, doch die Angesprochene lässt sich nicht erweichen, so sehr ich sie auch auf meinen Besuch hinweise und dass ich das Bad nicht eingesaut habe. “Du machst sauber, keine Widerrede!” “Aber ich war das nicht…” “Ich war das…”, piepst es plötzlich neben mir. Tommy? “Ich hab alles liederlich gemacht, weil ich nach einem Handtuch gesucht habe. Sorry…” Mit einem Mal ist Mama ruhig und guckt erst Tommy, danach mich an. “Was hat dieses…schwarze Etwas, welchem Geschlecht es auch immer angehört, in unserem Bad zu suchen?” “Das ist kein schwarzes Etwas, das ist Tommy!”, verteidige ich meinen Kleinen, der etwas hilflos neben mir wirkt, obwohl er sonst stets ein Riesenego hat. “Tommy ist mein Kumpel und ich habe ihm erlaubt, bei uns zu duschen. Ich dachte, das geht klar…” “Naja”, sagt Mama und wiegt den Kopf. “Trotzdem bist du für deine Gäste verantwortlich. Das geht nicht, dass das alte Ferkel alles vollsaut.” “Ferkelchen…”, kichert Tommy neben mir und grunzt daraufhin wie ein Schweinchen. Schließlich einigen wir uns darauf, dass ich das Bad später saubermache und aufräume, wenn Tommy nach Hause gegangen ist. “Gut, und jetzt werde ich deinem Vater eröffnen, dass er neuerdings einen schwulen Sohn hat”, grinst Mama, als sie am Verlassen meines Zimmers ist. Mein Kopf glüht feuerrot, verdammt, mein Vater hat keinen schwulen Sohn. Nur einen, der eine Schwäche für den süßesten Jungen auf der ganzen Welt hat. Ehe ich mich großartig aufregen kann, schließt sich die Tür und Tommy und ich sind glücklicherweise wieder allein. “So, Ferkelchen”, sage ich zu Tommy gewandt. “Was für Schweinereien stellen wir beide jetzt an?” Tommys Grinsen sagt mehr als tausend Worte, ich weiß hundertprozentig, dass er gerade an die selbe Sache denkt wie ich. Wenig später finden wir uns auch schon auf meinem Bett wieder, unsere Blicke fixieren die des jeweils anderen, während Tommys Hand an meinem Arm hinaufkrabbelt, bis sie auf meinem Hals liegen bleibt und mich dort sanft streichelt. Uh, schöne Gefühle, ganz schöne, geile, kribbelige, ich liebe Tommys Hände! Ob ich ihn jetzt, genau in diesem Moment, fragen sollte, ob er mich die Wette gewinnen lassen und mit mir schlafen will? Nein, entscheide ich mich mal wieder, erstensmal würde ich die Zähne sowieso nicht auseinander bekommen und zweitensmal würde ich riskieren, dass Tommy mich dafür abgrundtief hasst. “Bist du nun böse auf mich, weil du nachher noch das Bad aufräumen musst, das ich so eingesaut habe?”, will der Kleine nach einigen innigen Blicken und schönen Streicheleinheiten von mir wissen und guckt mich reuevoll an. “Quatsch”, schüttle ich den Kopf. “Dir kann man doch gar nicht böse sein.” “Du bist süß, Denni. Andere Personen hätten mich bestimmt deswegen…oh fuck.” Tommy lässt von mir ab, kramt hektisch sein Handy aus der Hosentasche und schaut mit großen Augen darauf. “Ich bin doch noch verabredet…”, informiert er mich, während er zur Tür hastet, im Eifer des Gefechts sich aber den Zeh an meiner Schrankwand anhaut. Hä, was ist denn jetzt los, schießt es mir durch den Kopf, als der Kleine auf die Knie sinkt und so merkwürdig zuckt, am ganzen Körper. “Mäuschen, was ist denn los?”, frage ich mitfühlend, als ich mich ihm genähert habe und mich zu ihm herunterbeuge. Tommy schluchzt in seine Handflächen. “Hey…”, nuschle ich und streichle ihm vorsichtig durchs Haar. “Hast du dir so doll wehgetan? Zieh mal die Socke aus, ich guck mir das an.” “Da ist nichts”, stammelt Tommy mit zitternder Stimme und erhebt sich schniefend, wahrscheinlich will er sich seinen Heulkrampf nun verdrücken. “Es ist alles okay. Ich muss dann los.” Der Emo hat mal wieder meinen Beschützerinstinkt mit seiner Art geweckt, deswegen bitte ich ihn, mich noch mal zu umarmen und mir zu erzählen, was ihn wirklich bedrückt. Doch der Kleine schmiegt sein Gesicht an meine Brust und antwortet mir nicht mehr. Bestimmt muss er wieder strichern. Bestimmt hat er furchtbare Angst vor den Männern, die ihm wehtun und ihn sogar misshandeln. Ich will nicht, dass Tommy noch einmal dorthin geht. Ich will ihn davor schützen. Er hat es sich einfach nicht verdient, so zu leiden. “Du kannst auch wieder bei mir schlafen, wenn du das willst”, rede ich meinem Süßen zu. “Ich kuschel dich auch in den Schlaf.” Nun blickt mich der Kleine mit seinem von der verschmierten Schminke geschwärzten Gesicht an, todtraurig, sodass ich glaube, mein Herz müsste zerspringen. “Das wäre so schön”, flüstert er leise und streichelt meinen Rücken. “Aber es geht nicht. Wir sehen uns morgen, Schatz.” “Warte!”, bitte ich Tommy, der schon drauf und dran ist, aus meinem Zimmer zu verschwinden. “Ich hab noch was für dich.” Mir ist eingefallen, dass mir mein Bruder mal so einen kleinen Schlüsselanhänger geschenkt hat, der mir Glück bringen sollte, falls ich mal wieder versetzungsgefährdet bin. Gut, das bin ich noch immer, aber es ist doch scheißegal, ob ich sitzen bleibe, Tommys Unglück ist viel größer. “Mach mal die Hand auf”, sage ich zu dem Kleinen, der auch ohne zu zucken tut, wie ihm befohlen. Sanft lege ich das kleine Teddybärchen hinein und drücke seine Finger darum. “Wenn es dir nicht gut geht, dann hol ihn heraus und denk an mich”, bitte ich Tommy und spüre nun, wie sich entweder wegen seines Blickes oder wegen meiner süßen Geste ein Kloß in meinem Hals bildet. “Er wird dich beschützen, Mäuschen, weil ich ihm das befohlen habe.” “Denni…”, nuschelt Tommy gerührt und schlingt die Arme um meine Hüften, während ich durch sein dichtes, schwarzes Haar streichle. “Ich weiß ja…”, beruhige ich meinen Schatz. “Ich hab dich so lieb.” “Ich dich auch, Denni.” Wie gerne würde ich ihn nie wieder loslassen müssen und ihm alle seine Wunden heilen. Dass ich mich jemals so heftig verlieben würde, hätte ich nicht geglaubt, wenn es mir eine Wahrsagerin vor ein paar Wochen hätte weismachen wollen. Aber für Tommy würde ich echt alles tun. Sogar an seiner Stelle auf den Strich gehen. ***** Wenig später begleite ich ihn stumm an die Haustür und verabschiede ihn mit einem Kuss auf die Wange, dann schaue ich ihm nach, wie er in der Nacht verschwindet, allein. Ich hätte ihn nicht gehen lassen dürfen, ich hätte ihn mit aller Kraft festhalten müssen und aufpassen, dass ihm niemals mehr jemand wehtut. Schließlich habe ich mal gehört, dass Liebe Verantwortung bedeutet. Wenn Tommy heute Nacht weint und verletzt wird, dann bin ich mitschuldig. Weil ich dich nicht beschützt habe, mein zartes Porzellanpüppchen. Voller Schuldzuweisungen an mich selbst begebe ich mich mit schweren Herzen in das Badezimmer, um dort den Anweisungen meiner Mutter folge zu leisten. Mh, sieht ja wirklich liederlich aus, ein Handtuch hängt zerknittert über dem Wannenrand, ein weiteres liegt auf dem mit Wasserlachen übersähten Fließen und scheint benutzt zu sein. Seufzend bücke ich mich nach dem Duschbad, das lieblos auf den Boden geworfen wurde, schließe es, wende mich danach den Handtüchern zu, um sie in den Wäschekorb zu verfrachten. Doch als ich sie gerade achtlos weglegen möchte, fällt mein Blick auf die kleinen, dunkelroten Flecken, die das eine Handtuch vorweist. Shit, das ist doch Blut! Mein Mund bleibt offen stehen, sofort muss ich an Tommys Armwunden denken, die so gleichmäßig angeordnet waren als würden sie ein Muster darstellen, nur unterschiedlich tief waren sie. Gott, Tommy. Verdammte Scheiße. Das war also kein Freier, der dir das zugefügt hat. Das warst du ganz allein. Kopfschüttelnd und verzweifelt lege ich das Handtuch zu der restlichen Schmutzwäsche. Warum war ich nicht für Tommy da, als er seinen Schmerzen freien Lauf ließ? Warum habe ich seine Schmerzensschreie nicht gehört, als er die Rasierklinge ansetzte? Warum habe ich ihm nicht geholfen, wenigstens sein Blut gestillt oder ihn getröstet? Warum bin ich nur so ein beschissener Ignorant? Stumm räume ich die restlichen Sachen zusammen, doch meine Gedanken kreisen immer nur um das Handtuch, das schreckliche Bild in meinem Kopf, das Tommy zeigt, wie er blutend am Boden liegt, will mich einfach nicht mehr loslassen. Was, wenn er es heute Nacht wieder tut? Wenn ihm niemand hilft, niemand ihn findet, um ihn ins Krankenkaus zu bringen? Die Tränen steigen mir bei dieser Vorstellung in die Augen. Ich will Tommy noch nicht verlieren, schließlich haben wir uns gerade erst kennen gelernt, das mit ihm soll noch nicht vorbei sein. Es sind die schönsten Momente in meinem ganzen Leben, die mir Tommy schenkt, sein fröhliches Lächeln, seine Sprüche, das alles dient nur dazu, um seinen Schmerz zu verdecken. Im Grunde seines Herzens ist Tommy ein trauriger, einsamer, ungeliebter Junge, der wahrscheinlich immer nur Gewalt in seinem Leben erfahren hat. Ich muss etwas ändern, das wird mir klar. Ich muss Tommy zu mir holen und dafür sorgen, dass seine seelischen und körperlichen Wunden heilen. Weil ich ihn doch liebe… ***** Als ich mich weit nach zwölf Uhr zu Bett begebe, kann ich wie erwartet natürlich nicht einschlafen. Die Sorge um Tommy ist zu groß, am liebsten würde ich aufstehen, so wie ich bin auf die Straße laufen und nach ihm suchen, bis ich ihn gefunden habe und ihn in meine Arme schließen kann. Bestimmt vergeht sich gerade irgend so ein widerlicher, fetter Typ an meinem Schatz, demütigt ihn, quält ihn, schlägt ihn, schläft mit ihm, obwohl Tommy Schmerzen und Angst hat. Und wenn es vorbei ist, dann wird Tommy die Rasierklinge an seinen Arm setzen, um seinen inneren Schmerz zu betäuben, er wird sie in sein Fleisch pressen, bis das Blut herausspritzt, sein Schrei wird die Nacht durchschneiden, doch niemand wird ihn hören. Auch ich nicht. Weil ich zu Hause in meinem warmen, weichen Bett liege, während Tommy leiden muss. Ich schäme mich dafür. Obwohl ich weiß, dass ich nichts für Tommys Leid kann. Warum hört er nicht auf mit dem Scheiß? Warum verkauft er seinen Körper, er könnte doch anstelle Zeitungen austragen wenn er das Geld benötigt. Ach, Tommy. Ich hoffe, es geht dir gut. Ich hoffe es so sehr. Irgendwann scheine ich doch über meinen Grübeleien eingeschlafen zu sein, doch ehe ich einen schlimmen Albtraum haben kann, schreckt mich das Klingeln meines Handys aus dem Schlaf. Eigentlich würde ich jetzt liebend gerne losfluchen, wer es sich erlaubt, mitten in der Nacht anzurufen, doch als ich auf den Display schaue und Tommys Namen lese, nehme ich das Gespräch mit klopfendem Herzen an. “Tommy, Mensch, wie geht’s dir?”, erkundige ich mich voller Sorge, doch der Andere antwortet zunächst nur so leise, dass ich ihn kaum verstehen kann. “M-mir geht’s g-gut”, versucht mir mein Schatz weiszumachen, was ich anhand dem Klang seiner Stimme nicht glauben kann. “Mach dir keine Gedanken, ich…liege im Bett und es ist schön warm, ich hab dein Bärchen …nur…” Plötzlich vernehme ich eine wütende Männerstimme im Hintergrund, dann ein Klappern und schließlich folgt das Tuten, das mir anzeigt, dass das Gespräch beendet wurde. “Tommy? TOMMY? Verdammt, was ist nur los?”, brülle ich in den Hörer, obwohl mir schon längst keiner mehr zuhört. Verzweifelt knalle ich das Handy an die Wand, drehe mich um und erleide den schlimmsten Heulkrampf, an den ich mich erinnern kann. ***** Samstag morgen- eigentlich ein schöner Tag, an dem man sich so richtig ausschlafen kann. Doch heute ist alles anders. Mit geschwollenen Augen quäle ich mich aus den Federn und steuere das Fenster an, wo ich gedankenverloren hinausschaue. Über der Welt liegt noch das Dunkel der Nacht, bestimmt ist es erst vier oder fünf Uhr, keine Ahnung. Es interessiert mich auch nicht sonderlich im Moment. Mir fällt mein Handy ein, welches ich gegen die Wand geschmissen habe. Als ich die Einzelteile vom Boden aufhebe und versuche, es zusammenzustecken kann ich dem Drang einfach nicht widerstehen, Tommy anzurufen, nur um zu erfahren, wie es ihm geht. Und insgeheim fürchte ich mich davor, dass er sich sein Leben auslöscht, von einem Moment auf den anderen. Hastig schüttle ich den Kopf. Das würde ich nicht ertragen. Ich lasse drei-viermal klingeln, bis sich Tommy endlich mit einem monotonen “Hallo?” meldet. “Maus, wo bist du gerade?”, frage ich mit bis zum Hals hämmernden Herzen meinen Gesprächspartner. “Ich…vermiss dich so.” “Ich dich auch, Denni”, antwortet die Stimme Tommys, die eigentlich total entspannt klingt, als ob in dieser Nacht nichts vorgefallen wäre. “Ich bin noch unterwegs.” Doch bestimmt läuft gerade das Blut aus seinen Adern, rinnt über den Fußweg, daneben liegt seine Klinge, die Mörderin. “Ich…ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen, Tommy”, gestehe ich dem Kleinen, weil ich es fast nicht mehr aushalte. “Ich habe das Blut auf dem Handtuch gesehen. Dein Blut. Ich weiß, dass du dich selbst verletzt.” “Oh…”, entgleitet es Tommy überrascht, dann herrscht Stille. “Das ist nicht so, wie du denkst…ich hab mich aus Versehen geschnitten, als ich…als ich…shit.” Ihm fällt keine Ausrede ein. Also stimmt es. Es stimmt, dass die Mörderin sich regelmäßig in seinem Arm verbeißt, dass Tommy den Schmerz nicht anders bewältigen kann als mit dieser Methode. “Tommy, ich weiß auch, dass du…für Geld mit Männern mitgehst und ihnen dann deinen Körper…” Weiter komme ich nicht, es ist schwer, die Wahrheit auszusprechen. “Ja, ich gehe anschaffen”, gibt Tommy unpassend lässig zu. “Aber es macht mir Spaß. Es ist toll, so viel Sex zu haben und zu spüren, dass man begehrt wird.” Na nun platzt mir aber der Kragen. “Du lügst doch!”, schimpfe ich verzweifelt, was Tommy augenblicklich verstummen lässt. “Die Männer sind garantiert nicht immer lieb zu dir, man, die schlagen dich und tun dir weh! Du hasst es, mit ihnen zu schlafen, und ich hasse es, dass sie dich anfassen und benutzen für ihre scheißverdammte Befriedigung!” Tommy schweigt eine ganze Weile nach meinem Gefühlsausbruch, wahrscheinlich hätte er nicht erwartet, dass ich so emotional reagieren kann. “Ähm…Denni…woher weißt du das…alles?” “Ich kann doch eins und eins zusammenzählen!”, erkläre ich noch immer recht ungehalten. “Die Klamotten, deine plötzlichen Zusammenbrüche. Denkst du, ich bin so ignorant, dass ich davon nichts mitbekomme?” Da es Tommy nun immer mehr die Sprache verschlägt, bin ich dafür, dass wir noch mal von Angesicht zu Angesicht miteinander reden und dass wir den blöden Kneipenabend knicken, da mir und auch Tommy eh nicht nach feiern zumute ist. “Also dann, bis heute Mittag”, verabschiede ich mich von meinem Schatz, der nur leise brummelt und dann auflegt. Wenn es die Uhrzeit zulässt, werde ich Kevin Bescheid sagen, dass ich nicht mit in die Kneipe kommen werde und dass ich die Wette aufgebe. Das letzte, was ich in so einer Situation tun könnte, ist zu versuchen, Tommy in die Kiste zu locken. Ich bin zwar manchmal ein Arschloch, aber so ein Schwein dann doch nicht. ***** Nachdem ich mich im Bad ein wenig frisch gemacht, meine liederlichen Haare gekämmt und die Bartstoppeln wegrasiert habe, bin ich dann doch wieder einigermaßen fit für einen neuen Tag. Einen Tag mit Tommy, auf den eine gemeinsame Nacht folgt, jedoch ohne geschlechtliche Vereinigung. “Kev, hier ist Dennis, du, ich komm heute nicht mit. Ich glaub, ich werde ein bisschen krank”, beichte ich meinem Kumpel, die Uhr zeigt gerade neun Uhr an und Kevin gähnt verschlafen. “Habt ihr ruhig ohne mich Spaß, ich lass mich bisschen von Mama bemuttern.” “Alte Partyschranke!”, betitelt mich mein Kumpel, versucht dann aber nicht länger, meine Meinung zu ändern, da er weiß, dass das eh nichts nützen würde. “Du willst doch nur, dass Tommy deine heiße Krankenschwester spielt. Gibs zu. Außerdem musste den ja sowieso noch ins Bett kriegen, sonst gibt’s ne Emo-Friseé.” Obwohl es unsinnig ist, am Telefon den Kopf zu schütteln, tue ich das. “Ich werde nicht mit Tommy schlafen. Ist mir egal, ob ich die scheiß Wette verliere. Da gibt’s echt schlimmeres, als sich emomäßig anzuziehen.” “Echt?”, staunt Kevin. “Vor ein paar Tagen hast du noch ganz anders darüber gedacht. Biste auf den Kopf gefallen, oder was? Oder hat unser Lieblingsemo dich schon so weit, dass du deine Bisexualität zugibst?” “Isch bin nisch bi, verdammte feife!”, fluche ich und es klingt seltsam, da ich gerade am Küchentisch sitze und mir ein Nutellabrötchen genehmige, weil ja Schokolade bekanntlich glücklich macht. “Is ja gut, man!”, beschwichtigt mich mein Kumpel und klingt genervt. “Musst ja nicht gleich so austicken.” Hach, immer das selbe Spiel. Es regt mich echt auf, dass ich neuerdings immer für bi gehalten werde. Warum bekommt man gleich einen Stempel aufgedrückt, wenn man sich ausnahmsweise mal für das eigene Geschlecht interessiert? Schließlich sehe ich Tommy nicht mal als Kerl, ich mag ihn nur so sehr, weil er…eben Tommy ist. Ganz einfach. Kurz nachdem ich das Gespräch mit meinem Nerve-Kumpel beendet habe, platzt mein Brüderchen in die Küche. “Och, Nutella!”, freut der sich zugleich und möchte mir sogar eine Schnitte stibitzen, was ich aber nur mit “Finger weg!” kommentiere und weiterhin genüsslich mampfe. “Mit deinem Tommy hättest du die bestimmt geteilt”, bedauert Flo, setzt sich aber dennoch neben mich und trinkt aus der Flasche Saft, die auf dem Tisch steht. “Das is nicht ‘mein Tommy’. Klar? Hab ich ein Schild auf der Stirn, das aussagt: ‘Vorsicht, hier kommt Mr Bipolar!’?”, grummle ich mürrisch, da ich das Thema langsam leid bin. Flo hingegen lacht nur leise. “Und?”, will er nach einer kurzen Pause wissen. “Gestern noch einen schönen Abend gehabt? Ward ja ganz schön lange in deinem Zimmer, ganz alleine…” Seine Worte gehen in ein vielsagendes Raunen über, was mich seufzen lässt. “Na gut, wenn du es unbedingt wissen willst”, gebe ich zu und beiße noch einmal von meiner Schokoladenschnitte ab. “Wir haben gekuschelt. Und es war schön. Sehr schön. Aber deswegen bin ich noch lange nicht…” “…Bi, schon kapiert”, kichert Flo, verschluckt sich halb an sein Saft und steht dann glücklicherweise wieder auf, da er an seinem ollen Suchtcomputerspiel weiterzocken möchte. “Aber ein süßes Paar würdet ihr schon abgeben.” Ich ziehe eine blöde Grimasse, um Flo nachzuahmen, verdrehe genervt die Augen und bin froh, als ich nun wieder alleine bin mit meiner süßen Schokoschnitte. Mh, wäre eigentlich auch ein passender Name für Tommy. Schokoschnitte. Oder Sahneschnitte. Hehe, zum anbeißen… Kapitel 13: Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort -------------------------------------------------------- Kurz vor zwölf. Ich ziehe mir noch etwas nettes an, das netteste, was ich besitze, auch wenn das nur ein übergroßer Kapuzenpulli aus beigefarbenem Baumwollstoff ist, den ich mit einer ausgewaschenen, dunkelblauen Jeans kombiniere. Ach, ich will schließlich nicht in die Oper gehen, ich möchte mir nur einen schönen Nachmittag mit Tommy machen, der auch noch zufällig mein Schwarm ist. Schwarm, wie kitschig und mädchenhaft das klingt, aber egal. Hm, ich freu mich schon so… “Tommylein!”, freue ich mich breit lächelnd, als ich meinem Gast Punkt zwölf Uhr die Tür öffne und ihn mit meiner Umarmung halb erdrücke. “Na da freut sich aber jemand, mich zu sehen”, bemerkt Tommy, den ich schnell in mein Zimmer ziehe, um ihn dort auf dem Bett zu postieren und mich neben ihn zu setzen. “Hast wohl dolle Sehnsucht gehabt nach mir?”, will Tommy verschmitzt wissen und seine Piercings funkeln wie Sternchen. “Hm, irgendwie schon”, gebe ich zu und kann es mir einfach nicht nehmen, Tommys Haar zu berühren, was ihn leicht schnurren lässt. “Aber noch mehr hatte ich Angst um dich. Deswegen habe ich beschlossen, dass du nicht mehr zu diesen Männern gehst und dass du deine scheiß Rasierklinge wegschmeißt. Ich will nicht, dass du dich verletzt.” “Das ist süß von dir”, meint Tommy und nimmt meine Hand in seine, wodurch der Ärmel seines Pullis leicht nach oben rutscht und ich die gleichmäßig angeordneten Wunden sehen kann, frische, ältere, große, kleine, aber alle fast parallel. “Bloß, das geht nicht so einfach. Ich krieg echt ne Menge Kohle mit dem Geschäft, und ich brauch das Geld wirklich. Das Ritzen, ach wo, das ist nicht so schlimm. Das tut doch keinem was.” Na diese Einstellung erschreckt mich aber zutiefst. “Und was ist das dann?”, schimpfe ich den Kleinen und schiebe, ehe er seinen Arm wegziehen kann, den Ärmel nach oben und blicke auf seine Wunden. “Man, Tommy, das ist dein Körper, den du damit verletzt. Denkst du, das ist egal?” Tommy zuckt nur mit den Schultern, schließlich weicht er mir aus und lässt seine Finger über die Verletzungen gleiten. Er wirkt nachdenklich. “Eigentlich ist es mir so was von scheißegal, wie dieser Körper aussieht”, gibt er dann leise zu, was mich entsetzt die Augen aufreißen lässt. Doch so sehr ich auch protestiere, Tommy ist nicht von seiner Meinung abzubringen. Schließlich schaut er wieder auf in meine Augen, er sieht entschlossen aus. “Ich hasse diesen Körper. Und ich werde ihn weiterhin verletzen.” “Wie kannst du nur so was sagen?”, schüttle ich den Kopf und wirke ungehalten und aufgebracht, dann nähere ich mich wieder dem Schwarzhaarigen, schaue auf seine Hosentaschen, in einer von ihnen bewahrt er bestimmt die Mörderin auf. “Wie kannst du nur, Tommy? Dein Körper ist wundervoll, du bist wundervoll. Ich lasse nicht mehr zu, dass diese Rasierklinge dich so verunstaltet.” Ich lasse Tommy nicht mehr zu Wort kommen, hastig werfe ich ihn mit dem Rücken auf die Matratze und greife seine Hosentaschen ab, um die Mörderin zu finden und zu vernichten, damit sie meinem Tommy nicht mehr weh tut. “Hör auf, Denni, das kitzelt!”, kichert und quiekt der kleine Emo, der sich unter meinen Berührungen windet und versucht, meine Handgelenke festzuhalten. “Erst, wenn du mir dieses Ding gibst”, stelle ich die Bedingung, aber so sehr ich auch suche, ich finde die Rasierklinge nicht. Tommy zappelt immer heftiger, sodass ich ihn überall berühre, aber nicht mehr die Hosentaschen erwische. Plötzlich erstarren meine Bewegungen, denn meine Hand ist dort liegen geblieben, wo ich es vermeiden wollte, Tommy anzufassen. Anstelle ich auf die Idee gekommen wäre, sie schnell wegzuziehen und so zu tun, als wenn nichts gewesen wäre, bleibe ich mit geöffneten Lippen sitzen, ohne mich zu rühren, meine Hand in Tommys Schritt. “Mh, dort brauchst du nicht zu suchen, Schatz, in die Schlüpper stecke ich mir die Rasierklinge nicht. Meinen Schwanz brauche ich nämlich noch. Wäre scheiße, wenn ich dort reinschneide. Also kannst du davon ausgehen, dass er noch ganz unversehrt ist”, grinst Tommy und bleibt ganz gelassen, im Gegensatz zu mir. Nun wird mir erst richtig bewusst, was ich mir mache, dass es wahrscheinlich so aussieht, als ob ich auf sexuelle Anspielungen hinaus will. Doch das bezwecke ich auf keinen Fall. “Ähm sorry”, entschuldige ich mich nun und höre auf, noch weiter nach der Rasierklinge zu suchen, da Tommys Hosentaschen viel zu eng sind und ich gemerkt habe, dass ich sowieso keine Chance habe, sie zu finden. “Das war nur aus Versehen. Ich wollt dich nicht dort…” “Ist schon gut, mach nicht so einen Aufriss deswegen”, lacht Tommy, klopft mir auf die Schulter und wird schnell wieder ernst. “Aber das mit dem Ritzen ist und bleibt meine Entscheidung. Halte dich da bitte raus, Denni. Ich kann mit meinem Körper machen, was ich für richtig halte.” Unglücklich schaue ich den Emo an und komme mir zugleich schuldig vor. Bin ich jetzt nicht der jenige, der auf Tommys Wohl achten muss, weil ich ihn liebe? Ich kann doch nicht einfach zuschauen, wie der Kleine sich kaputt macht. Ich muss ihm helfen, nur wie? ***** “Ähm, Denni?” “Ja, Tommy?” Der Kleine kommt näher und näher, legt seine Hände auf meinen Unterarm und blickt mich neugierig an. “Würdest du…also, jetzt wo wir allein sind…du musst nicht, aber es wäre schön…” “Ja?” Oh Gott, in meinem Kopf kreisen mal wieder die wildesten Vorstellungen, auf was Tommy hinaus will. Willst du mit mir ficken? Oder gar: Willst du mich heiraten? Nee, du. Damit wäre ich überfordert. Der Kleine öffnet gerade wieder seine Lippen und möchte seinen Wunsch endgültig äußern, als uns die Türklingel urplötzlich aufschreckt. Maaaan, ey! Genervt stehe ich auf, bitte Tommy, hier auf mich zu warten, was eigentlich unsinnig ist, denn ich glaube nicht, dass er durch das Fenster die Flucht zu ergreifen versucht und öffne dem Störenfried, der mir den intimen Moment mit Tommy kaputt gemacht hat. “Überraschung, deine persönlichen Krankenpfleger stehen zu Diensten!” Mein Mund verschiebt sich nach der rechten Seite, als mir meine Kumpels Kevin und Timo entgegengrinsen, mit einem großen Lidl-Einkaufsbeutel in der Hand. “Was macht ihr denn hier?”, frage ich gespielt fröhlich, weil ich eigentlich stinkig auf die beiden bin. Ich wollte mit Tommy ALLEIN sein! Und jetzt kreuzen die hier auf und vermasseln mir alles, was zwischen uns beiden noch geschehen wäre. “Wir bringen dir frisches Obst mit und noch´n Pornoheftel, damit du schnell wieder fit bist, du Invalider, und mit uns feiern gehen kannst!”, verkündet Timo freudestrahlend und tritt mir Kevin im Schlepptau über die Türschwelle, obwohl ich nichts von “Ihr könnt gerne reinkommen!” gesagt habe. Sauer schließe ich die Tür hinter ihnen, verdrehe noch einmal die Augen und bitte danach meine ‘Krankenpfleger’, doch schon mal im Wohnzimmer Platz zu nehmen, ich käme gleich nach. “Du, das ist jetzt grad voll blöde, meine Kumpels sind vorbeigekommen”, klage ich Tommy mein Leid, der inzwischen liegend mein Bett in Beschlag genommen hat. Doch den Kleinen scheint das nicht weiter zu stören. “Och, macht doch nichts”, zuckt er die Schultern. “Da kann ich sie gleich kennen lernen und mal abchecken, ob man mit denen auch so gut rumschwulen kann wie mit dir.” Empört blicke ich meinen Schwarm an. Wenn Tommy vorhat, Timo oder Kevin anzugraben, gehen die beiden gleich wieder heim, aber mit einem Tritt in den Allerwertesten! Oder ich hänge mir ein Schild um den Hals, auf dem in fetten, schwarzen Buchstaben steht: “Tommy, hier bitte schwuchteln!”