Das Bildnis einer Kurtisane von Emily_Clark ================================================================================ Kapitel 7: Il Medico -------------------- Als Ezio wieder in Monteriggioni ankam, war er immer noch abwesend. Er hatte sich beeilen müssen, da die Leiche mit Sicherheit begann zu verwesen. Es dauerte dennoch einen ganzen Tag um sein Ziel zu erreichen. Die Leichenstarre hatte sich schon wieder gelöst und Ezio konnte sie problemlos tragen. Der Gestank der Verwesung stieg ihm in die Nase. Der süßliche Geruch, ließ ihn für einen Moment erschauern. Obwohl der Leichnam in ein Tuch gewickelt war, vermied er es dennoch, sie mehr anzufassen als nötig. Die ganze Zeit dachte er über die Leiche in seinen Armen nach. Selbstverständlich, waren die Menschen in Monteriggioni nicht dumm und erkannten, dass er einen toten Körper trug. Die Nachricht schien sich schnell zu verbreiten, denn als Ezio auf dem Friedhof war, und begonnen hatte ein Grab auszuheben, standen Mario und Leonardo vor ihm. Sie sagten nichts und halfen ihm einfach. Nachdem Olympia begraben war und Mario ein Gebet gesprochen hatte, fragte er seinen Neffen. „Was ist passiert, Ezio? Ist das Beatrice?“ Er schüttelte stumm den Kopf. Eine Gänsehaut durchfuhr ihn und eine Träne lief an seiner Wange hinunter. Schnell wischte er sie mit seinem Handrücken weg. Er versuchte sich zusammenzureißen aber es nützte nichts. Ein Gefühl der Ohnmacht überkam ihn. Ezio begann heftiger zu weinen. Seinen Kopf in Richtung Boden gerichtet, stammelte er: „Ich konnte ihr einfach nicht helfen.“ Mario und Leonardo warfen sich einen Blick zu. Dann ging Mario einen Schritt auf seinen Neffen zu und umarmte ihn. Ezio lehnte mit der Stirn gegen die Brust von seinem Onkel und weinte. Seit dem Tod von seinem Vater und zwei Brüdern hatte Ezio nicht mehr geweint oder jemals vor anderen Personen. Er weinte, weil er sich schlecht fühlte, er hatte schlicht und ergreifend versagt. Er weinte um Beatrice, um ihre Schwester, um sich. Nach einer Weile, richtete er sich wieder auf und zog seine Kapuze über den Kopf. Schnell ging er zur Villa Auditore und begab sich in sein Zimmer, um eine Weile alleine zu sein. Ezio schreckte aus seinen Gedanken hoch, als er bemerkte, dass jemand die Sprossen der Leiter erklomm. Es war seine Schwester Claudia. Er sah das Kreuz von Beatrice um ihren Hals hängen. „Ich habe dir etwas zu essen gebracht. Dorade, wenn du willst. Ich stelle es auf den Schreibtisch. Er gab keine Antwort, sondern starrte nur weiter auf den Boden. Claudia sah ihn mitleidvoll an und wollte wieder gehen. Sie begann sich Sorgen um ihren Bruder zu machen. Eine ganze Woche war er so apathisch und saß nur in seinem Zimmer herum. Er nahm nicht mehr am Leben teil oder versuchte seine Trauer zu überwinden. Irgendwann wurde es seiner Schwester zu bunt und sie ging wütend zu Ezio. Er sah sie an, mit dem gleichen abwesenden Blick wie er schon die ganze Zeit über schaute, so als ob er durch sie hindurch blickte. Sie packte ihn am Kragen. Er rührte sich nicht. Mit all ihrer Kraft die sie besaß, schlug sie Ezio. „Komm endlich wieder zu dir!“ schrie sie ihn an. „Du bist schon wie Mutter! Ich kann mich nicht auch noch um dich kümmern! Geh zu Kurtisanen, töte Templer oder mach sonst irgendetwas aber sei wieder so wie früher!