Into it von psycho_puschel (Biting your neck, touching your lips || Kaname x Zero) ================================================================================ Prolog: Letting loose of everything ----------------------------------- Pairing(s): Kaname x Zero Warnings: Zwei-Personen-Fokus, leichte Psychopathie, möglicherweise oft wechselnder Schreibstil Kommentar: Es ist ein einfacher Versuch meinerseits, etwas zum Pairing Kaname x Zero zu schreiben. Glückt er nicht, ist das eben so. Immerhin kann ich mich dann daran festhalten, dass ich es zumindest versucht habe. ;) Prolog: Letting loose of everything Ich hasste diesen Ort wie keinen zweiten. Die protzigen Wände, die von unverblümten Reichtum zeugten, der teuren Boden. Alles war so vollkommen. Ich konnte suchen, so viel ich wollte, Schränke verschieben, und trotzdem würde sich kein Makel zeigen. Ausgeschlossen. Es war perfekt, edel und wunderschön, kalt und unmenschlich. „Dich hier zu sehen... Kiryu-Kun, was verschafft mir die Ehre?“ Ich hatte bereits gewusst, dass er da war, hatte ich ihn auch nicht sehen können. Nun, wo wir Angesicht zu Angesicht standen, verstärkte sich die Übelkeit, die ich schon die ganze Zeit gehabt hatte. Dieser Raum, diese Präsens... Kaname Kuran machte mich krank! „Papierkram.“, murrte ich und ließ einen Stapel Zettel auf den Schreibtisch fallen. „Unterschreib und bring sie dem Rektor.“ Meinen Auftrag erledigt, hatte ich eigentlich vor, zurück in meinen Teil der Schule zu gehen. Hätte ich es doch getan. ...Hätte Kuran mich bloß nicht festgehalten. „Was denn noch?“, fragte ich genervt, während ich mich zu ihm drehte. Unmenschlich, schoss mir ein einziger Gedanke durch den Kopf. Immer und immer wieder. Nicht ein Funken Menschliches an ihm. „Erbärmlich“, war seine Antwort, die keine war. Konnte dieser Kerl nicht ein einziges Mal deutlich sagen, was er wollte? „Kiryu-Kun, noch nicht einmal jetzt merkst du es.“ Sprach er die atmosphärische Änderung an, so musste ich ihn enttäuschen. Ich hatte sie bemerkt und sie gefiel mir kein Stück. Es wurde kälter um uns herum und ich hätte schwören können, das Kaminfeuer war gerade in diesem Moment erloschen. Langsam nahm Kuran die Hand von meinem Arm (wie hatte er es wagen können, sie dort zu platzieren?!) und mit gefährlich leisen Schritten begann er, mich zu umrunden. Prüfend, wie ein Händler seine Ware, blickte er mich an, schien mich auf's Gründlichste zu untersuchen. Etwas stimmte hier nicht. Etwas stimmte mit ihm nicht. Mit jedem Schritt, den er tat, verlor er an seiner gewohnten Eleganz und ich war mir längst nicht mehr sicher, mit wem ich es hier zu tun hatte. Kaname Kuran war nicht so. Er war elegant, perfekt, nicht das lauernde Raubtier, was mir gegenüber zu stehen schien. Augenblicklich fiel mir ein, was genau er war. Eine Bestie, deren richtige Gestalt sich mir hier, jetzt zum ersten Mal zeigte. Ich hätte es früher merken sollen. Aber jetzt, wo er mich mit glühend roten Augen ansah, war es zu spät. Ich würde nicht weglaufen. Ich konnte es nicht. Das war sie dann wohl, die Macht eines Reinblüters. Und ich durfte sie natürlich aus erste Quelle erfahren. Was immer er vorhaben mochte, ich musste es hinnehmen. „Kuran...“, presste ich mühsam zwischen meinen Lippen hervor und die Möglichkeit, dass er mich hörte, war gering. Von über mir, neben mir, unter mir schienen die verschiedensten Kräfte auf mich einzuwirken. Im einen Moment zerrten sie an mir, zerrissen mich fast in tausend kleine Teilchen, dann, plötzlich, pressten sie auf meinen Brustkorb ein, dass ich in Atemnot geriet. „Ich hasse dich.“ schaffte ich es diesmal, etwas lauter zu sagen. Ich war mir sicher, er verstand mich und mir war egal, ob es ihn noch wütender, noch unberechenbarer machen mochte. Ich hasste ihn und das war etwas, was er mit seinem ganzen Geld, Einfluss und was sonst noch, nicht kaschieren konnte. Die einzige Wahrheit in diesem Raum war ich. „Falsch“, flüsterte er, seine Stimme dich an meinem Ohr. Passend dazu presste mir sein Reinblüter-Hokuspokus den letzten Rest Luft aus meinen Lugen. Ein stechendes Gefühl der Ohnmacht durchzog meinen Kopf und raubte mir die Möglichkeit, über das Gesagte nachzudenken. Und dann, mit einem Mal, war es vorbei. Alles. Ich spürte meinen Körper nicht und klar zu denken war auch ein Ding der Unmöglichkeit. Das einzige, was ich wahrnahm, ständig präsent, war ein leises Surren, was den gesamten Raum zu füllen schien. Was es auch war, was auch immer hier vor sich gehen mochte, es war... angenehm. Die Möglichkeit, an Schmerz, Probleme und was da noch