Reqium of Darkness & Quiet Symphony von abgemeldet (Walker x Kanda) ================================================================================ Kapitel 36: Zwangspause ----------------------- Ich tat es nicht. Abermals vermutete ich mich an dem Punkt, an dem ich zu nichts anderem mehr imstande war, als automatisch und blind das zu tun, was das Richtige war. Wie ich es schaffte, ihn vom Hof des Anwesens zu ziehen, war mir im Nachhinein unbegreiflich und auch die Tatsache, dass ich noch nie so erleichtert gewesen war, Findern zu begegnen. Den Hinterkopf auf der hölzernen Lehne einer Bank, starrte ich zum nächtlichen Himmel auf und tat das für kurze Zeit abwesend. Das verletzte Bein von mir gestreckt, behielt ich die Hände auf dem Bauch gefaltet. Das Gefühl der Unterlagen beruhigte mich und gleichzeitig wollte ich mich von meinem Atem überzeugen. Wäre er nicht gewesen, hätte ich ebenso gut tot sein können. Der Schmerz der Schussverletzung hatte sich zu einem permanenten dumpfen Rumoren entwickelt, das sich auf weitaus mehr, als nur das Bein bezog. Säure schien durch meine Venen zu pumpen, Brennen und Ziehen herrschte in jeder Faser meines Körpers, entgegen dem heftigen Pochen meines Kopfes, dem vorerst nur durch ein Tuch geholfen werden konnte und deshalb eigentlich gar nicht. Trocken bewegte ich die Lippen aufeinander, als ich die Augen von einem Stern zum nächsten driften ließ, nur beiläufig den Stimmen der Finder lauschte. Es war keine viertel Stunde her und weit entfernt waren wir auch nicht. Eine seltsame Lage, in der man alles befürchten konnte und ich es trotzdem nicht tat. Mir fehlte die Kraft für Befürchtungen, die Lust, ein Wort zu sagen und auch die Geduld, an den anderen Exorzisten zu denken. Blamabel… Zurück blieb ein bitterer Nachgeschmack und ein geringer Trost, die eigene Mission erfüllt zu haben. Meine Miene verharrte angespannt und verbittert, als ich den Kopf etwas zur Seite sinken ließ, tiefen Atem schöpfte. „Kanda…? Verzeihung.“ Es war ein Finder, der an mich herantrat und dem ich nur einen geringen Teil meiner Beachtung schenkte. „Mm“, murrte ich zermürbt und spähte zu dem nächsten Stern. „Ganz in der Nähe ist ein Krankenhaus. Ihre Verletzungen und die Ihres Kollegen sollten dringend behandelt werden. Wir bringen Sie dorthin und erstatten dem Orden Meldung.“ Ein fremdes Keuchen ließ mich die Lust an der Beobachtung verlieren und finster senkte ich die Pupillen zu dem Kollegen, der auf der benachbarten Bank erstversorgt wurde. Zusammengesunken ließ er sich die Schulter verbinden und schon wandte ich den Blick wieder ab, versuchte erste geordnete Gedanken zu fassen und ließ den Finder lange warten. Grübelnd wandte ich den Kopf wieder nach oben und starrte auf die Sterne, ohne sie mir zu betrachten. Wenn mir mein Zustand selbst unbegreiflich war… Wie viel würden fremde Ärzte mit der Tatsache anzufangen wissen, dass ich darüber klagte, die Verletzungen nicht sofort losgeworden zu sein? Es war belastend, sich permanent in unwissende Hände zu geben und nachdenklich senkte ich das Gesicht zur anderen Seite, spähte zu den finsteren Bäumen des nahen Parks. Es war schwer, Entscheidungen zu treffen, wenn man es bevorzugen würde, einfach nur hier sitzen zu bleiben. Sobald ich mich gesetzt und still gehalten hatte, war es in ein halbwegs erträgliches Maß gependelt. „Bringt den wohin ihr wollt“, murrte ich nach wenigen Augenblicken und löste die Hände voneinander. Irgendwann musste ich einen Anfang machen und als ich es schaffte, den Kopf zu heben, stand der Finder immer noch vor mir. „Ich fahre zurück.“ „Wie bitte?“ Das Gesicht des Typen entspannte sich perplex. „Aber Ihre Verletzungen… Sie schaffen diesen Weg… doch… gar…“, seine Stimme versiegte, als er meinen Blick deutete und während er noch etwas vor sich hinstammelte, richtete ich mich etwas auf. Ich kam nicht drum herum, die Zähne zusammenzubeißen. Meine Bewegungen hatten jede Leichtigkeit verloren und trotzdem war es schon ein hohes Maß an Gequältheit, das ich ihren Augen vorenthielt. Das hier war kein Wettstreit der Jämmerlichkeiten. Und wäre es einer… der Sieg war dem Kollegen nicht mehr streitig zu machen. „Dann…“, hob der Finder an, als ich die Hände auf die Kante der Bank stemmte, mich weiter nach vorn neigte und den Fuß fest auf dem Boden platzierte, „… dann lassen Sie bitte einen von uns mitkommen. Nur zur Sicherheit.“ „Macht, was ihr wollt aber nervt mich nicht.“ Damit stemmte ich mich in die Höhe, fand fraglichen Halt auf meinem Bein und wurde auf einen Finder aufmerksam, der den Helden umsorgte. „Hey…“ Zermürbt rief ich ihn, fuchtelte knapp mit der Hand. „… dein Halstuch.“ Ich bot nicht den Umgangston, den ich gewohnt war. Selbst meine Stimme war zu nichts mehr zu gebrauchen aber wenigstens bekam ich das Tuch und machte mich daran, mein Bein oberhalb der Verletzung abzubinden. Angenehmer wurde es dadurch auch nicht aber in meiner Lage hatte ich nicht penibel zu sein und ohne ein Wort an den werten Kollegen oder die Finder zu verlieren, machte ich mich humpelnd, hinkend und verbissen auf den Weg zum Bahnhof. Wie genau ich das Ziel erreichen würde, hatte ich mir noch nicht zusammengereimt und da mir diese Einschätzung ohnehin sinnlos vorkam, beließ ich es einfach dabei, bei jedem einzelnen Schritt zu bleiben. Der Hinweg war so leicht gewesen, so kurz. Ich war meinem Ziel gefolgt, ohne auf die Umgebung zu achten und jetzt nahm ich alles deutlicher wahr. Die Häuser, an deren Fassaden ich mich entlang tastete, die Bänke, auf die ich mich stemmte, um zu verschnaufen und die Straßen, die ich beinahe im Stillstand überquerte. Es wäre einfacher gewesen… viel einfacher, gäbe es da nicht diesen Gefährten, der mich aufmerksam im Auge behielt. Er tat mir keinen Gefallen und für kurze Zeit fand ich genug Ablenkung, indem ich ihn innerlich für seine Anwesenheit verfluchte. Ich konnte nicht loslassen, wenn ich in so einer Gesellschaft war. Ich konnte nicht fluchen und ächzen, tat es irgendwann aber trotzdem und spätestens nach einer Stunde, als mich zum vierten Mal die Befürchtung packte, an Ort und Stelle zu Boden zu gehen. Verbittert schüttelte ich die hilfsbereiten Hände ab, selbstquälerisch strafte ich seine besorgten Fragen mit Schweigen und für geraume Zeit musste ich auf dem Bein besinnungslos geworden sein, denn die Haltestelle tat sich vor mir auf und ich konnte mir beim besten Willen nicht erklären, wie ich sie erreicht hatte. Aber ich hatte sie erreicht und mit ihr die Grenzen meiner letzten Kraft. Ich war gnadenlos mit meinem Körper. Mindestens so gnadenlos, wie er zu mir und die erste der Bänke, die sich am Bahnsteig entlang zogen, nahm ich für mich ein. Mich auf sie fallen zu lassen, war eine gute Vorstellung aber in dieser Nacht ging ich kein größeres Risiko mehr ein, tastete mich nur stockend hinab und ließ mich auf das Holz sinken. Gar nicht weit entfernt studierte der Finder bereits den Fahrplan und stellte sich damit zum ersten Mal als nützlich dar. Sobald ich halbwegs bequem saß, schloss ich auch schon die Augen, ließ den Hinterkopf auf die Lehne fallen und hob matt die Hand zur Stirn. Wenigstens hatte die Blutung gestoppt. Meine Fingerkuppen trafen auf offene Haut und unter einem leisen Zischen zog ich sie zurück. Das einzige, was mich in geraumer Zeit zufriedenstellen würde, wäre eine Diagnose, die der Sache die Dramatik nahm. Auf diese Diagnose könnte dann ruhig ein ungestörter Schlaf folgen. Wunderbare Gedanken… aber als ich etwas die Lider hob, saß ich immer noch auf der kalten Bank und weit entfernt von alledem. Leise näherten sich mir die Schritte des Finders. „Der Zug kommt gleich“, lauschte ich nur noch seiner Stimme und schloss kraftlos die Augen. Die Zeit zog sich in die Länge, jede Minute wurde endlos und als ich das Quietschen der Zugräder vernahm, hatte ich das Gefühl, Stunde um Stunde hier gesessen und geschlafen zu haben. Wer hätte damit gerechnet, dass die wahre Herausforderung erst nach der Mission kam? Und meine Verbitterung wuchs… beinahe schmerzhaft hinderte ich meine Miene an übertriebenen Regungen, als ich die wenigen Stufen zum Wagon hinter mir ließ und selbst darin schon eine Herausforderung erhöhten Grades fand. Den fast vollständig tauben Fuß hatte ich aufzusetzen, mich mit den zitternden Armen an dem Griff hinaufzuziehen und wieder wehrte ich mich gegen die Hilfsbereitschaft. Sie anzunehmen, würde meine Schmerzen nur verschlimmern und taub, sowie desinteressiert ließ ich anschließend auch den Schaffner stehen, um mir ein nahes Abteil zu suchen. Wieder konnte sich der Finder nützlich machen und dem ersten geplagten Ächzen ließ ich erst freien Lauf, als ich die Tür der Kabine hinter mir schloss. Ich dachte nicht, ich hoffte nicht… nur bewegen musste ich mich und das geradewegs und ohne Umschweife zu dem Sitzpolster. Es lag lange zurück, dass ich so am Ende gewesen war. Ich hatte keine Übung darin, mich wirklich und lange schlecht zu fühlen und beiläufig stützte ich mein Bein, als ich mich auf den Sitz sinken und sofort gegen die Rückenlehne fallen ließ. Es brachte mir den Hauch einer Erleichterung, mir einzureden, dass mich diese Haltung entspannte und das letzte, was ich tat, war, das Bein von mir zu strecken und das Polster unter den Händen zu ertasten. Die Augen längst geschlossen, verharrte ich somit reglos und doch alles andere, als schlafend. Das leise Geräusch und das Rattern der Räder unter mir begleiteten mich wie eine Trance, die sich in meinem qualvollen, dumpfen Strudel einfügte und mich zwischen Bewusstlosigkeit und Wachsein taumeln ließ. Es waren nur zwei Stunden… und das auch der einzige Gedanke, der mir schleppend durch den Kopf ging. Nur zwei Stunden… nur zwei Stunden… Diese Zeit verringerte sich auch nicht. Nicht während der ganzen Zeit, in der sich der Zug permanent bewegte. Das leise Rattern der Tür genügte, um mich mit einem Schlag völlig in die Realität zurückzuholen. Sofort öffnete ich die Augen, starrte zur Tür und blinzelte unter dem verspäteten Schwindel, als ich dort den Finder erspähte. Sein Gesicht bat um Entschuldigung und mir kam kurz der Gedanke, mir das Eigene zu reiben… bei diesem Gedanken blieb es aber auch. „Verzeihung…“, er neigte sich etwas in das Abteil und stoisch registrierte ich den Hörer, den er hob. „… es ist Abteilungsleiter Komui. Er möchte mit Ihnen sprechen.“ Nur knapp war die Handgeste, mit der ich ihm antwortete. Träge und ausdrucksschwach und trotzdem schien er es zu verstehen, denn er wurde nervös. „Ähm… es hört sich aber wichtig an.“ Mit flimmrigen Augen starrte ich unterdessen auf die gegenüberliegende Bank, schöpfte tiefen Atem und unterdrückte ein Husten. Mein Gott… warum konnte er mit den Fragen nicht warten, bis ich ihnen gewachsen war? Noch immer erstarrt, verharrte der Finder im Türrahmen und ich blinzelte müde dem Polster entgegen, hob die Hand… und bekam sofort den Hörer überreicht. Somit schloss ich die Augen auch schon wieder. „Ja.“ Nur leicht lehnte ich den Hörer an mein Ohr. Ich befürchtete, er könnte aus irgendeinem Grund schreien und das würde mein Kopf nicht aushalten. Aber er tat es nicht. „Du bist schon auf dem Rückweg?“, drang seine irritierte Stimme an mein Ohr. „Ist etwas schiefgegangen? Ich habe gehört, der andere Exorzist ist im Krankenhaus?“ Eine Berichterstattung über das Telefon? Zu einem gänzlich ungeeigneten Zeitpunkt? „Hab die Unterlagen…“ Ich entschied mich dafür, ihm eine Information zu geben, die ihn vorerst zufriedenstellte. Das nuschelte ich leise und durchaus verschwommen zurück, behielt die Augen auch weiterhin geschlossen. „Rest später…“ „Welcher Rest?“, erkundigte er sich sofort. „Ich…“, ich schöpfte tiefen Atem; meine Stimme drohte mir völlig zu entgleisen, „… erzähle dir den Rest… später.“ „Ah, natürlich.“ Ein tiefer Atemzug rauschte in der Leitung und ich tastete mich mit der anderen Hand langsam zu meinem Bein. „Hast du etwas abbekommen?“ „Mm-mm.“ „Ahh.“ Ich hörte ihn seufzen. „Es ist also nicht planmäßig verlaufen. Tut mir leid.“ „Mm…“ Was er da so sagte, das nahm ich kaum wahr aber als er fortfuhr, setzte ich all dem mit einem weiteren genuschelten „Später“ ein Ende. Selbst das Zuhören strengte mich zu sehr an und glücklicherweise schien er es zu begreifen. „Ich komm nicht zu dir…“, zwang ich mich letzten Endes zu halbwegs vollständigen Sätzen, „… bin im Krankenflügel.“ „Ja, natürlich. Ich finde dich schon.“ Somit endete das Gespräch und ich konnte es kaum erwarten, den Hörer loszuwerden. Sofort wurde er mir abgenommen. „Wir erreichen das Ziel in zehn Minuten.“ Daraufhin sagte ich gar nichts mehr und kurz darauf vernahm ich das erneute Rattern der Tür. Nur leise Drang das Geräusch an meine Ohren, als der Fahrstuhl das Ziel erreichte und als sich die Türen öffneten, hatte ich kaum noch die Durchsetzungskraft, meinen Gliedern etwas abzuverlangen. Unentschlossen starrte ich nach draußen in das Treppenhaus, schwankte der Wand der Kabine entgegen und konzentrierte mich darauf, nach dem Zwinkern die Augen wieder zu öffnen. Hilfsbereit, wie eh und je… der Fuß des Finders blockierte die Tür und geduldig wartete er draußen, bis ich mich daran erinnerte, fast am Ziel zu sein. Die Schritte bis hin zum Hauptquartier hatten mich in eine Lage versetzt, in der ich den Fuß nicht mehr auf den Boden setzen konnte. Die Augen trübe auf den Boden gerichtet und die Hand als permanente Stütze nutzend, gelang es mir gerade noch, die Kabine zu verlassen. Draußen jedoch ging es mit mir zu Ende. Mein Körper neigte sich zur Seite, mein Rücken traf auf die Wand und als ich so dort lehnte und all das realistisch einschätzte, blieb mir nichts anderes übrig, als den Kopf zu schütteln, stumm zu kapitulieren. Die letzten Meter zum Krankenflügel waren zuviel. „Warten Sie.