Inspector Black und das Mysterium des toten Zwillings von Leia_de_Flourite (Eine KuroFye-FF (Kap.10 lädt)) ================================================================================ Kapitel 3: Yuui und Fye ----------------------- Disclaimer: Alle Charaktere sind Bestandteil des CLAMPversums und gehören nicht mir, ebenso wenig wie die Songtexte oder Zitate, die ich verwende. Ich will kein Geld machen, ich will nur unterhalten. -- Einer von zweien liebt immer etwas mehr Einer von zweien schaut immer hinterher Einer von zweien fühlt sich schwer wie Blei und der Andere... Ich&Ich, „Einer von Zweien“ Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen. Lächeln. Denk nach! Seine Gedanken kreisten um das Handy. Fyes Handy, das sich in Yuuis Besitz befunden hatte, als der schwarzhaarige Inspector ihn aufgelesen hatte. Yuui, sich immer noch nach Willenskräften einredend, dass er derjenige sei, der in Kürze in der Leichenhalle liegen würde, hatte den gesamten Inhalt seiner Hosentaschen für die Dauer seines Aufenthalts am Eingang des Reviers abgegeben. Viel war es nicht gewesen, lediglich sein Hausschlüssel und Fyes kleines hellblaues Mobiltelefon. Yuui – „Fye“ – hatte es angestarrt wie ein fremdartiges Objekt, bis Tomoyo mit beruhigenden Worten auf ihn eingeredet und ihn zur Küche geführt hatte. Die junge Frau hatte sich mit den Worten entschuldigt, dass sie den Film ihrer Kamera in die Fotoabteilung bringen müsse. Also wartete er und versuchte die Gedanken und Erinnerungen zu ignorieren, die seinen Verstand plagten und die dabei immer zu einem Punkt zurück kehrten. Das Handy. Damit hatte es angefangen. „Also wirklich, es ist doch immer wieder dasselbe mit dir Yuui! Wo hast du es denn jetzt schon wieder liegen lassen?“, fragte Fye lachend. Er stand schon vor der Haustür, bereit zu gehen und warf einen letzten Blick in das Wohnzimmer, in dessen Mitte das rote Sofa stand, als er mit ansehen musste, wie sein älterer Zwilling sämtliche Kissen darauf umdrehte und hinter sich warf, als ginge es um sein Leben. Er versenkte sogar die Hände zwischen den Polsterritzen um sicherzugehen, dass sich das gesuchte Objekt nicht dort versteckte. „Ich hab’ es nicht verlegt. Ich sagte doch, dass es in diesem Haus Kobolde geben muss. Oder dieses Handy ist ein Transformer. Ein bösartiger Descepticon, der Freude daran hat, sich zu verstecken.“ „Ein Transformer. Genau. Es liegt nicht daran, dass du vielleicht schusselig bist.“ „Ah, verdammt. Ich hatte Ashura doch versprochen anzurufen. Er wollte mit mir noch die Termine für die Lesungen und die Signierstunden durchgehen“, jammerte Yuui. „Soll ich dich anklingeln?“ „Nein, ich hab’s vorhin ausgemacht. Glaube ich...“ murmelte es aus den Tiefen der Sofagarnitur. „Hier, nimm meins“, bot Fye an und kramte aus seiner Hosentasche ein kleines Mobiltelefon. Yuuis blonder Schopf tauchte auf der Rückenlehne auf und musterte das technische Gerät über die Distanz des Flurs hinweg. „Aber...“ Misstrauisch. „Jetzt nimm schon, ich brauche es heute Abend nicht. Die PIN kennst du ja inzwischen, du benutzt es ja oft genug.“ Yuui entging die verborgene Spitze nicht, aber etwas anderes fesselte seine Aufmerksamkeit. Der Schriftsteller verengte seine Augen wie eine Katze auf der Pirsch, sprang auf die Lehne, sodass das Möbelstück nach hinten umkippte und landete mit einem Satz vor seinem Bruder.[1] „A-HA! Was hast du denn vor, dass du dabei nicht gestört werden willst? Und...“ Yuui trat noch einen Schritt näher, schnuppernd. „... Ist das etwa Aftershave? Du hast ein Date und sagst mir kein Wort?!“ Fye konnte es nicht mehr leugnen, denn er war bereits rot angelaufen. „Du wusstest, dass ich ausgehen würde.