Inspector Black und das Mysterium des toten Zwillings von Leia_de_Flourite (Eine KuroFye-FF (Kap.10 lädt)) ================================================================================ Kapitel 4: Dialog zu dritt -------------------------- Disclaimer: Alle Charaktere sind Bestandteil des CLAMPversums und gehören nicht mir, ebenso wenig wie die Songtexte oder Zitate, die ich verwende. Ich will kein Geld machen, ich will nur unterhalten. -- Didn’t want to feel again This heart has had enough Desperate hurting all alone […] All I want is someone to tell me I’m crazy It just might save me Stanfour – this is life without you -- Lügen war eine Kunst, zumindest wenn man es zu Geld machen wollte. Wenn man schrieb war es unwichtig, wie viele Lügen man auftischte, so lange es glaubwürdig blieb. Lesen war Hypnose, die einfachste Form der Telepathie, bei der man völlig Unbekannte an einen Ort mitnahm, an dem sie noch nie waren. Das funktionierte natürlich nur, so lange der Leser sich darauf einließ, so lange er den Worten glaubte. Wenn man aufhörte zu glauben, war der Bann gebrochen. Und der Trick beim effektiven und glaubwürdigen Lügen bestand darin sich auf die Dinge zu verlassen, die man wusste. Drei Männer – ein Büro. Ein Großraumbüro genauer gesagt, das die drei Schreibtische der Mordermittler, zwei weiße Tafeln und ein Sofa beinhielt. Entgegen der Bezeichnung war es nicht wirklich groß, Yuuko Ichihara gab nämlich nur das Nötigste an Budget aus. Der größte Schreibtisch gehörte natürlich Kurogane und Fye saß auf der Seite eben jenes Schreibtisches, die für Fremde vorbehalten war; der Inspector und sein jüngerer Kollege ihm gegenüber. Syaoran hatte Papier und Kuli gezückt und schaute aus seinen rehbraunen Augen erwartungsvoll drein. „Für’s Protokoll, das hier ist eine Befragung, kein Verhör, Sie sind also nicht festgenommen. Sie können jederzeit gehen, wenn Ihnen danach ist. Haben Sie das verstanden?“, begann Kurogane. „Mh-hm“, sagte Fye, was wohl einen Laut der Zustimmung darstellen sollte. Der Blonde verstand nur zu gut, dass die höflichen Worte kaum mehr als eine Floskel waren, dass Kurogane sich dann nur noch hartnäckiger die Informationen beschaffen würde, die er suchte. Man konnte gehen, ja – aber das würde die Sache nur hinausschieben und zudem Verdacht erregen. „Wann haben Sie ihren Bruder das letzte Mal lebend gesehen?“ Die Frage des Ermittlers klang etwas schroff und andere hätten sich vielleicht daran gestoßen, aber der Blonde wirkte entspannt, ein wenig in sich gekehrt. „Gesten Abend. Bevor er ausging.“ „Und wann war das?“, hakte der Schwarzhaarige nach. Fye legte die Hände in den Schoß und starrte eine Weile darauf, grübelnd. „Direkt nachdem er gestern mit seinem Verleger telefoniert hatte, also gegen neun Uhr“, brachte er schließlich hervor, „Yuui hatte es ziemlich eilig und ich weiß noch, wie er mich angebettelt hat, ihm für das Gespräch mein Handy zu leihen. Wir haben kein Festnetz, weil seine Fans immer die Nummer heraus finden und dann permanent anrufen. Tja, und sein eigenes Handy hat er ständig verlegt.“ Syaoran machte sich eine Notiz, die Gesprächsnachweise zu überprüfen, während sein Vorgesetzter fortfuhr: „Hatte er gesagt, wo er hin wollte oder mit wem er sich traf?“ „Nein.“ Die Augenbraue des Größeren schnellte augenblicklich in die Höhe ohne dass er sich auch nur die Mühe machte, seine Überraschung zu verbergen. Er war nie gut darin gewesen zu bluffen oder zu schauspielern und in Verhören stellte das für gewöhnlich einen Nachteil dar. Nicht so bei Kurogane. Die Leute wurden nervös, wenn sie merkten, dass er ihnen nicht glaubte. Das kombiniert mit einem gut platzierten unangenehmen Schweigen hielt die Leute am Reden. Momentan beschloss er, mit offenen Karten zu spielen. „Sie erwarten also ernsthaft, dass ich glaube, Ihr Zwillingsbruder“ – die Hauptbetonung lag auf dem Wort Zwilling – „mit dem Sie zusammen gelebt haben, hat Ihnen nicht gesagt, was er vorhatte?