Der letzte Termin des Richters von Hotepneith (Lord Sesshoumarus fünfzehnter Fall) ================================================================================ Kapitel 3: Die Aussagen der persönlichen Diener ----------------------------------------------- Die Mordmethode habe ich wohl etwas ungenau beschrieben. Da ein Leser schon fast versucht war, direkte Vergleiche anzustellen, werde ich unsere Absprache hier mal veröffentlichen:) «du meinst also als eine Art Schwung... vom Täter aus gesehen also mit der rechten Hand von unten nah oben in einer Art Kreisbewegung? Ja, der dann abrupt am Körper des anderen endet...mit gewünschtem Erfolg, man könnte fast sagen, der Mörder/die Mörderin war übereifrig.... 3. Die Aussagen der Diener Fujita, ein braunhaariger Wolfsdämon scheinbar Mitte Vierzig, verneigte sich höflich vor Sesshoumaru, ehe er niederkniete, ohne dass sich dieser umdrehte, zu gut erzogen um auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden. Das war der Erbprinz der westlichen Länder, Sohn des Herrn aller Hunde, und brauchte keine Höflichkeiten an einen einfachen Wolf zu vergeuden. Das einzige Zeichen seiner Nervosität war ein unwillkürliches Zurechtzupfen seines Kimono. „Du bist Fujita, der persönliche Diener des verstorbenen Richters Mamoru.“ „Ja, Lord Sesshoumaru. Der arme Herr…“ Keine überflüssigen Bemerkungen: „Was geschah heute Morgen?“ „Der Herr kam zwar pünktlich wie stets, fühlte sich jedoch nicht wohl und ließ daher alle Besprechungen absagen, außer der mit dem Heiler.“ „Er war krank?“ Ungewöhnlich bei einem Dämon. „Nein, nicht so richtig, Lord Sesshoumaru. Er…nun, in seiner Eigenschaft als Richter musste er stets viel reden und war darum oft heiser. Eigentlich immer. Ich vermute, dass er schon so geboren war.“ Dennoch ungewöhnlich: „Du hast folglich alle Besprechungen abgesagt und Akiyama, als er kam, in das Vorzimmer geführt.“ „Ja, Lord Sesshoumaru. Ich klopfte an das Holz der Tür und der Herr antwortete schwer verständlich, Akiyama solle einen Moment warten, er würde ihn dann selbst holen. So bat ich den Heiler zu warten und ging in das Nebenzimmer, wo ich meine eigene Arbeit erledigte. Ich schrak erst auf, als der Heiler nach dem Samurai rief. Also, er rief: Wachen, wo ist hier die Wache? Und ich lief sofort hinüber.“ „Welches Bild bot sich dir?“ „Der Samurai stand bereits vor mir in der Tür zum Arbeitszimmer des Herrn. Als er weiter ging, konnte ich erkennen, dass der arme Herr auf dem Boden lag, eine schreckliche Wunde am Hals. Der Heiler kniete neben ihm und versuchte, die Blutung zu stillen oder ähnliches, jedenfalls sah er zu uns und sagte, der Herr sei tot, ermordet worden.“ Fujita atmete tief durch, zu geübt im Bericht abgeben, um noch einmal den Fehler zu begehen, seine persönliche Trauer mit einfließen zu lassen: „Der Samurai wies mich an, seine Kollegen und den Burgvogt zu holen und blieb selbst bei Akiyama. Tatayuki ließ dann unseren Heiler und auch den Raum gründlich durchsuchen, um die Mordwaffe zu finden, aber sie war verschwunden. Nun, er…er ließ dann auch mich durchsuchen.“ „Wie heißt der Samurai?“ „Das...das weiß ich nicht, Lord Sesshoumaru.“ „An welchen Fällen arbeitete Mamoru in der letzten Zeit? War jemand dabei, der zornig auf ihn war?