so alles war, zu denken, war mir genommen und jetzt, in diesem Moment, fühlte ich mich wohl. Um mich herum war Dunkelheit, oder Helligkeit, ich hatte keinen Ahnung. Der Zustand, in dem ich mich befand, war unbeschreiblich, denn alles hier war so real, realer, als die Realität. Ich wusste wie mir geschah, und dann wusste ich es wieder nicht. Eingetaucht in eine Welt, die vollkommenen Zwiespalt für mich bereithielt. Die Ernüchterung kam, als sich meine Sinne wieder schärften, das Surren immer leiser wurde und ein beständiges, leises Atmen seinen Platz einnahm. Nicht, noch nicht!, wollte ich schreien und an dieser wundervollen Monotonie festhalten. Aber kein Wort verließ meine Lippen. Stumm musste ich mit ansehen, wie sich diese, meine, neu entdeckte Welt auflöste, bis ich mich, noch immer benommen, in der bitterkalten Realität wiederfand. „Kiryu-Kun“, flüsterte mir leise eine Stimme ins Ohr. Und da war ich plötzlich wieder. Angekommen in Kaname Kurans Büro, kurz vorm Ausgang, Zentimeter von der Freiheit entfernt. Hinter mir Kuran persönlich. „Du solltest jetzt gehen“, hörte ich ihn sagen, aber ich verstand kein Wort. Der dichte Nebel in meinem Kopf war noch immer da, filterte seine Worte heraus und ließ mich einzig die Stille vernehmen. Er schien zu merken, dass ich ihn nicht verstanden hatte, denn im nächsten Moment spürte ich eine Hand in seinem Rücken. Die Dokumente in meine Hände gelegt schob er mich sanft (sanft?!) die letzten Zentimeter weiter, das Stück, das mich zuvor vom Ausgang getrennt hatte. Auf dem Flur war es bis dato still gewesen, doch nun durchtrennte das kurze, schneidende Klicken der ins Schloss fallenden Tür diese Ruhe augenblicklich. Es raschelte, als ich mich aus unerfindlichem Grund gegen die Wand lehnte. Ich sollte hier verschwinden, schnellstmöglich, aber es ging nicht, etwas schien mich hier zu halten. Unwillkürlich musste ich zurückdenken, zu dem Moment, seitdem keine Minute vergangen war. Es war so still gewesen, selbst meine Sinne hatten zu schweigen geschienen. Nur eines war da gewesen, ein Gefühl, präsenter, intensiver als alles andere zuvor. Dieses starke Stechen in meinem Nacken, das auch jetzt nicht verschwinden wollte... Behutsam fasste ich an meinen Hals, berührte die schmerzende Stelle. Feucht, stellte ich nüchtern fest, doch keinen Augenblick später legte sich der Nebel in meinem Kopf. Die Zettel fielen auf den Boden, achtlos hatte ich sie losgelassen und zitternd starrte ich auf meine blutbefleckten Hände. Wie hatte es so weit kommen können? Kapitel 1: I. The damage done is far beyond repair -------------------------------------------------- Kommentar: Handlung ist nichts für mich, ehrlich. Gedanken beschreibe ich eindeutig lieber (besser?) und vor allem öfter. ;) I. The damage done is far beyond repair Das Nächste, was ich wahrnahm, war ein süßlicher, beißender Geruch und reflexartig schlug ich die Augen auf. Ich wusste, wem dieser Geruch anhaftete, aber was hatte sie hier zu suchen? „Yuki?“, fragte ich verwirrt (es klang trotzdem viel mehr nach einem leisen Krächzen), denn sie hatte in dieser Szenerie rein gar nichts zu suchen. Hier, auf dem Flur, unmittelbar vor Kurans- Moment. Ich war nicht mehr auf dem Flur. „Wo bin ich hier?“ Irgendwie, ich hatte wirklich keine Ahnung wie, hatte ich es geschafft, meine Stimme zu stabilisieren und Yuki schien mich endlich zu bemerken. Leicht lächelnd blickte sie mich an. „Zero... du bist wach?“, meinte sie und trotz dem sie es zu verdecken versuchte, hörte ich die Besorgnis in ihrer Stimme mitschwingen. Was war passiert, dass Yuki mich so ansah? War ich nicht vorhin noch auf dem Flur vor Kurans Büro gewesen und hatte er nicht... Zögerlich fasste ich an meinen Hals, befühlte den kratzigen Stoff des Verbands. Kein Zweifel, es war real gewesen. Die Erkenntnis, welche damit einher ging, ließ mich einen kurzen Moment schockiert ins Leere starren. Die Stelle, an der er zugebissen hatte, war verbunden, irgendjemand, vermutlich Yuki, musste sie gesehen haben. „Ich habe dich draußen, unter einem der Bäume gefunden. Erst dachte ich, du würdest schlafen, aber dann...“ Weiter sprach sie nicht, ihre Worte verloren sich im Raum und sie versuchte bloß, die aufkommenden Tränen zu unterdrücken. Ich kannte sie. Gut genug, um zu wissen, was nun in ihr vorgehen mochte. Aber ich wollte kein Mitgefühl. Sie sollte sich um ihre Probleme kümmern, noch immer hatte ich nicht eingesehen, warum sie mein Leid ständig als ihres sah. Ich wollte nicht, dass sie traurig war. Sie sollte lachen, wie früher, und sich nicht mit einem kaputten Menschen (Vampir!), wie mir, herumschlagen. „Zero... Was ist passiert?