Stay (Faraway, So Close!) von Jessa_ ([Itachi/Sasuke- Centric]) ================================================================================ Kapitel 3: Kite --------------- Kapitel 3: Kite I'm a man, I'm not a child A man who sees The shadow behind your eyes Die Wahrheit war, wenn du ein Teenager bist und die meiste Zeit unnötig frustriert, ist es einfach Nirvana zu mögen. Später machte das alles Sinn. Jedenfalls dann, wenn du dich vorher nicht selber getötet hast. Itachi hatte sich nicht selbst getötet, bevor er erwachsen geworden war. Bevor er seinen endgültigen Platz im Leben gefunden hatte und nun ein finanziell sicheres und auch recht glückliches Leben zu führen vermochte. Knapp sechs Jahre nach dem Suizid-Tod des Sängers Cobain, genau zu Jahrhundertwende konnte Itachi von sich behaupten, in Ordnung zu sein. Itachi war zweiundzwanzig, Musikstudent, Raucher, einziger Erbe der Uchiha-Familie, Model und Ire. Sein bisheriges Leben verlief in geregelten Bahnen er war ein Glückskind, ein schwieriger Jugendlicher und nun war er ein verantwortungsvoller, selbstbewusster, junger Mann. Und heute wusste er, dass Nirvana und Kurt und Smells like teen spirit nicht der Schlüssel zu allem waren. Ihn hatten sie retten können, weil er eben unnötig unzufrieden gewesen war, frustriert, weil es ihm in den Kram gepasst hatte, nicht weil es nötig gewesen war, denn was er gebraucht hatte, hatte er bekommen. Von seinem Vater, der schon immer gutes Geld verdient hatte. Aber Sasuke hatte nicht von Nirvana gerettet werden können, weil sie eben nicht jeden retten konnten. Sie waren eben doch nur eine Band und machten Musik, wie jeder andere Musik machte, der eben Musik machte. Und er selber konnte den Jungen anscheinend auch nicht retten. Als er am Abend von Kakashi heim gekommen war, hatte er wirklich gehofft, Sasuke würde auf ihn warten oder er hätte vielleicht angerufen und eine Nachricht hinterlassen. Er hatte es wirklich gehofft, obwohl es sich da ja gar nicht um sein Leben ging. Das war nur das Leben eines Kindes, das er nicht kannte. Aber… es berührte ihn. Es berührte ihn selbst dann noch, als er eingeölt und vollkommen genervt von diesem Strandmodenshooting vor der Kamera stand. Wer machte bitte jetzt schon Werbung für die Bikinis und Badeshorts des nächsten Sommers? Das war doch verrückt, aber es brachte gutes Geld und sein Cousin Shisui hatte nur von den Fotografen und Stilisten geschwärmt. Ja, dachte Itachi dann, war klar. Shisui stand eben auf eingeölte Kerle genauso wie auf halbnackte Weiber. Der Kerl stand einfach auf alles, was nicht bei Drei auf den Bäumen war. Aber selbst darüber konnte sich der junge Uchiha nicht aufregen. Seine Gedanken waren immer nur bei dem Jungen von der Straße. Er wusste, verdammt noch mal, nicht mal dessen Namen. Er konnte nichts tun, um ihm zu helfen und während er hier stand, eingeölt und so leichtes Geld verdiente, musste dieses halbe Kind, dass er auch nach einigen Überlegungen nicht älter als sechzehn schätze, auf der Straße frieren, wahrscheinlich hungern und was nicht alles. Das Leben war nicht fair und an diesem Kind sah man auch, dass sich Irland und vor allem manche Ecken Dublins Straßen nicht von ihrer schönsten Seite zeigten. Touristen und Werbemache sprachen immer nur von dem Gold der grünen Insel, dem Land wo Milch und Honig fließt, von den magischen Orten, der wundervollen Musik, von Irland, den ständigen Gewinnern des Grand Prix. Aber sie erzählten nicht, was sich in den berüchtigten Gassen, der heruntergekommenen James Street Gegend oder anderen ähnlich verkorksten Plätzen der wundervollen, grünen Insel abspielte, weil sie es nicht wussten, weil selbst Itachi da nicht ganz klar sah. Da waren ein Haufen junger schwangerer Mädchen, Autodiebstähle, Drogendealerei, Prostitution, Kids, die wie dieser Junge auf der Straße lebten. Auch in Irland gab es Alkoholabhängige, auch hier war nicht alles Friede, selbst wenn die Touristen, die Einwanderer und die nie dort gewesenen Anhänger der Insel das glaubten. Im Grunde