“ „Nein, nicht das ich wüsste. Die meisten Fälle, die uns…die dem Herrn vorgelegt wurden, sind ja Erbschaftsangelegenheiten, Heiratsgenehmigungen und ähnliches. Straftaten werden so gut wie nie begangen.“ Fürst Kuro konnte sehr unangenehm werden, wenn Dämonen Verbrechen untereinander begingen – und das war noch gelinde ausgedrückt. Auch wegen Erbschaften konnte es Streit geben, aber nun gut. Was musste er noch bedenken? Wie war dieser Mord passiert? Das Opfer war angeblich sehr heiser gewesen und hatte nur schlecht um Hilfe rufen können. Aber dennoch: wie war der Täter hinein- und hinausgelangt? Doch ein Pfeil von außen – und Heiler und Samurai im Bund, die ihn verschwinden ließen? Nur, wohin? Der Burgvogt hatte umsichtig gehandelt. Und im Endeffekt auch der Samurai, so er nicht beteiligt war. Schließlich hatte er den möglichen Tatverdächtigen nicht allein gelassen. Und ein Pfeil aus diesem Winkel, so in den Hals einschlagend, war eigentlich unmöglich. „Wer wird der neue Richter?“ „Das…das wird der Fürst bestimmen, Lord Sesshoumaru.“ Und da sich dieser langsam umwandte: „Nun, ich gebe zu, dass ich mir Hoffnungen mache. Aber das liegt allein bei Fürst Kuro. – Ich hätte dem armen Herrn doch nie etwas angetan! Und außerdem war doch der Heiler bei mir….“ Fujita brach lieber ab. „So hat er keinen Erben.“ „Nein, Lord Sesshoumaru. Er und seine Gemahlin Yoshiko hatten kein Kind.“ „Yoshiko.“ Der Name war noch nicht gefallen. „Äh, ja. Sie starb erst vor drei Tagen.“ Wie ungemein passend. „An was?“ „Es…es war eine schwere Geburt und….nun, der Heiler versuchte Mutter und Kind zu retten, aber es gelang ihm nicht. Ich…wenn ich eine Vermutung äußern dürfte?“ „Nun?“ „Der arme Herr schrie da auf, so wild, wie ich es noch nie von einem Wolf gehört hatte. Ich vermute, dass er darum nun so heiser war. Noch viel mehr als sonst.“ War das eine Spur? Aber dennoch war das Rätsel des Wie. Überdies: wer sollte etwas dagegen haben, wenn die Frau des Richters diesem einen Erben schenkte? Oder wer sollte etwas davon haben, Mamoru zu töten? Wer war nun der Erbe? Fujita? Der Kanzleivorsteher müsste das wissen. Was war mit diesem Samurai? Was sollte er nur seiner Mutter sagen? Wo blieb eigentlich Sakura? Ruhig bleiben, ermahnte sich der Hundeprinz. Mit Hektik würde er nichts herausfinden. Noch war nichts geklärt, konnte nichts geklärt sein. „Du kannst gehen.“ „Danke, Lord Sesshoumaru.“ Etwas erleichtert erhob sich Fujita, nicht, ohne sich noch einmal zu verbeugen. Als er eben hinausgehen wollte, kam gerade die junge Heilerschülerin und verneigte sich eilig, ehe sie niederkniete und die Tür hinter dem Diener schloss. Sesshoumaru erstarrte unmerklich, als er am Hauch einer Witterung erkannte, warum sie so spät gekommen war – eigentlich zu spät, als dass sie ohne Strafe davonkommen würde: „Du wurdest aufgehalten.“ „Ich bitte um Vergebung, Lord Sesshoumaru…“ murmelte sie höflich, ohne anzunehmen, dass ihr das helfen würde. Sie kannte das scheußliche Gefühl zwischen zwei Felsen zu geraten. „Ich zweifle nicht, dass es dir schwer gefallen wäre, meiner verehrten Mutter die Auskunft zu verweigern.“ Für einen Moment war Sakura erleichtert, ehe die Frage kam: „Was wollte sie von dir?