“ Stillschweigend blickte ich sie an, schüttelte lediglich den Kopf und hoffte inständig, dass es ihr als Antwort genügen mochte. „Ich kann dir doch nicht helfen, wenn du mir nicht sagst, was los ist...“ Genau deshalb handle ich doch so, dachte ich bitter, leicht verzweifelt, zwang mir aber trotz allem ein minimales Lächeln auf. Jetzt galt es, sie zu beschwichtigen und überzeugen, dass es mir gut ging. Ein schweres Unterfangen. „Es ist nichts, Dummkopf, mach dir keine Sorgen“, meinte ich, versuchte, meine Worte wahrheitsgemäß klingen zu lassen und betete, betetet inständig, dass sie mir glauben würde. Traurig senkte sie ihren Kopf und leise, gen Boden gerichtet flüsterte sie: „Das hast du immer gesagt, wenn du in Schwierigkeiten gesteckt hast...“ Hatte ich das? Ich merkte mir meine Lügen nicht mehr. „Hast du... Zero, hast du Durst?“, fragte sie mich auf einmal. Die Unverblümtheit und der Fakt, dass sie mich solch etwas einfach so fragte, machten mich krank. Ich war ein Monster, noch immer besser als Kuran und sein Pack, aber dennoch eine Bestie. Hatte sie es denn nach wie vor nicht eingesehen?! Ich wusste gar nicht genau, weshalb ich mich so aufregte, sie meinte es doch nur gut. Vermutlich wollte ich bloß nicht, dass sie sich so leichtfertig Schmerzen zufügen ließ. Von niemandem, erst recht nicht von mir. Oder Kuran. Mit einem Schlag tauchten Kuran und die vergangenen Ereignissen wieder in meinem Kopf auf und erneut stellte sich mir die Frage, wie ich es nur je so weit hatte kommen lassen können. Diese Schwäche, hatte ich mich doch nicht gewehrt, und vor allem Kurans Unverschämtheit (wie hatte er es wagen können?!) ließen meine Wut ins Unermessliche steigen. Ich hatte es nicht gewollt, als ich Yuki auf einmal fest an der Schulter packte und sie gegen die Wand hinter ihr drückte. Diese Naivität brachte mich noch mal irgendwann um. „Zero...“, flüsterte sie, als wüsste sie, was jetzt kam. Und wenn sie es wusste, sollte sie doch wegrennen! Langsam führte ich meinen Kopf zu ihrem Hals (noch konnte sie fliehen!) und dann, mit einem Ruck, versenkte ich meine Zähne in ihrer weichen Haut. Gierig begann ich, zu trinken, schluckte mehr, noch mehr von ihrem süßen Blut, aber die herbeigesehnte Genugtuung blieb aus. Dennoch war mein Durst vorerst gestillt, meine Wut war ein wenig beschwichtigt. Ich zog meine Zähne wieder zurück und in dem Moment, in dem ich voll und ganz von ihr abließ, stöhnte sie gequält auf. „Was ist los?“, fragte ich. Meiner Stimme schien die Wärme zu fehlen, die nötig war, um sie zufrieden zu stellen. „Nichts...“, sprach sie zögerlich, vermied es, mich anzusehen. „Es hat heute nur mehr weh getan, als sonst...“ Ich nickte lediglich, die Worte für eine Entschuldigung konnte ich nicht aufbringen, auch wenn sie vermutlich angebracht wären. Aber ein kleines, ganz ganz kleines bisschen hatte sie es sich doch auch selbst zuzuschreiben... Sie hätte es mir nicht anbieten sollen, sie hatte doch gewusst, wie schmerzhaft der Biss eines Vampirs war. Nicht immer, dachte ich und hatte dabei die Szene von gestern (oder wie lange hatte ich geschlafen?) im Kopf. Kurans Biss hatte nicht weh getan, oder zumindest hatte ich es nicht gespürt. Viel zu benommen war ich gewesen, viel zu weit entfernt von der Realität. Ob es daran lag, dass er ein Reinblüter war? Damals bei Shizuka... Hatte es da geschmerzt? Resigniert seufzte ich auf, im Grunde kannte ich die Antwort bereits: Die Schmerzen waren da gewesen, unerträglich, wieso also war es bei Kuran so anders? Und wollte ich das überhaupt wissen? Es würde doch wieder nur von seiner unglaublichen Macht, Perfektion und sonst was zeugen. Ich sollte das Thema ein für alle Mal beenden, mich nicht weiter darum kümmern, schließlich tat Kuran das ganz sicher auch nicht. Und wieso machte ich mein Handeln jetzt an seinem fest? Entschieden nahm ich mir vor, solche Fragen in Zukunft nicht mehr in meinen Kopf zu lassen, ich sah doch, wozu das führte. Sie verwirrten mich und gleichzeitig räumte ich Kuran damit Macht über mich ein. Eine Tatsache, die ich immer vermeiden wollte. Aber wenn meine Verwirrung mir doch so falsch vorkam, sollte ich dann nicht versuchen, zumindest ansatzweise versuchen, die Wahrheit zu finden? Dafür müsste ich dann allerdings mit Kuran persönlich reden, und ob das so gut wäre... Einen kurzen Moment setzte sich der Gedanke in meinem Kopf fest, Yuki zu fragen. Sie redete (zu meinem Missfallen) doch so oft mit Kuran, sie könnte ihn vielleicht ganz beiläufig auf das Thema ansprechen. Sofort schüttelte ich den Gedanken wieder ab. Nicht nur, dass ich Yuki damit in Gefahr bringen würde (Kuran war unberechenbar!), ich müsste ihr auch erzählen, was vorgefallen war und das war unmöglich. Im Grunde blieb mir bloß die Möglichkeit, Kuran persönlich zu fragen und damit das kleinere Übel zu wählen. Entschlossen drehte ich mich zur Tür, hatte meine Hand bereits auf die Klinke gelegt, als Yuki mich auf einmal am Arm packte. „Lass mich los“, zischte ich sie an und wurde mir meines Fehlers direkt im nächsten Moment bewusst. Und so wollte ich sie beruhigen, ja? „Nein, Zero, ich lass dich nicht gehen!