“ Sie atmete heftig und starrte ihm in die Augen. Überrascht von seiner kleinen Schwester, war er erst einmal unfähig, auch nur irgendwie zu handeln. Als er dann seine Gedanken geordnet hatte, nahm er seine Schwester in den Arm. „Claudia“, setzte Ezio an. Ein leises Grollen war zu hören. Seine Schwester verspannte sich. Er lächelte leicht. „Komm her.“ Er lehnte sich mit seinem Rücken gegen die Wand . Claudia setzte sich zwischen seine Beine. Das eine hatte er angewinkelt, das andere war ausgestreckt. Mit ihrer rechten Schulter lehnte sie an seiner Brust. Ezio hatte einen Arm um ihre Taille und den anderen um ihre Schulter. „Es wird wohl wieder Herbst.“ sagte Ezio. „Dem ist wohl so.“ erwiderte Claudia. „Weißt du noch,“ begann er und wiegte sie sanft vor und zurück. „Früher bist du immer zu mir in mein Bett gekrabbelt, wenn es gewittert hat.“ Sie nickt leicht und legte ihren Kopf an seine Brust. „Ich habe immer in deinem linken Arm gelegen und mein Kopf war auf deiner Brust. Durch deinen Herzschlag bin ich immer zur Ruhe gekommen.“ Er raunte als Antwort und küsste Claudia auf die Haare. „Dann entspann dich. Ich bin da.“ Sie holte Luft und atmete lange aus. Claudia schlief ein und Ezio hing erneut seinen Gedanken nach. Es war für ihn immer noch beinahe unfassbar, was Beatrice getan hatte. Zuerst hatte sie die Kodex-Seiten gestohlen, dann tötete sie ihre Schwester und zum Schluss hatte sie sich geopfert. Als er sich sicher war, dass Claudia fest schlief, legte er sie auf sein Bett und deckte sie zu. Er legte sich die Rüstung an und musste feststellen, dass es beinahe ungewohnt war, das Gewicht zu tragen. Bevor er ging, sah er noch einmal aus dem Fenster. Die dunklen Wolken zogen an Monteriggioni vorüber. Aus der Ferne sah er den Regen, der wie ein Schleier den Horizont verdeckte. Kurz schaute er auf Claudia und verließ dann das Zimmer. Vor der Villa wartete er einen Augenblick und genoss die frische Luft, die nach Regen roch. Er hatte beschlossen, nach Bologna zu reisen um, nun so genau wusste er nicht was er dort wollte. Wie üblich nahm er sich aus dem Unterstand ein Pferd. Ezio versucht nicht wieder zu viel nachzudenken. Aber was sollte man bei einem Ritt anderes machen, wenn man alleine war? Und so schweiften seine Gedanken wieder ab. Vielleicht hatte er tief in sich drin, ein Fünkchen Hoffnung, Beatrice doch noch zu finden . Der brauen Hengst galoppierte durch die Toskana, in Richtung Norden. Die Sonne stand links von ihm und begann den Himmel in ein sanftes rosa zu tauchen. Er atmete tief ein und roch den Duft der Lavendelfelder. Ezio brach sich einen Stängel ab und roch an dem Lavendel. „Wieso stirbt alles um mich herum ?“ Er starrte auf den zart lila Lavendel und zerdrückte ihn in seiner Hand. Der Mond war in dieser Nacht nur ein schmaler Strich und so entschied er sich, ein Gasthaus aufzusuchen und dort die Nacht zu verbringen. Schlaf fand er nicht und als die Sonne ihre ersten Strahlen zeigte, setzte er seinen Weg fort. An diesem Tag regte es wie an Bindfäden. Um nicht völlig durchnässt zu werden, zog er einen dunkelbraunen Umhang über. Erst in der Nacht erreichte er Bologna. Es erschien ihm unsinnig, mitten in der Nacht nach etwas oder jemanden zu suchen. Der Schlafmangel begann, ihm zu schaffen zu machen. Sich zu konzentrieren fiel ihm schwer, auch seine Reaktion ließ zu wünschen übrig. Obwohl er todmüde war, hatte er, wenn er denn einschlief, nur einen Sekundenschlaf. Es fiel ihm schwer, nicht an Beatrice oder Cesare zu denken. Beide geisterten immer wieder in seinem Kopf umher. Er