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Love's just pain

Oder woher kommt sonst dieses Loch in meinem Herzen?
von

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Noch vier Tage

Niemand hätte ahnen können, dass das passieren würde.

Dass ich so etwas war.

Ich war auch überrascht.

Darüber, dass ich noch am Leben war.

Ich wäre ja auch lieber tot.

Aber jetzt war ich hier, obwohl mich niemand haben wollte.

Gezwungen, schon wieder zu leben.

Zusammen mit diesem unglaublichen Schmerz in meiner Brust.

Tsuna, warum hast du das getan?

Die Familie aus Mumien

Mir tat alles weh. Wahrscheinlich hatte ich mir alles gebrochen, was in meinem Körper brechen konnte. Ich stöhnte und schlug langsam die Augen auf. Über mir sah ich eine weiß gekachelte Decke und ich hörte das Summen und Piepsen verschiedenster Maschinchen um mich herum. Als ich versuchte, mich zu bewegen, fuhr durch meinen ganzen Körper ein geradezu abartiger Schmerz. Langsam nahm ich auch die anderen Dinge um mich herum wahr - die Atemmaske auf meinem Gesicht, das weiße Bett, in dem ich lag, all die Schläuche, die irgendwie von den Geräten um mich herum in meinen Körper führten... Ich schauderte innerlich, was wieder Schmerzen zur Folge hatte, und versuchte schnell, all das Zeug, das gerade über die Schläuche in mich hineingepumpt wurde, auszublenden.

Ich war ganz offensichtlich in einem Krankenhaus. Aber warum? Als ich versuchte, mich zu erinnern, schoss ein noch schärferer Schmerz wie tausend Nadeln durch meinen Kopf.

"Hey, Tsuna, endlich bist du wach!", hörte ich eine Stimme neben mir sagen. Langsam drehte ich meinen Kopf zur Seite - was erstaunlicherweise mal keine Schmerzen zur Folge hatte - und sah Dino-san erleichtert lächelnd neben meinem Bett sitzen.

"Tsuna, Tsuna, du lebst!" Etwas kleines und ziemlich haariges hüpfte auf mich drauf, was sich in etwa so anfühlte, als würde ich von einem Pflock durchbohrt werden. Ich stöhnte wieder, dieses mal etwas lauter als vorher.

"Lambo, hör auf damit, bevor er doch noch stirbt!", meinte Dino-san und hob den Kleinen von mir herunter. Könnte ich mich bewegen, wäre ich ihm dafür jetzt wahrscheinlich um den Hals gefallen. So brachte ich nur ein dankbares, ziemlich verkrampftes Lächeln zustande.

"Aber Tsuna soll mit Lambo-san spielen!"

"Tsuna kann jetzt nicht mit dir spielen, Lambo!"

"Aber sonst ist keiner da! Die anderen schlafen alle noch!", quengelte Lambo weiter.

Die anderen? Ach, richtig... Urplötzlich wusste ich wieder, warum ich hier lag - Die Shimon-Familie hatte die Zeremonie angegriffen und uns alle mehr oder weniger fertiggemacht. Gott sei dank war Lambo dabei ja irgendwie verschont geblieben... Ich stöhnte wieder auf, diesmal nicht aus Schmerz. Wunderbarerweise tat Stöhnen ja nicht weh.

"W-Wo sind... die anderen?", fragte ich und klang dabei wahrscheinlich ziemlich jämmerlich.

"Auch hier im Krankenhaus", antwortete mir Dino-san. "Es ist keiner mehr in Lebensgefahr, aber du bist bis jetzt der Einzige, der schon aufgewacht ist. Ach ja, und das hier habe ich noch für euch eingesammelt, nachdem der Rettungswagen euch abgeholt hatte." Dino-san kramte in seiner Jacke herum und fischte eine Plastiktüte heraus, die gefüllt war mit... ja, mit was eigentlich? Ich kniff die Augen zusammen und sah genauer hin. Ich erkannte einen kleinen Teil vom Vongola-Wappen und mein Verstand sagte mir, dass die seltsamen Bruchstücke in der Tüte die Reste unserer Vongola-Ringe waren. Wieder musste ich stöhnen. Diese Metalltrümmer erinnerten mich irgendwie an ihre Besitzer - Enma-kun hatte schließlich sowohl uns als auch die Ringe... naja, zerstört eben, anders konnte man das eigentlich nicht mehr nennen.

"Lambos ist auch dabei, den haben sie irgendwie aus der Ferne zerdeppert", redete Dino-san weiter. "Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass wir jeden Splitter gefunden haben." Er legte die Tüte auf das Bett, so dicht neben mich, dass ich die Hand darum schließen konnte.

"Lambo-san hat versucht, ihn zu beschützen!", rief Lambo und sah mich mit einem furchtbar treuen Hundeblick an. "Tsuna, gehst du jetzt zum Dank mit Lambo-san spielen?"

"Tut mir leid, Lambo, aber ich glaube nicht, dass ich in dem Zustand was mit dir spielen kann."

"Tsuna ist gemein! Das erzählt Lambo-san Mama!" Mit jeder Menge Krokodilstränen rannte der Kleine aus dem Zimmer und schlug die Tür hinter sich zu. Der Knall war unangenehm laut, ich zuckte zusammen und stöhnte wieder.

"Tut mir leid, Tsuna", meinte Dino-san entschuldigend. "Vielleicht hätte ich ihn doch besser draußen gelassen... Aber er war so still die letzten zwei Tage, ich glaube, er hat sich genau so viele Sorgen um dich gemacht wie wir anderen auch."

"Verstehe..." Ich zwang mich zu einem Lächeln. Die letzten zwei Tage... Zwei Tage... Zwei Tage...

"Zwei Tage?!", schrie ich plötzlich völlig hysterisch. "Das ist schon zwei Tage her?! Willst du mir etwa sagen, dass ich schon seit zwei Tagen bewusstlos im Krankenhaus liege?!" Das eine Gerät neben mir, das anscheinend meinen Puls anzeigte, drehte jetzt, nachdem es eben kurz ausgesetzt hatte, völlig durch.

"Na, na, kleiner Bruder, jetzt beruhige dich doch mal! Wenn du dich weiter so aufregst, gibst du gleich doch noch den Löffel ab..."

"Wie soll ich mich bitte beruhigen, wenn ich gerade erfahren habe, dass in knapp fünf Tagen die Shimon-Familie wieder auf der Matte steht und uns endgültig den Rest gibt?!", brüllte ich weiter.

"Aber Tsuna, jetzt komm doch mal runter..."

"Tsuna-san~!" Die Tür wurde aufgerissen und eine mir wohl bekannte Person stürmte mit sorgenvollem Gesicht herein. Ziemlich unbeholfen stürzte das Mädchen durch das Zimmer, landete auf meinem Bett und fiel mir mit einem weiteren "Tsuna-san!" um den Hals, was nicht nur wehtat, sondern nebenbei auch noch trotz der Maske verhinderte, dass ich atmen konnte.

"Haru... Luft...!", röchelte ich, aber sie drückte mich nur noch fester.

"Ich bin so froh...! Tsuna-san, endlich bist du wieder wach! Ich hab mir ja solche Sorgen um dich gemacht! Die Ärzte waren sich erst nicht sicher, ob du es schaffst..."

"Haru, wenn du so weiter machst, könnten die Ärzte durchaus Recht behalten!" Ich versuchte trotz der Schläuche und des Gipses um meinen linken Arm, sie von mir wegzuschieben.

"Aber Tsuna-san!" Sie schluchzte heftig, und langsam spürte ich etwas Feuchtes an meiner Schulter.

"Haru, weinst du etwa?", fragte ich alarmiert. Endlich ließ sie mich los und ging ein Stück zurück, so dass ich zum ersten mal richtig ihr Gesicht sehen konnte. Weinen traf es nicht ganz - die Tränen flossen geradezu sintflutartig über ihr Gesicht.

"Haru weint nicht! Haru wird mal die Frau von einem zukünftigen Mafiaboss!", schluchzte sie weiter, obwohl man sie bei ihrer brüchigen Stimme noch nicht einmal anzusehen brauchte, um zu wissen, dass sie log.

Wenn ich nur eine Zukunft hätte! In fünf Tagen war für uns schließlich Sense, das Zukunft zu nennen erschien mir ein bisschen zu optimistisch.

"Tsu-kun!" Durch die immer noch geöffnete Tür kam nun auch meine Mutter herein und drückte mich. Ich stöhnte wieder. Hatten hier denn eigentlich alle nichts besseres zu tun, als auf meine Verletzungen einzuhacken? Wenigstens ließ sie mich gleich wieder los - auch wenn das Zurück-aufs-Bett-Fallen nicht weniger schmerzhaft war als die Umarmung - und ich konnte sehen, dass auch Kyoko-chan inzwischen gekommen war und Lambo und I-Pin auf dem Arm hatte. Sie umarmte mich natürlich nicht, war ja mal wieder logisch. Ich hatte noch nicht mal in meinen letzten verbliebenen Tagen kein Pech mehr, Glück war ja absolut unerreichbar für Pechvögel wie mich.

"Schön, dass es dir wieder besser geht!", meinte Kyoko-chan mit einem unglaublich aufbauenden Lächeln.