… ***** Da Tommy ganz neugierig auf meine Kumpels ist und ich ihn nicht davon abhalten konnte, mit ins Wohnzimmer zu kommen, betritt der Emo unter Raunen seitens Kevin und Timo das selbige. “Uh, unser kleiner Pussy-Emo!”, tönt Kevin ganz laut und schaut erst den Angesprochenen an, danach mich. “Hätten wir uns ja denken können, dass er schon dein Krankenschwesterchen ist.” “Krankenschwesterchen? Aber du bist doch gar nicht…” Ehe Tommy noch irgendein falsches Wort über seine süßen Lippen bekommt, halte ich meine Hand vor seinen Mund und zwinge ihn so dazu, stillzuschweigen. “Na kommt, ihr Turteltäubchen, neben uns ist noch Platz”, verkündet nun Timo und klopft auf die freie Sofafläche links von ihm. Als ich mich widerwillig neben ihn gesetzt habe, aber froh bin, dass Tommy ein wenig Abstand zu den Beiden hat, plündert Kevin meinen ‘Gesundheitsbeutel’. “Hier”, meint er und legt mir erst einen Apfel, eine Kiwi und zum Schluss eine Banane vor die Nase. “Vitamin C. Schön alles aufessen.” “Danke”, sage ich augenverdrehend. “Das wäre aber nicht nötig gewesen.” Plötzlich kichert der kleine Emo neben mir, lehnt sich nach vorn uns schnappt sich die Banane, die er daraufhin mit den Händen abtastet. “Stehst du auf Bananen, Denni?”, will er von mir wissen und hält sich die gelbe Frucht zwischen die Beine. Dann sieht er mich herausfordernd an. “Mal kosten?” Mein Kopf scheint eher ein Artgenosse der Tomate zu sein, so wie er aussieht. Muss Tommy micht jetzt vor meinen Kumpels so…anmachen? Die finden das doch nur witzig und denken erst recht, ich wäre bi, wenn ich jetzt auch noch die Banane da zwischen Tommys Beinen in den Mund nehme. Also, ich meine natürlich nicht die richtige Banane Tommys, ich meine die Frucht… “Hey, Emo, das ist ne gute Idee. Wir könnten ein schönes Foto davon schießen”, freut sich Timo über die vorgeschlagene Kinderei und kramt in seiner Hosentasche. “Hier, mein Fotohandy steht schon zur Aufnahme bereit.” Tommy, der alte Schlingel, scheint sich doch nicht etwa wirklich mit meinen Kumpels gegen mich verbünden zu wollen, denn er versucht, meinen Kopf unter Kichern in seinen Schoß zu drücken. “Nee, das ist doof!”, protestiere ich, doch plötzlich ist Tommys Gesicht ganz dicht an meinem, oh Gott, zwischen unseren Lippen sind vielleicht gerade mal zwei Zentimeter Luft! Will er mich nun etwa mit einem Kuss vor meinen Kumpels bloßstellen, auch das noch! “Sei froh, dass ich nicht meinen Schwanz herausgeholt habe, Schatz; ich würde nämlich liebend gerne einen von dir geblasen bekommen”, haucht er gegen meine Lippen, seine Stimme klingt so geil, und das Geständnis verursacht eine wahnsinnige Gänsehaut auf meinen Armen und meinem Rücken. Will…will er das wirklich? Will er ernsthaft, dass ich ihn oral befriedige? Oh shit, wie geil ist das denn? Andererseits…ich habe noch nie selbst geblasen. Und vielleicht würde es mir auch gar nicht gefallen, seinen Schwanz in den Mund zu nehmen, da ich dann doch nicht auf männliche Geschlechtsorgane stehe. Tommys Gesicht ist ja ganz süß, auch in Reizwäsche sieht er total scharf aus…aber ganz nackt? Ich fand nackte Männer schon immer entweder hässlich oder ekelhaft. Und wahrscheinlich ist das bei Tommy nicht anders… Durch Tommys Drohung beeindruckt, gehe ich vor dem Sofa auf die Knie, auf dem der Emo mit gespreizten Beinen sitzt und sich die Banane in seine Mitte hält. Kevin und Timo jubilieren, als ich die Banane tatsächlich mit den Lippen umschließe, was total eklig finde, da die Schale noch dran ist. Als ich nach oben schaue in Tommys Gesicht, leckt er sich so geil mit der Zunge über die Oberlippe, dass ich ihm nun doch am liebsten meine Kumpels heimgeschickt, Tommy das Höschen ausgezogen und es ihm so richtig besorgt hätte. Doch diesen Gednken verwerfe ich lieber schnell, da er meinen Kopf rot anlaufen lässt. “Man, das Foto ist übelste geil!”, freut sich Timo, während er auf den Display von Kevins Handy glotzt. “Wollen wir´s in der Schule an das schwarze Brett hängen?” “Denk nicht mal dran!”, drohe ich grummelnd meinem sich totlachenden Kumpel, nun muss auch Tommy kichern. “Ihr seid doof, alle!”, rege ich mich auf und verschrenke die Arme vor der Brust, als wenn ich mich so gegen die Mobbingattacke wehren könnte, dann werfe ich Tommy einen ärgerlichen Blick zu. “Du darfst dich auch angesprochen fühlen!” Der Emo jedoch grinst nur kurz und drückt mir entgegen meiner Proteste einen dicken Kuss auf die Wange. “Du bist so süß, wenn du dich aufregst!” “Ich bin nicht süß, ich bin sauer!” “Na dann eben süß-sauer, wenn dir das lieber ist.” “Ach, Tommy?”, beginnt plötzlich Kevin und ich stöhne schon wieder leise. Wer weiß, was für ein Knüller nun kommt. “Du darfst gerne den Dennis als Emo stylen, das haben wir schon so mit ihm ausgemacht, nicht wahr, Denni?” Die Kumpels betonen letzte Betitelung besonders stark, während ich mir böse Beschimpfungen für die beiden ausdenke. Ungestraft nennt mich niemand ‘Denni’, nur Tommy darf das, bei ihm habe ich eh schon aufgegeben, dass er er lernt, mich bei meinem richtigen Namen zu nennen und nicht mit dieser affigen Bezeichnung meine Wenigkeit zu rufen. Aber schlimmer, viel schlimmer als das ist die Tatsache, dass meine sauberen Kumpels jeden Moment Tommy über den Inhalt dieser bescheuerten Wette informieren werden. Was mach ich denn nun? “Als Emo? Denni, bist du krank? Oder machste das extra nur wegen mir? Gooott, ich hab dich lieb!”, jubiliert der Emo und drückt meinen starr dasitzenden Körper an sich, was ich ohne Widersprüche hinnehme, denn wenn ich mich in dieser Verfassung gewehrt hätte, dann sicher nicht nur mit Worten. “Also, woher kommt der plötzliche Wandel?” “Haltet ja das Maul!”, drohe ich meinen Kumpels, bevor sie irgendetwas verraten können. “Ich geh nicht als Emo. Fasching ist erst wieder im nächsten Jahr, bis dahin überleg ich es mir, ob ich nicht doch für einen Tag so antanze.” “Nüschte, Alter!”, protestiert Timo und klopft mir auf den Rücken, was ich mehr als nur unangenehm finde. “Erst den Emo nicht poppen wollen und dann bei den Konsequenzen auch noch den Schwanz einziehen. Nee, nee, so läuft das nicht, nicht mit uns…uns kannste nicht so einfach verarschen…” Shit, Shit, Shit! Jetzt hat er es wirklich rausposaunt! Das hat ein Nachspiel, oh ja. Meine sadistische Ader beginnt zu pulsieren, liebster Timo… “Waas? Poppen? Mich?”, will Tommy wie erwartet wissen und ahmt meinen auf Patent angemeldeten Auto-Blick nach. “Denni…” Ja ach nee. Denkste, ich popp den Schrank? Als wenn der wie ein Emo aussieht. “Na halleluja. Und warum erfahr ich das erst jetzt?”, löchert mich der Kleine zu meiner linken weiter, dem ich schon längst nicht mehr in die Augen schauen kann. “Na weil ich dich nicht poppen will und auch nicht poppen werde!”, gifte ich zurück, stehe auf und mache mich wahrscheinlich total zum Hampelmann mit meinem aufgebrachten rumgehopse vor dem Sofa. “So geil ist dein Arsch nun auch wieder nicht, wie du ihn immer anpreist. Und außerdem…wie viele Kerle haben schon ihren Schwanz in dich reingesteckt, mh? Ist doch schon voll verseucht, dein…” Ehe ich den Schwarzhaarigen in meiner Rage noch weiter aufs übelste beschimpfen kann, steht er vor mir und schlägt mir mit der flachen Hand auf die Wange. “Du bist so ein Arschloch!”, zischt Tommy, schaut mir danach für einen kurzen Moment starr in die Augen und rennt dann aus dem Wohnzimmer. Nun erst wird mir bewusst, was ich getan habe. Gott, wie konnte ich Tommy nur so was an den Kopf werfen, nur weil ich wütend war streue ich Salz in seine offene Wunde. Dabei liebe ich ihn… “Alter, was machste denn für Scheiße?”, fragt Kevin und selbst der und unser Kumpel schauen mich fassungslos an. “Sei nicht so aggro zu dem Kleinen. Jetzt hat er sich bestimmt in irgendeine Ecke verzogen und heult wie ein Schlosshund.” “Man, was wisst ihr denn schon? Das ist doch eh nur wegen euch passiert, wegen eurer scheiß Wette!”, brülle ich die Beiden verdutzt aus der Wäsche schauenden Kerle an. “Wenn ich Tommy nun verliere, dann seid ihr schuld!” Mit einem Arschtritt verabschiede ich die Beiden, die mir noch schnell das Pornoheft in die Hand gedrückt haben, welches ich auf die Flurgarderobe schmeiße und ihm nicht länger Aufmerksamkeit schenke. Tommy ist jetzt viel wichtiger. Ich muss zu ihm und mich für meinen Auftritt entschuldigen. Hoffentlich ist er nicht schon abgezogen. Nein, in meinem Zimmer finde ich ihn vor, er sitzt mit angezogenen Beinen auf dem Fußboden, sein Gesicht nach unten gerichtet. “Tommy”, flüstere ich leise und nähere mich dem Kleinen, der sich gegen die Berührung seines Haares wehrt, als ich mich zu ihm hinunterbeuge. “Ich wollte das nicht sagen, ehrlich nicht. Du weißt doch, wie ich reagiere, wenn ich wütend bin.Tut mir so leid.” “Ach, und das wars schon?”, lacht Tommy verächtlich und wendet mir nun sein Gesicht zu, seine Schminke ist total verschmiert. Er muss geweint haben. Wegen mir. Wegen mir dummen, beschissenen Arschloch. “Naja…”, stottere ich, weil ich nicht weiß, was ich außer mich entschuldigen noch tun kann. “Ich…lass mich dein Emo Boy werden. Wenn du willst, gehen wir Montag Nachmittag shoppen und danach darfst du mich stylen. Abgemacht?” Der Emo steht nun auf, guckt mich kurz an und wendet sich wortlos dem Fenster zu. “Warum wirfst du mir an den Kopf, dass ich mich schon von so vielen Kerlen habe poppen lassen? Warum wettest du mit deinen Kumpels darum, dass du mich ins Bett bekommst? Bin ich denn wirklich so eine billige Hure?” “Du bist überhaupt keine Hure!”, widerspreche ich dem Kleinen, stelle mich hinter ihn und streichle ihm vorsichtig mit zwei Fingern über den Oberarm, was ihn zusammenzucken lässt. “Und die Idee mit der Wette, die kam von meinen Kumpels. Als ich dann von deinem ‘Job’ erfuhr, habe ich ihnen sofort gesagt, dass ich aufgebe. Glaub mir das…bitte!” Nun dreht der Schwarzhaarige sich um und schaut mir starr in die Augen. “Warum hast du denn aufgegeben? Du hättest mir nur ein paar Scheinchen zuzustecken brauchen und ich hätte mich von dir vögeln lassen. Siehst du? So leicht wäre es gewesen, die Wette zu gewinnen.” Hilflos öffnen sich meine Lippen, ich will etwas sagen, kann es aber nicht formulieren. “Tommy…”, sage ich schließlich. “Ich würde dich niemals, absolut niemals für meine Befriedigung benutzen. Du sollst damit aufhören, dich zu verkaufen!” “Ich werde aber nicht aufhören”, meint Tommy trotzig. “Ist doch eh nur der Körper. Ist doch scheißegal, was ihm zugefügt wird.” “Dir ist es vielleicht egal, aber mir nicht!”, bestimme ich wütend, was Tommy sehr überrascht aussehen lässt. “Und ich werde dafür sorgen, dass dich kein fremder Mann mehr anfasst.” Der Emo scheint ganz schön beeindruckt von meinen Worten zu sein, und wahrscheinlich glaubt er mir nun auch, dass ich vorhin überreagiert habe und ich ihn nicht absichtlich verletzt habe. Ich bitte Tommy, neben mir auf dem Bett Platz zu nehmen, was er auch ohne zu zögern tut, danach lehnt er sich an die Wand und schaut zur Decke. “Wie lange…wie lange machst du das eigentlich schon?”, will ich nach einer kurzen Pause wissen. Tommy wendet mir seinen fragenden Blick zu. “Na, das anschaffen”, füge ich hinzu, obwohl der Kleine doch wissen muss, worum es geht. “Die Freier haben dir doch nicht etwa deine Unschuld geraubt? Nee, sag dass das nicht wahr ist!” “Doch”, nickt Tommy und zupft gleichgültig an meiner Zudecke. “Ich konnte besonders viel Geld verlangen als Jungfrau. Damals war ich dreizehn und noch völlig unerfahren.” Erschüttert über diese Erkenntnis rücke ich näher an meinen Schatz heran, ergreife beschützend seine Hand und schaue in sein inzwischen traurig nach unten gewandtes Gesicht. Es dauert nicht lange, bis Tommy mir alles von seinem ’Ersten Mal’ erzählt, wie ein Herr im mittleren Alter ihn in seine Wohnung geholt hat und dort gewaltvoll mit dem unschuldigen Jungen geschlafen hat. “Man, er hat mich gefickt, in den Po, es tat unheimlich weh. Aber als ich die Schmerzen gezeigt und bereits Tränen in den Augen hatte, wurde es nur noch schlimmer. Es machte ihn an, mich leiden zu sehen. Scheiß Sadistenschwein.” Wenn ich mir vorstelle, wie Tommy gequält wurde, bildet sich ein Kloß in meinem Hals. Die Bilder von diesem schrecklichen Erlebnis erscheinen so deutlich vor meinem geistigen Auge, dass ich den Kleinen am liebsten aus dieser Szene herausgeholt und ihm Wärme und Liebe geschenkt hätte. Dieses zarte Wesen, ich kann mir gar nicht vorstellen, wie man es so herzlos anpacken kann und als wäre das noch nicht genug, auch noch fast vergewaltigen! “Süßer…du sollst dein erstes Mal wiederholen dürfen”, schlage ich nach einer Weile vor, meine Finger eng mit Tommys verschränkt. Der Kleine blickt auf, mitten in meine Augen. “Du verdienst es, endlich mit jemandem zu schlafen, der dich von Herzen gern hat, der dich mit einem unvergesslichen Erlebnis beglücken möchte”, rede ich weiter, Tommys Augen sind so wunderschön, dass ich mich kaum noch beherrschen kann und glaube, dass alle Gefühle für den Jungen jeden Moment aus mir herausplatzen. “Tommy, es muss jemand sein, von dem auch du dir Zärtlichkeiten wünscht. Jemand, der dir alle Liebeswünsche erfüllen möchte und der weiß, wie er dich in Extase bringen kann…” Mein Herzchen wummert bis hoch in meinen Hals und überschlägt sich dort fast. Der Mensch, den ich gerade beschrieben habe, der Tommy glücklich machen soll, ist natürlich niemand anderes als ich. Seit dem ersten Tag hege ich bereits dieses Bedürnfnis, mit dem kleinen Emo zu schlafen, weil er so schön und lieb und sexy ist. Und jetzt will ich erst recht nur noch ihn. Nicht, weil ich ihm meine Liebeskünste beweisen möchte, nein. Ich will ihm sein erstes, wunderschönes sexuelles Erlebnis ermöglichen. Natürlich ist auch ein wenig Eigennutz dabei, denn schließlich würde auch ich dabei auf meine Kosten kommen… “Du hast recht”, nickt Tommy mir nach einer Weile zu und grinst dann verschmitzt vor sich hin. “Ich will endlich so richtig tollen, geilen Sex haben. Und es gibt nur eine Person, die dafür in Frage käme…” Oje, ich glaube durchdrehen zu müssen. Er will es wirklich. Mit mir. Gänsehaut läuft über meinen Rücken. Heute Nacht schon wirst du wissen, wie schön es sein kann, wenn dich der Mann verwöhnt, der dich begehrt. Wir werden völlig verrückt nacheinander sein, du wirst mich wollen, so sehr, wie ich dich auch will. In deinen Augen werde ich dein Verlangen ablesen können, deine Gier, deine unersättliche Lust. Nach mir… Nun schaut Tommy mich endlich wieder an. Er sieht entschlossen aus. “Es gibt nur einen, der dafür in Frage käme”, haucht er verführerisch, während ich mich kaum mehr unter Kontrolle habe, als er seine zarten Finger auf meine Wange legt. “Nämlich mein Kumpel Alex.” Na jetzt trifft mich aber der Schlag, und wäre es echter Strom, würden meine Haare nach allen Richtungen wild abstehen. “A…Alex?”, stottere ich fassungslos und bekomme den Mund gar nicht mehr zu, als hätte ich eine Maulsperre verpasst bekommen. Seit wann heiße ich Alex? Dennis Alex Bartsch? Klingt echt scheiße. Und kann auch nicht sein. Oder…meint Tommy etwa…einen anderen Kerl? Oh my fucking god. Das kann doch gar nicht sein. Ich bin schließlich derjenige, mit dem Tommy schlafen will, das weiß ich ganz genau! “Den kennst du nicht…”lächelt der Emo zuckersüß vor sich hin und wird ganz sentimental. “Ich habe ihn auf einer Emo-Party getroffen. Ein ganz Lieber und Süßer. Und ich wusste vom ersten Moment an, dass er mich mag.” Tommy kommt regelrecht ins Schwärmen, er merkt gar nicht, wie ich seine Hand losgelassen habe und starr vor mich hingucke. Aber der Kleine setzt noch einen drauf. “Warum ich nicht schon früher auf die Idee gekommen bin, dass zwischen uns mehr werden könnte? Danke, Denni, du bist wirklich ein Schatz.” Zärtlich küsst Tommy mich auf die Wange, streichelt danach sanft über die feuchte Stelle, während für mich in diesem Augenblick eine Welt zusammen bricht. Wie Tommy mich immer anschaut, mich berührt, ja sogar küsst, das können keine freundschaftlichen Absichten sein. Oder? Spielt er etwa nur mit mir und meinen Gefühlen? Sag, dass das nicht wahr ist! Bitte! Es war klar, dass mich Gott irgendwann für meine Schlechtigkeiten, die ich der Welt bereits angetan habe, bestraft, aber das hier kommt einer Folter gleich. Habe ich wirklich verdient, dass Tommy auf einen anderen steht? Und dazu noch auf ein abscheuliches, widerliches, stinkendes Emo-Wesen, das sicher nur darauf wartet, dass Tommy sich von ihm in den Arsch ficken lässt? Aber einerseits hätte ich es mir auch denken können, dass mein kleiner Emo sich lieber mit Seinesgleichen abgibt. Emo Boy + Emo Boy hat schon immer Big Love ergeben. Verdammte Kacke. Es wird wirklich Zeit für mich, zum feindlichen Lager überzuwechseln und zum Emo zu mutieren. Nur für Tommy, obwohl der Kerl es sich gar nicht verdient hat, dass ich mir für ihn den Arsch aufreiße. Kapitel 14: Morgen liebst du mich nicht mehr -------------------------------------------- Den ganzen restlichen Tag bis zu Tommys Abschied war ich stinksauer, habe jedoch versucht, es mir nicht anmerken zu lassen. Ein Seelenstriptease a lá ‘Tommy, ich liebe dich mehr als alles andere for ever and ever’ ist ja nun nicht gerade mein Spezialgebiet und kommt doch ziemlich kitschig rüber. Abends in meinem Bett bin ich sehr nachdenklich und kann mal wieder nicht pennen, was total scheiße ist, denn schon vorhergehende Nacht lag ich wie im Wachkoma. Und warum? Weil Tommy existiert. Weil er sich die Arme aufritzt. Weil er anschaffen geht. Und nun, weil ich unerwiderte Gefühle für ihn hege. Wo verdammt ist nur der Knopf, an dem ich dieses dämliche Verliebtsein ausstellen kann? Es ist schließlich eine Sache auf der Welt, die der Menschheit nichts nutzt. Vermehren kann man sich auch ohne diese abartige Herzklopfen, das einem bald die Brust sprengt. Und noch unsinniger ist es, wenn man sich auch noch in jemandem des selben Geschlechts verknallt. Da fragt man sich echt: Hat irgendeine höhere Macht das so gewollt oder ist die Natur wirklich so plemplem? Naja, wie dem auch sei. Von diesen Tatsachen verschwindet doch dieses komische, neue, unbekannte Gefühl nicht, welches sich in mir eingenistet hat. Ich glaube, man nennt es Eifersucht. Toll, Tommy, danke dafür. Jetzt werde ich wegen dir zum gefühlsduseligen Trottel und wäre das nicht schon genug, auch noch zum Emotional Hardcore Boy. Pah. Super, dass Tommy mich schon mal über die Szene aufgeklärt hat, nämlich heute Nachmittag, und am liebsten hätte ich ihm an den Kopf geworfen, dass diese ‘Lebenseinstellung’ totaler Stuss ist. Was macht es schon für einen Sinn, mit düsteren Klamotten rumzulaufen, sich die Haare bis ins Gesicht wuchern zu lassen und als Krönung auch noch einen auf sentimental zu machen. Die Sinnlosigkeiten der Welt. Wie ich sie liebe. ***** Die Nacht verbrachte ich natürlich mal wieder mehr wach als schlafend, und als ich gerade in einen Traum von Tommy und mir, glücklich vereint, vertieft bin, graut auch schon der Morgen und weckt mich mit seinen Sonnenstrahlen. Unmotiviert quäle ich mich aus meinen kuscheligen Federn und glotze sicherheitshalber auf den Display meines Handys. Als ich sehe, dass ich keinen Anruf und auch keine SMS erhalten habe, ziehe ich kurz einen Schmollmund. Kein ‘Denni, ich vermisse dich’ oder ‘Ich hab Sehnsucht nach dir’, nichts. Nicht mal ein ‘Guten Morgen, Denni!’. Ach, ich vergaß, Tommy hat bestimmt schon in dieser Nacht bei seinem Emo-Lover gepennt und sich mächtig von ihm rannehmen lassen. Wenn ich mir vorstelle, wie mein Kleiner mit einer unbekannten Person schläft, bekomme ich sowieso schon immer die Krise. Aber wenn er sich auch noch von jemandem ficken lässt, auf den er scharf ist, na dann will ich mir am liebsten Tommys Rasierklinge schnappen und meinen Konkurrenten um den ganzen Block jagen. Tommy verdient nur das Beste. Und das bin ich. Irgendwann, ich sitze gerade mit meinem Bruderherz in der Küche und mampfe mit ihm gemeinsam Müsli, klingelt doch noch mein Handy. Als ich auf den Display schaue, bekomme ich Suppentassenaugen in Herzchenform. “Dein Schnuckel-Tommy?”, grinst mich Flo von der Seite an. “Nimm schon ab und glotz nicht so dumm. Sonst legt er noch auf.” Hastig drücke ich auf den kleinen, grünen Hörer, um das Gespräch anzunehmen, auch wenn ich vor Herzhämmern wahrscheinlich keinen ordentlichen Ton herausbekommen werde. Aber egal. “Jaaa?”, frage ich lang gezogen und erwartungsvoll, den Blick zum Boden gewandt, damit ich die Visage meines Bruders nicht zu sehen brauche. “Denni? Ich bin´s, Tommy!”, antwortet der kleine Emo mit zuckersüßer Stimme, die mir alle Härchen auf dem Rücken und den Armen aufrichtet. “Kennst du mich denn nicht mehr?” “Doch, doch”, nicke ich schnell in der Hoffnung, Tommy hat sich das mit seinem richtig schönen ersten Mal doch noch anders überlegt und bevorzugt lieber mich als Partner. “Und? Was steht an?” “Du, ich hab Alex angerufen”, erzählt mir Tommy in geheimnisvoller Tonlage, und als ich meinen Hassnamen Nummer eins, ‘Alex’ höre, spucke ich augenblicklich mein Müsli zurück in die Schüssel. “Ähm…er will sich mit mir treffen…heute…und da dachte ich so, dass du vielleicht mitkommen könntest, so als ‘Entwicklungshelfer, verstehst du?” Ich verstehe besser als du denkst, Schätzchen. Jetzt soll ich dir auch noch helfen, dass der Kerl mit dir ins Bett steigt? Nee. Kannste vergessen. Andererseits…mitgehen werde ich. Erstens, um die hässlichen Schwuli-Griffel dieses Alex-Wesens von dir fern zu halten und zweitens, damit ich ein bisschen stänkern kann. Schließlich habe ich sehr lange nicht mehr nach Herzenslust provoziert. Und wenn dann so ein kleiner schwuler Emo vor mir steht, der mir auch noch was wegnehmen will, krame ich extra schlimme Beschimpfungen aus meinem Hirn heraus. “Ja, ich komme mit”, bestätige ich Tommy zugleich artig, oh oh, wenn er mein Grinsen sehen könnte. “Cool!”, freut sich mein Gesprächspartner und quietscht förmlich am anderen Ende der Leitung. “Alex will ins ‘Ghostbuster’ gehen, so ein Dark-Club. Ist doch okay, oder?” Hä, am Sonntag? Welcher Depp geht am Sonntag in ne Kneipe? Der Junge muss völlig debil sein, aber mir war ja schon von vornherein klar, dass zu dem nicht viel dazu sein kann. Mit so einem gehst du nicht ins Bett, Tommy. Eher ficke ich Kevin oder Timo oder alle beide gleichzeitig. Da kannst du Gift drauf nehmen, Schwuchtel-Emo-Alex wird meine Gesellschaft nicht sehr schätzen. Irgendwas böses wird mir für ihn sicher einfallen, außer den Schimpfwörtern versteht sich. Hach, Dennis, spürst du das Sadistenblut durch deine Adern fließen? Ja, ich spüre es… ***** Schließlich verabredeten wir uns für heute Nachmittag in besagter Düster-Kneipe. Ziemlich erwartungsvoll style ich mich ein wenig, ja, heute könnte man es wirklich mit diesem Wort bezeichnen, denn ich hole sogar still und heimlich den Haarspray meiner Mutter aus dem Spiegelschränkchen und sprühe mir unter Husten den ganzen Kopf voll. Bäh, das Zeug schmeckt widerlich, es riecht widerlich und als ich mir durch die Haare greife, merke ich zudem, dass es sich auch widerlich anfühlt. Wenn das mal wieder rausgeht, sonst erscheine ich morgen mit Rastalocken in der Schule, weil alles verfilzt ist und der Kamm nach einem schweren Kampf kapituliert hat. Da ich kein Parfüm besitze, entschließe ich mich dazu, Papas Duft an meinen edlen Körper zu lassen. Zwar ziemlich scheiße, wenn man nach seinem eigenen Vater riecht und jeder gleich weiß, dass man Papas Sohn ist, aber Tommy hat ja zum Glück noch nicht an meinem Alten geschnuppert. Sofort fallen mir wieder Horrorgedanken ein, die so gruselig sind, dass ich selbst Gänsehaut und einen flauen Magen bekomme. Was wäre, wenn mein Vater durch das Rotlichtviertel gehen würde, dort, wo die ganz jungen Stricher sind, und auf Tommy stoßen würde? Würde er ihn mitnehmen? Mit einem heftigen Kopfschütteln verwerfe ich diesen abwegigen Gedanken. Mein Vater ist nicht schwul und steht somit auch nicht auf kleine Jungs. Obwohl Tommy in meinen Augen kein kleiner Junge ist, sondern ein sehr attraktiver Kerl… ***** Für wenig später schon ist mein Treffen mit Tommy und seinem Möchtegern-Lover angesetzt. Punkt vier Uhr stehe ich wie bestellt und nicht abgeholt vor dem Schuppen und schüttle den Kopf über Tommys Verspätung. Schließlich erscheine ich stets pünktlich bei meinen Verabredungen, was auch darin liegen könnte, dass ich mich weniger aufdonnere als der kleine Emo. Bestimmt steht er ewig vor dem Spiegel und kann sich nicht entscheiden, was er anziehen soll. ‘Geh doch einfach nackt!’ würde ich in so einem Fall sagen. ‘Du siehst doch auch ohne Klamotten geil aus, ganz bestimmt.’. Ich stelle mir gerade Tommys versautes Grinsen vor und spüre mit Wonne, wie er mir um den Hals fällt und mich leidenschaftlich küsst. Oja, schon bei dem Gedanken regt sich in meiner Hose was. Dennis, jetzt mach dich nicht noch selbst ganz verrückt. “Hey, Denni!”, begrüßt mich endlich der Emo mit fröhlicher Stimme und hüpft vor mir auf und ab, so nervös scheint er schon zu sein. Ein wenig verstimmt erwidere ich ein ‘Hey’, dann halte ich Tommy die Tür auf und gehe nach ihm rein. “Wohl wieder ‘Ladys First’?”, lächelt mir Tommy verführerisch zu, was mir eine Gänsehaut den Rücken hinuntertreibt. Irgendwie, vielleicht bin ich auch wirklich schon völlig durchgeknallt, glaube ich trotz allem noch, dass der Kleine eigentlich was von mir will und nicht von diesem Typen, der sicher bereits auf Tommy wartet, um ihm seine Hand in den Schoß zu legen. “Komm mal her, Schatz”, haucht mir Tommy noch zu, packt mich am Ärmel. So steht er vor mir, ich ganz erwartungsvoll, was er denn nun wieder mit mir armen Irren vorhat. Tommy legt den Kopf schief und sieht mich prüfend an. “Irgendwas hast du doch”, stellt er seine Diagnose, während er mir tief in die Augen schaut und seine Hand auf meinen Hals legt. “Du bist so…seltsam…” “M-mir geht’s g-gut”, bringe ich nur hervor, da mich Tommys Berührungen natürlich voll aus dem Konzept bringen. “Ich hab nur zwei Nächte schlecht geschlafen, das ist alles.” “Da ist ja gut”, sagt mein Gegenüber nun wieder fröhlicher und nicht mehr so besorgt. “Aber trotzdem…komm mal her.” Ehe ich es mir versehen kann, küsst der Kleine meine Wange, arbeitet sich vor bis zum meinem Mundwinkel, den er sogar sanft mit der Zunge bearbeitet, ihn vorsichtig anstupst um danach darüber zu lecken. Meine Augen schließen sich wie automatisch, als die Gefühle wie wild durch meinen Körper rasen, ich glaube, er macht mich wahnsinnig, wenn er nicht sofort damit aufhört. Einerseits zum Glück und andererseits leider löst er sich von mir und schaut mich fragend an. Was erwartet er jetzt von mir? Mein Kopf ist leer gepustet wie ein bemaltes Osterei. Da ist nichts mehr mit einen klaren Gedanken fassen. Man, Tommy, du hast mich halb auf den Mund geküsst, was soll ich da noch sagen? Schön, dass du gleich mit diesem Alex-Typen noch heftiger rumknutschen wirst als jemals mit mir? Ganz toll. Warum machst du es mir nur so schwer, Porzellanpüppchen? ***** Lauter dunkle Gestalten treiben sich in dieser Kneipe herum, zum Glück noch nicht allzu viele, denn welcher Trottel geht um die Uhrzeit schon saufen und feiern? Wahrscheinlich nur Alex. “Dort hinten sitzt er, oh man, ich bin so nervös!”, quiekt Tommy, ich komme mir in dem Moment wie jemand vor, der seine dreizehnjährige Freundin zu ihrem ersten Date begleitet, was mich noch saurer macht. Gezwungenerweise nähere ich mich ein Stück weit hinter Tommy dem Sofa, auf dem die schwarzblonde, hässliche Emo-Schwuchtel sitzt und bereits einen Cocktail schlürft. “Uh, ich wittere Emo-Blut!”, lasse ich schrullig verlauten, als Tommy die Schwuchtel stürmisch umarmt, nur scheinen die beiden meine Worte gehört zu haben. “Ist der ein Emo-Hasser?”, will der Schwarzblonde wissen, der ausschaut wie ein Streifenhörnchen. “Nein”, schüttelt Tommy den Kopf, ich stehe nur mit verschränkten Armen da und begutachte argwöhnisch den Rivalen, der mich total blöde anglotzt. “Das ist Dennis, ein Kumpel. Dennis, das ist Alex.” Na super. Nicht mal ‘Denni’ nennt er mich vor diesem Wesen, und natürlich werde ich nur als x-beliebiger Kumpel abgestempelt. Der Kleinere streckt mir die Hand entgegen und sieht mich so an, dass ich mir wünschte, ich hätte einen Elektroschocker dabei. Boshaft drücke ich seine Griffel fest zusammen, was den Anderen gleich dazu verleitet, seine Finger heftig auszuschütteln. Wenn schon nicht Elektroschocker, dann eben Schraubstock. Wenig später finde ich mich neben dem Streifenhörnchen wieder, Tommy hat zu seiner rechten Platz genommen. Prüfend mustere ich den schwarzblonden Emo, komme schließlich zu dem Entschluss, dass er ungefähr genauso feminin wirkt wie Tommy, und das ist in meinen Augen ein sicheres Indiz für Homosexualität. Ja, so sieht ne waschechte Schwuchtel aus. Das zarte, putzige Näschen, die vollen Lippen und die geschminkten Augen. Nee, Tommy, tut mir leid, aber der ist nichts für dich. Du brauchst nen richtigen Mann an deiner Seite. Provokant ruht mein Blick minutenlang auf meinem Rivalen, der dies irgendwann bemerkt hat. “Is was?”, fragt er und guckt mich an, auf seiner Stirn steht ‘Schlag mich zu Brei’. “Du siehst aus, als wärst du sogar beim Resteficken übrig geblieben”, antworte ich in einer Seelenruhe, lege lässig ein Bein auf das andere und gucke kurz zu Tommy, um seinen bewundernden Blick für meine Coolness abzufangen. “Weil…wer fickt schon ein Streifenhörnchen? Deswegen hast du dich ja auch Tommy an den Hals geschmissen und ihn mit deinem ‘Streifenhörnchen-Charme’ eingewickelt. Leider hat es nicht geklappt. Better luck next time, Prince Charming.” Mein Monolog scheint ihn kurzfristig zu überfordern, Tommy zischt mir ein kurzes ‘Dennis!’ zu, doch ich höre nicht auf, nein, schließlich fängt es gerade erst an, Spaß zu machen. Und Streifenhörnchen-Alex kann nicht kontern…och, jetzt hab ich aber Mitleid… “Sag mal, hast du was gegen mich?”, will Mr Black-and-White wissen und schüttelt den Kopf. “Bist du so ein komischer Hopper, der jeden mit seinem Assi-Jargon runtermachen muss?” Ich grinse nur vor mich hin und hebe meinen Cocktail an den Mund. “Du hast echt nen bescheuerten Kumpel, Tommy. Wie kannst du dich mit so einem abgeben?”, meint der Andere zu meinem kleinen Emo gewandt. Tommy sagt darauf nichts, er zuckt nur mit den Schultern und winkt darauf Streifenhörnchen näher zu sich heran. “Wenn du dem jetzt ins Ohr flüsterst, dass du geil auf ihn bist, dann ist das geschwindelt. Wer tuschelt, der lügt, das weißte, Tommy?” Leider erhalte ich keinen Kommentar auf meinen Spruch, die beiden lassen sich auch nicht von ihrem Getuschel abbringen. Bestimmt macht Tommy mit dem Dirty Talk, was er mit mir noch nie gemacht hat und auch nie machen wird. Bestimmt knutschen die beiden jeden Moment, wenn Tommy das macht, raste ich aus! “Du hast echt so einen kleinen Arsch in der Hose”, mache ich Streifenhörnchen weiter runter, der nun die Hand auf Tommys Oberschenkel gelegt hat und ihn sanft auf und ab streichelt, was mich vor Wut kochen lässt. Hastig kippe ich mir mein Getränk herunter und bestelle mir zugleich ein Neues, denn diese Szene ist nur besoffen zu ertragen. “Und erst deine winzigen Streifenhörnchen-Eier und dein Streifenhörnchen-Schwanz. Geh doch in den Zoo, du stehst schließlich auf Sodomie. Die Streifenhörnchen freuen sich bestimmt über dich. Schwuchtel, Alter.” Ein paar Getränke später haben die beiden zwar noch immer nicht geknutscht, aber garantiert wird es happig eng in Tommys Hose, denn Alex berührt häufiger wie zufällig seinen Schritt. Da ich diesen Anblick einfach nicht verkraften kann, ertränke ich meinen Kummer im Alkohol, oh ja, er zeigt bereits seine Wirkung. “Tommy, du bist ja zweimal da, bekomm ich deinen Zwilling ab?”, lalle ich betrunken und glotze meinen Kleinen an, der aber einfach nicht auf meine Frage antworten will. Leider gibt es nun auch zwei Streifenhörnchen, aber nicht mehr lange. Denen mach ich den Garaus, allen beiden! Ruckzuck habe ich den Fremdkörper hinten am T-Shirt gepackt und von Tommy weggezogen. “Was soll denn das?”, flucht Streifenhörnchen, leider weiß ich nun gar nicht, in welches der beiden hässlichen Gesichter ich reinschlagen muss. “Biste bescheuert, man?” Drohend erhebe ich meine Faust, presse meine Lippen fest aufeinander und denke, jetzt biste gleich Brei, du… “Denk nicht mal dran, Dennis!”, schreit mich plötzlich Tommy an, der mir den Arm herunterdrückt und mich von seinem Mr Lover wegzieht. “Alta, bist ja voll der Wrestler!”, lalle ich unbeholfen, vor meinen Augen beginnt sich nun alles mehr oder minder zu drehen. Ich glaub, ich bin im Karussel…geil… “Du kommst jetzt mit mir mit. Auf die Toilette”, weist Tommy an, hebt mich beinahe hoch und schleift mich bis zum Männerklo. “Einen Quickie willste, kannste gerne haben, du geile Schwuchtel!”, lasse ich verlauten, als sich die Tür hinter uns schließt. Leider kommentiert Tommy mein Angebot nicht. “Sag mal, bist du jetzt völlig übergeschnappt? Erst macht du Alex aufs übelste runter und als wäre das noch nicht genug, gibst du dir helllichten Tag die Kante. Schämst du dich denn nicht?” An eines der Waschbecken gelehnt glotze ich die zwei Tommys verliebt an. “Du siehst so schön aus”, lobe ich seine Abbilder und torkle näher zu ihnen heran, seine Gardinenpredigt ist mir scheißegal. “So wunderschön.” “Geh weg, du stinkst!”, weist mich der Emo entschieden von sich, guckt mich angewidert an und schüttelt dann den Kopf. “Ich hatte eigentlich erwartet, dass du mich mit Alex zu verkuppeln versuchst, aber anstelle führst du dich auf wie ein eifersüchtiger Trottel.” Tommy macht eine kurze Pause und sieht dann an mir hinauf. “Du bist doch nicht im Ernst eifersüchtig? Man, Denni, du bist hetero, stockhetero. Das kann nicht sein.” “Ich schlag die Fotze dort draußen zu Brei, danach kannst du ihn aufwischen”, drohe ich und nähere mich wieder Tommy. Er zieht mich an wie das Licht die Motte, ich liebe ihn so, ich will ihn küssen, überall, seinen wunderschönen Körper entblößen und ihn nehmen, wild und leidenschaftlich. “Man, jetzt hau ab”, verlangt Tommy, als ich vorsichtig meine Hände auf seinen Po lege und seinen Hals küssen möchte. “Hab ich mich nicht klar ausgedrückt? Du bist besoffen, ich mach nicht mit Besoffenen rum! Lass mich los, oder du kriegst mich zu spüren!” “Ja, Tommy, lass mich dich spüren, du bist so geil, ich will dich”, schmachte ich, leider klatscht Tommy nun, aber keinen Beifall. Doch auch das ist mir egal. “Mh, bist wohl eher Sadist als Masochist”, grinse ich breit. “Ich steh total darauf. Na komm schon, versohl mir den Hintern, du Schwuchtel.” “Es ist das Beste, wenn ich dich nun nach Hause bringe. Du bist vollkommen hinüber”, meint Tommy kopfschüttelnd, zerrt mich aus der Toilette und platziert mich kurz auf einem Stuhl, um sich von seinem Streifenhörnchen zu verabschieden. “Tommy steht auf Sodomie!”, töne ich lauthals durch die ganze Kneipe. “Tommy machen Tiere geil, guck dir an sein kleines Teil!” Wenig später werde ich regelrecht abgeführt und zur Straßenbahn geschleppt. “Hinsetzen!”, befiehlt mir Tommy, als wir einsteigen und schubst mich auf einen Sitz am Fenster, er selbst nimmt neben mir Platz und versucht Distanz zu mir zu wahren. Was ihm aber nicht gelingen wird, nein… “Was glotzt’n ihr so?”, pöble ich ein paar alte, aufgedonnerte Damen an, die mich ganz schockiert angucken. “Seid ihr scharf auf meinen Tommy? Den gibt’s nicht, der ist meine heiße Domina. Mein Dominik. Ne, Tommy? Bist doch ne männliche Domina!” Tommy nimmt mich gar nicht mehr wahr, oh, da muss ich wohl zu drastischeren Mitteln greifen. Zärtlich kuschle ich mich an meinen Süßen, er fällt durch mein Gewicht beinahe vom Stuhl und damit auf den Gang. “Lass das!”, zischt er mir zu und drückt mich ärgerlich von sich. “Ich bin froh, wenn du endlich im Bett liegst und Ruhe gibst.” “Da geb ich keine Ruhe, da ficken wir erstmal ne Runde!” “Werden wir nicht. Und jetzt sei leise.” “Ich bin leisööö!” “Die Leute gucken schon, man, ich mach mich völlig zum Affen mit dir. Morgen sind wir garantiert in der Zeitung!” “Geil, und von dir gibt’s ein Nacktfoto in der Bild. Das häng ich mir übers Bett und wichs drauf. Du bist so heiß, Tommy. Nicht ‘Ice Ice, Baby‘ sondern ‘Heiß heiß, Baby‘.” Irgendwann beendet Tommy unser Gespräch, außerdem wird es Zeit, auszusteigen. ***** Home, sweet home. “Komm in mein Bett, Tommy-Boy!”, fordere ich den Kleinen auf, als er mich in mein Zimmer gebracht und auf der Matratze platziert hat. Verlangend schaue ich den Angesprochenen an, der jedoch scheint meinen Blick nicht richtig deuten zu können, breitet die Zudecke über mir aus und schüttelt nur den Kopf. “Du pennst jetzt erstmal ne Runde, wir sehen uns morgen in der Schule”, sagt Tommy, dessen Hand ich gerade noch schnappen konnte, ehe er mich verlässt. “Ich liebe dich, Tommy, lass mich nicht allein”, schmolle ich, spüre aber die Müdigkeit in mir hinaufkriechen, die mir förmlich die Augen zuschlägt. “Morgen liebst du mich nicht mehr”, höre ich Tommy im Halbschlaf seufzen, dann bin ich bereits im Land der Träume angekommen und nasche Schokolade von Tommys Lippen… Kapitel 15: Lügen haben lange Nasen ----------------------------------- Ich habe tatsächlich durchgepennt, bis sechs Uhr in der Früh. Natürlich herrscht erstmal ausgiebige Katerstimmung, als ich mich aus meinem Bett schäle und mir den brummenden Kopf halte. Scheiße. Gestern muss ich voll übertrieben haben. Leider ist das Letzte, an das ich mich erinnern kann, die Sticheleien gegenüber Alex, dem Streifenhörnchen. Ja, dem hab ich es voll gezeigt, denke ich mit einem Lächeln, das mir aber sofort zu anstrengend wird, jeder Muskel tut mir weh. Bestimmt hat auch Tommy eingesehen, dass der Typ nicht gut genug für sein erstes schönes Mal ist. Wer weiß, vielleicht haben wir sogar rumgeknutscht? Nein, das wäre nicht gut, denn davon möchte ich alles mitkriegen, seinen Geschmack, seinen Duft und das Gefühl, wie unsere Zungen sich zu einem leidenschaftlichen Spiel finden. Langsam erhebe ich mich vom Bett, mein Kopf ist schwer wie eine Wassermelone. Rollmops, ich brauche Rollmops! Wie ein auferstandener Zombie trotte ich in das Badezimmer, um einen halbwegs ansehnlichen Mensch aus mir zu machen, denn zu allem Übel ist heute Montag und das bedeutet Schule. Dumm war es schon, dass ich mir am Sonntag die Kante gegeben habe. Doch eigentlich ist daran nur dieses Streifenhörnchen schuld. Ich MUSSTE schließlich saufen, notgedrungen, da dieses Wesen seine Wichsgriffel nicht bei sich behalten konnte und Tommy mit ihnen betatscht hat. Wie er ihn im Schritt berührt hat, bah, ich seh es noch immer vor mir, dieses Horrorszenario. Porno für Arme, was der abzieht. Aber Tommy steht darauf nicht, der will richtig verführt werden, nach allen Regeln der Kunst… Halbwegs gestylt und ohne Frühstück, Rollmops war aus, mache ich mich auf den Schulweg. Vielleicht kaufe ich mir in der Mensa ein Fischbrötchen. Als ich in besagter angekommen bin, sehe ich doch meinen kleinen Tommy am Süßigkeitenautomaten stehen. Sofort breitet sich ein Grinsen in meinem Gesicht aus. Bestimmt freut er sich, wenn ich ihn ein wenig necke… “Na, du Naschkatze!”, begrüße ich den Emo, der mich noch nicht bemerkt zu haben scheint. “Was solls denn sein? Twix? Ritter Sport? Oder doch lieber mich?” Tommy wirft das Geld ein, drückt die Nummer für Kinder-Bueno und bückt sich runter zur Ablage. “Ey, redest du nicht mehr mit mir?”, will ich von dem Kleinen wissen. “Eigentlich müsste ich sauer sein, weil…” “Ach ja?” Tommy dreht sich blitzartig zu mir herum und guckt zu mir hoch, in mein vom Kater gezeichnetes Gesicht. “Ich soll es wohl noch geil finden, dass du zuerst mein Date total ruinierst, mich auf der Toilette belästigst und als wäre das noch nicht genug, mich in aller Öffentlichkeit blamierst. Man, schäm dich. Du warst endpeinlich, und dein Gegrabsche ging mir dermaßen auf den Sack, das ist gar kein Ausdruck mehr.” Ach, auf den Sack ging es ihm? Also hat er dicke Eier davon bekommen. Mh, Tommy, ich wusste, dass du auf mich abfährst… Aber ich glaube fast, dass er es ganz anders meint. Schließlich schaut er wütend aus, so, als ob er mir jeden Augenblick eine klatschen wolle. “Tut mir leid, man, ich war betrunken. Da passiert so was schon mal”, presse ich ein wenig schuldbewusst hervor, obwohl ich mich gar nicht daran erinnern kann, dass ich Tommy begrabscht haben soll Vielleicht hat er das ja auch nur geträumt, ist schließlich sein heimlicher Wunschtraum…genau wie meiner auch… “Du warst echt so was von daneben, Alex will nun nichts mehr von mir wissen, vielen Dank auch. Warst echt ne große Hilfe. Nächstes Mal nehme ich dich nicht mehr mit”, schmollt Tommy, innerlich jubiliere ich, trotz seiner Vorwürfe. Ich hab Streifchen ausgeknockt, ich hab Streifchen ausgeknockt, schalalala! Man, das war es doch wert, Tommy bekommt sich schon wieder ein, da bin ich mir sicher. Der Rest war jedenfalls ein voller Erfolg. ***** Heute beginnt die Woche, in der Tommys Klasse auf Klassenfahrt gefahren ist. Wortlos trotten wir nebeneinander her, der Emo schmollt noch immer, auf die Frage, ob er sich neben mich setzen möchte, brummelt er nur etwas, das genauso gut ‘Nein’ wie auch ‘Ja’ bedeuten kann. “Komm, Tommy, hier ist dein Platz”, sage ich, als ich mich bereits auf meinen Stuhl in der letzen Bankreihe gesetzt habe und den Kleinen zuckersüß anlächle. “Ich muss erst warten, was der Lehrer sagt”, nuschelt Tommy nur und geht sofort zu Herrn Otto, dem Geschichtslehrer, der gerade gut gelaunt zur Tür hereinkommt. Gespannt warte ich ab. “Ich soll mich neben dich setzen, Dennis”, meint Tommy wenig später, er sieht nicht sonderlich erfreut darüber aus, schmeißt seine Tasche auf den Boden und lässt sich dann auf dem Stuhl links von mir nieder. “Hey, waren wir nicht schon beim ‘Denni’? Anderenfalls will ich, dass wir uns siezen”, versuche ich, meinen Schatzi einzulullen, irgendwie habe ich das dumme Gefühl, dass heute verkehrte Welt herrscht. Schließlich bin ich sonst immer derjenige, der eingeschnappte Leberwurst ist und nicht Tommy. Nun wirft er mir einen kurzen, fragenden Blick zu. “Dennis, könnten Sie mir bitte ein Blatt geben? Meine sind leider alle.” “Du bist doof, man”, schüttle ich den Kopf und reiße ein liniertes Blatt von meinem Block ab, das ich Tommy reiche. “Das bekommst du aber nur, wenn du ‘Danke, liebster Denni’ sagst.” “Du bist genauso doof”, sagt der Emo und kann nun auch nicht mehr ernst bleiben. “Schade, dass es nicht klappt, böse auf dich zu sein. Aber ich hab dich eben viel zu lieb.” “Ich dich auch”, flüstere ich dem Kleinen zu, der von der Bank verdeckt über meinen Oberschenkel streichelt, was mir natürlich irre Gänsehaut bereitet. Doch plötzlich verschwindet das Lächelns aus Tommys Gesicht, was mich ihn fragend anschauen lässt. “Gestern hast du noch was anderes gesagt, als du betrunken warst. Aber du warst eben nicht ganz bei dir, deswegen nehme ich an, dass es nicht dein Ernst war”, erzählt mir Tommy ein wenig wehmütig und blickt auf das leere Blatt vor seiner Nase. “Was hab ich denn gesagt?”, will ich ganz neugierig wissen. Doch da fällt mir ein, dass ich mich gerne verplappere, wenn ich besoffen bin, dass ich da gerne sage, was mir in nüchternem Zustand nie über die Lippen gekommen wäre. Oh je. Wer weiß, was mir da rausgerutscht ist. “Ach, ist nicht so wichtig, ist egal”, wehrt der Emo meine Frage schnell ab, der Stundenbeginn verhindert außerdem ein ordentliches Gespräch. ***** Zum Glück nähert sich die langweilige Geschichtsstunde irgendwann dem Ende, ich habe beobachtet, dass Tommy die ganze Zeit irgendwas mit seinem Handy gemacht hat. So ein Suchti. In der Pause nimmt der Emo einfach so mit seinem Popo auf dem Tisch platz, holt sich einen Joghurt aus der Tasche, zieht den Deckel ab und schleckt genüsslich daran rum. “Was guckst’n so?”, grinst er mich von oben an, als er meinen interessierten Blick bemerkt hat. “Willst wohl auch mal lecken, mh?” “Nee, du, ich hab ne Banane”, grinse ich frech und hole die lange, gelbe Frucht aus meiner Tasche, beginne sie zu schälen und stecke sie mir in den Mund. Tommy beobachtet mich natürlich ganz genau dabei, bestimmt muss er auch an das peinliche Foto denken, dass meine Kumpels von uns dreien geschossen hat. Tommy, ich und eine Banane. Ja, wir haben einen Frucht-Fetisch. Keine Frage. Als ich meine Banane verspeist habe, glotze ich Tommy noch eine ganze Weile an, während er seinen Kirschjoghurt löffelt. Das sieht man es, schon wieder Früchte. Irgendwie fasziniert es mich, wie Tommy den Löffel zwischen seinen Lippen verschwinden lässt oder gar genüsslich darüber leckt, oh man, ich wünschte, ich wäre der Löffel, so dumm es auch klingen mag. Aber mein Blick bleibt nicht ewig an seinem Mund hängen, er gleitet anstelle an seinem Körper hinunter, bis er auf seinem Schritt liegen bleibt, dort, wo ich außer seinen Lippen ebenfalls extrem gern wäre. “Ey, du guckst mir zwischen die Beine!”, bemerkt Tommy und gluckst vergnügt. “Hab ich dort vielleicht etwas, das du nicht hast, mh?” “Nein”, erwidere ich. “Nur alles in viel schöner.” Oh shit. Was rutscht mir denn nun wieder für ein anstößiges Zeug heraus? Das kommt ja für meine Begriffe fast einer Liebeserklärung gleich. “Woher willst du denn das wissen?”, sagt Tommy, legt den Kopf süß guckend schief und stellt den Joghurtbecher neben sich auf den Tisch. “Ich hab dir meinen Schwanz nicht gezeigt, auch wenn du dich darüber kringelig gefreut hättest. Du warst gestern echt notgeil, schlimmer als in nüchternem Zustand. Obwohl, geht das überhaupt?” “Du Scherzkeks!”, necke ich meinen Süßen liebevoll, der sich nun neben mich setzt, zuerst mich grinsend ansieht, dann nach allen Richtungen schaut und als er sich unbeobachtet fühlt, seine Arme hastig um mich schlingt und mich fest auf die Wange knutscht, sodass mir halb die Luft wegbleibt. “Hng, Tommy, du erdrückst mich ja!”, beschwere ich mich lachend und gebe dem Kleinen den Kuss zurück. Der jedoch wird noch übermütiger und drückt bestimmt fünf Küsse hintereinander abwechselnd auf meine Backen. “Wenn uns jemand sieht, Süßer”, merke ich an, während ich mich wie ein Betrunkener oder ein Drogensüchtiger fühle. “Hast du Angst, dass der dann mitmachen will?”, grinst Tommy und streichelt nun meine Wangen, oh Gott, das ist so unheimlich schön! Wie gerne würde ich nun mein Gesicht drei Zentimeter dem Tommys nähern, unsere Lippen würden sich ganz federleicht berühren, bis wir uns voller Gier knutschen würden, die Welt um uns herum völlig vergessen, egal, ob die Stunde wieder beginnt, egal, ob der Lehrer uns ermahnt, egal, ob unsere Mitschüler dumme Kommentare abgeben. Ich will Tommy, ich will ihn mit Haut und Haar. Es könnte so schön sein, so unglaublich… “Träumst du?”, weckt mich Tommy aus meinen Gedanken, er sieht so toll aus, sein Blick ist so verträumt, seine Piercings so einladend. Ob ich es tun soll? Soll ich mich ihm nähern, vorsichtig von seinen Lippen kosten, probieren, ob sie noch nach Kirschjoghurt schmecken? Nein. Ich kann es nicht. Nicht jetzt und nicht hier. Das Stundenklingeln erleichtert meine Entscheidung zusätzlich, der Versuch, meine Gefühle zu verdrücken, scheitert zwar trotz des Sozialkundestoffs. Wie ein verliebtes Mädchen zeichne ich Herzchen auf meinen Block, ertappe meinen Stift sogar dabei, wie er ein ‘T’ in eine der Formen schreibt. Erschrocken darüber verdecke ich die Kritzeleien mit der Hand, wenn Tommy sie sieht, der Boden würde sich unter mir öffnen vor Scham. Dennis, dieses Kitschgehabe passt einfach nicht zu dir. Wie sehr mich der Junge zu meiner linken verändert hat, zu welchen Gefühlen ich fähig geworden bin, wenn mir vor einer Woche jemand gesagt hätte, dass ich mich bald verlieben würde, ich hätte mich vor lachen auf dem Boden gekugelt. Dennis, der Obermacho. Aber kaum erscheint Tommy-Boy auf der Bildfläche, schwups, da ist es um mich geschehen. Zauberei? Manipulation? Oder gar Gehirnwäsche? Ich weiß es nicht. Und ich werde die Gründe wahrscheinlich auch nicht erfahren. Nebenbei gesagt, sie sind relativ unwichtig in meinen Augen. Viel wichtiger wäre es, dass Tommy endlich auf meine Flirtversuche ernsthaft eingeht und nicht immer denkt, das wäre nur Spaß. Tommy, ich habe ABSICHTEN! Huhu! Verstohlen linse ich zu meinem Banknachbar, der meinen Blick natürlich sofort bemerkt und mit einem Lächeln kommentiert. Hach, vielleicht wird das heute Nachmittag was, wenn wir mein Umstyling in Angriff nehmen. Ich werde einer von Tommys Artgenossen sein, irgendwie ein guter Gedanke. Schließlich ist es ja bei den Tieren auch so: Man paart sich nur mit Artgenossen. Tommy? Nicht wahr? Emo+Emo=Love. Da lern ich sogar noch Mathe nebenbei… ***** Der Schultag vergeht quälend langsam, doch irgendwann sind auch die zwei Mathestunden hinter sich gebracht. Tommy holt mich um 15.00 Uhr ab, um mit mir Shoppen zu gehen und mich bei meiner Kleiderwahl zu beraten. Das Dumme ist nur, dass ich auch noch beim Friseur vorbeischauen soll, der meinen Haaren einen ordentlichen Emo-Schnitt verpasst und das ganze schwarz wie Lakritze einfärbt. Bah, ich hasse Lakritze! Aber was tut man nicht alles für seinen Angebeteten… Etwas mulmig ist mir schon, als das Türklingeln anzeigt, dass Tommy unten auf mich wartet. Noch einen kurzen Blick werfe ich in den Korridorspiegel und sage ade zum guten, alten Dennis, der als ein ganz anderer Mensch zurückkommen wird, ob er will oder nicht. Jetzt heißt’s Augen zu und durch, tschüss aschblondes Haar, ich werde dich vermissen. Keine halbe Stunde später werde ich von Tommy in einen Laden geschoben, dessen Wände schwarz gestrichen sind, der Boden ist dunkelrot und die Klamotten, die darin hängen, sehen aus wie Mönchskutten oder Nonnengewänder. Schwarz, schwarz, schwarz, wohin das Auge reicht. “Meinst du wirklich…wir finden hier was für mich?”, zweifle ich, als ich zwischen den Regalen lang husche, der schwarzgekleidete Tommy passt sich wie ein Chamäleon perfekt seiner Umgebung an. “Klar, Denni”, nickt er eifrig und zieht ein T-Shirt von der Stange, mit buntem Aufdruck, oh nein, es sieht emoartig aus! “Das wäre doch ganz hübsch, nicht zu ausgefallen und schön figurbetont…” “Figurbetont, pah”, grummelt das Echo und eilt weiter, Tommy kommt gar nicht mehr hinterher, guckt noch hastig hier und da und hält schließlich meinen Ärmel fest. “Jetzt warte doch mal”, bestimmt der Kleine. “Wir wollen doch auch noch eine schöne enge Röhrenjeans für dich aussuchen…” “…damit du meinen Arsch auch schön siehst, glaub mir, ich weiß, dass du das aus Eigennutz machst”, sage ich, Tommy antwortet gar nicht erst, er sammelt lieber noch ein paar weitere Stücke für meine Garderobe und hat schließlich den ganzen Arm voller schwarzer Lumpen. “So, jetzt noch ein Nietengürtel und dann gehst du anprobieren”, weist der Emo mich an, ich langweile mich derweil auf der aufgestellten Sitzgelegenheit. “Willst du mich für ne Bad-Taste-Party ankleiden, oder was?”, nörgle ich, als ich in Richtung der Umkleidekabinen gezogen werde, Vorhang auf, Dennis rein, Klamotten hinterher geschmissen. “Ich zieh das nicht an. Das ist gar nicht schön”, brummle ich von drinnen, Vorhang auf, Tommy rein, Klamotten geschnappt. Verdutzt gucke ich den Kleineren an, der grinsend die Hose mustert und sich wahrscheinlich schon meinen Arsch darin vorstellt. “Ich werde mich NICHT ausziehen. Erst recht nicht vor deinen neugierigen Augen”, schmolle ich, da es mir ein wenig unangenehm ist, mit Tommy auf engstem Raum zu stehen und keine Fluchtmöglichkeit zu haben. “Doch, das wirst du. Und ich helfe dir dabei. Bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt”, sagt Tommy, oh Gott, er macht sich an meiner Hose zu schaffen, öffnet schließlich den Knopf, zieht den Reißverschluss nach unten, scheiße, dort ist mein Schritt, mein kleiner Dennis, Tommy, wenn du ihn anfasst, dann springt er dir entgegen! Mein Puls beläuft sich wahrscheinlich zwischen 180 und 200, irgendwo in der Nähe meiner Gurgel puckert mein Herz so heftig, als würde ich gerade an einem Dauerlauf teilnehmen. “Mh, schöne Schlüpper, Denni”, bemerkt der kleine Emo, shit, shit, als ich an mir herunterschaue, sehe ich das Dilemma. Ich hab tatsächlich meine ältesten Boxershorts an, mit Blümchen drauf! Ich hasse Blümchen! Und noch mehr hasse ich es, dass Tommy mich nicht ganz unverblümt sieht. Hastig greife ich nach der Röhrenjeans, ziehe mir das Teil über die Beine und mache sie oben zu, man, ich hätte nie gedacht, dass ich die so leicht über meinen Hintern bekomme. “Die kneift im Schritt”, bemerke ich ganz unglücklich und blicke den kleinen Emo an, der ganz angetan an mir herabschaut. “Jetzt glotz nicht so. Die ist zu eng. Die will ich nicht kaufen…” “Ach, jetzt hab dich nicht so”, schüttelt Tommy den Kopf, erschrocken muss ich spüren, wie sich seine Hand auf meinen Arsch legt, mit Auto-Augen begutachte ich uns beide im Spiegel. “Dein Po ist doch eine echte Augenweide. Wäre schließlich schade, wenn du ihn noch länger in diesem ausgewaschenen Beutel von Hose mit dir herumträgst.” “Äh…ja…vielleicht?”, stammle ich voller Nervosität, die Ameisen kriechen in mir hinauf, als ich Tommys warme Hand auf meinem Allerwertesten spüre. “Aber jetzt hör auf, mich anzugrabschen. Ich bin nicht schwul. Das törnt mich nicht an.” “Natürlich tut es das”, sagt Tommy in einer Tonlage, die mir nicht gefällt. Sein Grinsen ist regelrecht zu hören. “Du konntest mir doch noch nie widerstehen. Denkst wohl, ich merk das nicht. Unterschätz Tommy nicht. Tommy ist nicht dumm.” Panik überkommt mich. Ich werde dazu nicht ja und amen sagen, auch wenn ich völlig in den Emo verschossen bin. Tommy scheint wirklich nicht dumm zu sein, denn auch von meiner Unsicherheit nimmt er sofort Notiz. “Man, das war Spaß!”, lacht der Kleine und boxt mir gegen die Schulter. “Wie oft hab ich dich jetzt schon mit der Sache verarscht, und jedes Mal glaubst du, dass ich es ernst meine. Du bist Heten-Denni und daran wird sich nichts ändern. Auch nicht meine ‘Anschwulungen‘.” Mit dieser Aussage bin ich aber auch wieder nicht zufrieden. Nachdenklich probiere ich nach der blöden, engen Hose das noch blödere, ebenso enge T-Shirt an mit den den Tod verherrlichenden Motiven. “Auch wenn ich dir jetzt schon wieder sagen könnte, wie geil dein Oberkörper aussiehst, davon wirst du nicht schwul”, redet Tommy weiter, irgendwie weiß ich nun gar nicht mehr, was ich darauf antworten soll. Tief in mir ruft eine Stimme nämlich, dass ich meine Gefühle für den Emo herauslassen sollte. Aber das geht nicht. Auf eine gewisse Weise schäme ich mich noch immer für meine schwulen Gedanken und plötzlichen Neigungen. Tommy lässt keinen Widerspruch zu, ich werde gezwungen, die komischen Klamotten zu kaufen und gleich anzubehalten. Auf der Straße hätte ich mich liebsten gar nicht mehr gezeigt, denn ich komme mir nicht mehr wie Dennis vor. Immerzu rast mir durch den Kopf, dass ich mich der feindlichen Mannschaft angeschlossen habe. Nur wegen Tommy. Naja, und wegen der verlorenen Wette, die ich, wie mir im Nachhinein klar geworden ist, ganz leicht hätte gewinnen können. Und ich bin ja dem auch nicht ganz abgeneigt, denn Tommy ist schlank, attraktiv…ein Traumtyp in meinen Augen eben. Da muss einem schließlich ganz schwul zu Mute werden, schon wenn das kleine Kerlchen nur vor mir steht und zuckersüß lächelt… Wenig später finde ich mich auf einem schwarzen Friseurstuhl wieder. “Einmal schwarz färben!”, weist Tommy an, der auf einem ebenso schwarzen Stuhl Platz genommen hat. Er erklärt dem Friseur auch noch, wie er die Haare ungefähr zu schneiden hat. Oje, ich ahne schon schlimmes… “Und? Und? Wie gefällst du dir?”, will mein kleiner Kumpel nach der OP wissen. Ungläubig schaue ich in den Spiegel, betrachte mit meinem übrig gebliebenen, linken Auge meine schwarze Matte. Irgendwie fällt mir gerade gar nichts mehr dazu sein. Aber ich glaube nun zu wissen, warum Emos immer heulen. Weil die Frisur so scheiße ist. Nee, war ein schlechter Witz… “Äh…Tommy…mach das rückgängig”, stottere ich, als meine Hand durch meine verunfallten Haare gleitet. “Ich seh wirklich wie ein Emo aus. Das…ist nicht gut…” Der Kleine beugt sich herunter zu meinem Ohr, haucht auch noch sanft herein, was mich ganz wuschig werden lässt. “Das ist perfekt”, flüstert Tommy, während er ebenfalls mein Haar berührt. “Die Leute werden dich für meinen Boyfriend halten. Eine sehr schöne Vorstellung, findest du nicht auch?” “Ich will nicht dein Boyfriend sein!”, maule ich, da ich sauer bin wegen der Verunstaltung meiner selbst, die der Emo veranlasst hat. “Glaub ja nicht, dass ich mit dir Händchen haltend durch den Park gehe. Schmink es dir ab, ich bin kein Homo!” “Und da wären wir wieder bei Dennis Reizthema angelangt”, seufzt Tommy, klopft mir leicht auf die Schulter und zieht mich am Arm von dem unbequemen Friseurstuhl. Mein fassungsloser Blick gilt wiederholt dem Spiegel, der bei diesem Emo-Anblick meiner selbst schon zu zerspringen beginnt. Da, Risse! “Ich geh jetzt heim, ich hab die Faxen dicke”, kündige ich an, den Emo hinter mir gelassen. “Ich komme mit, schließlich will ich dich noch stylen!”, freut sich Tommy, wenig später spüre ich anhand meines Pos, dass er mich eingeholt haben muss. “Jetzt nimm doch mal deine Griffel von meinem Arsch!”, knurre ich, da der Kleine zu meinem Entsetzen auch noch die Finger in meine rechte Arschtasche schiebt. “Was kann ich denn dafür, dass deine Augenweide magnetisch auf meine Hände reagiert?”, gibt Tommy frech zu, oh Gott, das Kribbeln ist kaum mehr auszuhalten, als er meinen Hintern so ungeniert anfasst. “Zu Hause bist du dran!”, drohe ich dem Kleinen, bleibe ruckartig stehen und fühle mich gezwungen, ihn in den Arm zu nehmen, egal, wer uns dabei zusieht. “Aber so was von.” “Willst du mir etwa die Klamotten vom Leib reißen?”, grinst Tommy, seine Hände schieben sich schon wieder an mir herab und bleiben auf meiner Rundung liegen. Das entlockt schließlich auch mir ein Grinsen, das bestimmt alles sagt, alle meine Gelüste verrät. “Da hab ich aber schon Angst.” “Das solltest du auch!”, stelle ich unmissverständlich klar und kann mich nicht mehr beherrschen. Sanft beiße ich dem Kleinen in den Hals, sein überraschtes, aber genussvolles Stöhnen bringt mein Blut in Wallung, aber wie verrückt. Ich schiebe ihn an die nahe gelegene Hauswand, umschlinge ihn eng, vermute seinen Schritt an meinem. Ausgehungert wie ich bin, da ich schon ewig keinen Sex mehr hatte, gleiten meine Hände nun auch zu Tommys Po, oh, das macht mich noch mehr an. Sein Ohrläppchen ist vor mir auch nicht mehr sicher, ich kann nicht mehr anders, als mit den Zähnen verlangend reinzubeißen, während Tommy in mein Ohr keucht und mir sagt, wie schön er es findet, was ich mit ihm anstelle. Der Kleine schmeckt total gut, meine Zunge gleitet über seinen Halsmuskel, mh, ich kann nun wirklich verstehen, dass man mit Tommy unbedingt Sex haben möchte. So geil wie ich schon nach ein paar Sekunden bin, so geil war ich noch auf kein einziges Mädchen. Alles um mich herum vergessen und alle Hemmungen fallen gelassen schiebe ich meine Hände unter Tommys Shirt, die Gänsehaut, die sich durch meine Berührung auf seinem Rücken bildet ist bezaubernd und zaubert ein Schmunzeln auf mein Gesicht. “Nicht hier, Denni”, wehrt mich Tommy plötzlich ab und sieht mir in die Augen. “Wir sollten zu Hause weitermachen, hier in der Öffentlichkeit kann ich es nicht richtig genießen, wenn du mich nimmst.” Mein Kopf legt sich schief, meine Augen gucken den Kleinen verdutzt an. “Wer hat denn was von ‘nehmen’ gesagt?”, knurre ich ungehalten, diese Unterstellung gefällt mir ganz und gar nicht. “Ich will dich überhaupt nicht ficken, ist das klar? Und das gerade, das ist mir nur so rausgerutscht, weil ich lange keinen Sex mehr hatte. Ich muss mir unbedingt mal wieder ein Mädel suchen. Sonst vergreif ich mich noch ungewollt an einer Schwuchtel.” Hoffentlich wächst mir jetzt keine lange Pinocchio-Nase, so doll, wie ich gelogen habe. Natürlich möchte ich nur noch Tommy als meinen Sexualpartner und sonst niemanden. Aber dass ich mich nicht mehr beherrschen konnte und über den Emo hergefallen bin wie ein wildes Tier, weil ich ihn begehre, das würde ich niemals zugeben. Auch wenn ich