Der Pfau von Phillia (Deutschland, das sind wir selber) ================================================================================ Kapitel 7: 07 - Acht -------------------- Es war eine mond- und sternenlose Nacht, aber um das Fehlen dieser Elemente wieder wett zu machen, hatte sich die Natur gedacht, dass sie es mit viel zu viel Wind wieder aufwiegen würde, und die jahrhundertealten Pappeln bogen sich gefährlich nahe an den Boden. Acht Bundesländer, oder zumindest Teile davon, huschten durch die finstere Nacht und suchten Schutz vor dem Wind, vor allem suchten sie aber Schutz vor sich selbst. Denn die Dunkelheit ließ die Dunkelheit in ihren Herzen wachsen, und diese Monster, das hatten sie sich alle geschworen, sollten niemals wieder das Tageslicht erblicken, geschweige denn das Mondlicht. Graue Wolken zogen sich zusammen und addierten zum Wind einen schweren Schauer, und Albrecht war der Erste, der zusammenbrach. Besorgt blieb Paul stehen, und untypisch nervös sah er sich um. Als Brandenburg wieder aufstand, zog er sich die Schuhe aus. „Hey Albi...“ Berlin blickte seinen alten Genossen unruhig an. „Komm, lass ma weiterlaufen, die anderen sind schon zu weit entfernt.“ „Gib mir Paolo oder ich schneide ihn dir aus deinen Rippen heraus.“ Paul wich zurück. Er konnte nichts sehen und drehte sich hastig um, um zu den anderen aufzuschließen. Albert folgte ihm. Er folgte ihm langsam und bedächtig. In ihm drin klopfte Albiline verzweifelt, um nach draußen zu gelangen, aber es war zu finster, als dass sie eine Chance hätte. Albrecht hatte sich resigniert in eine Ecke gesetzt und hoffte, dass die Nacht baldigst vorübergehen würde. Albert hatte Zeit. Er zog ein Messer aus seiner Manteltasche, aber niemand bemerkte es, denn noch immer fiel kein einziger Lichtstrahl auf die Länder. Paul hatte aufgeschlossen und war den anderen vorangelaufen. Manchmal konnte Brandenburg einem echt Angst machen. Er blickte die beiden Länder neben sich an und versuchte, ihre Gesichtszüge auszumachen. Ah, es handelte sich um Helgoland und Baden. Die beiden schienen sehr angespannt zu sein, und vor allem das gelockte Mädchen neben Berlin blickte fast schon verzweifelt zum Himmel auf, in der Hoffnung auf ein wenig Licht. Aber sie musste nicht lang auf Licht warten. Auch Baden griff in seine Manteltasche und auch er beförderte einen scharfkantigen Gegenstand zum Töten nach draußen, aber im Gegensatz zu Alberts Messer leuchtete Maxims Brennstab im Dunkeln grün auf. Es war kein gesundes, natürliches Grün, sondern ein krankes Grün, als würde die Waffe leiden, als würde, als könnte sie Schmerzen empfinden. „Wo ist Luca?“ Hilflos blickte sich Maxim um. Um ihn herum hatten sich inzwischen alle verwandelt, mit Ausnahme von Berlin. Anne zückte eine beunruhigend scharf aussehende Nagelfeile, Zenzta rammte ihren Frankenrechen in den Boden, Frieder setzte sich eine Brille auf die Nase, die das schwache Licht von Maxims Brennstab reflektierte, und Bernie fing an, laut zu kichern. Paul floh in die Sicherheit seines Verstandes zurück, und als Paolo in die Wirklichkeit trat, zog er sich die Kapuze auf. Von hinten kam Albert, der Württemberg mit sich zog. Kein einziger der Anwesenden befand sich noch im Reich der Vernunft. „So sieht man sich also wieder.“ Frieder blickte alle dunklen Bundesländer an, aber wie auch sein Bruder wurde er rigoros ignoriert und knurrte wütend. Eines nicht allzu fernen Tages würde er sie alle unterjochen. Bis dahin würde er sich damit zufrieden geben, Anne zu befummeln, die das sofort geschehen ließ und Mecklenburg-Vorpommern entzückt näher rückte. Während die beiden, passend wie die Faust auf's Auge mit ihren Vorlieben, mit sich beschäftigt waren, versammelten sich die restlichen sechs Bundesländer in einem Kreis. Luca ließ sich faul, wie er war, auf den nassen Boden sinken und hatte sofort einen anhänglichen Maxim an seiner Seite, der anfing zu fauchen, als Zenzta sich näher als einen Meter näherte. Alberts rechte Hand lag locker auf Paolos Schulter, und das Leuchten von Maxims Brennstab wurde von einem Feuerzeug unterstützt, welches eine Zigarette aufflammen ließ. Nur Bernie saß allein und verlassen in der Mitte des Kreises und lächelte die restlichen Länder freundlich und irritierend schief an. Man konnte beginnen. „So sieht man sich also wieder.