Der letzte Termin des Richters von Hotepneith (Lord Sesshoumarus fünfzehnter Fall) ================================================================================ Kapitel 1: Mutters Wunsch ------------------------- Der neue Mitratekrimi. Wie immer erhaltet ihr die Indizien in dem Moment, in dem sie auch der - äußerst widerwillige - Ermittler bekommt. 1. Mutters Wunsch Als Sesshoumaru an einem heißen Sommertag zu seinem Vater gerufen wurde, ahnte er nichts Böses. Als er allerdings die gewisse Heiterkeit in dessen Augen entdeckte, stutzte er. Ohne sich jedoch etwas anmerken zu lassen, verbeugte er sich höflich etwas und nahm an dessen rechter Seite Platz. Was war denn nun schon wieder passiert? Wollte Vater ihn wiederum zu einem Mordfall befehlen? „Ich erhielt soeben einen interessanten Brief deiner Mutter“, begann der Inu no Taishou. Etwas erleichtert fragte der Hundeprinz wohlerzogen: „Geht es ihr gut?“ Hoffentlich wollte sie nicht herkommen. Aber dann wäre Vater kaum so amüsiert gewesen. „Sie ist im Moment bei Fürst Kuro auf Besuch.“ Kuro. Oh, an den erinnerte sich Sesshoumaru. Er war mit seinem ältesten Sohn Yami mit unter den zwölf Dämonenfürsten gewesen, bei diesem peinlichen Empfang, als gleich zwei Fürsten hier ermordet wurden. Allerdings war es nicht verwunderlich, dass seine Mutter einmal ihr Schloss verlassen hatte und ihn besuchte, grenzten ihre Gebiete doch aneinander. Obwohl seine Eltern ja noch immer offiziell verheiratet waren, lebten sie getrennt, so dass sich Mutter um ihre eigenen Angelegenheiten kümmerte. Da sie sich durchaus gegenseitig achteten, vermutete der Hundeprinz, dass es zum einen seinem Vater mit seiner Mutter zumindest nach der pflichtgemäßen Geburt des Erben ähnlich erging wie ihm selbst: ganz angenehm in drei Tagesreisen Entfernung – und sie diesen wiederum als Schutz gegen unwillkommene Freier sah. Nach einer Scheidung hätte es sicher viele Dämonenfürsten gegeben, die sie ihrer Ländereien wegen umworben hätten. Die Lust darauf war gewiss deutlich geringer, wussten sie, dass ihnen zuvor ein Duell mit dem Inu no Taishou bevorstand. Der Herr der Hunde fuhr gelassen fort: „Und sie wünscht unverzüglich deine Anwesenheit. Es gab einen rätselhaften Todesfall.“ Sesshoumaru konnte trotz aller Selbstbeherrschung nicht verhindern, dass sich seine Hand in den Stoff seiner Hose krallte. Das gab es doch einfach nicht. Fing Mutter jetzt auch schon mit diesen Ermittlungen an? Wollten sich seine Eltern künftig abwechseln? „Und Eure Meinung, verehrter Vater?“ „Du wirst dem Anliegen deiner Mutter folgen, nicht wahr?“ Das war ein Befehl. „Wie Ihr wünscht.“ Warum hatte er für einen Moment auch nur gehofft…. Immerhin handelte es sich um ein Dämonenschloss: „Was ist geschehen?“ „Ein Mann wurde in einem Zimmer ermordet, das niemand betrat.“ Unsinn, dachte der Dämonenprinz prompt. Dann wäre es Selbstmord. Es sei denn: „Die Tatwaffe wurde nicht gefunden?“ „Nein. Keine Tatwaffe, kein Täter. Der Mord geschah heute Morgen. Genaueres wird dir deine Mutter oder auch Fürst Kuro berichten können. Nimm Sakura mit.“ Sesshoumaru erhob sich schweigend, zu gut erzogen, um seine momentane Ansicht über seine selten einigen Eltern auch nur in Gedanken auszusprechen. So standen der Hundeprinz und die Heilerschülerin nur zwanzig Minuten später vor dem Schloss der Wolfsdämonen in den dichten Wäldern der nördlichen Insel, die Fürst Kuro unterstanden. Sakura war es mittlerweile gewohnt, aus ihrer eigentlichen Arbeit gerissen zu werden um zu Mordermittlungen zu sollen. Und allzu viel zum Mitnehmen besaß sie nicht. Sie bemerkte, wie die dämonischen Wachen den Besuch erkannten und eilig sowohl Nachricht zum Herrn schickten als auch das Tor für den Gast öffneten. Als Sesshoumaru den quadratischen Hof betrat, sah er sich rasch um. Alles wirkte vollkommen ruhig. Nun, eigentlich hatte er auch nicht erwartet, dass ein Toter in einem Dämonenschloss für große Unruhe sorgen würde. Ein braunhaariger Mann im seidenen Kimono eilte auf ihn zu und verneigte sich: „Ihr seid Lord Sesshoumaru, vermute ich. Mein bescheidener Name ist Ryuichi. Ich bin der Leiter der Kanzlei und Haushofmeister Fürst Kuros. Darf ich Euch zu ihm begleiten?