Anders von littlpinkunicorn (Aber was ist schon normal?) ================================================================================ Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- Kuran! Verschwinde, hau ab, lass mich in Ruhe! Pack mich nicht mit deinen dreckigen Händen an, du Bastard! „Kuran-senpai“, sagte Zero nur. Seine Stimme klang ebenfalls ruhig, beinahe gelangweilt, und ließ nichts von der erdrückenden Angst, die von ihm Besitz ergriffen hatte, ahnen. Seine Hand, die die Klinge umklammert hielt, war schweißnass. „Geht es dir nicht gut?“, fragte der junge Mann erneut. Zero konnte den Spott und die Belustigung aus seiner Stimme heraushören. Jetzt bloß keine Schwäche zeigen! Er hob den Blick von der Klinke und warf Kaname einen vernichtenden Blick zu. „Es geht mir gut, danke für deine Fürsorge, Kuran-senpai“ Mit diesen Worten öffnete er die Toilettentür und betrat den weiß-gekachelten Raum. Er hastete hysterisch in die nächste Kabine und drehte mit zittrigen Fingern den Schlüssel um. Dann ließ er sich stöhnend auf den Boden sinken und vergrub die Hände in seinen Haaren. Die Welt verschwamm vor seinen Augen und ein unkontrolliertes Zittern erfüllte seinen Körper. -Ein Mann wohnt im Haus, der spielt mit den Schlangen, der schreibt - Nervös tastete Zero in seiner Hosentasche herum, bis er ein kleines, silbernes Döschen zum Vorschein brachte. Er schluckte schwer. Ich bin schwach, viel zu schwach. Kein Wunder, dass ich dich nicht beschützen konnte, Yuuki…ich bin so erbärmlich… Eine weitere Woge der Übelkeit überkam ihn und er ließ sich vornüber fallen und erbrach sich in die Toilette. Wie aus weiter Ferne vernahm Zero die Schulglocke. Er rappelte sich auf und wankte aus der Kabine zum Waschbecken. Sein Gesicht war leichenblass. Schnell bespritze er es mit kaltem Wasser, bevor er voller Abscheu eine Tablette aus dem silbernen Döschen nahm. Ich will nicht so sein! Warum…warum bin ich nicht wie die anderen? Warum…bin ich so ein Abschaum? Er nahm das Medikament und stürmte aus dem Raum. Der Unterricht würde jede Sekunde beginnen. Jetzt seh ich bestimmt richtig scheiße aus… Zero rannte um die Ecke und stoppte abrupt. Da stand er seelenruuhig. Hat er gewartet? Die ganze Zeit lang? Verdammter Bastard! „Was willst du?“, knurrte Zero. „Du überwachst mich doch sowieso schon und du hast Yuuki. Was willst du? Ist es so unterhaltsam, mit mir zu spielen? Du solltest doch Besseres zu tun haben, in deiner Position“ Ist es so lustig, mich zu quälen und mich leiden zu sehen? Zeros Magen verkrampfte sich. Sein Gegenüber lächelte leicht. Seine ruhige, kalte Stimme klang bedrohlich als er leise antwortete „Ich denke du, Kiryuu-kun, vergisst gerade deine Position. Muss ich dir erst helfen, dich an deinen Platz zu erinnern?“ Kuran Kaname hob eine Augenbraue leicht an und beobachtete Zeros Reaktion mit einem spöttischen Blick. Lass mich endlich in Ruhe! Jede Faser von Zeros Körper schien vor Hass zu erzittern. „Was ist hier los?“, fragte eine neugierige weibliche Stimme plötzlich. „Oh, Kaname-sama! Ich hab dich schon gesucht! Und…Zero…auch“ Das braunhaarige Mädchen warf Zero einen unsicheren Blick zu. Der Junge rang sich ein Lächeln ab. „Guten Morgen, Yuuki“ Yuuki…du…deine Welt dreht sich wirklich nur noch um Kuran, hm? „Meine kleine Yuuki! Tut mir Leid, dass ich dich hab warten lassen, Kiryuu-kun und ich haben uns nur zufällig getroffen und mussten ein bisschen plaudern“, entgegnete Kuran Kaname mit einem offenen Lächeln, bevor er Yuukis zierlichen Körper zu sich hin zog und sie fest umarmte. Yuuki errötete. „N-nicht, Kaname-sama, Zero