“ Das war der Moment, in dem sie am liebsten im Erdboden versunken wäre. Sie benötigte alle Disziplin, die sie je gelernt hatte, um den Satz hervorzubringen: „Wünscht Ihr es wörtlich?“ „Ja.“ War das ihr Todesurteil? Sakura war in den Haupttrakt des Schlosses zurückgeeilt, hatte jedoch kurz gezögert, ehe sie den richtigen Gang zu dem Gästezimmer gefunden hatte. Die Dämonen, die hier ihrer Arbeit nachgingen, hatten sie ein wenig neugierig gemustert, aber nicht weiter beachtet. „Warte, Menschenmädchen.“ Die weibliche Stimme ließ sie erstarren und sich umdrehen, bereits niederkniend. Die Hundefürstin hatte die prompte Höflichkeit durchaus zur Kenntnis genommen: „Komm.“ „Ich bitte um Vergebung, aber Lord Sesshoumaru…“ Eine kaum bemerkbare Erheiterung: „Erwartet dich und wird dich bestrafen, wenn du zu spät kommst. Natürlich. Komm.“ Sakura hatte durchaus erkannt, dass sie keine Wahl hatte. Verweigerte sie der Gemahlin des Inu no Taishou den Gehorsam, würde eben diese sie bestrafen. Und da wäre Lord Sesshoumaru wohl noch besser. Immerhin kannte sie ihn doch schon und hoffte, ihn irgendwie soweit besänftigen zu können, dass er sie nicht umbrachte. Mutmaßlich würde er sogar einsehen, dass sie seiner Mutter folgen musste. In deren Gästezimmer kniete sie erneut nieder, ohne dass die Hundedämonin sie weiter beachtete und an das Fenster trat. Sakura konnte den Gedanken nicht unterdrücken, ob Seine Lordschaft von dieser elterlichen Seite sein manchmal etwas fragwürdiges Benehmen hatte. Warum sagte die Fürstin nun nichts? Aber ihr war klar, dass sie warten musste. Diener mussten eben warten, bis die Herrschaft Zeit für sie fand. „Prinzessin Tokushima erwähnte, dass du anführtest keinerlei Schutz gegen Lord Sesshoumaru zu benötigen. Mir kamen jedoch andere Gerüchte zu Ohren.“ „Gerüchte, Herrin“, wandte die Heilerschülerin prompt ein. Sie war glühend rot. Das gab es doch nicht. Waren die Nachreden, sie sei die Geliebte des Prinzen schon bis zu seiner Mutter vorgedrungen? Wie ungemein peinlich! „Deine Schuld?“ Die Hundedämonin würde eine Lüge wittern. Das war eine Fangfrage. Zum Glück konnte sie ehrlich antworten: „Nein, Herrin. Ich rede dagegen an.“ Mehr sollte sie besser nicht sagen. Herrschaften schätzen keine überflüssig langen Vorträge. „Wie entstand dies dann?“ „Ich….“ Die Fürstin wandte sich um und hob eine Augenbraue. Sakura empfand dies zu Recht als Drohung, hoffte allerdings, dass die Berührung eines Menschen doch unter der Würde der Dame wäre, und bat hastig: „Darf ich ausführlich antworten?“ „Es scheint nötig zu sein.“ Wie formulierte sie das nur behutsam gegenüber einer Mutter? „Der Ruf Seiner Lordschaft ist….nun, es ist unter allen dämonischen und menschlichen Dienern des mächtigen Inu no Taishou bekannt, dass der edle Lord Sesshoumaru keinen Fehler verzeiht. Ich wurde bereits einige Male von meinem Herrn an seinen Sohn befohlen und habe bislang überlebt. Da sich wohl niemand vorzustellen vermag, dass ich keinen Fehler beging, nahmen sie an, dass mein Verschonen einen anderen Grund hat…“ „Hast du keinen einzigen Fehler begangen?“ „Ich bin nur ein Mensch…“ Schweigen, aber wie bei ihrem Sohn war das die Aufforderung weiter zu sprechen, erkannte Sakura und fuhr fort: „Lord Sesshoumaru empfand meine Fehler wohl nicht als gravierend genug, um seine Zeit mit meinem Tod zu verschwenden.