“ Für einen Moment war Sesshoumaru verärgert, dass ihn der Fürst nicht persönlich begrüßte, aber der hatte ja hohen Besuch. Und seine Mutter würde es äußerst unwillig zur Kenntnis nehmen, würde sie vom Gastgeber für ihren Sohn verlassen: „Ja.“ Sakura kniete im Arbeitszimmer eilig neben der Tür nieder. Fürst Kuro kannte sie von dem Empfang der Fürsten, bei dem sie ja im Auftrag des Inu no Taishou mitermittelt hatte. Und der junge Mann rechts neben ihm war sein Sohn, oder zumindest der älteste von ihnen, Lord Yami. Beide trugen eine braune Fellboa um die Schultern. Im ersten Moment vermutete sie, die weißhaarige Dämonin links neben dem Hausherrn sei seine Ehefrau und war etwas überrascht, nahmen Frauen doch nie an solchen Begrüßungen teil. Noch verblüffter wurde sie dann durch die ersten Wortwechsel: „Ich freue mich, Lord Sesshoumaru, Euch in meinem Schloss begrüßen zu dürfen“, erklärte Fürst Kuro. „Danke“, meinte dieser nur, um den Kopf ein wenig zu neigen: „Euer Wunsch, verehrte Mutter.“ Mutter? Sakura hätte fast aufgesehen, schaffte es aber gerade noch, weiter zu Boden zu starren. Das war seine Mutter? Diese klang gelassen: „Soweit ich weiß, bist du mittlerweile ein erfahrener Ermittler. Und da mein Gastgeber einen rätselhaften Todesfall zu beklagen hat, wollte ich ihm einen Gefallen tun.“ „Ich bin Euch zu Dank verpflichtet, teure Fürstin“, meinte der Schlossherr höflich: „Welche Wünsche habt Ihr, Lord Sesshoumaru?“ Die würden ihm sicher nicht gefallen. Aber der Hundeprinz nahm sich zusammen: „Ich hätte gern ein Zimmer. Und ungehinderten Zutritt zu allen Räumen des Schlosses sowie jede Auskunft, die ich benötige.“ „Natürlich. Ryuichi, meinen Kanzleivorsteher und Haushofmeister, habt Ihr bereits kennen gelernt. Er wird Euch Euer Gästezimmer zeigen und Euch dann Tatayuki vorstellen, den Burgvogt. Dieser wird Euch vom bisherigen Stand der Ermittlungen in Kenntnis setzen. Oh, was soll mit…mit Eurer…hm… Dienerin geschehen?“ Sakura konnte nur vermuten, dass Sesshoumaru etwas verblüfft aussah, da sie ihn nicht anblickte. Aber sie entsann sich, dass Fürst Gekkou bei diesem Empfang irrtümlich vermutet hatte, sie sei die Geliebte des Prinzen. Hatte der das etwa weitererzählt und unterlag auch Kuro nun diesem Irrtum und wunderte sich? Aber der Dämonenprinz sagte nur: „Nichts. Sie befolgt meine Befehle.“ „Oh, Neigis Schülerin, ich verstehe“, meinte seine Mutter: „Wie amüsant. Ein Mensch und auch noch weiblich. Prinzessin Tokushima erwähnte, dass du sie einsetzt.“ „Der Befehl meines Herrn und Vaters, verehrte Mutter“, erwiderte Sesshoumaru prompt, den allein dieser Name an eine unangenehme Zeit erinnerte. Und er war sicher, dass sie das genau wusste: „Ich werde unverzüglich mit den Ermittlungen beginnen.“ Er drehte sich um und verließ den Raum. Sakura folgte ihm hastig, wobei sie hätte beschwören mögen, dass in den Augen der vornehmen Hundedämonin Amüsement gelegen hatte. Sie wusste nur nicht, ob das ihr oder dem Sohn gegolten hatte – oder beiden. In dem bis auf eine Matte leeren Gästezimmer trat der Hundeprinz an das Fenster: „Dann will ich Tatayuki sprechen.“ „Sehr wohl, Lord Sesshoumaru.