Kiss, kiss - bang, bang von Leuchtender_Mond (Zwischen töten und sterben gibt es ein drittes - leben.) ================================================================================ Kapitel 19: Der Ausgleich ------------------------- Der Ausgleich: Gemeint sind innere Harmonie, Gelassenheit und Seelenfrieden. Wir bleiben mit uns und unserem Umfeld im Einklang und meistern dadurch schwierige Situationen des Alltags. Mai 2008, London Borough of Redbridge, Großbritannien Mit angezogenen Beinen saß Yuugi auf dem großen Bett und sah Atemu beim Umziehen zu. Seit Februar hatten sie keine Aufträge mehr ausgeführt und der kommende würde von Atemu alleine durchgeführt werden, denn er war sehr kurzfristig gekommen und zu schwierig für einen Anfänger wie Yuugi, so Atemu. Im Grunde genommen hätte Yuugi mit Atemu gehen können, aber das lehnte Atemu ab. Zuerst hatte Yuugi etwas einwenden wollen, doch dann hatte er den Ausdruck in Atemus‘ Augen gesehen, der ihm klar gemacht hatte, dass Atemu ihn nicht mitnahm, weil er Angst hatte, Yuugi könne etwas geschehen. Also hatte er nicht widersprochen. Aber während er nun zusah, wie Atemu seinen besten Anzug, Perücke und Kontaktlinsen anlegte und danach seine Waffen am Körper verstaute – mehr Waffen, als normalerweise – wurde ihm doch mulmig zumute. Es verdeutlichte Yuugi, dass selbst Atemu nicht sicher war, ob er wieder kommen würde. Und das ängstigte Yuugi mehr als alles andere. Als Atemu fertig war und sich verabschieden wollte, sprang Yuugi vom Bett auf, warf seine Arme um den Hals des anderen und presste sich fest an ihn. „Du kommst wieder, oder?“, wisperte er ängstlich. Atemu lächelte Yuugi beruhigend zu, schloss ihn in seine Arme und streichelte ihm beruhigend über Haar und Rücken. „Natürlich, mein Kleiner.“, sagte er. Normalerweise hätte Yuugi jetzt protestiert, normalerweise mochte er es nicht, wenn Atemu ihn „Kleiner“ nannte, aber heute sagte er nichts dazu. Heute verschränkte er seine Hände in Atemus‘ Nacken und zog ihn so zu sich herunter um ihn innig zu küssen. Die Angst, Atemu nicht mehr wiederzusehen, ließ ihren Kuss leidenschaftlicher werden, als jeden anderen. „Pass auf dich auf.“, murmelte Yuugi, den Kopf gegen Atemus‘ Brust gelehnt. „Immer.“, versprach Atemu, „Du weißt, dass ich gut bin, also mach dir keine Gedanken, ja?“ Yuugi seufzte. Das war leichter gesagt als getan! „Ich versuch‘s…“, murmelte er ohne recht daran zu glauben, dass ihm das gelingen würde. Atemu zerzauste Yuugi in einer zärtlichen Geste das Haar. „Versuch, dich abzulenken… ich glaube, unser Kühlschrank ist leer und wenn ich nach Hause komme, werde ich Hunger haben.“, sagte er und grinste. Yuugi lächelte zurück, er wusste den Versuch Atemus‘ ihn aufzuheitern durchaus zu schätzen. Nach einem erneuten Kuss also verließ Atemu das Haus und Yuugi brauchte eine Stunde, die er zusammengekauert auf dem Bett verbrachte, ehe er seine flatternden Nerven beruhigt hatte. Dann ging er langsam zum Kühlschrank und fertigte eine Liste der benötigten Lebensmittel an. Atemu hatte Recht, er musste sich ablenken, wenn er nicht den Verstand verlieren wollte. Als er das Haus verließ, schlug sein Herz dennoch viel zu schnell. Atemu dagegen war mittlerweile reichlich genervt. Da er nur wenige Stunden gehabt hatte, um sich vorzubereiten und sein Opfer spätestens um ein Uhr würde tot sein müssen, blieb ihm nur noch eine Stunde – was bedeutete, dass er bereits seit zwei Stunden darauf wartete, dass der Mann endlich einmal alleine sein würde. Er war Richter, doch der Prozess, den er heute beginnen sollte, kam zu früh, als dass die Yamaguchi-gumi ausreichend darauf vorbereitet wären. Demnach musste der Prozess vertagt werden – und außerdem mochte Tsukasa-sama den Richter nicht, er war zu voreingenommen. Jedoch befand sich besagter Richter nun seit zwei Stunden in einer Besprechung, war also demnach nicht alleine, was bedeutete, dass Atemu schlecht an ihn herangekommen wäre – es war immerhin schon Herausforderung genug, ihn im Gerichtsgebäude zu ermorden, wo es von Beamten und Polizisten nur so wimmelte. Atemu hatte sich als Zeuge in dem Fall ausgegeben, was leicht gewesen war, denn alle nötigen Informationen hatten die Yamaguchi-gumi ihm übermittelt. Es war ja aber auch nicht das Problem, zu dem Richter zu gelangen – sondern unbemerkt wieder zu verschwinden. Atemu lungerte in diese Zeit also im Vorzimmer herum und musste sich mächtig am Riemen reißen, um nicht mit der hübschen Sekretärin zu flirten, deren viel zu kurzer Rocke nahezu danach zu schreien schien, dass er sie hinter die Regale mit den Ordnern zog. Aber das wollte er Yuugi nicht antun, auch, wenn selbiger das niemals herausfinden würde – aber er würde es dennoch nicht tun. Und das nicht nur, weil endlich die Tür aufging und drei Männer heraustraten. Atemu erhob sich augenblicklich und schlüpfte durch die Türe, ehe die Sekretärin auf ihren Stilettos hinter ihm war und ihn daran hindern konnte. Sorgfältig verschloss Atemu die Tür hinter sich und wandte sich dann zu dem Richter um. Er war ein älterer Herr, vielleicht sechzig Jahre alt mit grauem Haupt- und Barthaar. Seine Augen waren tiefblau und freundlich, sahen ihn aber verwirrt an. „Guten Tag, Euer Ehren.“, grüßte Atemu übertrieben höflich. „Guten Tag. Wie kann ich Ihnen helfen?“, erwiderte der Richter, immer noch verwirrt. „Indem Sie den Prozess gleich nicht leiten werden.“, erklärte Atemu höflich lächelnd. Ärgerlich runzelte der Richter die Stirn:„Was wollen Sie?“ Seine Stimme verriet deutlich seinen Ärger. Aber Atemu lächelte weiterhin und antwortete mit ausgesuchter Höflichkeit in der Stimme:„Ich möchte, dass Sie sterben, Euer Ehren.“ Zu diesen Worten zog er seine Walther und richtete sie direkt auf den Richter. Der zuckte erschrocken zusammen, sein Blick huschte zum Telephon, doch Atemu gestikulierte ihm mit der Waffe, davon Abstand zu nehmen. Der Mann gehorchte ängstlich und beobachtete jede von Atemus‘ Bewegungen mit schreckensgeweiteten Augen. Grade, als Atemu ihn jedoch erschießen wollte, ging sein Handy. Er hatte es heute ausnahmsweise mitgenommen, wegen Yuugi. Und Yuugi war es auch, der ihn anrief, weswegen Atemu das Handy in aller Seelenruhe aus der Innentasche seines Jackets nahm, den Richter mit einem entschuldigenden Lächeln „Eine Sekunde, Euer Ehren.“ vertröstete und an sein Handy ging. „Ja?“ Er sprach Englisch, sodass der Richter seine Worte verstand. „Hi Atemu, ich hoffe ich störe nicht, aber weißt du, ich stehe grade im Supermarkt und frage mich, was ich zum Abendessen kaufen soll – worauf hast du Lust?“ Atemu lachte leise. „Du rufst mich wegen des Abendessens an, Schatz?“ Normalerweise sprach er Yuugi nie mit „Schatz“ an und er tat es auch jetzt nur, um seinen Namen nicht dem Richter preiszugeben. Yuugi wusste das, aber es hinderte sein Herz nicht daran, ein paar Dinge zu tun, die anatomisch eigentlich nicht hätten möglich sein sollen. „Ja… störe ich?“, fragte Yuugi und endlich verstand Atemu, dass es nicht um das Abendessen ging, sondern darum, ob es ihm gut ging. Atemu antwortete wahrheitsgemäß:„Ich stehe grade vor dem ehrenwerten Richter, er ist gleich tot, dann komme ich nach Hause. Was hältst du von Bami Goreng zum Abendessen?