"Was ist denn nur passiert, Tsu-kun?", wollte meine Mutter sofort wissen. Wie gesagt, mal kein Pech zu haben wäre für jemanden wie mich schon etwas richtig Besonderes.

"Hat Reborn dir das etwa noch nicht erzählt?", fragte ich, auch wenn ich mir ehrlich gesagt keine besonders großen Hoffnungen machte.

"Nein, er meinte, dass du das bestimmt lieber selber machen würdest." Na super, selbst wenn ich auf dem Sterbebett lag hielt er es nicht für nötig, mir zur Abwechslung mal zu helfen oder mir wenigstens nicht jedes Problem, das sich nur irgendwie bieten konnte, aufzuhalsen. Was sollte ich jetzt nur sagen?

Weißt du, erst mal sollte ich dir jetzt vielleicht beichten, dass ich kurz davor bin, ein Mafiaboss zu werden. Das Baby, um das du dich immer so lieb kümmerst, ist der Auftragskiller Reborn und mein persönlicher Ausbilder, und die ganzen irren Freaks, die in letzter Zeit so oft um mich herumhängen, sind in Wirklichkeit meine Mafiafamilie. Papa gehört auch zur Mafia und diese Austauschschüler, die du so gern hast, sind eine verfeindete Familie von uns, die Shimon-Familie, deren Chef dieser schüchterne Enma-kun ist, und die haben uns vor zwei Tagen (Zwei Tage! Ich kann's immer noch nicht glauben!) bei der Zeremonie, bei der ich offiziell die Nummer 10 der Vongola-Familie, einer der mächtigsten Mafiafamilien überhaupt, werden sollte, angegriffen und versucht, uns zu killen, weil sie Rache für ein Verbrechen wollen, das angeblich vor Urzeiten von meinem Vorfahren aus Italien, Giotto, der der Gründer der Vongola-Familie ist, begangen wurde.

Ach ja, und bevor ich's vergesse, deswegen hatte ich auch schon haufenweise Kämpfe auf Leben und Tod gegen verrückte Mafiosi und war zwei Monate lang zehn Jahre in der Zukunft, woran du dich aber nicht mehr erinnern kannst, weil die dein Gedächtnis manipuliert haben. Übrigens sind so ziemlich alle Leute, die wir kennen, in der Mafia und nur hier, um mich entweder ins Gras beißen zu lassen oder genau das zu verhindern. So, noch Fragen?

Okay, das würde ich schon mal nicht sagen, auch wenn es eine recht schöne Zusammenfassung der Zeit meines Lebens war, in der ich Reborn kannte. Vielleicht würde ich das mit der Shimon-Familie nachher Kyoko-chan und Haru in einer etwas abgewandelten und vor allen Dingen weniger brutalen Version erzählen (kein "Ich liege hier im Krankenhaus, die anderen sind schwerverletzt im Koma, Yamamoto kann vielleicht nie wieder laufen, wenn er denn überhaupt jemals wieder etwas machen kann, und Chrome wurde entführt, weil wir einen total chancenlosen Kampf gegen die Shimon-Familie, die aus den Austauschschülern, die vor gut einer Woche hier ankamen, besteht, um Jahrhunderte altes Blut von irgendeinem längst verendeten Mafiaboss hatten."), aber meine Mutter würde ich auf gar keinen Fall auch noch in diese ganze "Mafia-Vongola-Familie-Zehnter Boss-verfluchte Ringe"-Geschichte mit reinziehen. Wenigstens eine Person in meinem Umfeld konnte ja wohl auch nicht in der Mafia sein, oder? War dieser eine Anspruch denn so schwer zu erfüllen?

Statt jetzt diesen Vorsatz zu brechen und meiner Mutter den mit Abstand größten Schock ihres Lebens zu versetzen, fragte ich also erst mal, in der Hoffnung, so irgendwie das Thema wechseln zu können, ob mir vielleicht irgendjemand beim Aufsetzen helfen könnte, weil ich mir ziemlich komisch dabei vorkam, wenn ich nicht meine Gesprächspartner, sondern nur die mit der Zeit etwas einseitige Krankenhausdecke sehen konnte.

Das war netterweise nicht schmerzhaft und dauerte ziemlich lange - meine Mutter und Haru zogen mich vorsichtig nach vorne, während Dino-san ein gigantisches, weiches Kissen hinter meinen Rücken schob - aber ich konnte trotzdem keine passende Ausrede für meine Verletzungen finden, was vielleicht daran lag, dass ich nebenbei noch Lambo gedanklich dafür, dass er sie überhaupt erst hergeholt hatte, auf sämtliche mir bekannte Arten verfluchte und mir danach auch noch ein paar neue einfallen ließ.

Als ich endlich saß, fragte ich sofort nach, wie es den anderen ging, halb aus Sorge und weil Dino-san nicht sehr ausführlich gewesen war, halb, weil ich unbedingt den Fragen meiner Mutter entgehen wollte.

"Hm..." Angestrengt verzog Haru das Gesicht, anscheinend dachte sie wirklich scharf nach. "Also... Tsuna-san ist noch am ehesten in einem Stück, die anderen sind mehr... beschädigt... Aber ihr seht alle so aus wie mein Schulprojekt zum Thema "Altes Ägypten", als hätten die Ärzte versucht, euch zu mumifizieren... Richtig lustig, ich hab schon gedacht, ich müsste Namensschilder basteln, damit wir euch unterscheiden können. Aber im Vergleich zu den anderen geht es dir richtig gut, Tsuna-san!" Haru strahlte jetzt richtig.

Es war irgendwie beunruhigend, dass sie so glücklich aussehen konnte, während sie so schreckliche Sachen erzählte, und es versetzte mir einen ziemlichen Stich, weil ich mich schon so fühlte, als wäre ein Bulldozer über mich drüber gefahren, und dann musste es den anderen jetzt wirklich richtig scheiße gehen, aber andererseits war ich ihr auch unglaublich dankbar, dass sie mich so motiviert bei meinem Anti-"Kaa-san erklären, warum ich im Krankenhaus bin"-Trip unterstützte.

"Tsu-kun?", fragte genau die jetzt fordernd und sah mich mit ernsten, sorgenvollen Augen an, die keine weiteren Ausflüchte zuließen. Naja, einen Versuch war es doch immerhin wert gewesen...

Jetzt durchwühlte ich panisch sämtliche meiner Gehirnwindungen nach einer plausiblen Erklärung, die nichts mit der Mafia zu tun hatte, dafür, dass ich und ein Großteil meiner Freunde schwerverletzt im Krankenhaus lagen.

Verkehrsunfall? Nein, das würde ja nicht uns alle auf einmal erwischen.

Prügelei? Dafür waren die Verletzungen zu schlimm, außerdem würde sich niemand freiwillig mit Hibari-san anlegen, der ja auch verletzt war, und das auch noch überleben.

Wir waren zusammen schwimmen und dann hat uns eine Windhose in den Zoo zu einem knochenbrechenden Killerkrokodil geweht? Natürlich, war ja auch sehr realistisch.

Von einem Nudelholz getroffen?

Mit gigantischen, fleischfressenden Himbeeren gekämpft?

Von einer Lawine aus Kiwi-Eis erschlagen?

Okay, irgendwie drehte ich mich im Kreis, das würde mir wirklich niemand abnehmen, noch nicht einmal Onii-chan.

"Was ist denn nun passiert, Tsu-kun?", fragte meine Mutter wieder, und ich war kurz davor, mit "Sei leise, ich muss mir eine vernünftige Ausrede überlegen!" zu antworten, während meine Gedanken weiterhin sowohl sinn- als auch ziellos hin und her rasten.

Spaghettimonster?

Wahnsinnige Holzfäller?

Eine Keksdose?

Laternenumzug?

Erdbeben?

Flutwelle?

Das Ungeheuer von Loch Ness?

Die gute alte Geschichte mit dem Sumo-Turnier?

"Tsuna war mit Lambo-san beim Spielplatz und ist von der Rutsche gefallen! Genau auf Hibari drauf, und dann wollten Gokudera und Ryohei sie festhalten, aber sie sind alle zusammen in die tiefe Baugrube neben dran gefallen!" Mit großen, treuen Augen sah Lambo meine Mutter nach seiner kleinen Rede an, und es hätte bestimmt nicht viel gefehlt, dass ein Engel über seinem Kopf erschienen wäre und "Lambo spricht die Wahrheit, und nichts als die Wahrheit! Amen!" oder so etwas gesagt hätte. Ich hatte wirklich große Lust, aufzustehen, Lambo zu umarmen, und bis ans Ende meines Lebens immer das mit ihm zu spielen, was auch immer er wollte. Oder zumindest so lange, bis mein gesunder Menschenverstand wieder einsetzte. Und ich musste natürlich sofort irgendwoher einen Exorzisten auftreiben, der meine ganzen Flüche und Verwünschungen von vorhin wieder von ihm nahm. Danke, Lambo! Wirklich, vielen, vielen Dank!

Ich seufzte erleichtert auf. "Ja, genau so war es. Ich muss mich nachher unbedingt bei den anderen entschuldigen, dass ich so dämlich von der Rutsche gefallen bin..." Ich zwang mich zu einem entschuldigenden Lachen, das aber - dem skeptischen Blick meiner Mutter nach zu urteilen - nicht sonderlich überzeugend aussah.