“ Ryuichi verließ den Raum, nicht, ohne der schweigsam neben der Tür knienden Sakura einen raschen Blick zuzuwerfen. Für einen einzigen Menschen unter lauter Dämonen wirkte sie äußerst ruhig. Nur wenig später kam der Burgvogt, in Rüstung und Schwert. Auch er war, wie der Hausherr, ein Wolfsdämon, soweit Sakura das beurteilen konnte. Nun, es waren hier wohl die meisten. Im Gegensatz zu den Hundedämonen besaßen sie schwarze Haare, vereinzelt auch braune, was sie hier im Schloss bislang gesehen hatte. Er legte die Hand an die Brust, ehe er sich auf ein Knie niederließ. Der widerwillige Detektiv erwies ihm die Ehre sich umzudrehen: „Du bist Tatayuki, der Bugvogt.“ „Ja, Lord Sesshoumaru.“ „Du leitest die Ermittlungen.“ „Ich habe sie bislang geleitet.“ Jetzt fing er auch noch an zu stümpern! Er sollte sich in der Tat zusammennehmen: „Dein Bericht.“ Der Burgvogt hob etwas den Kopf, ohne freilich die Unhöflichkeit zu besitzen, dem Prinzen in das Gesicht zu blicken: „Das Opfer war ein Wolfsdämon namens Mamoru. Er arbeitete in der Kanzlei als Leiter der Gerichtsverfahren des Herrn. Der Heiler, Akiyama, fand ihn. Er war mit ihm verabredet. Mamorus persönlicher Diener begleitete ihn an dem diensthabenden Samurai vorbei in das Wartezimmer und fragte durch die geschlossene Tür Mamoru, ob er ihn empfangen wolle. Dieser erwiderte, er hole ihn gleich selbst. Der Diener, sein Name ist Fujita, ging dann an seine Arbeit, in ein direkt benachbartes Zimmer. Akiyama wartete fast eine halbe Stunde, dann wurde er ungeduldig und wollte nachfragen, was nun sei. Er fand Mamoru mit einer schweren Halsverletzung – tot. So rief er den diensthabenden Samurai vor der Tür des Wartezimmers. Dieser rief wiederum nach Fujita und sandte ihn nach mir und anderen Kriegern, da er weder die Leiche noch den zu diesem Zeitpunkt verdächtigen Heiler allein lassen wollte. Das Zimmer und auch der Heiler wurden nach der Tatwaffe, offenkundig einem Messer, durchsucht, aber es wurde nichts gefunden. Niemand anderer war an dem Samurai vorbeigekommen.“ „Könnte das Messer durch das Fenster geworfen worden sein?“ Sei es hinaus oder hinein. Tatayuki war erleichtert, es mit keinem Anfänger zu tun zu haben. Er hatte schon befürchtet, dass dieser jugendliche Hundedämon nur ehrenhalber mit dieser Aufgabe betraut worden wäre: „Nein, Lord Sesshoumaru. Das befestigte Fenstergitter ist zu eng. Ich überprüfte auch selbst, ob es manipuliert worden wäre, aber dem war nicht so. Auch ließ ich draußen den Boden und die Pflanzen unterhalb des Fensters durchsuchen, es war nichts zu finden.“ Da verstand einer seinen Verstand zu gebrauchen. Ein gewisses Licht in diesem Fall: „Der Heiler bestätigt, dass das Opfer auf die Nachfrage des Dieners antwortete.“ „Ja, Lord Sesshoumaru. Akiyama ist sicher, dass es die Stimme Mamorus war. – Überdies gäbe es keine Möglichkeit für den Mörder aus dem Zimmer zu entkommen. Er hätte an Akiyama und dem diensthabenden Samurai vorbei gehen müssen. Oder zunächst an dem Samurai und Fujita.“ Was nicht unbedingt etwas aussagte. Er hatte bereits des Öfteren Morde zu klären gehabt, in der die Leute zusammengearbeitet hatten. „Dann zeige mir den Tatort.“ „Ja, Lord Sesshoumaru.“ Der Burgvogt erhob sich und war etwas überrascht, als das Menschenmädchen unverzüglich aufstand, als der Prinz an ihr vorbeiging, ehe ihm einfiel, dass dieser eine Fingerbewegung gemacht hatte. Offensichtlich verstand es Lord Sesshoumaru junge Menschenmädchen zu erziehen. ******** Das nächste Kapitel erscheint erst in vierzehn Tagen, da ich mir mal einen kurzen Urlaub gönne, dann geht es jedoch im wöchtenlichen Rhythmus weiter. Es sind insgesamt neun Kapitel und im nächsten findet die Leichenschau und die Tatortbesichtigung statt. bye hotep Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)