dachte an das ‚Geständnis‘ von Beatrice von vor einigen Wochen. Standen sie schon zuvor in einer Beziehung? Kann das überhaupt möglich sein? Obwohl ihre Schwester auch mit Cesare in Verbindung stand. Warum hatte Beatrice eigentlich die Kodex-Seiten gestohlen? Warum will sie jeder haben? Es muss etwas geben, was sich mir noch verschließt. Er schlief für einige Minuten ein. Er schrak aus seinem Traum hoch und blinzelte müde in die Dunkelheit hinein. Zwar hatte er geträumt konnte sich aber nicht mehr erinnern. Ezio gähnte und ihm stiegen Tränen in die Augen. Sein Blick verschwamm kurz. Er ließ seine Beine von dem Bett fallen und stand auf. Die Sonne ging noch nicht wirklich auf aber der Himmel wechselte schon im Osten in eine helleres Blau. Er verließ das Gebäude, nahm sich seinen Hengst und ließ ihn lostraben. Leicht begann er zu frösteln. Tau lag auf Grashalmen und tropfte lautlos auf den Boden. Er hörte schon einige Vögel zwitschern. Über den Weg, auf dem er ritt, huschten einige Tiere. Das Pferd scheute ab und an. Mal war es ein Dachs oder ein Eichhörnchen. Aus der Ferne konnte er das Heulen eines Wolfes hören. Das Heulen schien aus der Schlucht zukommen. Ein Funken Panik packte ihn. Es schien so, als ob er dachte, Beatrice sein in Gefahr. Er trieb sein Pferd zur Eile an. Die Sonne lugte hinter dem Horizont hervor. Ezio sah die Schlucht auf sich zukommen. Er sprang von dem Pferd ab und schritt zum Abgrund. Erneut sah er nur Nebel. Das Heulen ertönte wieder. „Es kommt doch aus der Schlucht.“ Sein Blick verfinsterte sich. Schnell band er sein Pferd an einem Ast fest und nahm sich das Seil, das seitlich am Sattel befestigt war. Das eine Ende des Seiles band er an einem stabilen Baumstamm fest, das andere, warf er in den Nebel. Er nahm das Seil in beide Hände und begann sich abzuseilen. Durch den Nebel wurde das Seil klamm. Ezio sah nicht viel, daher wusste er auch nicht, wann er den Boden erreichen würde. Zu seinem Bedauern, hörte das Seil auf und der Boden war noch nicht zu sehen. Er griff nach einem Vorsprung, an der kalten und nassen Steinwand, und kletterte hinab. Nach einer Weile, spürte er den Boden. Es war nicht wirklich dunkel aber der Nebel gab kaum Sicht frei. Er konnte etwa fünf Meter weit sehen, alles andere schien der Nebel zu verschlucken. Das Kiesbett gab leicht unter seinem Gewicht nach. Er schloss die Augen und zog die Kapuze ab. Sie war praktisch, ja, aber sie schränkte sein Gehör ein. Damit er nicht in die falsche Richtung lief, lauschte er. Das Rauschen des Flusses, machte es ihm nicht einfacher, den Wolf zu hören. Ezio vernahm ein Knurren. Es war nicht deutlich aber er war sich sicher. Er spurtete los. Der weiße Nebel, schien nicht nur Objekte, sondern auch Geräusche zu absorbieren. Von einem Moment auf den nächsten, tauchten vier Wölfe vor ihm auf. Knurrend wandten sie sich zu ihm um und fletschten die Zähne. Ruhig und langsam hob Ezio einen Stein auf und warf ihn nach dem Wolf der ihn fixierte. Er legte es nicht darauf an ihn zu treffen, er versuchte nur ihn zu verscheuchen. Deswegen kam der Stein einige Zentimeter neben dem grauen Wolf auf den Kies auf. Er machte einen Satz zur Seite und sah Ezio unablässig an. Das Tier hatte graues Fell, in dem auch braun und schwarz vorkam. Die Pfoten waren bis zur Mitte der Beine nass und das Fell klebte dort zusammen. Der Wolf hatte ein zerfetztes Ohr, es schien aber schon verheilt zu sein. Beinahe erschrak