“ Der Finder ließ sich nicht bitten. „Ich hole jemanden! Halten Sie durch, ja?“ Taub bettete ich die Hände an der kühlen Wand und schon hörte ich seine flinken Schritte, mit denen er zu einer Ecke spurtete und im dahinterliegenden Gang verschwand. Und ich holte Luft… oder versuchte es. Seit einiger Zeit fiel es mir schwer und ebenso ließ ich auch die Lider sinken, lehnte den Hinterkopf an die Wand. Nur noch stehen… das Einzige, was ich tun musste, war stehen bleiben… Am besten war es in dieser Lage, sich gar nicht zu bewegen, denn so, wie ich jetzt stand, hatte ich ein gewisses Gleichgewicht. Den Mund leicht geöffnet, gierte ich erneut nach Sauerstoff und ließ mich erst ablenken, als ich abermals Schritte vernahm. Verschwommen hob ich die Lider ein Stück, ließ die Pupillen zur Seite driften und erblickte endlich das, was lange Zeit nur ein Hoffen gewesen war. Drei Ärzte hatte der Finder im Schlepptau und allein der Anblick ließ mich meine Regeln über Bord werfen und aufächzen. Ich hatte es geschafft… hatte es wirklich geschafft und erhielt eine Unterstützung, die ich gerne und problemlos annahm. Vier Hände griffen nach mir und kurz darauf lagen meine Arme sicher um zwei Hälse. Aufmerksam wurden meine Handgelenke gefasst, stützend schoben sich auch zwei Arme über meinen Rücken und von da an hatte ich keine Eigenverantwortung mehr zu tragen. Die Last wurde von meinem Knie genommen, ließ sich kaum noch spüren und nur kurz fühlte ich die Hand des dritten Arztes auf meinem Gesicht. „Äh…“, das Stammeln des Finders nahm ich sofort und geübt wahr. „Ich sage dem Abteilungsleiter Bescheid.“ „Na los.“ Der Arzt wirkte etwas ungeduldig und resignierend ließ ich den Kopf sinken, als sich meine beiden Helfer in Bewegung setzten. Von da an ging es so schnell, dass sich der Schwindel beinahe permanent vor meinen Augen erhob. Nur undeutlich verfolgte ich, wie der Boden unter mir vorbeizog und nach kurzer Zeit blinzelte ich schon unter dem hellen, sterilen Licht eines Behandlungsraumes. Geräusche umgaben mich, der Arzt verteilte knappe Instruktionen und ich starrte nur auf diese Liege, zu der man mich ohne Umwege brachte. Hinlegen… das kam mir gelegen und sobald man mir auf den weichen Untergrund half, mich sinken ließ und meine Beine hinauf hob, erschlaffte ich vollends. Ächzend und klagend streiften meine Muskeln jegliche Anspannung von sich, ich spürte regelrecht, wie alles an mir tiefer sank. Kurz blinzelte ich noch der weißen Zimmerdecke entgegen, bevor eine grelle Lampe auf mein Gesicht gerichtet wurde und ich dieses sofort verzog. Weiße Punkte umgaben mich stechend, als ich die Lider sofort senkte und sich neugierige Finger an der Kopfverletzung zu schaffen machten. Wirkliche Entspannung wurde mir nicht zuteil. Ich hatte wohl nicht übermütig zu sein, denn kaum, dass ich still lag, spürte ich unzählige andere Hände. An den Riemen meiner Uniform, an meinem Gürtel, den Stiefeln… Alles wurde aufgezerrt und als die Finger auf meiner Stirn auch zu drücken und zu ziehen begannen, wünschte ich mir komischer Weise das ruhige Zugabteil zurück. „Können Sie mich hören?“ Auch mein Gesicht bekam eine anstrengende Aufmerksamkeit ab und meine stillen Flüche richteten sich auf einen anderen, als ich grob getätschelt wurde. „Machen Sie die Augen auf.“ Ein Ruck erfasste mich, als man den Gürtel unter mir hervorzog. Gleichzeitig wurde auch der erste Stiefel von meinem Fuß gezerrt. Hoffentlich machten die das bei dem anderen Bein nicht genauso und bevor ich doch noch angeschrien wurde, hob ich die Lider und erkannte trübe das Gesicht des Arztes über mir. Damit schien er erst einmal zufrieden. „Versuchen Sie, wach zu bleiben“, meinte er nur, bevor er dabei half, mich von der Uniform zu befreien und glücklicherweise wurde man auch auf die Verletzung aufmerksam, bevor man am zweiten Stiefel zerrte. Was für ein Glück, bei dem waren sie vorsichtiger, mussten aber trotzdem auf der Wunde herumdrücken. Kurz darauf spürte ich, wie sie die Uniform öffneten und zur Seite streiften. „Was ist das?“, erhob sich eine verwunderte Stimme und raschelnd wurden die Unterlagen unter meinem Hemd hervorgezogen. Ach ja… verschwommen schielte ich nach unten. „Komui...“ Zu mehr war ich nicht mehr imstande und wie dankte ich der Auffassungsgabe der Ärzte, in der sie keine weiteren Fragen stellen mussten. „Ah, gut… legen Sie es darüber.“ „Hier…“, als das Hemd höher gezerrt wurde, spürte ich auch Finger auf meinen Rippen. „… das ist nur ein Streifschuss.“ „Hier auch.“ Der Bund der Hose wurde etwas tiefer gezogen. „Nichts Ernstes.“ Was…? Das hatte ich überhaupt nicht bemerkt. „Keine Austrittswunde“, wurde die Erkundung der Hand auf der anderen Seite meines Oberschenkels kommentiert. „Wir operieren sofort“, entschied sich der Oberarzt auch, nachdem er meine Hose zerschnitten und an meinem Bein gedreht hatte. „Anästhesieren.“ Ah, endlich… Ich öffnete den Mund einen Spalt weit, schöpfte gedrungen Atem. Das wollte ich hören und ergeben schloss ich die Augen, verhöhnte die Schmerzen. Bald wäre ich sie los und längst hatte ich mich schon vom Wachsein verabschiedet, als man meinen Arm entblößte. „Die Kopfverletzung desinfizieren wir, wenn er betäubt ist.“ Endlich ließen die Finger von meinem Kopf ab und schon spürte ich einen Stich in der Armbeuge. „Zählen Sie von Zehn abwärts.“ Wieder wurde ich getätschelt und faul regte ich die Lippen, atmete wieder tief ein. „Zzzz…ee…“ Nur undeutlich drang das Brummen in mein Bewusstsein, rauschte in meinen Ohren… bevor mich ein dumpfes, warmes Gefühl umfing. Unter einem tiefen Atemzug hatte ich das Gefühl, in der Liege zu versinken… in der Nähe meinte ich noch, das leise Klirren einer Ampulle zu vernehmen. „Na, das hatten wir ja lange nicht mehr“, drang eine schemenhafte Stimme an meine Ohren und versank im schweren Strudel, der mich mit sich zog. Wärme… ich spürte sie an einer Stelle meines Körpers und konnte nicht sagen, welche es war. Ich hörte das leise Rauschen meines Atems und nahm ein leichtes Ziehen wahr, als ich tiefer Luft holte. Die gerade noch so unendlich erscheinende Finsternis, die ich vor mir sah, wich einem tiefen dunklen Rot, das mich blendete, obwohl ich sicher war, die Augen noch geschlossen zu halten. Meine Wahrnehmung erwachte aus der Taubheit des Schlafes. Lahm öffnete ich den Mund, stieß einen tiefen Atemzug aus und spürte einen leichten Schmerz in meinem Kopf. Ein schweres Gewicht schien mich niederzudrücken. Meine Arme fühlten sich matt an… eigentlich alles an mir. Wieder atmete ich tief ein, tief aus… bewegte die Lider, ohne die Augen zu öffnen und zählte das leise Pochen, das hinter meinen Schläfen saß. Es erhob sich unaufhörlich und nach wenigen Augenblicken wurde ich mir der Tatsache bewusst, dass mein gesamter Körper