Deutschland. Nichts geht mehr. von Phillia (Aus glücklichen Familien besteht das Wohl des Staates.) ================================================================================ Am Ende war das Maschinengewehr ------------------------------- Bayerns innerer Kreis war merklich geschrumpft. An ihren rechten Seite stand Rheinland-Pfalz, die eine elegante kleine Pistole in der Hand hielt und sie nachdenklich lud. Auch Hessen war natürlich anwesend, stand etwas entfernt von den Frauen an einer Wand gelehnt und erledigte mit seinem treuen Blackberry einige Geschäfte, obwohl seine Hände kaum merklich zitterten. Zenzie war besorgt. Ohne, dass Nicole ein Wort gesagt hatte, war sie verschwunden. Die Chefin konnte nur mutmaßen, wohin sie verschwunden war, aber sie hatte ihr Sturmgewehr mit sich genommen. Die Kleine war wie eine Tochter für sie, und sie wusste zwar, dass sie zäh war und sich durchbeißen konnte, aber ihr Mutterinstinkt schrie, dass sie sie eigentlich beschützen sollte. Die drei waren in einem Raum im ersten Stock, in dem es nichts gab außer einem großen Tisch in der Mitte. Noch nicht einmal Fenster oder gar Stühle. Sie hatten den besten Blick zum einzigen Eingang hin, eine große, schwere Tür, und standen ohne Ausnahme aufrecht. Hessen murmelte leise, dass sie kommen würden. Der Portier des Gebäudes hatte vermutlich Baden und Württemberg gesagt, wo sie zu finden waren. Man sah angespannt zur Tür, die sich träge öffnete. Hessen blickte die Neuankömmlinge verwirrt an. Thüringen?! Was machte Thüringen da?! Sag bloß nicht... oh Gott nein. Bernd fixierte Zenzie aus zusammengekniffenen Augen, die wohl bedrohlich aussehen sollten, aber eigentlich nur lächerlich wirkten. „So, Blödfön! Jetzt wirst-“ Jeder blickte ihn an und prustete ausnahmslos los. Thüringen warf den Kopf umher, wurde rot und sprach noch lauter. „Jetzt wirst du friedlich aufgeben, damit wir hier die Herrschaft übernehmen, sonst müssen wir dich töten!!“ Baden und Württemberg sahen Thüringen mit etwas irritierten Gesichtszügen an. Niemand sprach davon, ihm auch nur den Hauch von Macht zu übergeben. Dann sprach Berlin. „Okay, okay, bevor ihr euch jetzt gegenseitig die Köpfe einschlagt...“ Er holte sich eine Zigarette heraus, steckte sie an und nahm einen tiefen, beruhigenden Zug, bevor er weiterredete. „... Bayern, du solltest wissen, dass ich auf der Seite der Schwertfische steh'. Aber die wollen mich nicht als vollwertiges Mitglied, von demher ist alles in Ordnung, wa?“ Lässig zuckte er mit den Schultern. „Ich mein, ich hab da noch einige schmutzige Wäsche von dir, die sollte nicht aufgehangen werd-“ Württemberg fiel ihm ins Wort. „Und Saarland ist tot.“ Baden seufzte entnervt auf. Es schien Lukas schwer fallen, irgendetwas richtig zu machen, gell? Bayern lehnte sich, während sie sich auf ihren Frankenrechen lehnte, nach vorne und musterte alle Leute, die gerade zu ihr gesprochen hatten und den Rest. Dies war eine sehr seltsame Truppe. Nicole war tot. Eine seltsame Truppe Vor allem verwirrte sie, dass Mecklenburg-Vorpommern auch hier war. Er gehört nicht hierhin. Oh, und Saarland war tot. Zenzies Hand packte den Griff ihres Rechens so fest, dass ihre Fingerknöchel sich weiß abzeichneten. Mecklenburg-Vorpommern ging ein paar Schritte auf Thüringen zu und nahm ihn an der Hand. Hier würde er sich nicht verstecken können. „Thüringen. Du darfst nicht so mit Hamburg reden. Außerdem habe ich Schleswig-Holstein getötet.“ Heftig entwand sich Bernd dem Griff des anderen und stolperte einen Schritt zurück. „Na und?!“ warf er Fritz entgegen und versuchte gleichzeitig, Bayern im Auge zu behalten. „Weißt du, wie egal mir das ist?!