meinen Süßen mal wieder verletzt habe, ich dummer Egoist… Wortlos trotten wir nebeneinander her. Ich sage nichts, weil ich mich schäme und Tommy schämt sich wahrscheinlich auch für seine eigentlich wahre Unterstellung. Wenn wir zu Hause gewesen wären, ich glaube, meine unstillbare Lust auf den kleinen Emo wäre aus mir ausgebrochen, leidenschaftlich hätten wir miteinander geschlafen, am besten im großen Bett meiner Eltern. Ich will endlich spüren, wie eng der Kleine ist, wenn ich in ihn eindringe. Ich will jeden Zentimeter seines schönen Körpers mit meinen Lippen liebkosen. Ich will ihm sein erstes schönes Mal schenken. “Man, das ist doch Alex!”, bemerkt Tommy plötzlich und weckt mich somit aus meinen heißen Vorstellungen, die nicht ganz jugendfrei sind. “W-wo?”, will ich schockiert wissen, der Emo zeigt mit dem Finger auf einen jungen Mann, der in dem kleinen Straßencafé vor uns sitzt und ein Getränk schlürft. “Scheiße, das ist ja wirklich Streifenhörnchen!” “Versteck mich!”, verlangt Tommy und stellt sich hinter mich, die Hände in mein Emo-T-Shirt gekrallt. “Das war so peinlich gestern mit dir, das hält der mir doch wieder vor, wenn er mich sieht.” Doch es ist schon zu spät, Streifenhörnchen hat Tommy entdeckt und ruft seinen Namen. Mein Kleiner zieht eine unwillige Schnute, boxt mir gegen die Schulter und trottet dann mit mir im Schlepptau zu dem schwarz-blonden Emo hin. “Na Tommy?”, fragt Streifenhörnchen und guckt zu Tommy hoch, die Sonne blendet ein wenig, vielleicht ist das aber auch nur Tommys Schönheit. Oder mein Sexappeal. “H-hey!”, erwidert mein Kleiner unsicher, hebt kurz die Hand und blickt dann wieder auf den Boden. “W-wie geht’s denn so?” Alex aber rührt nur in seinem Eiskaffee, dreckig vor sich hingrinsend. Dann sieht er zu mir auf, die Augen durch die blendende Sonne zusammengekniffen, was total bescheuert aussieht. “Was hast du denn mit der Kakerlake gemacht, Tommy? Schwarz eingefärbt. Jetzt ist sie ein Mistkäfer.” “Sag das noch einmal, du Tierfetischist!”, beschimpfe ich das Streifenhörnchen und setze meinen bösesten Gesichtsausdruck auf. “Wenn du mir frech wirst, gibt’s Schnicke. Kapiert?” “Ist gut, Denni, reg dich nicht gleich wieder auf!”, versucht mich Tommy zu beruhigen, doch meine Wut ist angestachelt und flaut so schnell nicht wieder ab. Einen, zwei Schritte gehe ich auf das Emo-Hörnchen zu, schnappe es am Kragen und ziehe es zu mir hoch. “Was willst du denn noch?”, stammelt er, wahrscheinlich hat er nun Angst vor mir, zurecht. “Du hast erfolgreich bewiesen, dass Tommy dir gehört, und ich werde es nicht mehr wagen, mich an ihn ranzumachen. O-okay?” Erschrocken lasse ich den Emo los. Shit, ist das denn so offensichtlich, rast es durch meinen Kopf. Merken sogar fremde Leute, dass ich total in Tommy verschossen bin? Alle Alarmglocken fangen bei mir an zu schrillen. “Wie kommst du denn…auf so einen Scheiß?”, will ich erzürnt wissen und schüttle den Kopf, es nicht wagend, Tommy einen Blick zuzuwerfen. “Das ist doch völliger Schwachsinn. Tommy gehört nicht mir und mir ist es egal, mit wem er rummacht. Wir leben schließlich in einem freien Land.” “Ach ich dacht ja nur…”, redet sich Streifenhörnchen heraus, setzt sich wieder vor seinen Eiskaffee und trinkt einen Schluck. “Hab euch nämlich grad schmusen sehen.” “Das sagt ja wohl überhaupt nichts aus!”, rechtfertige ich mich, da ich mich in Grund und Boden zu schämen beginne, weil meine heimliche Schwärmerei für Tommy fast auffliegt. “Soll ich mir ein Schild auf die Stirn kleben auf dem steht: ‘Achtung, Leute, hier kommt Heten-Dennis, der Unumpolbare’? Mach dich doch nicht lächerlich, Streifenhörnchen!” Streifchen aber lässt sich von mir nicht mehr aus der Ruhe bringen, so sehr ich auch schimpfe und fluche. Von Tommy hätte ich eigentlich auch erwartet, dass er mal klar stellt, was hier Fakt ist, aber der steht nur ganz still und stumm ein paar Schritte hinter mir. “Also so wie du dich aufplusterst…würdest du das auch tun, wenn jeder wissen dürfte, dass du heimlich in Tommy verliebt bist? Würdest du einfach so explodieren, ohne Grund, wenn ein anderer Typ Tommy anfasst und dich sogar deswegen betrinken?” Der Versuch, irgendwie zu widersprechen, scheitert kläglich. Wahrscheinlich wird mein Kopf hochrot bei so viel Wahrheit. Hilflos öffnet sich mein Mund, der Unterkiefer klappt aber immer wieder zu und auf, wie bei einem Fisch. “Komm, Tommy, wir müssen jetzt weiter”, sage ich zu Tommy, traue mich jedoch nicht, ihn anzusehen. Bestimmt weiß er nun Bescheid und fällt zu Hause über mich her…was ich ja eigentlich will. Nur will ich nicht, dass er mir solche dämlichen Löcherfragen stellt nach dem Motto: ‘Denni, bist du wirklich in mich verliebt?’. Ein ‘Ja’ würde ich doch gar nicht herausbekommen. Und ein ‘Nein’ wäre schon wieder gelogen. Pinocchio, die Nase wächst! Kapitel 16: Eigentor -------------------- In der Hoffnung, Tommy spricht mich nicht mehr auf die Meinung des ollen Streifenhörnchens an, gehe ich neben ihm her und ignoriere sogar das komische Gefühl, Emo geworden zu sein. Schließlich habe ich gerade auch andere Probleme als diese Kleinigkeit. Zu Hause. Mein Bruder und meine Eltern scheinen nicht anwesend zu sein, also könnte ich mit Tommy wirklich ins Elternschlafzimmer gehen und dort… Nein, Dennis, jetzt hör mit der Scheiße auf. Als hätte ich nicht schon genug mit mir selber zu kämpfen wegen den Kribbelgefühlen für Tommy, macht mich auch noch das Streifenhörnchen mit Tatsachen fertig. Das gehört auf den Tisch, schön durchgebraten und aus dem schwarz-weißen Fell mach ich mir Eierwärmer. Also, für die Eier an mir da unten. Damit die nicht frieren. Ist schlecht fürs Eiweiß. Ehe ich noch auf andere dumme Gedanken kommen kann, schleift Tommy mich ins Badezimmer, holt einen Hocker herzu und platziert mich in der Mitte des Raumes. Dann guckt er, als ob er etwas suche, in alle Schränke und auf alle Ablagen. “Hast du überhaupt Schminkzeug? So Kajal und so? Na du nicht, aber wenigstens deine Mutter?”, will er schließlich wissen, und als ich den Spiegelschrank öffne, um die Heiligtümer meiner Mutter herauszuholen, die eigentlich keiner anfassen darf, hängt mir Tommy schon wieder hinten am Rücken drauf. “Willst du mich schminken oder doch lieber ficken?”, frage ich den Kleinen genervt, erst hinterher fällt mir auf, was ich ihm gerade für ein eindeutiges Angebot gemacht habe, das eigentlich eine rhetorische Frage sein sollte. “Also wenn du schon so fragst…dann doch lieber zweites…”, raunt mir Tommy in Ohr, vor Schreck lasse ich beinahe Muttis flüssigen Eyeliner fallen. “Perverses Luder!”, fluche ich vor mich hin, drücke Tommy das Tussigelumpe in die Hand und nehme erneut auf dem Hocker Platz. “Das hab ich gehört!”, grinst Tommy, verdattert sehe ich zu, wie er das Schminkzeug wieder beiseite legt und sich mir danach immer mehr nähert, bis er sich rittlings auf meinen Schoß setzt und fragend in meine Augen sieht, die schon wieder scheinwerfergroß sind. “Und…nun?”, will ich unsicher wissen, als der Kleine seine Arme um meinen Hals schlingt und sich meinem Gesicht nähert. Mein Herz schlägt schon wieder viel zu schnell, ich glaube, mitsamt Tommy vom Stuhl fallen zu müssen, wenn er nicht von mir runter geht. “Jetzt werde ich dein Feuchtgebiet erkunden!”, lächelt mir der Emo ins Gesicht, als hätte er mir gerade die liebsten drei Worte ins Gesicht gesagt, die man sich vorstellen kann. Aber anstelle schleicht sich seine flinke Hand hinunter zu meiner Gürtelschnalle, öffnet sie flux. “Ich…hab aber kein Feuchtgebiet”, stottere ich, als der Kleine auch noch den Hosenknopf öffnet und den Reißverschluss. Scheiße, ich sitze in der Sackgasse. Aber so was von. “Beweis es”, haucht Tommy nahe an meinem Ohr und lässt seine Hand in meine offene Hose gleiten, als er meinen Schwanz zu massieren beginnt, keuche ich ungewollt auf. “Hör auf!”, verlange ich eindringlich, versuche den Kleinen von mir zu schieben. “Ich will das nicht…oh…” Tommy lässt sich einfach nicht mehr bremsen, er geht noch einen Schritt weiter, frech grinsend lässt er seine Hand in meiner Blümchen-Boxershort verschwinden und macht das Kribbeln in mir somit unerträglich. “Tommy…lass das bitte…ich glaube, mein Bruder ist heimgekommen…außerdem will ich das nicht”, jammere ich. Schmollend nimmt Tommy die Hand aus meiner Hose, geht von meinem Schoß runter und zieht sich die Klamotten gerade. Ganz benommen und unbeweglich sitze ich auf dem Hocker. Irgendwie haben mich seine Taten überfordert, was mein wild klopfendes Herz beweist. “Na gut, dann fummeln wir eben ein andermal…hat Alex eigentlich recht?” Der Emo sieht anstelle mir den Spiegel an, zupft sich an den Haaren und stellt mir völlig beiläufig diese peinliche Frage, mit der ich bereits gerechnet habe. “Äh…wie…recht?”, stelle ich mich dumm, obwohl das absolut nichts nützen wird. Nun werde ich von Tommy ernst angesehen. “Na…dass du…dich in mich verliebt hast”, hilft er mir schließlich auf die Sprünge. “Und doch kein Heten-Denni bist. Also…nachvollziehbar wäre es schon…und dein Geständnis gestern, als du betrunken warst…das wäre dann wirklich echt…” “W-welches G-Geständnis?”, frage ich nach, während ich mich wie bei einem Verhör fühle und keine Ahnung habe, ob ich nun alles zugeben soll. Hoffentlich foltert der Kleine mich nicht noch länger, sonst überkommt mir wirklich noch die Panik. “Du hast die drei Worte zu mir gesagt”, flüstert Tommy geheimnisvoll und stützt sich auf meine Knie, um mir besser ins Gesicht sehen zu können. “Was denn für drei Worte?”, will ich nun wieder wissen, natürlich weiß ich genau, welche Worte er meint. Und die soll ich wirklich zu Tommy gesagt haben, einfach so, ganz ungeniert? Dennis, betrink dich nie wieder, hörst du… Doch jetzt ist es zu spät. “Die drei Worte, die man zu jemandem sagt, wenn man ihn sehr, sehr gern hat…so wie du mich”, erklärt mir der Kleine, während er noch näher zu mir herankommt. Seine Augen funkeln so vielsagend, ich glaube, das Leugnen meiner Gefühle ist wirklich zwecklos. “Ich weiß nicht, welche du meinst”, schüttle ich nervös den Kopf und gucke dabei wie ein erschrockenes Karnickel. “’Suck my dick?’ ‘Ich hab geschissen?’ Keine Ahnung, echt…” Nun muss Tommy lachen und rückt von meiner Pelle ab. “Du bist so süß, Denni”, grinst er als er den flüssigen Eyeliner aufschraubt. “Ich finde es unfassbar schön, dass du mich so sehr magst. Ich mag dich nämlich auch ganz doll.” “Hätte ich dich da im Ernst abgewiesen, wenn ich wirklich in dich verknallt wäre?”, äußere ich ein wenig sauer, weil es mir nicht gefällt, dass mein Geheimnis raus ist. “Oder würden wir jetzt gerade, in diesem Augenblick poppen? Mh?” “Schlechtes Argument!”, meint Tommy, stellt sich vor mich, schließt meine Hose und den Gürtel, die ich vor Schreck immer noch offen hatte. “Ich hab’s doch in deinen Augen gesehen, wie gern du mich vernaschen wolltest. Du hast einfach nur Hemmungen, mit einem Mann zu schlafen. Das ist der Grund.” Volltreffer, Tommy. Bist du Hellseher? “So’n Quatsch!”, wehre ich ab und kneife die Augen fest zusammen, als Tommy mich mit dem seltsamen Flüssigkajalpinsel kitzelt. “Als wenn du ein Mann wärst.” “Oh, jetzt hast du aber überdeutlich nach einem Beweis verlangt”, lächelt der Emo, der meine Haare aus dem Gesicht streicht, um meine beiden Augen gleichzeitig sehen zu können. Mein Herz klopft schon wieder viel zu schnell und heftig, aber ich sehe nur noch Tommys einmalige Schönheit, die mich schmachten lässt. “Ich brauch keinen Beweis, bin ich denn bei der Polizei?”, sage ich und versuche ebenso verschmitzt zu lächeln wie mein Tommy. “Ich glaub dir auch so, dass du einen kleinen Tommy in deiner Hose versteckt hast. Einen kleinen, süßen Tommy…” Plötzlich weitet sich das Lächeln des Emos in ein breites Grinsen aus. “Verzeih mir, Denni, aber du bist so…”, quiekt er, und ehe ich irgendwie reagieren kann geschweige denn etwas sagen, legt der Kleine seine Hände auf meine Wangen, nähert sich meinem Gesicht und gibt mir einen dicken Schmatzer auf den Mund. ‘Oh mein Gott‘, das ist momentan das einzige, was mein Gehirn an Gedanken produziert, ausgenommen von dem explosionsartigen Kribbeln, dass in jedes meiner Körperteile kriecht und meine Muskeln lähmt. Tommy. Das ist…überwältigend. Schier überwältigend. “Dennis, du bist ja schon da, hast du…oh, sorry…” Als die Tür aufgeht und die Stimme meines Bruders ertönt, ist diese wunderschöne, kribbelige, aufregende Sekunde Tommys und meines Kusses leider vorbei. Das Vorangegangene ignorierend drehe ich mich zu Flo herum und grinse gequält. “Hey, na wie geht’s denn so, schönes Wetter heute, findest du nicht auch?”, presse ich hervor, mir fällt auf, wie unglücklich mein Versuch ist, von dem Kuss abzulenken. “Mh, ja, weckt die Frühlingsgefühle”, nickt Flo mir begeistert zu, ich stecke ihm sauer die Zunge raus, weil er so affig reagiert hat. “Wir haben uns lieb, da kann kein Frühling was dafür”, ergänzt Tommy noch mir fröhlich auf die Wangen patschend, und mein Bruder lenkt nun glücklicherweise auf mein neues Styling um. “Oh, und das hast du aus Liebe getan?”, will er ganz erstaunt von mir wissen und deutet sich auf seine Haare “Wa…?”, presse ich hervor, werde aber unterbrochen, bevor ich protestieren kann, denn mein kleiner Emo knuddelt mich völlig übermütig und quiekt ein ‘Ja!’ heraus. Flo beguckt sich gerührt lächelnd die innige Szene und verabschiedet sich wieder, mit der Begründung, er wolle unser junges Glück nicht stören. Eigentlich müsste ich jetzt böse auf Tommy sein, da er einfach Dinge herausposaunt, die so gar nicht stimmen und nicht mit mir abgesprochen sind. Wann habe ich gesagt, dass ich in ihn verliebt bin? Stimmt, scheiße, als ich betrunken war. Eigentor, Dennis. “Bist du nun bald mal fertig?”, nörgle ich, weil das ganze Geschminke in meinen Augen viel zu lange dauert und eigentlich auch total unnötig ist. “Brauch ich das überhaupt? Schließlich bin ich eine Naturschönheit.” “Wo du recht hast, hast du recht”, bestätigt Tommy und bittet mich, die Augen zu schließen, auch wenn er weiß, dass ich ihn gerne anschaue, wie er meint. “Aber…sind wir jetzt zusammen? Also so richtig? Du und ich? Boyfriends?”, fragt der Emo plötzlich vorsichtig und zwingt mich somit, ihn erschrocken anzuglotzen. “Wie kommst du denn darauf?”, schüttle ich den Kopf und kneife die Augenbrauen zusammen. “Alles bleibt wie gehabt. Ist doch das Beste für uns beide.” “Och”, schmollt Tommy, der nun endlich mit meinem Augenmakeup fertig ist und zum Stylen meiner Haare übergeht. “Ich will so gerne einen süßen und lieben Freund.” “Ich hab aber keinen für dich”, witzle ich, aber Tommy scheint es nicht besonders spaßig zu finden und lässt von mir ab, um stumm vor dem Spiegel zu stehen. “Hey, so war das nicht gemeint”, entschuldige ich mich, stehe kurzerhand auf und stelle mich hinter meinen Schatz. “Ich hab dich doch lieb.” Mein Blick fällt auf mein Spiegelbild, welches viel femininer aussieht als sonst. Ich muss zugeben, ich gefalle mir recht gut, doch, doch… “Liebst du mich?” Tommy dreht sich zu mir herum, um mir fragend in die kajalumrandeten Augen zu sehen. Meine Hand gleitet gerührt von seinem süßen Blick in sein wuschliges Haar, wo sie sanft zu kraulen beginnt. “Tommy…ich…also…” Mein Kopf arbeitet auf Hochtouren, doch so sehr ich auch überlege, mir fällt keine vernünftige Antwort auf diese Frage ein, auf die eigentlich nur ein ‘Ja’ folgen dürfte. Ich liebe ihn so sehr, dass ich fast verrückt werde, wenn er mich so ansieht wie jetzt gerade eben. Ich liebe ihn so sehr, dass ich mir am liebsten noch so einen herrlichen Kuss bei ihm abgeholt hätte, der mich seine Piercings spüren ließ. Aber sollte ich ihm genau das sagen? Wenn ich es nur herausbekommen würde… “Liebst du mich denn?”, rutscht mir unerwartet die Gegenfrage heraus. “Oder willst du nur endlich einen festen Fickpartner?” “Du bist gemein, Dennis”, murrt Tommy verletzt und zieht sich von mir zurück. “Ich würde es mir so sehr wünschen, dass aus uns ein Paar wird. Danke, dass du meine Gefühle mit Füßen trittst. Du bist echt so ein emotionaler Krüppel. Den Emostyle hast du dir nicht verdient. Schließlich fehlt die richtige Einstellung.” “Ach Tommy”, seufze ich und lege versöhnlich den Arm auf seine Schulter. “Aus uns kann kein Paar werden.” “So sehr schämst du dich also immernoch mit mir?”, schüttelt der Emo den Kopf, hastet zur Tür und öffnet diese. “Schämen solltest du dich lieber für dein Verhalten, das du gegenüber der Person, die du liebst, an den Tag legst. Behandelt man so seinen Schatz?” “Nein…och, Tommy, ich…”, stottere ich reuevoll, doch der Kleine ist schon weg, bevor ich weiter sprechen kann. “Ich liebe dich…und ich will mit dir zusammen sein…falls du mich Arschloch noch immer willst…” ***** “Habt ihr euch gezofft?” Mit gesenktem Kopf stehe ich am nächsten Morgen vor meinen Kumpels, mit denen ich mich absolut nicht abgeben möchte. Weiter weg steht Tommy an der Mauer, die die Schule bildet, genau unter dem immer noch nicht beseitigten ‘Tommy + Dennis’-Herz. “Ach, ich hab’s verbockt”, nuschle ich und kicke einen Stein mit dem Fuß weg, der genau vor Tommy liegen bleibt. Für einen Moment treffen sich unsere Blicke, doch Tommy wendet sich schnell wieder ab. “Wir sind eben wie Feuer und Wasser.” “Übrigens, cooles Outfit, Denni-Boy”, erkennt Kevin an, ob er es ernst meint, weiß ich nicht. “Mh, Tommy hat mich auch beraten”, nicke ich geistesabwesend. “Und dabei habt ihr euch in die Haare bekommen? Man, Alter, jetzt erzähl schon, was mit dir und deiner Püppi los ist”, bettelt Timo ganz aufgeregt, was mich entnervt seufzen lässt. “Tommy ist nicht meine Püppi!”, fauche ich. “Und es ist auch nicht so wichtig. Der kommt schon wieder an und kriecht mir in den Arsch.” “Im wahrsten Sinne des Wortes”, johlt Kevin und klopft mir auf die Schulter. “Warum suchst du dir nicht derweil ein nettes Mädel aus, bis Tommy sich wieder ficken lässt? Oder bist du jetzt schon so schwul geworden, dass du echt nur noch auf Ärsche stehst?” “Nein, Quatsch!”, protestiere ich ungehalten, muss aber einsehen, dass das vielleicht gar keine so schlechte Idee ist. Ich sollte wiedermal versuchen, ein Mädchen rumzukriegen. Schließlich hab ich seit Tagen dicke Eier, da muss unbedingt Abhilfe geschaffen werden. Und zwar ganz schnell… “Na, Mariechen, was machste heute Nachmittag schönes?”, will ich von der blonden Maria wissen, auf die ich es schon lange abgesehen habe. Verschmitzt lächelt sie mich an, während meine Blicke den kleinen Emo suchen, der noch immer an der Mauer steht und eine Zigarette nach der anderen raucht. “Redest du mit mir oder…mit dem Tommy? Ich hab gehört, du sollst voll auf ihn abfahren”, nickt Maria besserwisserisch, was mich zutiefst empört. “Was? Von wem hast du denn diesen Unsinn?” “Ach, das kursiert hier so an der Schule. Und das da ist doch auch ein ziemlich eindeutiger Beweis”, antwortet die Blonde und deutet mit dem Kinn hoch zu dem Riesenherz an der Wand. Dann geht sie weg und lässt mich alleine zurück, mit der Gewissheit, dass mir Tommy jegliche Chance bei den Mädels versaut hat. Jetzt werde ich nie wieder einen Stich bei einer landen, ich sehe mich schon, wie ich verzweifelt in eine Schwulenbar gehen muss, da ich keine Frau mehr abbekomme. Auf meine Stirn hat Tommy gestern sicher ‘Homo’ eintätowiert, als er mich geschminkt hat. Das werde ich ihm nie verzeihen. Kapitel 17: Im Rotlicht ----------------------- Zweite Unterrichtsstunde. Tommy und ich haben noch immer kein Wort gewechselt, der Emo rutscht außerdem so weit weg von mir, dass ich glaube, er säße bald an der schmalen Seite des Tisches. Vor lauter ‘Zuhören’ in Mathematik fällt mein Geodreieck zu Boden, mit dem ich mich gerade höchst konzentriert beschäftigt habe. Als ich nach unten schaue, presse ich die Lippen aufeinander. Shit, es ist genau unter Tommys Stuhl gekrochen und rührt sich nicht mehr vom Fleck. Wie sollte es auch, es gehorcht nicht aufs Wort und Beine besitzt es auch nicht. “Äh, T-t…”, stottere ich, den Namen ‘Tommy’ nicht herausbekommend, während mein Banknachbar emotionslos zu mir sieht. “Mein Geodreieck…könntest du…” “’Könntest du es bitte aufheben?’”, belehrt mich der Emo und bückt sich unter seinen Stuhl, packt das Dreieck sehr unsanft an und knallt es noch unsanfter auf meinen Tisch. “Danke”, nuschle ich ganz leise und gucke Tommy bedeppert an. Ich glaube, der mag mich wirklich nicht mehr. Dabei ist es doch gar nicht das, was ich erreichen wollte. Bei so vielen komischen, ungewohnten Gefühlen kann es mir doch niemand verübeln, dass ich mich daneben benehme. Tommy wahrscheinlich schon. Schließlich hat er niemanden, der ihn lieb hat. Obwohl es da mich noch gibt. Ich, der Dooftrottel, der sich total in ihn verknallt hat, der jetzt schon von der ganzen Schule als Schwuchtel abgestempelt wird und nie wieder eine Frau ins Bett bekommt. Tja, das ist mein Schicksal. Wobei Tommys Schicksal um einiges schlimmer ist. Jede Woche von zwanzig Männern gefickt zu werden ist sicher nicht gerade fein. Klar, dass der Kleine sich ritzt. Würde ich wahrscheinlich auch tun. Aber Tommy kann doch zu mir kommen, mit mir kuscheln, wann immer er möchte, sogar Sex würde er bekommen, so oft und so lange er will. Ich will das schließlich auch. Und warum versaue ich einfach alles, unterstelle meinem Schatz, er wolle nur einen festen Fickpartner? Dennis, du bist wirklich so was von abgrundtief bescheuert, dich sollte man lebendig begraben, bis nur noch Staub und Asche von dir übrig sind. In der Pause herrscht noch immer Funkstille zwischen uns beiden, was mir überhaupt nicht gefällt. Kevin und Timo habe ich weggeschickt, weil sie mich noch ganz nervös machen, wenn sie mir bei meinem angestrebten Versöhnungsgespräch mit Tommy dazwischen funken. “Tommy, ich…also…es tut mir leid…”, stammle ich, oh Shit, ich werde tatsächlich rot wie eine Tomate. Weil ich mich und Grund und Boden schäme. Der Kleine dreht sich desinteressiert in meine Richtung und schüttelt den Kopf. “Ja ach nee”, sagt er höhnisch. “Fällt dir aber zeitig ein, Mr Emotionskrüppel.” Da ich nicht mehr weiß, was ich sagen soll, beginne ich an meinen Fingernägeln zu knabbern, was ich häufiger tue, wenn ich nervlich angespannt bin. “Und jetzt lutscht du dir auch noch total sexy deine Finger ab, bäh, ist das widerlich. Ich könnt kotzen.” Sauer nehme ich die Finger aus dem Mund und gucke Tommy an, der die Nase rümpft und aussieht, als wolle er mir am liebsten ins Gesicht spucken. “Kannst ja mal ablecken, Schwuchtel”, meckere ich und verschränke die Arme vor der Brust, da ich ja nicht mehr kauen darf. “Wundert mich ja bloß, dass du mich sogar geküsst hättest, wenn du mich so widerlich findest.” “Lieber fress ich Scheiße als dich zu küssen”, giftet Tommy zurück. “Warum war ich eigentlich erst so bescheuert und verzeihe dir die dämliche Wette, huh? War schließlich von vornherein klar, dass du mich niemals freiwillig außer mit der Kneifzange angefasst hättest. Wie komme ich nur darauf, dass du etwas von mir wollen könntest oder gar Gefühle für mich hättest? Gefühle sind ja ein Fremdwort für dich. Ich hätte mich von Alex vor deinen Augen ficken lassen sollen, man, hätte das gut getan.” “Wenn du das gemacht hättest, hätte ich Hackfleisch aus dem Streifenhörnchen gemacht”, sage ich fest, das mit den Eierwärmern verkneife ich mir aber lieber. “Ich will nicht, dass jemand anderes dich fickt. Und ich will auch nicht, dass jemand anderes dich küsst oder auch nur anfasst. Man ey, gut, ich gebs zu, ich bin in dich verknallt. Aber hoffentlich geht die Krankheit bald wieder weg.” Kaum habe ich den letzten Satz ausgesprochen, erhebe ich mich von meinem Stuhl, werfe Tommy noch einen Blick zwischen Bosheit und Scham zu und verziehe mich danach aus dem Klassenraum. Tolle Versöhnung, echt. Tommy hätte schließlich einfach meine Entschuldigung annehmen können, aber nein, dazu ist der Herr sich ja zu fein. Am liebsten hätte ich nun so lange meinen Kopf gegen die Wand geschlagen, bis diese belämmerten Gefühle für Tommy aus meinem Hirn geklopft sind und nur noch höllische Kopfschmerzen zurückbleiben. Immer noch besser. Schließlich habe ich doch auf diese masochistische Tat verzichtet und mache mich ein paar Schulstunden später auf den Weg zur Umkleidekabine, um mich für den Sportunterricht vorzubereiten. Als ich die Tür aufmache und verdattert Tommy mustere, der ganz allein vor dem Kleiderhaken steht, wäre ich am liebsten wieder gegangen, denn mir behagt es nicht gerade, mit dem Emo allein zu sein. Hoffentlich kommen die anderen bald, denke ich, während ich meine Sporttasche auf der Bank ablege, schön weit weg von Tommy. Kevin, Timo, wo seid ihr, wenn ich euch einmal brauche? Zunächst schlüpfe ich wortlos in mein T-Shirt und aus meiner Röhrenjeans, die ich extra für Tommy angezogen habe. Fast ein wenig scheu gleitet mein Blick zu dem Rücken des Kleinen, der sich eine kurze Sporthose aus seiner Tasche holt, jedoch kein Oberteil. “Bist wohl verdammt stolz auf dich?”, wirft mir Tommy plötzlich mit leiser Stimme vor, dann dreht er mir seine Vorderseite zu, schiebt sich den Ärmel seines Hoodies hoch. “Siehst du die neuen Schnitte, die roten? Die hab ich nur für dich da reingeritzt. Nur für dich allein.” Stumm blicke ich auf Tommys Unterarm, auf die kleinen und großen, aber parallelen Narben, viele von ihnen kenne ich bereits, doch die dunklen an seinem Handgelenk sind mir fremd. “T-Tommy, du…”, stottere ich fassungslos. “W-warum hast du das gemacht?” “Dreimal darfst du raten”, seufzt Tommy und zieht sich den Ärmel wieder nach unten. “Vielleicht…weil die einzig wichtige Person in meinem Leben mich behandelt wie ein Stück Scheiße? Aber war ja klar, dass du dir keiner Schuld bewusst bist. Penner.” Das war sein letztes Wort, hastig bindet er sich seine Schuhe zu, rennt aus der Umkleidekabine und lässt mich somit allein zurück. Wie angewurzelt halte ich meine Sporthose in der Hand, vergessen, sie anzuziehen. In meinem Kopf kreist nur noch der Gedanke, dass ich schuld an den Verletzungen des kleinen Emos bin, so, als ob ich ihm die Schnitte eigenhändig ins Fleisch geritzt hätte. Nein, das habe ich nicht. Aber die Schnitte in der Seele, die habe ich ihm zugefügt. Ich ganz allein. Verzweifelt knalle ich meine Turnschuhe an die Wand, fluche lautstark, bis mich die Tränen überkommen. Warum mache ich alles, wirklich alles kaputt? Unser Vertrauen, unsere mögliche Beziehung. Und Tommy Leben. Er liebt mich und ich liebe ihn. Es könnte so einfach sein, würde ich meine Gefühle einfach zulassen und mich nicht mehr dagegen sträuben. Dennis, so geht das nicht mehr. Du musst endlich das leben, was du bist. Auch wenn es nicht leicht ist, mich mit meiner Homosexualität abzufinden, sie ist einfach nicht auslöschbar aus meinem Gehirn. ***** Der Tag vergeht quälend langsam, ich fühle mich wie ausgekotzt wegen der ganzen Scheiße, die ich verbockt habe. “Ach, und übrigens”, lächelt mich Tommy nach Schulschluss gestellt an, als er an mir vorbeigeht. “Ich geh heute wieder zum Bahnhof, anschaffen. Die reichen Männer stehen total auf mich und meinen Style. Und natürlich auf meinen Arsch. Die bezahlen voll viel für einmal Analsex. 