Monday Dreaming von Momachita ================================================================================ Prolog: -------- Man sagt, ein Lächeln kann mehr als tausend Worte sagen. Deines hat mir mehr gesagt, als ich erwartet hätte. Es sagte mir, dass ich nie wieder eine Chance bei dir habe und es auch gar nicht erst wieder versuchen solle. - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - „Hast du deine Sachen gepackt?“ „Ja, Mom. Sie sind schon im Wagen.“ „Und Lizy's?“ „Auch.“ „Gut. Ich mach dann noch schnell Waffeln, bevor wir losfahren.“ „Ach Mom.“ Genervt rolle ich mit den Augen und gehe zu ihr in die Küche, um sie vor ihrem unsinnigen Vorhaben abzuhalten. „Paps hat gesagt, dass wir eh schon im Verzug sind und uns auf einen langen Stau gefasst machen können, wenn wir weiter so rumtrödeln.“ Sie sieht mich mit ihren bernsteinfarbigen Unschuldsaugen an und ich komme nicht drumherum wegzuschauen, weil ich sonst ihrem kindlich-naiven Charme sofort erliegen würde. „Bitte, Momy. Sonst wird er noch echt wütend.“ Sie zieht ihre Schmolllippe, die uns drei einerseits immer sehr erheitert, andererseits aber auch furchtbare Schuldgefühle in die Magengegend boxt. Und als ob das nicht schon genug wäre, fällt das anfängliche Frühlingslicht natürlich extra stark durch das Küchenfenster und bettet Mamas Engelsblick in einen Kreis von Licht, der sie noch heiliger erscheinen lässt. Beinahe habe ich Angst, dass ich in die Hölle komme, sollte ich ihr nicht sofort erlauben Waffeln für uns zu machen. Am besten noch mit warmer Vanillesauce obendrauf. Aber zum Glück rettet mich eine altbekannte Stimme aus der misslichen Lage. „Na, Alex? Bedrängt dich unsere liebe Frau Muttern wieder mit ihren unverschämt guten Kochkünsten, die du einfach nicht zu würdigen weißt?“ Will gibt mir ein lautstarkes Schmatzerchen auf die Wange, von dem ich angesäuert den Kopf wegdrehe. „Bäh.“, mache ich gespielt und er lacht. Mama fühlt sich wie immer durch Wills gekonnt gesetzte Komplimente absolut bedient und hat ihre Idee mit den Waffeln schon wieder vergessen. Stattdessen kichert sie verlegen und umarmt ihren Schwiegersohn in Spe zur Begrüßung. „Du bist wirklich ein Charmeur. Wenn ich nur ein wenig jünger wär...“, fängt sie wie eigentlich immer an zu schwärmen und Will knuddelt sie dafür nochmal extra. „Dann wärst du aber immer noch so trödelig.“ Papa. Er stellt sich neben mich, hält wie ich die Arme vor der Brust verschränkt und rollt mir den Augen. Anstatt das Mama auf den Vorwurf eingeht mustert sie uns beide kurz, ehe sie sagt: „Man sagt wirklich nicht zu Unrecht: Wie der Vater so der Sohn.“ „Allerdings.“, stimmt Will kopfnickend mit ein. „Da ist der Apfel wirklich nicht weit vom Stamm gefallen.“ „Dafür aber auf den Kopf.“, erklingt plötzlich eine weitere Stimme. Lizy, die natürlich nicht umhin kommt mir durch die Haare zu wuscheln. „Sehr witzig, Elisabeth.“ Mit einem großen Gefühl der Genugtuung betone ich jede einzelne Silbe ihres Vornamens, den sie einfach nicht ausstehen kann. Sie zischt mich kurz an, wirft mir einen giftigen Blick zu und schmeißt sich dann geradezu in die Arme ihres Liebsten. „Willy-Schatzy!“, drückt sie ihm ein Küsschen auf die Lippen und lässt sich von ihm eng an seinen Körper ziehen. „Willy-Schatzy.“, ahme ich flüsternd lachend meine Schwester nach, so laut, dass Paps es noch mitbekommt und wir beide unser männliches und schadenfreudiges Kichern nicht unterdrücken können. „So, wir müssen jetzt aber wirklich los.“, sagt Mama plötzlich und schultert ihre Handtasche, in die sie noch eben eine Flasche Wasser eingepackt hat. Das sagt ausgerechnet sie. Die Trödel-Lise in unserer Familie schlechthin. Versteh mal einer die Frauen, ich tu's nicht... Aber wenigstens bewegt uns ihr Satz endlich alle zu den beiden Wagen. Papa schließt die Haustür ab und prüft noch einmal, ob der Brief für das Hausmädchen, das trotz unserer Abwesenheit täglich kommen soll, auch an der vereinbarten Stelle ist. Er ist es. Mit einem Wink gibt er uns zu verstehen, dass wir drei schon mal vorfahren können. Mama und er folgen uns. Schließlich hat Will ein Navi und Papa keine Lust auf vier Stunden Muttern, die versucht mit einer Straßenkarte umzugehen. Will startet den Motor und es geht los in unseren wunderbaren familiären Oster-Urlaub. Kapitel 1: Staustress --------------------- Eine Woche Urlaub. Unsere Eltern haben sich extra frei genommen, damit wir Mamas größten Wunsch der letzten fünf Jahre endlich erfüllen konnten: Urlaub mit der ganzen Familie. Da meine Schwester und ich sonst immer unterwegs und unsere Eltern an den Wochenenden zu sehr mit dem Versuch beschäftigt sind, den kläglichen Rest Freizeit, der ihnen neben ihren Berufen noch zu Verfügung steht, mit Freunden in Verbindung zu bringen, sehen wir uns meist nur einmal am Tag, zum