“, meinte sie mit weinerlicher Stimme, die Augen fest zusammengekniffen, als wollte sie die Tränen zurückhalten. „Erst finde ich dich mit Bissspuren im Hals, dann bist du so komisch und jetzt willst du einfach verschwinden?!“ Zum Ende hin schrie sie fast, die Hysterie in ihrer Stimme verstärkte meinen Drang, dieses Zimmer schnellstmöglich zu verlassen. „Meine Angelegenheit“, sagte ich lediglich, vollkommen beherrscht und eiskalt. Behutsam fasste ich sie am Handgelenk des Armes, mit dem sie mich festhielt, und machte mich los, trat aus dem Zimmer und ließ Yuki allein zurück. Aber im Moment gab es Wichtigeres als sie. Auf dem Flur blickte ich mich um, für einen kurzen Moment hatte ich doch ernsthaft überlegt, wo ich nun hingehen sollte. Aber Kuran war ein Vampir, auf dieser Schule gab es nur einen Ort, an dem er konstant sein konnte. Langsam setzte ich mich in Bewegung und erst jetzt (war ich vorher zu abgelenkt gewesen?) bemerkte ich die Schwindelschübe, die bei jedem meiner Schritten meinen Körper durchfuhren. Das war nicht gut, ich konnte mich ja kaum auf den Beinen halten. Und alles bloß wegen Kuran. Für einen kurzen Moment überlegte ich, wieder zurück zu kehren, oder zumindest woanders hin, wo ich mich ausruhen konnte. Aber ließ ich mich dann nicht von Kuran beeinflussen? Er war es gewesen, der mir diesen Zustand zugeteilt hatte, wenn ich mich nun ausruhen, von ihm niederstrecken lassen würde, wohin würde das führen? Kuran sollte keinen noch so kleinen Funken Macht über mich haben. Entschlossen und mental gekräftigt drückte ich mich von der Wand, an die ich mich zuvor notdürftig gelehnt hatte. Ich musste weg, erfahren, was hier vor sich ging, und zwar jetzt. Es dauerte gar nicht mal so lange und ich hatte das Gebäude verlassen. Ein klein wenig mitgenommen war ich, zugegeben, aber mit jedem Schritt, den ich getan hatte, hatte ich gelernt, das Schwindelgefühl ein wenig besser zu kontrollieren. Nun, nach unendlich lang erscheinenden zehn Minuten, konnte ich die Schwärze in meinem Kopf wenigstens etwas ausblenden und mich weiter auf mein Ziel konzentrieren. Kuran. Mühsig suchte ich den Weg zum Haus Mond und teils musste ich anhalten, weil ich das aufkommende Schwindelgefühl doch nicht ganz unterdrücken konnte. (Wie viel Blut hatte der Kerl eigentlich getrunken, verdammt?!) Und dann, irgendwann, es erschien mir wie nach Ewigkeiten, kam ich endlich an meinem Zielort an. Ein wenig geschwächt musste ich wirken und keinesfalls einen starken Eindruck machen, aber jetzt war ich hier. Umkehrt war von hieran nicht mehr drin. Meine Hand zitterte minimal (wirklich, kaum merklich!), als ich sie vor die große Tür schlagen ließ. Ein Mal, zwei Mal, ich klopfte weiter, in der Hoffnung, irgendwann würde jemand öffnen. Einige Zeit verging, die Tür war immer noch geschlossen und in mir wuchs ein immer stärkerer Drang, das Ding einfach einzutreten. Aber wenn ich mich schon kaum auf zwei Beinen halten konnte, wie wäre es dann bloß, kurzzeitig auf nur einem zu stehen? Ich brannte kaum darauf, es auszuprobieren. Dann, mit einem Mal, (ich war wirklich so kurz davor gewesen, wieder zu gehen) öffnete sich die Tür und ich blickte in die verschlafenen Augen Ichijos. Ich hatte wirklich keine Ahnung, ob ich verdrängt, oder bloß vergessen hatte, dass Vampire nachts schliefen, aber zur Befriedigung meiner Wut reichte es mir allemal. „Kiryu-Kun? Was machst du denn hier?“ „Ich muss zu Kuran“, meinte ich, ohne ihm wirklich Beachtung zu schenken. Verdammter Vampir. „Tut mir Leid, aber der ist nicht da. Er ist über die Ferien in eines seiner Anwesen gefahren und kommt vermutlich auch sobald nicht zurück. Aber du kannst mir gerne sagen, was los ist, dann werde ich ihm das mitteilen.“ Ich wusste nicht wirklich, welches Gefühl stärker war, ob es die Enttäuschung oder Resignation war, aber überschirmt wurde es alles von einer unbändigen Wut. Ich war hier hergekommen, ich war verdammt noch mal hier hergekommen, und nun sollte Kuran nicht da sein?! Ein mieser Scherz, dem ich keine Sekunde lang Glauben schenken sollte. „Lass mich einfach durch, okay?