30 Euro sind da mindestens drin.” Da es mir viel zu schlecht geht, um zu antworten, bleibe ich stumm und gehe einfach weiter, doch der Kleine ist noch nicht fertig und holt mich wieder ein. “Wenn ich einen Freund hätte, der mich wirklich liebt, würde er es nicht zulassen, dass ich mich von fremden Männern anfassen lasse. Aber nein, so einen habe ich ja nicht. Außerdem suche ich ja nur nach einem festen Fickpartner, weil ich genauso sexsüchtig bin wie ein gewisser Dennis.” Nun fängt aber doch die Wut in meinem Körper zu brodeln an und muss herausgelassen werden. Starr bleibe ich vor Tommy stehen und schaue ihm in die Augen, schüttle ungläubig den Kopf. “Du weißt ganz genau, dass das nicht stimmt”, stelle ich klar. “Ich habe dir schon hundertmal erklärt, dass ich nicht will, dass du dich einfach von irgendwelchen notgeilen Kerlen vögeln lässt. Hast du das schon vergessen oder verdrängt?” “Nee, hab ich nicht”, grinst Tommy mit einem richtig fiesen Gesichtsausdruck zu mir hoch. “Aber habe ich schon mal Hilfe von dir erhalten? Nein! Das eine Mal war ich sogar ungebeten und du hättest mich am liebsten halbnackt vor die Tür gestellt.” Er macht eine kurze Pause, um meine fassungslose Reaktion abzuwarten, dann redet er weiter. “Und eigentlich dürfte ich sowieso nicht mit dir schlafen, schließlich meintest du gerade, ich solle mich nicht von notgeilen Kerlen vögeln lassen. Warum machst du nicht einfach weiter so wie bisher, war doch auch immer schön, den dummen Weibern, die es sich machen lassen, deinen Zauberstab zwischen die Beine zu schieben. Ist eigentlich genauso billig und armselig wie anschaffen gehen, aber was bleibt einem emotionalen Krüppel schon anderes übrig, mh?” Meine Hände sind eiskalt geworden und ein Zittern ergreift meinen ganzen Körper. Warum macht Tommy das? Vielleicht, weil ich spüren soll, wie es ist, verletzt zu werden, mit Worten und mit Ablehnung. Und ja, ich kann nun wirklich verstehen, wie es ist, wenn einem der Mensch, den man liebt, weh tut. Es fühlt sich verdammt noch mal scheiße an, so scheiße, dass es einem unwirklich vorkommt, wie durch einen Schleier. Der Kleine steht noch immer vor mir und kramt in seiner Hosentasche, schließlich hält er den Teddy in den Händen, den ich ihm als Glücksbringer geschenkt habe. “Und den”, sagt er laut und fest, schmeißt das Plüschtier auf den Boden und tritt mit dem Fuß darauf. “Den kannst du dir in deinen hässlichen Arsch stecken. Ich hasse dich, Dennis.” Das hat gesessen, aber so richtig. Tränen treten in meine Augen, als der Emo regelrecht davon rennt, weg von der Schule, weg von mir, weg aus meinem Leben. Erst Sekunden später, die mir wie eine Ewigkeit vorkamen, bücke ich mich zu dem kleinen Teddy, hebe ihn vorsichtig auf und tropfe meine Tränen auf sein Plüschfell. “Tommy”, flüstere ich mit zitternder Stimme. “Ich werde dir zeigen, wie sehr ich dich liebe. Ich werde es dir beweisen.” Die Schüler eilen achtlos an mir vorbei, ignorieren mich sogar noch, als ich meinen Kummer herauslasse, auf einer Bank am Rande des Schulgeländes. Wahrscheinlich geschieht es mir recht. Ja, wahrscheinlich tut es das. Nach ein paar Minuten habe ich mich wieder ein bisschen gefangen, mein Körper jedoch zittert noch immer, als ich den Heimweg antrete. Fest umschlossen halte ich in meiner Faust das kleine Bärchen, welches noch immer Tommy gehört, egal, ob er es achtlos wegwirft. Aber schließlich hat er das nur wegen mir getan, weil ich ihn wie ein Stück Scheiße behandle. Ja, manchmal tue ich das. Aber doch nicht absichtlich. Ich liebe Tommy, die unvorsichtigen Worte tun dem doch keinen Abbruch. Die rutschen einfach so raus, völlig ungewollt, nur weil meine Gefühle wie verrückt in mir kribbeln und mein Gehirn vernebeln. Doch eine Sache bereitet mir trotzdem Kopfzerbrechen. Warum wirft mir der Emo vor, ich würde nichts dagegen tun, dass er auf den Strich geht? Schon paar Mal habe ich auf ihn eingeredet, ihn gebeten, dass er mit der Prostitution aufhört, aber er wollte es so. Was soll ich denn da machen? Ihn an die Leine nehmen oder höchstpersönlich vom Strich wegholen? Tommy würde mir die Augen auskratzen, wenn ich ihm sein Geschäft vermassle, das weiß ich. Doch wieso unterstellt er mir dann so einen Scheiß, von wegen, ein Freund der ihn liebt, würde ihm dieses Geschäft verbieten, wenn er sich sein Schicksal doch selbst ausgesucht hat und sich nicht helfen lässt? Ich werde aus dem Jungen nicht schlau. Doch eine Sache steht fest: Heute Abend werde ich da sein, Tommy. Am Bahnhof, dort, wo die ganz jungen Stricher stehen. Und ich werde nur Augen für dich haben, mein Kleiner, ich werde mich nur für dich interessieren und für sonst keinen. Ich sehe schon förmlich deinen ungläubigen Blick, wenn ich dir einen Fuffi in deinen heißen Fummel stecke. Mein restliches Taschengeld für diesen Monat. Als Beweis für meine Liebe zu dir. ***** Die Abendluft ist kühl, gut, dass ich mir eine Jacke übergezogen habe, wahrscheinlich würde ich mir im T-Shirt den Arsch abfrieren. Augenblicklich muss ich an Tommy denken, der wahrscheinlich genau in diesem Moment in seinen ‘Arbeitsklamotten’ am Hauptbahnhof steht, nur darauf bedacht, die notgeilen Kerle zu bezirzen. Wie wird er staunen, der Kleine, wenn ich heute mal einer seiner Freier bin… Mit hochgezogenen Schultern und vor der Brust verschränkten Armen, damit die Wärme nicht so leicht entweichen kann, biege ich an der Kreuzung rechts ab, trete erstmal in einen großen Haufen Hundescheiße, die mitten auf dem Weg liegt. “Fuck”, fluche ich lauthals und reibe meine Schuhsohle auf dem Boden, um die Schweinerei wieder loszuwerden, als ich plötzlich eine Hand auf meiner Schulter spüre, eine kraftlose Hand, die ich kaum wahrnehme. “Haste Bock auf nen Blowjob im Park?”, fragt der Kerl, der mich soeben angetippt hat, erschrocken wende ich ihm mein Gesicht zu, kann zunächst gar nichts erwidern. Das einzige, was mir im Moment einfällt: Herzlichen Willkommen im Rotlichtviertel. Such dir deine Ware aus. Der Junge wirkt klein und schmächtig und zudem auch ziemlich unsicher, man merkt ihm an, dass er mir diesen Blowjob nicht anbieten wollte. Im Halbdunkel kann ich seine zierliche Nase erkennen, sein blasses Gesicht wird von dunkelbraunen oder gar schwarzen Haaren umrahmt, ich kann es beim besten Willen nicht ausmachen. “Oder lieber Anal? Haste darauf Bock? Klar, ich seh doch, dass du Bock hast”, wirft mir der Kerl an den Kopf und grinst dabei zittrig. Mir fällt fast die Kinnlade runter, wenn ich bedenke, dass der Junge einen Fremden so unverblümt auf der Straße anspricht und ihm ein eindeutiges Angebot macht. “N-nein”, presse ich schließlich hervor, werfe dem vielleicht vierzehnjährigen Jungen einen wahrscheinlich ziemlich mitleidigen Blick zu und verschwinde danach schleunigst. Ob Tommy das auch so macht? Ob er ebenfalls so intensiv für seine Liebeskünste wirbt? Schon bei dem Gedanken könnte ich wahnsinnig werden. Ich muss ihn finden. Auch wenn ich die ganze Nacht darauf warten muss, bis er von einem seiner Freier wiederkommt. Doch ich scheine schon eher Glück zu haben. Nachdem mich noch ein paar weitere Jungs in Tommys Alter angequatscht haben, kann ich an der Bahnhofsmauer jemanden erkennen, der mir ziemlich bekannt vorkommt. Diese Frisur, das kann nur Tommy sein. Vor ihm steht ein Mann, der mindestens anderthalb Köpfe größer ist als der Emo und scheint mit ihm zu reden. Wahrscheinlich handeln die Beiden gerade den Preis für einmal Analsex aus. Ich lege also noch einen Zahn zu, um diesem hässlichen, pädophilen Schwein zuvorzukommen. “Was willst denn du hier, etwa Bock auf nen Dreier oder was?”, schnauzt mich der Mann an, der übrigens vom Alter her Tommys Vater sein könnte, und sieht überlegen zu mir hinunter. Nun wendet mir auch Tommy sein Gesicht zu, augenblicklich erstarrt er, als er erkennt, wer ich bin. “Lass uns fahren!”, befiehlt er dem Mann hastig, rennt zu dessen Auto und wird von den schmierigen Händen des Freiers begrabscht, als er dabei ist, auf dem Rücksitz Platz zu nehmen. “Du fährst nirgendwo hin”, bestimme ich und kann gerade noch Tommys Arm packen und den schmalen Körper aus dem Auto ziehen. “Ey, den hab ich mir ausgesucht, nimm deine Griffel weg!”, schimpft der Mann, doch auch das kann mich nicht abschrecken, ebenso nicht Tommys Flüche und Gezeter, als ich ihn so unsanft festhalte. “Du tust mir weh, Wichser!”, beschimpft mich der Emo, spuckt mir dabei sogar ins Gesicht. “Wenn du das noch einmal machst, dann tut es noch viel mehr weh!”, drohe ich, um den Kleinen endlich zur Vernunft zu bewegen, der ganz aufgebracht in meinen Armen zappelt. “Macht doch was ihr wollt, so ein Theater muss ich mir nicht antun”, sagt der Mann wütend, reißt die Autotür auf, setzt sich in sein Fahrzeug und ist verschwunden. Jetzt gilt es, sich um den noch immer sich wie wild gebärenden Tommy zu kümmern. “Schön, dass du mir mein Geschäft versaut hast”, grummelt der Emo unwillig, während ich mir seine Spucke aus dem Gesicht wischen muss. “Schön, dass du mich angerotzt hast, als Dank für meine Hilfe”, motze ich zurück, der Kleine lacht nur verächtlich, immer mehr Mühe habe ich damit, ihn festzuhalten, da meine Kraft auch nicht unendlich ist. “Dank für deine Hilfe? Sag mal, bist du bescheuert?”, flucht Tommy, doch ich krame in meiner Hosentasche und hole ein Scheinchen heraus, welches ich in Tommys Hose stecke. Verdutzt guckt er zu mir hoch, zieht das Geld wieder raus und schmeißt es auf den Boden. “Ich will dein schmieriges Geld nicht, das kannst du dir in dein Arschloch stecken und dich dran aufgeilen”, meckert er und unternimmt einen erneuten Fluchtversuch, der ihm aber nicht gelingt, da ich eindeutig der Kräftigere von uns Beiden bin. “Na gut, dann kommst du eben kostenlos mit zu mir, soll mir recht sein”, zucke ich die Schultern, schnappe das Handgelenk des Kleinen und mache mich mit ihm auf den Weg zur Straßenbahnhaltestelle, um den Nachhauseweg ein wenig angenehmer zu gestalten. Den störrischen Tommy hinter mir herzuschleifen ist nicht gerade eine Wohltat. Morgen habe ich sicher schrecklichen Muskelkater. Die Bahn hält glücklicherweise schon wenige Minuten später neben uns. Da der Emo noch immer lautstark schimpft, schnappe ich ihn kurzerhand, hebe ihn hoch und trage ihn in die Bahn hinein. “Schlag mich, tritt mich, gib mir Tiernamen, es wird nichts nützen”, rede ich auf den Kleinen ein. “Du kommst jetzt mit zu mir.” “Du willst ja eh bloß frustficken, weil ich dich abserviert hab”, ärgert mich Tommy, während ich ihn an einem Fensterplatz absetze, die Leute gucken ganz interessiert auf uns. “Aber weißt du was? Du kannst mir mal am Hobel tuten. Für dich gibt’s keinen Blowjob.” “Wenn du jetzt nicht gleich ruhig bist”, drohe ich dem Kleinen, da ich merke, dass ich mich gerade ganz schön mit ihm blamiere. “Dann…” “Dann was?”, fragt Tommy mit schief gelegtem Kopf. “Willst du mir dann meinen Hobel abbeißen? Da hab ich ja schon sooo eine Angst.” Ich reagiere darauf einfach nicht mehr, da es mir schlicht zu blöd ist. Wahrscheinlich habe ich mich zwar auch nicht anders aufgeführt, als ich wegen dem Streifenhörnchen besoffen war, aber das spielt jetzt keine Rolle. Ich muss vielmehr Angst haben, dass der Emo mir ausbüxt und zurück zu seinem Straßenstrich rennt, um sich von dem nächst besten Typen poppen zu lassen. Kapitel 18: Horny Boys und böses, schwules Hänschen --------------------------------------------------- “Endstation, wir sind da!”, lasse ich ein paar Haltestellen später verlauten, schnappe Tommy wieder am Arm, als wäre er meine Geißel und ziehe ihn aus der Bahn, auch wenn das unter fluchen und schimpfen geschieht. “Ich darf nicht mit fremden Leuten mitgehen, das hat mir meine Mami verboten”, versucht Tommy mich wirre zu machen, doch es bringt nichts. “So ein Unsinn. Wer wirft sich denn alten Männern an den Hals und macht ihnen schöne Augen? Bestimmt nicht ich.” “Du entführst anstelle kleine Jungs. Dafür kannst du in den Knast kommen”, plärrt der Emo, ruckt ein paar mal gegen meinen Arm, bis es mir reicht. “Du hältst jetzt endlich deine Fresse, sonst polier ich sie. Du weißt, dass ich das drauf habe.” Kein Kommentar seitens des Kleinen. Wahrscheinlich scheint ihn das letztendlich doch eingeschüchtert zu haben. “Ey, wo willst du denn hin?” Ich habe gerade die Tür aufgeschlossen und Tommy in die Wohnung geschoben, als dieser fluchtartig in Richtung Bad rennt, das Brett zuknallt und verschwunden ist. “Tommy?”, rufe ich von draußen, während ich die Schuhe ausziehe, beschließe dann, vorsichtig anzuklopfen. Als sich niemand rührt, drücke ich mein Ohr gegen die Tür, und siehe da, ein Röcheln kann ich vernehmen, darauf folgt ein elendes Würgen. “Tommy, mach auf, ich will dir doch helfen”, flehe ich, aber vergebens. Der Kleine scheint sich mal wieder die Seele aus dem Leib zu kotzen und bestimmt…ritzt er sich hinterher erneut seine Arme auf. Noch einmal donnere ich gegen die Tür, trete sogar daran, aber Tommy antwortet nicht. Verzweiflung kriecht in mir empor. Hilflos komme ich mir vor. Verdammt hilflos. Minuten später, die mir wie eine Ewigkeit vorkamen, tut sich was an der Tür. “Was machst du denn für Sachen?”, sorge ich mich um den Emo, der zusammengesunken vor mir steht und noch immer kein Wort sagt. Als ich ihn jedoch in meine Arme ziehen möchte, weicht er aus und grummelt leise ‘Lass mich’. “Am besten, wir gehen gleich ins Bett, du schläfst natürlich bei mir”, schlage ich schließlich vor und packe den Arm des Kleinen, den er aber so schnell wegzieht, als hätte er auf eine Herdplatte gefasst. Wissend sehe ich ihn an, also stimmt es. Es ist wahr, dass er sich wieder weh getan hat. “Komm”, sage ich jedoch anstelle zu schimpfen, als aus Versehen der Ärmel von Tommys Hemd nach oben rutscht und die blutigen Schnitte zur Schau stellt. Nun greife ich viel sanfter nach seiner eiskalten Hand, diesmal sträubt der Emo sich nicht mal dagegen, mir zu folgen. “Leg dich hin, ich bin gleich bei dir”, versichere ich dem Kleineren und deute mit dem Kinn in Richtung Bett. “Ich will nicht bei dir schlafen. Du willst mich ficken.” Fassungslos schaue ich zu Tommy, der inzwischen auf der Bettkanten Platz genommen hat und aussieht wie ein Häufchen Elend. “Das ist überhaupt nicht wahr”, stelle ich in ruhiger Tonlage klar. “Ich möchte dir nur nahe sein. Weil ich dich sehr gern habe. Sex ist noch lange nicht alles.” Als ich den letzten Satz ausgesprochen habe, komme ich mir gar nicht mehr vor wie der einstige Dennis. Sex hatte in meinem Leben bis zu jenem Tag, an dem ich mich in Tommy verliebt habe, stets die höchste Priorität. Und nun scheine ich wirklich frigide zu werden. “Ich geh nur schnell ins Bad, du versuchst schon mal zu schlafen und wenn das nicht klappen sollte, dann kuschle ich dich in den Schlaf. Okay?” “Mh”, brummelt Tommy, es klingt wie ein unsicheres ‘Ja’. Aber dass es überhaupt ein ‘Ja’ ist, ist schon mal ein Erfolg. Noch etwas zögerlich zieht der Emo die Zudecke über seinen Körper und schmiegt seinen Kopf in mein Kissen, dann liegt er ganz ruhig da und seufzt leise. Da ich glaube, dass der Kleine liegen bleiben wird, husche ich schnell ins Bad, um mich für die Nacht fertig zu machen. Viel ist da ja nicht zu tun. ***** Nur mit Boxershorts bekleidet stehe ich eine ganze Weile später wieder in meinem Zimmer und versuche, leise zu sein, denn von Tommy ist kein Mucks mehr zu hören. Leider wird das mit dem Leise sein nichts, denn auf dem Boden vor dem Bett liegen irgendwelche Klamotten, und als ich auf etwas hartes trete, auf etwas verdammt hartes, muss ich mir einen Schmerzenslaut verkneifen. Sauer bücke ich mich nach unten, um das Zeug zu beseitigen, als ich bemerke, dass das auf keinen Fall meine Klamotten sind, sondern die eines gewissen kleinen Emos. Sofort beschleicht mich ein Verdacht, auf was ich da getreten bin. Auf die Mörderin. Ohne zu zögern wühle ich in den Hosentaschen, dass sich darin auch benutzte Taschentücher befinden, stört mich in dem Augenblick nicht wirklich. “Au!”, presse ich stimmlos hervor, als ich etwas kühles, spitzes ergreifen kann. Ich lasse die Hose fallen, halte dafür aber die verdammte Mörderin in der Hand. Frisches Blut klebt noch an ihr, Tommys Blut, ich spüre es, als meine Finger etwas feuchtes ertasten. Eine unglaubliche Wut überkommt mich, kurz entschlossen stelle ich mich vor das einen Spalt weit geöffnete Fenster und halte die Klinge hoch in das Mondlicht, welches sich in ihr spiegelt. Nie mehr, Tommy. Nie mehr wirst du dir mit diesem Ding die Arme aufschneiden. Du fängst jetzt ein neues Leben an. Mit mir. Ich öffne das Fenster sperrangelweit, hole aus und schmeiße die Mörderin weg, weit weg, weg aus Tommys Leben. Ich werde Tommy glücklich machen, das weiß ich. Das weiß es ganz genau. Ich werde alle seine Wunden heilen, körperliche wie seelische. Weil ich ihn liebe. ***** Ich sollte nicht nur in Boxershorts schlafen. Nicht heute. Schnell ziehe ich mir ein T-Shirt über und nähere mich dem Bett, in dem Tommy bereits friedlich schlummert. Ganz vorsichtig hebe ich die Decke an, um mich zu ihm zu legen, Tommy dreht sich nur kurz um, jedoch ohne aufzuwachen. Die Matratze senkt sich leicht, als ich mich darauf setze und meine Beine nachziehe, doch der Emo schläft so fest, dass er auch das nicht bemerkt. Durch das Mondlicht, das ins Zimmer strahlt, kann ich Tommys nackte Schultern sehen, ich frage mich, ob er sich völlig seiner Klamotten entledigt hat, denn auf dem Fußboden lagen schließlich jede Menge. Ich kann nicht mehr anders. Verzeih es mir, Tommy. Langsam rutsche ich näher zu meinem Bettgenossen hin, lasse meine Finger über seine Schulter gleiten, ganz vorsichtig und behutsam. Wie schön sich seine Haut anfühlt, total zart, meine hingegen ist viel rauer und robuster. Ja, man könnte fast meinen, dass Tommy eine Mädchenhaut besitzt, die zum streicheln geradezu einlädt. Sacht greife ich nach dem oberen Ende der Bettdecke, die wir uns teilen, und schiebe sie ein Stück herunter. Tommy ist nicht nackt, so wie ich beinahe vermutete, er trägt ein enges Höschen und ein ebenso enges T-Shirt. Schade, nicht die ‘Arbeitskleidung’ von letztem Mal, die ich mir insgeheim erhofft hatte. Und nackt ist er auch nicht… Kopfschüttelnd drehe ich mich von Tommy weg, jedoch nicht, ohne ihn wieder richtig zugedeckt zu haben und schließe die Augen. Dennis, du bist blöd. Tommy geht es schlecht und du denkst doch wieder nur an das Eine. Grenzt wirklich schon an Notgeilheit, wahrscheinlich hat der Emo recht. Fuck, wie peinlich… ***** Am nächsten Morgen werde ich erst wach, als die Frühlingssonne schon hoch am Himmel steht und ihr Licht durch mein Fenster wirft. Verschlafen wende ich mich der Wand zu und stelle zufrieden fest, dass wir heute erst zur dritten Stunde Unterricht haben, also kann ich noch mal schnell einpennen… Augenblick mal! Habe ich mir nicht gestern das Bett mit Tommy geteilt? Wir sind doch Arm in Arm eingeschlafen, oder irre ich mich? Wenn diese Fakten stimmen, wo ist er denn hin? Habe ich etwa unter der Zudecke geschissen und wegen dem Gestank ist er abgehauen? Oder bin ich, während ich schlafgewandelt bin, über ihn hergefallen? Nein. Ich habe zwar gerne Sex, aber ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass ich schon mal im Schlaf gefickt oder onaniert habe. Manchmal wache ich zwar auf und habe die Hand am Sack, aber schließlich mache ich das nur, damit kein Einbrecher meine Heiligtümer klauen kann, falls einer in unser Haus einsteigen sollte. “I’m so horny, so horny, horny, horny…” Was is’n jetzt los? Wer ist horny? Die Stimme kenn ich doch. Verwirrt drehe ich mich mit dem Gesicht Richtung Zimmer und staune nicht schlecht, als ein völlig nackter Tommy vor meinen Augen herumtanzt und fröhlich versaute Lieder singt. Na dem scheint es ja wieder richtig gut zu gehen! Das Handtuch, welches er unter dem Arm trägt, legt er auf meine Couch, zieht es schön glatt und platziert seinen Hintern ganz ungeniert darauf. Alter Falter, denke ich voller Erstaunen, obwohl Tommy mich sicher killt, wenn ich ihm zugucke, während er einen auf FKK macht. Er ist dünn, sehr dünn, aber tut seinem Sexappeal keinen Abbruch. Meine Blicke gleiten hinab an seinem Körper, kriechen zwischen seine Beine, oh mein Gott, ich glaub, ich krieg die Tür nicht zu! Dass der Emo so gut bestückt ist, hätte ich ihm gar nicht zugetraut, fuck, hat der einen Apparat! Und die Klöten erst, man oh man! Nun öffnet Tommy die Bodylotion, die er wahrscheinlich aus dem Badezimmer mitgebracht hat, öffnet sie und gibt etwas von der weißen, cremigen Masse auf seine Hände. Sieht aus wie Sperma, denke ich und muss mir ein dreckiges Grinsen verkneifen, als Tommy sich mit dem Zeug die Brust einreibt, danach die Arme, die Beine, den Bauch. Dann spreizt er dreckig grinsend seine Beine, nimmt noch etwas von der Bodylotion und was jetzt passiert, lässt mein Hirn zu meinem Schwanz rutschen. Die beiden haben eh schon dicke Freundschaft geschlossen, schließlich treffen sie sich häufiger. Porno at its best, das wird mir hier gerade geboten. Der kleine Nacktfrosch reibt sich wohlig schnurrend sein bestes Stück ein, lässt seine Hände über die ganze Länge gleiten, um danach intensiv seine Spitze zu stimulieren. Oh, ist das geil, ich könnte quieken wie ein Mädchen! I’m so horny, horny, horny, horny… “Was glotzt’n du so?”, schreckt mich plötzlich Tommys Stimme aus meinen Gedanken und lässt meine Hand schnell wieder aus der Boxershort heraus gleiten. Meine Finger hatten bei dem Anblick des onanierenden Tommys ein wenig Sehnsucht nach meinem Schwanz bekommen, aber das ist ihnen doch wohl hoffentlich nicht zu verübeln. “Bist wohl neidisch, weil dein bestes Stück nicht so schön ist wie meins, was?” “Äh…” Das ist das Einzige, was ich herausbekomme, wahrscheinlich färben sich meine Wangen gerade rosarot, denn heiß werden sie ganz schön. Am liebsten hätte ich mich unter der Bettdecke verkrochen, um der peinlichen Situation zu entkommen, viel mehr wünschte ich jedoch, ich hätte mich zügeln können und nicht so ungeniert gucken müssen, während Tommy sich selbst Glücksgefühle schenkt. Nun erhebt sich der Emo, fährt sich durch die Haare und steht vor mir, natürlich noch immer splitterfasernackt. Man, Junge, musst du das extra noch provozieren, ich weiß ja gar nicht mehr, wo ich hingucken soll. Piercings hat er außerdem noch am Bauch, was absolut geil aussieht… “Du tust fast so, als ob du noch nie einen nackten Mann gesehen hast”, lacht Tommy frech und schmeißt mit dem Handtuch nach mir. Das einzig positive ist, dass der Emo nicht mehr allzu böse auf mich zu sein scheint. Brummend befreie ich mich von dem Handtuch, obwohl ich es am liebsten auf meinem Gesicht liegen gelassen hätte, um meine Stielaugen zu verdecken. “Ich hab schon nackte Männer gesehen…”, stelle ich klar, aber Tommy kann das nicht sonderlich beeindrucken. “Mag ja sein…aber solche hübschen wie mich bestimmt noch nicht. Gib’s ruhig zu: Bin ich sexy oder bin ich sexy?” “Mhh…”, nuschle ich nur, was sowohl ‘Ja’ als auch ‘Nein’ bedeuten könnte. Aber ein ‘Nein’ wäre doch wohl sehr unangebracht bei Tommys Anblick. “Ich nehme an, das sollte ‘Ja’ heißen. Schön, Dennis. Wenigstens einen guten Geschmack hast du, wenn du schon ein Arschloch bist”, meint der Emo, hebt seine Klamotten auf, die am Boden liegen und beginnt sich anzuziehen. Also kann er mich noch immer nicht wieder leiden. Dabei habe ich mir so viel Mühe gegeben. Tja, nicht jede gute Tat wird im Leben belohnt… “So, und jetzt steh auf, du Faulpelz”, weist mich Tommy an, klaut mir die Bettdecke und guckt mich grinsend an. “Schließlich musst du mir mein Frühstück machen.” “Pah, bin ich dein Hausdiener?”, brumme ich mittlerweile etwas angenervt, erhebe mich dann aber doch und tappe in die Küche. “Schneller, sonst hol ich meine Peitsche raus und knall dir damit auf den Arsch”, treibt mich der Emo an, der hinter mir hertrottet. “Aua, du Nuss!”, fluche ich, als er mir mit seiner flachen Hand einen Vorgeschmack gibt. Plötzlich steht mein Bruder vor uns. “Na, Dennis? War wohl ziemlich heiß die Nacht, wenn Tommy nackt durch den Flur tigert, oder irre ich mich da?” Meine Gesichtszüge erstarren augenblicklich, vorwurfsvoll gucke ich erst Flo, danach Tommy an. Letzterer grinst nur dreckig und klopft mir auf die Schulter. “Nee, nee, Flo, Dennis kann man nicht poppen. Sein Arschloch ist so groß, ich kann meine ganze Faust hineinstecken. Was ist denn das schon für ein Komfort? Das ist das Gleiche, als wenn ich in unsere Turnhalle einen Stift schmeiße. Aber vielleicht bist du ja enger…” Flo legt den Kopf schief und guckt Tommy ziemlich irritiert an. “Man, du kannst meinen Bruder doch nicht so anmachen, der ist erst 13!”, zische ich dem Emo zu, der sich vor lachen kaum noch einkriegt. “Und so groß ist mein Arschloch übrigens auch nicht.” “Klar, du bist ein riesengroßes Arschloch!”, betitelt mich Tommy, klopft mir auf den Rücken und schiebt mich weiter in Richtung Küche. Jetzt erst kapiere ich das Wortspiel. Tommy ist so ein kleiner Perversling, aber genau das liebe ich an ihm. “Bitte mit Nutella!”, schreit Tommy, als ich das Brot aus dem Fach hole und es gerade in Scheiben schneiden will. “Nutella ist leider alle!”, schreie ich zurück, nachdem ich den Kühlschrank geöffnet habe und mir das Glas schnell für mich alleine sichern will. “Es gibt nur noch Butter oder Magarine oder…” “Du schummelst!”, meckert Tommy, tritt schneller, als ich die Schokoladenreste im Glas leer fressen kann, hinter mich und zieht mir die Boxershorts runter. “Lasch dasch sein, du…”, ermahne ich den Kleinen mampfend, die Schokolade wahrscheinlich großflächig um meinen Mund verteilt, dann ziehe ich mir meine Schlüpper wieder nach oben. “Du bist wie ein kleines Kind, Tommy. Wie alt sollst du angeblich sein? 16? Pah, höchstens drei!” “Und du siehst aus, als ob du mit der Fresse voran in die Scheiße geflogen wärst”, kontert Tommy geschickt, zieht mir wieder die Schlüpper runter und haut mir noch mal tüchtig auf den Hintern. “Was macht ihr denn hier?” Schneller als ich meine Hosen wieder hochziehen kann, steht meine Mutter in der Tür und guckt uns fassungslos bei unseren Spielen zu. “Wir…äh…machen uns ein paar Brote”, erkläre ich stotternd, während Tommy mir inzwischen das Nutellaglas gemopst hat, seinen Finger in der Schokolade versenkt und ihn genüsslich ableckt. “Soll ich deinen Schwanz auch mal mit Schoki einschmieren und dann abschlecken?”, will der Kleine frech wissen, oje, und meine Mutter hat’s gehört. Stumm macht diese kehrt, während ihr Gesicht zu Eis erstarrt und lässt uns allein in der Küche stehen. “Du bist doof Tommy, nun kann ich meiner Mutter nie mehr in die Augen sehen, nie mehr! Und das alles nur wegen dir!”, meckere ich den Emo voll, der am Küchentisch Platz genommen hat, sich eine Schnitte großzügig bestreicht und dann davon abbeißt. “Ach, die weiß doch eh schon längst, dass wir was miteinander haben”, sagt Tommy gelassen und schiebt den Stuhl neben sich zurück, damit ich mich zu ihm setze. Seufzend tue ich wie mir befohlen, wische zunächst aber meine Schnute sauber und gebe mich geschlagen, indem ich meine Schnitte nur mit Butter beschmiere und Tommy die süße Leckerei überlasse. “Du, sag mal”, beginne ich nach ein paar stummen Minuten ein Gespräch. “Verhütest du wenigstens?” Tommy sieht mich fragend an. “Na, benutzt du Kondome, wenn du die Freier ranlässt?”, erkläre ich meine Frage näher und bringe somit Tommy zum Schmunzeln. “Was denkst du denn? So doof bin ich nun auch wieder nicht, dass ich nicht weiß, was Aids ist”, schüttelt er den Kopf und klopft mir auf die Schulter. Beruhigt nicke ich und beiße von meinem Brot ab. “Und war das jetzt Liebesbeweis genug?”, will ich als nächstes vorsichtig wissen. “Schließlich sagtest du doch, dass dich jemand, der dich liebt, vom Strich holen würde.” “Ich denk darüber nach”, meint Tommy beiläufig und stopft sich den Rest seines Brotes in den Mund, kaut erstmal mit vollen Backen und steht dann auf. “Wenn du ganz lieb zu mir bist und ich kein böses Wort mehr aus deinem Mund hören muss.” “Versprochen, Tommy”, antworte ich in einer ruhigen Tonlage, nähere mich meinem Schatz, der gerade seinen Teller in die Spüle legt und schlinge die Arme von hinten um seinen Körper. Kurz entschlossen drücke ich ihm einen sanften Kuss auf sein Ohr, was ihn lächeln lässt, das kann ich ganz genau sehen. “Meinst du nicht auch, dass wir ein schönes Paar abgeben würden?”, flüstere ich, der Kleine jedoch befreit sich aus meinem Griff und guckt zur Uhr, ohne mir eine Antwort zu geben. “Oh scheiße!”, fällt es mir auf, als ich ebenfalls die Zeit ablese. “Wir kommen zu spät!” Hastig renne ich in mein Zimmer, ziehe mir die erstbesten Klamotten über, schnappe meine Tasche und stürze mit Tommy im Schlepptau aus dem Haus. “Jetzt konnt ich mich nicht mal mehr stylen wegen dir”, meckert der Emo lautstark hinter mir. “Aber du siehst ja auch aus wie eine Vogelscheuche.” “Danke dir für das Kompliment”, seufze ich, drehe mich zu dem Kleineren um, klatsche in die Hände und rufe ihm ’Hop Hop’ zu, damit er sich endlich ein bisschen beeilt. “Ich kann nicht so schnell, Denni, trage mich!”, fordert er mich auf, bei dem Wort ’Denni’ hüpft mein Herz kurz in die Höhe, weil es ein Zeichen ist, dass der Emo mich wieder zu mögen scheint. Aber tragen? “Ey komm, die Leute lachen sich scheckig, wenn ich Huckepack mit dir auf der Straße gehe”, schüttle ich den Kopf, doch ich habe nicht mit Tommy gerechnet, der kurzerhand auf meinen Rücken springt und mich dabei beinahe in die Knie zwingt. “Okay, okay”, sage ich mich geschlagen gebend, spüre bereits, wie der Emo seine Arme um meinen Hals schlingt und dabei fast auf meine Gurgel drückt. “Nicht so fest, sonst bin ich ne Leiche, ehe wir in der Schule sind.” “Hab dich nicht so zimperlich, du Pussy!”, neckt mich Tommy, während ich nach seinen Beinen greife und mir vor Augen führen muss, dass ich seinen Schritt auf meinem Rücken spüre. “Hüh, Pferdchen, schneller!” “Treib mich nicht an, verdammt!”, beschwere ich mich, trabe aber brav los, den Rucksack vorne tragend, den Rucksack Tommy hinten. “Du bist schwer!” “Ach, Fliegengewicht!”, meint Tommy. “Wenn du mich nicht mal jetzt aushältst, wie soll es dann beim Sex werden?” “Da lieg ich auf dir”, grummle ich, bin aber positiv überrascht, dass