Frühstück. An Feiertagen und Geburtstagen noch zum gemeinsamen Abendessen, aber das war's dann auch schon. Und da unsere geliebte Mutter eine wahre Harmoniefanatikerin ist und wegen all dem Stress der letzten Wochen fast zusammengebrochen wäre, haben wir Schneiders uns nun endlich zu diesem Urlaub durchzuringen. Nur Paps, Mama, Lizy, meine unglaublich nervtötende Schwester und ich. Ach ja, und Will, der nicht nur die perfekte Idee für das Urlaubsziel und genug Connections für eine gescheite Unterkunft hat, sondern zudem noch mein Ex ist und schon bald mein Schwager wird. Ich weiß, das klingt ziemlich verwirrend. Und das ist es auch. Aber zum Glück nicht sonderlich kompliziert. Ich bin schwul. Und Will bi. Ich habe ihn vor etwa vier Jahren kennen gelernt. Ganz normal auf einer Party. Wie man das halt so kennt. Mit uns beiden hat es zwar nicht sonderlich gut geklappt, nach einem Monat trennten wir uns schon wieder. Aber blieben als Freunde zusammen und schließlich lernte er so auch meine Schwester kennen, seine jetzige Verlobte. Er mag mich zwar immer noch sehr und macht solche Annäherungsversuche wie heute Morgen mit dem Schmatzer auf die Wange wirklich gerne, aber wir wissen alle, dass es zwischen Lizy und ihm die große Liebe ist. Immerhin hat sie ihm den Antrag gemacht und das obwohl sie sich seit ihrem 14. Lebensjahr geschworen hat, sie werden nie heiraten! Tja, Schwesterherz, falsch gedacht! So kommt es, dass ich bei diesem Date-Urlaub der einzige bin, der Single ist. Ach, und Ramses ist auch Single. Der kleine knuddelige Hundewelpe, auf den Will zurzeit aufpassen muss und der uns von daher begleitet und die sonnigen Tage noch mehr versüßen wird. Wirklich, dieser Hund ist das niedlichste, was mir bislang unter die Augen gekommen ist. Verschlafen liegt er auf meinem Schoß, reibt sich erst die feuchte Schnauze mit seiner Pfote, legt diese dann darauf, rekelt sich noch ein bisschen weiter hin und her bis er endlich DIE Position zum Liegen gefunden hat und friedlich einschläft. Putzig. „Wie geht’s Rambo?“, erkundigt sich da gerade sein Aufpasser von vorne nach dem Kleinen und weckt ihn damit auf. „Ach, Will!“, seufzte ich vorwurfsvoll und kraule dem kleinen Hündchen hinterm Ohr. Er verdreht den Kopf vor Verzückung und wackelt freudig leicht mit dem Schwänzchen. „Was ist denn jetzt schon wieder?“, erwidert Will gereizt. Er hasst lange Autofahrten, hat aber darauf bestanden, dass er fährt und nicht, wie wir zuerst vorgehabt hatten, abwechselnd ich und Lizy. „Jetzt hast du den Kleinen wieder aufgeweckt.“, belehre ich ihn. „Außerdem heißt er immer noch Ramses, nicht Rambo.“ Als ob dieses Kuschelvieh überhaupt jemals ein Rambo werden könnte. So lieb wie er einen immer anguckt. So niedlich! „Ramses.“, sagt Will abfällig. „Wer hat sich den Namen bitte ausgedacht. Für einen Golden Retriever.“ Ich habe aufgehört zu zählen wie oft er sich darüber schon beschwert hat. „Aber Ram können wir ihn auch nicht nennen. Also heißt er Rambo. Punkt.“ Will liebt Abkürzungen. Naja, bei dem Vornamen würde ich auch wollen, dass man mich Will nennt. Vielleicht passt er deswegen ja so gut zu Lizy. Sie haben beide total altmodische Namen abbekommen und können sich nun tagein, tagaus zusammen darüber aufregen. Wilhelm und Elisabeth. Klingt als wären das meine Großeltern. „Was grinst du denn schon wieder so dumm, he?“ Will hat mich durch den Rückspiegel fixiert. „Ach nichts.“ Ich kann's mir nicht verkneifen und füge ein leises „Wilhelm“ hinzu. Der knurrt mich nur kurz an und konzentriert sich dann wieder auf den Verkehr auf der Straße vor ihm. Lizy währenddessen hat sich mal wieder vorzüglich auf unsere Kosten amüsiert und kichert schon die ganze Zeit immer wieder vor sich hin. „Ihr seid wirklich wie ein altes Ehepärchen.“ Ich beuge mich etwas zu ihr nach vorne. „Wart's nur ab, in ein paar Jahren bin ich derjenige, der das sagen darf.“ Sie streckt mir als Antwort die Zunge raus. Ich tue es ihr gleich und werde überrascht nach hinten in den Sitz geworfen, als Will plötzlich hart abbremst und zum Stehen kommt. „Scheiße!“ Fluchend schlägt er aufs Steuer und schaltet den Warnblinker an. „Was ist denn jetzt los?“ „Siehst du doch.“ Will wedelt mit seinem Arm nach vorne. „Stau. So ein Mist!“ Wir stehen einige Minuten ehe wir zwei, drei Schritte weiterrollen, bis wir wieder stehen. Will hat das Radio angestellt, aber nicht um Musik zu hören, sondern um sich zu vergewissern, dass es den Stau wirklich gibt und er nicht einfach nur eine Einbildung ist. Ganz ehrlich, wieso sollte man sich über Staus informieren, wenn man schon drin steckt? Ist doch sinnlos. Man macht sich nur damit die Stimmung kaputt, dass man erfährt wie lang der Stau ist. Und egal ob er jetzt sechs, acht oder auch 24 Kilometer lang ist, warten bis er weg ist muss man so oder so. Jedenfalls meistens. Wir haben zum Glück noch einen Ausweg. „Da vorne ist 'ne Raststätte, vielleicht sollten wir da gleich erst mal reinfahren und da abwarten bis der Stau sich gelegt hat.