immer noch von Schmerzen geplagt war. Mein Magen rumorte, ein unangenehmes Gefühl saß in meinem Bauch und ein säuerlicher Geschmack lag auf meiner Zunge. Ich verzog die Miene, meine Konzentration suchte den erwärmten Punkt meines Körpers und stockend begann ich diesen zu bewegen. Es war meine Hand… meine Finger, die ich krümmte und wieder von mir spreizte. Und endlich gelang es mir, die Augen zu öffnen. Selbst die ließen das kaum zu und es war mir unangenehm, wie ich in die Helligkeit des Tages hineinblinzelte, kurz darauf vor dem Licht floh und die Augen wieder schloss. Ein Juckreiz befiel meine Stirn; ich spürte die wirren Strähnen meines Haares, die wild mein Gesicht bedeckten und kämpfte währenddessen mit der alten neuen Übelkeit. Ich sehnte mich nach dem Schlaf… es ging mir irgendwie immer noch schlecht. Kraftlos blähte ich die Wangen auf, hob eine Hand von der Matratze. Träge hob und senkte ich sie zu meinem Gesicht, ertastete die Haut und die Haare… streifte sie schleppend bei Seite, glitt beiläufig an einem großen Pflaster vorbei. So blinzelte ich wieder, nahm meine Umwelt durch einen trüben undeutlichen Vorhang wahr und ließ das Gesicht zur Seite sinken. Träge glitt meine Hand über mein Haar, bevor ich sie reglos auf meinem Kopf liegen ließ. Müde erfassten meine Pupillen das Bett, in dem ich lag, auch meine andere Hand, die neben meiner Hüfte auf der Decke ruhte und zur Hälfte in einem Strahl aus Sonne und Wärme lag, der durch das Fenster zu mir fiel. Direkt neben mir erhob es sich und ich starrte auf den blauen Himmel, regte die Fingerkuppen in dem Licht... Die Sonne stand schon hoch… Wie spät war es? Wie lange hatte ich geschlafen? Ich vermisste jegliches Zeitgefühl. Die Grübeleien zogen mir schleppend durch den Kopf und ich verzog die Brauen, begann die Umwelt mit trüben Augen weiterhin zu erkunden. Die weiße Decke wärmte mich ab der Brust, am Fußende erspähte ich auch meine Zehen, die ich irgendwie ins Freie gewühlt haben musste. Die Kugel… Die erste, sichere Erinnerung, die mir kam und stockend hob ich die Hand von der Matratze und betastete den Oberschenkel. Das Knie war hoch auf einem Kissen gelagert und sofort fühlte ich den Verband unter meinen Fingern. Gespürt hatte ich ihn schon eher. Er saß ziemlich fest und so ließ ich auch schon wieder von ihm ab, stieß einen langen Atemzug aus und konzentrierte mich erst einmal darauf, vollends wach zu werden. Vor meinen Augen drehte es sich noch, alles an mir schien noch etwas betäubt und so wandte ich den Kopf auf dem Kissen zur anderen Seite, blinzelte in das sterile, weiße Zimmer hinein. Diese Umgebung wäre nicht meine erste Wahl und trotzdem nahm ich eine gewisse Erleichterung wahr. Ein Einzelzimmer… Ich bewegte die Lippen aufeinander, spürte, wie trocken sie waren und unter einem tiefen Atemzug stellte sich mein Hals als genauso trocken heraus. Ich hatte Durst und sofort wandte ich den Kopf erneut, begutachtete den kleinen Nachttisch. Ein Glas Wasser… Unter einem leisen Brummen begann ich mich zu regen, tastete um mich, suchte nach Halt und richtete mich mühsam auf. Meine Glieder ließen mich das doppelte Gewicht spüren… vor meinen Augen schwankte das Bild und abermals verzog ich das Gesicht unter dem Stechen. Obwohl ich das Bein vorsichtig auf dem Kissen liegen ließ, fühlte es sich kurz darauf trotzdem an, als hätten die Ärzte die Kugel doch drin gelassen. Es spannte und pulsierte dumpf und als die Decke von meiner Brust rutschte, erspähte ich auch dort ein großes Pflaster. Dasselbe Spannen auch in der Hüftgegend und versteift blieb ich sitzen, zog die Decke etwas zur Seite und verdrehte die Augen. Es waren drei Kugeln gewesen? Selbst die Verletzungen der Streifschüsse schmerzten und nicht weniger die Einsicht, dass sich mein Körper nicht einmal während des Schlafes regeneriert hatte. Kurz darauf fanden beide Hände zu meinen Schläfen, rieben diese und glitten auch stockend zu meinen Augen, um diese unter sich zu verbergen und unter all den Einsichten war ich vorerst nur zu einem stummen Kopfschütteln imstande. Das konnte doch alles nicht wahr sein… ich würgte ein trockenes Schlucken hinab. Selbst der angemessenen Wut fühlte ich mich nicht gewachsen. Ich hatte wirklich keine Lust, zu fluchen. Vielleicht später und so konzentrierte ich mich auf das alte Ziel, schätzte trübe die Entfernung ein, bevor ich mich vorsichtig auf die Kante der Matratze stemmte, mich etwas aus dem Bett lehnte. Drehen war mir ein Unmögliches und ich presste die Lippen aufeinander, reckte mich dem Glas entgegen und bekam es beinahe zu fassen. Kühl spürte ich es unter den Fingerkuppen und auch das leise Klacken der Tür brachte mich nicht von meinem Plan ab. Konzentriert streckte ich mich weiter. „Nein, nein!“ Der Ton einer nur zu bekannten Stimme erreichte mich und finster starrte ich zur Seite. „Bleiben Sie mal schön liegen!“ Aufgebracht hatte mich die Oberschwester beinahe erreicht und ebenso zog ich das Glas auch schon näher… als ich einen festen Griff an meiner Schulter zu spüren bekam und bevor ich mich versah, entfernte sich das Glas auch schon von mir und ich wurde zurück in das Kissen gedrängt. Ein Ächzen war alles, das ich ihr entgegenzusetzen hatte und durch das Entsetzen über die eigene Schwäche annähernd gelähmt, blieb ich liegen. „Sie dürfen sich nicht bewegen, Sie haben viel Blut verloren.“ Sobald ich still lag, beruhigte sich ihre Stimme auch schon und finster fixierte ich sie, als sie kurz an dem Kissen rückte und mein Bein fürsorglich neu postierte. Jede Bewegung ließ mich die Verletzung neu spüren und kaum hatte ich auch nur etwas das Gesicht verzogen, wurde die Regung gegen mich verwendet. „Sehen Sie? Warum machen Sie auch so etwas, wenn Sie Schmerzen haben?“ „Weil ich Durst habe?“, fauchte ich endlich zurück und da stemmte sie seufzend in die Hände in die Hüften. Mit zusammengepressten Lippen starrte ich sie an, tastete nach der Decke und zog sie etwas höher. „Und Sie denken nicht, dass ich Ihnen das Glas gegeben hätte?“ Mit einer Kopfbewegung wies sie zum Flur. „Sie müssen nur nach mir rufen! Sie wissen doch, dass das Schwesternzimmer gleich gegenüber ist.“ Ja, natürlich… niemand erniedrigte sich selbst in solchen Maßen! Und dieser verfluchte Kopfschmerz! Wieder rieb ich mir die Stirn. Meine Lage frustrierte mich genug und nun weitaus mehr, da mein kleines Erfolgserlebnis zur Selbstbestätigung vereitelt worden war. „Kriege ich jetzt das Glas oder wollen wir nur drüber reden!“ „Aber, aber!“ Als mich der Klang einer weiteren Stimme erreichte, ließ ich die Hand sinken und wandte das Gesicht, starrte auf den nächsten Besucher, der sich angeschlichen haben musste. Eine Mappe auf der Schulter bewegend, kam Komui neben mir zum Stehen, erwiderte meinen Blick mit maßlosem Entsetzen. „Was sind denn das für Töne, Kanda?