Mit einem ziemlich wütenden Gesichtsausdruck, den man am ehesten vielleicht noch als säuerlich beschreiben konnte, stand sie auf, stemmte energisch die Hände in die Hüften und holte unheilvoll tief Luft, um zu einer ihrer berühmt-berüchtigten Moralpredigten anzusetzen: "Das kann ja wohl nicht wahr sein!", - Hatte sie uns etwa schon durchschaut? - "Ist das etwa euer Ernst?!", - Ja, sie hatte uns wohl durchschaut... - "Was fällt denen eigentlich ein?! Einfach so neben dem Kinderspielplatz eine Baugrube ausheben und dann noch nicht mal richtig absperren, sind die denn verrückt geworden?!", - Wie jetzt, doch nicht durchschaut? - "Ich werde sofort zum Rathaus gehen und mich beschweren!"

Ganz offensichtlich kochend vor Wut (Wow, wann war sie eigentlich das letzte mal wütend gewesen? In der Regel war sie doch die einzige Person auf der Welt, die Yamamoto in Sachen Gelassenheit übertraf...) stürmte sie aus dem Zimmer. Mit einem unsicheren Blick zu Haru folgte Kyoko-chan ihr nach kurzem Zögern, Lambo und I-Pin, die die ganze Zeit über geschwiegen hatte und mir jetzt kurz zuwinkte, immer noch auf dem Arm.

"Bis später, Tsuna-san...", meinte Haru, verkniff sich dem Himmel sei Dank eine Abschieds-Umarmung und verließ auch, dicht gefolgt von Dino-san, den Raum.

Die Tür ließen sie offen stehen, und ich befürchtete schon, jetzt aufstehen zu müssen, um sie zu schließen, da ich ja als Einziger noch hier war, aber das erübrigte sich, denn jetzt erschien im Türrahmen bereits mein nächster Besucher.

Würde Futa jemals ein Ranking über "Begrüßungen, die einen das Schlimmste befürchten lassen" machen, dann würde der Satz, den ich jetzt bedauerlicherweise zum wahrscheinlich tausendsten mal in meinem Leben zu hören bekam, ganz zweifellos auf Platz 1 landen:

"Ciaossu, Tsuna!"

Seit wann bin ich ein Genie?!

"Ciaossu, Tsuna!"

Das Herzsignal neben mir setzte wieder aus, jetzt vollständig und länger, während ich mit dem altbekannten und äußerst unguten Gefühl in meiner Magengrube, das dieses mal eindeutig nicht von Bianchis Kochkünsten stammte, langsam meinen Kopf zur Tür drehte und einen Blick auf den wie ein Baby aussehenden Auftragskiller Reborn warf, dessen Lebenssinn es ja nun anscheinend war, meines noch schlimmer zu machen als es ohnehin schon war.

"Reborn! Was sollte das mit meiner Mutter? Ich war kurz davor, ihr von der Mafia zu erzählen und musste mich von Lambo retten lassen! Und jetzt wird sie bestimmt irgendein unschuldiges Bauunternehmen in den Ruin treiben!" Wow, ich konnte mir wirklich in so einer Situation Sorgen um ein Bauunternehmen machen?

Mich wie immer ignorierend kam Reborn mit kleinen Schritten auf mein Bett zu, hüpfte mit einem physikalisch gesehen völlig unmöglichen Satz zu mir herauf, fischte die Ring-Tüte unter meiner Hand hervor und hielt sie mir vors Gesicht.

"Na, hat Dame-Tsuna wieder mal versagt? Was glaubst du, was das hier ist?"

"Reste. Zerstörte Reste. Genau wie wir."

"Und was, glaubst du, wird in fünf Tagen damit passieren?" Fünf. So langsam konnte ich diese Zahl nicht mehr hören. Fünf. Und morgen wären es vier, dann drei, dann zwei, dann einer und dann... Okay, so weit wollte ich im Augenblick lieber gar nicht denken.

"Weiß nicht... vielleicht... vollständig püriert...?", schlug ich vor. Ja, ich glaube, das kann man "Galgenhumor" nennen. Sehr viel mehr blieb mir im Moment ja nicht übrig.

"Aha, vollständig püriert also... Vielleicht sollte Haru doch Namensschilder für euch machen, damit nachher jeder ins richtige Grab kommt."

Wow. Tolle Aussichten. "Reborn, lass das! Wir sollten uns lieber überlegen, wie wir Chrome retten können!" Kaum zu glauben, aber meiner Meinung nach hatte Chrome tatsächlich ein noch größeres Problem als ich. Sie war schließlich mitgenommen worden, also konnte die Shimon-Familie theoretisch jederzeit mit ihr anstellen, was auch immer sie wollte.

"Wir sollen Chrome retten? Hat Dame-Tsuna etwa noch nicht begriffen, dass er zu schwach ist? Außerdem kannst du mit diesen Verletzungen niemandem helfen, du solltest froh sein, wenn du es in fünf Tagen schaffst, ohne Hilfe diesen Raum zu verlassen." Reborn ließ die Tüte zurück aufs Bett plumpsen und schaute mich an. In seinem letzten Satz hatte nicht das kleinste bisschen Sarkasmus gelegen und das machte mir mehr Sorgen als alles andere. Im Normalfall hätte Reborn mich jetzt aus dem Krankenhaus gejagt und irgendein abnormal brutales und völlig unmenschliches Training durchziehen lassen, egal wie schlecht es mir ging, um aus "Dame-Tsuna" doch noch den Helden zu machen, der alle retten würde, aber jetzt schien selbst der Arcobaleno sich ernsthafte Sorgen um mich zu machen. Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals so denken würde, aber im Moment wünschte ich mir nichts mehr, als dass er mich wieder auf irgendein horrendes Himmelfahrtskommando schicken würde.

Aber das tat Reborn nicht. Stattdessen schaute er mich mit einem Blick an, als habe er mich in Gedanken bereits beerdigt.

"Reborn..." Dieses Schweigen machte mir wirklich Angst, es verbreitete diese schreckliche "In fünf Tagen"-Stimmung wie einen ungreifbaren, schwarzen Nebel im Raum. "Steht es wirklich so schlimm um uns?"

"Kann sein."

"Man, hör auf damit! Es ist richtig gruselig, wenn du so nett zu mir bist!"

"Möchte Dame-Tsuna nicht, dass man nett zu ihm ist?" Auf Reborns Gesicht erschien wieder dieses Grinsen, das er immer aufsetzte, wenn er sich wieder eine neue Gemeinheit für mich hatte einfallen lassen, und das ungute Gefühl, das ich immer bekam, wenn er so grinste, kehrte in meine Magengrube zurück, nur mit dem Unterschied, dass ich mich dieses mal darüber freute und es mich beruhigte, mehr als irgendetwas anders hätte beruhigen können (außer vielleicht, dass ich aufwachte und feststellte, dass das alles nur ein Alptraum war).

"Hast du etwa eine Idee, die uns alle heil hier rausbringt?", fragte ich hoffnungsvoll.

"Nein, ich stelle mir nur gerade deinen Gesichtsausdruck vor, wenn du erfährst, dass du zum Essen zwei Treppen laufen musst."

"Ich muss WAS?!" Ich sah wahrscheinlich in etwa so entsetzt aus, wie Reborn gehofft hatte. "Das kann doch nicht dein Ernst sein! Hast du nicht eben noch gesagt, ich wäre so schlimm verletzt, dass ich vielleicht in fünf Tagen noch nicht laufen kann?! Und überhaupt, ich bin hier an lauter dubiose Geräte angeschlossen, soll ich die etwa mittragen oder was?"

"Die Schwester kommt gleich und entfernt die Schläuche. Außerdem ist es gut, wenn ein Mafiaboss lernt, sich mit Verletzungen zu bewegen und den Schmerz zu ertragen."

"Aber Reborn-"

"Kein Aber! Ich denke, Dame-Tsuna will nicht, dass jemand nett zu ihm ist?"

Jede Wette, er hatte es mit voller Absicht so eingefädelt, dass ich das sagen würde.
 

Die Schwester kam, sie war schon vorher von Reborn über meine "vorzeitige Genesung" unterrichtet worden. Ich fixierte starr irgendeinen Punkt an der gegenüberliegenden Wand, während sie irgendwelches Zeug aus mir herausfischte, und musste mich danach von Reborn mit einer Leon-Peitsche zur Kantine jagen lassen, wo er mir dann nach einigen Vorschlägen zu Chromes Rettung ein absolutes Verbot zum Verlassen des Krankenhauses erteilte, was mich darauf schließen ließ, dass es doch ziemlich mies um uns bestellt war, da "Zwei Treppen runter und anschließend wieder hoch laufen" ja anscheinend das Schlimmste war, was man mir im Moment antun konnte. Die Tatsache, dass ich danach mit meinen Kräften völlig am Ende war, zurück aufs Bett fiel (was übrigens wehtat) und sofort einschlief, obwohl es noch nicht einmal 11:30 Uhr war, trug auch nicht gerade zu einer Besserung des Gesamtbildes bei.
 