“, verteidigte er sich, was seinen Bruder keineswegs zufrieden stellte. „Ja, aber nicht, dass es ein Date ist!“ „Yuui, wir hatten eine Abmachung.“ „Wie heißt er denn?“ „Sag’ ich dir nicht.“ „Wo hast du ihn kennen gelernt? Ist er eher sexy oder niedlich?“ Fye schwieg. Yuui schmollte. Er griff sich das Handy und kehrte dessen Besitzer den Rücken zu. „Ja, toll, mach dir nur einen schönen Abend und lass mich hier allein, ganz ohne Beschäftigung... ohne jemanden zum reden... ohne Liebe...“ Der jüngere und ruhigere der beiden de Flourites schmunzelte über dieses melodramatische Verhalten und lehnte sich gegen den Rücken seines Bruders, schlang die Arme um seinen Hals. Fye hauchte seinem Zwilling einen Kuss auf die Schläfe, sobald dieser den Kopf ein wenig zurück lehnte. „Warte nicht auf mich, Bruderherz. Es kann spät werden. Ich hab’ dich lieb.“ Es sollte spät werden. Zu spät. Ein scharfer Schmerz holte „Fye“ in die Wirklichkeit zurück und er bemerkte erst jetzt, dass sich seine Fingernägel regelrecht in die Handflächen gebohrt hatten und eine einzelne Träne über seine Wange rollte. Als er sich entspannte, blieben rote Halbmonde auf der Haut zurück. Jemand hatte ihm einen Tee vor die Nase gestellt. Tomoyo-chan? Er hatte es nicht bemerkt. „Fye“ versuchte mit dieser Erinnerung umzugehen. Sie passte nicht zu dem, was er sich selbst vorlügen wollte, aber im Moment war das nicht wichtig. Sein Verstand hatte sich noch nicht geklärt, nicht neu geordnet und so lange dieses Chaos existierte konnten zwei sich widersprechende Wahrheiten darin existieren. „Ist alles in Ordnung mit Ihnen?“, fragte eine Stimme, die zu einem jungen Mann mit zwei verschiedenfarbigen Augen gehörten, die hinter dünnen Brillengläsern verborgen waren. Das rabenschwarze Haar stand ihm an einigen Stellen ungebändigt vom Kopf ab. „Fyes“ Hirn erfasste die optischen Informationen und die Synapsen feuerten sofort. Watanuki-kun. „Verzeihung,“ setzte der Hinzugekommene an, als sein Blick träge erwidert wurde, „aber sind Sie nicht...“ „Fye de Flourite“, sagte der Blonde, bevor der Junge auf falsche Ideen kommen konnte, während sein Gehirn neuen Nachschub an Informationen lieferte. Leicht reizbar. Neigt zu Überreaktionen und schreit öfter laut in der Gegend rum. „Ich weiß ja nicht, für wen sie mich halten, aber Sie verwechseln mich sicher mit meinem Bruder.“ Bekannter von Shizuka Doumeki. Beschwert sich ständig, dass er Doumeki das Mittagessen zubereiten muss, tut es aber trotzdem jeden Tag wieder. Es war nicht nötig, nach Informationen über Doumeki-kun zu suchen, der Blonde erinnerte sich ganz genau an Ashuras persönlichen Assistenten. Watanuki-kun glaubte seine Lüge. Er selbst tat es nicht. „Ich bin übrigens Kimihiro Watanuki. Könnten Sie ihren Bruder für mich grüßen?“ Yuui kannte Watanuki nur flüchtig. „Yuui ist tot.“ Ein letzter Versuch, das empfindliche Verleugnungsgebilde aufrecht zu erhalten. Er kannte den jungen Mann, der gerade hastig Beileidsbekundungen zusammen stotterte. Und er kannte seinen Freund, Doumeki, weil der in Yuuis Verlag arbeitete. Fye kannte keinen von den beiden, weil Yuui sein Bestes getan hatte, seinen Bruder aus der ganzen Sache heraus zu halten, denn Fye war es unangenehm im Lichte der Aufmerksamkeit zu stehen. Und weil der Blonde wusste wer der Junge vor ihm war, konnte er nicht Fye sein. Er war nicht Fye, war es nie gewesen, aber er konnte auch nicht mehr Yuui sein. Und am Ende war es egal, wer er war oder wer von ihnen welchen Namen trug, denn nichts davon änderte den Fakt, dass sein Bruder tot war. Sein geliebter kleiner, bescheidener Bruder, der alle seine Launen ertrug, der einen himmlischen