“ Fritz machte noch einen Schritt auf ihn zu. „Aber das ist deine Schuld. Gemeinsam mit mir. Wir sind beide Schuld...“ Sein Tonfall war traurig und Thüringen wollte sich lieber in einer Schießerei verwickelt wissen statt an die Wand gepresst zu sein und diesen merkwürdigen Mann vor sich sehen zu müssen. Hinter Fritz erschien Hessen, aber er half Thüringen nicht, sondern beobachtete die Szene, als wäre er ein interessierter Kinozuschauer. Baden schüttelte den Kopf. „Jetzt reicht's, Bayern!“ Er sah sie unverwandt an. „Du wirst den Platz räumen müssen!“ Auf Zenzies Lippen zeigte sich ein schmales Lächeln. „Und wer bist du, dass du denkst, mir Befehle erteilen zu können, kleiner Mörder? Ich erteile Befehle. Niemand sonst.“ Ein Knurren enwich ihrer Kehle. Diese dreckigen, kleinen, räudigen Sauhunde hatte ihren kleine Nicole getötet, das verstörte Mädchen, das nach dem Tod ihres Vaters – eines entfernten Verwandten ihrer Mutter – den Weg in Zenzies mütterlichen Schoß gefunden hatte. Sie würden sterben müssen. Alle beide. Egal, was der Preis war. Dann räusperte sich Württemberg. „Gut, wenn du es nicht anders willst...“ Er hob eine Hand mit im dumpfen Licht der Neonlampen an der Decke aufblitzenden kleinen Nadeln. Aber bevor irgendjemand irgendetwas tun konnte, wurde die Tür erneut aufgerissen. Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt, alle mit ernsten, verspannten Gesichtern, traten ein und ließen ihre Blicke über die Situation wandern. Bayern war nicht erfreut. Brandenburg rief erstaunt ein „Ihr? Wie-“ aus, ehe Niedersachsen ihm antwortete, dass er ihn mit einem Peilsender versehen hätte, seit vor einigen Tagen herausgefunden hatten, dass er eigentlich für die Beilschmidts arbeitete. Brandenburg schluckte. Sachsens Blick lag kalt auf ihm. Nordrhein-Westfalens Gesicht wurde von einem breiten Grinsen geziert, während er seine Waffe entsicherte, die ihm fast über den Kopf ragte. Albrecht fing an, Kopfweh zu bekommen, aber er versuchte, die Situation in ihre Einzelteile zu zerlegen. Auf der einen Seite waren da Bayern und Rheinland-Pfalz, die ihre Position verteidigen wollten und außerdem beide ziemlich wütend erschienen, dass Saarland gestorben war. Dann waren da Baden-Württemberg, die Bayern angreifen wollten. Thüringen war auch irgendwie gegen Bayern, aber nicht komplett auf derselben Seite wie Baden-Württemberg, und Hessen war eher gegen Thüringen als gegen die anderen. Mecklenburg-Vorpommern schien den Verstand verloren zu haben; die restlichen Schwertfische schienen, nun, wenn sie schon anwesend waren, Brandenburg, Berlin und Bayerns Familie töten zu wollen. Schleswig-Holstein schien tot zu sein. Sie hatten keinen Chef mehr, das war eine Truppe von vielen fähigen Leuten ohne Plan und Ziel. Und er und Berlin wollten eigentlich nur heil aus der ganzen Sache herauskommen. Es sah eigentlich gar nicht so schlimm aus, versuchte er, sich zu sagen. Tief durchatmen. „In Ordnung, Leute.“ Er hob beschwichtigend die Hände. „Wir haben jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder wir bringen uns alle gegenseitig um, oder wir gehen friedlich auseinander. Ich meine, es ist nichts gewonnen, wenn wir alle sterben. Die Geschäfte würden an irgendwelche Kleinkriminellen fallen. Alles, was wir jemals erarbeitet haben, würde zerstört werden.