Als ich wieder aufwachte, fühlte sich mein Körper zwar etwas besser an, dafür hatte ich aber unglaubliche Kopfschmerzen. Diesen Kopfschmerze schrieb ich es zunächst auch zu, dass ich den gesamten Raum und auch Dino-san, der in der Zwischenzeit anscheinend wieder auf den Stuhl neben meinem Bett zurückgekehrt war, um auf mich aufzupassen, dann eingeschlafen war und jetzt durch meine unruhigen Bewegungen wieder wach wurde, zunächst in einem tiefen Blutrot wahrnahm, was aber, wie ich nach einigen Momenten feststellte, daran lag, dass draußen gerade die Sonne unterging, was wiederum bedeutete, dass ich selbst nach den beiden Tagen, die ich ohnmächtig gewesen war, noch einmal mindestens sieben Stunden geschlafen hatte.

"Und, auch wieder wach, kleiner Bruder?", begrüßte Dino-san mich fröhlich. "Du hast echt was verpasst, das Gesicht von diesem Bauarbeiter war echt zu komisch, als deine Mutter ihn für diese nicht existente Baugrube angeschrieen hat. Aber irgendwann hat sie sich wieder beruhigt und alle sind nach Hause gegangen. Naja, alle bis auf mich zumindest." Er lächelte. Ich konnte jetzt endlich die Sorge "Ausrede" aus meinen Gedanken streichen und versuchte, aus dem Bett zu kommen, allerdings mit wenig Erfolg.

"Reborn hat mich übrigens hier hinpostiert, damit ich verhindere, dass du irgendwelche leichtsinnigen und selbstmörderischen Rettungsversuche startest." Dino-san lächelte weiter und drückte mich mit sanfter Gewalt zurück ins Bett (nicht, dass man viel Kraft bräuchte, um Menschen in meiner Verfassung zum Liegenbleiben zu bringen), wobei er erstaunlicherweise weder mich noch sich selbst verletzte.

"Aber Dino-san! Ich kann doch nicht einfach so hier herumliegen und Chrome mal eben schnell vergessen!"

"Überleg doch mal, Tsuna!" Er wollte es jetzt anscheinend mit Argumenten versuchen und setzte sich wieder hin, wodurch ich mich schlagartig etwas besser fühlte, weil er im Sitzen keine allzu große Gefahr mehr für seine Umwelt darstellte. "Es gibt drei wirklich gute Gründe, weshalb es keinen Sinn hätte, jetzt völlig planlos in dein eigenes Verderben zu rennen: Erstens mal bist du schwer verletzt und kannst dich gar nicht richtig bewegen," - Aber ich hatte es immerhin zwei Treppen runter und anschließend wieder rauf geschafft! - "zweitens hättest du auch völlig gesund keine Chance, einen von diesen Typen in einem Kampf zu besiegen" - Dann musste ich halt einen Kampf vermeiden! - "und drittens haben wir nicht die geringste Ahnung, wo sie überhaupt ist! Wir haben noch nicht mal einen Hinweis zum Aufenthaltsort der Shimon-Familie, und du kannst ja schlecht mal eben schnell den gesamten Erdball nach ihnen absuchen, oder?" Das saß, gegen dieses Argument konnte ich nichts sagen; ich hatte die Diskussion verloren, bevor sie richtig begonnen hatte.

Kapitulierend aufseufzend entspannte ich meine Muskeln, ließ mich zurück aufs Bett sinken und starrte mit leerem Blick an die Decke, ohne sie überhaupt wahrzunehmen. Mein Zeitgefühl siechte dahin, irgendwann konnte ich nicht mehr sagen, ob ich erst seit zwei Minuten oder schon fünf Stunden in meinem trübsinnigen Gedanken-Wirrwarr versunken war.

Enma-kun hatte sie alle zusammen fertiggemacht, und ich hatte nichts dagegen unternehmen können. Und zu allem Überfluss hatten wir jetzt nichts Besseres zu tun, als im Krankenhaus zu liegen...
 

Ich stieß scharf die Luft aus. Wie sehr konnte man eigentlich auf dem Schlauch stehen?! Chrome zu retten war einfach, das reinste Kinderspiel, wenn ich mich beeilte!

Sie waren alle gleich angegriffen worden; Hibari-san, Onii-chan und Gokudera-kun lagen bewusstlos im Krankenhaus, was zu dem einzig logischen Schluss führte, dass Chrome auch irgendwo medizinisch versorgt werden musste, denn dieser Kerl hatte sie ja nicht umbringen wollen. So lange nicht wie ich aufwachte, musste sie ganz einfach irgendwo hier sein, denn - Mafiafamilie hin oder her - die Shimon-Familie war nicht aus Namimori und ein tragbares Krankenhaus hatten sie wohl kaum, Chrome konnte man in ihrem Zustand nicht weit bringen, also war sie wohl in ein öffentliches Krankenhaus gebracht worden. Wahrscheinlich war dieser Typ noch nicht einmal mehr bei ihr, sondern stalkte schon der nächsten Frau hinterher! Wenn ich es schaffte, Chrome zu retten, bevor sie aufwachte und der Perversling sie wieder anmachte, würde es leicht werden, weil niemand eine Ohnmächtige in einem öffentlichen Krankenhaus zwei Tage am Stück bewachen würde, schon gar nicht, wenn er jedem weiblichen Geschöpf dieses Planeten nachlief, und den anderen Mitgliedern der Shimon-Familie war sie vorerst egal. Ich musste ganz einfach nur in ein paar Krankenhäusern und Arztpraxen nach einem Mädchen mit einer Augenverletzung fragen!

Das alles schoss mir in noch nicht einmal einer Sekunde durch den Kopf, bevor ich, ohne noch weiter auf so etwas Nebensächliches wie Schmerzen zu achten, hochschoss. Beeilen! Ich musste nur schnell sein, das war alles, worauf es jetzt ankam! Wachte Chrome auf, bevor ich sie gefunden hatte, was so ziemlich jede Sekunde möglich war, hatte ich keine Chance mehr, aber im Moment konnte ich es wirklich schaffen! Ich musste nur schnell genug sein!

"Kleiner Bruder, leg dich wieder hin! Du musst dich ausruhen!"

"Kann nicht, ich muss Chrome retten!"

Dino-san startete einen weiteren Versuch, mich zurück ins Bett zu zwingen, was allerdings in dem schon längst überfälligen Unfall endete: Er stolperte, wurde von seinem eigenen Schwung über das Bett geworfen, riss die Decke mit sich, schlitterte dann darauf durch die aus irgendeinem Grund offen stehende Tür und zog sie, als er versuchte, sich daran festzuhalten, in einem so seltsamen Winkel hinter sich zu, dass sie sich total verklemmte und ohne Hilfe eines Handwerkers demnächst nicht mehr öffnen würde. Ich dankte schnell in Gedanken Gott, Buddha, den grünen Männchen oder was auch immer da oben gerade sein Unwesen trieb, dass sich weder Romario noch sonst ein Mitglied der Cavallone-Familie in der Nähe befand und Dino-san sich ganz von alleine ausgesperrt hatte, was wohl bedeutete, dass ich tatsächlich mal Glück hatte. Dann stand ich auf, ignorierte sämtliche Proteste von meinen Muskeln und Dino-san, der jetzt von draußen verzweifelt, aber erfolglos, gegen die verklemmte Tür hämmerte, und riss den Schrank auf, in dem die Sachen aufbewahrt wurden, die man bei seiner Einlieferung ins Krankenhaus getragen hatte, was in meinem Fall ein verdreckter, vollgebluteter und reichlich zerfetzter Anzug war. Ich stöhnte und machte mich schnell ans Umziehen.

Die Taschen waren groß genug, um die Tüte mit den Ringen, besser gesagt dem, was von den Ringen noch übrig war, und Kyoko-chans Glücksbringer hineinzustecken. Die Handschuhe zog ich an, dann stellte ich mich vors Fenster - jetzt die Tür zu nehmen wäre selbst für "Dame-Tsuna" zu dämlich gewesen - schluckte zwei Todeswillenpillen, schob, noch bevor die Wirkung eintrat, die Dose ebenfalls in meine Hosentasche und sprang dann im wahrsten Sinne des Wortes in mein Verderben, auch bekannt als "zweiter Stock". Um meinen Finger spürte ich Natsus Ring, ich hatte ihn noch vor dem Einschlafen angezogen. Es war beruhigend, dass er da war, auch wenn sich meine Hand ohne den Vongola-Ring jetzt, wo ich mich an ihn gewöhnt hatte, seltsam leer anfühlte.

Mit einem Kopfschütteln verdrängte ich diese Leere und die Splitter in der Tüte aus meinen Gedanken, ich hatte jetzt Wichtigeres zu tun. Es ging alles nur darum, wie schnell ich war, der Rest war egal.

Ich federte mein Gewicht auf dem Boden ab und sah ein gutes Stück neben mir Dino-san aus dem Haupteingang des Krankenhauses stürmen - er hatte anscheinend so weit gedacht, dass ich die Tür nicht benutzen würde.

"Warte... Tsuna!", brachte er zwischen tiefen, hektischen Atemzügen heraus und versuchte, mir zu folgen.

"Sag den anderen, dass ich ihnen verbiete, das Krankenhaus zu verlassen!", rief ich ihm über die Schulter zu, während ich schon losrannte. Es kam nur auf meine Geschwindigkeit an. "Und sie sollen daran halten! Um alles andere werde ich mich kümmern!" Ich drehte beim Rennen meine Handflächen nach hinten, ich konnte es mir nicht leisten, hier auch nur eine Sekunde mehr zu verschwenden, es bestand schließlich immer noch die Chance, dass meine Theorie falsch war, und selbst, wenn sie stimmte, konnte Chrome jeden Augenblick aufwachen und dann hatte ich versagt, als Boss und als Freund.
 