“, meinte ich genervt und schob Ichijo kurzerhand beiseite. Sein Protest, als ich die Treppe hochschritt, interessierte mich nicht, nicht mal annähernd. Rücksichtslos öffnete ich die Tür zu Kurans Büro, hatte dabei kurzzeitig das Gefühl, ich würde sie gleich aus den Angeln reißen. Zu meinem Erschrecken fand ich das Zimmer leer vor. „Wo ist er?“, zischte ich gefährlich in Ichijos Richtung, der mir anscheinend nachgekommen war. Hier, jetzt hörte der Spaß auf. „Wie gesagt, nicht da. Und ich würde sagen, du gehst jetzt auch besser...“ Ich brodelte (das durfte doch alles nicht wahr sein!) und merkte selbst, das ich die Grenze langsam überschritt. Dennoch, ich ließ mir von einem Vampir doch nichts befehlen! Nicht von Kuran und erst recht nicht von einem seiner läppischen Helfer. Ich war angespannt, bereit, jeden Moment meine Bloody Rose zu ziehen. Wenn es nicht mit Worten funktionieren wollte, vielleicht würden Taten ja größere Wirkung zeigen. „Hört sofort auf, ihr beiden“, vernahm ich auf einmal eine mir wohl bekannte Stimme und mein Gegenüber wie auch ich wandten unseren Blick Yuki zu, die nun die Treppe zu uns hochstürmte. „Ich habe doch gesagt, das geht dich nichts an“, rief ich wütend in ihre Richtung. Warum musste sie jetzt, gerade jetzt und gerade hier auftauchen? „Mag sein, aber als Vertrauensschülerin ist es meine Pflicht, schulinterne Kämpfe zu verhindern...“ Zum Unterlegen ihrer Worte zeigte sie stolz ihr Abzeichen. Vertrauensschüler, toll, und was war ich wohl? Nichtsdestotrotz musste ich vermutlich auf sie hören, sie war (laut dem Direktor) eine Art Vormund für mich, oder zumindest jemand, dem ich mich nicht widersetzen durfte. „Tut mir Leid für die Unannehmlichkeiten, Ichijo-Senpai“, meinte sie entschuldigend und deutete eine kurze Verbeugung an. Dann packte sie mich grob am Arm und, ganz die Yuki, die ich kannte, zerrte sie mich unsanft hinter sich her. Nachdem wir das Haus Mond hinter uns gelassen hatten, blieb sie jedoch auf einmal stehen. Mehr noch, mit einem Mal ließ sie mich los und wandte sich vollkommen von mir ab, den Kopf traurig zum Boden gerichtet. Ich musste schlucken und mit brüchiger Stimme fragte ich sie: „Was ist los?“ Im Grunde wollte ich etwas vollkommen Anderes wissen: Wie viel wusste sie? „Zero...“, meinte sie zögerlich und in meinem Kopf malte ich mir das Schlimmste aus. Die Möglichkeit, dass sie alles wusste, war vorhanden, nicht mal unwahrscheinlich und vollkommen beängstigend. „Wir müssen reden.“ Kapitel 2: II. Gotta learn the hard way --------------------------------------- Kommentar: Wenn ihr Yuki bisher noch leiden konntet... Bewundernswert. Ich darf doch mit diesem Kapitel eure etwaige Sympathie zerstören, oder? II. Gotta learn the hard way „Was wolltest du bei Kaname-Senpai?“, fragte sie mich, wollte dabei vermutlich überzeugt wirken, aber ich bemerkte sofort den unsicheren Ton in ihrer Stimme. Ich kannte sie schon viel zu lange, als dass ich ihn hätte überhören können. Und das verschaffte mir einen ungemeinen Vorteil. Vielleicht, mit etwas Glück, könnte ich Yuki zufriedenstellen, ohne gleich mit der ganzen Wahrheit herauszurücken. „Ich hatte etwas mit ihm zu besprechen“, sagte ich und ließ es nach widerwilliger Informationsausgabe klingen, um es echter wirken zu lassen. Ich wusste, mit Lügen würde ich bei ihr nicht weit kommen, denn genau wie ich sie, kannte sie mich nur allzu gut. Aber die Wahrheit größtenteils zu verschweigen, das konnte womöglich funktionieren. „Und was wolltest du mit ihm besprechen?“ Prüfend sah sie mich an, eine Augenbraue leicht angehoben. Vermutlich ging sie immer noch davon aus, dass ich einfach willkürlich einen Reinblüter hatte abschießen wollen. So ganz zum Spaß. „Zero!“, rief sie etwas durchdringlicher, als sie wohl bemerkt hatte, dass ich nicht antworten wollte. „Ich will dir doch bloß helfen!“ „Ich habe nie behauptet, dass ich deine Hilfe will.“ Ihre Augen weiteten sich, sie starrte mich entgeistert an und vielleicht, ich konnte es nicht genau sagen, versuchte sie gerade, die Tränen zurück zu halten. Ich hatte sie nicht verletzen wollen, aber ihre Sturheit hatte mir keine andere Möglichkeit gelassen. Anders würde sie es nie lernen. Eigentlich hatte ich erwartet, dass sie nun beleidigt sein würde, enttäuscht von mir, ihrem besten Freund, und sich zurück ziehen mochte, aber nichts dergleichen ließ sich in ihrem Blick wiederfinden. Tapfer stand sie weiterhin da, sah mich direkt an, und für einen kurzen Moment war ich erschrocken über die Ernsthaftigkeit in ihren Augen. War das noch die kleine Yuki, die niemals alleine in die Stadt gehen konnte, weil sie zu groß Angst hatte? „Wenn ich dir nicht helfen soll, muss es wohl der Rektor machen.