hatte Itachi, wie er es auch an jedem anderen Ort der Welt gehabt hätte, einfach nur das Glück, in eine Familie geboren zu sein, die Sorge trug und genügend Geld besessen hatte um das Bild einer perfekten Familie zu geben. Er hätte einfach nur, durch eine schicksalhafte Wendung, durch eine Spielerei Gottes, in ein Drecksloch fallen können. Das konnte jedem passieren, auch hier in Irland. ~~ Sasuke saß in der Gasse. Einsam, verlassen und blutend. An den intimsten Stellend blutend, weil er diesen Kerl, den besten Freund seiner verdammten Mutter, wieder getroffen hatte, der ihn erneut – dieses Mal aber auf dem dreckigen Asphalt dieses Hinterhofgasse – genommen und einfach liegen gelassen hatte. Dies war ihm auf der Straße bisher zweimal passiert, dass er diesen Kerl wieder getroffen hatte. Das erste Mal war gewesen, kurz nachdem er abgehauen und noch viel zu naiv und unwissend gewesen war um vorsichtig genug zu sein. Heute war er es wieder gewesen. Vor Hunger, weil er schon seit mehr als einer Woche nichts mehr in den Magen bekommen hatte, außer ein dreckiges, halbes Sandwich aus der Mülltonne neben dem Supermarkt, das er nur kurze Zeit später wieder ausgekotzt hatte. Bei diesem Dreckswetter wagte sich ja kaum mehr jemand auf die Straßen und so bekam er kein Geld zusammen. Schon seit zwei Tagen presste er unerbittlich die Zahnpasta aus der Tube und versuchte, weil er keine Flasche hatte, mit den Händen Regenwasser aufzufangen um wenigstens etwas zu Trinken zu bekommen. Alle öffentlichen Toiletten waren schließlich abgeschlossen um Penner wie ihn von dort fern zu halten und zu verhindern, dass sie sich in der Nacht dort zu schlafen nieder legten. Sasuke weinte nicht, er biss die Zähne vor Schmerzen zusammen und wünschte sich seinen Vater und den kleinen Stoffdrachen, den er damals von ihm bekommen hatte zurück. Wenigstens das hätte er jetzt gerne gehabt. Arme, die ihm umschlangen und ein Kuscheltier, seinen Kuscheldrachen, den er an sich drücken konnte. Aber sein Vater war tot, schon viel zu lange und den Stoffdrachen hatte der beste Freund seiner Mutter, sein Peiniger verbrannt. Widerstrebend und mit höllischen Schmerzen an seinem Anus stand er auf, zog sich die alte, und nun mit noch mehr Dreck und Löchern verunstaltete, Jeanshose zurecht und ging einige Schritte, ehe er sich an der rauen Hauswand festhalten musste, da seine Knie drohten nachzugeben. Nach wenigen Minuten, einem elendig knurrendem Laut seines Magens versuchte sich der Jugendliche noch einmal mit dem Gehen, wobei seine Beine nicht mehr den Dienst versagen wollten er aber genau spürte, wie das Blut durch seinen viel zu sehr gedehnten Muskelring lief. Er hoffte, dass es keine bleibenden Schäden hinterließ, denn einen Arztbesuch konnte er sich beim besten Willen nicht leisten, geschweige denn einen Krankenhausaufenthalt. Er wusste ja noch nicht einmal wo er die Nacht verbringen sollte um wenigstens geschützt zu sein vor diesem schrecklichen Schneeregen zu sein, der nun schon seit Tagen, nur mit winzigen Unterbrechungen, die Leute zum Seufzen brachte. Und wo er sich waschen konnte um den Dreck von dem besten Freund seiner Mutter, seinem Peiniger fortspülen zu können wusste er auch nicht. Leise schniefend und leicht zitternd vor Kälte und Schmerzen kämpfte er sich aus der Gasse hinaus und dachte an den jungen Kerl, der ihm den Zehner und den Zettel mit der Adresse da gelassen hatte. Vielleicht stand dessen Angebot nach knapp einem Monat ja noch und Sasuke könnte statt einem heißen Kaffee eine reinigende Dusche bekommen. Ein Versuch… war es wert. ~~ Als Itachi nach Hause kam, stockte ihm entsetzt der Atem. Vor den Treppenstufen des Hauses in dem seine Wohnung lag, saß der Junge von damals. Ein wenig durch die Abdeckung geschützt, hatte er die Augen geschlossen, aber das Gesicht schmerzverzehrt. Seine Jeans war kaum mehr blau, sondern gräulich dreckig und die Jacke schien durchnässt und klamm zu sein, die Chucks waren noch kaputter, als beim ersten Zusammentreffen, die Haut des jungen blasse, die Wange leicht geschwollen, als wäre er dort geschlagen wurden. Als Itachi näher kam, riss das Kind die Augen auf und erhob sich eilig, wobei ein unterdrückter Schmerzenslaut dessen Lippen verließ. „Hey, alles in Ordnung? Hast du Schmerzen?