“ Lizy's Vorschlag kommt einer Götterbotschaft gleich. Wenn Will schlecht gelaunt ist, weil er Auto fährt UND dazu noch in einem Stau steht, habe ich wirklich keine große Lust auf ihn. Egal wie eng wir befreundet sind. Und auch wenn ich meine Schwester meistens hasse wie die Pest und auf Parties, auf denen plötzlich beide der Schneider-Zwillinge vertreten sind, abstreite, dass ich mit ihr blutsverwandt bin, so muss ich doch zugeben, dass sie jetzt gerade der genialste Mensch der Welt ist. Tja, sie hat Will halt nicht nur lieben gelernt, sondern auch wie man am besten mit ihm hantiert, wenn er schlecht drauf ist. „Gute Idee. Dann kann 'Rambo' gleich auch mal austreten.“, stimme ich ihr sofort zu und Will kann gar nicht anders als nicken, denn er ist so oder so überstimmt. Und da wir eh eine Rast von mindestens 30 Minuten mit eingeplant haben, sieht auch er ein, dass jetzt dafür wohl der beste Zeitpunkt wäre. Schnell gebe ich noch Mom und Paps per Handy Bescheid, was wir vorhaben, damit sie nicht nachher vor uns im Stau herschleichen und sich plötzlich fragen, wo ihre Kinder hin sind. Knapp zehn Minuten später haben wir es geschafft und ich strecke meinen vom Sitzen im Auto steif gewordenen Körper an der frischen Luft. Ramses springt und hüpft um mich herum und bellt freudig dabei. Hab ich schon erwähnt, dass dieser Hund das knuddeligste Wesen auf der gesamten Welt ist? „Komm, Ramses, wir gehen uns mal ein bisschen die Beine vertreten.“ Als hätte er meine Worte verstanden, bellt er zweimal fröhlich und stupselt schon auf und davon. Ich folge ihm bei Fuß – wie Ironisch – und freue mich über jede Aktivität des kleinen Hundes mehr als Eltern über ihr Baby, das gerade ein extra großes Bäuerchen gemacht hat. „Aw, ist der süß!“, ertönt plötzlich eine Mädchenstimme nicht weit entfernt von mir. Als ich mich umdrehe steht da ein etwa 15-jähriges Mädchen mit blonden Haaren, die sie zu zwei Zöpfen geflochten hat und ein luftiges Sommerkleid trägt. Wobei 'luftig' in diesem Fall 'Achtung-ich-kann-deinen-Popo-sehen-wenn-du-dich-nur-leicht-nach-vorne-beugst' bedeutet. Hoffentlich trägt sie 'ne Panty drunter oder irgendwas anderes, was mir diesen bestimmten Einblick erspart lässt. Ich habe einmal in meinem Leben mitbekommen was beim weiblichen Geschlecht da unten alles so vor sich geht und würde mit Vorliebe drauf verzichten es nochmal mit ansehen zu müssen. „Ist das deiner?“ Erst jetzt bemerke ich, dass das Mädchen mit mir spricht. Und zwar über Ramses. „Ähm.. nein.“, stammele ich etwas überrascht und wende meinen Blick wieder dem Hundi zu, das ganz vergnügt einer Libelle hinterherjagt. „Gehört meinem Schwager in Spe, ich passe nur auf, dass er sich nichts tut.“ „Oh, verstehe.“ Das Mädchen stellt sich auffällig neben mich. „Er könnte sich hier wirklich stark verletzen. Diese Libelle, der er hinterher hechelt... ich hab letztens gesehen wie sie ein ganzes Kleinkind mit einem Haps verschluckt hat. Vielleicht sollten wir den Hund lieber wieder in Sicherheit zu den Picknicktischen bringen.“ Sie bleibt völlig ernst während sie das sagt und sieht Ramses tatsächlich leicht besorgt an. Häh?! Ist dieses Mädchen verrückt, oder...? Plötzlich lacht sie. „'tschudlige, ich weiß, mein Humor ist ziemlich schräg. Aber du solltest dein Gesicht sehen. Da konnt' ich mich wirklich nicht mehr zurückhalten.“ Ah, verstehe. Gut, ich muss zugeben, ich habe sie aber auch angesehen, als wäre sie aus dem Irrenhaus geflohen. „Mein Name ist Lara.“, sie streckt mir ihre Hand entgegen, die ich höflicherweise auch ergreife. „Alexander. Kannst mich aber Alex nennen.“ „Sollen wir trotzdem vielleicht zu den Tischen gehen? Ich glaub, ich hab noch ein paar Hundeleckerli da, wenn Rambo sie nicht schon alle gegessen hat.“ Sie rollt genervt mit den Augen, hört aber überrascht auf, als ich plötzlich zu kichern beginne. „Rambo?“, frage ich erheitert nach. „Sag mir nicht, du hast einen Hund, der Rambo heißt.“ Sie nickt seufzend, sagt, dass es nicht ihre Idee gewesen wäre und sie den Namen überhaupt nicht ausstehen kann und ich lache noch lauter. Davon wird Ramses angelockt, der zum dritten Mal die Butterblume vor sich aufs Genauste beschnüffelt hat und nun zu mir angerannt kommt. Spielerisch beißt er in mein Hosenbein und zieht daran. „Ramses!“ Ich ziehe ihn weg und nehme ihn auf den Arm. „Ja, ich denke ein oder zwei Hundekuchen wären auch für mich nicht schlecht. Solange keine echten Hunde drin sind.“ Lara sieht mich ungläubig an. Ich zwinkere ihr zu und erkläre: „Mein Humor ist auch nicht der verständlichste.