“ Und mit einem Mal wandelte sich die ganze Anerkennung, die ich ihr bisher gezollt hatte, in Wut um. Ich hatte gemeint, sie solle mir nicht helfen, und ihre Lösung war, Cross einzuschalten? Ich hatte ja nie bemerkt, wie ignorant sie sein konnte (wenn auch vielleicht aus den richtigen Beweggründen). Unter meine Wut mischte sich die blanke Panik. ...Und wenn sie es ihm tatsächlich erzählen wollte? Blindlinks, meinen Körper längst nicht mehr unter Kontrolle, packte ich sie am Arm und drehte sie grob zu mir. Niemand durfte jemals davon erfahren! „Du wirst es niemandem erzählen, verstanden?“, flüsterte ich mit rauer Stimme dicht an ihrem Ohr. Ich bemerkte ihr zittern, ich schien ihr Angst zu machen, oder zumindest wirkte ich bedrohlich genug, um sie zu einem (wenn auch zögerlichen) Nicken zu veranlassen. „Gut“, meinte ich und ließ sie los, wobei ich sie ein Stück von mir drückte. Wie angewurzelt stand sie da und blickte mich fassungslos an, Entsetzen und unterschwellige Angst standen ihr ins Gesicht geschrieben. So hatte sie mich bisher nicht gekannt. Aber ich hatte es ihr doch vorgehalten, immer und immer wieder: Ich war ein Monster, sie sollte sich nicht mit mir abgeben und erst recht nicht versuchen, mir zu helfen. Ein hoffnungsloser Fall, verdammt dazu, unrettbar zu sein. Aus dem Augenwinkel merkte ich, wie Yuki immer wieder verstohlene Blicke zum Schulgebäude warf. Anscheinend war ihr die Situation hier unangenehm. (Und konnte man es ihr verdenken?!) Geh, renn, verschwinde!, schrie ich sie gedanklich an. Die Sorge, dass ich ihr noch mehr Angst einjagen könnte, aber auch die Wut über das, was sie vorhatte zu tun, waren noch immer da und rieten mir beständig zur Einsamkeit. Ich sollte mich besser abregen und mir dann, wenn ich wieder klar denken konnte, Gedanken über Weiteres machen. Ich nickte Yuki einmal kurz zu, als Zeichen, dass ich verstanden hatte, und sie drehte sich langsam um, schritt auf das Schulgebäude zu. Die letzten Meter vorm Eingang, sie dachte vermutlich, ich könnte (oder wollte?) sie nicht mehr sehen, begann sie zu rennen. Hatte ich sie so sehr verängstigt? Seufzend ließ ich mich an einem Baum in der Nähe niedersinken. Wieso war ich in letzter Zeit bloß so unkontrolliert? Nicht nur, dass ich Yuki, das Mädchen, das mir doch im Prinzip so sehr am Herzen lag, wahllos biss, ich ging sogar so weit, sie zu bedrohen. Was, zum Teufel nochmal, war los mit mir? Und, die Frage, die mich nach wie vor interessierte: Weshalb hatte Kurans Biss eine so vollkommen andere Wirkung auf mich? Resigniert lehnte ich meinen Kopf etwas weiter nach hinten, ließ ihn vom Baumstamm stützen und schloss die Augen. Einen winzigen Moment entspannen, mehr wollte ich doch nicht. Es war mir nicht vergönnt, denn sofort riss ich meine Augen wieder auf. Da war ein Rascheln gewesen, leise, aber trotzdem gut vernehmbar, das mir sagte, dass ich nicht alleine hier war. Lauernd sprang ich auf, blickte ich mich um, wobei mein Finger zugbereit am Hafter meiner Bloody Rose lag. Kein Zweifel, hier war noch jemand. Ein weitere Rascheln aus der entgegengesetzten Richtung ertönte und ich drehte mich um. Fataler Fehler. Aus dem Augenwinkel sah ich noch schemenhaft etwas an mir vorbeihuschen, dann, im nächsten Moment, spürte ich ein schweres Gewicht auf meinen Schultern und war unfähig, mich zu bewegen. „Zero Kiryu, ich bin hier, um dich mitzunehmen.“ Ich konnte nicht sehen, wer die Person war, die da sprach, aber sie hatte eindeutig komische Ansichten. Als würde ich mich so leicht mitnehmen lassen. Es kostete mich nicht viel Mühe, als ich mich unter dem Griff meines Angreifers wand, so geschickt, dass ich ihn nun vor mir hatte. Gezwungen hatte er mich loslassen müssen, als ich sein Handgelenk verdreht hatte. Und jetzt, wo ich ihn ansehen konnte, bemerkte ich auch seine schwächliche Statur. Dieser Mann, er wirkte, als würde er selten kämpfen, eher hinter seinem Schreibtisch sitzen und Unterlagen sortieren. Wie hatte mich so einer nur überrumpeln können? Ich schien aus der Übung. Auf einmal ging ein Ruck durch ihn und beinahe mechanisch begann er, in seiner Manteltasche zu kramen. Wenn er sich diese Ruhe und Gelassenheit nehmen konnte, musste er vermutlich nach etwas suchen, was das Risiko wert war. Einer