“, fragte Itachi alarmiert, doch der Jungen schüttelte nur sachte den Kopf und blieb eng an der Hauswand, mit einem Fuß auf der ersten Treppenstufe, stehen. Itachi steckte den Schlüssel ins Schloss, öffnete die Tür zum Hausfluh und winkte den Jungen hinein, der sich dort in der angenehmen Heizungswärme kurz, fast unmerklich, schüttelte, wobei seine nassen Haare Tropfen auf der dreckigen, viel zu dünnen Stoffjacke hinterließen. Itachi machte sich gefolgt von dem schweigsamen Jungen auf den Weg in die erste Etage, schloss auch dort auf und trat in die kleine Diele, zog dort schon seine Schuhe aus und bedeutet Sasuke es ihm gleich zu tun, ehe er ihn hinein lies. Das hatte nichts damit zu tun, dass Sasukes Schuhe dreckiger waren als seine oder damit, dass er ein Straßenjunge war, sondern Itachi verlange es von jedem der seine Wohnung betrat. Er war kein all zu großer Fan vom putzen und auch wenn er sie eine Putzfrau hätte leisten können, mochte er auch das nicht. Fremde holte er sich generell nicht gerne ins Haus, aber bei dem obdachlosen Jungen vor ihm war es irgendwie etwas völlig anderes. Im Wohnzimmer angekommen, lies Sasuke seinen Blick nur mäßig durch den Raum und über die teure Einrichtung schweifen. Er hätte nicht herkommen sollen, stellte er fest, als er mit löchrigen Socken auf dem wertvollen, sauberen Laminat stand. Ihre Welten, die des Mannes und seine, waren einfach zu verschieden. Zu verschieden, dass er um eine Dusche bitten konnte. Das er sich dazu traute. „Ich mach dir einen Kaffee, setz dich ruhig hin, wenn du möchtest“, hörte er Itachis ruhige Stimme, schüttelte jedoch eilig den Kopf und schritt auf den Größeren zu. „Nein“, machte er nur stoßend. Würde er den Kaffee annehmen konnte er sich die Möglichkeit sich waschen zu dürfen noch eher abschminken. Dann war es nicht nur unvorstellbar, sondern gar unmöglich. „Wenn du keinen Kaffee magst“, setzte der Ältere an und zeigte in die geräumige Küche. „dann habe ich auch genügend andere Sachen zum Trinken da.“ „Bitte“, flüsterte der verschüchterte Jugendliche, schielte auf den Boden und meinte leise: „Ich… könnte ich mich vielleicht bei Ihnen duschen? Oder waschen, falls das nicht möglich ist… ich meine…“ Itachi nickte und bedeutete dem Jungen, ihm ins Badezimmer zu folgen. Er holte aus dem kleinen Schrank ein großes Badetuch heraus, legte es auf die Ablage neben der Dusch und zeigte einladend auf das große Sanitärgestell. „Seife und so was steht dort“, sagte er noch und ging hinaus. Natürlich wollte das Kind duschen, schallte er sich dann. Wer würde das nicht wollen wenn man auf der Straße lebte und soviel Dreck auf dem eigenen Körper spürte. Dieses Gefühl konnte Itachi sich kaum vorstellen. Eilig befeuchtete Sasuke die grünliche Seife und schäumte sich notdürftig ein, wagte es nicht die teuren Pflegeprodukte des jungen Mannes zu benutzen, ehe er mit kalten Wasser, da man so Geld sparte, den Schaum, samt Dreck und Blut in einigen Regionen von seinem Körper wusch, ehe er die Haare anfeuchtete, ebenfalls ein bisschen Seifenschaum rein rieb und ebenso schnell, wie seinen Körper vorher, von dem Schaum wieder befreite um schon nach wenigen Minuten aus der Dusche hinaus zu sein. Er trocknete sich kurz ab, rubbelte sich die Haare soweit wie möglich trocken, zog sich die dreckigen Klamotten wieder über und warf noch einen kurzen Blick zur dusche zurück, ehe er sich auf den Weg in die Diele und dann zu Itachi Uchiha machte. Er hatte nur zurückgesehen um sich sicher zu sein, keinen Dreck hinterlassen zu haben. Nun wollte er so schnell wie möglich gehen, ehe der Erwachsene noch auf die Idee käme, ihn mit seinem Körper bezahlen zu lassen, aber einfach so abhauen gehörte sich nicht. Er konnte das einfach nicht tun auch wenn er schon so schlechte Erfahrungen mit