“ „Er ist durch die Nachwirkungen der Narkose etwas gereizt“, meldete sich die Oberschwester verständnisvoll zu Wort und ich biss die Zähne zusammen, bewegte unentschlossen die Hand, bevor ich sie auf meine Brust niedergehen ließ. „Ach du Schreck.“ Neben mir wurden die Unterlagen sinken gelassen. „Wenn Sie die Schmerzen nicht ertragen, können wir Ihnen etwas dagegen verabreichen.“ „Das Einzige, was ich brauche …“, hob ich zermürbt an, „… ist das Glas!“ „Och, nun geben Sie es ihm doch schon“, setzte sich Komui für mich ein und so beschränkte ich mich darauf, innerlich zu fluchen. Über meine Gäste und vor allem über mich selbst. Es war lange her, dass ich in einer solchen miesen Lage steckte und ein Quäntchen mehr Vorsicht hätte mich vor alledem bewahrt. Endlich wurde mir das verfluchte Glas gereicht und mit finsterer Miene stemmte ich mich auf den Ellbogen und trank. Es war nur Wasser aber etwas Besseres hätte mir zu diesem Zeitpunkt gar nicht passieren können und ich leerte das Glas in wenigen Zügen, verfolgte unterdessen, wie die Oberschwester das Zimmer verließ. „Ich sage den Ärzten Bescheid“, verabschiedete sie sich und verstohlen überprüfte ich, dass sie auch wirklich ging. An Komui spähte ich vorbei und als sich die Tür schloss, ließ ich mich in das Kissen zurücksinken. Aufmerksam wurde mir auch das Glas abgenommen und seufzend stellte Komui es ab, schaute sich nach einem Stuhl um und fand ihn direkt hinter sich. Mir selbst ging es etwas besser. Wenigstens den trockenen Mund war ich los und unter einem tiefen Atemzug fuhr ich mit dem Handrücken über meine Lippen, während sich Komui neben mir niederließ. „Hat es sich wenigstens gelohnt?“, erkundigte ich mich, bevor er mir mit irgendwelchen besorgten Fragen zu meinem Zustand kam. Den Mund weiterhin bearbeitend, starrte ich an die weiße Wand und Komui machte es sich bequem, streckte die Beine von sich. Er zögerte mit der Antwort, bettete die Unterlagen auf seinem Schoß und als ich nach wenigen stillen Momenten zu ihm lugte, da lächelte er entschuldigend. „Nicht wirklich… nein. Aber er war auf dem richtigen Weg.“ Die Unterlagen waren wertlos? Ich regte das gesunde Bein, winkelte es an und rückte mich auf dem Kissen zurecht. Wofür hatte ich mein Leben riskiert! Dazu hatte ich nichts zu sagen, meine Verbitterung ließ sich nicht mehr zum Ausdruck bringen aber Komui schien es geübt an meinem Gesicht abzulesen. „Sei’s, wie es sei“, seufzte er wieder. „Ich wurde schon über den Missionsverlauf informiert. Du hast wirklich sehr gute Arbeit geleistet.“ „Ich bin ans Bett gebunden“, erinnerte ich ihn mürrisch. „Das wäre alles nicht passiert, hätte man mich alleine dorthin geschickt! Aber nein, überlass dem anderen alles, der macht das schon. Ganz toll hat er das gemacht!“ Aufgebracht hob ich die Hand in einer bitteren Geste. „Es sind zu viele… viel zu viele… hilf mir doch, ich bin völlig unfähig!“, äffte ich ihn nach, starrte zu Komui zurück. „Ich habe noch nie so eine katastrophale Mission erlebt! In all den verfluchten Jahren nicht!“ „Ja, und was sollen wir nachträglich daran ändern?“ Meine Flüche wurden in einem knappen Schulterzucken ertränkt. „Niemand konnte damit rechnen, Kanda. Sieh doch einfach die Tatsache, dass es den Umständen entsprechend gut ausging und dir das zu verdanken ist. Natürlich bist du vorerst aus dem Verkehr gezogen aber ich bin mir sicher, es dauert nicht lange, bis du wieder auf den Beinen bist.“ „Warum bin ich es nicht schon längst?“, stellte ich ohne zu Zögern die Frage, die einen großen Teil meiner Belastung darstellte. Mein Bein begann zu jucken und beiläufig ließ ich die Hand unter der Decke verschwinden, tastete mich zum Verband und machte mich an ihm zu schaffen. Es waren Momente, in denen ich alles befürchtete und gleichzeitig die beruhigende Sicherheit empfand, dass es nicht viel schlimmer werden könnte. Genau da, wo ich jetzt war, war mein Tiefpunkt, doch die Erklärung, der ich kurz darauf aufmerksam lauschte, verschob diesen Tiefpunkt in eine sichere Entfernung, in der er mich nicht permanent zu fassen bekam. Das nächste tiefe Durchatmen zeugte eher von Erleichterung, als von zurückgesteckter Wut und auch, als Komui bald mit besten Grüßen und einer theatralischen Verabschiedung mein Zimmer verließ, fühlte ich mich etwas besser. Wenn es stimmte, was er sagte, würde ich nicht mehr allzu lange hier liegen. Ja, nicht mehr lange und nach einigen stillen Momenten schöpfte ich tiefen Atem. Die Augen auf die gegenüberliegende, kahle Wand gerichtet, blieb ich liegen und zählte das dumpfe Pochen in meinem Bein. Nicht mehr lange… Aber in diesen Augenblicken nützte mir es herzlich wenig und so stöhnte ich in den Raum hinein, tastete nach der Decke und zerrte sie etwas von mir. Es war so warm. Der großzügige Verband verstärkte den Effekt und kurz regte ich mich ungelenk auf der Matratze, bis meine Beine völlige Freiheit genossen und ich mich in das Kissen zurücksinken lassen konnte. Nicht zu schnell, da sich der Schmerz in meinem Kopf allmählich legte. Im Gegensatz zu anderen Körperteilen und so wagte ich es nicht, die Beweglichkeit des verletztes Beines zu testen, als ich endlich wieder halbwegs bequem lag. Nur die Hand hob ich, um das Haar aus meinem Nacken zu ziehen und die Hoffnung auf einen nicht langen Aufenthalt kicherte mir höhnisch entgegen. Als wolle man mir selbst diese kurze Zeit einmeißeln, wurde ich kurz darauf von einer Welle der Erschöpfung und des Elends übermannt. Mein Bauch rumorte, ohne, dass ich Hunger hatte. Meine Arme mochte ich kaum von der Decke heben und lange Zeit starrte ich nur aus dem Fenster und spürte das Zucken meines Gesichtes. Ich runzelte die Stirn, verzog die Brauen… mein Körper versuchte auf so einigen Wegen, mit den Schmerzen fertig zu werden und geschwächt ließ ich es einfach über mich ergehen, schloss bald die Augen. Permanent drangen Geräusche durch die Tür in mein Zimmer. Schritte, Stimmen… aus der Ferne meinte ich auch das Piepen einer Maschine zu hören. Es war ein einziger, belastender Sog unter dem ich irgendwann und glücklicher Weise einfach einschlief. Ich schlief nicht besonders ruhig. In beinahe wachen Momenten nahm ich die alten Laute wahr, regte mich und verharrte still, sobald die Verletzungen auf eine unvorteilhafte Haltung aufmerksam machten. Ich schwamm in einem warmen Sog, schwamm gegen eine Strömung, deren Stärke mich tiefer atmen ließ. Und es drehte sich… irgendwie alles um mich und so schnell, bis ich ein leises Surren wahrnahm. Es begleitete mich, während ich in einer tiefschwarzen dumpfen Wärme versank und all meine Sinne verlor. Noch nie zuvor war ich der Wirklichkeit so fern gewesen. Ein schier unendliches Nichts hielt mich gefangen und doch drang zu manchen Zeiten ein leises Keuchen an meine Ohren, das ich für mein Eigenes hielt. Ein unruhiger, eher noch anstrengender Schlaf, in welchem ich manchmal die Augen öffnete, verschwommen die Umwelt erkannte und doch nicht zwischen Realität und Traum unterscheiden konnte. Wie lange ich mich auf der Matratze regte und die Augen geschlossen hielt, konnte ich nicht sagen aber irgendwann durchschnitt ein leises Geräusch meine Wahrnehmung und ließ mich abrupt die Augen öffnen. Wach… jetzt war ich wirklich wach und meine Brust senkte sich, als ich einen tiefen Atem ausstieß, in die späte Helligkeit des Tages hineinblinzelte und zu dem unerwarteten Besucher. Direkt neben meinem Bett stand er und wirkte in den ersten Momenten nicht weniger überrascht, als ich. „Oh.