Karottenkuchen machen konnte und dem es unangenehm war dafür gelobt zu werden. Der mit einem Blick wusste, wie es ihm ging. Seine andere Hälfte, sein Gegenteil und Spiegelbild. Es war egal, wer von ihnen welchen Namen trug, denn sie waren immer zusammen gewesen, Yuui und Fye, trotz all ihrer Unterschiede. Und nun hatte man ihm seinen Bruder weg genommen, und er blieb zurück, nur noch die Hälfte seiner selbst. Seit 28 Jahren galt diese Wahrheit, dass Yuui und Fye zusammen gehörten. Der eine konnte ohne den anderen nicht sein. Der hinterbliebene Zwilling stand auf, schwankend. Ihm war so entsetzlich elend; ein Gefühl, das im Kopf begann und sich dann bis zum Magen ausbreitete. „Entschuldigung, Watanuki-kun, aber könntest du mir sagen, wo hier die Toiletten sind?“ „D-den Gang runter, gleich rechts“, stammelte der bebrillte Junge. Armer Watanuki. Die Antwort hatte ihn ziemlich vor den Kopf gestoßen. Der Blonde verließ die Küche, beschleunigte bei jedem Schritt das Tempo, bis er den Gang entlang hetzte, seiner Umwelt keine große Beachtung schenkend. Er stieß die Tür der Toilette auf und stürzte sch in die erste freie Kabine, bevor sich die Übelkeit entgültig seiner bemächtigte. Der schmächtige Mann hatte nichts zum Frühstück gegessen und so würgte er nur bittere Galle hervor, bis sein Hals davon brannte. Nach einiger Zeit, als sein Körper beschloss, dass er keine Kraft mehr für einen weiteren Krampf hatte, ebbte das Würgen zu kurzatmigem Schluchzen ab. Er sank in sich zusammen wie eine Marionette, deren Fäden man zertrennt hatte. Sein Bruder war die Fäden gewesen, das Band, das ihn an die Welt kettete, und wenn Fye nicht mehr da war, um ihn zu binden und ihn aufrecht zu halten, was hielt ihn dann noch in dieser Welt? Was sprach dagegen, ihm zu folgen? Fye, seine Motivation, sein erster Leser. „Du musst dieses Buch unbedingt an einen Verlag schicken!“ Fyes Stimme übertönte kaum das Rauschen des Wasserhahns in der Spüle, als er mit dem Kopf zu dem gebundenen Stapel auf dem Küchentisch deutete, während er eine Schüssel voll Erdbeeren abspülte. Sie waren für ihren Geburtstagskuchen gedacht. Die Zwillinge wurden achtzehn. Es war Zeit, sich Gedanken über die Zukunft zu machen. „Hm, ich weiß nicht, Fye, es ist nicht besonders gut“, murmelte Yuui der gerade versuchte, eine der Erdbeeren zu mopsen und dafür einen nassen Klaps auf die Finger bekam. Fye trocknete seine Finger an einem Handtuch ab. „Erzähl nicht so einen Unsinn. Es ist großartig. Bewegend, lustig, leicht zu lesen aber auch nicht zu oberflächlich. Glaub mir, Brüderchen, Schreiben ist das, was du am besten kannst.“ Es war auch das einzige, in dem Yuui Fye übertraf, das wussten Beide, auch wenn keiner es ansprach. Yuuis andere besondere Fähigkeiten lagen darin, Stimmen zu imitieren oder zu schauspielern. Aber da der ältere der beiden nie eine Schauspiel-AG belegen wollte, bestand keine Aussicht, von einem Talentsucher entdeckt zu werden. Und Synchronsprecher konnte Yuui immer noch werden, wenn das mit der Schriftstellerei nichts wurde. „Aber was, wenn ich berühmt werde, was ist dann mit dir? Dann musst du genauso berühmt werden, sonst macht es keinen Spaß! Hm... warte, wie wäre es mit Konzertpianist?“ „Du hast seit Jahren kein Klavier angerührt.“ „Ich spreche von dir. Du wirst Konzertpianist oder Fernsehkoch und ich ein Bestsellerautor. Dazu muss ich mir natürlich ein cooles Pseudonym zulegen, um die Leite zu verwirren. Was hältst du von Yvan D. Falcon? Oder Ytzakh Dean Ferris, oder...“ „Muss das sein? Kannst du denn nicht zu dem Namen stehen, den du dir selbst gewählt hast?“ „Aber... ich dachte... was spricht denn dagegen?“ „Es wäre eine neue Lüge.