ist doch noch hier…“, wisperte sie. Zero wandte den Blick ab, doch das Bild hatte sich bereits hinter seine Lider gebrannt. Yuuki und Kuran so zusammen zu sehen war schlimmer als jegliche Folter oder irgendetwas, das Kuran ihm hätte antun können. Sein Magen verkrampfte sich wieder. Yuuki ist glücklich so, es ist besser für sie… Zero schaute die beiden nicht an, als er an ihnen vorbei in Richtung Klassenzimmer ging. Er hatte sie gerade hinter sich gelassen, da hört er Kurans Stimme. „Vergiss nicht, was ich dir gesagt habe, Kiryuu-kun, ich möchte dich nicht noch einmal daran erinnern müssen“ Er entgegnete nichts, sondern setzte nur stumm seinen Weg fort, die Hände zu Fäusten geballt. Natürlich wusste er es. Natürlich war ihm klar, dass er so nicht reden durfte. Natürlich war ihm auch bewusst, dass sein Wohlbefinden einzig und allein in der Hand dieses Mannes lag. Daher war es höchst unklug, Kuran Kaname zu verärgern. Zero wollte sich nicht ausmalen, wie es wohl wäre, wenn Kuran ihn an seinen Platz würde erinnern müssen. Yuuki sah so glücklich aus…er scheint sie gut zu behandeln. Oder ist sie ihm einfach blind verfallen? Würde zu Yuuki passen…sie ist noch so unschuldig und naiv… Er seufzte leise auf und betrat das Klassenzimmer. Außer Yuuki waren bereits alle Schüler anwesend. Sie waren laut und redeten durcheinander, wie jeden Morgen. Nur Sayori, Yuukis beste Freundin, schaute nervös zur Tür. Als Zero eintrat nickte sie ihm kurz zu. Er erwiderte den Gruß knapp und ging zu seinem Platz in der hintersten Reihe. Dann fing auch er an, nervös die Tür zu beobachten. Wo bleibt Yuuki? Wenn sie sich nicht beeilt, kommt sie schon wieder zu spät, die Glocke hat doch bereits geläutet… Yuuki tendierte dazu, immer zu spät zu kommen. In dieser Woche war sie bereits zweimal zu spät gekommen. Und es war Mittwoch. Gerade, als Zero ernsthaft in Betracht zog, sie suchen zu gehen, tauchte Yuuki auf. Ihre Wangen waren noch immer leicht gerötet und auf ihren Lippen lag ein seliges Lächeln. In ihren Augen lag ein seltsamer Glanz und es war offensichtlich, dass sie mit den Gedanken gerade an einem vollkommen anderen Ort war. Und das alles nur wegen Kuran. Dieser Gedanke ließ den Hass auf den jungen Mann neu aufflammen. Zero hasste ihn. Er hasste ihn so sehr, wie man einen Menschen nur hassen konnte. Kuran Kaname war der Mensch, den er leiden lassen wollte bis zum Ende. Er wollte ihn ausbluten lassen, langsam und qualvoll. Und genau das macht er mit mir…Ironie des Schicksals… Der Lehrer ließ sich heute wirklich Zeit. Zero starrte geistesabwesend auf seinen Tisch und schmiedete in Gedanken Mordpläne als eine Stimme ihn plötzlich zusammenzucken ließ. „Zero?“ Yuuki! Schnell hob der Angesprochene den Kopf und versuchte seine Gedanken hinter einem falschen Lächeln zu verstecken. „Ja?“ „Geht es dir gut?“ Ihre Stimme klang besorgt. „Tut mir Leid, dass du das mit ansehen musstest…“, fügte sie leicht beschämt hinzu. „Ich weiß ja, dass du Kaname-sama nicht besonders magst…“ Zero schnaubte. Nicht besonders mögen war eine extreme Untertreibung. „…aber er ist wirklich ein toller Mensch! Du müsstest ihn nur mal richtig kennenlernen!“ Langsam aber sicher verschwand Zeros falsches Lächeln. „Hör mal, Yuuki, mein Tag ist so schon beschissen genug, da muss ich mir nicht auch noch am frühen Morgen die Vorzüge von Kuran Kaname anhören. Für mich ist und bleibt er ein verdammter Bastard und wenn ich mitbekomme, dass er dir irgendetwas antut, dann kann ich für nichts garantieren“ Yuuki starrte ihn entsetzt und enttäuscht zugleich an. „Kaname-sama würde mir niemals, niemals, etwas antun! Und das weißt du auch! Warum sprichst du immer so über ihn, Zero? Das ist nicht fair, du kennst ihn noch nicht mal wirklich!