“ Wir gehen zusammen zu ihrer Familie, sie erzählt mir wie süß Rambo früher doch war und wie sehr ihn der Name doch verändert hat, während sie immer wieder mit einem liebevollen und neugierigen Lächeln zu Ramses blickt und ihm über den Kopf streichelt. Ich habe irgendwie das Gefühl, das wir beste Freunde werden könnten. ---------------- Huiiiii~ Ich freue mich, dass die Geschichte anscheinend einen guten Anklang findet und ich schon jetzt 10 Favoriten-Leser auf den lächerlich kleinen Prolog schon Kommentare bekommen habe :D Brav so, brav, schön weitermachen xD Ich danke auch vielmals dafür, dass ihr es schon bis hierher gelesen habt und veraten euch nun persönlich an dieser Stelle, dass ich vorhabe jden Donnerstag ein neues Kapitel hochzuladen. Soweit mir nichts dazwischen kommt.... hehe.... ^^'' mit diesen Worten: Bis nächste Woche, Eure ^w^ Kapitel 2: Rastplatz-Bekanntschaften ------------------------------------ Eigentlich hatten wir nur eine halbe Stunde bleiben wollen. Oder wenigstens solange bis der Stau sich aufgelöst hat. Aber es ist jetzt schon eine Stunde her, dass wir hier angekommen sind, der Stau hat sich vor mehr als zwanzig Minuten in eine Staubwolke von rasenden Autos aufgelöst und ich sitze immer noch mit Lara ihren Eltern und Rambo an dem Picknicktisch und verdrücke gerade mein drittes belegtes Salamibrötchen. Man, habe ich einen Hunger! Alle lachen noch über einen Witz, den ich vorhin gemacht habe. Naja, eher eine witzige Geschichte, in der Will natürlich mal wieder als Witzfigur dasteht. Tja, er hat aber auch ein Pech, dass ihm immer wieder solche Sachen passieren. Und ich daneben stehe, wenn sie ihm passieren. „Und er hat tatsächlich die gesamte Bowle...?“, fragt Hubert, Laras Großvater, noch einmal nach. Sein Lachanfall schwillt aufs Neue an, als ich nicke und damit bestätige, dass Will manchmal einfach der größte Tollpatsch der Nation sein kann. „Alex!“ Ich drehe mich um, nehme dabei mit einem Haps das letzte Stückchen Brötchen in den Mund und nuschel mit vollem Mund: „Wenn man vom Teufel spricht.“ „Alex, was machst du hier? Wir warten schon die ganze Zeit auf dich!“, tadelt er mich. Doch ehe ich antworten kann, steht auch schon Laras Oma Barbara auf und reicht Will überschwänglich die Hand. „Sie sind also Will?“ Hubert prustet ein weiteres Mal los und auch Lara kann sich ein leichtes Glucksen nicht verkneifen. Will nickt verständnislos, schafft es aber ein perfektes Schwiegersohn-Vorzeigemodell zum Vorschein zu bringen. „Und mit wem habe ich dir Ehre?“ Typisch Versicherungsvertreter. „Barbara und Hubert Miller mit Enkelin Lara und Hund Rambo.“, endlich kann ich wieder vernünftig das Wort ergreifen, ohne Will dabei mit einer Portion zerkautem Brötchen zu bespucken. „Rambo?“ Will hebt skeptisch eine Augenbraue. Aber ich sehe das verschmitzte Glitzern in seinen Augen, das er immer an den Tag legt, wenn er etwas zu Ohren bekommt, das zu unglaublich ist, um wahr zu sein. Wie damals, als ich ihm sagte, dass Lizy in der Tat single sei und noch immer nach ihrem Mister Perfect suche, der ihr beweise, dass die guten Männer doch nicht immer schon vergeben und oder schwul seien. „Ja, Rambo.“, nicken Lara und ich ihm bestätigend zu. „Hör schon auf mich ständig damit zu ver... aufzuziehen.“ Er rollt genervt mit den Augen und stemmt die Hände in die Hüften. Empört stehe ich auf. „Er heißt aber wirklich Rambo!“ „Ja klar. Und die Ostereier legt in einer Woche auch wieder der Osterhase in dein Nest rein.“ Will belächelt mich und ich ziehe meine schönste Schmollschnute. „Wollen Sie sich nicht zu uns setzen?“, schlägt unterdessen Hubert mit einem einladenden Lächeln vor und deutet auf den Platz neben sich. Will schüttelt den Kopf. „Nein danke. Tatsächlich müssen wir auch langsam weiter, die Zeit nutzen bevor wir in den nächsten Stau geraten.“, lehnt er höflich ab. „Ach, wo wollen Sie denn hin?“, erkundigt sich die mir immer sympathischer werdende Barabara. Manch einem mag nämlich neben mir noch aufgefallen sein, dass Wills Schläfe leise vor sich hin pulsiert. Ein typisches Anzeichen dafür, dass er keine Lust mehr hat seine Zeit mit Leuten zu verschwenden, die er a) nicht kennt oder b) nicht kennen lernen will oder wahlweise auch c) ihm den letzten Nerv rauben. Bei Familie Miller trifft meiner Meinung nach alles drei zu, aber er hat schon wieder an diesem Tag keine andere Wahl als einzustecken. Denn nachdem er Barbara unser Urlaubsziel mitgeteilt hat, klatscht diese freudig in die Hände. „Wie praktisch! Wir fahren da nämlich auch jedes Jahr hin und wissen schon, wann für gewöhnlich der Verkehr wieder ins Stocken gerät. Und nach unseren alljährlichen Erfahrungen sollten Sie wirklich lieber mit ihrer Familie noch ein Weilchen warten. Wenn Sie wollen können Sie uns dabei gerne Gesellschaft leisten. Wir haben auch noch ein paar belegte Brötchen, wenn Sie Hunger haben sollten.“ „Au jah!