Das Krankenhaus und den völlig verzweifelt hinter mir herrufenden Dino-san ließ ich schnell hinter mir, aber meine Gedanken rasten weiter. Wo auch immer Chrome war, sie hatten sie bestimmt so weit wie eben möglich weggebracht, was mich auf ein für eine einzelne Person nicht unbedingt kleines Gebiet eingrenzte. Ich musste mich jetzt also möglichst schnell in einem sehr großen Umfeld bewegen, am besten, ohne dabei groß bei späten Passanten aufzufallen, was man als fliegender Junge mit Flammenantrieb-Handschuhen in der Regel ja doch tat. Diese Situation erinnerte mich irgendwie stark an unsere Vorbereitungen auf das Choice-Spiel in der Zukunft. Nur dass wir hier keine mit Todeswillenflammen betriebenen Motorräder hatten... oder? Wenn ich jetzt genauer darüber nachdachte, hatte Reborn uns nie wirklich erzählt, was er alles aus der Zukunft mitgebracht hatte.
 

Kennt ihr diese Weisheit, dass man unter Stress besser denken kann? Keine Ahnung, ob das stimmt oder nicht, aber ich bin jedenfalls gerade dabei, zu beweisen, dass man, wenn man nur noch fünf Tage zu leben und eine unbekannte, aber in jedem Fall ziemlich kleine Zeitspanne um eine Freundin zu retten hat, zu einem Genie mutiert.
 

Mal angenommen, die Motorräder wären auch in unserer Zeit, wo hätte Reborn sie wohl versteckt? Leicht und schnell zu erreichen, möglichst so offensichtlich, dass niemand darauf kommen konnte. Am besten direkt vor unserem Haus. Oder darunter. In Italien sollte es ja sehr viele Häuser mit Kellern geben, in Japan waren sie eher selten; wir hatten auch keinen. Oder zumindest keinen, von dem ich wusste. Und Reborn traute ich es durchaus zu, dass er, ohne es irgendjemandem zu sagen, einen Geheimkeller für Zukunftsfahrzeuge unter unserem Haus aushob. Seltsamerweise hatte Reborn am Tag nach unserer Rückkehr aus der Zukunft ein verdächtig schweres Schränkchen in einer Ecke unseres Flurs platziert.

Ich dachte immer mehr darüber nach, während ich eher unbewusst in die Richtung meines Zuhauses lenkte. Das Motorrad wäre ein enormer Fortschritt - weniger auffällig, schneller, weniger energieaufwendig und für eine Mafiafamilie wie Shimon, die Todeswillenflammen aufspüren konnte, quasi unsichtbar, zumal sie noch nicht einmal wussten, dass so etwas existierte. Wirklich eine geniale Idee - vorausgesetzt, es war hier.
 

An der Straßenecke hielt ich an - bis vor die Tür zu fliegen wäre zu auffällig gewesen - , lief das letzte Stück und brach dann mit dem Wissen, wo der Ersatzschlüssel lag, in mein eigenes Haus ein. Es war alles leise, und nach der Dunkelheit draußen zu urteilen so spät, dass alle längst schon schliefen, wahrscheinlich auch mein Ausbilder Reborn, was die ganze Sache mit dem unbemerkt bleiben natürlich wesentlich einfacher gestaltete.

Jetzt erschien mir die ganze Aktion doch etwas lächerlich. Ich brach bei mir selbst ein, um nach einem Geheimkeller für futuristische Fahrzeuge zu suchen? Ganz offensichtlich war ich jetzt auch durchgedreht. Über mich selbst den Kopf schüttelnd versuchte ich, Reborns Schränkchen zu bewegen - ohne Erfolg.

Natürlich, was hatte ich denn erwartet, etwa, dass sich jetzt ein Geheimgang öffnen würde? Die Wirkung der Todeswillenflammen hatte auch aufgehört, resigniert lehnte ich mich gegen das verhängnisvolle Schränkchen - als es sich plötzlich in die Wand hinein bewegte! Ganz klar, so etwas konnte nur Reborn einfallen. Darunter kam ein tiefes, schwarzes Loch hervor - natürlich ohne Leiter, Treppe oder ähnliches. Ja, das musste von Reborn sein. So abnormal das alles auch war, dank seiner Trainingsmethoden reagierte ich eigentlich recht gefasst darauf, auch wenn ich nicht so ganz verstand, wie der Schrank in unsere Wand gepasst hatte.

Mit einem unguten Gefühl, das ich mittlerweile gar nicht mehr so beruhigend wie im Krankenhaus fand, ließ ich mich langsam in die scheinbar bodenlose Finsternis gleiten, löste schließlich meine Hände von der Kante und stürzte - wenn auch wesentlich weniger tief, als ich befürchtet hatte; das Loch war alles in allem vielleicht zweieinhalb Meter tief. Ich rieb mir kurz den schmerzenden Hintern und stand auf, dann ging anscheinend von alleine das Licht hier unten an, und mir stockte der Atem. Da waren sie. Alle. Standen ordentlich aufgereiht vor mir in dem gigantischen, hell erleuchteten Raum vor mir und schienen nur darauf zu warten, wieder von der zehnten Generation der Vongola-Famiglia in Betrieb genommen zu werden.

Ungläubig strich ich mit den Fingern über das glänzende, glatte Metall. Mein Motorrad stand hier, genau vor mir, als würde es sich schon darauf freuen, dass ich wieder einen schrecklichen Unfall damit baute.

Langsam drehte ich mich um mich selbst, um unseren Geheimkeller einer genaueren Inspektion zu unterziehen. Das Design erinnerte mich stark an das unserer Zukunfts-Geheimbasis, nur die ganzen Stützpfeiler fehlten. Die Wände waren alle glatt, nur an der gegenüberliegenden und der hinter mir liegenden gab es Unebenheiten. Hinter mir handelte es sich um einen Knopf, der, als ich darauf drückte, doch noch Stufen aus der Wand ausfahren ließ, die durch das Loch, durch das ich gekommen war, wieder zurück nach oben führten.

Dann drehte ich mich um, lief quer durch den Raum zu dem anderen Gebilde, bei dem es sich um eine Art Metallkasten mit gemeinerweise gleich mehreren Knöpfen handelte. Als ich versuchsweise den am ungefährlichsten aussehenden weißen Knopf drückte, erklärte mir eine Computerstimme, was ich mit diesem Metallkasten zu tun hatte, damit sich die dritte der vier Wände, auf die alle Motorräder gerichtet waren, für fünf Minuten öffnete und ich zu einer sehr wenig befahrenen Seitengasse fahren konnte, natürlich auch über einen unterirdischen Geheimweg. Ich folgte den Anweisungen, mit dem Erfolg, dass der ganze Raum zu beben begann und die Wand tatsächlich komplett hochgefahren wurde und die Sicht auf einen längeren Metalltunnel frei gab.
 

Schließlich schaffte ich es tatsächlich mit nur zwei Unfällen samt Motorrad in den öffentlichen Verkehr, der sich momentan allerdings stark in Grenzen hielt, mit anderen Worten, ich war der einzige auf der Straße, was mir aber nur Recht und bei meinen "Fahrkünsten" wahrscheinlich auch das Beste für alle war. Ich entdeckte sogar das eigentlich unübersehbar vorne anmontierte GPS-System aus unserer Zeit, das mir nach einigen Versuchen, vielleicht so sechzehn oder siebzehn, sogar sämtliche Krankenhäuser und sonstige medizinische Versorgungen in einem Umkreis von 25km anzeigte. Schnell machte ich mir in Gedanken einen ungefähren Plan, in welcher Reihenfolge ich sie am besten anfahren sollte, dann gab ich Gas. Ich hatte schon wieder so viel Zeit verschwendet.
 

Ein gutes Stück entfernt und von Tsuna unbemerkt sah eine kleine Gestalt ihm aus dem Fenster nach. "Und du bist dir wirklich sicher, dass wir ihn nicht aufhalten sollten?", tönte Dinos Stimme mechanisch aus dem Telefon in der Hand der Person, in dem man mit einer Fantasie immer noch Leon erkennen konnte. "Ja", meinte Reborn und hob Leon zurück an sein Ohr, nachdem er eben in seine Beobachtung versunken weggestarrt und den Arm sinken lassen hatte. "Ich glaube, unser Dame-Tsuna fängt langsam an, selbstständig zu denken. Anscheinend hat er doch was gelernt. Jeder Boss denkt erst an das Wohl seiner Untergebenen, dann an sein eigenes."
 

Das Motorrad fuhr vollkommen geräuschlos, genau wie immer, deshalb überraschte es mich auch nicht, dass ich in der Ferne eine Kirchturmuhr schlagen hören konnte. Einmal. Zweimal. Immer wieder, mit tiefen vollen Schlägen, die die ganzen Stunden angaben. Zehnmal. Elfmal. Zwölfmal. Mitternacht.