“ Er hörte Yuugi am anderen Ende der Leitung lachen. „Dann komm schnell nach Hause, ich habe dann gekocht.“, versprach er. „Werde ich, bis gleich, Schatz.“, sagte Atemu und legte auf. Er blicke wieder auf und sah den Richter, der mit fassungsloser Miene zusah, an. „Ich muss um Verzeihung für mein Verhalten bitten, es war nicht höflich, Sie auf Ihren Tod warten zu lassen.“, sagte er und schoss ihm ins Herz. Nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass der Mann tot war, verließ er das Büro wieder, lächelte der Sekretärin überaus charmant zu und sagte, der Richter habe sie gebeten, ihm ein belegtes Brötchen aus der Bäckerei gegenüber zu bringen. Sie schien ein wenig überrascht, aber Atemu erbot sich, sie gleich mit hinunter zugeleiten, damit sie ja nicht in das Arbeitszimmer des Richters ging und dessen Ableben zu früh bemerkte. Draußen verabschiedete er sich immer noch lächelnd von der Sekretärin und suchte dann schnell den U-Bahn Bahnhof auf, entledigte sich in der Bahnhofstoilette der Kontaktlinsen und der Perücke und fuhr dann nach Hause. Als er eine halbe Stunde später dort eintraf, roch es verführerisch nach gebratenen Nudeln und Sambal. Besser als das Essen war nur die Umarmung, mit der er von Yuugi begrüßt wurde, ohne Worte zeugte sie von so viel Erleichterung und Liebe, dass Atemu keine Worte zur Erwiderung fand und Yuugi stattdessen innig küsste. Juni 2008, London Borough of Redbridge, Großbritannien Yuugi war sprachlos. Ehrlich sprachlos. Es war sein neunzehnter Geburtstag und Atemu hatte einen großen Aufwand darum betrieben, gleichwohl er laut japanischem Gesetz erst in einem Jahre volljährig wurde und laut englischem Recht bereits seit einem Jahr volljährig war – und immerhin täuschten sie englische Staatsbürgerschaft vor. Zwar fühlte Yuugi sich nicht wirklich volljährig, aber er war zu gerührt von Atemu, als dass er das gesagt hätte. Atemu war lange vor Yuugi aufgestanden um alles vorzubereiten, sodass Yuugi beim Erwachen ein traditionelles japanisches Frühstück erwartete. Zu diesem ließ Atemu es sich auch nicht nehmen, Yuugi die Treppe hinunter und in die Küche zu tragen. Yuugi protestierte erst und zappelte mit den Beinen, aber im Grunde genommen war er gerührt und schlang seine Arme um Atemus‘ Hals und legte seinen Kopf an dessen Schulterbeuge. Er war schon beinahe enttäuscht, als Atemu ihn absetzte. Voller Begeisterung entzweite er die Essstäbchen und begann zu essen, während Atemu nur daneben saß und lächelte. Er hatte lange überlegt, was er Yuugi schenken und ihm Gutes tun könnte, er selbst hatte sich vor drei Monaten sehr über Yuugis‘ Geschenk gefreut. Das mochte zwar klein und wenig aufwendig gewesen sein, hatte aber genau Atemus‘ Geschmack getroffen und war vor allem von Herzen gekommen. Es hatte sich um zwei Cappuccino Tassen, zwei Espressotassen, zwei Latte Macchiato Gläser und außerdem das entsprechende Kaffeepulver gehandelt. Grade jetzt, während er Yuugi beim Essen zusah, hielt Atemu seine Cappuccino Tasse mit beiden Händen fest und leckte sich genüsslich den Schaum von den Lippen. Er hoffte, Yuugi mit seinem Geschenk eine ebenso große Freude machen zu können. Und innerlich schüttelte er den Kopf über sich selbst, weil es ja so untypisch für ihn war, sich irgendwie romantisch zu zeigen. Andererseits hatte er auch festgestellt, dass er, sobald er aufgehört hatte, anderen Frauen hinterher zu schauen, so viel von Yuugi bekommen hatte, dass er gar nicht anders konnte, als etwas zurückzugeben. Als Yuugi also aufgegessen hatte, schob Atemu das Geschirr beiseite und begegnete Yuugis‘ neugierigem Blick mit einem Lächeln. Er beugte sich vor, nahm Yuugis‘ Gesicht in seine Hände und küsste ihn zärtlich. „Alles Gute zum Geburtstag.