“ Es war Zenzta, die sprach. Man beachtete sie. Paolo antwortete seiner Nemesis mit einem lauten Lachen, das den Boden unter ihm noch erschütterte, und Albert lächelte hocherfreut. „Diesmal wirst du sterben, Schlampe. Berlin, lass mal 'ne Kippe rüberwachsen.“ Auch als dunkle Version war Schwaben geizig. „Ungern, Luca.“ „Auf ihn, Maxim.“ Auf den Befehl hin sprang Baden auf und während seine durchnässten Haare im Wind flatterten, stürzte er sich auf Berlin wie ein wildes Tier. Paolo jedoch würde sich nicht von seinen geliebten Zigaretten trennen. Nach einem Kampf, der mit allen Mitteln ausgetragen wurde und der ein Grinsen von Albert mit sich zog, kehrte Maxim ruhig und mit eingezogenem Kopf zu Schwaben zurück. Er hatte keine Zigarette erobern können. Stattdessen blutete er aus verschiedenen Wunden, die seinen ganzen Körper übersäten, und Paolo rieb sich den linken Arm, an dem ein Schnitt bis zum Knochen durchgedrungen war und noch immer ein Restleuchten verblieb. Streng und missvergnügt blickte Schwaben Baden an, der daraufhin anfing, zu weinen, und unterwürfig um Vergebung bettelte. Bernie wandte bei so viel hundeähnlichem Verhalten entrückt den Kopf in Richtung von Maxim und krabbelte sabbernd auf ihn zu. Niemand kümmerte sich darum. Albert lachte wieder, als er Paolos Blut betrachtete, das auf seinen Unterarm gespritzt war. Zenzta überkreuzte arrogant die Arme vor ihrer Brust. „Ihr Wichser, lasst mich in Ruhe. Ich hab' noch eine Rechnung mit diesem scheiß Arschloch von Papst offen, und niemand weiß, wie lang diese gottverdammte Nacht noch dauert.“ Träge und wütend blickte Schwaben sie an. Er brauchte 'ne Kippe. „Du verlässt diesen Regen nicht lebend.“ „Und was willst du tun, dein Schoßhündchen auf mich hetzen?! Ich mach mir vor Angst in die Hose!“ Maxim war gerade damit beschäftigt, an Lucas Bein zu hängen. Bernie war damit beschäftigt, Maxim weiterhin begierig anzusehen, aber das kümmerte diesen nicht. Alles war egal außer sein Württemberg. Albert lachte sich halb tot. Das war wundervoll. Besser konnte es gar nicht kommen. Hoffentlich würde er noch viel mehr Blut und Gedärme sehen. Wenn nicht, dann konnte er ja nachhelfen mit seinem kleinen Neuruppin in seiner Hand. Paolo rieb fluchend seinen Arm und warf erboste Blicke hin zum Süden Deutschlands. Aber seine schlechte Laune blieb nicht lang bestehen, denn Albert flüsterte ihm etwas ins Ohr, was ihn schief grinsen ließ, und von hinten näherte er sich Zenzta. Leider war Paolo zu laut – oder er war einfach zu dumm, um sich erfolgreich anzuschleichen – und ein wütender Rechenhieb fuhr ihm mitten durch's Gesicht, sodass sich seine Haut abschälte und er die Hände aufjaulend auf sein Gesicht schlug. Das Jaulen weckte Bernies Aufmerksamkeit und er ließ von Baden ab, um sich Berlin zu nähern, und sein Sabbern wurde noch intensiver. Zenzta war abgelenkt, Luca sah seine Chance und er schickte sein Schoßhündchen, wie spöttisch von der Bayerin erwähnt, auf eben diese Bayerin los, und Maxim war froh, sein Malheur von eben wieder gut machen zu können. Albert näherte sich mit Neuruppin dem Kampf. Das war sehr schön. Er freute sich, grinste breit und hob sein Messer, denn er wollte auch bei diesem Spaß mitmachen. Paolo versuchte, Bernie abzuwehren, und war erfolgreich, aber danach wurde auch er in den kleinen Kampf zwischen Bayern, Baden und Brandenburg verwickelt. Stunden später ging die Sonne auf und schickte ihre hellen Strahlen auf das weite Feld. Acht Bundesländer lagen erschöpft und verletzt auf vom Regen durchnässten Boden. Anna war die erste, die die Augen aufschlug, und mit einem kleinen panischen Schrei zog sie ihre Kleidung wieder an und rannte fort. Fritz rieb sich irritiert die Schläfen und wankte in Richtung Straße davon. Albrecht schlüpfte in seine Schuhe und half Paul mit dem Versprechen, sich um seinen Arm zu kümmern, auf die Beine. Auch Lukas stand auf, schien alles vergessen zu haben und machte sich auf den Weg zur Straße, um per Anhalter nach Hause zu kommen. Maximilian ekelte sich vor sich selbst und versuchte, sich mit dem zurückgebliebenen Regen auf dem Rasen zu säubern, ehe er ebenfalls hastig davonrannte. Zenzie sagte einige Ave Marias für ihre Gotteslästerungen auf. Bernd wunderte sich über all das Blut auf dem Boden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)