“, schreie ich sofort zustimmend und vergnügt auf und schnappe mir mein viertes Brötchen, um Will meinen Standpunkt sowohl verbal als auch non-verbal gut verständlich darzulegen. „Alex, dafür haben wir aber keine Zeit.“, beharrt dieser Dickkopf aber auf seiner Entscheidung. „Aber du hast doch gehört, dass wir mit höchster Wahrscheinlichkeit wieder in einen Stau reinfahren.“ Mein Argument ist besser. Er weiß das, ich weiß das, alle Anwesenden wissen das. Selbst Ramses und Rambo. Die Tatsache, dass er allerdings trotzdem weiterhin darauf rumreitet, dass wir es nun mal so eingeplant haben und da eben durch müssen, selbst wenn wir noch in drei weitere Staus fahren – ich betone an dieser Stelle noch einmal, dass Will es hasst, wenn er im Auto hinterm Steuer sitzt und es einfach nicht vorangeht – lässt mich vermuten, dass er Familie Miller wohl nie ins Herz schließen wird. Kann ich überhaupt nicht verstehen. Huberts Affinität zu Oldtimern teile ich nur allzu gern, Barbaras Salamibrötchen sind einfach die Besten, die ich jemals im Leben gekostet habe und Lara ist doch nicht nervige 15 sondern unerwartete 17 und sieht nur so jung und oberflächlich aus. Ganz zu schweigen von Rambo, der zwar ein richtiger Rabauke sein kann – er hat mir die Hälfte meines zweiten Brötchens beinahe aus der Hand gerissen! –, aber auch ein guter Spielgefährte für Ramses ist. Wären die beiden 12-jährige Mädchen, wären sie schon in den nächsten Billig-Juwelier-Laden gerannt und hätten sich zwei Ringe mit der Gravur „Best Friends“ gekauft. So dicke sind die schon miteinander. „Was ist denn hier los? Will, Alex? Paps und Mom warten schon die ganze Zeit auf euch beide und... oh, hallo. Ähm... Alex?“ Lizy ist zu einem äußerst guten Zeitpunkt hier eingetroffen. Ich muss zugeben, heute hat sie wirklich ihren Sozialen. Sehr schön. Sofort hänge ich mich an ihren Arm und kläre sie ganz objektiv – wie das nun mal meine Art ist – über die Situation auf. „Will möchte lieber in einen zweiten und dritten Stau fahren als mit mir und Familie Miller über schöne Dinge zu reden und den Hunden beim Spielen zuzusehen.“ Lizy schaut ihren Verlobten hilfesuchend an. „Ach, ist schon gut, du hast ja gewonnen. Ich geb Cordula und Fred Bescheid, damit sie auch kommen.“ Yeah, gewonnen! Resigniert macht sich Will auf den Weg zum Wagen meiner Eltern, während sich Lizy zu uns setzt, sich ein Käsebrötchen greift und mir zuhört, während ich sie noch mal über alles aufkläre. Wenige Minuten später sitzen wir nun zu acht zusammen an dem Tisch, essen, trinken, reden und haben eine Menge Spaß. Im Endeffekt ist selbst Will von den 'mit extra viel Liebe geschmierten' Brötchen begeistert und wir prügeln uns beinahe um das Letzte, bis Barabara vorschlägt, noch welche zu machen. „Und sie fahren also einmal im Jahr mit ihrem Wohnwagen quer durch Deutschland?“, erkundigt sich gerade Mom bei Herrn Miller und betrachtet staunend das riesige Gefährt auf zwei Rädern. Wir wissen alle, dass sie schon immer auch einen haben wollte, aber wir hätten nie Zeit gehabt, um ihn zu benutzen und es deswegen nicht für nötig gehalten einen anzuschaffen. „Ja. Er gehört eigentlich schon fast zur Familie.“ „Wir haben ihm sogar einen Namen gegeben.“ Lara nickt begeistert und verrät uns sogleich den Kosenamen des Wohnwagens. „Er heißt Freddie.“ Mom, Lizy, Will und ich brechen zeitgleich in Gelächter aus. Paps guckt weniger begeistert. „Tja, da hast du wohl diene Bestimmung gefunden, nicht, Papi?“, klopfe ich ihm freundschaftlich auf den Rücken. Er quittiert diese Bemerkung mit einem ironischen Lächeln. „Wer lacht hier ohne mich?“ Plötzlich wird alles still und ein jeder am Tisch wendet seinen Blick zu dem Mann, der auf einmal neben uns aufgetaucht ist und seine Stimme erhoben hat. Sein Blick ist tadelnd, ernst. Sein Gesicht markant, die blonden Haare locker verstrubbelt, die Schultern breit und das Grübchen in seinem Kinn wirkt so sonderbar vertraut... Ich müsste lügen, wenn ich jetzt sage, er sei nicht zum Sterben gut aussehend. Wir Schneiders sitzen kerzengerade und sind alle total erschrocken von seiner plötzlichen Anwesenheit. Da fängt er an breit zu grinsen und zwinkert uns zu. „War'n Scherz, okay? Nicht böse gemeint, sorry wenn ich euch erschreckt habe.“ Wir nicken fast alle im selben Takt und fangen nun selbst an zu schmunzeln, lachen darüber, dass uns allen bei dieser tiefen Stimme ein Schauer über den Rücken gelaufen ist. „Musst du auch immer auftreten wie Rambo?“ Lara gibt dem heißen Typen einen Klaps auf die Schulter als er sich zu ihr setzt. „Meinst du den Action-Film-Helden, oder den Hund?“ „Beide!