Ezio über die Augen des Wolfes. Sie waren fast wie die von ihm. Ein wildes Tier, das sich nicht bändigen lässt. Und doch, kann man eine tiefe Melancholie erkennen. Die gelblich-braunen Augen huschten kurz in der Umgebung umher. Dann schritt der Wolf zurück, wandte sich komplett ab und verschwand mit seinem Rudel in den Nebel. Ezio lief zu der Stelle, an der sich die Wölfe gedrängt hatten. Er fand ein Hemd. Er kniete sich hin und griff danach. Damals hatte er sich Beatrice eingeprägt, somit erkannte er, dass es ihr Hemd war, das er dort in Händen hielt. Er bemerkte Blutspuren. Es war dunkel und schon eingetrocknet. Unter dem Hemd lag, und das bemerkte er erst jetzt, ihre Hose. Er schluckte. Schnell verbot er sich, negativ zu denken. Wenn er aber darüber nachdachte, gab es drei Möglichkeiten: Sie ist gestorben, wurde von Cesare entführt oder konnte sich irgendwie retten. Die erste Möglichkeit konnte er ausschließen, da es relativ unwahrscheinlich war, dass ihre Leiche weg aber ihre Kleidung noch vorhanden war. Blieben folglich nur noch Variante zwei und drei. Wenn Cesare sie hat, wird es schwer werden. Aber es dürfte ihm egal sein, ob Beatrice nasse Sachen anhat oder nicht. Die Kieselsteine knirschten, als er aufstand. Ezio hatte schon viel in seinem jungen Leben erlebt und meist was das nichts Gutes. Durch seine Erlebnisse wurde er, der Welt und seinen Bewohnern gegenüber, misstrauisch und skeptisch. Doch im Moment wollte er an das Gute in den Menschen glauben und hoffen, dass Beatrice geholfen wurde. Er nahm sich Hemd und Hose, warf sie sich über sie Schulter und begann wieder aus der Schlucht heraus zu klettern. Das Hemd lag neben seinem Kopf uns noch ganz leicht, nahm er ihren Geruch war. Würde er ihn nicht kennen, hätte er ihn bestimmt nicht gerochen. Aufwärts ging es schneller als hinab. Oben angekommen, war die Sonne nahezu aufgegangen und der 14te Oktober brach nun endgültig an. Gerade als er auf seinen Hengst stieg, sah er den Wolf. Am Rande des Waldes stand er und schien Ezio zu beobachten. Ezio sah ihn an und war etwas überrascht. Ein Wolf heulte aus einiger Entfernung und der Wolf, der Ezio beobachtete, spitzte die Ohren, drehte den Kopf und erwiderte das Heulen. Dann drehte er sich um und verschwand in dem Dickicht. Ezio machte sich auf den Weg, zurück nach Bologna. Beatrice öffnete ihre Augen und musste sie sofort wieder, wegen der Sonne, schließen. Grell strahlte sie ihr in das Gesicht. Sie setzte sich auf und ihr tat alles weh. „Oh Gott..“ stöhnte sie und hielt sich den linken Oberarm. „Gebrochen ist er wohl nicht.“ Beatrice fuhr herum und ihr Körper meldete sich sofort. „Ihr solltet Euch nicht so schnell bewegen. Euch ist zwar nichts Ernstes geschehen aber Ihr habt einige Blessuren davon getragen.“ Ein Mann saß auf einem Stuhl. Sie schaute ihn sich an. Er war etwa 30 Jahre alt, hatte kurzes braunes Haar und tiefbraune Augen. Leichte Falten in den Augenwinkeln ließen ihn älter erscheinen. Die Decke lag weich auf ihr und wärmte sie. Er erhob sich und ging zu ihr an das Bett. Er zog die Decke weg und sah sich ihr Bein an. „Mein Name ist Massimo.“ Er nahm ihren Oberschenkel und wickelte den Verband ab. „Ich bin Arzt. Also könnt Ihr mir vertrauen.“ „Wie hab Ihr mich gefunden?