“ „Romane schreiben ist eine Lüge an sich. Man setzt sich hin und erfindet Personen, die nicht existieren und lässt den Leser Dinge glauben, die nie passiert sind.“ „Ja, aber du hast auch mal gesagt, dass man Bücher liest, um eine eigene Wahrheit darin zu finden. Dass man, wenn man genügend glaubwürdige Lügen aneinander reiht und fest genug daran glaubt, dass sie wahr werden, die einzige Realität geboren werden kann, in der jede einzelne dieser Lügen wahr ist? Und dass das nur möglich ist, weil der Mensch nur das als real empfindet, was er wahrnimmt?“ „Ja, schon...“, druckste Yuui herum, den Finger nachdenklich an die Unterlippe gelegt, „aber da war ich betrunken, als ich das gesagt habe!“ Fye lachte und nahm das Manuskript in seine Hände, drückte es seinem Bruder an die Brust. „Versprich es mir einfach...“ „Was hast du über den Zwilling heraus bekommen?“, fragte Kurogane hitzig. Nein, hitzig traf es nicht ganz. Er kochte innerlich. Geschlagene zwei Stunden hatten er und der Junge damit zugebracht, die Fabrikhalle abzusuchen, während Sakura und der Fahrer des Leichenwagens die sterbliche Hülle von Yuui de Flourite abtransportiert hatten. Und was hatte das Team gefunden? Zwei Kugeln, die sich durch vier Matratzen gebohrt hatten, bis sie stecken geblieben waren. Eine beträchtliche Pfütze Blut, die die Stelle markierte, an welcher der Autor ursprünglich erschossen wurde. Keine Hülsen. Keine Haare, Zigarettenstummel oder Kontaktlinsen. Mit anderen Worten: keine Spuren, die weitere Schlüsse auf den Täter oder den Tathergang zuließen. Mit anderen Worten: sie hatten nichts. Außer einer beschissenen Erbse, die auf der untersten Matratze des „Totenbetts“ gelegen hatte. Dieses Gemüse setzte ganz neue Maßstäbe im Bereich „nichts haben“. Aber vielleicht würde ein Gespräch mit dem Bruder des Opfers einen Startpunkt liefern. „Tja, er ist genauso alt und so groß wie sein Bruder“, berichtete die junge Frau mit einem Lächeln, das ihren Adoptivbruder um seine Beherrschung ringen ließ. „Tomoyo...“ Selten hatte die Aussprache eines Namens so mörderisch geklungen. „Um ehrlich zu sein war ich erstaunt, dass sie Zwillinge sind. Jegliche Fanseiten im Internet erwähnen zwar einen Bruder, aber nichts über seinen Beruf oder sein Alter. Fye-san hat mir erzählt, er besitzt ein kleines Café namens Cat’s Eye. Sein Bruder hat den Namen ausgesucht. So wie es aussieht haben er und Yuui zusammen gewohnt.“ „Das ist alles?“, eine Augenbraue des schwarzhaarigen wanderte fragend nach oben. Normalerweise lieferte Tomoyo ihm mehr. „Onii-san, ich sollte mit ihm reden und ihn nicht verhören. Ich habe nur erfahren, dass er erst eine Ausbildung zum Konditor gemacht hat und dann mit seinem Bruder nach Italien gezogen ist, um auch noch eine Koch-Ausbildung abzuschließen. Der Arme war nicht gerade in Plauderlaune, kann ich dir sagen.“ Nachdenklich legte Tomoyo eine Hand an ihre Wange. Kurogane nickte. In dieser frühen Phase der Trauer musste man vorsichtig sein, was man den Verbliebenen abverlangte, sonst bekam man überhaupt keine Auskunft mehr oder sie waren bestenfalls durcheinander. Unkorrekt und Unbrauchbar. Und der griesgrämige Inspector hasste es seine Zeit mit faschen Infos zu vergeuden! „Also, wo hast du den Kerl gelassen?“, fragte Kurogane mit einem Seitenblick. Tomoyo war schnurstracks zur Küche marschiert, aber er konnte niemanden entdecken. „Ich habe... ups. Er war doch eben noch hier.“ Kurogane fuhr sofort seine Stacheln aus. „Was soll das heißen, er war?“ Durch die enorme Lautstärke, die der Große an den Tag legte, blickten sich sofort alle nach dem ungleichen Geschwisterpaar um. „Nun, er ist nicht mehr hier!