“ Seine Stimme war so laut, dass man sie noch auf dem Flur hören konnte, aber gleichzeitig versucht ruhig. Rheinland-Pfalz, die Nordrhein-Westfalen im Auge behielt, ließ ihre schlanke Waffe langsam sinken, ebenso wie Hans. Bayern atmete laut hörbar aus und behielt die Schwertfische sowie Baden-Württemberg im Auge. Die Situation schien sich zu entspannen. Einen Moment lang war alles still. Und dann wurde die Tür lauthals aufgerissen und Hamburg, die mit ihren Fünf-Zentimeter-Absätzen so gut wie alle Anwesenden überragte, stand in ihrem blau-roten Kleid auf der Schwelle und ließ einen strengen Blick über die Mafiosi gleiten. Kurz verengte sich ihr Blick, als sie Thüringen sah, aber in diesem Moment sah sie auch Mecklenburg-Vorpommern und ging mit selbstsicheren, fast schon arrogant wirkenden Schritten, so, als hätte sie eine viel höhere moralische Berechtigung, zu leben, als alle anderen in diesem Raum, zu Fritz hinüber und ergriff sanft seine Schulter. „Fritz, ich denke, es ist Zeit, zu gehen.“ „Aber ich habe Schleswig-Holstein getötet. Und Thüringen hat sich noch nicht entschuldigt.“ Bernd hatte große Lust, einfach ein „Mann ey, tut mir ja echt Leid, kannst du jetzt aufhören, mir so auf die Pelle zu rücken?!“ zu rufen, aber etwas in ihm hinderte ihn daran. Jettes Gesicht verzog sich einen Moment lang. „Und genau deswegen musst du gehen. Komm mit.“ Ihre andere Hand ergriff die Hand von Fritz. In seinem üblichen benommenen Zustand ließ er sich von ihr mitziehen, bis sie wieder an der Türschwelle standen. „Danke, Fritz.“ Sie lächelte zärtlich und strich über die Hand in ihrer Hand, und auch Fritz fühlte das Verlangen, ein wenig zu lächeln. Irgendwie war alles nicht so schlimm. Die Möglichkeit auf ein Ende ohne Blutvergießen bestand, aber dann drehte Hamburg noch einmal den Kopf herum. Ihr Blick funkelte alle an. Auf einem einsamen Felsen tief in der Nordsee fing Helgoland an, zu lächeln. Hamburgs Stimme war nicht laut, aber authoritär. „Ihr seid Verbrecher. Allesamt. Der Welt wäre gedient, wenn ihr euch wirklich alle töten würdet.“ „Halt doch deine Klappe, als wärst du besser, Puffmutter!“ Der Choleriker der Gruppe war gar nicht erfreut darüber, dass man ihm den Tod wünschte. Hamburg blickte ihn abschätzig an. „Oh ja. Ich schlachte nicht sinnlos Menschen ab.“ Mecklenburg-Vorpommern sah Thüringen aus großen Augen an, dann wandte er sich aus Hamburgs Griff und ging ein paar sehr schnelle Schritte auf ihn zu. Seine Hände legten sich um den Hals von Thüringen. „Alter!!“ Thüringen versuchte, sich zu befreien, aber er war erfolglos. Hamburg ergriff Fritz an der Schulter und zog ihn weg. „Lass ihn los, Fritz.“ teilte sie ihm ruhig mit, und er erschlaffte unter der Berührung. Hamburg blickte sie beide streng an und schüttelte den Kopf, obwohl etwas in ihr gerührt war, dass Fritz so weit gehen würde, nur weil Thüringen sie ein wenig beleidigt hatte. „Oh doch, ihr seid allesamt schlimmer als ich.“ Thüringen rieb sich den Hals, und dann wurde er von Hessen am Kragen gepackt. „Hör ihr zu, Bernd, und mach dir nichts vor! Natürlich bist du schlimmer als sie! Sie verrät nämlich nicht ihre Familie!! Die Familie ist das Wichtigste, aber dass DU das nicht weißt, hätte mir klar sein sollen!!“ Thüringen versuchte, sich aus Hessens Griff zu befreien, woraufhin dieser zur Seite stolperte, gegen Nordrhein-Westfalen stieß und dessen Waffe einen Schuss abfeuerte, der kreuz und quer durch den Raum schlug, bis er sich tief in Fritz' Rückenmark bohrte und ein panisches Kreischen von Hamburg erschallen ließ. Und das hieß Krieg. Innerhalb von Sekundenbruchteilen hatte jeder der Anwesenden eine oder mehrere Waffen herausgezogen. Bayerns erste Salve aus einem edel wirkenden Heckler & Koch-Maschinengewehr, das blitzschnell aus ihrem Dirndl gezogen wurde, tötete alle, die nicht schnell genug gewesen waren, sich zu ducken. Es ging allgemein sehr schnell – hier handelte es sich nicht um kleine Kinder, dies waren Menschen, die an der Seite von Verbrechen und Tod lebten. Sie nahmen keine Gefangenen. Sie töteten schnell, teils blutig und immer endgültig. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)