“ fragte Beatrice und ließ sich in das Kissen zurückfallen. Er lachte. „Eine interessante Geschichte. Ich war gestern in der Schlucht, die hier ganz in der Nähe ist, um nach Algen zu suchen. Diese Algen sind wichtig, denn aus ihnen kann man Medizin herstellen. Salben oder Umschläge. Ich suchte also in dem kalten Wasser des Flusses danach und fand statt, den grünen Algen, wunderschönes blondes Haar.“ Er schaute auf und lächelte sie an. „Ihr lag da, für einen Moment dachte ich, Ihr seid tot. Als ich dann genauer hinsah, sah ich, dass Ihr noch geatmet hattet. Ich zog Euch aus dem Fluss und verband Eure Wunden. Ihr wart unterkühlt, deswegen und um bei der Wahrheit zu bleiben, muss ich sagen, dass ich Euch vollständig entkleiden musste, dafür möchte ich mich entschuldigen.“ Seine Stimme war warm und brachte sie zu Ruhe. „Ihr müsst Euch für nichts entschuldigen, schließlich habt Ihr mein Leben gerettet.“ Massimo stieß ein „Oh“ aus. Sie hob den Kopf etwas an und blickte auf die Wunde. Die Wunde war vereitert und sah so aus, als würde sie sich entzünden. „Das sieht nicht gut aus.“ stellte Beatrice fest und setzte sich auf. Massimo ging aus dem Zimmer. Sie sah sich die Wunde genauer an. Gelblicher Eiter trat zäh aus der Wunde. Der Wundrand war gerötet. Sie verzog das Gesicht. Die Tür ging auf und Massimo kam wieder. Er stellte eine Schüssel, einige Tücher, ein Fläschchen mit klarer Flüssigkeit und ein Messer ab. Er nahm die Kerze, die auf der Kommode stand, zündete sie an und hielt das Messer in die Flamme. „Signore Massimo.“ Er blickte auf. „Haltet nicht nur eine Seite in die Flamme, dreht es, damit alles heiß wird.“ „Ihr seid erstaunlich nüchtern.“ bemerkte er, während er das Messer drehte, um die andere Seite zu erhitzen. „Ich bin einiges gewöhnt, das ist alles.“ „Im Übrigen, weiß ich nicht, wie mein wundersamer Fund heißt.“ „Beatrice.“ „Kein Nachname?“ Sie lachte. „Ihr habt mir ja auch nicht Euren genannt.“ Massimo musste ebenfalls lachen. „Wie konnte ich nur so unhöflich einer engelsgleichen Person gegenüber sein. Mein Name lautet Massimo Sevencé.“ Beatrice neigte den Kopf und sagte: „Ich bin hoch erfreut Signore Sevencé.“ „Was ist nun mit Euch? Erfahre ich nun Euren Nachnamen auch?“ Beatrice lächelte. „Ich muss Euch enttäuschen aber ich habe keinen.“ Massimo zog eine Augenbraue hoch und sagte: „Ihr habt keinen? Jeder hat einen Nachnamen.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich nicht. Auch meine Schwester hatte keinen.“ „Hatte? Ist sie jetzt verheiratet und hat endlich einen?“ witzelte er. „Nein, sie starb. Es dürfte wohl einen Tag her sein, wenn heute der 6te Oktober ist.“ erwiderte sie beinahe beiläufig. Erschrocken bestätigte er durch Nicken das Datum. Er schluckte. „Ich denke, das Messer wird heiß genug sein.“ „Dann fangt an. Ich werde es schon überstehen.“ „Gut. Aber leider habe ich kein Betäubungsmittel mehr, Ihr müsst also bei Bewusstsein bleiben.“ Sie lächelte. „Fangt einfach an.“ Er nahm das Messer aus der Flamme und schnitt die Wunde aus. Beatrice drückte sich zurück auf das Kissen und presste die Zähne aufeinander. Sorgfältig schnitt er den Eiter heraus. Ihr stieg der Geruch ihres verbrannten Fleisches in die Nase. Sie hörte wie er das Messer fortlegte. Sie schaute auf. „Vergebt mir, falls es Euch zu sehr Schmerzen bereitet aber ich muss eine Wunde dieser Größe noch zusätzlich reinigen.“ Massimo nahm das Fläschchen und goss den Inhalt über die Wunde. Es brannte so, als würde sie in Feuer greifen. Dann nahm er einen Verband. „Hier sind die Algen, die ich sammeln konnte, bevor Ihr mir begegnet seid.“ „Dann hatte ich Glück, Euch nicht zu früh begegnet zu sein.