Und während ich so mit lauter Verbänden und zerstörten Mafia-Ringen in einem verbluteten Anzug auf einem Zukunfts-Motorrad mit Todeswillenflammenantrieb aus unserem Geheimkeller durch die nachtschwarzen Straßen fuhr, wurde mir auf einmal bewusst, dass uns jetzt nur noch vier Tage blieben.

Wie lang ein Name sein darf

Soo~, ihr seht, ich lebe noch wieder. Tut mir wirklich leid, dass ich dieses mal so lange gebraucht hab! Kommt auch nie wieder vor, ich versprech's... ><; //Oder hoffe es zumindest...// Ich bin nun mal leider der Typ Mensch, dem man erst mal einen Arschtritt verpassen muss, bevor ich endlich anfange zu arbeiten...^^;

Also, in diesem Kapitel kommen einige Spoiler auf diejenigen zu, die den Manga noch nicht bis zu Kapitel 298 gelesen haben, weil ich eine kleine Zusammenfassung eingebaut hab. Wer sich den Spaß nicht verderben will, sollte den Teil in den geschweiften Klammern (-> {...} ) auslassen, und der Rest kann es ganz normal mitlesen, und hoffen, dass er es versteht. Dürfte eigentlich auch ohne gehen, aber dann weiß man eben nicht, was alles passiert ist.

Und damit beende ich meine ewigen Vorreden und sage: Viel Spaß mit einem viel zu späten Kapitel! -^.^-
 


 

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
 

"Nein, ich bin mir wirklich ganz sicher, dass hier kein blauhaariges Mädchen mit einer Augenklappe und schweren Verletzungen eingeliefert wurde!" Die Schwester vom Empfang sah mich entnervt an, was wohl daran lag, dass ich schon mindestens fünf mal nachgefragt hatte, ob sie sich auch wirklich sicher war. Außerdem hielt sie mich, glaube ich, für verrückt. Aber wenigstens fragte sie mich nicht, ob sie einen Arzt für mich rufen sollte, wie die Schwestern in den beiden Krankenhäusern, in denen ich vorher schon gewesen war. Aber auch in diesem hier war Chrome wohl nicht.

"Danke für die Auskunft", murmelte ich resigniert und verließ das Krankenhaus und die Schwester, die wahrscheinlich überglücklich war, mich endlich wieder loszuwerden.
 

An meinem Motorrad warf ich einen Blick auf das GPS und seufzte. In Namimori gab es wirklich haufenweise Krankenhäuser, Ärzte und ähnliches. Erst hatte ich mich gefragt, wo sie denn genug Patienten für sich alle auftreiben wollten. Dann war mir Hibari-san eingefallen. Und Reborn. Und Gokudera-kun. Und dass hier ganz generell eine Menge Mafiosi herumspazierten. Und so schön das für die ganzen Mediziner auch war, für mich kam es im Moment wirklich äußerst ungelegen.

Ich ließ einen weiteren verzweifelten Blick über den kleinen Bildschirm gleiten. Lauter leuchtende Pünktchen, die mir sagten, dass Chrome dort sein könnte. Aber an diesem Pünktchen war sie wahrscheinlich nicht, an dem wohl auch nicht, da auch nicht, da auch nicht, da auch nicht, an dem auch nicht und da konnte sie gar nicht sein...

Dort.

... Wieso sollte sie dort sein? Meine Gedanken schienen gerade eben von alleine beschlossen zu haben, dass Chrome dort war. Nur leider war dort nicht mit einem dieser kleinen, leuchtenden Pünktchen markiert, und darum war sie auch höchstwahrscheinlich nicht dort. Dämliche Gedanken.

Etwas nachdenklich tippte ich auf den blauen, ein Haus darstellenden Block, den meine Gedanken zu dort ernannt hatten.

In diesem Moment beschlich mich zum ersten mal der Verdacht, dass auch dieses GPS etwas mit der Mafia zu tun hatte. Es zeigte mir nämlich alle Daten über dieses Haus an, einschließlich Höhe, Erbauungsdatum und Einbruchsmöglichkeiten, und auch alle Daten über die Personen, die innerhalb der letzten zwanzig Jahre darin gelebt hatten. Und mit alle meine ich alle: Name, Beruf, Größe, Gewicht, Alter, Geburtsort, Geburtstag, Blutgruppe, Telefonnummer, Handynummer, Faxnummer, Emailadressen, Verwandte, Freunde, Bekannte, Arbeitskollegen, Hobbys, Ängste, Haarfarbe, Augenfarbe, Lieblingsessen, Lieblingsgetränke, Urlaubsziele und den ganzen Kram bis hin zu Allergien, Browserverläufen, der Anzahl der Zehen und dem Testament. Schon mal ein GPS gehabt, das Testamente anzeigt? Tja, ich jetzt leider schon.

Dann kam der Verdacht, dass Reborn das Ding höchstpersönlich programmiert hatte, hauptsächlich wegen der Einbruchsmöglichkeiten und des Testaments.

Zuletzt kam dann noch der Verdacht, dass dieses GPS kaputt war oder Reborn mich irgendwie auf den Arm nehmen wollte. Der Name des momentan einzigen Bewohners von dort war nämlich etwas... seltsam. Sein Vorname war Shu - so weit nichts gegen einzuwenden. Sein Nachname lautete anscheinend Kitabetsunobunagakajiromorikumihanashiroukozupochimoramukaorikishiminazemikou-hokantouhochinizousshikyouru. Und dagegen hatte ich etwas einzuwenden.

Trotzdem war irgendein Teil von mir anscheinend immer noch fest davon überzeugt, dass Chrome bei Kitabetsunobunagakajirowurstmitpommesirgendwasoderwieauchimmer Shu war.

Ich studierte die angezeigten Daten etwas genauer - wobei ich die Einbruchsmöglichkeiten und das Testament großzügig ausließ - und entdeckte dabei etwas äußerst Interessantes. Dorts Bewohner hatte nämlich mal Medizin studiert und das Studium mit einem glänzenden Ergebnis abgeschlossen, auch wenn er dann später Meteorologe geworden war. Folglich könnte er Chrome vielleicht helfen, sollte sie zu ihm gebracht worden sein. Aber das war nun mal verdammt unwahrscheinlich.

Ich seufzte schicksalsergeben auf, bevor ich mich mit einer Mischung aus Schicksalsergebenheit, Verzweiflung und Genervtheit wieder auf mein Motorrad setzte.

Ich hatte mich entschieden, auf den seltsamen Teil meines Gehirns zu hören.

Ich würde nach dort fahren.
 

Das Haus von Kitabetsunobunagaunddenresthabichvergessen Shu unterschied sich nicht wesentlich von anderen Häusern, es hatte einen hellen Anstrich, einen kleinen, aber dafür sehr gepflegten Vorgarten, und ein kleines gelbes Auto stand davor auf der Straße. So an sich wirkte das Ganze eigentlich nicht so, als hätte sein Bewohner irgendetwas mit der Mafia zu tun. Aber jetzt hatte ich mich bereits entschieden, meine kostbare Zeit mit einem absolut hirnlosen Trip hierhin, auch bekannt als dort, zu verschwenden, da konnte ich dort auch gleich mal etwas genauer untersuchen. Ich hielt an, stieg vom Motorrad und klingelte.

...

Stille.

Natürlich, jeder normale Mensch schlief um diese Uhrzeit schon längst.

Langsam wurde ich nervös und hämmerte immer heftiger und schneller auf die Klingel ein, bis ich mir sicher sein konnte, jedes nicht taube Geschöpf in diesem Gebäude geweckt zu haben.

Erst ging im ersten Stock in einem Zimmer das Licht an. Dann hörte ich eilige Schritte eine Treppe herunterlaufen, bis sich vor mir die Tür öffnete und ein äußerst verwirrter, müder und genervter Mann mich mit einem "Was fällt dir ein, mich um diese Uhrzeit aus dem Bett zu holen"-Blick ansah.

Den Daten meines GPS' nach zu urteilen - 28 Jahre alt, dunkelbraune Haare, graue Augen, Brillenträger - war dieser mich wahrscheinlich bereits jetzt hassende Herr Kitotsu... Kitetsu... Kitatsu... der Mann mit dem Medizinstudium.

"Was willst du hier, Junge?", fragte er mich in einem nicht gerade herzerwärmenden Ton, der mir irgendwie Angst machte.

"Äh... ich... äh... s-sind Sie Kitabetsunobunaga...kajiro...", ich warf einen möglichst unauffälligen Blick auf das Display meines GPS', "...morikumihanashiroukozupochimoramukaorikishiminazemikouhokantouhochini-zousshikyouru Shu?"

Der Mann sah mich etwas kritisch an. "Ja, der bin ich, Junge. Nenn mich ruhig Shu, bevor du noch mal auf dein Spickzettelchen da schauen musst. Und wer bist du?"

...Das war kein 'Spickzettelchen', sondern ein Testamente anzeigendes GPS! Mal ganz abgesehen davon, dass das mit dem Abschauen wohl kaum meine Schuld war, sondern wohl mehr an dem Namen an sich lag. Aber jetzt musste ich mir vorerst viel eher Sorgen darum machen, was ich auf Kitabetsunobu... Shu-sans Frage antworten sollte. Ich musste schlucken und tief Luft holen, ehe ich mich dazu durchringen konnte, die Worte auszusprechen, die in dieser Situation wohl nötig waren.

"Sawada Tsunayoshi, geplanter Vongola Decimo."