“ Sie wirkte verletzt. Ihre Augen klagten ihn an. Das hatte Zero nicht gewollt. Schnell senkte Zero den Kopf und biss sich auf die Unterlippe. „Sorry, Yuuki. Ich kann ihn einfach nicht leiden…ich bin zu weit gegangen…natürlich würde er dir nichts antun, er ist doch dein Freund“ Er hob den Kopf wieder und sah ihr in die Augen. „Entschuldige“ Yuuki schüttelte nur den Kopf. „Schon vergessen! Willst du nicht mit zu Yori-chan und mir kommen? An unserem Tisch ist noch ein Platz frei“ Sie schenkte ihm ein breites Grinsen. Zero hob die Augenbrauen. Er kannte diese Frage nur zu gut. Denn Yuuki gehörte leider nicht zur Kategorie „sehr intelligent“, sondern „sehr reich“. Sie war die Tochter des Rektors und insgeheim vermutete Zero, dass dies der einzige Grund war, wieso sie die alljährlichen Abschlussprüfungen jedes Mal bestand. Er war sich sogar ziemlich sicher. Yuuki war schulisch gesehen eine vollkommene Katastrophe. Und immer, wenn Zero an ihrem Tisch saß, durfte er ihr die Aufgaben erklären und sie für sie lösen. Sie schien in keinem Fach auch nur das kleinste Bisschen zu verstehen. Es trieb Zero nicht selten an den Rand der Verzweiflung. Also schüttelte er den Kopf und warf ihr einen strengen Blick zu. „Du musst langsam etwas Eigenverantwortung lernen. Wie willst du sonst deine Abschlussprüfungen schaffen, hm? Ich bleib hier hinten, du kannst mich ja später fragen, wenn du was nicht verstanden hast“ „Du bist echt fies, Zero! Du bist doch eh ein Genie, da kannst du mir ruhig mal helfen!“ Zero seufzte leise, doch zu seinem Glück betrat in diesem Moment der Lehrer den Raum und bedeutete Yuuki, sich an ihren Platz zu begeben. Schmollend ging Yuuki zu ihrer Freundin und ließ Zero allein in der letzten Reihe zurück. Kuran ist also ein toller Mensch? Kuran, der mir Yuuki weggenommen hat? Der mit der Mörderin meiner Eltern befreundet ist? Der mich jeden Tag aufs Neue mit seinen Freunden demütigt und mich jede Nacht in meinen Albträumen heimsucht? Ein toller Mensch? Zeros Hände zitterten und sein Gesicht nahm einen noch blasseren Farbton an. Kuran Kaname war das Abstoßendste, was Zero sich vorstellen konnte. Der Gedanke an ihn war genug, um den Jungen in kalten Schweiß ausbrechen zu lassen. Aber Yuuki wusste davon nichts. Sie wusste nicht viel über Kuran. Und selbst wenn sie es gewusst hätte, hätte sie es höchstwahrscheinlich verdrängt oder geleugnet. Sie war so rein. Und naiv. Viel zu naiv. Aber Zero hatte sie immer schützen wollen. Immer. Und dann war Kuran gekommen. „Kiryuu!“ Zero zuckte zusammen, als ihn die Stimme des Lehrers aus seinen Gedanken riss. Schnell hob er den Kopf und sah den Lehrer an. „Ja?“ Er erwartete eine Ermahnung des Lehrers, immerhin hatte er ganz und gar nicht aufgepasst und hatte keine Ahnung, was sein Lehrer von ihm hören wollte, doch zu seiner Verwunderung legte sich ein besorgter Ausdruck auf das Gesicht des Mannes und er fragte „Geht es dir nicht gut, Kiryuu? Du bist so blass und du hast so unkonzentriert gewirkt. Ist dir übel? Willst du lieber ins Krankenzimmer gehen?