“, wisperte Atemu und reichte Yuugi sein Geschenk. Es war nicht verpackt und im Grunde genommen war es kein Geschenk – denn es gehörte Yuugi bereits. Aber das minderte Yuugis‘ Freude keineswegs, nein, er schrie entzückt auf und sah begeistert von Atemu zu dem Handy, welches Atemu ihm vor einem Jahr gestohlen hatte. „Einen Anruf.“, erklärte Atemu, „Ruf an, wen immer du willst – nur sag nicht, was du tust und wo wir sind.“ Yuugi nickte glücklich – seine Freunde anrufen zu können war das schönste Geburtstagsgeschenk, was man ihm hätte machen können. Atemu erhob sich um zu gehen, was von Yuugi mit einem fragenden Blick kommentiert wurde. „Ich würde doch nicht bei deinem Telephonat lauschen!“, sagte Atemu, der, auch, wenn er eigentlich keine Freunde hatte, schon immer der Ansicht gewesen war, dass Freundschaften wesentlich wichtiger seien als Beziehungen und deswegen befand, dass Yuugi in keinem Falle den Kontakt zu seinen Freunden verlieren durfte – sofern das möglich war, natürlich, was bei ihrem Beruf ja nicht ganz einfach war. Als Atemu also den Raum verlassen hatte, ging Yuugi sorgfältig sein Telephonbuch durch und überlegte, wen er anrufen solle. Nach einigem hin und her entschied er sich schließlich für Jono. Mit zittrigen Fingern wählte er, wusste nicht so ganz, was er sagen sollte, immerhin hielt sein Freund ihn seit beinahe einem Jahr für tot. Es dauerte lange, ehe Jono sich meldete, seine Stimme klang fragend, beinahe ängstlich. Yuugis‘ Herz schlug ihm bis zum Hals, als er sagte:„Hi Jono… ich bin’s, Yuugi…“ Eine Weile herrschte Schweigen. So lange, dass Yuugi nachfragte:„Jono?“ Und endlich kam eine Reaktion:„Yuugi? Yuugi, bist du das wirklich? Ich… wir dachten alle…“ Seine Stimme klang immer noch nicht überzeugt. Yuugi konnte es ihm nicht verdenken, aber er antwortete mit möglichst fester Stimme:„Ich sei tot? Ja, ich weiß und es tut mir schrecklich leid, dass ich euch nichts sagen konnte! Es war so… jemand wollte mich töten, aber jemand anders hat mich gerettet und damit das nicht auffällt musste ich halt… na ja meinen Tod vortäuschen.“ Deutlich hörte er Jono am anderen Ende der Leitung tief durchatmen. „Oh man… also… bist du das wirklich, Yuugi?“ Es klang jetzt hoffnungsvoll. Yuugi lächelte. „Ja, ich bin’s wirklich.“, bestätigte er und sein Freund lachte in einer seltsamen Mischung aus Freude und Hysterie. Nachdem er sich einmal beruhigt hatte, bestürmte er Yuugi sogleich mit Fragen:„Wo steckst du denn jetzt? Kommst du bald mal vorbei? Wissen die anderen schon, dass du- ach du liebes bisschen Yuugi, du hast ja Geburtstag, alles Gute!“ Jetzt war es an Yuugi zu lachen, ehe er dann antwortete:„Danke, Jono, wirklich!“ Bewusst sagte er zu dem Rest nichts, was ihm jedoch nichts nutzte, denn sogleich hakte sein bester Freund nach. Seufzend erteilte Yuugi ihm Auskunft, so gut er das denn konnte:„Ich denke nicht, dass ich sobald vorbeikommen werde, aber ich bin sicher da, wo ich bin. Du bist auch der einzige, den ich angerufen habe und erst einmal anrufen werde. Ich wäre dir dankbar, wenn du es niemandem erzählst, außer vielleicht Honda und Anzu…“ „Klar, versteh ich.“, stimmte Jono zu Yuugis‘ Erleichterung sofort zu – aber das hieß nicht, dass er keine Fragen mehr hatte:„Bist du alleine?“ „Nein, der Mann, der mich gerettet hat, ist die ganze Zeit bei mir.“, erklärte er schnell. „Und du kommst klar, es geht dir gut, oder?“ Yuugi lachte angesichts der vielen Fragen, die ihm gestellt wurden. „Ja, es geht mir sehr gut, wirklich, ich bin ja mit A- chrm, mit meinem Retter zusammen!