“ Vorsichtig löste Linali die Hände von der Vase, die ihren Platz auf dem Nachttisch gefunden hatte. „Ich wollte dich nicht wecken. Es tut mir leid“, ein entschuldigendes, demütiges Lächeln formte ihre Lippen, als sie sich zu mir wandte, die Hände vor den Hüften faltete. „Ich habe versucht, leise zu sein.“ Knapp senkte sie den Kopf und mir fiel nichts ein, was einer Antwort ähnelte. Meine Lippen waren noch nicht bereit für Worte und so öffnete ich sie nur einen Spalt weit. Noch immer etwas schummrig blinzelte ich mich von der letzten Benommenheit frei, wandte den Kopf höher und starrte auf die Blumen. Sofort schloss sie sich meiner Beobachtung an. „Ich dachte, ich bringe dir etwas Hübsches vorbei, damit dein Aufenthalt hier etwas Schöner wird. Auch das Zimmer.“ Sie machte sich daran, etwas an der Vase zu rücken und ich starrte immer noch auf das bunte Gewächs. „Ich war gerade in der Stadt und da habe ich an dich gedacht. Mein Bruder hat es mir erzählt.“ Endlich riss ich mich von den Blumen los, verdrehte unscheinbar die Augen, während sie penibel an den Halmen rückte, den Strauß herrichtete. Natürlich… und bestimmt wusste der Rest des Hauses auch jede Einzelheit. Ich mochte keinen Besuch. Es genügte, wenn nur zwei Augen das Elend sahen. „Mm.“ Ein unwirsches Brummen war alles, zu was ich daraufhin imstande war. Träge rückte ich mich zurecht, hob etwas den Kopf und hielt nach der Decke Ausschau. Sie war nicht zu sehen und bevor ich mich versah, bückte sich Linali neben das Bett und hob sie auf. Sie schickte mir ein aufheiterndes Lächeln, hantierte mit dem Stoff und schüttelte ihn kurz aus. Auf eine mir unbekannte Art und Weise wusste ich ihre Aufmerksamkeit ja zu schätzen, aber… Als ich mir mit beiden Händen das Gesicht rieb, spürte ich eine leichte Feuchtigkeit auf meiner Stirn, ein Brennen, als ich mir auch die Augen rieb… und die alten Schmerzen. Es war zermarternd. Eigentlich wollte ich gar nichts sagen. Eigentlich wollte ich nur alleine sein. Als sich die Decke kühl auf meine Beine senkte, löste ich die Hände von den Augen, lugte nach unten… und sofort griff ich nach der Decke und zog sie über meine Brust, bevor sie auf den Gedanken kam, das auch noch zu übernehmen. „Und wie geht es dir?“, kam daraufhin sofort die nächste Frage und lustlos zog ich noch etwas an der Decke. „Gut… ich bleibe nicht mehr lange.“ „Na, das hoffe ich doch.“ Sie zupfte am Fußende und hielt kurz in jeglichen Bewegungen inne, bevor sich ihr Gesicht erhellte und sie sich vom Bett löste. „Bevor ich es vergesse, die Schwester hat mich gebeten, dir das mitzubringen.“ Ein leises Scheppern erhob sich und ich holte tief Luft, als sie ein Tablett aus einer Ecke des Raumes holte. Stolz wurde es mir präsentiert und neben der Vase abgestellt. Trübe folgten meine Pupillen den Schalen und Tassen. „Mit den besten Grüßen von Jerry.“ Natürlich… der wusste auch Bescheid. Man hatte nach der Entlassung also weitere Fragen und witzig gemeinte Bemerkungen zu erwarten. Die Freude hielt sich in Grenzen und trotzdem achtete ich darauf, dass meine Mimik nicht zu sehr ins Säuerliche abschweifte. „Das ist Wasser und das hier ist ein Kräutertee“, rückte sie an der Tasse und lugte zu mir, als wolle sie überprüfen, dass ich noch wach war. „Den sollst du trinken, hat die Schwester gesagt. Und dann haben wir da noch…“, sie wandte sich den Schalen zu und ich schloss die Augen, begann meine Zähne mit der Zunge zu bearbeiten, „… eine heiße Suppe und Brot. Soba-Nudeln gehören nicht gerade zur Schonkost, also…“, sie verstummte und ich nickte träge. Es war mir ohnehin egal und ich behielt die Augen geschlossen. Eine kurze Stille brach im Zimmer aus und ich atmete tief durch, sehnte mich danach, einfach wieder einzuschlafen. So schützte man sich am besten vor Besuchern. Bei dem Nächsten, der kam, um mir Unkraut zu bringen, könnte ich einfach so tun, als ob. „Hast du Schmerzen?“, erhob sich ihre besorgte Stimme leise nach wenigen Momenten und ich hob die Lider, bewegte die Lippen aufeinander. Und schüttelte den Kopf. „Hast du Medikamente dagegen bekommen?“, wollte sie weiter wissen und ich nickte, bettete die Hände auf meinem Bauch und kratzte mich bei der Gelegenheit. Es war schon besser so, denn von der Gesprächigkeit war die gesamte Familie Li befallen und wenn Komui nichts Wichtiges auf dem Herzen hätte, wäre er der letzte Besucher, den ich zweimal ertrug. „Gut.“ Sie seufzte und als ein unangenehmes Zucken durch mein Bein fuhr, sah ich darin den Zeitpunkt, all dem ein Ende zu bereiten. Tief Luft holend zwang ich mich dazu, die Augen vollends zu öffnen und als ich zu ihr blinzelte, sah ich sie wieder lächeln. „Ich denke, ich werde dich wieder schlafen lassen“, nahm sie mir überraschender Weise die Worte ab und sofort nickte ich. Vielleicht zu schnell aber sie schien es mir nicht übel zu nehmen. „Ruh dich schön aus…“, sie legte den Kopf schief, hob den Zeigefinger, „… aber iss und trink auch wirklich.“ Nein, danke… Nachgiebig nickte ich und sie rümpfte die Nase. Sie schien skeptisch, sagte aber nichts dazu und bevor ich mich versah, machte sie sich auch schon auf den Weg zur Tür. Kurz hob sie die Hand, winkte mir verabschiedend zu und tastete nach der Klinke. „Ah…“, hob ich da unentschlossen an und sofort hielt sie inne. „Ja?“ Naserümpfend rang ich mich zu einem Räuspern durch, wies mit einer trägen Kopfbewegung zu den Blumen. „… danke.“ „Gern geschehen.“ Ihr Lächeln vertiefte sich freudig, als sie die Tür öffnete. „Lass uns nicht zu lange auf dich warten.“ „Mm-mm.