Tommy gemeinsamen Sex noch nicht ausgeschlossen hat, nachdem, was schon alles passiert ist. So reitet Tommy in die Schule, auch wenn das Pferd dort angekommen total k.o. ist und bestimmt notgeschlachtet werden muss. “Runter von mir!”, zische ich dem Kleinen zu, als wir vor dem Klassenzimmer stehen, erst danach klopfe ich an. “Entschuldigung, wir haben verschlafen”, presse ich artig hervor, natürlich muss ich wieder sprechen, Tommy spielt hinter mir das Unschuldslamm. Frau Horn wirft uns einen prüfenden Blick zu. “Aber doch nicht zusammen?” Die ganze Klasse johlt und lacht lauthals, während ich wie ein begossener Pudel neben dem Lehrertisch stehe. Jetzt denken alle, dass wir beim ficken die Zeit vergessen haben, na schönen Dank auch. Es gab zwar wirklich einen heißen Ritt heute morgen, aber im wahrsten Sinne des Wortes, zweideutige Gedanken einmal aus dem Spiel gelassen. Frau Horn verweist uns auf unsere Plätze, da sie den Unterricht fortsetzen möchte, trägt aber vorher noch unsere Fehlzeit ein. “Ihr wisst, die Minuten summieren sich”, ermahnt uns die Lehrerin streng und schielt uns über ihre Brille hinweg an. “Bei einem unentschuldigtem Fehltag gibt es mächtig Ärger.” “Ja, Mutti”, brumme ich in meinen nicht vorhandenen Bart. “Kommt nicht wieder vor.” Tommy lächelt mich frech an, was mir beweist, dass sich die Verspätung gelohnt hat. Schließlich haben wir uns wieder so ziemlich versöhnt, auch wenn er mich in Sachen Beziehung noch immer ganz gemein zappeln lässt… In der Pause. Tommy murrt, da ich ihm kein Pausenbrot gemacht habe und versucht mir ein schlechtes Gewissen einzureden, indem er mir an den Kopf wirft, nun verhungern zu müssen. “Du hast kein Herz für deinen kleinen Emo, Denni”, meint Tommy, der mal wieder auf dem Tisch Platz genommen hat und von oben auf mich herabschaut, was mich immer so klein und unterwürfig fühlen lässt. “Klar hab ich das”, brumme ich und verdrehe die Augen. “Na komm, da muss ich dir eben was in der Mensa kaufen. Sonst habe ich ja gar keine Ruhe mehr vor dir.” Tommy zieht den rechten Mundwinkel in die Höhe, tätschelt meinen Kopf und folgt mir dann an den Süßigkeitenautomaten. “Irgendwann wirst du noch mal zum Schokoladenosterhasen, wenn du so viel naschst”, schüttle ich den Kopf, den Kleinen jedoch scheint es nicht sonderlich zu stören. Der hat doch einen Schokoladenfetisch, kann er sagen, was er will… “Was willste denn?”, frage ich Tommy ein wenig gequält, während ich in meiner Hosentasche nach Kleingeld suche, aber dort nur ein verrotztes Taschentuch auffinden kann. “Sorry, ich hab keine Kohle mit.” Doch Tommy zu vertrösten ist keine leichte Aufgabe. Schmollend steht er hinter mir und legt die Hände auf sein Bäuchlein, gleichzeitig jammert er zum Steinerweichen. “Ich hab Hunger, Denni.” “Ich hab auch Hunger”, gebe ich genervt zu. “Schließlich hatte ich heute morgen keine Zeit, mir ein Brot zu machen. Und rate mal, wer daran schuld ist.” Plötzlich, ich hatte mich schon seelisch und moralisch auf eine deftige Schimpftirade von dem Kleinen vorbereitet, fängt dieser an zu strahlen. “Ein Glück, dass ich noch Geld hab”, verkündet er, ich schlage mir einfach nur noch die Hand gegen die Stirn, als Tommy die Münzen aus seiner Hosentasche holt. “Doch Augenblick…nein, oder?!” “Was is’n nun schon wieder?”, jammere ich, Tommy schaut mich auf einmal ganz komisch an. Als ob ich etwas schlimmes verbrochen hätte. “M-mein…meine Klinge…sie ist weg…”, stammelt der Emo und ich könnte schwören, dass sich sogar Tränen in seinen heute ungeschminkten Augen bilden. “Wahrscheinlich hab ich sie gestern Abend bei dir im Bad liegen lassen. Könntest du sie mir morgen mitbringen, falls du sie findest?” Das ist ja wohl die Höhe! Er weiß ganz genau, dass ich seine Selbstverletzungen nicht unterstütze! “Einen Scheiß werde ich tun”, stelle ich entschlossen klar, der Kleine zieht fragend die Augenbrauen zusammen. Okay, du willst ne Erklärung, kannst du gerne haben! “Ich hab dieses…dieses Teil weggeschmissen. Du brauchst es nicht. Denn du hast mich.” “Du hast WAS?!” Tommy steht vor mir, riesengroß, ich habe den Eindruck, dass sich seine Wuschelhaare wie das Fell einer Katze aufstellen, wenn man ihr auf den Schwanz getreten hat. Seine Gesichtszüge sind vor Schreck ganz starr, dann schüttelt er den Kopf, langsam, bedrohlich langsam. “Wie kommst du dazu, dich an meinen Sachen zu vergreifen? Hast du sie noch alle, man? Kann ein menschliches Hirn eigentlich annähernd so stupide Gedanken produzieren wie dein Affenhirn? Du bist echt so was von bescheuert!”, brüllt er los, man, ich weiß ja, dass der Junge sehr temperamentvoll sein kann, aber das übertrifft alles. Die Schüler, die zufällig an uns vorbeigehen, gucken sensationslustig zu, wie Tommy mich runtermacht, doch auch das kann den Kleinen nicht abschrecken. Vielleicht geilt er sich sogar daran auf, im Mittelpunkt zu stehen, während er bullig tut. Meine Versuche, den aufgebrachten Tommy zu beruhigen, scheitern kläglich, ich glaube sogar fast, dass ich kurz davor stehe, eine gewischt zu bekommen. “Aber Tommy!”, probiere ich ihn ein letztes Mal zu beschwichtigen. “Ich will dir helfen, von dieser Ritzsucht loszukommen. Ich liebe dich, verdammt noch mal.” “Ganz toller Liebesbeweis”, sagt Tommy zynisch, macht auf dem Absatz kehrt, ruft mir aber noch etwas böses hinterher. “Wenn ich deine Wohnung ausräume und die Möbel alle auf dem Flohmarkt verscherble ist das genauso ein schöner Liebesbeweis. Oder wenn ich dir die Zähne aus der Fresse schlage und die Dinger in den Müll schmeiße. Wenn du willst, kannst du sie nachher wieder rausholen, sind sogar noch Essenreste dran, wenn du sie in deinen Mund steckst. Oder Kinderscheiße.” “Du bist so gemein! Selber keinen Dreck besser sein und mir vorwerfen, dass ich böse zu dir bin”, rechtfertige ich mich, doch meine Meinung wird schon nicht mehr angehört. “Beziehungskrüppel. Schwuler Hans! Geh doch weiter auf deinen Strich und ritz dir die Arme auf. Aber komm dann nicht wieder angekrochen.” Kapitel 19: Dennis hat die Hosen voll ------------------------------------- Früher dachte ich immer, dass Mädchen sehr viel Ärger machen und gerne rumzicken. Doch dass Schwule noch schlimmer sind, davon hatte ich keinen blassen Schimmer. Tja. Wenn Tommy nicht so eine Oberzicke wäre, würde ich jetzt nach Schulschluss auch nicht ganz allein auf der Schaukel sitzen und den kleinen Kindern beim Spielen und in den Sandkasten kacken zugucken. Nein. Ich würde den Emo im Arm halten, vielleicht sogar mit ihm rumknutschen oder gar mit ihm ein Bett teilen. Nicht, dass jemand denken könnte, ich will Tommy eh nur poppen. Nein, nein. Ich will einfach nur unsere Hassliebe körperlich mit ihm ausleben. Auch wenn Sex mit Tommy in Wrestling ausarten würde, und nur jemand ein Lustgefühl gewinnen würde, der Masochist ist. Ist mir aber egal. Für Tommy werde ich schließlich sogar schwul, warum nicht auch noch Maso? “Hey.” Aus meinen Gedanken aufgeschreckt wende ich meinen Blick nach oben, mustere die schwarzen Klamotten des vor mir Stehenden, schüttle kurz den Kopf und grinse schief. Na so was, der Kleine! Ob er mir nun eine klatschen will? Hier, nur zu. Ich bin ja jetzt Maso. “Hast du dir neue Beleidigungen ausgedacht?”, frage ich verächtlich und schiebe mich ein wenig mit den Füßen ab. “Oder willst du gleich ganz die Biotonne über mir leeren, damit ich genug zu essen habe?” “Nein”, wehrt Tommy ab, er sieht ein wenig irritiert aus, dann greift er ohne zu zögern nach meiner auf dem Schoß liegenden Hand, was mein Herz wie wild rumhüpfen lässt. Ja, es fühlt sich wie eine Wiederbelebung an, nach langer Zeit eine zärtliche Geste von dem Menschen, den man liebt, zu erhalten. “Wollen wir runter zum See gehen?”, meint Tommy leise, seine braunen Augen sind nicht einfach nur braun, nein, sie strahlen auch etwas wunderbar warmes aus, was ich so noch nie in ihnen gesehen habe. Ich ziehe die Schultern nach oben und brummle ‘von mir aus’, was aber eigentlich viel zu gleichgültig klingt. Doch es ist besser, wenn ein Mann seine Gefühle zügelt und nicht alles herauslässt, was sein Herz ihm vorgibt. ***** Der Frühling zeigt sich heute mal wieder von seiner schönsten Seite. Die Vögel machen einen Krach, als wäre ein ganzer Zoo ausgebrochen, der Flieder stinkt zum Himmel und die Maikäferleichen auf dem Weg sind einfach nur abscheulich. Hoffentlich wird es bald wieder Herbst… Wortlos gehen wir beide nebeneinander her, irgendwie traut sich keiner, ein Gespräch zu beginnen. Doch ich habe beschlossen, keinen Mucks mehr von mir zu geben, bis Tommy sich nicht bei mir entschuldigt hat für den ‘Witz’ mit der Mülltonne und die Bloßstellung vor der ganzen Schule nur wegen seiner scheiß Mörderin. “Wir sind jetzt quitt. Nicht wahr?” Tommys Stimme klingt ein wenig seltsam, wahrscheinlich fiel es ihm ziemlich schwer, die richtigen Worte zu finden. Doch ob seine Bemerkung wirklich angebracht ist, fragt sich. “Quitt? Ich soll meine Zähne aus der Mülltonne fischen! Da nennst du die Sache mit dem festen Fickpartner quitt? Na hör mal. Schließlich ist das doch wahr.” Plötzlich bleibt der Emo stehen, für einen kurzen Moment muss ich an ein bockiges, kleines Kind denken, welches sich als Krönung bestimmt gleich noch auf den Boden schmeißt und mit den Beinen strampelt. Aber leg dich nur zu den Maikäferleichen, Tommy. Das ist mir so egal. Doch der Kleine bleibt auf seinen Füßen stehen, jedoch bückt er sich, was mich natürlich automatisch auf seinen Hintern glotzen lässt. Mh…schade, dass ich keinen Fotoapparat mithabe. Tommys Arsch ist echt so…unverschämt heiß. Besonders wenn er so nackt ist wie heute morgen… “Ich hab Augen dort, wo du gerade so sabbernd hinstierst”, sagt der Emo in gleichgütigem Ton, während ich rot anlaufe. Shit, warum muss der einfach alles merken? “Ich sehe alles, höre alles, weiß alles”, kichert er. “Ich bin allmächtig. Tommy Allmächtig.” “Ja nee is klar”, stottere ich verlegen, als der Kleine sich mit hinter dem Rücken versteckten Händen vor mich stellt. “Und was wird das jetzt?” “Na die Rache für den festen Fickpartner!”, grinst Tommy, zieht, ehe ich reagieren kann, am Ausschnitt meines T-Shirts und hält seine geschlossene Faust darüber. “Magst du tote Maikäfer?” “Nein…ich mag auch keine lebenden…”, stammle ich nervös, als mir einleuchtet, was Tommy da in den Händen hält. “Scheiße….NEIN!” “Oh doch!”, kichert der Emo, während ich Lucky-Luke-like schneller als mein Schatten wegrenne, von Todesangst geplagt. Als ich laut keuchend stehen bleibe und mich nach Tommy umschaue, bemerke ich, dass ich ziemlich weit gerannt sein muss, denn der Kleine ist gar nicht mehr zu erkennen. Eigentlich traue ich mich auch nicht mehr zurückzugehen, denn der Emo lauert bestimmt noch immer mit dem Viech auf mich. Aber schade wäre es auch, wenn wir unsere Versöhnung nicht richtig vollziehen können. Also, Dennis, sei ein Mann und keine Pussy. “Ich krieg mich nicht mehr, Denni, dass du so ein kleiner Schisser bist, hätte ich nicht gedacht”, lacht Tommy, der es sich auf einer Parkbank bequem gemacht hat, nachdem ich zurück bin. “Aber da weiß ich wenigstens, womit ich dich ärgern kann.” “Wage es nicht noch einmal!”, drohe ich, immer noch schön Abstand haltend und unsicher den Kleinen musternd. “Ist das Vieh weg?” “Nee, das ist grad in deinem Hosenstall reingekrabbelt”, ärgert mich Tommy, und so dumm wie ich bin, gucke ich dort auch noch nach, sicherheitshalber. “Du glaubst auch alles. Alter, du bist echt süß.” “Ey Alter, du bist süß”, äffe ich den Emo nach. “So formuliert das wohl ein schwuler Hip Hopper oder was?” “Nein, ein Emo, der cool sein will”, grinst Tommy, legt den Kopf schief und streckt die Hände nach mir aus. “Aber es gibt auch Momente, in denen ich nicht cool sein will und du auch nicht. Zum Beispiel jetzt gerade.” “D-das Vieh ist wirklich weg?”, frage ich noch mal schnell, was Tommy den Kopf schütteln lässt, erst dann nähere ich mich dem Kleinen, nehme seine Hände in meine und setze mich neben ihn. “Ich hab da heute wohl voll überreagiert”, erklärt mir Tommy nachdenklich. “Eigentlich ist es ja sehr süß, dass du mir das Ritzen abgewöhnen willst. Aber das klappt nicht so einfach. Das ist eine Krankheit, die man nicht einfach so abstellen kann, weißt du? Deswegen will ich, dass du weißt, dass ich mir eine neue Klinge besorgt habe.” Enttäuscht seufze ich und wende meinen Blick auf den Boden, doch gucke ich schnell wieder hoch, denn zu unseren Füßen liegen die ollen Maikäfer. Zufällig schaue ich genau in Tommys Augen und habe das Gefühl, mich noch mal in ihn verlieben zu müssen, so schön wie er ist. Meine Hand lässt seine los, wandert dafür an seinem Hals hoch, streichelt ihn dort sanft, was Tommy zum schnurren bringt und mir ein Lächeln aufs Gesicht zaubert. “Ich halte zu dir”, verspreche ich meinem Schatz mit ruhiger Stimme. “Und ich weiß, dass wir irgendwann deine Krankheit besiegen werden. Gemeinsam.” “Denni, ich liebe dich, man. Wie verrückt. Wenn du dann auch noch so was sagst, zergehe ich wie Butter”, quiekt der Emo und kommt näher, sehr nahe. “Ich war echt noch nie in jemanden so verliebt wie in dich.” “Ich auch nicht. Und ich hab noch nie solche schmalzigen Dinge zu jemandem gesagt”, bekenne ich rot werdend, doch der Kleine lässt mich nicht wegschauen, so wie ich es immer tue, wenn ich verlegen bin. Sanft legt er seine Hand auf meine glühende Wange und lächelt süß. “Willst du mich küssen?” “Scheiße, man….natürlich will ich!”, freue ich mich, stupse mit meiner Nase zärtlich die des Anderen an, während ich ihn fest in meine Arme nehme, was sogar Tommy rot werden lässt. Doch als ich gerade meine Lippen auf die des Emos legen will, weicht der mir plötzlich aus. “Was ist denn?” “Ähm…”, stottert Tommy. “Du hast da Herpes an der Lippe.” “Ist ja nicht wahr!”, protestiere ich. “Heute früh war da noch nichts.” “Mag sein. Aber Herpes bekommt man, wenn man sich ekelt.” “Ich ekel mich nicht vor dir.” “Aber vor Maikäfern.” Da bin ich platt. Das gefällt mir nun überhaupt nicht. Ich möchte Tommy küssen. Jetzt auf der Stelle! Als ich einen erneuten Annäherungsversuch starte, wird mir von vornherein der Mund zugehalten. “Tommüüü!”, meckere ich hinter vorgehaltener Hand. “Jetzt küss mich!” “Nö”, schüttelt Tommy den Kopf, ich habe fast den Eindruck, dass er sich einen Spaß daraus macht, mich zu ärgern. “Erst wenn deine Pestlippe wieder abgeheilt ist.” “Manno”, brumme ich unwillig. “Das kann Tage dauern. Oder Wochen. Das halt ich nicht aus.” “Hey, du vergisst da was”, meint der Kleine plötzlich, was mich erstaunt in die Runde gucken lässt. “Dass du mich nicht küssen darfst heißt schließlich nicht, dass ich dich nicht küssen darf.” “Was…? Aber das geht…oh, Tommy…das ist…toll…” Mir verschlägt es schier die Sprache, als der Kleine seine Lippen auf meinen Hals aufdrückt, man, das ist göttlich! Wie sensibel ich an dieser Körperstelle bin, war mir bis dato noch gar nicht bewusst. Und als Tommy meine Haut auch noch mit der Zunge anfeuchtet, gibt’s bereits für meinen ausgehungerten Schwanz kein Halten mehr. Ich glaube sogar, dass ich sofort kommen würde, wenn Tommy mich zwischen den Beinen berührt und seine Hand über den Stoff meiner Hosen reibt. “Was ist denn mit dir los?”, lacht Tommy plötzlich, als mir doch ein ungewolltes Stöhnen abgeht. “Du solltest hiervon nicht geil werden, aber wenn es so ist, dann ist es nun mal so.” “Was heißt das? Oh, Tommy, nicht da!”, jammere ich, denn gewitzt wie der Emo ist, hat er meinen Hosenstall geöffnet und seine Hand hinein geschoben. “Du bist ja mächtig hart”, bindet mir Tommy auch noch mein Problem auf die Nase und grinst, während ich damit hadere, meine Soße zurückzuhalten. “Warte, wir haben’s gleich.” “Nein, Tommy, hör auf….”, winsle ich, kann meinen zuckenden Körper aber nicht mehr kontrollieren und werde fast wahnsinnig, als die Hände meines Liebsten über meine empfindlichste Stelle reiben. “Ach, du willst, dass ich aufhöre? Bin gespannt, ob du mit der Latte überhaupt noch laufen kannst.” “Nein, hör nicht auf.” “Auf einmal…” Da Tommy sein Handwerk wirklich supergut versteht und ich mich zusätzlich gegen seine Hand bewege, spüre ich schon bald den Orgasmus in mir. “Den Mund auf, bitte”, bekomme ich gerade noch so heraus, Tommy kichert kurz, dann vergesse ich mich auch schon und spritze das ganze Zeug in meine Unterhose, während ich Tommys Namen stöhne. “Na schönen Dank auch”, murre ich, nachdem ich mich etwas beruhigt habe. “Wär doch besser gewesen, ich wär mit Latte heimgegangen. Jetzt hab ich wegen dir die Hosen voll. So eine Sauerei.” “Du hast das so gewollt”, erinnert mich der Kleine an meine plötzlich aufkeimende Lust. “Ist ja gut”, brumme ich sauer, mache meinen Hosenstall zu und stehe auf. “Scheiße, das klebt voll.” Tommy kriegt sich nicht mehr vor lachen. “Das trag ich in den Kalender ein”, freut er sich. “’Denni hat sich in die Schlüpper gewichst’. Großartig.”, ironisiere ich und mache mich aus dem Staub, denn ich muss jetzt so schnell wie möglich nach Hause, um die Ladung wegzuwaschen. “Ey, jetzt verabschiede dich doch wenigstens von mir. Ich muss jetzt nämlich zum Bahnhof…”, meint Tommy und wird zum Ende des Satzes hin immer leiser. “Du weißt, ich brauch die Kohle. Von meinen Eltern sehe ich keinen Cent.” Ich verdrehe nur die Augen, denn ich wäre wahrscheinlich sogar bereit, mein Taschengeld mit Tommy zu teilen. Breitbeinig bleibe ich vor ihm stehen, was den Emo gleich wieder jubilieren lässt und klopfe ihm kumpelhaft auf die Schulter. “Du darfst mich auch richtig anfassen”, meint Tommy frech und schlingt die Arme um mich armes Würstchen, was mich gequält seufzen lässt. Schnell mache ich mich los, doch Tommy schnappt im letzen Moment nach meinem Arm. “Übrigens, am Wochenende ist Emo-Treffen hier in der Nähe”, erzählt er mir und guckt mich ganz lieb an. “Würdest du mit mir hingehen? Bütte!” Emo-Treffen? Oje. Das bedeutet: ganz viele Streifenhörnchen und anderes Getier, das aussieht wie eine Kreuzung zwischen Meerschweinchen und Stachelschwein. “Du bist doch jetzt auch Szene-Angehöriger”, meint Tommy und ich komme mir gleich ganz fremd vor, wenn ich als Emo bezeichnet werde. “Naja…ich überleg es mir…aber nur, wenn du das Streifenhörnchen nicht mitnimmst”, stelle ich klar, aber Tommy springt schon vor Freude an mir auf und ab. Wirklich, wie ein Kleinkind. “Da kann ich dir gleich noch ein paar Freunde von mir vorstellen”, meint er strahlend, nein, ich kann ihm diesen Wunsch nicht abschlagen, seine Augen leuchten so fröhlich. “Die freuen sich immer, wenn ein Newcomer dabei ist.” “Okay”, seufze ich. “Aber jetzt muss ich wirklich los…” Breitbeinig trotte ich davon und hoffe, mich bald unter der Dusche von dem Zeug in meiner Hose befreien zu können… ***** Die restliche Woche lasse ich mich nicht mehr von Tommys flinken Händchen befriedigen, lieber lege ich selber Hand an mir an, mich noch immer an den Anblick des nackten Emos erinnernd. Ich würde es ihm ja auch gerne mal besorgen, aber irgendwie traue ich mich nicht, es ihm zu sagen, warum auch immer. Und andererseits habe ich noch immer Angst, dass ich es vielleicht nicht mögen könnte, sexuelle Handlungen an einem Geschlechtsgenossen vorzunehmen. Weil…ich seh mich noch immer nicht als völlig schwul an. Und ob es schon für bi reicht weiß ich auch nicht so recht. Denn es ist nicht so, dass ich für Frauen nun gar nichts mehr übrig hätte. Im Gegenteil. Doch so schön wie Tommys Arsch ist kein einziges weibliches Dekolleté… Samstag klingelt der Wecker früh. Sehr früh. Als ich verschlafen in die Runde blinzle und das lärmende Ding ausschalte, dämmert mir sofort, was heute für ein Tag ist. Emo-Tag. Na prima. Tommy wird gleich hier aufkreuzen, um mir ein perfektes Styling zu verpassen. Ich freue mich schon tierisch auf das eklige Gefühl, wenn Tommy mit dem seltsamen Pinsel meine Augenränder umfährt, nur damit ich hinterher wie ein Pandabär aussehe. Ich sehe es schon kommen, dass er eines Tages auf die Idee kommt, mir Lippenstift zu verpassen. Pah, bin ich denn sein Schmink-und Stylingkopf? Kauf dir ne Puppe, Tommy! ***** “Da bin ich, du geile Sau!”, lächelt der Emo mir entgegen, als er eingetroffen ist. Irritiert schaue ich an ihm herab und bemerke den großen Koffer, den er bei sich trägt. “Was hast du denn da drin?”, will ich wissen, was Tommy natürlich wieder loslachen lässt, in einer sehr eigenartigen Tonlage. “Na Sadomaso-Spielzeug, was sonst?”, erklärt er mir daraufhin bitterernst, sodass sich mir bereits die Haare sträuben. “Fesseln, Handschellen, eine Peitsche…” “Wir werden aber keine Zeit haben, das Zeug auszuprobieren”, weise ich den Kleinen auf unser eigentliches Vorhaben für diesen Tag hin und füge gedanklich noch ‘Zum Glück’ zu meinen Worten hinzu. “Du willst mich doch schminken und dann müssen wir los.” Tommy lacht nur noch lauter, ein wenig angenervt mache ich mich auf den Weg ins Badezimmer und brummle etwas, von dem ich selber nicht weiß, was es heißen soll. “Jetzt warte doch!”, kichert der Emo und schließt die Tür hinter sich. “Wehe, du fesselst mich mit Lederriemen an den Stuhl!” Wie angewurzelt sitze ich vor dem Badezimmerspiegel und schaue ein wenig ängstlich in die Runde, während Tommy das Geheimnis über den Inhalt seines Köfferchens lüftet. Nacheinander holt er kleine Flaschen und Tuben heraus, nun wird mir klar, dass das keine Sadomaso-Spielzeuge sind, sondern ganz normale Schminkutensilien. Doch zum Schluss hält er mir ein Gerät vor die Nase, welches nicht besonders vertrauenserweckend wirkt. Es gleicht einer riesigen Zange, scheiße, das erinnert mich an meinen letzten Zahnarztbesuch! “Willst du mir mit dem Ding etwa die Zähne ziehen?”, frage ich mit angsterfülltem Blick, was Tommy mit einem sadistischem Grinsen kommentiert. “Nein”, schüttelt er den Kopf. “Zwischen den Zangen klemme ich deinen Schwanz ein, mache den Strom an und dann wirst du schon sehen, wie schnell wir Bratwurst haben.” “Bist du denn nicht mehr ganz sauber?!”, erschrecke ich und reiße die Augen auf. “Was hast du denn für kranke Phantasien? Wage es nicht, irgendwas meinem armen Schwanz anzutun, sonst bist du tot.” “Du bist so süß, wenn du dich aufregst”, lächelt der Emo verschmitzt und steckt das Gerät an den Strom an, während ich um die Existenz meiner Männlichkeit bange. “Aber das ist nur ein Glätteisen für deine Haare. Man, du lebst echt hinter dem Mond. Nicht mal so was kennst du.” “Na und”, schmolle ich mit vor der Brust verschränkten Armen, Tommy zieht mir unterdes meine Haare glatt. “Deswegen musst du mich noch lange nicht so verarschen. Schließlich kann man nie wissen, zu was du fähig bist.” “Ey, seh ich aus wie Frankensteins Monster?”, will der Kleine wissen und kichert. “Ja, tust du.” “Böh!” “Warte mal…” Mir fällt gerade Tommys Hand auf, die auf meiner Schulter geruht hat. Vorsichtig nehme ich sie von dort weg und betrachte seine Nägel ziemlich kritisch. “Pinke Fingernägel?! Bist du schwul, man?” Den letzten Satz hätte ich mir auch genauso gut sparen können, denn Tommys Homosexualität ist seit dem ersten Tag unverkennbar. “Das ist doch voll sexy, rawr!”, schnurrt Tommy und formt seine Hand wie die Kralle einer Katze. “Gib zu, dass du darauf stehst.” Ich brumme nur vor mich hin. Der Emo jedoch legt die riesige Zange weg, stellt sich mit dem Rücken zu mir vor den Spiegel, während meine Blicke nur noch seinem Po gelten, und wuschelt sich durch die Haare. “I’m so glam I piss glitter!”, singt er fröhlich und schwingt seine Hüften. Manchmal denke ich, dass er richtig klischeeschwul ist, der Kleine. Genauso stellt man sich einen schwulen Kerl doch vor oder nicht? Also vor ein paar Wochen waren solche Typen wie Tommy noch mein schlimmster Alptraum. Heute jedoch weiß ich, wie schön Alpträume sein können und dass es ähnlich einer Geisterbahnfahrt ist, mit einem Jungen rumzuschmusen. Prickelnd, aufregend und ein Kribbeln im Bauch erzeugend. “Bist du jetzt endlich fertig?” Mittlerweile bin ich ziemlich genervt, weil Tommy ewig lange mit meiner Kriegsbemalung beschäftigt ist. “Krieg ich einen Kuss?” “Nö”, schüttelt der Emo den Kopf und tippt mit dem Zeigefinger auf eine Stelle unterhalb meiner Lippe. “Da ist immer noch Herpes.” “Aber Liebende teilen doch alles!”, rechtfertige ich mich. “Ach, sogar Herpes”, sagt Tommy spitz, küsst mich aber wenigstens auf die Wange und nähert sich danach meinem Ohr. “Ich versprech dir, wenn das Fleckchen weg ist, ist erstmal Hardcore-Knutschen angesagt. Es sei denn, du küsst wie ein Pferd.” “Tu ich nicht”, schmolle ich. “Man, scheiß doch auf den blöden Herpes, ich will dich küssen. Sonst lauf ich Amok und bring alle Emos um, die wir heute treffen werden.” “Gut Ding will Weile haben”, ärgert mich Tommy und wuschelt durch mein frisch gestyltes Haar, während ich gucke, als hätte ich in eine Zitrone gebissen. Sauer. Kapitel 20: Ich seh' schwarz - Komische Sitten, komisches Volk -------------------------------------------------------------- Bestimmt zehn Stationen müssen wir mit der Straßenbahn fahren, bis wir endlich am Bahnhof der Nachbarstadt angekommen sind. Als ich kurz vor Endstation aus dem Fenster schaue, sehe ich erstmal schwarz. Emos, wohin das Auge reicht, Emos, Emos, überall Emos. “Und mit solchen soll ich mich den ganzen Tag lang abgeben?”, frage ich Tommy, der schon ein paar Meerschweinchen-Jungs zugewunken hat. “Die sind doch alle schwul, so wie die aussehen.” “Die meisten sind schwul oder bi”, erklärt mir Tommy, unterbricht aber kurz, um ‘Marki!’ zu quieken. “Man, der hört dich nicht durch die Scheibe!”, verdrehe ich die Augen, dann hält die Straßenbahn, Tommy schnappt mich an der Hand und zieht mich aus dem Gefährt hinein ins Getümmel… “Marki ist zum Hauptreffpunkt gegangen, komm mit!”, fordert mich der Kleine auf, auch wenn ich schon von Weitem den schwarzen Tumult sehe und es mich regelrecht abtörnt, eine Widerrede ist nicht angebracht. “Dor hinten ist er!”, freut sich Tommy und fängt dann noch mehr an zu strahlen. “Och, und Tobi ist auch da! Schön!” Ehe ich es mir versehen kann, hat der Emo meine Hand losgelassen und rennt zu dem großen Baum, unter dem zwei schwarz gekleidete Jungs sitzen. Toll, jetzt bin ich Luft für ihn. Hoffentlich sind die Beiden Meerschweinchen nicht auch solche aufgedrehten Viecher wie Tommy. Drei klischeeschwule Tommys sind eindeutig zu viel für mich und meine Nerven. Inzwischen bin auch ich angekommen. Wie das fünfte Rad am Wagen stehe ich etwas abseits, während die beiden Jungen aufstehen und erstmal meinen Schatz innig umarmen. Doch halt. Was machen die denn jetzt? Tommy küsst alle beide auf den Mund, zwar nur kurz, aber das spielt ja keine Rolle! “Hey, hey, hey, kleinen Moment mal, Tommy”, sage ich entschlossen und drehe den Kleinen zu mir um, der mich fragend ansieht. “Das geht jetzt aber nicht so, dass du die abknutscht. Sonst muss ich böse werden.” Tommy guckt noch kurz ganz ernst zu mir hoch, dann fängt er an zu Grinsen und die Beiden anderen fangen an zu kichern. “Keine Sorge, Denni”, beruhigt mich mein Emo und streichelt meine Wange. “Das war nur der ‘Hab-dich-lieb-Begrüßungskuss’. Das machen alle so.” Hm. Skeptisch bin ich noch immer. Komische Sitten herrschen bei diesem Volk. “Und warum habe ich dann noch nie so einen Kuss von dir bekommen, Tommy?”, will ich wissen, denn ich fühle mich benachteiligt. “Weil du Herpes hast”, klärt mich der Kleine auf, geht aber nicht weiter darauf ein und stellt mich nun vor die beiden fremden Emos, obwohl ich irgendwie sauer bin, denn schließlich habe ich erst seit ein paar Tagen Herpes und nicht seit ich Tommy kenne. Misstrauisch mustere ich erst den wasserstoffblonden Emo, der eine Sonnenbrille trägt und etwas verlegen lächelt, danach den Schwarzhaarigen, der nicht ganz so schüchtern wirkt, recht frech grinst und die Hand nach mir ausstreckt. “Ich bin der Marki. Und du?” “Das ist der Denni!”, krakeelt Tommy dazwischen, ehe ich selber meinen Namen sagen konnte. Ich werfe meinem Schatz einen etwas ärgerlichen Blick zu, erst dann gebe ich Marki die Hand. “Für euch bin ich Dennis”, stelle ich klar, und nun mischt sich auch der Blonde ein. “Ist der immer so schlecht drauf, Tommy?” “Ja”, meint mein Kleiner. “Denni ist besser drunter.” Alle Lachen und Tommy fühlt sich jetzt sicher wie der Meister der coolen Sprüche. Als nächstes wird mir noch Tobi vorgestellt, der eigentlich, ich muss es leider zugeben, ein recht hübsches Gesicht besitzt, wenn er es nicht gerade mit der riesigen Sonnenbrille verdeckt. Vielleicht denkt er, dass er die männliche Form von Paris Hilton ist, so schicki-micki-VIP. Das mag ich gar nicht, schließlich gehe ich lieber im Jogginganzug in Edeka als mich aufzudonnern. Wir vier setzen uns unter den großen Baum, der glücklicherweise ein wenig Schatten spendet und die Wärme erträglicher macht. Sonst gibt es wirklich noch Bratwurst, wenn mein Intimbereich der Sonne ausgesetzt ist. Tommy sitzt natürlich neben mir, ich halte sogar öffentlich Händchen mit ihm, damit jeder sehen kann, dass er mein Emo ist. “Ist das etwa dein Freund, Tommy?”, quietscht der schwarzhaarige Marki plötzlich ganz aufgeregt. “Joa”, sagt Tommy nur etwas verlegen. ”Man könnte es so bezeichnen.” Nun muss ich hier aber mal was klarstellen. “Natürlich bin ich sein Freund, du Nuss. Wir halten Händchen, siehst du das? Oder macht man das auch mit seinen Kumpels?” Tobi zieht eine Schnute und guckt dann Marki an, der diebisch grinst. “Klar macht man das mit seinen Kumpels”, sagen die Beiden, küssen sich kurz auf den Mund und verschlingen dann ihre Finger ineinander. “Ich hab dich voll lieb, mein Süßer”, flüstert Tobi dem Schwarzhaarigen ins Ohr, ich habe es aber trotzdem gehört und meine Gesichtszüge erstarren. “Ich dich auch, mein Schatz”, tuschelt Marki zurück und auf einmal fangen die Beiden so heftig an zu knutschen, dass ich denke, zwischen mir und Tommy läuft was falsch. Während Tommys Kumpels es halb im Gras treiben, sitzen wir wie ein altes Ehepaar unter der Buche, halten unbeweglich Händchen und gucken stumm vor uns hin. “Opa?”, frage ich meinen Emo und drehe ihm mein Gesicht zu. “Schade, dass wir zu alt für so was sind. Meine Knochen machen solche Verrenkungen auch nicht mehr mit und mein Gebiss fällt beim Küssen sicher raus. Beim Orgasmus würden wir vielleicht gar einen Herzinfarkt erleiden.” Tommy sagt gar nichts mehr, er lehnt einfach nur den Kopf gegen meine Schultern und guckt dem Blonden und dem Schwarzhaarigen beim Knutschen zu. “Naja”, sagt er plötzlich. “Ich hab irgendwie immer ein bisschen Angst, dass du mich wegstoßen könntest, wenn ich dich berühren möchte.” “Was?”, frage ich erschrocken. “Wie kommst du denn auf so einen Mist? Ich lieb dich doch und bin schon ganz traurig, dass du mich nicht küssen möchtest.” “Och Schatz”, schmollt Tommy, nähert sich vorsichtig meinem Gesicht und legt seine Hand auf meine Wange. “Na gut, aber nur ganz vorsichtig und nur auf die Oberlippe.” Zärtlich drückt er seine süßen, gepiercten Lippen unter meiner Nase auf, während mir automatisch die Augen zufallen und ich nur noch Tommys Duft einatme und das Gefühl genieße, welches mich durchströmt, als der Kleine mich mit seiner Zunge verwöhnt, die über meine Oberlippe streicht und kurz darauf in meinem Mund verschwindet. Ein glückliches Seufzen entgleitet mir, als unsere Zungen sich treffen und langsam umspielen, wie lange habe ich von diesem Moment geträumt, in dem wir einen so intensiven und schönen Kuss austauschen. Und Tommy weiß wirklich, wie man küsst. Er ist nicht so zögerlich und behutsam wie manche Mädchen, die ich vor ihm hatte, nein, er ist sich seiner Sache sehr sicher und neckt mich immer wieder, indem er seine Zunge ganz schnell aus meinem Mund zieht, um sich im nächsten Augenblick wieder an meine Zunge anzuschmiegen. Außerdem scheint er das blöde Herpes-Bläschen im Eifer des Gefechts vergessen haben, denn ein paar mal schon hat er seine Piercings darauf gedrückt, was mich kurz ausweichen lies. Auf einmal legt sich eine Hand auf meine Schulter und zieht mich nach hinten. “Seid ihr zwei mit eurem Rumgelecke bald mal fertig?”, fragt Marki entnervt, jetzt erst merke ich, dass ich wahrscheinlich so verloren in die Gegend gucke wie ein Betrunkener. Doch wenigstens Tommys scheint noch vollständig bei Sinnen zu sein. “Ey, ihr habt doch angefangen und wir haben’s nur nachgemacht!”, grinst mein Schatz frech und boxt den Schwarzhaarigen an die Schulter, nur, um sich danach wieder mir zuzuwenden. “Hat’s dir gefallen?” “Klar”, sage ich noch immer ein bisschen neben der Spur. “Von mir aus können wir gleich weiter machen.” Die drei Emos fangen an zu kichern und fangen auf einmal an, mich ganz ungeniert zu betatschen, am Oberkörper und an den Armen, was mich doch ziemlich irritiert. “Man, was soll denn das, ihr Schwuchteln!”, jammere ich, aber ich kann den Kleinen einfach nicht böse sein, denn irgendwie sind sie ja doch niedlich. “Wir wollen dich kennen lernen, Denni!”, quiekt Marki fröhlich und schmeißt mich mit dem Rücken ins Gras, zieht mein T-Shirt nach oben und klatscht mir fröhlich auf den nackten Bauch. “Hilfst du mir, Tobi zu piercen? Der braucht auch so’n schicken Labret wie ich. Siehst du?” “Wa?”, frage ich etwas unbeholfen, weil mir das so gar nicht behagt, dass mich der kleine Kerl so ungeniert anfasst. Aber da drückt Tommy schon den blonden Emo neben mir ins Gras und hält dessen Arme über dem Kopf zusammen. Tobi wimmert ein bisschen, während Marki mich anweist, die Beine des Kleinen festzuhalten, damit er ruhig hält, auch wenn es weh tun sollte. “Das könnt ihr doch nicht machen!”, rufe ich schockiert aus, als Marki eine Sicherheitsnadel aus seinem Rucksack holt und sich über den Blonden beugt, um ihn zu piercen. “Erst knutscht du ihn ab und jetzt folterst du ihn. Was sind denn das für Methoden?” “Sei still, Riesenbaby!”, zischt mir Tommy zu, und irgendwie beginne ich nun Angst zu haben, dass mein Schatz auch so was mit mir machen könnte. “So, erledigt, Süßer”, freut sich Marki nach ein paar Sekunden, die über Leben und Tod entschieden haben und schiebt dem Blonden einen Ring durch das neu entstandene Loch. Immernoch fassungslos gucke ich den beiden zu und schüttle den Kopf. Was für ein brutales und rabiates Volk doch diese Emos sind! Sanft küsst Marki Tobi auf die Wange und streichelt ihn unter dem T-Shirt. Stimmungsschwankungen scheinen die auch zu haben. Erst foltern und dann schließlich zu Tode kuscheln. Damit werde ich mich wohl nie anfreunden können. “Wollen wir nicht lieber heim fahren, Tommy, das wird mir langsam unheimlich hier”, flüstere ich meinem Freund zu, als die anderen beiden Emos schon wieder eine halbe Ewigkeit lang knutschen. “Die wollen doch sowieso lieber allein sein. So verschossen, wie die ineinander sind.” “Wir sind nicht ineinander verschossen…oder…naja, also irgendwie doch”, grinst Marki und widmet sich dann gleich wieder dem Objekt seiner leidenschaftlichen Begierde. “Du bist süß wie Zucker, Tobi. Und eigentlich hätte ich auch noch Bock auf was anderes mit dir…” Tobi verzieht den Mund daraufhin ganz seltsam. “Poppen willst du? Schon wieder? Wir haben es doch erst heute morgen getrieben. Aber okay…schließlich bekomme ich auch nicht genug von dir…” Die Beiden stehen auf, gucken sich an und verabschieden sich kurzentschlossen von uns. Diesmal bekomme ich sogar ein Wangenbussi, oh Wunder… “Viel Spaß euch Süßen!”, ruft Tommy den Emos hinterher, die sich beeilen, zu einem der Beiden nach Hause zu kommen um dort ihre Lust auszuleben. “Die haben’s gut”, brumme ich vor mich hin und setze mich wieder unter den Baum, zupfe nachdenklich ein Blümchen aus dem Gras. “Ich will auch Sex.” “Ey”, sagt Tommy plötzlich und hockt sich neben mich. “Du siehst ja gar nicht besonders froh aus. Dabei sind wir doch jetzt allein…” “Man, ich will endlich mit dir schlafen!”, werfe ich meinem Schatz an den Kopf. “Seit Tagen wichse ich mir die Seele aus dem Leib und fühle mich doch nicht richtig befriedigt. Weil ich das eigentlich mit dir erleben will. Das im Park, das war schon irgendwie schön, aber nicht der richtige Zeitpunkt. Nochmal will ich mir nicht in die Hosen sauen.” “So eilig ist dir das also?” Wehmütig nicke ich und reiße dem Gänseblümchen eine Blüte nach der Anderen aus. Unverhofft legt sich Tommys Hand zwischen meine Beine und streichelt mich dort sanft, während der Emo mir frech ins Gesicht grinst. “Naja, verständlich, schließlich bin ich heiß wie Frittenfett”, meint er und selbst ich in meiner melancholischen Stimmung muss lächeln. “Ich sag dir was: Heute Nacht schlafe ich bei dir. Und wenn du lieb zu Tommy-Boy bist, kriegste nen ganz feinen Blowjob.” “Ja!”, freue ich mich und Tommy lacht, weil meine Augen zu leuchten beginnen. “Das ist ein Angebot. Ich lieb dich, Schatz!” “Hm, ich dich auch”, sagt Tommy und wuschelt durch meine Haare. “Mein notgeiler Hengst.” “Ich bin nicht notgeil!”, rechtfertige ich mich jedoch und schmolle. “Ich habe nur Bedürfnisse, die jeder Mann hat.” “Jaja, schon klar”, schüttelt der Emo den Kopf und lehnt seine Stirn an meine. “Deine Eier schwellen ja schon an, wenn du mich siehst.” “Kann ich nichts für”, flüstere ich und stibitze mir einen kleinen Kuss von den Lippen meines Schatzes, der aber schnell zurückzuckt. “Is was?” “Herpes!”, schreit Tommy, ich muss lachen, als ich einen Blick auf seine Unterlippe werfe. “Ja, Herpes”, bestätige ich und tippe unter den kleinen Pustel, der sich auf Tommys Lippe gebildet hat. “Siehst du? Liebende teilen eben alles.” “Sogar Herpes”, seufzt Tommy. “Du kriegst aber Herpes am Schwanz, wenn ich dir einen blase.” Daraufhin kann ich nur brummen, denn an der Sache ist was Wahres dran. Und Bock habe ich wirklich nicht auf Ausschlag an meinem besten Stück… “Aua, verdammt!” “Hä?” Tommy und ich schrecken aus unserem Geturtel auf, denn irgendjemand macht die ganze romantische Stimmung mit seinem Geplärre kaputt. Über den Kopf meines Süßen kann ich einen anderen, schwarzhaarigen Emo auf dem Bauch im Gras liegen sehen, der unheimlich flucht und meinen Rucksack übel malträtiert. “Ey!”, rufe ich dem Jungen zu. “Fick dich von meinem Rucksack!” “Scheiße!”, ruft Tommy plötzlich aus. “Ich hab meinen Kajal dort reingesteckt! Bestimmt ist er nun kaputt.” “Warum steckst du deine Schminke in meinen Rucksack? Kauf dir ein Handtäschen!”, meckere ich, da ich sauer wegen dem tollpatschigen Emo bin, der einfach so ein Nickerchen auf meiner Tasche macht. “Blöder Macho!”, beschimpft mich Tommy, steht dann aber auch auf und nähert sich dem Jungen, der gar nicht mehr von allein aufsteht und so tut, als hätte er sich alle Knochen gebrochen. Ruckartig ziehe ich meinen Rucksack unter dem Körper des Jungen vor, mustere diesen danach aufmerksam, während Tommy besorgt nach seinem Kajalstift sieht. “Hast du keine Augen im Kopf oder warum schmeißt du dich einfach hier hin?”, meckere ich den Typen an, der sich endlich erhebt, das Gras von seiner schwarzen Röhrenjeans klopft und mich nicht ansehen möchte. “Guck mich an, wenn ich mit dir rede!”, knurre ich schon wesentlich aggressiver, Tommy hingegen wimmert leise vor sich hin, denn sein Kajal ist in der Mitte durchgebrochen. “Das ist eine Katastrophe höchster Stufe!”, dramatisiert mein Freund und hält dem Jungen, der bestimmt jünger ist als wir beide, den Stift unter die Nase. “Tommy Tease ungeschminkt! Ich werde aussehen wie kleines, unbedeutendes Nichts! Man, ich bin schwul, und das muss jeder sehen können! Denni, ich sterbe!” “Hör auf zu heulen!”, brumme ich und schüttle den Kopf über Tommys Meinung, stelle mich anstatt weiter auf meinen Freund einzugehen, vor den Mini-Emo und hebe sein Kinn an, damit er mich angucken muss. Sofort fällt mir auf, dass Tommy nicht der Einzige ist, der am Heulen ist, der kleine Kerl, der mindestens einen Kopf kleiner ist als ich, hat ebenfalls Tränen in den Augen. Die Gardinenpredigt, die ich gerade anstimmen wollte, verkneife ich mir sogar in meiner endlosen Güte, lieber frage ich etwas ruppig: “Was is’n los? Machst du hier einen auf Klischee-Emo oder was?” Der Kleine schüttelt hastig den Kopf und schnieft erbärmlich. Nun kommt auch Tommy hinzu, schmeißt den unbrauchbaren Kajalstift ins Gras und streichelt dem Häufchen Elend über die Wange. “Hey, Schatzi, du brauchst doch nicht weinen”, beruhigt er den Emo. “Ich bin halt ein bisschen empfindlich, wenn es um meine Schminke geht, aber ich mein es nicht so. Denkst du, ich mache kleine Jungs unglücklich? Und dann auch noch welche, die so knuffig sind wie du?” Ich presse die Lippen aufeinander. Wenn ich Tommy nicht kennen würde, wäre ich fast der Meinung, er würde mit dem Jüngeren flirten. “Stehst du jetzt auf 13-jährige, du Pädophiler?”, murre ich, da Tommy den Kleinen sogar in den Arm nimmt und an sich drückt. “Ich darf nur selten so mit dir kuscheln. Das ist nicht fair!” “Aber guck doch mal, Denni”, meint mein Freund. “Dem Süßen geht es nicht gut.” Dann wendet er sich wieder dem Kerlchen zu. “Wie heißt du denn, mh?” “Michi”, piepst der Kleine leise, man, der weiß ja noch nicht mal, was ein Stimmbruch ist! “Meine Eltern haben mich nicht mehr lieb.” “Was? Aber so ein süßes Kuschelwuschel wie dich muss man doch lieb haben! Also ich hab dich lieb.” “Kuschelwuschel, pah!”, brumme ich. “Warum adoptierst du den nicht, Tommy? Du wärst bestimmt ein super Papi.” Pure Ironie. Tommy als Vater ist absolut unvorstellbar. Selber ist er schließlich fast noch ein Kleinkind, seinem Verhalten nach zu urteilen. “Komm, Herzchen, wir gehen jetzt erstmal zu Mäcces und essen was”, schlägt Tommy vor, legt einen Arm um den Rücken des Kleinen und beachtet mich gar nicht mehr. Toll. Warum der Kerl überhaupt mit mir zusammen ist, wenn er sich allen möglichen Jungs an den Hals schmeißt, ist mir ein Rätsel. Nun steht der schon auf Kinder… Kapitel 21: Fast Food, Fast Sex and Fast'n'Furious -------------------------------------------------- Willkommen im Restaurant zur goldenen Möwe. Tommy, du bist hier der King of Fastfood. Bedeppert schleiche ich hinter Tommy und seinem kleinen Schützling hinterher, bis die Beiden vor einer freien Sitzgruppe halt machen. “Setz dich, Herzchen”, fordert mein Freund den Anderen auf, schiebt ihn sanft auf die Bank und nimmt danach neben ihm Platz. Beinahe hätte ich mich von der Bezeichnung ‘Herzchen’ angesprochen gefühlt. Aber ich weiß, ich bin ja nur der Wischmopp und Michi Tommys kleines Engelchen. Nun wendet sich der Emo mir zu, guckt kurz in mein schrulliges Gesicht und deutet mit dem Kinn in Richtung Theke, wo bereits eine Menge Leute anstehen. “Du gehst uns Pommes holen”, befiehlt Tommy herrisch und legt den Arm um den kleinen Emo, der aus seinen verheulten Augen noch immer etwas unsicher in die Gegend schaut. “Hast du Hunger, Michi?” ‘Hast du Hunger, Michi?’, äffe ich Tommy betohnt schwul nach, doch Tommy guckt mich schon wieder so böse an. “Wird’s bald? Wir verhungern!” “Ist ja gut, meine Kinder”, brumme ich. “Papi ist gleich wieder da.” Sauer stapfe ich davon und stelle mich hinter einem frisch verliebten Paar an, das wie wild rumknutscht, und das in der Öffentlichkeit. Widerlich für die Menschen, die nicht so ein Glück in der Liebe haben wie die Beiden. Du kannst Papi mal am Arsch lecken, Tommy. Steck doch deinem kleinen Liebling die Zunge in den Hals und fass ihm an die Eier. Du bist eh bloß scharf auf ihn, weil du gerne Jungfrauen vögelst, die dich dann für deine Liebeskünste bewundern. Als ich nach minutenlangen Warten endlich an der Reihe bin, ordere ich drei große Portionen Pommes, damit Tommy auch ja schön fett wird und bei dem ollen Milchbubi-Michi nicht mehr punkten kann. Wie den Tieren ihren Fraß stelle ich das Tablett vor die Beiden und setze mich Tommy gegenüber, der eine Pommes zwischen Daumen und Zeigefinger nimmt und prüfend den Rest mustert. Während ich gerade mein Päckchen an Land ziehe, schießt Tommy mir die Fritte an den Schädel. “Und wo ist der Ketchup? Die sind furztrocken ohne”, meckert er. “Oder hattest du vor, mir in die Tüte zu wichsen, damit ich wenigstens eine mayoähnliche Soße bekomme?” “Du bist so witzig wie ein Krebs im Endstadium, Tommy”, schmolle ich und Michi guckt mich mit seiner Milchbubi-Fresse an. “Und vor allen Dingen charmant. Guck nicht so, Milchbubi. Ist doch wahr.” “Jetzt geh und hol uns Ketchup, sonst sag ich hier ganz laut, dass du ne Schwuchtel bist und geil auf nen Quickie im Klo bist. Freiwillige vor!” Ich ziehe nur eine Schnute, denn schlagen darf ich Tommy nicht, dazu ist er mir viel zu lieb und teuer. Leider weiß er das auch. Dann stelle ich mich wieder an und fantasiere, wie ich dem kleinen Michi alle Pommes auf einmal in den Mund stopfe. Gemein, ich weiß. Aber ich bin so verdammt eifersüchtig auf den. Obwohl es total lächerlich ist, denn gegen mich kann kein Typ der Welt anstinken, und schon gar nicht so ein kleiner Milchbubi, der noch nicht mal feucht kommt, wenn Tommy seinen Schwanz lutscht. Doch sag ihm das mal. Der nimmt alles, was nicht bei drei auf dem Baum ist. Schwups schmeiße ich Tommy die Ketschuppäckchen vor die Nase, sage keinen Ton mehr, als ich mich ihm gegenüber setze. “Und jetzt fang ja nicht an, dass du noch Mayo willst”, knurre ich mit verschränkten Armen, der Appetit ist mir inzwischen vollständig vergangen, während Tommy mir frech ins Gesicht grinst. “Hol raus deine Nudel. Hoffentlich kannst du wenigstens zielen. Zeig mir deine weiße Soße, Denni-Boy.” “Zeig du mir doch deine rote Ritzersoße”, gifte ich zurück, da ich so was von stocksauer bin, als Tommy dem kleinen Michi auch noch eine seiner Pommes in den Mund steckt und fürsorglich über dessen Wange streichelt. “Ist er nicht süß, der Denni?”, fragt er den anderen Emo. “Am liebsten würde ich seinen Schwanz mit Ketchup beschmieren und ihm dann ordentlich einen blasen, damit er seine Wut abbauen kann.” “Pah”, äußere ich verächtlich. “Leck mich doch.” “Liebend gerne, Hosen runter”, lächelt Tommy zuckersüß und schaut auf seine Pommes. “Aber erst zu Hause. Jetzt fütterst du mich, Denni.” “Füttern?”, frage ich empört nach. “Wie im Kindergarten. Wo ist denn dein Lätzchen, Baby? Kannst du nicht alleine essen?” “Doch. Trotzdem möchte ich, dass du mich fütterst. Sei ein Schatz, büdde!” Augenverdrehend greife ich in Tommys Pommes-Tüte, hole eine Fritte heraus, tunke sie in den Ketchup und stecke ihn dem Emo in den Mund, so, wie er es möchte. “Mjam, mjam, Denni, du kannst ja ein richtig guter Papi sein”, meint Tommy zufrieden und stupst Michi an, dem Tommys Gehabe wahrscheinlich auch ein bisschen suspekt vorkommt. Junge, vielleicht wirst du mir doch noch sympathisch, wenn du findest, dass die Schwuchtel dort neben dir total abgefuckt und strange ist. Und dass er mich sogar schon ‘Papi’ nennt, also das ist unverzeilich. “Ficken, Denni, fickääään!”, schreit Tommy plötzlich laut und ist meinem Gesicht ganz nahe. “Wo?”, schüttle ich den Kopf und gucke in alle Richtungen, aber ich kann nirgendwo jemanden ficken sehen. “Hast du etwa die tolle Idee gehabt, dich von ‘Tommy Tease’ in ‘Tommy Ficken’ umzubenennen? Man, das wäre der Einfall des Tages. Es würde so gut zu dir passen.” “Nein, Quatsch!”, lacht Tommy auf. “Du warst plötzlich so abweisend und da dachte ich mir, dass du sofort wieder zu dir kommst, wenn ich dir sage, dass es was zu ficken gibt.” “Da ruft man höchstens so was wie ‘Erde an Dennis’ oder so”, beschwere ich mich, schließlich sind wir hier in einer öffentlichen Einrichtung. “Aber doch nicht ‘ficken’. Man, hier sind Kinder.” “Na und, frühe Aufklärung ist doch eine gute Sache”, findet Tommy und ich beschließe, hiermit das Gespräch zu beenden. Das ist mir echt zu doof. Aber es kommt noch härter. Der Emo legt den langen Kartoffelstreifen, den er in der Hand hält, zurück auf das Tablett und schlingt plötzlich seine Finger um mein Handgelenk. “Und was wird das jetzt?”, will ich wissen, doch ehe ich es mir versehen kann, hat Tommy auch schon meinen Zeigefinger in seinen verbliebenen Ketchup getunkt. “Mit Essen spielt man nicht.” “Aber mit dir spielt man. Hast du schon mal was von der oralen und analen Phase bei Kleinkindern gehört? Also mir ist grad sehr oral zu Mute”, grinst der Emo und leckt lasziv über meine Fingerkuppe, der Anblick und das Gefühl sind so ungewollt geil, dass es mir kalt den Rücken runter läuft. Wenig später schon lässt er die Hälfte meines Fingers zwischen seinen Lippen verschwinden und ich spüre, wie seine Zunge ihn sanft umspielt. Unweigerlich muss ich an ein ganz anderes Körperteil denken, welches liebend gerne einmal von Tommys weichen Lippen liebkost werden möchte, welches in seine heiße Mundhöhle einzudringen verlangt. “Tommy…mach mich nicht wuschig…nicht hier”, zische ich dem Anderen zu, dem seinen Blicken nach zu urteilen das selbe Körperteil wie mir vorschwebt. “Lass das…das macht mich…an…” Kurz hält der Emo inne und guckt mich mit schiefgelegtem Kopf an. “So soll es sein”, flüstert er mir geheimnisvoll zu und ich spüre, wie er wagemutig sein Bein an meinem reibt, oh nein, das genügt noch gar nicht, Tommy treibt das Spiel noch weiter. “Ein Glück, dass ich heute nur Slip-Ons anhabe, da kann ich auch ganz schnell mal rausschlüpfen. Nicht, Denni?” “Tommy, verdammt, jetzt hör auf!”, fluche ich, als ich bereits den Fuß des Anderen zwischen meinen Beinen spüre. “Wir sind hier nicht im Bordell sondern bei Mäcces, außerdem steh ich da nicht drauf…oh…Gott…mh…” “Du stehst auf alles, was ich mit dir mache, Baby. Sonst wärst du nicht schon wieder so verdammt hart. Ich spür das doch. Mach deinen Hosenstall auf und lass mich rein”, heizt Tommy alles nur noch mehr an, vor Lust wird mir schon ganz schwindlig. Am liebsten hätte ich den Emo gewähren lassen, aber diesmal geht es wirklich nicht. Ich kann nicht vor den Augen der ganzen Mäcces-Gäste haushoch kommen, und dazu erneut in meiner Unterhose. Nein, Tommy. So geil wie es ist. Entschlossen greife ich nach seinem Schienbein und entferne es von mir, zudem werfe ich Tommy einen Blick zu, der böse aussehen soll, aber bestimmt nur eins verrät: ‘Ich will dich vernaschen‘. Michi ist bereits kreidebleich geworden, also irgendwie tut er mir sogar leid. “Diesmal bist du zu weit gegangen”, schimpfe ich mit meinem Freund, der sich absolut keiner Schuld bewusst zu sein scheint. “Wir müssen nach Hause gehen. Ich brauch es jetzt. Du hast es so gewollt.” “Wenn du was brauchst, dann besorg ich es dir gerne”, grinst Tommy, macht aber keine Anstalten, aufzustehen, meine Hand zu nehmen und mit mir den Laden zu verlassen. “Aber du wartest noch bis heute Abend. Jetzt muss ich mich erstmal um mein Herzchen kümmern.” “Ich bin doch dein Herzchen!”, beschwere ich mich lautstark. “Nein, Michi ist mein Herzchen. Du bist mein Fickfrosch.” Ich schmolle. Tommy ist wirklich doof. “Sag mal”, wendet er sich an Michi. “Warum haben dich deine Eltern angeblich nicht mehr lieb, mh?” Michi senkt den Kopf und guckt unter den Tisch. “Ich hab ihnen gesagt, dass ich schwul bin”, nuschelt der Kleine leise vor sich hin, aber auf Tommys Gesicht breitet sich ein riesiges Grinsen aus. “Ein Homosexuella, ella, ella, eh, eh, ein Homosexuella!”, singt er mit der Melodie von Rihannas Song ‘Umbrella’ und ich beginne mich ernsthaft zu fragen, ob der Typ noch ganz sauber ist. Erst versucht er mich mit Händen und Füßen zum Abspritzen zu bringen, was ja wohl schon die absolute Höhe war und jetzt singt er auch noch ganz laut Schwulenhymnen. Wie lange werde ich das nur mit Tommy aushalten können? Bestimmt bin ich nach einem Monat reif für die Psychatrie. “Und du bist dir sicher, dass man mit dreizehn schon weiß, dass man auf Kerle steht”, zweifle ich Michis Outing an. “Also mich hat erst Tommy so richtig schwul gemacht.” “Lass dir von dem keinen Mist einreden”, beschwichtigt Tommy den Kleinen. “Schwul wird man nicht, man ist es.” “Uh, ganz tolle Weisheit, Dr. Sommer”, lächle ich meinen Freund fast schon mitleidig an, denn ich habe ganz andere Erfahrungen mit dem Thema Homosexualität gemacht. “Red dem Bübchen doch nicht so einen Schmarrn ein.” “Außerdem bin ich schon vierzehn”, piepst Michi leise, als habe er vor meiner etwas aufbrausenden Art Angst. “Und ich bin wirklich schwul.” Ich verdrehe nur die Augen, als Dank dafür haut Tommy mir auf meine auf dem Tisch ruhende Hand. “Also wenn du Tommy als Freund hast, wirst du von ganz allein wieder hetero, glaub mir das”, seufze ich und werfe dem Emo einen gequälten Blick zu, während ich meine schmerzenden Finger reibe. “Es sei denn, du bist Masochist. In dem Fall wirst du viel Spaß mit ihm haben. Stimmts, Tommy?” “Ich werd gleich unter den Tisch kriechen, dir die Hosen runterziehen und dir an den Eiern spielen, wenn du nicht ruhig bist”, droht mir Tommy an, ergeben hebe ich meine Hände, denn so weit möchte ich es auf keinen Fall kommen lassen. “Ich freu mich schon auf die Ostereiersuche, mein kleines Homo-Häschen.” “Lass mich in Ruhe, Tommy Ficken!”, gifte ich zurück und verschränke die Arme vor der Brust. “Du bist ja nur neidisch, weil es bei dir so ist wie beim Weihnachtsmann: Der hat so einen dicken Sack, weil er nur einmal im Jahr kommt.” Plötzlich hackt Tommy gegen mein Schienbein, was mich laut ‘Aua!’ ausrufen lässt. Sein saurer Blick spricht Bände. “Komm mal mit, Dennis, wir müssen reden”, sagt er, steht auf und schnappt mich am Arm. Dass er mich Dennis nennt, ist kein gutes Zeichen, das steht schon mal fest. “Der Spruch eben hat mich ziemlich verletzt”, erzählt mir der Emo, als wir vor der Tür stehen. Ich lehne cool und lässig an der Wand, die durch die Sonneneinstrahlung ganz schön heiß geworden ist. “Redet man so mit dem Menschen, den man liebt?” Nun platzt mir aber der Kragen und mit der Coolness ist es endgültig vorbei. “Das gleiche könnte ich dich fragen. Wer haut denn hier die ganze Zeit solche Sachen raus wie ‘Fickfrosch’? Also ich nicht.” “Das ist nur Spaß!”, faucht der Emo und tritt näher an mich heran, zieht den Ausschnitt meines T-Shirts herunter, sodass ich Angst habe, dass er ausbeutelt. “Aber dein Spruch war kein Spaß. Der war scheiße. Eigentlich hast du dir eine Ohrfeige redlich verdient. Doch ich blöder Idiot bin total in dich verschossen und kann dich nicht schlagen.” “Warum küsst du mich nicht anstelle?”, rutscht es mir im Überschwang der Gefühle heraus. “Wenn du sagst, dass du mich liebst. Dann zeig es. Ich will es dir auch zeigen. Also?” Der Kleine schaut mich fast schon angeekelt an, seine gerümpfte Nase macht mich noch wütender, als ich es schon bin. “Du machst dich über mein beschissenes Sexualleben lustig und zum Dank soll ich noch deinen Speichel auflecken? Nein, danke. Da lutsch ich lieber weiter alten Männern am Schwanz.” “Das wirst du nicht tun”, bestimme ich kurz entschlossen und schnappe den Emo am Arm, egal, ob er wegen seinen Narben jammert. “Solange du mit mir zusammen bist, schläfst du auch nur mit mir. Verstanden?” Oh shit. Ich glaube, jetzt habe ich mich falsch ausgedrückt. Als wäre der Kleine nur ein Sexobjekt für mich. “Sag mal, tickst du nicht mehr ganz?”, schreit Tommy mir in mein Gesicht, vor Wut wird er puterrot. “Bin ich jetzt dein Sklave oder so? Weißt du was? Ich mach Schluss. Du liebst mich doch sowieso nicht. Nur Sex schwirrt dir in deinem arschgefickten Hirn rum. Und weil dir die Frauen langweilig geworden sind, kommt der dumme Tommy gerade recht, um mal was neues auszuprobieren.” Geschockt lasse ich den Kleinen los. Er kann doch nicht… mit mir Schluss machen! So plötzlich und unerwartet! Wo er mir außerdem unrecht tut. “Wer will mich denn die ganze Zeit schon in der Öffentlichkeit vögeln, huh?”, setze ich zum Gegenangriff an. “Klar spielt Sex eine wichtige Rolle in meinem Leben, aber noch wichtiger bist du. Für dich würde ich sogar zum keuschen Mönch werden, Tommy. Weil ich dich, verdammt noch mal, liebe. Warum glaubst du mir das nicht?” “Weil…du es mir nicht beweist. Weil du gemein bist”, heult der Kleine auf einmal los. “Und weil man so eine blöde Nutte wie mich überhaupt nicht lieben kann. Ich bin eh nur zur Befriedigung anderer da. Aber ich will das nicht. Ich möchte endlich geliebt werden.” Nun wird mir einiges klar. Es geht im Prinzip nur um sein gebrochenes Herz, welches geheilt werden will. Er glaubt nicht daran, dass man ihn lieben kann, weil er nichts anderes als das lieblose Verhalten der Freier kennt. Aber was soll ich tun? Schließlich fängt Tommy stets an zu zanken und nicht ich. Ich glaube fast, der arme Junge ist wegen seinem Stricherjob bereits völlig durcheinander. Tommy fängt an, dicke Tränen zu weinen, was ich nicht mit ansehen kann. “Mäuschen”, flüstere ich in sein Ohr, nachdem ich beschützend meine Arme um seinen bebenden Körper geschlungen habe. “Wir gehen jetzt nach Hause, trinken eine große Tasse Tee und dann kuschel ich dich so lange durch, bis du mir glaubst, dass du ein sehr liebenswerter Mensch bist, mein Süßer.” Wie hilflos er die Arme um mich legt, ich bereue es keine Sekunde, dass ich mit Tommy zusammen bin. Manchmal dreht er halt ab und wird etwas seltsam, aber genau das liebe ich doch an ihm wie verrückt. “Gib mir einen Kuss, Denni”, nuschelt der Kleine plötzlichen mein T-Shirt, ganz leise. Zunächst wische ich mit dem Daumen über seine feuchten Wangen, dann drücke ich ihm wie gewünscht einen vorsichtigen Kuss auf seine süßen Lippen. “Glaubst du mir nun, dass ich dich liebe?”, hauche ich in sein Gesicht, Tommy schnieft noch einmal, nickt dann aber langsam als Antwort. “Ich werde nicht mehr daran zweifeln, das versprech ich dir”, sagt er mit so einer unheimlich warmen Stimme, dir mir Gänsehaut bereitet. “Ich liebe dich auch, mein süßer Denni.” Kaum hat der Kleine seine rührende Liebesbekundung ausgesprochen, schlingt er die Arme um meinen Hals und drückt mir stürmisch seine Lippen auf. “Hey! Nicht so hastig!”, kann ich gerade noch herauspressen, doch ich werde schneller durch Tommys plötzliche Leidenschaft unterbrochen als ich noch irgendetwas sagen kann. Natürlich erwidere ich den Kuss genauso leidenschaftlich, wie Tommy ihn begonnen hat, öffne meinen Mund damit unsere Zungen ihren Weg zueinander finden. Sanft streichle ich währenddessen über den Rücken meines Schatzes, bis ich an seinem Po ende und daran denken muss, wie schön es ist, einen so wundervollen Freund wie Tommy zu haben. Und jeder Kuss, jede Berührung bestätigt ohne Worte nur eine Sache: Ich liebe dich, Tommy Tease. Egal, ob ich dich manchmal auf den Mond schießen könnte, wenn du mal wieder einen dummen Spruch gebracht hast. Egal. Diese Kribbelgefühle, die du mit nur einem Blick aus deinen schönen Augen in meinem Körper auslöst, werden nie mehr vergehen. Da bin ich mir ganz sicher. Ein leichtes Ziehen an meinem T-Shirt unterbricht uns beide nach einiger Zeit. “Ey”, nuschle ich in unseren Kuss hinein, drücke Tommy noch ein letztes mal meine Lippen auf und wende mich dann dem Störenfried zu. Ein bedepperter Michi steht neben mir und guckt fragend erst meinen Freund, dann mich an. “Küsst ihr euch?”, will er etwas verlegen wissen und rührt mit dem Fuß auf dem Boden. “Ja nee, nach was siehts denn aus?”, pampe ich den Kleinen an, denn diese Frage war wirklich mehr als überflüssig. “Tommy hat mir nur meinen Kaugummi geklaut und ich versuche gerade, ihn zurück zu bekommen, was gar nicht so einfach ist.” “Darf ich mal probieren?”, strahlt uns der Mini-Emo auf einmal begeistert an. “Ich liebe Kaugummis.” Tommy fällt zunächst die Kinnlade herunter, denn das hätten wir nun wirklich nicht erwartet, dann aber lacht er los und ich tue es ihm gleich. “Ihr seid doof, wenn ihr mich auslacht”, schmollt Michi mit vor der Brust verschränkten Armen. “Genau wie meine Eltern.” Mütterlich lächelnd tätschelt Tommy dem Kleinen den Kopf und hebt sein Kinn an, doch er bekommt nur die Zunge rausgestreckt. “Sei lieb zu Onkel Tommy”, ermahnt mein Freund den Emo, es ist zu niedlich, wie er mit ihm umgeht. “Denn wenn du ein braver Junge bist, darfst du heute Nacht bei Onkel Denni schlafen, wenn du der Meinung bist, dass deine Eltern dich nicht mehr lieb haben.” Na jetzt geht aber los hier. “Moooomentchen”, mische ich mich ein, denn was Tommy hier gerade für beschlossene Sache hält, ist nicht mit mir vereinbart. “Seit wann bin ich ne Jugendherberge, huh?” “Seit heute, Denni”, antwortet Tommy mit zuckersüßer Stimme und tätschelt auch meinen Kopf, so gut er da oben rankommt, der kleine Knopf. “Sei froh, dass dein trautes Heim nicht zum Puff ernannt habe.” “Du wirst gleich bei den Puffnutten nächtigen, mein Lieber”, knurre ich, aber ich glaube, Tommy weiß, dass das gerade nicht böse gemeint ist. Zum Glück ist mir mein fieser Gedanke nicht herausgerutscht. Tommy, du bist selber ne Puffnutte, hehe… Wahrscheinlich hätte der Emo nicht darüber lachen können. Deswegen behalte ich das lieber für mich. “So”, seufze ich nach einiger Zeit, da ich Tommy noch immer nicht von der fixen Idee abbringen konnte, dass der Milchbubi bei uns pennt. “Also spielen wir heute Abend keine Erwachsenenspiele sondern Vater-Mutter-Kind. Toll, Tommy. Bist ne gute Mutter.” “Ne Puffmutter, sprich es ruhig aus”, grinst Tommy und knufft mir seine Faust gegen die Schulter. “Aber Vater-Mutter-Kind ist auch ein Erwachsenenspiel. Michi wird unser Baby, das im Kinderwagen gefahren werden muss. Und du wickelst ihn.” “Ich bin nicht euer Baby”, meckert Michi. “Ich bin schon fast ein Mann.” Tommy lacht. Ich lache ebenfalls. Der Kleine ist wirklich süß, denke ich im Stillen, wie konnte ich nur im Ernst eifersüchtig auf ihn sein? Wo ich doch weiß, was Tommy für mich empfindet? Und jetzt will er sogar eine Familie mit mir gründen. Wie süß. Ich bin gerührt. Kapitel 22: Das Dr.