starken Waffe? Ich war nicht wirklich gewillt, es herauszufinden, richtete meine Bloody Rose auf ihr neues Ziel und schoss. Blitzschnell rauschte die Kugel durch die Luft und versenkte sich im Fleisch meines Gegenübers. ...Tat sie nicht? Dort, wo der Kerl noch eine Millisekunde zuvor gestanden hatte, war nun einzig ein klaffendes Loch im Baum. Verdammt- Zu spät reagierte ich, denn mit einem Mal stand er hinter mir. Ich hätte einen Angriff erwartet, er war immerhin in der perfekten Position dazu, aber zu meinem Überraschen tat er etwas ganz Anderes. Hart packte er den Verband an meinem Hals und wie ein Messer zerschnitt sein Fingernagel ihn. Ich traute meinen Augen kaum. Was sollte das alles? Zu allem Übel hatte mich der Mann nun wieder in einer Position, in der ich vollkommen wehrlos war. Die Hände auf dem Rücken verschränkt und mittlerweile an einen Baum gedrängt musste ich mit ansehen, wie er mit einem Finger über die Bissspur fuhr. Es fühlte sich kalt an, kurzzeitig hatte ich das Gefühl von blankem Eis an meinem Hals und dann, auf einmal, ein stechender Schmerz. Leidig kniff ich die Augen zusammen, ein dumpfes Keuchen drang aus meinem Hals und meine Sicht verschwamm. Was zum Teufel war hier los?! Meine Welt begann sich zu drehen, oder, nein, ich sackte einfach nur zu Boden. Mühsam öffnete ich meine Augen nochmal und, es mochte an meiner Verletzung liegen, aber ich hätte schwören können, Kuran stand da. Und er sah beängstigend aus. Kapitel 3: III. Should draw the line ------------------------------------ III. Should draw the line Abwesend starrte ich die graue Zimmerdecke an. Wie die letzte halbe Stunde auch, tat sie nichts, außer da zu sein. Und ich tat nichts, außer hier zu sein. Seitdem ich hier aufgewacht war (ich musste lange geschlafen haben) war nichts geschehen. Der Raum war haargenau derselbe, wie zuvor und für mich galt das ebenso. Erschreckend war die Tatsache, dass ich mich nicht daran zu stören schien. Als Hunter sollte ich strategisch vorgehen, um in Erfahrung zu bringen, wo ich mich befand, aber irgendetwas sagte mir, ich bräuchte das nicht zu wissen. Ich war nie ein intuitiver Mensch gewesen, ich handelte nach Verstand, nicht nach Gefühl. Immer. Bis auf dieses eine Mal. Ich nahm mich meiner Situation also an und saß hier und wartete auf das vermeintlich Kommende, wenn überhaupt etwas geschehen würde. Ich hatte das Gefühl, das würde es. Während ich abwartend an die Decke starrte, versuchte ich, mich an die letzten Momente bei Bewusstsein zu erinnern. Nichts. Ich war mir so sicher, dass es wichtig war, lebenswichtig vielleicht sogar, aber so sehr ich mich bemühte, die Leere blieb. Etwas war faul. Ich vergaß in den seltensten Fällen Dinge, gut, es mochte vorkommen, aber nicht, wenn sie so elementar erschienen. Dann geschah etwas. Die Tür ging auf, Kaname Kuran betrat das Zimmer und ich war nicht überrascht. Alle Gefühle wurden von einer riesigen Wut übertrumpft, sobald ich Kuran sah. Das würde vermutlich immer so bleiben. „Wach?“, meinte er knapp und blickte mich dabei nicht einmal indirekt an. Ein Stuhl neben dem Bett schien für ihn interessanter als ich zu sein. Ich nickte kurz und biss mir dabei auf die Lippe. Mit jedem Atemzug kamen die Fragen in meinen Kopf zurück und eine Blöße, die Neugierde, wollte ich mir vor ihm nicht geben. „Keine Fragen?“ Er schien sich heute knapper auszudrücken, als sonst und ich musste mir eingestehen, dass ihn jede weitere Unberechenbarkeit ein Stückchen verwirrender machte. „Verwirrend“ war vermutlich die passendste Bezeichnung für ihn, denn sie traf zu, räumte ihm aber dennoch keine Macht über mich ein. Ich hatte kein Interesse daran, ihn zu verstehen. ...Meistens jedenfalls. Um zu antworten, schüttelte ich erneut den Kopf. Ich hatte Fragen, Unmengen an Fragen, aber es gab andere und vor allem bessere Möglichkeiten, sie beantwortet zu bekommen. Nachforschungen und strikte Recherche waren schon immer meine lieberen Methoden. Kommentarlos drehte er sich um, war drauf und dran, das Zimmer zu verlassen und drehte sich doch noch mal um. „Wenn du die Unwissenheit ertragen kannst...“ Dann war er weg. Das Zimmer war noch immer das gleiche, die graue Zimmerdecke hatte sich nicht bewegt. Nur ich hatte mich geändert, denn war in meinem Kopf zuvor Ruhe gewesen, prasselten nun Fragen von allen Seiten auf mich ein. Wo war ich? Was war geschehen? Wieso konnte ich mich nicht erinnern? Ich entschied mich für einen neue Methode. Die Idee, das Zimmer zu verlassen, war mir bisher gar nicht gekommen, dabei war sie so naheliegend. Kuran konnte mich hier doch kaum einsperren und... Anscheinend doch. Ich hatte die Türklinke nur leicht gestreift, schon hatte mich ein leichter Schock durchfahren. Vampir-Magie war zum Kotzen. „Verdammt!