Shu-san sah mich an. Sein Blick durchbohrte mich förmlich auf der Suche nach meinem Verstand, den er wahrscheinlich für nicht vorhanden hielt, und die Ungläubigkeit darin ließ mich noch weiter einschrumpfen, als ich es bei der Antwort bereits getan hatte.

"Aha... und... was willst du hier? Um diese Zeit?" Er fragte zwar völlig logisch weiter, aber ich sah ihm dennoch an, dass er mich für verrückt hielt. Veständlich.

"Ich fürchte, das werden Sie mir nicht glauben", antwortete ich kleinlaut und schrumpfte weiter, da es mir ja schon leider nicht vergönnt war, einfach im Boden versinken zu können.

Der Mann vor mir begann zu grinsen. Ich hatte gar nicht gewusst, dass meine Antwort so lustig gewesen war... "Würde mich aber trotzdem interessieren, wenn ich dafür schon extra geweckt werde."

"Nein... also... ach, wissen Sie, so wichtig ist das alles eigentlich auch wieder nicht..." Ich hob abwehrend die Hände und machte ein paar Schritte zurück. Die ganze Situation wurde mir allmählich richtig unangenehm, ganz besonders, weil Shu-san auf mich wirklich nicht so wirkte, als hätte er irgendetwas mit der Mafia zu tun. Ich wollte am liebsten verschwinden, wenn schon nicht im Boden, dann wenigstens mit dem Motorrad. Allerdings konnte ich auch nicht einfach wieder gehen, ohne die alles entscheidende Frage zu stellen, wegen der ich überhaupt erst hierhergekommen war. Also riss ich mich - so gut es eben ging - zusammen, holte erneut tief Luft und fragte dann: "Shu-san, haben Sie heute oder vor ein paar Tagen vielleicht ein irgendwie merkwürdig aussehendes, blauhaariges Mädchen mit schweren Verletzungen behandelt?"

Shu-san sah mich ziemlich perplex an. Das konnte entweder an meinem abrupten Themenwechsel oder aber an der wahrscheinlich etwas seltsamen Frage liegen. Wahrscheinlich war es eine Mischung aus beidem. Nach einigen Momenten des Schweigens seufzte er und lehnte sich am Türrahmen an, als würde er erwarten, dass das hier länger dauern könnte. "Also kennst du sie?"

"Wie?"

"Wie?"

Das Gespräch war gerade sinnfrei geworden. Das lag wahrscheinlich an meinem äußerst unpassenden 'Wie?'. Aber es war eben einfach zu... verwirrend. Ich war quasi aufs Geratewohl hier hin gefahren und schien mit dieser Hirnlosigkeit doch tatsächlich Erfolg gehabt zu haben. Das war... seltsam. Sehr seltsam sogar. War es das, was Reborn die ganze Zeit über als Hyper-Intuition bezeichnet hatte? Vielleicht, wer weiß... Ja. Das schienen meine Gedanken gerade wieder für sich entschieden zu haben. Was soll's, solange ich nicht anfing, Stimmen zu hören...

"A-Also war sie hier?!", fragte ich atemlos, als ich meine Verwirrung endlich überwunden hatte.

"Wenn wir von dem gleichen Mädchen sprechen, dann... nein."

... Was für eine Antwort war das denn jetzt bitte schön?!

"Wie~?!"

"Nun ja, sie war nicht hier... aber ich habe sie behandelt. Vor zwei Tagen sind hier plötzlich lauter seltsame Kinder aufgetaucht und haben mich mitgenommen, um dieses Mädchen zu behandeln. Das habe ich gemacht, und dann haben sie mich wieder gehen lassen..."

"Mafiosi."

"Was?"

"Diese Kinder sind Mafiosi", wiederholte ich. Nun war er damit an der Reihe, mich wieder verwirrt anzustarren.

"Mafiosi...? Diese kleinen Kinder sollen Mafiosi gewesen sein?" Shu-sans Stimme wurde im Laufe des Satzes immer ungläubiger.

"Ja, sogar besonders starke", bestätigte ich, auch wenn das die ganze Sache für ihn bestimmt nicht einfacher zu verstehen machte.

"Und dieses Mädchen gehört dann also auch zur Mafia?"

"Ja. Sie heißt Chrome."

"Und du auch?"

"Ja, ich hab' doch gesagt, dass ich der Vongola Decimo bin."

"Ich kann kein Italienisch..."

"Ich eigentlich auch nicht." Ich lachte nervös. Vielleicht, um die Stimmung etwas aufzulockern, vielleicht aber auch, weil ich mir im Moment einfach so unsagbar bescheuert vorkam. Irgendwann tauchte dann auch in Shu-sans Gesicht etwas auf, was man vielleicht als den Ansatz eines Lächelns bezeichnen konnte. Und nach einigem weiteren nervösen Lachen schien er dann wohl entschieden zu haben, dass ich - trotz dem, was ich ihm hier gerade erzählte - wohl doch zurechnungsfähig war.

"Also gehört dieses Mädchen... die Chrome... zu denen?"

"Nein, sie gehört zu uns."

"Und ihr und die seid Feinde?"

"N-Nein... das kann man so nicht sagen... sie werden uns nur in vier Tagen umbringen..." Ich weiß, die Antwort kann ein wenig sinnfrei wirken. Aber ich brachte es immer noch nicht über mich, Enma-kun und die anderen als unsere Feinde anzusehen.

Shu-san hob bei meiner Antwort kritisch eine Augenbraue. So viel zum Thema zurechnungsfähig. "Und warum haben die sie dann von mir behandeln lassen, wenn sie doch zu euch gehört?"

Ich schwieg kurz. Ich wusste, dass meine Antworten, je weiter er fragte, immer unrealistischer werden würden. Aber ich konnte es mir im Moment wohl auch nicht leisten, irgendeine, vielleicht nicht ganz so unrealistische Lügengeschichte zu erfinden. "Einer von denen steht auf sie und hat sie mitgenommen...", murmelte ich kleinlaut, mit einem Blick auf Shu-san Augenbraue, die weiter in die Höhe wanderte.

"Aha...", meinte der, in einem Tonfall, der deutlich machte, dass er mir gerade kein Wort glaubte.

"Ähm, also...", begann ich vorsichtig, "ich weiß, dass für Sie wahrscheinlich gerade alles, was ich sage, so klingt, als müsste ich dringend mal zu einem Psychiater oder so was, aber... könnten Sie mir vielleicht sagen, wo Chrome jetzt ist?"

"Weißt du, Junge... Tsunayoshi-kun...", murmelte Shu-san in seinen nicht vorhandenen Bart und starrte dann eine ganze Weile lang mit zusammengezogenen Augenbrauen ins Nichts. Nach einigen Minuten, die sich bei meinem Zeitdruck anfühlten wie eine Ewigkeit, seufzte er schicksalsergeben auf. Es war das gleiche schicksalsergeben Seufzen wie das, mit dem ich auf mein Motorrad gestiegen war, um nach dort zu fahren. Das schicksalsergeben Seufzen, das man seufzte, wenn man sich entschieden hatte, wider besseren Wissens eine riesengroße Dummheit zu begehen. Mit anderen Worten, das Seufzen eines Mannes, der soeben beschlossen hatte, einem scheinbar verrückt gewordenen Jungen dabei zu helfen, ein schwer verletztes Mädchen von einer unglaublich starken Mafiafamilie zurück zu entführen. "Na schön, ich helf' dir, Junge. Aber zuerst möchte ich mal wissen, worauf ich mich da überhaupt einlasse."

Das war gut. Der nächste Schritt zu Chromes Rettung war getan.
 

Also begann ich und erzählte Shu-san die wichtigsten Punkte meiner unfreiwilligen Mafia-Karriere im Schnelldurchlauf: wie und warum Reborn zu mir gekommen war, wie ich mir eine Famiglia zusammengestellt hatte, wie wir erst gegen Mukuro und anschließend gegen die Varia hatten kämpfen müssen, und wie wir uns in der Zukunft mit der Millefiore-Famiglia hatten herumschlagen müssen, um endlich wieder in diese Zeit zurückkehren zu können. Ab da wurde ich etwas ausführlicher, denn nun ging es um den Kampf, in dem wir gerade noch drin steckten.

{"Vor einer Weile sind dann sieben Austauschschüler zu uns an die Schule gekommen, die in Wirklichkeit Mitglieder der Shimon-Famiglia sind. Der Boss ist ein Junge names Kozato Enma, der mir irgendwie ziemlich ähnlich ist. Und dann sind da noch Shitt P. - Gokudera-kun ist sie steif und fest davon überzeugt, dass sie ein UMA ist -, Mizuno Kaoru - Yamamoto ist mit ihm im Baseball-Club -, Ooyama Rauji - versteht sich überraschend gut mit Lambo -, Aoba Kouyou - genau so ein Sport-Freak wie Onii-chan -, Suzuki Adelheid - führt wie Hibari-san ein sehr fragwürdiges Disziplin-Komitee an - und Katou Julie, der wohl irgendwie schrecklich auf Chrome steht.