“, sagte er. Jono sagte ein paar Sekunden nichts, dann aber sagte er langsam:„Du magst ihn, oder, Yuugi?“ Ertappt wurde der Angesprochene rot, wollte es reflexartig abstreiten – aber wem, wenn nicht seinem besten Freund könnte er es anvertrauen? „Ja.“, murmelte er in den Hörer, „Wir sind ein Paar, seit einem halben Jahr.“ Erneut dauerte es ein wenig, eh Jono etwas sagte, doch als er dann antwortete, klang seine Stimme zweifelnd:„Ahm… Yuugi, hast du schon mal was vom Stockholm-Syndrom gehört?“ Das Geburtstagskind fühlte sich wie vor den Kopf gestoßen. Natürlich wusste er, dass dieses Syndrom bedeutete, dass sich eine Geisel in den Geiselnehmer verliebte, oder zumindest mit ihm sympathisierte, aber diesen Gedanken schob er schnell von sich. Er war doch nie Atemus‘ Geisel gewesen! Eine Entführung war es in gewissem Sinne schon gewesen aber dennoch… Er liebte Atemu und das hatte nichts, aber auch rein gar nichts damit zu tun! Er schob den Gedanken weit von sich, als er sagte:„Ja, hab ich. Aber das ist hier nicht so.“ „Okay, okay!“, lenkte Jono schnell ein und begann dann von den neusten Gegebenheiten in Domino zu berichten. Yuugi lächelte und genoss das Telephonat in vollen Zügen. Er sprach noch eine ganze Stunde mit Jono, solange, bis sein Ohr ganz warm war und der Arm, mit dem er sich das Handy ans Ohr hielt, steif geworden war. Bedauernd beendete er dann das Gespräch und fühlte sich seltsam leer, als er auflegte. Langsam stand er auf um Atemu zu suchen, was nicht schwer war, denn der saß mit einem Buch in der Hand im Wohnzimmer. Langsam ging er auf ihn zu, stellte sich hinter ihn und legte die Arme um ihn. „Dankeschön.“, flüsterte er in dessen Ohr. Atemu grinste, drehte den Kopf, sodass er Yuugi küssen konnte. Überrascht, aber alles andere als widerwillig, erwiderte Yuugi sodass er gar nicht bemerkte, wie Atemu das Handy wieder aus seiner Hand entwendete und einsteckte. Als sie sich voneinander lösten, deutete Atemu auf den Beistelltisch vor sich, auf welchem eine kunstvolle Torte stand. „Jessica war da. Sie gratuliert dir aufs herzlichste.“, erklärte Atemu und Yuugi strahlte. Neugierig begutachtete er die Köstlichkeit und ließ es sich nicht nehmen, seinen Finger gleich in die Sahne zu tunken um zu kosten. Atemu lachte:„Du hast doch grade erst gefrühstückt! Komm, wir stellen den Kuchen in den Kühlschrank und machen uns dann auf den Weg.“ Wehmütig verabschiedete sich Yuugi von seinem Kuchen und machte sich mit Atemu auf den Weg nach London – was ihn dort erwartete wusste er noch nicht, aber er vertraute sich Atemu blind an und verdrängte den Gedanken an das von Jono erwähnte Stockholm-Syndrom. Dies war sein Geburtstag und er gedachte, ihn gebührend zu feiern! Atemu hatte durchaus nicht zu viel versprochen und es wurde ein wunderbarer Tag. Dennoch musste Yuugi dann und wann an die Zeit vor einem Jahr zurückdenken, dieser Tag war zwar nicht annähernd so schön gewesen, aber er war in Domino gewesen, bei seiner Familie und seinen Freunden. Das Gespräch mit Jono schien sein Heimweh verschlimmert zu haben, doch das verbarg er vor Atemu, er wollte nicht undankbar erscheinen. In den nächsten Wochen verbesserte sich dieses Heimweh leider nicht, die beiden führten noch einen Auftrag aus, außerhalb Londons‘, in Stratford-upon-Avon, wo sie auch gleich die Dreifaltigkeitskirche mit dem Grab des berühmtesten Dichters dieses Ortes – um nicht zu sagen der ganzen Welt – besuchten. Sightseeing nach einem Mord, Yuugi erschien das makaber, aber andererseits quälte ihn dabei auch kein schlechtes Gewissen. Stockholm-Syndrom hin oder her, er kam mit der Situation mittlerweile klar – wenn da nur nicht dieses Heimweh gewesen wäre! Es war einige Tage später, als Yuugi endlich von seinem Heimweh sprach. Es war später Abend, die beiden lagen nebeneinander im Bett, eigentlich hatten sie schlafen wollen, das Licht war bereits gelöscht, doch trotz sommerlicher Temperaturen und der warmen Decke war Yuugi kalt. „Atemu?