-Sommer-Team klärt auf / Was ist ein 'Ashley'? ----------------------------------------------------------------- Ich habe mich letztendlich doch breitschlagen lassen und finde mich Minuten später mitsamt Michi und Tommy in der Straßenbahn Richtung Heimatland wieder. Tschüss, Emohausen, ich verkriech mich wieder in mein Schneckenhäuschen. Das dumme ist nur, was sage ich Mama, wenn die merkt, dass ich nun schon mit zwei Emos statt einem nach Hause komme? Die haben sich vermehrt? Michi ist Tommys und mein leibliches Kind? Die zeigt mir doch den Vogel und ruft das bunte Auto, wenn ich so einen depperten Schmarrn erzähle. Nachdem ich in meinem Kopf verzweifelt nach einer Ausrede gesucht habe, ist auch schon mein Häuschen in Sicht. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich mich besonders auf mein kuscheliges Bettchen freue. Nein, nicht, weil ich dort mit Tommy schlimme Sachen vorhabe, sondern weil ich müde von den vielen Emos geworden bin. Sie du mal den ganzen Tag schwarz, du denkst ja, die Nacht ist hereingebrochen. “Tretet ein, meine Kinder”, seufze ich, während ich hinter Tommy und Michi über die Schwelle getreten bin. “Mein Reich ist gleich die erste Tür rechts.” Aber Michi macht keine Anstalten, mein Zimmer aufzusuchen, vielmehr interessiert er sich für das mysteriöse Päckchen, welches auf der Flurgarderobe liegt. “Was is’n das?”, will er wissen und hält mir, oh Schreck, eine Packung Kondome unter die Nase. Doch ehe ich antworten kann, schreitet glücklicherweise mein Freund ein, legt den Arm um die Schulter des Kleinen und begleitet ihn in mein Zimmer. “Das ist nichts für Kinder, Herzchen”, erklärt er schon wieder auf seine mütterliche Art dem Emo, der die Kondome aber immer noch in der Hand hält und neugierig die aufgedruckten Buchstaben entziffert. “Kondome”, nuschelt er. “Kondome.” Uh, Kondome, wie weltfremd ist der Junge eigentlich? Ich habe schon mit Kondomen gespielt, als ich im Kindergarten war. Mit Freunden haben wir die immer aufgepustet und uns gefreut, wenn sie mit einem lauten Knall geplatzt sind. Aber sicherlich will der Kleine uns nur verarschen und spielt das unschuldige Kleinkind. “Kondome sind Gummis”, versuche ich den Inhalt der Schachtel näher zu beschreiben. “Kaugummis!”, jubelt Michi daraufhin, mir jedoch platzt endgültig der Kragen, deswegen entreiße ich ihm das Päckchen und halte ihm einen der Gummis unter die Nase. “Nein, keine Kaugummis”, sage ich in allwissendem Ton. “Diese hier braucht man für Sex, die kann man nicht essen.” “Denni”, ermahnt mich mein Freund und guckt mich vorwurfsvoll an. “Nicht vor dem Kind.” “Du hast heute gesagt, dass frühe Aufklärung gut ist, ich befolge nur deinen Ratschlag”, rechtfertige ich mich. “Michi, komm mit, wir klären dich jetzt auf. Live und in Farbe. Du musst gerüstet sein für den Ernst des Lebens.” Doch als ich die Tür hinter mir schließe, erkenne ich, dass das kein besonders guter Vorschlag meinerseits war. Gott, Dennis, was war das denn für eine Kurzschlussreaktion? Fuck. Hoffentlich zieht Tommy mir den Karren aus dem Dreck. “Setz dich, Michi”, fordert mein Freund den Jüngeren auf und weist ihm einen Platz auf meinem Bett zu, obwohl er genau weiß, wie ich es verabscheue, wenn fremde Leute dort was zu suchen haben. Doch im Moment hab ich gerade ein wichtigeres, viel schlimmeres Problem. “Ähm…”, mache ich Tommy auf mich aufmerksam und ziehe ihn am Arm zu mir heran. “Das geht jetzt aber nicht, wir können doch keinen Sex haben, wenn Michi zuschaut.” “Warum sagst du mir das?”, fragt Tommy verwundert und guckt mich herausfordernd an. “Du hast doch diese tolle Idee gehabt, also mach was draus.” Das macht er absichtlich, grrr… Ich werde nun ein wenig sauer, denn ich hätte schon erwartet, dass Tommy mir hilft. Der hat schließlich sonst immer so gute Einfälle. “Willst du etwa den Milchbubi dein bestes Stück zeigen?”, fordere ich ihn heraus und gucke auf den Kleinen, der erwartungsvoll vom Bett aus zu uns hinüberschaut. Aber Tommys Reaktion fällt auch diesmal anders aus als erwartet. “Is mir doch schnuppe”, zuckt er nur die Schulter und zieht eine Schnute. “Schließlich ist der vorzeigbar, nicht so wie deiner.” “Haha”, lache ich gestellt, Tommy aber reagiert nicht mehr darauf und ich hoffe, dass das letze nur Spaß war. Sonst hab ich echt Hemmungen, mit Tommy ins Bett zu gehen. Es wäre schon nicht schön, wenn der Emo mich nicht attraktiv fände, gelinde gesprochen. Ehrlich gesagt wäre es eine Katastrophe auf höchster Stufe! Genau wie die jetzige Situation. Michi kriegt einen Liveporn und Tommy lacht über meinen Schwanz. Gute Nacht. “Komm jetzt endlich her, Denni-Boy”, lächelt mir Tommy zu und steht wieder vom Bett auf. “Michi ist schon ganz gespannt und ich möchte auf deinem Schoß sitzen, wenn wir Hoppe-Hoppe-Reiter machen.” “Wir können auch zusammen Hoppe-Hoppe-Reiter spielen, Tommy”, mischt sich der Milchbubi freudestrahlend ein und mein Freund lacht mal wieder auf diese mütterlich-beschützende Art. Mir hingegen wird immer mehr klar, dass Michi-Schatzi uns nur verarscht und heimlich zweideutige Hintergedanken in seinem kleinen Hirn produziert. Wer weiß, vielleicht ist der nicht mal mehr Jungfrau und das ist seine Masche. ‘Zeig mir, wie das geht, ich hab davon noch nie was gehört.’ Jaja, darauf falle ich nicht herein. “Nein, Spätzchen”, erklärt Tommy. “Du bist noch zu jung, um so ein großes Pferd wie Denni oder mich zu reiten.” Michi guckt ein wenig fragend, denn der Vergleich war wirklich ziemlich seltsam. Ich glaube, wenn ich mal mit Tommy schlafe, fühle ich mich zwangsläufig wie ein Pferd. Wie unerotisch. “Du hast ja so einen roten Kopf”, meint Tommy plötzlich, als ich noch immer wie angewurzelt an der Tür stehe. “Hast du Samenstau? Soll ich deine Banane mal durchkneten, bis ich die Bananenmilch auflecken kann? Mjam.” Da mir die ständigen Neckereien zu bunt werden, beschließe ich doch neben Michi Platz zu nehmen. Tommy krabbelt sofort auf meinen Schoß und fängt mit rhythmischen Hoppe-Hoppe-Reiter-Bewegungen an. Michi reißt interessiert die Augen auf, seine Mundwinkel zucken leicht, ich habs genau gesehen, du kleiner Satansbraten! “Können wir dem Kleinen nicht lieber einen Porno zeigen, so als Lehrfilm?”, jammere ich, denn ich weiß, dass Tommy so hemmungslos ist und mit mir auch vor Zuschauern schläft. “Nein”, schüttelt der Emo den Kopf und wendet sich nun dem Bübchen zu, fängt an zu erklären. “Also, Denni und ich haben uns sehr lieb. Sieht man ja.” Zur Bestätigung nimmt mich mein Freund in den Arm, knuddelt mich sehr fest, viel zu fest. Mein roter Samenstau-Kopf leuchtet wie eine Feuerwehrsirene. “Und wenn man sich so lieb hat wie wir beide, dann zieht man sich aus, ganzumgar. Denni, ausziehen!” “Nö”, protestiere ich lautstark. “Zieh du dich doch aus, wenn du denkst, dass du der schärfste Kerl in diesem Haus bist.” “Du hast es so gewollt”, meint Tommy gleichgültig, zieht sich flux sein T-Shirt über den Kopf, richtet sich noch mal schnell die Haare, die dadurch leicht in Unordnung geraten sind und öffnet dann seinen Hosenknopf. “Michi, du hast ja auch Samenstau!”, bemerkt Tommy ganz überrascht, als sein Blick auf den ebenfalls krebsroten Kopf des Kleinen fällt, uh, er hat wenigstens ein Schamgefühl im Gegensatz zu meinem Freund! “Man, da hab ich ja heut ne Menge zu tun.” “Halt, halt!”, sage ich schnell, bevor der Emo sich ganz ausziehen kann und halte sein Handgelenk fest. “Ich hab ne bessere Idee.” Kaum habe ich das ausgesprochen, springe ich auf und stürze in die Küche. Ich öffne alle Schränke, alle Schubladen bis ich genau das gefunden habe, was ich suche. Lang und hart und dick. Was kann das nur sein? Ich beeile mich, schnell wieder zu den anderen zu kommen, schnappe mir aber noch die auf der Flurgarderobe liegenden Kondome. “Ah, eine Banane”, staunt Tommy und sieht beeindruckt aus. “Keinen Dildo im Schlafzimmer deiner Eltern gefunden? Oder hast du nicht selber einen? Gibs zu, du befriedigst dich heimlich anal, ohne mir.” “Sei still, Tommy”, weise ich den Kleinen gelassen an, nähere mich ihm und halte ihm die Banane zwischen die Beine. “Guck, Michi, das kennst du bestimmt. Eine Schwanzprothese!”, erklärt mein Freund dem Bübchen, welches langsam immer verschämter wirkt, aber doch interessiert oder besser gesagt amüsiert über unseren peinlichen Aufklärungsversuch. “Du bist so schamlos, Tommy”, schüttle ich seufzend den Kopf, während ich ihm die gelbe Frucht in den geöffneten Hosenstall stecke. “Und du bist kindisch, Denni”, kontert mein Freund sofort. “Michi will doch bestimmt mal einen echten Schwanz sehen außer seinem eigenen.” “Aber nicht deinen!” Tommy verdreht die Augen, entreißt mir dann das Päckchen Kondome und holt eines heraus. “Da zeigen wir dir eben nur etwas langweiliges, aber sehr wichtiges”, meint Tommy lustlos und winkt mich zu sich heran. “Komm, Denni, du rollst das mit dem Mund ab.” “Ich will nicht wieder die blöde Bananenschale ablecken müssen, das war letztes Mal schon so eklig”, schmolle ich, aber ehe ich noch irgendwie handeln kann, klingelt Tommys Handy. Mir fällt ein Stein vom Herzen, denn vielleicht lässt der Emo dann die Banane Banane sein und die Kondome Kondome. “Hey, Alex”, meint Tommy ungewohnt schüchtern und errötet sogar ein wenig. Jetzt hat der auch Samenstau. Also bei dem Streifenhörnchen kein Wunder. “Du willst dich mal wieder mit mir treffen….? Äh…jetzt gleich? Hast du Samenstau?” Grrr…..Tommy, lock den ruhig her, ich schieb ihm die Banane in den Hals, da kann er Deep Throat damit machen, so lange, bis er kotzt. Die beiden verabreden sich wirklich, das dumme wie gute ist aber, dass das Streifenhörnchen gleich vor meiner Tür stehen wird. Dumm, weil ich den Typen nicht abkann. Gut, weil Tommy dann nicht alleine mit dem ist und er nicht die Chance hat, über meinen Freund herzufallen. Dass Tommy sowieso mit wildfremden Männern vögelt, verdränge ich täglich mehrere Male, denn dass mich diese Tatsache sehr verletzt, brauche ich nicht noch einmal zu erwähnen. Klingelinge ling, klinge linge ling, jetzt kommt der Eiermann… Ähm…hüstel. Diese Zweideutigkeit hat der Typ nicht verdient. Gespannt öffne ich dem Streifenhörnchen, gespannt deshalb, weil ich nicht weiß, was er mit uns vorhat. Tommy steht hinter mir, schlingt die Arme um meinen Oberkörper und begrüßt das Streifenhörnchen in meinen Augen viel zu nett. “Ach, jetzt seid ihr wohl doch zusammen”, bemerkt der Typ als erstes, Tommy küsst mich zur Bestätigung sanft in den Nacken und brummelt süß. “Mh”, sagt er verliebt. “Wir lieben uns ganz doll.” “Das freut mich für euch”, lächelt Alex milde, hey, ich muss erkennen, dass er heute gar nicht so bescheuert ist wie letztes mal. “Ihr passt echt gut zusammen. Ich will auch gar nicht länger stören, denn…” “Du störst nicht, komm ruhig rein”, meint Tommy gleich ganz aus dem Häuschen, lässt mich los und packt dafür Alex am Arm. “Da gibt’s jemanden, den wir dir vorstellen wollen.” “Ich hab keine Zeit, ich wollt mich nur…”, versucht der Kerl zu erlären, doch so wie man Tommy kennt, lässt er keine Widerrede zu. Seinen Dickschädel setzt er immer durch, koste es was es wolle. “Michi, das ist Alex. Alex, das ist Michi.” Alex steht wie angewurzelt vor dem Bett, auf dem der kleine Emo sitzt und guckt mit rotem Kopf zu ihm hinunter. Auch Michi wird krebsrot und lächelt verlegen, schaut lieber den Fußboden als den Neuankömmling an. “Was is’n jetzt kaputt?”, flüstere ich Tommy zu, der vielsagend grinst und den Arm um meine Hüfte legt. “Samenstau?” “Nee”, schüttelt mein Freund den Kopf, guckt zuerst mich an und dann die beiden Jungs, die inzwischen nebeneinander auf meinem Bett sitzen und schüchterne Blicke tauschen. “Ich würde sagen: Liebe auf den ersten Blick.” Oh my fucking god. Sowas gibt’s? “Also ist Michi wirklich schwul”, stelle ich erstaunt fest. “Natürlich ist er das”, meint Tommy verständnisvoll. “Genau wie wir.” “Ich bin nicht schwul!” Mein Gezeter hat keinen Zweck. Der Emo zieht mich in seine Arme, streichelt über meine Wange, während ich ihm in seine Augen schaue wie ein Betrunkener. “Doch, bist du”, beharrt Tommy auf seiner Meinung. “Und darüber bin ich sehr froh.” Vorsichtig drückt er mir seine weichen Lippen auf, ich erwidere so gut ich kann den Kuss, obwohl ich mir immer so unbeholfen vorkomme, wenn wir knutschen. Aber eigentlich bin ich auch recht froh über meine Homosexualität. Wäre ich nicht schwul, hätte Tommy sich zum Mädchen umoperieren lassen müssen, damit ich erkenne, wie sehr ich diesen Menschen liebe. Nach ein paar Minuten ist unser sentimentaler Moment mal wieder vorbei und wir beschließen einstimmig, dass Alex den kleinen Michi aufklären soll. “Michi wollte erst schon unbedingt Hoppe-Hoppe-Reiter spielen”, meint Tommy an das Streifenhörnchen gewandt. “Warum nimmst du ihn nicht auf deinen Schoß und bist sein Pferdchen?” Ich finde es zu witzig, zu sehen, wie der kleine Michi sich zunächst ziert. Doch er hat nicht mit Tommy gerechnet. Wrestler Tommy hebt den Kleinen schwuppdiwupp ein wenig an und setzt ihn auf Alex’ Schoß ab. Dieser guckt ziemlich peinlich berührt, aber schließlich, als Tommy seinen Kopf anhebt und ihn so hält, dass er Michi anschauen muss, legt er sanft seine Hand auf Michis Hüfte. “Am besten, wir fangen klein an”, befiehlt Tommy und drückt Michi am Rücken noch näher zu Alex heran. “Küssen. Los. Macht schon! Schenk Michi seinen ersten Kuss.” “Man, Tommy, die beiden kennen sich doch erst seit ein paar Minuten”, mische ich mich ein, aber mein Freund steht inzwischen neben mir und zupft mich am Ärmel. “Sieh nur.” “Gott, muss Liebe schön sein.” Alex und Michi knutschen sich vorsichtig auf den Mund. Pah. Ich sags ja immer wieder: Die Emos sind ein komisches Volk. Knutschen ist bei denen ein Nationalsport, Geschlecht und Gefühle egal. “Hab ich das nicht gut gemacht?”, fragt Tommy mich freudestrahlend und erwartet ein ‘Ja’, welches ich ihm dann auch gebe. “Warum wirst du nicht Heiratsvermittler? Deine rabiaten Methoden scheinen schließlich zu wirken.” “Ich werd dir gleich meine rabiaten Methoden vorführen”, grinst der Emo frech und kneift mir in die rechte Arschbacke. Mir ist das aber egal. Denn wo wir sind, werden alle Leute glücklich. Erst Tobi und Marki und jetzt Alex und Michi. Der Himmel hängt voller Bassgeigen, denn Tommy hat erfolgreich Amor gespielt. ***** Alex hat Michi gleich mitgenommen, als er seinen Besuch beendete. Nachdem die Tür hinter den Beiden zugefallen ist, jubiliere und tanze ich ausgelassen durch den Flur. “Juchee, sturmfrei!”, brülle ich und reiße Tommy mit mir, buxiere ihn zurück in mein Zimmer, wo mein kuscheliges Bettchen bereits auf uns und die Auslebung unserer Liebe wartet. “Tommy, mach dich frei, ich hab Pläne für uns zwei!” “Denni!”, lacht er. “Du bist doch sonst nicht so stürmisch.” Da Tommy viel zu sehr trödelt und es gar nicht so eilig zu haben scheint wie ich, hebe ich den Kleineren hoch und lege ihn über meine Schulter. “What the fuck, what the hell, Tommy ich will’s jetzt ganz schnell!”, reime ich und lasse mich gleichzeitig mit Tommy auf mein Bett fallen. Rumps. Rumpel. Krach. Bumm. Verdammter Mist. Jetzt gings aber abwärts. “Ähm”, meint Tommy, der auf mir drauf liegt und sich in meinem T-Shirt festkrallt. “War dein Bett immer schon so niedrig?” “Nein, Tommy”, erkläre ich in gelassener Tonlage, während ich in die Augen meines Freundes sehe. “Wir sind nur gerade eingekracht. Das ist alles.” “Oh.” Die Haare fallen dem Emo in die Augen. “Aber ich bin doch nicht schuld daran, oder?” Ohne eine Antwort zu geben rapple ich mich auf, lasse Tommy unbeholfen auf dem Bauch liegen und gucke mir die Bescherung von weitem an. “Oh mein Gott. Mein schönes Bettchen. Eine Tragödie!” Vor Trauer bedecke ich mein Gesicht, ich kann den Trümmerhaufen einfach nicht ansehen. “Wir waren wohl etwas zu wild und leidenschaftlich”, meint Tommy unsicher und wird rot. “Tut mir echt leid. Heut Nacht werden wir wohl auf der Couch pennen müssen.” “Ich werde auf der Couch pennen. Und zwar im Wohnzimmer.” “Denni, ich will aber bei dir sein und nicht hier in deinem Zimmer alleine.” “Du kannst auch gerne heimgehen.” Stinkig bin ich. Auf mich selber. “Was ist hier für ein Geschrei?” Meine Blick wendet sich zur Tür, wo ich meine Mutter unbeweglich mit verschränkten Armen stehen sehe. “Ach, hallo Mama”, begrüße ich sie gleichgültig. “Mein Bett ist eingefallen wie ein Kartenhaus. Wegen Tommys fetten Arsch.” “Du hast selber einen fetten Arsch. Schwuchtel”, schimpft Tommy, eigentlich ist es irgendwie lustig, wenn Tommy aufgebracht ist. Da sträuben sich seine Haare immer so lustig in alle Richtungen. Die ‘Schwuchtel’ nehme ich ihm natürlich auch nicht übel, denn das Wort werfen wir uns häufig gegenseitig an den Kopf, um herauszufinden, wer von uns beiden die größere Schwuchtel ist. Bis jetzt hat Tommy immer gewonnen, denn schwuler als er kann man einfach nicht sein. So sehr man sich auch bemüht. “Jetzt hört aber auf!”, wettert Mama und wirft Tommy einen bösen Blick zu. Wahrscheinlich nimmt sie ihm im Gegensatz zu mir die ‘Schwuchtel’ übel. “Dennis, du schläfst im Wohnzimmer, bis wir ein neues Bett besorgt haben.” “Sag ich doch”, sage ich zungeherausstreckend zu meinem Freund, der dumm aus der Wäsche guckt. Mama möchte gerade den Raum verlassen, doch sie dreht sich noch mal zu mir um. “Ach, und bevor ichs vergesse, nächste Woche zieht dein Cousin hier ein”, erzählt sie mir. “Wegen seiner Ausbildung.” “Du hast einen Cousin?”, will Tommy ganz aufgeregt wissen, das kaputte Bett scheint durch diese Neuigkeit völlig vergessen. “Ist er hübsch? Oder sieht er aus wie ein misslungener chemischer Versuch?” “Was weiß ich”, stöhne ich, denn Tommy springt an mir auf und ab, was mich ganz nervös macht. “Und jetzt hör auf hier rumzuhoppen. Du wirst ihn schon noch früh genug kennen lernen.” “Au ja!”, freut sich Tommy. “Bestimmt sieht er dir ähnlich. Hm, da muss er ja verdammt sexy sein, wenn er auch nur annähernd so aussieht wie du.” Was war das denn? Liebeserklärung und mir untreu werden in einem? Passt das überhaupt zusammen? Am liebsten würde ich Tommy meinen Cousin gar nicht erst zeigen. Klar, ich weiß auch nicht, wie er heute aussieht, zu letzt gesehen habe ich ihn, als ich vier Jahre alt war. Seitdem meine Mutter sich heftig mit ihrer Schwester zerstritten hat, herrscht Funkstille mit unseren Verwandten. Das einzige, was ich noch über meinen Cousin weiß, ist, dass er drei oder vier Jahre älter als ich sein muss und auf den Namen Ashley hört. Wie schwul muss man eigentlich sein, um Ashley zu heißen? Das ist ein englischer Mädchenname und keine Bezeichnung für einen anständigen Kerl. Wenn Mama mich so genannt hätte, wäre ich wahrscheinlich schon längst von der Brücke gesprungen und hätte auf Nimmerwiedersehen zu dieser Welt gesagt. ***** “So, Tommy”, weise ich meinen Freund an. “Du hörst jetzt auf, von Jungs zu schwärmen, die dir nicht gehören. Wenn du schwärmen willst, dann nur von mir. Ich bin dein Schatz, dein Herzchen.” “Nein, Michi ist mein Herzchen”, rechtfertigt sich Tommy. “Merk es dir: Du bist der Fickfrosch.” Ich verziehe auf merkwürdige Weise mein Gesicht, stelle mich dann vor den Schrank, um zu sehen, ob ich noch eine saubere Decke für Tommy habe, der ja unbedingt hier schlafen will. Schießlich finde ich eine etwas abgenutzte in der hintersten Ecke. Mh, Blümchen für den klischeeschwulen Tommy. Passt doch 1a. Doch als ich ihm die Decke zeige, macht der Emo ein wenig begeistertes Gesicht. “Da hast du bestimmt schon draufgewichst, so wie ich dich kenne, Denni”, meint er und sieht mich vorwurfsvoll an, ich aber bin empört. “Na hör mal”, rechtfertige ich mich. “Ich kann meinen Samenerguss doch noch recht gut kontrollieren, schließlich bin ich kein Opi.” “Da hab ich im Park aber anderes erlebt”, kichert Tommy, nimmt dann aber doch die Decke an sich und breitet sie auf der kleinen Couch in meinem Zimmer aus. Für mich wäre sie zum schlafen zu schmal und kurz, aber für Tommy geht sie gerade noch so, wenn er nicht gerade herumstrampelt wie ein Baby. Ich habe Mama überredet, dass sie heute mal für fünf Personen kocht, denn der dünne Tommy braucht meiner Meinung nach unbedingt etwas in seinem Magen, bevor er zu Bett oder besser gesagt zu Couch geht. Also sitzen wir Punkt 18.00 Uhr um den Küchentisch und nehmen uns alle etwas von dem ‘leckeren’ Gemüseeintopf. “Ich mag kein Gemüse”, grummelt Tommy, der sich nur eine Kelle voll Suppe genommen hat und darin lustlos mit dem Löffel Kreise beschreibt. “Kann ich mir ein Nutella-Brot machen?” “Davon wirst du nicht satt”, rede ich auf den schmollenden Kleinen ein und klopfe ihm auf die Schulter, um ihn vielleicht doch noch zum Essen zu bewegen. “Morgen früh bekommst du ein Brot, okay? Aber nur, wenn du deine Suppe isst, du Suppenkasper.” Mama muss über meine neu entdeckte väterliche Art schmunzeln, wenn sie wüsste, dass Tommy sehr mütterlich sein kann, wären wir in ihren Augen sicher wie ein altes Ehepaar. Der Emo hat meinen Überredungskünsten glücklicherweise nicht standgehalten und führt seinen Löffel zum Mund, um geräuschvoll seinen Eintopf davon zu schlürfen. “Warum schläfst du denn überhaupt so oft bei uns?”, will meine Mutter plötzlich wissen. “Nicht, dass der Freund meines Sohnes nicht willkommen wäre, aber manchmal mache ich mir schon ein paar Sorgen um dich.” Sie macht eine kurze Pause und sieht in mein erschrockenes Gesicht, denn ich möchte nicht, dass sie von Tommys psychischen Problemen erfährt. “Wirst du zu Hause geschlagen?” “Nein”, antwortet Tommy blitzschnell. “Mit mir ist alles in Ordnung. Ich bin nur gerne bei Denni.” “Aha.” Mama sieht nicht besonders überzeugt aus, besorgt sieht sie zu meinem Vater, der ebenfalls keinen Rat weiß. “Aber wenn was ist, du kannst jederzeit zu uns kommen”, bietet Papa an. “Schließlich bist du nun auch so was wie unser Sohn.” Ich kann mir ein gerührtes Lächeln einfach nicht verkneifen. Es macht mich sehr glücklich, dass meine Eltern Tommy so gut in die Familie aufgenommen haben, obwohl es doch sicher nicht einfach für Mutter und Vater ist, wenn sie erfahren, dass einer ihrer Söhne ‘plötzlich’ schwul wird. Mama wendet sich nun wieder an mich. “Wir müssen unbedingt ein neues Bett für dich besorgen, denn wenn Ashley hier einzieht, muss er auf der Couch schlafen.” Sie klingt nicht sonderlich begeistert, ich bin es auch nicht wirklich. “Jetzt, wo Susannes Sohn eine Lehre zum Mediengestalter anfängt, sind wir ihr wieder lieb und teuer, damit der Junge sich ja nicht eine WG suchen muss. Obwohl die doch reich genug sind. Aber vielleicht geht es auch um etwas ganz anderes.” “Um was denn?”, platzt es mir voller Neugierde heraus, während ich große Augen mache. Mama nimmt sich noch eine Kelle Suppe aus dem Topf und rührt darin herum. “Ihr verzogenes Söhnchen kann unmöglich mit fremden Leuten zusammen wohnen. Sie würden ihn vielleicht nicht bei sich integrieren. Er ist doch so sensibel.” Die Ironie meiner Mutter bringt uns alle zum lachen, aber ich muss mir eingestehen, dass ich langsam ziemlich neugierig auf meinen verwöhnten Cousin werde. Erstens, weil ich da ein neues Schikaneopfer habe, wenn er wirklich so bescheuert ist, wie meine Mutter sagt und zweitens kann ich da mal wieder so richtig den Macho raushängen lassen, damit der Typ merkt, wie uncool er ist. Bestimmt ist Ashley genauso, wie man sich einen reichen Schnösel vorstellt. Ordentlich gebundene Krawatte, Bügelfalte in der Hose und bis oben hin zugeknöpftes Hemdchen. Haha, dem werde ich seine guten Manieren austreiben, darauf kann er sich verlassen. ***** “Oh, Denni, ich würd mich jetzt am liebsten von dir im Stehen ficken lassen.” Ich ziehe nach ‘What the fuck’-Manier eine Augenbraue in die Höhe und mustere meinen Freund, der sich bis auf die Unterhose auszieht und dann mit dem Arsch zu mir vor der Couch steht. Naja, ich muss schon sagen, Tommys Hintern kann man nicht einfach so widerstehen, der will regelrecht angefasst und gestreichelt werden. Und nicht nur das. “Eigentlich…bin ich ziemlich müde”, gebe ich bekannt und gähne zur Bestätigung. “Lass uns das lieber auf Morgen verschieben, okay?” “Na gut”, schmollt der Emo und wendet sich mir zu, nimmt mich in den Arm, während er sich ein Kussi abholt. “Dann schlaf schön.” “Du auch”, brummle ich in sein Haar, man, ich hab ihn so verdammt lieb. “Aber nur von mir träumen und nicht von Spießer-Ashley.” Tommy grinst nur, dann legt er sich auf das Sofa und kuschelt sich unter die Decke. Noch einmal muss ich gähnen, schließlich schließe ich die Tür hinter mir und verkrümle mich ins Wohnzimmer, um dort schäfchenzählend einzuschlafen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)