“ Zero schaute ihn einen Augenblick lang perplex an. Natürlich ging es ihm nicht gut. Er fühlte sich beschissen. Und er sah wohl auch ziemlich beschissen aus. Wie sehr, dass wurde ihm erst jetzt bewusst. Verdammter Kuran! Verdammte Tabletten! Er überlegte einen Augenblick lang. Aber dann siegte die Müdigkeit und er nickte resigniert. „Ja, mir ging’s schon heute Morgen nicht so gut“ Und gestern auch nicht. Und vorgestern. „Danke, Ukita-sensei“ Zero packte schnell seine Bücher zusammen und versuchte sie mit zitternden Händen in seiner Tasche zu verstauen. Seine Mitschüler beobachteten ihn. Hört auf, mich anzustarren! Ohne sich noch einmal umzublicken verließ Zero den Raum. Er konnte Yuukis Blick förmlich auf seiner Haut spüren, aber er besaß im Moment nicht mehr die Kraft, ihn zu erwidern. Weil dieser Blick so anders war als der, mit dem sie Kuran Kaname anschaute. Zero wollte ihn nicht sehen. Er ertrug diesen mitleidigen Blick nicht mehr. Warum bin ich nicht normal? Wer oder was bin ich wohl in Yuukis Augen? Kuran ist „ein toller Mensch“ haha…und ich? Bin ich ein Kindheitsfreund? Oder nur ein Junge, dessen Eltern gestorben sind und dessen Bruder ihn verlassen hat? Jemand, der zu bemitleiden ist? Jemand, mit dem man spricht weil er sonst niemanden hat? Zero schüttelte vehement den Kopf. Nein, so durfte er nicht über Yuuki denken. Nur weil sie mit diesem Bastard zusammen war, war sie kein vollkommen anderer Mensch geworden. Sie war immer noch Yuuki. Und Yuuki war nie aus Mitleid mit Zero befreundet gewesen. Er schlug den Weg zum Krankenzimmer ein. Was sollte er der Ärztin erzählen? Zero schluckte und klopfte mit einem leichten Anflug von Nervosität an die Tür. „Entschuldigung?“ Er öffnete die Tür. Die Schulärztin lächelte ihn an. Sie war gerade dabei, einer Schülerin, die sich beim Sportunterricht den Knöchel verletzt hatte, einen Verband anzulegen. „Ja, bitte? Geht es dir nicht gut?“ Ihre Stimme klang warm und freundlich. Zeros Mund fühlte sich ausgetrocknet an, als er nickte. Die Ärztin lächelte noch immer und wies auf ein Bett hinter ihr. „Ich kümmere mich sofort um dich, setz dich doch solange da hin. Ich bin gleich fertig mit Sonohara-sans Knöchel, einen Moment noch, in Ordnung?“ Zero nickte erneut und ließ sich auf dem Bett nieder. Er schloss seine Augen und versuchte, das Zittern in seinen Händen zu unterdrücken. Als er die Augen wieder öffnete, war Sonohara-sans Behandlung beendet. Ihr Knöchel war verbunden und sie erhob sich unbeholfen. „Du solltest deinen Knöchel für den Rest der Woche wenn möglich nicht belasten“ Die Ärztin hielt dem Mädchen die Tür offen. „Danke, Sensei“, entgegnete Sonohara-san, „ich werd mich dran halten“ Sie schenkte ihr ein Lächeln und humpelte langsam davon. Die Ärztin seufzte und schloss die Tür. Dann dreht sie sich zu Zero. „Also…Kiryuu-kun, richtig?“ Zero zuckte beim Klang seines Namens leicht zusammen. „Ja, Kiryuu Zero“, antwortete er dann. Woher kennt diese Frau meinen Namen? Die Ärztin nickte. „Warum bist du hier?“ Zero schluckte. „Mir ist…etwas übel und ich hab Kopfschmerzen…“ Er schaute die Frau nicht an, als er sprach. Inzwischen bereute er seine Entscheidung. Sie ließ ihn so schwach erscheinen. Wer kam schon wegen Übelkeit oder Kopfschmerzen ins Krankenzimmer? Wahrscheinlich niemand. Es war lächerlich. Ich bin lächerlich. Erbärmlich. „Hmm…du siehst wirklich nicht gut aus…“ Die Ärztin legte den Kopf schief und betrachtete den Jungen. „Du hast in letzter Zeit nicht viel geschlafen, hm?“, fragte sie dann. Sie ließ Zero keine Chance zu antworten, sondern drehte sich um und begann, in einem großen Schrank zu wühlen. Zero konnte den Inhalt nicht erkennen, doch nach kurzer Zeit war sie offenbar fündig geworden. Sie schloss den Schrank wieder und hielt nun eine Krankenakte in der Hand. Die Ärztin durchblätterte das Dokument während in Zero plötzlich Panik aufstieg. Nein! Bitte nicht! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)