Erst waren wir eigentlich richtig gute Freunde. Sie haben sogar bei dieser komischen Bodyguard-Idee mitgemacht, mit der Gokudera-kun verhindern wollte, dass irgendein feindlicher Auftragskiller mich umbringt. Es war nämlich Zeit für meine offizielle Ernennungszeremonie zum zehnten Boss der Vongola... Aber dann hat Yamamoto wohl irgendetwas über sie herausgefunden und ist fast umgebracht worden. Er liegt gerade im Krankenhaus und ist noch nicht wieder aufgewacht.

Ich habe die Zeremonie dann mitgemacht, obwohl ich eigentlich immer noch kein Mafiaboss sein will, aber das war die beste Chance, den Täter zu finden. Bei der Zeremonie wird die 'Sünde' übergeben, angeblich das Blut vom ersten Boss der Vongola. Enma-kun und die anderen sind aufgetaucht, haben gesagt, dass das Blut vom ersten Boss ihrer Famiglia stammt, damit ihre Ringe verstärkt, uns und die Zeremonie kurz und klein gehauen und anschließend unsere Ringe zerstört. Wir sind alle ohnmächtig geworden, Katou Julie hat Chrome mitgenommen und wir sind ins Krankenhaus eingeliefert worden. Das ist inzwischen alles drei Tage her, die haben gesagt, dass sie in einer Woche wiederkommen und uns endgültig umzubringen, und darum haben wir jetzt nur noch vier Tage um uns irgendwas Tolles einfallen zu lassen.}

Und weil ich finde, dass das am wichtigsten ist, bin ich jetzt zuallererst auf der Suche nach Chrome!"

Damit schloss ich meine Rede und sah Shu-san ernst an. Der wirkte auf mich reichlich verwirrt, aber wenigstens schien er mir zu glauben. Teilweise zumindest.

Die nun eintretende Stille war schrecklich. Es lag nicht wirklich an der Stille selbst, sondern daran, dass ich jetzt wieder daran denken musste, wie schwer all meine Freunde doch verletzt worden waren. Und der Gedanke daran war schmerzhafter als meine körperlichen Verletzungen.

Irgendwann atmete Shu-san tief aus. "Also, Junge, wenn das, was du mir da gerade erzählt hast, stimmt - und so etwas wirst du dir wohl kaum einfach alles ausgedacht haben -, dann müsste ich wohl ein ziemlicher Unmensch sein, wenn ich dir jetzt nicht helfen würde. Als ich dieses Mädchen behandelt habe, war sie in einem Kellerraum von einer stillgelegten Fabrik in Sagashou eingesperrt. Und da sind überall solche Anzugmänner herumgelaufen, wenn ich du wäre, würde ich mich von denen fernhalten. Und jetzt entschuldige mich, ich gehe wieder schlafen. Vielleicht wache ich ja morgen früh auf und darf feststellen, dass das alles nur ein Albtraum war..."

Ich sah ihm nach, als er gähnend wieder im Haus verschwand. "Vielen Dank, Shu-san!"

"Ja ja... jetzt sieh zu, dass du endlich wegkommst!"
 

Und so fuhr ich weiter, zu unserem Nachbarörtchen Sagashou. Ich musste wohl nicht nur Shu-san danken, sondern auch meiner Hyper-Intuition, die mich überhaupt erst zum Haus von Kitabetsunobunagakajiromorikumihanashiroukozupochimoramukaorikishiminazemikou-hokantouhochinizousshikyouru Shu geführt hatte.

... Ja, ich hatte den Namen wieder vom GPS ablesen müssen...



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Kommentare zu dieser Fanfic (14)
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Von: abgemeldet
2011-05-11T20:14:44+00:00 11.05.2011 22:14
richtig cool
wie doku.chan sagt =
tsuna ist ein armes schwein xDDD

das richtig tolli nja hoffe die nächsten sind auc sao toll wie dieser
LG kim-chan
Von: abgemeldet
2011-05-11T20:12:28+00:00 11.05.2011 22:12
ooooooooooooh dino
war ja kla das da wieda was ist xDDDDD
aba so ist dino-san halt (was mich stolz macht denn bin ich net die einzge)
ja also gefallen tut es mia seeeeeehr
sowie doku-chan stelle ich das grade mia vor und ich glaube das ic heute davon träumen werdenxDDDDD
nja
LG DEINE und doku-chans KIM-CHAN
Von: abgemeldet
2011-05-11T20:06:12+00:00 11.05.2011 22:06
wow
ich habe es geschafft es biss hier hin schonma zu lesen freu michs chon aufs nächste kapitel xDDD
mich mahct der name angst wie kommst du auf so nen verückten/komischen/langen namen ???
ich bin ac der meinung das ein dieter gereicht hätte xDDD
nja schon i-wie witzig ich konnte es gar net lesen ich denn angefangen und denn nua noch rübergeflogen xDDDD
nja aufjedenfall
würde mich ac ma auf nem pairing freuen
du weiß hoffentlich das es mia egal ist ob es hetero oda shojo-ai oda shonen-ai ist ^^ ich mag alle drei gerne
bervorzugen tu ich zwar shonen-ai aba nja die andren beidn sind auc tolli
nja
LG DEINE und doku-chans KIM-CHAN
Von: abgemeldet
2011-05-02T04:40:22+00:00 02.05.2011 06:40
Hallo. Ich setzte denn auch mal ein kommi^^
Ich persönlich finde deine Geschichte gut denn sie zeigt mal was Tsuna kann und das es garnicht so doof ist. Aber das hatt ja viel mit seine Hyper Intution zu tun. Vongola vorraus*lach*. Auf jedenfall solltest du weiter schreiben. Deine Geschichte hatt auch noch was. Sie ist Lustig und verspricht Action.
Ich hoffe auch das es ein Parring geben wird. Aber bitte nur Hetero, die sind viel besser finde ich. Wünsche dir noch viel spaß beim schreiben.

mfg

AnimeLeser
Von: abgemeldet
2011-02-23T17:59:27+00:00 23.02.2011 18:59
Hey
Ich habe mich nun ja auch mal durchgerungen dier einen kommentar zu hinterlassen. *lach
Die story ist einfach fantastisch!!!!
als ich das erste kapitel gelesen habe dachte ich mir (schon wieder ne storry wo er so schwach und ein rießen feigling ist)
Ich liebeeeeeee es wen er die instinctive ergreift und stark ist!!!
also ist deine story schon jetzt mein favorit von allen!!!!!
den namen finde ich lustig aber vieleicht etwas zu lang!
ich kann es immer noch nicht glauben dass er das fahzeug fahren kan sein erster versuch war ja schrecklich*sorry etwas abgeschweift.
ich hoffe das du schnell weitermachst ich freu mich auch schon rießig auf ein neues kapittel!!!
lg s
Von:  Akashl
2011-01-21T14:46:42+00:00 21.01.2011 15:46
Oo
Alles klar ich habs gelsen! Ehrt mich ich habs endlich gelesen nyhahaha~
Ok jetzt mal wieder normal..ähm ne nicht normal sondern halt wieder so....ist ja auch egal!
So jetzt der kommentar xDDD
Ya ich konnte das in der klammer mitlesen hey ich bin so toll xDDD
ich mag das kapitel nur eins stört mich...
Wie kann jemand so einen namen besitzen?
Warrum nennst du ihn nicht ein fach Heinz oder Dieter aber nein er muss ja...
KatabokuwhateveristmirauchrechtegalichhabdengesamtennamenvergessenfailxD
heißen xDDDD
Aber das verleiht demj kapitel schon wieder etwas witz xDDD
Also schreib schön weiter sonst kriegst du ärger!

LG Ich!
Von:  Sherry-Yumi
2010-08-27T13:51:54+00:00 27.08.2010 15:51
Eine wirklich geniale Idee mit super Umsetzung!
Ich bin total begeistert von dieser Story! *__*
Dein Schreibstil ist echt awesome und es macht wirklich Spaß das alles aus Tsunas Sicht zu lesen. Ich wurde direkt in einen Bann gezogen und konnte nicht mehr aufhören weiter zu lesen!
Eine wirklich schöne Idee :)
Gefällt mir echt gut und ich werde es weiter verfolgen!^^
Also ich hoffe das du ganz schnell weiter schreibst! :)
glg Sherry
Von:  Akashl
2010-07-29T19:20:41+00:00 29.07.2010 21:20
Das ist echt geil geworden!
Oh man dino bist du peinlich xDDD
aber mir gefällt es sehr gut!
ich stell mir das ganze die ganze zeit vor das ist so hammer!
Von:  Akashl
2010-07-29T12:55:12+00:00 29.07.2010 14:55
Wie geil!
tsuna ist so ein armes schwein xDDDD
ich mag das Fanfic ist richtig lustig und seine dummen ausreden xDDDD
freu mich drauf wenn es weiter geht....

LG D0KUR0

Von:  Umimugi
2010-07-19T18:51:54+00:00 19.07.2010 20:51
Hey, ich finds total genial! Eine tolle FF und ein tolle Kapitel! >u<
Sehr schön beschrieben, besonders eben Tsunas Gedanken und auch die Tatsache, dass es nur noch fünf Tage sind, bis Shimon eben die volle Kraft nutzen kann und alles!

Aber ich hoffe, dass Yamamoto wieder laufen kann und sich wieder aufrafft. Es klingt so grausam zu lesen, ob er überhaupt jemals wieder was machen ;A;

Auf jeden Fall freue mich schon auf die Fortsetzung und würde mich über eine Ens freuen <3

Liebe Grüße
Mugi


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