“ Tomoyo kicherte, als wolle sie sagen ’ist das nicht selbstverständlich?’. „Das seh’ ich selber! Verdammt, du solltest den Kerl doch nicht aus den Augen lassen.“ „Als ich ihm vorhin einen Tee gekocht habe, wirkte er noch ganz in sich vertieft. Es sah nicht so aus, als hätte er heute noch etwas vor.“ Oh, er war kurz davor ihr den Hals umzudrehen, kleine Schwester hin oder her. „Ähm... Inspector? Sir?“ Miyuki-chan, die brünette Praktikantin, war zu ihnen getreten, Sie nuschelte etwas, da sie einen Ordner zwischen die Zähne geklemmt hatte (er hatte wohl nicht mehr auf den wackeligen Stapel in ihren Armen gepasst) und wie gewöhnlich erinnerte ihr Outfit mit der weißen Bluse und dem kurzen blauen Rock, dessen Farbe perfekt zu ihren Augen passte, eher an eine Schuluniform als irgend etwas anderes. „Sir, da ist so ein Mann auf der Damentoilette und es scheint ihm nicht gut zu gehen.“[2] Natürlich hatte sich am Ort des Geschehens schon eine Traube tuschelnder Damen eingefunden, durch die sich Kurogane erst mal einen Weg bahnen musste. Die Aktion brachte nur weiteres Getuschel und vereinzeltes angewidertes Quietschen. Kurogane fand den Blonden auf Knien vor, blasser als zuvor und die Arme um die Schüssel verkrampft. Der Deckel war herunter geklappt, aber der säuerliche Geruch verriet, was Fye hier getan hatte. „Falsche Tür, Kleiner!“, knurrte der Polizist. Bruder... lass uns ein Spiel spielen. Nennen wir es das Yuui-Fye-Spiel. Ich bin Yuui und du bist Fye. Und so lange wir spielen... so lange wir fest daran glauben, kann uns niemand trennen. Hast du gehört, Brüderchen? Wir werden zusammen sein, du und ich, ich und du. Yuui und Fye – Was sagst du? Nein, das ist keine Lüge, nur ein kleines Versteckspiel. Wir gehen einfach fort, Hand in Hand, und lassen unser altes Leben und unsere alten Namen zurück, dann wird ER uns nicht finden. Und wenn er uns nicht finden kann, dann kann er uns auch nicht trennen. Das verspreche ich dir. Es war möglich. Lügen konnten die Wahrheit werden. Er hatte es schon einmal geschafft, eine Wahrheit zu schaffen, aber da war Fye noch an seiner Seite gewesen. Nun blieb ihm nur noch der Name seines Bruders. Und sein Talent. Er war Schriftsteller, das Lügen lag ihm also im Blut. Und Fye – dieser neue Fye, den Yuuis Lügen geschaffen und in dessen Rolle er geschlüpft war – durfte noch nicht sterben. Erst wenn er die Wahrheit über den Tod seines Bruders kannte. Er würde spielen, um denjenigen aus seinem Loch zu zerren, der ihm seinen Zwilling weg genommen hatte und dann würde er dafür sorgen, dass diese Person mit ihm unter ging. Wen juckte es da, dass er lügen und manipulieren musste? Dieser Fye war ein Konstrukt, die Gesetze der Welt galten für ihn nicht mehr. Er war nur noch eine Hülle mit einem letzten Auftrag. „Flasche Tür, Kleiner!“ Ein Schatten legte sich über Fye und er blickte auf. Ein schwarzer Schatten, mit zwei blutroten Augen, die in dieser Finsternis glühten wie die letzten zwei Laternen in einer ausgestorbenen Allee, wie... Er lachte, als ihm klar wurde, dass er selbst in einer so absurden Situation wie dieser noch prosaische Vergleiche anstellte. Fye de Flourite – Magier der Worte. Er vergrub die Hand in den blonden Zotteln seiner Stirn sich wohl bewusst, dass Kurogane jede seiner Bewegungen registrierte. Natürlich, der grimmige Inspector war schon als Junge ein aufmerksames Kerlchen gewesen. „Na so was. Was für ein Missgeschick!“, Fye setzte ein unbeschwertes Lächeln auf, und redete daher, als handelte es sich um eine winzige Lappalie, nicht bedeutender als eine verschüttete Tasse Tee. „Tja, ich hab einen etwas empfindlichen Magen und muss mich in der Eile wohl vertan haben.