“, knurrte ich und trat vor die Tür. Sogleich durchfuhr mich ein weiterer Stromstoß, diesmal nur um eine Vielzahl intensiver und ich musste leicht aufkeuchen. Meine Schamgrenze schien in der letzten Stunde unendlich tief gesunken zu sein. „Kuran“, rief ich durch die Tür, „ich weiß genau, dass du mich hören kannst!“ Er antwortete nur nicht, weil er mich in den Wahnsinn treiben wollte. „Kuran!“ Erneut holte ich zu einem Hieb aus, denn ich wollte nicht einsehen, dass er nun doch Macht über mich hatte. Als ich trotz der offensichtlichen Berührung der Tür keinen Schmerz spürte, merkte ich, dass nun etwas anders war. Die Tür war offen, meine Faust war keinesfalls auf dem Holz gelandet, Kuran hatte sie mit seiner bloßen Hand abgefangen. „Vorsicht“, sagte er teilnahmslos, leise, eiskalt, wie er eigentlich immer klang. Es steigerte meine bis dato angestaute Wut auf ihn. „Wieso hast du mich eingeschlossen?“ Grob fuhr ich ihn an, unlängst hatte ich keine Kontrolle mehr über mich. „Hm? Antworte!“ Ich wollte meine Faust zurückziehen, um erneut zuzuschlagen. Dieses Mal war mein Ziel bewusst Kuran. Aber so sehr ich auch zerrte, seine Hand hielt meine (nun etwas lockerere) Faust fest umschlossen. Angeber. „Fertig?“, fragte er skeptisch und zog dabei seine rechte Augenbraue minimal hoch. Wie sollte ich mich beruhigen, wenn er immer wieder so handelte?! Das hier war keine Wut mehr, das war blanker Hass. Und dennoch musste ich mich beruhigen. Wenn ich hier wegkommen wollte, war das die einzige Möglichkeit. Trotzdem war ich zu nichts verpflichtet und kurzerhand beschloss ich, nicht mit Kuran zu sprechen. Niemals wieder. Jedes Wort wäre von nun an ein Verrat meiner selbst. Gehen?, forderte ich gedanklich und zeigte ihm meine Absicht mit einem sehnsüchtigen Blick zur Tür. „Es tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, Kiryu-Kun, aber du wirst wohl kaum gehen können. Wir befinden uns zwölf Stunden Flugstrecke von der Cross-Academy entfernt.“ Egal, Hauptsache weg! „Ich werde dich vorerst hier behalten.“ Verständnislos sah ich ihn an. Weshalb? „Die Gründe wirst du früh genug erfahren und du wirst mir dankbar sein.“ Im nächsten Augenblick stand er unmittelbar hinter mir. „Ich rette dein erbärmliches Leben, Kiryu.“ Schnaubend drehte ich mich zu ihm um (er hatte sich eindeutig zu viel herausgenommen!) aber da war er schon wieder weg. Und Vampir-Magie war noch immer zum Kotzen! Den Rest des Tages verbrachte ich damit, mir Gedanken zu machen. Auch wenn ich es anfangs noch hatte verhindern wollen, drehten sie sich wohl oder übel um Kuran. Es stellte eine Schmach da, die ich nicht gewillt war, bedingungs- und kampflos hinzunehmen. Nach einiger Zeit hatte ich mich dann dazu durchringen können, meinen Gedanken freien lauf zu lassen. Noch immer empfand ich es als alles andere als optimal, aber wenn ich mich nicht länger im Kreis drehen wollte, musste ich mich nun mit diesem Thema befassen. Es war Knochenarbeit. Hatte ich denn vor Kurzem nicht noch damit geprahlt, dass ich Kuran gar nicht verstehen wollte?! Und jetzt hatte ich ihn auf einmal vollständig zu analysieren. Eine makabere Wendung, die ihre Passenheit in meinem Leben sofort fand. Mein Leben barg im Prinzip ja nur solche makaberen Situationen, ich sollte mich also langsam daran gewöhnen. Aber über Kuran nachzudenken, kostete mich trotzdem eine Menge Überwindungskraft, besonders, wenn ich genau wusste, dass er vermutlich keine zwei Zimmer entfernt war. Aber ich wollte so unbedingt wissen, was hier vor sich ging. (Verdammte Hunter-Neugierde!) Wieso meinte Kuran, er rette mein Leben? Schwebte ich in einer unbekannten Gefahr? Mein Kopf schmerzte. Ich konnte den Gedanken, dass es in Verbindung mit den vergessenen Ereignissen stand, nicht verwerfen. Noch so eine Frage. Hatte ich die Erinnerungen zufällig verloren, oder steckte eine Absicht dahinter? Kurans Absicht? Es wäre zumindest nicht das erste Mal, dass er Gedanken von Menschen manipulieren würde. Ich stellte mir diese Fragen noch lange, bis spät in die Nacht, und an Schlaf war nicht mal im Geringsten zu denken. Zum gewünschten Ergebnis war ich nicht gelangt. Nachdem ich geschlagene sechs Stunden nachgedacht hatte, stand für mich nur eines fest: Kuran beherrschte meine Gedanken schon viel zu sehr und ich sollte schleunigst etwas dagegen tun. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)