solchen Dingen gemacht hatte. Bei Fremden duschen, sich einen Kaffee ausgeben lassen. Nichts in dieser Welt war umsonst, das hatte der Jugendliche schon zu genüge lernen müssen. Der junge Uchiha-Erbe saß mit übereinander geschlagenen Beinen auf dem Sofa und schaute auf, als Sasuke den Raum betrat. Auf dem Couchtisch vor ihm standen zwei dampfende Tassen. „Ich hab dir einen Kakao gemacht“, sagte der Dunkelhaarige und wies auf den Platz neben sich, ehe er zu einer der beiden Tassen griff und an seinem warmen, gesüßten Kaffee nippte. „Ich… danke Ihnen wirklich, Herr Uchiha. Es tut mir Leid, falls ich ihnen Unkosten gemacht habe und… es ist wirklich freundlich von Ihnen mir… aber ich sollte jetzt lieber gehen.“ Sasuke wusste, dass er mit Höflichkeit am weitesten kam. Vielleicht musste er so nicht mit seinem Körper bezahlen oder sich nicht schlagen lassen, weil er Geld verschwendet hatte, indem er vielleicht zu lange geduscht oder zu viel Seife benutzt hatte. „Hey“, machte Itachi noch, als Sasuke sich schon abwenden wollte. Er wusste es, jetzt konnte er sich auf Schläge gefasst machen. So war es bisher immer gewesen, wenn ihn jemand mit in seine Wohnung genommen hatte. Was hatte er sich nur dabei gedacht?! „Trink doch vorher etwas“, hörte er dann die ruhige Stimme des Älteren und spürte keine groben Behandlungen auf seinem Körper, einzig eine Hand die ihn am dreckigen Ärmel der Jacke festhielt. „Du musst dich gar nicht hinsetzten, aber glaub mir, etwas Warmes zu trinken tut gut.“ Widerwillig, und mit einem leichten Schwindelgefühl, nahm Sasuke das Getränk zur Hand, trank ein zwei kräftige, aber sehr schnelle Schlücke um so schnell wie möglich gehen zu können. Er spürte schon, dass er mit Sicherheit bald zusammen klappen würde. Nicht verwunderlich, schließlich hatte er schon so lange nichts Essbares mehr zu Gesicht bekommen, geschweige denn in seinem Magen hinein. Mit einem losen Gestammel verschwand Sasuke eilig, nachdem er die Tasse zurückgegeben hatte und in seiner Schuhe geschlüpft war, durch die Eingangstür in den Flur des Hauses. Wenn er schon einen Schwächeanfall kriegen würde, dann lieber irgendwo allein in einer dreckigen, stinkenden Gasse, als in der Wohnung eines Fremden, der dann mit ihm machen könnte, was er wolle. Itachi unterdes stand im Rahmen der offenen Haustür und blicke auf die weiße Flurwand, als er zunächst ein schmerzverzehrtes Stöhnen und dann einen Aufprall hörte, der ihn alarmiert hochschrecken und in den Flur gehen lies. Er schritt die Treppe in Erdgeschoss hinunter und sah den schmalen Körper des Jungen auf den kalten Fließen liegen. Er hatte es wohl Gott sei Dank noch bis hinunter geschafft und war nicht die Stufen herunter gefallen. Als Itachi näher kam und sich hinunter hockte, bemerkte er, dass der Junge es zudem noch geschafft hatte, den Sturz durch seine Hände abzufangen, sodass er nicht ernsthaft verletzt, sondern schlicht nur bewusstlos war. Dennoch machte Itachi sich schreckliche Sorgen um dieses fremde Kind zu dem er so ungewohnt offen und freundlich gewesen war. Er hob denn Schwarzhaarigen auf seine Arme und trug ihn, da der Kleine sehr zierlich und alles andere als schwer war, mit Leichtigkeit die Treppen bis zu seiner Wohnung hinauf und trat durch die offen gelassene Haustür in hinein. Er hätte den Jungen doch nicht dort liegen lassen können. Er hatte einfach helfen müssen. Keine andere Wahl und eine viel zu große Sorge um jemanden, den er nicht kannte. Vielleicht war es, weil er hinter all der Höflichkeit des Jungen, hinter all der Zurückhaltung eine Angst entdeckt hatte. Schon bei ihrem ersten Treffen. Eine Angst vor Dingen die er nicht kannte. Aber Itachi war ein Mann. Er war kein dummes, behütetes Kind mehr, kein Probleme machender Teenager, der dachte Nirvana könne jeden retten, nur weil er sich von ihnen tragen ließ, weil er unnötig frustriert gewesen war. Er war ein Mann, der die Schatten hinter den Augen dieses Menschen sah. to be continued... by Jessa_ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)