“ Ein letztes Mal nickte ich ihr zu und so gut ihre Absichten auch gewesen waren, sobald sich die Tür hinter ihr schloss, stieß ich ein Ächzen aus. Nun hatte ich die angenehme Ruhe zurück und das erste, was ich tat, war, mein Bein wieder von der Decke zu befreien. Mit angespannter Miene zog ich sie zur Seite, bewegte die Zehen und wurde anschließend auf das Tablett aufmerksam. Die Suppe konnte mir gestohlen bleiben, aber dieses Wasser… mein Mund war schon wieder trocken und als ich mich etwas aufrichtete, bemerkte ich, wie warm mir immer noch war. Ich blähte die Wangen auf, stemmte mich umständlich in die Höhe und langte vorerst nur nach dem Tisch, um ihn näher zu mir zu rollen. So bekam ich auch das Tablett zu fassen, presste konzentriert die Lippen aufeinander und legte erst einmal den Kopf in den Nacken, als ich das Glas endlich hatte. Mein gesamter Rücken schien verspannt; ich war es nicht gewohnt, so lange zu liegen und so nahm ich mir auch die Zeit, mit dem Kopf zu rollen. Von einer Seite zur anderen, bis es etwas besser wurde und ich ihn hängen ließ. Ich schien wirklich den ganzen Tag geschlafen zu haben. Das Licht, das durch mein Fenster fiel, neigte sich dem Abendrot entgegen und ich betrachtete mir den Himmel, als ich trank, das Glas leerte. Wieder drangen Schritte durch die Tür, zogen jedoch an ihr vorbei. Trotzdem hatte ich zu ihr geblickt, stellte das Glas auf den Tisch zurück und stemmte die Hände auf die Matratze hinab, um mich auf ihr etwas höher zu schieben. Es gelang gut, aufmerksam zog ich auch das Kissen mit mir und blieb anschließend sitzen. Das offene Haar fiel in mein Gesicht, als ich es senkte, die kurze Hose etwas tiefer zog und das Pflaster über dem Hüftknochen betastete. Dem Druck folgte noch ein gewisser Schmerz und so machte ich mich an dem Pflaster auf meiner Brust zu schaffen. Müde begann ich daran zu piepeln, bis ich eine Kante zu fassen bekam und es etwas von meiner Haut zog. Ich war neugierig, hatte aber auch Respekt vor dem Anblick. Meine Laune könnte den Tiefpunkt durchschlagen, befürchtete ich und wirklich verzog ich das Gesicht, als ich die Schramme sah. Sie war tief… aber man hatte sie nicht genäht. Die Fäden wären wohl problematisch, wenn sich die Haut plötzlich wieder zusammenzog und ich betastete die Wunde zurückhaltend, bevor ich das Pflaster wieder auf die Haut drückte, unter einem leisen Ächzen die Schultern sinken ließ und trübe um mich spähte. Die Ellbogen auf den Schoß gebettet, starrte ich auf den dünnen Trennvorhang, der mir die Sicht auf steriles Inventar ersparte, selbst für die Lampe interessierte ich mich und letztendlich blieben meine Augen an den Blumen hängen. Wirkte das Zimmer durch sie schöner? Das einzige, was mich zufriedenstellen würde, wäre die sofortige Entlassung und Genesung. Ich blähte die Wangen auf und zur selben Zeit vernahm ich das verräterische Klicken der Tür. Sie öffnete sich wirklich und befallen von bösen Vorahnungen wandte ich den Kopf und erspähte den Nächsten. Heiter lehnte er sich durch den Türrahmen und meine Augen weiteten sich annähernd entsetzt. „Yuuuu!“ Energisch streckte sich ein Arm in die Höhe, es folgte auch ein grinsendes Gesicht, das sich zum Teil hinter der roten Mähne versteckte. „Ich besuche di…!“ „Raus!“ Jetzt zuckte meine Miene aus anderen Gründen und noch während er verständnislos in sich zusammensank, hob ich die Hand, stieß mit dem Zeigefinger zur Tür. Ich ließ ihn nicht mehr zu Wort kommen. Ein weiterer Ton aus seinem Mund wäre fatal. „Sofort!“ „Oooch!“ Sein Gesicht schwankte zwischen trotziger Niedergeschlagenheit und Wehmut, als er sich an die Klinke hängte, sich weiter in den Raum neigte. „Sei doch nicht so… ich heitere dich auch au…“ „Oh Gott…!“ Annähernd angewidert zuckte ich in mich zusammen, starrte ihn mit offenem Mund an. „Wenn du nicht sofort verschwindest…!“ „Aber…“, er verzog den Mund, gab sich schmollend, wie ein Balg. Flehend nahm er mich in Augenschein und ich schnappte nach Luft, „… ich mache mir doch nur Sorg…“ „Halt die Klappe! Dir ist nur langweilig!“ „Ja, aber was soll ich sonst machen?“ Als würde er mir überhaupt nicht zuhören, lehnte er sich gegen die offene Tür, streckte die Beine von sich und die Fußballen hinauf. Schmollend sah er sich um und ich ergab mich einem leisen Husten. Diese Aufregung vertrug ich kaum aber ihn zu diesem Zeitpunkt noch weniger, weshalb ich es gerne auf mich nahm. „Der Opa hat sich mit Komui verquatscht und Crowley philosophiert mit den Findern. Nur ich hab nichts zu tun und…“ Längst hatte meine Hand zum Gesicht gefunden und zusammengesunken rieb ich es mir. Ich hatte keine Kraft, ihn weiterhin anzuschreien… wirklich nicht… „… hat River gesagt, ich soll nicht nerven. Also dachte ich, du hast nichts zu tun und ich auch nicht und deshalb…“ „Lavi…“ schon nach diesen wenigen lauten Worten hörte sich meine Stimme beinahe heiser an, doch er verstummte augenblicklich und ich ließ die Hand auf die Decke zufallen, schüttelte den gesenkten Kopf und ließ die Hand zu einer undeutlichen Geste zurückkehren, „… geh.“ „Njah…“ Seufzend löste er sich von der Tür; seine Hand ging auf die Klinke nieder. Er schien es begriffen zu haben und während er mich kurz still in Augenschein nahm, hob ich etwas die Lider, lugte gen Fenster. „Na gut, Yu… du machst mir heute wirklich keinen Spaß.“ „Schnapp dir die Bohnenstange“, gab ich ihm leise einen gut durchdachten Rat, machte mich daran, mich hinzulegen. „Die ist für deinen Blödsinn bestimmt zu haben.“ „Mm… nee.“ Ich ließ mich in das Kissen sinken. Und auch, wenn es nicht den Anschein machte, ich hörte zu. „Allen kommt nachher erst.“ Schweigend befreite ich mein Bein endlich von dem Kissen. Mit dem anderen Fuß schob ich es vom Bett, stets darauf achtend, mein Gesicht ruhig zu halten, während ich dann auch das Bein ausstreckte. „Hey!“ Ich konnte ihn förmlich grinsen sehen. „Soll ich ihm sagen, dass er dich besuchen soll?“ „Unbedingt.“ Ich blähte die Wangen auf, zog die Decke über mich und wandte das Gesicht zum Fenster. Ich hatte mich ausreichend am Sarkasmus bedient. Es schien gereicht zu haben und Lavi lachte heiter auf… eigentlich seltsam, da ich es letztlich ernst meinte. „Mach ich, mach ich“, scherzte er und ich hörte einen beruhigenden Schritt. „Da freust du dich bestimmt. Also, man sieht sich.“ Die Tür schabte über den Boden und ich unterdrückte ein Gähnen. „Gute Besserung, Yu.“ Dann schloss sich die Tür und ich suchte nach einer bequemen Haltung. Mit Lavi hatte ich sofort abgeschlossen, eher konzentrierte ich mich darauf, mich auf die Seite zu rollen. Es musste möglich sein und stockend machte ich mich ans Werk, wälzte mich auf das gesunde Bein und fluchte leise bei mir, das Verletzte stets stützend. Es fühlte sich an, als wäre die Kugel beinahe durchgedrungen und so schob ich einen Teil der Decke zwischen meine Beine, lagerte den verbundenen Oberschenkel weich und schmiegte die Wange in das Kopfkissen. Bei weitem angenehmer. So ließ es sich vermutlich aushalten und ich schloss sofort die Augen, gab mich dem Gähnen hin. Jetzt reichte es erst einmal an Besuchern. Ich musste schlafen und ich glaube, ich tat es kurz darauf auch. Es gelang mir besser, weitaus besser. Ich schlief ruhig, träumte nicht, bewegte mich kaum und ebenso gab es auch keine nahen Geräusche, die meine sofortige Wahrnehmung forderten. Die Decke wärmte mich angenehm, mein Atem fiel ruhig und gleichmäßig und doch gab es einen Augenblick, einen Moment, von dem an meine Sinne langsam zurück gen Realität drifteten. Ich