“ „Wie kann man sich denn da vertun, hä? An der verfluchten Tür ist eine Figur aufgemalt, die einen Rock trägt!“, brüllte Kurogane. Aber, aber, Kuro-chan... du bist so groß geworden, nur dein Temperament hat sich nicht geändert, stellte der Blonde fest, während sein Gegenüber zu dem Schluss gekommen war, dass der Kerl komplett übergeschnappt sein musste. Kauerte auf den Boden des Frauenklos, wie ein Irrer lachend und die beste Erklärung, die ihm einfiel war ’ich hab’s halt nich gemerkt’? Was glaubte dieser Clown denn, wo die Pissoirs abgeblieben waren, einfach mal vergessen, einzubauen? „Auch Männer tragen manchmal Röcke“, verteidigte sich der Kleinere, „In Schottland zum Beispiel.“ Schottland. Kurogane öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber es kam nichts heraus. SCHOTTLAND. Der Schwarzhaarige packte des Handgelenk des Blonden und zerrte ihn mit sich. „Fein, Mr. McFlourite, dann kommen Sie mal mit.“ „Oh, sind wir schon bei den Spitznamen angekommen, Kuro-sama?“, fragte der Gezogene und die offensichtliche Falschheit seines Lächelns dabei war unangenehm. Es sprach von dem verzweifelten Versuch, den Verstand zu bewahren. Und das machte es Kurogane fast unmöglich sauer auf den Kerl zu sein. Aber auch nur fast. Noch nie hatte ihm irgendjemand einen Spitznamen verpasst, sogar seine Mutter hatte ihn immer nur ihren ‚lieben kleinen Jungen’ genannt, wohlgemerkt, bevor er im Alter von fünfzehn Jahren begonnen hatte, wie verrückt zu wachsen. „Nenn mich nicht Kuro-sama!“ „Wie denn dann? Kuro-tan? Kuro-rin? Oder lieber Kuro-chan?“ („Niemand sollte an einem so bedeutenden Tag allein sein, Kuro-chan.“) Okay. Vielleicht hatte es doch schon mal jemanden gegeben, der ihn so genannt hatte, aber Kurogane konnte sich nicht mehr erinnern, wer das gewesen sein sollte, und er fand es wichtiger, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, wieso er Stimmen hörte. Vermutlich Schlafmangel. „Mr. Black, vielleicht? Blackman? Schwarzköpfchen? Schwärzli?“ ...das würde noch ein langwieriges Verhör werden. -- To be continued... ~^.^~ -- [1] Das traut ihr ihm nicht zu? Ich sage nur Kobato Folge 20: : Fye und die Schaukel, if ya know, what I mean. Nicht zur Nachahmung geeignet. [2] Ich hab’ „Miyuki-chan im Wunderland“ leider nie gelesen, ich weiß also nicht, ob das Mädchen irgendwelche Eigenarten beim Sprechen hat. Aber wir können wohl davon ausgehen, dass sie Tomoyo schöne Augen macht, sobald Kurogane weg ist. Dieses Kapitel ist wiederum ziemlich lang geworden, weil ich unbedingt die Beziehung der Zwillinge so genau wie möglich ausleuchten wollte. Außerdem repräsentiert es auch etwas Yuuis „Werdungsprozess“ zu Fye und ich wollte, dass er inhaltlich abgeschlossen ist. Im nächsten Kapitel werde ich ihn also nur noch Fye nennen, ganz ohne Gänsefüßchen. Noch etwas: Zu Ende von diesem Kapitel kommt an einigen Stellen schon fast wieder der Fye durch, den wir alle so lieben. Wenn man das im Kopf hat, mag er in Kap. 4 etwas OOC erscheinen, aber genau betrachtet ist er das nicht. Ich sage das jetzt, weil ich möchte, dass ihr vor dem Lesen von Kapitel vier bedenkt, dass obwohl ich mich bemüht habe, einige Parallelen zu Tsubasa zu schlagen, die Beziehung zu Kurogane und Fye noch eine andere, distanziertere ist. Fye ist schließlich hier (noch?) nicht auf Kurogane angewiesen. Ich habe also versucht, ihn in einigen Momenten ein wenig mehr darzustellen wie in der Zeit in Infinity. Vorschau: [...]Die zwei tiefblauen Augen hefteten sich auf den Schwarzhaarigen. Gekränkt? Wütend? Schwer zu sagen. „Keiner von uns beiden hat sich je dessen geschämt, was wir waren.“[...] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)