“, flüsterte er leise, um jenen nicht zu wecken, sollte er bereits schlafen. Doch das tat er nicht:„Ja?“, kam es ebenso leise zurück. Da er nun wusste, dass Atemu nicht schlief, sprach Yuugi mit normaler Lautstärke:„Weißt du schon, wann wir vielleicht mal zurück nach Japan können?“ Das Rascheln der Kissen verriet Yuugi, dass Atemu sich zu ihm umdrehte. Sekunden später spürte er, wie starke Arme ihn an eine breite Brust zogen. Wohlig seufzend kuschelte er sich an den Körper des Anderen. „Ein paar Monate vielleicht, nicht mehr lange.“, versprach er. Yuugi seufzte, halb glücklich, halb sehnsüchtig. Es war so dunkel im Zimmer, dass es keinen Unterschied machte, ob man die Augen offen oder geschlossen hielt – sehen konnten die beiden so oder so nichts. Aber spüren dafür umso besser und Yuugi spürte, wie Atemus‘ Hände ihn sanft streichelten, wie seine Lippen ihn zärtlich küssten und er gab sich in diesem Augenblick vollkommen dem Gefühl hin, genoss Atemus‘ Hände auf seinem Rücken, seinen Armen, seiner Brust. Langsam begann er, die Zärtlichkeiten zu erwidern, oft kam es immerhin nicht dazu, Atemu war einfach kein Typ für romantische Liebesgeständnisse und ein Dutzend roter Rosen. Yuugi ebenfalls nicht. Aber hin und wieder brauchte er das doch. So wie jetzt, grade jetzt. Aber er wollte mehr als Zärtlichkeit, er wollte das Wissen, dass Atemu bedingungslos für ihn da war und er wollte Vergessen suchen. Seine Hände glitten schüchtern unter das T-Shirt, welches Atemu trug. Er wollte mehr von ihm, in dieser Nacht. Sie waren nun seit beinahe sieben Monaten ein Paar, hatten aber nie miteinander geschlafen. Das war vollkommen natürlich und nie hatten ihnen etwas gefehlt. In dieser Nacht aber liebten sie sich, aus einer stummen Verzweiflung heraus. Es war Yuugi, der den Anfang machte, der Atemu langsam und schüchtern das Oberteil auszog – und ihm dabei fasste die Schulter ausrenkte, aber darüber verlor Atemu kein Wort, zog sich selbst das Shirt aus und küsste Yuugi. „Sicher, dass du das willst?“, wisperte er an Yuugis‘ Ohr. Seit der Nacht ihres Einzuges hier hatte er nie mehr versucht, mit Yuugi zu schlafen, hatte gewartet, bis Yuugi von sich aus die Initiative ergriff, um ihm die Zeit zu geben, die er brauchte und ihn zu nichts zu drängen. Für jemanden, der für gewöhnlich häufiger Verkehr hatte, war das anfangs nicht ganz einfach gewesen, aber nach einer Weile war es zu Atemus‘ eigenem Erstaunen leichter geworden. Nun aber, da Yuugi zurückflüsterte:„Ja, ich bin sicher.“, da gab es kein Halten mehr. Stürmisch küsste er ihn und begann schon dabei, Yuugi zu entkleiden. Der war recht dankbar dafür, denn obgleich er den Anfang gemacht hatte, kehrte nun die Unsicherheit zurück, da er selbst noch völlig unberührt war, was bei Atemu bekanntlich ganz anders aussah. Aber da Atemu das ja wusste, nahm er Rücksicht darauf, verwöhnte Yuugis‘ Körper langsam und zärtlich mit Händen und Lippen, bis dieser sich unter ihm wand und bittend wimmerte. Atemu grinste, küsste Yuugi kurz und entkleidete den Kleineren dann gänzlich. Yuugi atmete tief durch, eine seltsame Mischung aus Nervosität, Vorfreude und Lust hatte sich in ihm breitgemacht und er wusste nicht, welches Gefühl denn nun das dominanteste war. Angenehm war es aber allemal, mehr als nur