spürte meine Bewegungen, tastete mich bewusst über das Laken und bewegte den Kopf auf den weichen Daunen. Auch die Lippen schürzte ich… mein Bewusstsein erwachte und als ich etwas die Lider hob, umgab mich die tiefe Finsternis der Nacht. Grau tat sich nur der dünne Vorhang hervor. Schwarz offenbarten sich mir die anderen Konturen und ich blinzelte noch immer müde. Ziellos blickte ich um mich, durchaus überrascht, so plötzlich vom Schlaf losgekommen zu sein. Meine Pupillen drifteten zur Seite, drifteten nach oben und richteten sich zielstrebig auf einen bestimmten Punkt. Annähernd lautlos hatte sich die Tür hinter dem Vorhang geschlossen und reglos verfolgte ich die Bewegungen des undeutlichen, schwarzen Schattens, der sich kurz darauf auf dem hellen Stoff abbildete. Mit gemächlichen Schritten durchquerte er das Zimmer, näherte sich mir… und noch ehe er den Vorhang hinter sich ließ, senkte ich die Lider. Vielmehr erkannte ich ohnehin nicht und so lauschte ich nur den leisen Schritten. Sie machten einen Bogen… um den Vorhang herum und anschließend in meine Richtung. Meine Schulter hob und senkte sich unter einem tiefen Atemzug, flüchtig bekam ich auch das Laken zu fassen, bevor ich die Hand von ihm löste. Durchaus träge hob ich sie, streckte sie von mir und den leisen Schritten entgegen. Mit geschlossenen Augen blieb ich liegen und nur kurz tasteten meine Finger im Leeren, bevor sie anderen begegneten. Die Wärme der Hand hatte ich gefühlt, noch bevor sie auf mich traf und ich entzog meinem Arm die Last, als ich einen behutsamen Griff spürte. Ein weiterer Schritt und der Arm wurde zu mir zurückgeschoben, sowie sich der Andere mir näherte. Ich zog ihn. Nur etwas und immer noch müde, bevor sich unsere Hände lösten und er mich erreichte. Ein kühler, angenehmer Luftzug erfasste mich, sowie der Laut eines leisen Seufzens, unter dem sich der andere Körper zu mir hinabneigte und ich ihn schlaftrunken empfing, indem ich den Arm hob. Der einmalige Geruch… ihn wahrzunehmen, schafften meine Sinne in jedem Zustand und warm drang der fremde Atem gegen meinen Hals, als er sich etwas auf mich sinken ließ. Seine Hand glitt über meinen Rücken, während ich seine Rippen durch den robusten Stoff der Uniform ertastete, mir mit den Fingern den Weg hinauf bis zu seinem Rückrad suchte und seine Umarmung still erwiderte. Kitzelnd streiften die weißen Strähnen meine Wange, als er das Gesicht an meinem Hals regte, die Umarmung kurz und vorsichtig vertiefte… und abermals leise gegen meinen Hals seufzte. Ich hatte unter der Hand gespürt, wie er tiefen Atem holte und trübe begann ich zu blinzeln, ließ die Augen über die roten Schulterriemen der Uniform schweifen. „Wieso hörst du nie auf mich?“ Beinahe lautlos hauchte er es gegen meine Haut und doch war seiner Stimme ein gewisser Vorwurf zu entnehmen. Seine Hand begann meinen Rücken zu streicheln und ich verharrte still. „Ich habe gesagt, du sollst auf dich aufpassen.“ „Mm…“ Daraufhin runzelte ich nur die Stirn. Mir stand nicht der Sinn nach Rechtfertigung. Ich hatte es nicht nötig und als er sich nach wenigen Momenten aufrichtete, schloss ich wieder die Augen. In der Stille des Zimmers schob er sich vor meinem Gesicht auf die Matratze. Ich spürte, wie sie etwas einsank, als er sich auf sie setzte. Der Stoff der Uniform streifte meine Nase und kurz rückte er sich zurecht, machte es sich bequem. Ich wollte mich nicht bewegen. So, wie ich lag, lag ich gut und ich rümpfte die Nase unter dem leichten Kitzeln seiner Fingerkuppen, die flüchtig mein Gesicht streiften. Er befreite mich von einer lästigen Strähne. Fließend glitt die Hand auch weiter bis zu meinem Ohr und als sich meine Hand auf den Weg zu seinen Beinen machte, beugte er sich hinab, neigte sich zu mir und küsste es. Sein Atem rauschte nahe bei mir, als er mich seine Lippen spüren ließ. Nur kurz. Die Berührung war flüchtig und ebenso ertastete ich sein Knie, glitt höher über seinen Oberschenkel und unter den Schurz der Uniform. Das einzige, was ich in diesen Augenblicken wollte, war seine Nähe, seine Wärme… Keine Erklärungen, keine Fragen… So folgte ich meinem Arm mit dem gesamten Oberkörper und rückte näher zu ihm, sowie sich meine Hand über seine Hüfte schob. Ich umarmte sein Becken, folgte meinem Pfad mit geschlossenen Augen und drängte das Gesicht gegen seine Taille… sofort seine Hand auf meinem Schopf spürend. Er empfing mich schweigend, durchkämmte meine Strähnen mit den Fingern und kraulte hinab zu meinem Nacken, während ich schon wieder reglos verharrte und einfach nur bei ihm lag. Mir gelang ein tiefer Atemzug… er wirkte befreiter und genauso fühlte ich mich auch. Dieser Moment war beinahe zu schade, um wieder dem Schlaf zu verfallen aber meine Augen deuteten mir, dass sie sich heute nicht mehr öffnen würden. Schlaftrunken schmiegte ich mich an den schwarzen Stoff. Meine Sinne richteten sich auf die permanenten Regungen seiner Finger und behaglich regte ich die Schulter unter ihnen, als sie sich im Nacken hinter schoben, mein Rückrad kraulten. „Du bist verspannt…“, erhob sich sein Flüstern nach einer langen Stille, in der er meinen Rücken mit der flachen Hand koste, „… sind dir Schmerzen lieber, als Medikamente?“ „Mmm…“ Undeutlich brummte ich zurück. Ich kannte die Antwort nicht, fixierte mich zu sehr auf den Klang seiner Stimme, als dass ich den dahinterstehenden Sinn begreifen und aufnehmen könnte. Die Laute seiner Worte waren das Einzige, das tief in mein Bewusstsein drang, das ich in dieses dringen ließ. Abwesend regte ich die Finger auf seiner abgewandten Hüfte, spürte unter dem Stoff der Hose die straffe Haut. Ein tiefer Atemzug erhob sich in dem Zimmer. „Du bist ein Idiot…“, hauchte er in die nächtliche Stille hinein. „Aber jetzt bin ich hier.“ Nur undeutlich spürte ich seine Bewegungen, als er sich etwas höher schob und dennoch keine Distanz zwischen meinem Gesicht und ihm aufbaute. Er setzte sich einfach zurück, automatisch folgte ihm mein Arm, als er sich mit dem Rücken gegen die Wand lehnte, auch den Kopf an ihr bettete… und kraulend wurde seine Hand meinem Rücken untreu, kehrte zu meinem Schopf zurück. „Schlaf“, drang kurz darauf sein Flüstern in meine dunkle Welt. Sehr leise, während die Berührungen umso deutlicher blieben. „Ich bleibe.“ Natürlich tat er das… eine andere Möglichkeit blieb ihm nicht. Der letzte Gedanke, zu dem ich imstande war, bevor ich da weitermachte, wo ich aufgehört hatte. Diesmal jedoch… es war angenehmer und so sehr belasteten mich die Schmerzen gar nicht, als ich bei ihm lag und sich seine Hand bald auf meinem Ohr bettete. Er blieb sitzen und nach diesem letzten Worten stumm. Vermutlich, denn bald entzog sich selbst die Wärme seines Körpers meinem Bewusstsein und ich driftete unweigerlich in den Schlaf zurück. ~*tbc*~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)