“ Allgemeines Gelächter erklingt und die Stimmung lockert sich noch weiter auf, als endlich Barbara mit den neuen Brötchen rausrückt. Trotzdem, irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dieses Grübchen zu kennen... ich bin so fasziniert davon, dass ich die letzte Brötchenhälfte nur noch deswegen mitbekomme, weil Will damit vor meiner Nase herum wedelt und herausfordernd „wenn du es nicht willst, nehm ich's halt“ sagt. Ich lasse meinen Blick von Mr. Sex pur ab und grabsche nach dem Brötchen. Will versucht es noch in letzter Sekunde wegzuziehen, was ihm aber nicht mehr gelingt und ich beiße herzhaft rein. Ich weiß, ich bin schon ein kleiner Vielfraß. Das ist immerhin schon Brötchen Nummer acht... Nach einer Zeit, die vergangen ist wie nichts aber vermutlich mehrere Stunden beinhaltet hat, schaut Hubert auf seine Uhr und schlägt sich vor Schreck mit der Hand gegen den Kopf. „Oh, verdammt, so spät ist es schon! Da haben wir uns aber ordentlich verquatscht.“ Doch anstatt wie Will deswegen gleich in die Luft zu gehen und alle sieben Sachen zu packen, lacht der etwas in die Jahre gekommene Mann herzlich und verabschiedet sich nach zehn Minuten noch mal bei jedem persönlich. Auf dem Rückweg zu unseren Wagen flucht Will plötzlich wieder wie wild rum, obwohl er sich vorher noch großartig mit Barbara und dem sexy Typen unterhalten hat und... mir fällt auf, dass ich während der ganzen Zeit gar nicht mitbekommen habe, wie er heißt... Ich schaue noch einmal zurück und sehe wie er Rambo auf dem Arm zum Wohnwagen trägt, aus dem Laras Stimme einen Namen ruft. Seinen Namen. „David!“ Und mit einem Mal weiß ich auch wieder, woher ich dieses Grübchen kannte... --------------- Und schon ist Donnerstag und schon erscheint ein neues Kapitel :D Und diesmal sogar mit einer Art Cliffhanger. xP Ich hoffe, ihr freut euch und motiviert mich weiterhin mit euren Beiträgen! lG :3 Kapitel 3: Urlaubsunglück ------------------------- "Alles in Ordnung, Alex? Du siehst nicht so gut aus. Bist ganz bleich um die Nase.“ Diesmal ist es Lizy, die mich durch den Rückspiegel besorgt ansieht. Will und sie haben sich darauf geeinigt, dass sie die restliche Strecke fahren soll, weil Will sonst endgültig die Nerven verlieren würde. Wir werden sehr wahrscheinlich zwar in keinen Stau mehr fahren, dafür aber hat sich unser Zeitplan ganz schön nach hinten verlagert. Und wenn Will eins nicht ausstehen kann, dann wenn etwas nicht so klappt wie er es geplant hat. „Vielleicht hat er sich überfressen. Das kommt davon, wenn man mir mein letztes Brötchen klaut.“ „Ach, Will.“ Lizy schmunzelt zwar ein bisschen über seine Bemerkung, ist aber trotzdem nicht minder besorgt um ihren kleinen Bruder. „Du hast es mir doch angeboten.“, verteidige ich mich leise und löse durch mein angefügtes „Idiot“ ein entspanntes Lächeln in Lizy's Gesicht aus, die so sichergestellt ist, dass es mir trotz der Blässe um meine Nase doch gut geht. Dabei ist sie mit ihrer Sorge um mich gar nicht mal so fehl am Platz. In Wahrheit fühle ich mich nämlich wirklich schlecht. Mein Magen hat sich seit der Abfahrt bereits dreimal um sich selbst gedreht und mit dieser Aktion ein äußerst flaues Gefühl in der Gegend hinterlassen. Mein Herz flattert mir schon seit einigen Minuten ungewohnt aufgeregt gegen den Brustkorb und ich weiß nicht, ob ich weinen oder lachen soll. Alles in allem führt sich also schon mal mein Körper so auf, als ob ich verliebt wäre. Mein Kopf allerdings schlägt mit pochenden Kopfschmerzen extra laut die Alarmglocken. Der Grund dafür? Eine Person. Eine bestimmte Person, von der ich angenommen habe, dass ich sie oder besser gesagt, dass ich ihn nie wieder sehen muss. Sein Name ist David. David Miller. Und was ich seit heute weiß ist, er hat eine Schwester mit Namen Lara Miller, die jünger aussieht als sie eigentlich ist, einen Vater, der wie ich leidenschaftlicher Oldtimer-Bewunderer ist, eine Mutter, die hervorragende Brötchen schmiert und wie meine Mutter Wohnwagen mag und außerdem noch einen Hund, der so heißt wie Will seinen gerne nennen würde. Scheiße, ist mir übel. Ehrlich, ich glaube ich versaue meiner liebsten Schwester gleich die Rückbank ihres Autos. Ich bin wohl wirklich ernsthaft krank, habe ich gerade echt 'liebsten Schwester' gedacht...? Man, diese Begegnung macht mich noch verrückt! Ich spüre förmlich wie ich am Rande des Wahnsinns vor mich her treibe. David. Wieso er? Wieso ausgerechnet dieser Kerl? Es hätte doch bitte auch Klaus sein können, oder Markus. Aber David?! Es ist jetzt vier Jahre her, oder? Vor vier Jahren hat er mir mein Herz gestohlen, es vergiftet, mir aus der Brust gerissen, schlecht wieder eingesetzt, noch mal rausgeschnitten, drauf rumgetrampelt und es mir schließlich gebrochen. Ach, und drauf gespuckt hat er zum krönenden Abschluss auch noch. Mit einem warmen Lächeln und einem eiskalten Blick, der mir noch immer einen Schauer über den Rücken laufen lässt. Wie konnte mir sein markantestes Markenzeichen überhaupt, das unwiderstehlich charmante