“ „Ich erwarte gar nichts von Ihnen“, antwortete der Blonde. Und Syaoran blickte irritiert von seinem Block auf. Selbst er hatte die Kälte in der Stimme des Blonden bemerkt. Für einen Moment und mit diesem ernsten Gesichtsausdruck wirkte Fye tatsächlich älter als der Mann, der ihn gerade verhörte. Wirkte so alt, wie er tatsächlich war. Dann zog dieser Augenblick vorbei wie ein Schatten und die feinen Gesichtszüge des Blonden ließen ihn wieder wie einen Studenten aussehen. Kurogane ballte die Hände zu Fäusten und kniff seine Augen zusammen, sodass die roten Iriden noch intensiver leuchteten. Keine Regung im Gesicht seines Gegenübers. „Haben Sie ihn nicht gefragt, mit wem er sich treffen wollte?“, fragte Syaoran-kun vorsichtig. Der brünette junge Mann hatte ein ungutes Gefühl und war sich nicht sicher, was geschehen würde, wenn sich das Schweigen noch länger ausbreitete. Es war, als hätte man einen Schalter umgelegt. Fye de Flourite gab sich plötzlich freundlich und entgegen kommend: „Natürlich. Aber mein Bruder wollte nicht antworten, also habe ich ihn nicht gedrängt. Ein Zwilling zu sein ist manchmal etwas schwierig...“ – Syaoran schmunzelte ob dieser Worte – „...besonders, wenn man charakterlich so grundverschieden ist wie wir. Die Leute neigen dazu, uns gleich zu behandeln, deshalb hatten Yuui und ich einen Deal.“ Fye machte eine kurze Pause. Seine Zungenspitze fuhr die Innenseite seiner Oberlippe entlang, zeichnete die Zahnreihe nach. ’Yuui und ich’. Das klang so falsch. „Mein Bruder hatte gestern ein Date, das konnte ich sehen. Wir haben uns vor langer Zeit darauf geeinigt, dass wir die Geliebten des Anderen nicht kennen lernen, so lange es keine ernsthafte Beziehung wurde. Man verwechselt uns oft. Hin und wieder haben wir uns einen Scherz erlaubt und das mit Absicht provoziert, aber nie wenn es um Gefühle ging. Wir wollten nicht, dass jemand verwirrt oder verletzt wurde. Darum habe ich nicht gefragt.“ Jemand. Kurogane war die Betonung auf diesem Wort aufgefallen. Jemand – das schloss die Zwillinge selbst mit ein. Und das bedeutete, dass sie bereits einmal verletzt worden waren. Das erklärte den Deal. „Mann oder Frau?“, fragte der Schwarzhaarige. Sein Gegenüber schien überrascht. Blinzelte. Und schwieg. „Was ist, haben Sie die Frage nicht verstanden?“, knurrte der Inspector, den dieses Verhalten deutlich nervte. „Sie“ – der Blonde zeigte auf Kurogane, so als wolle er den Größeren mit seinem Finger durchbohren – „sind kein Fan, nicht wahr?“ „Fan wovon?“ Dating? Homosexuellen? Heterosexuellen? Was wollte der Kerl von ihm? „Der Bücher. Yuuis Bücher.“ „Beantworten Sie einfach die verdammte Frage!“ Kurogane wurde unwirsch. Seine nicht vorhandenen literarischen Vorlieben gingen ja wohl keinen was an! Fye kniff die Augen zusammen und zog eine Schnute, die ihn wie eine lauernde Katze aussehen ließ. „Kann ich mich darauf verlassen, das alles, was ich sage, in diesem Raum bleibt?“ Ein bisschen spät diese Frage zu stellen, mein Freund. Syaoran erwiderte die übliche Floskel: dass die Polizei von Clow City nicht beeinflussen könne, was die Presse schrieb, wenn sie erst einmal Wind von der Sache bekommen hatte, aber innerhalb des Reviers galt strikte Diskretion. Der Zwilling nickte und fuhr fort: „Es war ein Mann. Auf den offiziellen Fanseiten steht zwar, dass Yuui nicht schwul war, aber das hat Ashura-san, sein Verleger verlauten lassen, nachdem die ersten Gerüchte darüber auftauchten.“ „Hat Ihr Bruder sich etwa geschämt?“ Die zwei tiefblauen Augen hefteten sich auf den Schwarzhaarigen. Gekränkt? Wütend? Schwer zu sagen. „Keiner von uns beiden hat sich je dessen geschämt, was wir waren.“ „Warum dann?