“ Dieses Mädchen setzte seine Worte jedenfalls erstaunlich gewandt für eine niedrige Lebensform. „Er hat dich jedoch schon bestraft.“ „Ja, Herrin. Bitte…“ „Was?“ „Fragt nicht weiter. Lord Sesshoumaru schätzt es nicht, wenn man über ihn spricht.“ Sie starrte zu Boden. Weitere Fragen müsste sie beantworten, aber das würde ihr eine sichere Bestrafung von wem auch immer einbringen. Die Hundefürstin erkannte die, wenn auch gut verborgene, aufsteigende Angst: „Du darfst gehen.“ „Danke, Herrin.“ Sie sprang auf, etwas erleichtert, vergaß jedoch nicht, sich vor der Dame zu verneigen, ehe sie ging, nicht willens, noch im letzten Moment einen Fehler zu begehen. Aber anscheinend hatte diese nur wissen wollen, ob ihr Sohn in der Tat so tief gesunken wäre, sich eine menschliche Geliebte zu nehmen, zumal ihr Tokushima gewiss von dem Kuss erzählt hatte. Der Dämonenprinz hatte dem Bericht schweigend zugehört: „Welche Gerüchte?“ Sakura schluckte bei dieser nur sachlichen Frage, ehe sie behutsam formulierte: „Ich vermute, die Herrin meinte die Gerüchte, die schon einmal umliefen, dass….dass ich auch Eure körperlichen Wünsche zufrieden stelle.“ Sie sah aus den Augenwinkeln, wie er unwillkürlich die Hand versteifte, sie aber wieder entspannte. Es war für ihn wohl wirklich eine unglaubliche Beleidigung ihm engeren Kontakt zu einer Menschenfrau zu unterstellen. Sesshoumaru erinnerte sich an Fürst Gekkou, der ihm gegenüber ähnliche Andeutungen gemacht hatte. Hatte der etwa aus seiner kleinen Niederlage bei einem Übungskampf nichts gelernt und ging ausgerechnet bei seiner eigenen Mutter damit hausieren? Ob er mit ihr darüber sprechen sollte? Nein. Das hätte diese Gerüchte nur noch zusätzlich aufgewertet. Sollte er Sakura nun für das Zuspätkommen bestrafen? Sie rechnete damit, dass verriet ihm ihre angespannte Körperhaltung, der Geruch der Angst. Wie immer flehte sie jedoch nicht um Verschonung – und er war sicher derjenige, der am ehesten nachzuvollziehen vermochte, wie dominant seine Mutter wirken konnte. „Sakura, die Ehefrau des Toten, Yoshiko, starb vor drei Tagen im Kindbett. Ich wünsche Informationen.“ „Ja, Lord Sesshoumaru.“ Sie sprang unverzüglich auf: „Weitere Befehle?“ Er wandte sich erneut zum Fenster und sie nahm es als Aufforderung, ihrer Anweisung schleunigst nachzukommen. Sesshoumaru atmete tief durch, ehe er beschloss, diese Einmischung der mütterlichen Seite in der Tat schlicht zu ignorieren. Er wusste schon, warum er sie so selten aufsuchte. Dennoch: es war wichtig diesen rätselhaften Mord aufzuklären. Womöglich konnte ihm Ryuichi weiterhelfen. Als Leiter der Kanzlei und zugleich Haushofmeister dürfte er der bestinformierteste Mann des ganzen Schlosses sein. Sollte sich Sakura um den Tod der Ehefrau kümmern – der Mord am Richter, wenn es denn nicht doch Selbstmord war, war eindeutig wichtiger. Falls beides nicht zusammenhing…. *** Die arme Sakura hat nun zwei Hundedämonen im Kreuz - oder sollte das Mitleid doch eher Seiner Lordschaft gelten? Das nächste Kapitel bringt eine Einmischung Lord Yamis und die Aussage des Samurai bye hotep Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)