Grübchen am Kinn, nur nicht sofort auffallen? Das Grübchen, das mir wieder bewusst gemacht hat, was für ein Arschloch er war. Und immer noch ist. Ich weiß es, er hat sich kein bisschen verändert. Deswegen hab ich mich wahrscheinlich auch wieder so hingezogen zu ihm gefühlt... Aber mit dem Grübchen des Grauen ist Schluss! Ich bin darüber hinweg, hah! Und zwar schon lange! Das einzige, was mir noch Angst macht ist die Tatsache, dass ich ihn zu oft sehen kann. Aber verlieben? Niemals! Niemals wieder im Leben! ...Jedenfalls hoffe ich das. Sonst wird das ein sehr, sehr langer Kurzurlaub... Die Geräusche von trommelnden Regen auf das Autodach, aktiv arbeitenden Scheibenwischern desselben Wagens und eine lange feuchte Zunge, die in meinem Gesicht herumschlabbert, wecken mich aus meinem unruhigen Schlaf. Es ist Ramses, der seine Pfötchen auf meiner Brust abgestützt hat, um sich soweit vorbeugen zu können, dass er nun ungehindert meine Wange mit seiner Hundezunge ablecken kann. Hmm, lecker. So wollte ich schon immer mal aufwachen. Mit reichlich Sabber im Gesicht verteilt. Es sei an dieser Stelle mal beiseite gestellt, von wem genau dieser Sabber dabei ist... Sanft ziehe ich ihn von meinem benässten Gesicht weg und bekomme ein fröhliches Bellen von dem Vierbeiner geschenkt, dafür, dass ich endlich eine Lebensreaktion von mir gebe. Gähnend und Ramses geistesabwesend streichelnd schaue ich mich um und sehe, dass wir zwei alleine im Auto sind. Lizy hat beim Aussteigen anscheinend vergessen, die Scheibenwischer auszuschalten. Und der Schlüssel steckt auch noch. Diese Schussel-Lise. Ich setze Ramses kurz neben mir ab und klettere umständlich über den Schaltknüppel rüber zum Fahrersitz um die Scheibenwischer abzustellen und die Zündung auszuschalten. Wenigstens ein nerviges Geräusch abgeschaltet. Bleiben nur noch Regen und das Dauerhecheln von Ramses. Obwohl, das will ich gar nicht abschalten. Das ist viel zu niedlich, vor allem in Verbindung mit diesen großen Augen und der aus dem Mund hängenden Zunge, die viel zu lang für sein kleines Maul scheint. Ach, er ist so herzallerliebst! Ich ziehe ihn wieder auf meinen Schoß und verwöhne ihn eine Runde mit Bauchkraulen. „Na, mein Süßer? Du weißt aber nicht zufällig, wohin der Rest der Familie entschwunden ist, oder?“, seufze ich und bekomme als Antwort ein zaghaftes, beinahe unschlüssig wirkendes Bellen und herunterhängende Ohren. Es ist so, als verstehe er wirklich, was ich sage. Großartig, diese Hundewelpen. Und der größte Vorteil ist wohl, dass man in den ersten Jahren keine Windeln wechseln muss, wenn man sie großzieht. Wenn ich mir vorstelle, dass anstelle von Ramses vielleicht eines Tages das lästige Blag von Lizy und Will auf meinem Schoß sitzt, wenn man mal wieder einen Familienurlaub unternimmt. „Oh, bitte lass mich nie alleine mit diesen beiden Verrückten, ja?“, drücke ich Ramses eng an mich und bekomme kaum mit wie sich die Beifahrertür öffnet. „Wen nennst du hier verrückt? Ich bin wenigstens nicht derjenige, der gerade mit einem Hund redet.“ Ich strecke Will die Zunge raus. Ich liebe diese kindische Geste. Sie ist so wunderbar kindisch. „Komm schon raus da.“, schmunzelt er zurück und streichelt Ramses über den Kopf. „Da hast du ja gut auf unser Baby aufgepasst während wir weg waren.“ „Seit wann bin ich euer Baby?“, frage ich giftig und trete mit Ramses auf dem Arm nach draußen. In den Regen. Hat Will wenigstens einen Regenschirm mitgenommen? Nein, natürlich nicht. „Oh, eigentlich meinte ich ja den Vierbeiner. Aber wenn du darauf bestehst das Baby zu sein, werde ich Lizy natürlich sofort darüber in Kenntnis setzen.“, lacht Will nun erheitert. „Jaja, danke.“, nuschele ich murrend und lasse die Fahrertür geräuschvoll zufallen. „Wo sind wir eigentlich?“ „Wir sind da.“ Verstehe, das erklärt auch, dass Will nicht mehr so schlecht gelaunt ist und sogar wieder so weit genesen, dass er keine Probleme damit hat, sich über mich lustig zu machen. Wie schön! „Und wo sind die anderen?“ „Schon drinnen und beziehen die Zimmer.“ Ich nicke und folge Will zu dem Haus, vor dem auch Moms und Paps' PKW steht. Es sieht recht schnuckelig aus, wirklich schön. Der Regen ist das einzige, was das Ambiente zerstört, aber der wird ja auch nicht ewig anhalten. Ich freue mich schon darauf, dieses Haus als mein neues Modell zu missbrauchen. „Kommst du endlich rein oder willst du warten bis du ganz durchgeweicht bist? Von Ramses ganz zu schweigen.“ „Komme ja schon.“, löse ich mich von dem Anblick des Hauses und laufe schnell zu Will ins Trockene. „Sieht richtig heimelig aus.“, beginne ich Konversation und bekomme überraschenderweise eine gut gelaunte Antwort. „Jap. Und du wirst nicht glauben, wer der Besitzer dieses heimeligen Hüttchens ist.“ Fragend ziehe ich die Augenbrauen zusammen. „Höh? Was meinst du?