“ „Um mehr Bücher zu verkaufen, natürlich. Um das Image des amüsanten und romantischen Junggesellen am Leben zu halten. Yuui hatte fast ausschließlich weibliche Fans und bekam eine Flut von Liebesbriefen jeden Tag.“ Ein Wunder, dass er überhaupt ein Liebesleben hatte, wenn die ganze Welt ihn für hetero hielt. „Oh, nicht die ganze Welt, es gibt ja immer noch Leute wie Sie, Inspector, die ihn nicht kannten.“ Kurogane stutzte. Konnte der blonde Schlacks etwa Gedanken lesen? Ein Blick in Syaorans irritiertes Gesicht sagte dem Beamten, dass er die vorherige Bemerkung wohl laut ausgesprochen hatte. Und was soll das überhaupt heißen, ’Leute wie mich?’ Und wieso zwinkert mir dieser Idiot gerade zu? „Also!“, rief Kurogane aus und starrte auf den Notizblock seines jungen Mitarbeiters, damit man nicht mitbekam, wie peinlich ihm diese Angelegenheit war. „Ihr Bruder verließ die Wohnung gegen neun und ging zu einem Date. Was hat Sie dazu bewegt ihn zu suchen? Und wie haben Sie ihn gefunden?“ „Ich wurde angerufen. Das war gegen... ich weiß nicht, so drei Uhr morgens. Die Rufnummer war unterdrückt und als ich ran ging, sagte mir eine tiefe Stimme, dass mein Bruder in ziemlichen Schwierigkeiten steckte. Man nannte mir eine Adresse und sagte, dass ich ihn lieber schnell abholen sollte, bevor ihm noch was zustößt. Und dann wurde aufgelegt. Es hätte auch nur ein Scherz sein können, aber das konnte ich nicht riskieren, nicht, wenn es um Yuui ging. Ich hab’ mir also das erstbeste angezogen, das ich fand und mir ein Taxi gerufen. Yuui hatte das Auto“, führte der kleinere Mann an. „Tja und dann... ich fand ihn und...“ Fye stieß ein kurzes und freudloses Lachen aus, aber der Ausdruck in seinen Augen lag im Schatten der blonden Zotteln. Es war schwer zu sagen ob ihm nach Weinen zumute war, aber die Art, wie er sich auf die Unterlippe biss ließ vermuten, dass dem so war. Fye schien mehr mit sich selbst zu reden, als er fortfuhr: „Er sah märchenhaft aus, finden Sie nicht? Fast wie Dornröschen oder Rapunzel... aber Rapunzel wurde enthauptet und Dornröschen vergiftet. Ich... ich wusste es sofort, als ich es sah. Ich musste nicht einmal nah heran gehen, es war die Art, wie seine Augen mich anstarrten, er blickte nie so, es war nicht... nicht real. Ich lief weg, in der Hoffnung.... ich weiß nicht, was ich hoffte, ich wollte nur nicht dort sein. Und das nächste, woran ich erinnerte, war, dass ich im Regen stand und...“ Zwei glutrote Augen im heran brechenden Morgen. Das war das Erste, an das er sich wieder entsann. Wie er unsanft auf die Beine gezogen und mit Worten bedacht wurde, die er gar nicht hörte. „Entschuldigung“, unterbrach Syaoran die Gedanken des Älteren, „aber heißt das, Sie haben nicht die Polizei angerufen?“ „Ich weiß es nicht.“ „Haben Sie die Polizei angerufen?“ „Sie haben ihn also gefunden, ja? Meinen kleinen Bruder...“ Richtig. Als Kurogane im Regen danach gefragt hatte, hatte er von dem Kleineren keine brauchbare Antwort bekommen, lediglich eine, die ihn hatte vermuten lassen... Der Inspector schalt sich selbst mit Regel Acht: Nimm nie etwas als gegeben hin. Prüfe es doppelt nach. [1] Der Blonde hatte eben nicht gelogen. Was den Rest betraf, da war der groß gewachsene Mann sich gar nicht so sicher. Für gewöhnlich durchschaute er Lügner sofort. Die Meisten, die etwas zu verbergen hatten, versuchten es hinter einer Maske aus Überheblichkeit oder erzwungener Emotionslosigkeit zu verstecken, aber dieser Mann... er beantwortete jede Frage offen und kooperationsbereit, einige mit diesem unheimlich falschen Lächeln. Unmöglich zu sagen, ob das nur Show war oder nicht auf seine momentane emotionale Lage zurück zu führen war. Aber... wie viel konnte ein Café-Besitzer schon zu verbergen haben? Um das beurteilen zu können, brauchte Kurogane mehr Informationen. „Okay. Wir werden ihre Wohnung, insbesondere die Räume ihres Bruders durchsuchen müssen. Einwände?