“ erwiderte sie. Vorsichtig band er den Umschlag zu und richtete sich auf. „Ihr solltet jetzt noch eine Weile ruhen, Beatrice.“ Sie nickte. Massimo lächelte, deckte sie zu und verließ den Raum. Sie schloss die Augen und schlief ein. Am darauffolgenden Morgen, erwachte sie und stand auf. Ihr ganzer Körper schien sich mit Schmerzen dagegen zu wehren. Sie ignorierte den Schmerz, so gut es ging, und trat aus dem Zimmer. Vor ihr lag ein langer Gang. Der Boden war aus Marmor und die Wände waren in Weiß verputzt. Man konnte ihre Schritte hören, als sie lief. Sie schaute in die Zimmer, deren Türen alle offen standen. Sie fand Massimo in keinem Raum. Dann merkte sie, dass sie in der ersten Etage war. Beatrice ging die Treppe hinunter und schaute in die erste Tür zu ihrer Rechten. Es war eine Bibliothek und Massimo war dort. „Guten Morgen.“ grüßte er sie und ließ von seinen Büchen ab. Sie ging in das Zimmer und erwiderte den Gruß. Wie aus dem Nichts, wurden ihre Beine umklammert. „Mama!“ Erstaunt schaute sie nach unten und sah zwei kleine Kinder, sie waren nicht älter als 6 Jahre. Zwillinge. Breit lächelnd und mit geröteten Wangen schauten sie sie erfreut an. „Sebastiano, Alessio!“ mahnte ihr Vater. „Wo warst du denn so lange? Papa hat gesagt du bist verreist.“ „Hast du uns etwas mitgebracht?“ wollte der andere wissen. Beatrice schaute Massimo an, der sie etwas mitleidig ansah. Beatrice kniete sich hin und umarmte Sebastiano und Alessio. „Mama war in Griechenland. Aber sie hat euch ganz doll vermisst.“ Einer der beiden fragte: „Warum hast du ein Verband am Bein?“ Sie strich ihm über das braune Haar. „Mama ist nur hingefallen. Bald ist es wieder verheilt.“ Der andere Junge fragte: „Mama, spielst du mit uns?“ „Geht schon einmal vor, Mama muss noch kurz mit Papa sprechen.“ „Ist gut!“ antworteten sie fast synchron. Lachend rannten sie hinaus. Beatrice stemmte die Hand in die Hüfte. „So so. Engelsgleiche Person?“ sie grinste. „Ihr habt mich wohl nicht nur aus reiner Nächstenliebe gerettet.“ Er kam hinter seinem Tisch hervor und blickte, durch das Fenster, in die Ferne. „Meine Frau starb vor einem Monat an einer Krankheit. Als sie gestorben war, konnte ich es nicht übers Herz bringen, es meinen Jungs zu sagen. Ich erzählte, dass sie verreist wäre. Ich wollte warten bis sie alt genug sind.“ Beatrice stellte sich neben ihn. „Als ich Euch am Ufer, halb im Wasser liegen sah, dachte ich, Ihr seid meine Frau.“ Er drehte sich zu ihr. „Ihr seht ihr zum verwechseln ähnlich. Aber ich hätte Euch auch geholfen, wenn Ihr ein anderes Erscheinungsbild hättet.“ „Sehr nobel von Euch.“ Massimo lächelte. „Kommt mit, Ihr könnt nicht in einem Hemd mit Alessio und Sebastiano spielen. Ich gebe Euch Kleidung.“ Sie folgte ihm die Treppe wieder empor und trat in einen hellen und geräumigen Raum. Er ging zu einem großen Schrank, der aus Mahagoni gefertigt war. Er wurde so poliert, dass man sein Ebenbild schemenhaft sehen konnte. Er öffnete ihn und sagte: „Sucht Euch etwas aus. Es ist Euch freigestellt, was Ihr nehmt.“ Massimo ging wieder zur Tür und wollte sie gerade hinter sich schließen, als Beatrice sagte: „Ihr wisst, dass ich nicht für immer bei Euch bleiben kann.“ Während er die Tür schloss, antwortete er: „Selbstverständlich.“ __________________________________________________________ Anmerkungen von mit im Kommentar ^.- Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)