das… Herrliche Lust durchströmte seine Adern und dann schienen Atemus‘ Hände überall gleichzeitig zu sein, aufgrund der Dunkelheit war es nur noch aufregender, keiner der beiden sah etwas und Yuugis‘ Sinne schienen geschärfter als normalerweise, er reagierte empfindlicher als je zuvor auf jede noch so kleine Berührung Atemus‘ und obwohl er es eigentlich nicht wollte, entschlüpften seinem Mund immer häufiger kleine Laune, die Atemu bezeugten, dass er gut war. Als ob er das nicht schon gewusst hätte… Dennoch war es diesmal etwas anderes, immerhin hatte Atemu mit vielen Frauen geschlafen, aber nie mit einem Mann. Er hatte, wenn er darüber nachgedacht hatte, geglaubt, dass es vielleicht seltsam sein würde, aber das war es nicht, überhaupt nicht, es war anders, natürlich, aber es war aus zwei Gründen anders. Der eine natürlich blieb, Yuugi war ein Mann. Der zweite aber war, dass er Yuugi – im Gegensatz zu jeder Frau vorher – liebte, auch, wenn er das niemals sagen würde. Den Frauen vor Yuugi war er ein guter Liebhaber gewesen und so kam Yuugi nun voll auf seine Kosten, sein Verstand war vernebelt und er wusste am Rande seines Bewusstseins zwar, dass es ungerecht war, nur hier zu liegen und zu genießen ohne Atemu etwas zurückzugeben – aber Atemu war so verdammt gut und er konnte sich nicht dazu überwinden, auf diese Berührungen zu verzichten… Überwältigt stöhnte Yuugi den Namen des Anderen und suchte Halt in den zerwühlten Laken. Atemu beschwerte sich nicht über den Mangel an Berührung für sich selbst. Das hieß zwar nicht, dass er nicht gerne von Yuugi berührt worden wäre, aber da es Yuugis‘ erstes Mal war, drängte er seinen Egoismus in den Hintergrund. Zu spüren, wie Yuugi unter seiner Hand hart wurde und seine Hände in Atemus‘ Rücken grub, wobei er immer lauter keuchte, war ebenfalls durchaus erregend. Und das ließ er Yuugi auch spüren, wofür er von jenem ein hohes Fiepen zur Antwort erhielt. Atemu lachte. „Was hast du denn gedacht, Yuugi?“ Aber Yuugi war zu sehr mit Stöhnen beschäftigt, als das er hätte antworten können. Natürlich war es nicht so, als hätte er sich niemals selbst berührt, aber das hier war besser, viel besser! Er hatte natürlich daran gedacht, aber dass es so war… Sein ganzer Körper zitterte vor Erregung und er wollte, dass es nie endete. Ohne es bewusst bemerkt zu haben, hob er Atemu sein Becken entgegen, sodass er überrascht war, als Atemu plötzlich seine Beine spreizte und sich zwischen selbige legte. Er konnte Atemus‘ Erregung gegen seine eigene gepresst fühlen, sich dabei aber nicht daran erinnern, wann Atemu sich die Zeit genommen hatte, sich selbst auszuziehen. Aber ihn beschäftigte auch eher etwas anderes. „Atemu?“ Yuugis‘ Stimme klang höher als normalerweise, nervös. „Ja?“ Der tiefe Ton der Stimme des Älteren hatte etwas Beruhigendes. „Wird es sehr weh tun?“ Jetzt, da es soweit war, wurde Yuugi plötzlich doch nervös war sich seiner Sache nicht mehr so sicher. Atemu zögerte mit der Antwort. Dann sagte er langsam:„Ich weiß es nicht. Ich war nie… in deiner Position. Aber ich werde vorsichtig sein, versprochen.“ Yuugi nickte, obwohl Atemu das in der Dunkelheit nicht sehen konnte. Da Besagter sich aber nun wieder um Yuugis‘ Erregung kümmerte, wurden seine Zweifel hinfort gespült und er spreizte seine Beine noch ein wenig weiter. Dann aber zuckte er zusammen, als er etwas Kühles an seinem Eingang spürte. „Was?“, entkam es ihm überrascht. „Gleitgel…“, schnurrte Atemu. „Von wo hast du das?“, fragte Yuugi unter Stöhnen, während er sich der Wonne entgegen drückte. „Hab’s vor einem Monat gekauft… ich dachte, dass macht es besser.