“ Das Knurren, das diese Worte begleitete machte Fye klar, dass der Ermittler sich herzlich wenig um etwaige Einwände scheren würde. Er kam dem Blonden vor wie ein Hund, der sich ein Stück Fleisch geschnappt hatte und es nun Zähne fletschend verteidigte. „Heute noch?“, fragte Fye beinahe heiter. „Sicher! Je früher, desto besser.“ „Na wenn das so ist...“ – DA! Da war es wieder, dieses Grinsen und die Luft um das blasse Gesicht glitzerte schon fast vor aufgesetzter Heiterkeit – „... dann warte ich in der Zwischenzeit lieber hier, was?“ Einatmen. Ausatmen. Lächeln. Es war ganz einfach. Selbst Schriftsteller waren Teil eines Dienstleistungsgewerbes und das erforderte auch die Gabe zu lächeln, ganz egal, wie es im Inneren aussah. Der Kunde war König. Bei der Polizei legte man jedoch keinen Wert auf diesen Grundsatz. Fye beobachtete den misstrauischen Blick, den der Größere ihm zuwarf und nahm seinerseits eine Bewertung vor. Das Resultat: Erstaunlich. Misstrauen führte zum Hinterfragen. Und das war der Weg, der zur Wahrheit führte. Der Schwarzhaarige könnte ihm einige Probleme bereiten, so einfach würde er Fye nicht mit seinen Lügen davon kommen lassen, aber der Charakter des Größeren hatte auch seine Vorteile. Fye hatte Entschlossenheit in diesen roten Augen gesehen. Und wenn Kuro-chan sich tatsächlich nicht geändert haben sollte, wenn der Kern seines Wesens noch derselbe war wie vor vierzehn Jahren, dann steckte in diesem gebräunten, muskulösen Körper eine große Portion Ehrgeiz und Stolz. Der Inspector würde nicht ruhen, bis der Fall abgeschlossen war. Das war etwas, von dem Fye glaubte Gebrauch machen zu können. Er glaubte, Kurogane diesen Fall anvertrauen zu können, aber der Ermittler würde sicher nicht zulassen, dass man sich in diesen Fall einmischen würde. Keiner von Beiden wusste, dass es bereits um sie geschehen war. Nicht im emotionalen Sinne, doch die Fäden, die ihr Schicksal lenkten, hatten bereits angefangen sich zu verweben. Bald würden neue Verbindungen hinzukommen, Pakte geschlossen durch Worte oder durch Blut, die dazu führen würden, dass keiner den anderen mehr vergessen kann. Als Kurogane Suwa vierzehn Jahre alt war, bewahrten ihn die beherzten Arme eines jungen Schriftstellers vor einem Aufprall, der dem Jugendlichen einige ernsthafte Verletzungen eingebracht hätte. Nun, als er das doppelte dieses Lebensalters erreicht hatte, war es an der Zeit diesen Gefallen zu erwidern. Es war vorherbestimmt. Hitsuzen. -- To be continued... ~^.^~ -- [1] “Never take anything for granted – double check!“ Gibbs-Regel. ^^ Komm einfach nicht davon los. Für die, die vielleicht keine Scanlation gelesen haben (ich besitze den Manga trotzdem komplett): Hitsuzen ist jener Term, den Yuuko permanent verwendet und bedeutet so viel wie „inevitable“ (unvermeidlich) oder „meant to be“. Die Übersetzung, die in meinem Manga steht, ist „Fügung“, aber mit gefällt „meant to be“ am besten. Und... im nächsten Kapitel hat Syaoron endlich seinen großen Auftritt (Yeah! >.<) Ich habe nur Angst, dass er etwas OOC gerät, weil er bis jetzt in Shiritsu Horitsuba Gakuen nicht sehr oft aufgetaucht ist. Was den Titel des Kapitels betrifft... mir fiel partout nichts ein, aber es ging hauptsächlich um das Verhör und obwohl doch drei Leute im Raum sind, sind es eigentlich nur Fye und Kuro, die wirklich versuchen, das Wesen des Anderen zu erfassen, daher ein Dialog (= Zwiegespräch?) zu dritt. Fye hat natürlich einen Wissensvorsprung... aber hat er den nicht immer? O.O [...]„Maaah!”, mäkelte Fye herum und lehnte sich im Sitz zurück, die Arme ausstreckend. „Das ist doch aber langweilig. Und da wir uns jetzt öfter sehen...“ „Wer sagt, dass wir uns öfter sehen?”[...] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)