Deutschland. Nichts geht mehr. von Phillia (Aus glücklichen Familien besteht das Wohl des Staates.) ================================================================================ Geduld und Zeit --------------- Bernds Zorn war nicht verraucht, als er endlich einen Fuß auf den Boden in Bremen setzte. Er hatte für die Strecke, die eigentlich innerhalb von eineinhalb Stunden abgefahren werden konnte, drei Stunden gebraucht. Verfluchte Leute, die es nicht hinkriegten, anständig zu fahren. Dann war da halt ein Baum auf der Fahrbahn, na und?! Kein Grund, ein großes Trara zu machen. Boah. Aber er musste sich beruhigen. Die Drogen waren seine wichtigste Einnahmequelle. Ewig lange Plantagen tief im Herzen des Thüringer Waldes hatten ihm seinen bisherigen Reichtum und seine Zugehörigkeit zu Dominus Tecum gesichert. Aber er wollte mehr – er hatte sich noch im Bereich der Prostitution festgesetzt, und nun, nach dieser Situation – sein Puls stieg bei der Erinnerung daran – würde er sich abschminken können, jeweils wieder einen Fuß in ein deutsches Bordell setzen zu können, ob als Freier oder als Besitzer. Ohne Hamburgs Wohlwollen... er musste sich jetzt umso mehr auf Drogen konzentrieren!! Schnell lief er den Weg hinab durch alte Straßen bis zu einem modern wirkenden Hochhaus. Er rannte durch die Lobby in den Glasfahrstuhl und drückte ein paar Mal brutal auf die Zahl Sieben, bis das dumme Ding endlich anfing, loszufahren. Schwer genervt seufzte Thüringen und schob noch schnell seine schwarze Krawatte zurecht, bis die Türen mit einem leisen Pling auffuhren und den Blick freigaben auf einen Konferenzraum. Zwei junge Männer mit hellen Haaren saßen an einem kleinen runden Tisch und ein etwas älterer Herr in Anzug deutete auf ein aufgeschlagenes Buch und erklärte scheinbar den Text. Thüringen räusperte sich laut. Man sah auf und blickte ihn an. Etwas nervös blickte der jüngere der beiden Geschwister, Hein, zu seinem älteren Bruder, auf dessen Mund sich ein breites Lächeln ausbreitete, während er dem Assistenten Bescheid gab, dass er sich zurückziehen konnte. „Thüringen!! Wie cool, dass du da bist. Wie geht’s dir denn so?“ Bernd betrachtete die beiden. Sein kleiner Finger zuckte nervös. Er ließ sich unaufgefordert auf einen Stuhl sinken. Bremerhaven ließ ein kaum bemerkbares Hüsteln vernehmen. „Gu-Guten Tag, Thüringen...“ sagte er leise und schaute sofort wieder weg. Er überragte den Bruder, der neben ihm saß, um einiges, dennoch war er noch kleiner als Thüringen, und das erleichterte Bernd. „Hallo. Es geht um die Ware von letztem Monat.“ Wenn er die beiden jetzt einfach ein wenig austrickste... man musste in dieser Branche einfach aufpassen, es würde nicht seine Schuld sein, wenn die Brüder auf ihn hereinfielen. „... sie war gestreckt. Ich bin nicht zufrieden. Ich verlange eine Entschädigung.“ Selbstbewusst überkreuzte er die Arme vor der Brust. Bremen und Bremerhaven tuschelten leise miteinander. Sie wussten nicht, was sie darauf sagen sollten. Also ließ Bremen kurzerhand eine Hand auf den Tisch gleiten, und bevor Bremerhaven ihn daran hindern konnte, erwiderte er Thüringen mit einem schnippischen „Das kann nicht wahr sein!“ Bernds altes Handy klingelte. Düdeldüdi, düdeldüdi. Er nahm ab und hörte einen verstimmt klingenden Hessen am anderen Ende der Leitung. „Thüringen. Bayern ist gerade höchst … mit den Nerven am Ende. Bitte sag mir, dass du Erfolg hattest bei Hamburg.“ Seine Stimme wurde leiser. „Sie fletscht schon die Zähne...“ Thüringen, an seine Niederlage erinnert, grummelte nur etwas Unverständliches, bevor er klare Worte aussprechen konnte. „Nein, die Kuh hat was mit MeckPom. Und jetzt ist das ganze Geschäft da am Ende.“ Stille. Dann ertönte Bayerns wütende, schimpfende Stimme am anderen Ende. „DU!! Diringa, du saubleda Depp! Wia kannsdas dawagn, so a simpls Gschäft zua vahunzen?! Dei Schuid werds seign, wennma oisammd ins Armahaus kimma!! Sakrelidn, dasda fei ersd wiadakimmsd, wennsd dan Stoiz daschlogn host und ankriachsd wia da valausde Sauhund dersd bisd! “ Thüringen hob sich das Telefon weit vom Ohr weg, er verstand sowieso nichts, wenn Bayern wütend war und in ihrer eigenen Sprache schimpfte, und als sie scheinbar geendet hatte, machte er sich bereit, lauter zu schreien und sie mit einer Schimpftirade zu überziehen, die die Welt noch nicht gesehen hatte, aber da war schon aufgelegt. Die neugierigen Blicke von Bremen und Bremerhaven taten ihr Übriges. „Guckt mich nicht so dumm an, ihr Blödföne, ihr seid eh viel zu dumm für dieses Geschäft, boah, wisst ihr eigentlich, wie schrecklich dösig ihr seid?! Schlimmer als dieses transusige Mecklenburg-Vorpommern!! Ich meine-“ Eine ausladende Geste. Das Blatt auf seinem Kopf war kaum mehr vorhanden, nur noch ein Aschewölkchen brannte lichterloh auf seinem Kopf. „-ihr merkt's ja nicht einmal, dass ich euch hier über den Tisch ziehen will!! Seid ihr als Kinder zu oft auf den Kopf gefallen?! Hattet ihr überhaupt jemals Gehirnzellen?! Schrecklich!! Mit solchen Brummochsen wie euch hält man's echt nicht mehr aus!! Ich GEHE!“ Damit verschwand er aus dem Gebäude und hatte auch seine letzten beiden Partner ziemlich sicher vergrault. Allein die Gesichtsausdrücke der beiden – hauptsächlich der von Bremerhaven, Bremen hatte nur gedankenverloren in die Luft gestarrt – hatten Funken gesprüht und schienen ihm gesagt zu haben, dass er sich nie wieder blicken lassen sollte. Dann war Bernd in eine Seitengasse verschwunden, und als er wieder herauskam, hatte sein Magazin eine Kugel weniger und Bernd hatte sich ein wenig abreagiert. Laut fluchend stieg er zurück in sein Auto und fuhr los. Er fuhr in Richtung Bayern. Mit einem einzigen Wunsch. Nie wieder würde er für diese Henne auch nur einen Finger krümmen – außer für ihren Tod. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)