“, kam die Erklärung zurück. „Jaaa“, Yuugis‘ Zustimmung klang mehr nach einem Stöhnen als etwas anderem und Atemu grinste, während er vorsichtig einen zweiten Finger einführte und sie dann bewegte. Yuugi verkrampfte sich kurz, entspannte sich aber unter Atemus‘ erfahrenen Fingern und seinen beruhigenden Worten bald wieder. Sobald er sich einmal an das anfangs seltsame Gefühl gewöhnt hatte, war es einfach nur noch gut und schrie nahezu nach mehr. So war er beinahe enttäuscht, als Atemus‘ Finger wieder verschwanden, auch, wenn er sich gierig dem Kuss widmete, den Atemu ihm schenkte. Jedoch unterbrach er ihn, als Atemu langsam ihn drang. Oh Gott… Yuugis‘ Hände krallten sich so fest in Atemus‘ Rücken, dass es weh tat, er konnte spüren, wie sich die Fingernägel in sein Fleisch gruben. „Atemu… Atemu es tut weh!“, wisperte Yuugi verzweifelt. „Ganz ruhig… es wird besser werden!“, versprach Atemu und strich Yuugi zärtlich durchs Haar. Er hatte Gleitgel benutzt, aber dass Yuugi Schmerzen litt war deutlich. Aber wenn er jetzt aufhören würde, würde Yuugi sich den Rest seines Lebens ängstigen – und das wollte Atemu nicht. So hielt er zwar kurz inne, drang dann aber weiter in den kleinen Körper unter sich. Es war schwer, sich so zurückzuhalten, Yuugis‘ Enge, die ihn umschloss, erregte ihn ungemein, aber er zwang sich, Zurückhaltung zu üben. Bald würde der Schmerz vorbeigehen… Yuugi hatte es fast geschafft. Aber das wusste er ja nicht, er wimmerte:„Atemu, bitte hör auf, bitte…“ „Gleich, Yuugi, gleich!“, versprach Atemu und küsste den Hals des Jüngeren. Yuugi biss sich auf die Lippen und sagte nichts mehr, klammerte sich nur an Atemu. Er wusste, dass Atemu vorsichtig war und er liebte ihn zu sehr, als dass er widersprechen wollte. Immerhin hatte Atemu ihm eben auch solche Wonnen bereitete – und sicher würde er das auch bald wieder. Atemu jedenfalls verharrte nun, wartete, bis Yuugi sich an die neue Situation gewöhnt hatte. Er küsste den Hals seines Liebsten, saugte sich kurz an einer Stelle fest, wodurch der Jüngere leise aufseufzte und den Kopf so drehte, dass Atemu mehr Platz hatte. Es tat so gut und Yuugi spürte, die Leidenschaft zurückkehren. „Geht es?“, wollte Atemu wissen. „Ja.“, murmelte Yuugi, auch, wenn das nur die halbe Wahrheit war, „Verdammt, Atemu, was musst du auch so groß sein?!“ Atemu lachte leise. Dann begann er, sich langsam in Yuugi zu bewegen. Der Schmerz verschwand deswegen zwar nicht, aber ein unbändiges Gefühl der Lust gesellte sich dazu, erst recht, als Atemu Yuugis‘ Glied wieder umfasste. Nun, wo er einmal begonnen hatte, wurde es für Atemu schwieriger, sich zurückzuhalten, er wusste, er hätte vorsichtiger sein sollen, aber es tat so gut… Endlich keuchte auch er, aber Yuugi erging es da nicht anders, nicht mehr, als Atemu seine Prostata traf und Yuugi leise Atemus‘ Namen schrie. Dessen Antwort bestand aus einem Keuchen. Atemus‘ rhythmische Stöße wurden schneller und Yuugi bewegte sich dem entgegen, vollkommen gefangen in dieser Welt. Im Grunde genommen war es kein romantisches erstes Mal, es begann verzweifelt, dann wurde es schmerzhaft und schließlich liebten sie sich mit einer rauen, wilden Leidenschaft, erwachsen aus dem Bedürfnis, die Nähe des Anderen zu spüren und der schieren Lust, die sie stark wie selten zuvor verspürten. Es dauerte indes auch nicht lange, sie kamen beide schnell, hatten beide so lange gewartet. Hinterher lagen sie nebeneinander im Bett, Atemu hatte Yuugi in seine Arme geschlossen, obwohl es so warm war. „Ich liebe dich.“, flüsterte Yuugi und Atemu küsste ihn auf die Stirn. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)