“ „Sie gehört ein paar Leuten, die wir erst kürzlich kennen gelernt haben.“ Oh, nein. Bitte nicht. Da bahnt sich gerade ein verdammt schlechtes Gefühl in meiner Magengrube an. „Ach, wen meinst du nur?“, frage ich unsicher lächelnd nach und weiß eigentlich schon, dass diese Frage mein Todesurteil zu bedeuten hat. Eine nette Frauenstimme kommt Will zuvor und beantwortet damit meine Frage zu genüge. „Hallo, Alex. Was für ein Zufall, dass ihr in unserem Häuschen einquartiert seid, nicht wahr?“ Barbara Miller. Und schräg hinter ihr steht der Anhang. Der hagere Hubert, die lächelnde Lara und... schluck... der dämonische David. „Hey, Leute.“ Ich will die ganze Welt verfluchen. Vor allem die Leute, die immer so verdammt viel Glück in ihrem Leben haben und mich nie daran teilhaben lassen. Und die Leute, die sagen, dass das alles nur fair wäre. Ist es nämlich nicht. Das ist ganz und gar unfair. David Miller ist der Enkel der Herbergsfamilie bei der wir Schneiders dieses Jahr während der Osterferien unterkommen. Und ich werde wohl nicht darum herum kommen, ihn jeden Tag sehen zu müssen. Na danke auch. --------------- So, da ist nun auch das dritte Kapitel wie versprochen und angekündigt. Es tut mir wahnsinnig leid, dass ich so schluserig war un meinen USB-Stick einfach verlegt und vor bzw. am Donnerstag nicht wiedergefunden habe. Schande über mich!! >0<'' Das nächste Kapitel wird vermutlich generell etwas länger auf sich warten lassen, da eine meiner Beta-Leserinnen Abi macht (wir drücken ihr natürlich alle die Daumen >w<). Aber dann sollte es auch alles wieder ganz regelmäßig erscheinen. Übrigens: Wer sich genauer für das kranke Hirn hinter der Geschichte interessiert, kann mir gerne bei Twitter folgen, manchmal gebe ich dort auch einige meiner Geschichts-Spezifischen Ergüsse von mir >3 Ich würd' sagen, das war's erst mal. Bis zum nächsten Mal :D lG Kapitel 4: Situationskomik -------------------------- Entkräftet lasse ich mich auf mein Bett fallen und vergrabe das Gesicht in den kühlen Kissen. Die anderen sitzen unten am großen Esstisch und genießen Barbaras Hausmannskost, während ich auf mein Zimmer gegangen bin mit der Begründung, es ginge mir nicht gut und ich würde eh keinen Bissen runter bekommen. Was für eine Lüge! Wenn ich nur an die lecker dampfenden Knödel, die würzige Soße und das deftige Fleisch denke, die die anderen serviert bekommen, läuft mir buchstäblich das Wasser im Mund zusammen. Mein Magen rumort wirklich, aber nicht etwa weil mir schlecht ist, sondern aus Hunger. Gut, ein kleines bisschen ist mir schon schlecht. Aber nur, wenn ich an David denke. Bah! Bei diesem Kerl vergeht einem wirklich der Appetit. Zumindest bei mir dreht sich jedes Mal alles in mir um, wenn ich nur sein Gesicht vor Augen habe. Ich bin kein Mensch, der hasst. Aber diese Person kann ich wahrlich nicht leiden. Ich verabscheue ihn. Aus tiefstem Herzen. Auch wenn ich gesagt habe, dass er vergessen ist, kommt jetzt, wo ich ihm wieder begegnet bin, alles von früher hoch. Ich spüre schon dieses eklige Kribbeln in meinen Augen und in der Nase. Nein, ich will jetzt nicht heulen! Nicht jetzt! Und vor allem nicht deswegen! Es klopft. Schnell ziehe ich meine Nase einmal hoch, die schon bedrohlich nahe daran war loszulaufen und verkrümel mich unter die Bettdecke. Noch kurz ein- zweimal geräuspert und ein kränkliches „Ja?“ gibt der Person hinter der Tür Bescheid, dass sie eintreten kann. Für einen kurzen Schreckmoment denke ich, der muskulöse Arm und die blonden Haare gehören David und eine Welle der Erleichterung bricht in mir aus, als es doch nur Will ist. Er stellt mir ein Tablett neben das Bett. Auf einem Teller liegt eine Portion des Abendessens, das verlockende kleine Dampfwölkchen in die Luft schiebt. Daneben ein Joghurt und Messer und Gabel. Essen! Und obwohl kein kleiner Löffel für den Joghurt vorliegt und ich mich wirklich darüber aufregen könnte, bin ich der glücklichste Junge der Welt! „Hier, für dich. Mit viel Liebe zusammengestellt.“ Will setzt sich kurz zu mir ans Bett und lächelt mir fürsorglich zu. Ich liebe es, wenn er so ist. Es erinnert mich an die Zeit, in der wir zwei glücklich zusammen waren. „Danke.“, sage ich und es kommt von Herzen. „Auch wenn du sagst, du kriegst nichts runter, versuch so viel zu essen wie möglich, ja? Mama macht sich sonst noch Sorgen um ihren kleinen Scheunendrescher.“ „Danke.“, erwidere ich erneut und komm nicht umhin einen Hauch von Sarkasmus mitschwingen zu lassen. Will grinst süffisant, wird jedoch erstaunlich schnell wieder ernst. „Alex, sag mal ganz ehrlich was mit dir los ist?“ „Hab ich doch schon gesagt, mir geht’s halt nicht so gut.“, versuche ich meine kleine ausgedachte Geschichte aufrecht zu erhalten. Aber Will hat mich offenbar durchschaut. „Ach komm schon, Alex!“ „Was denn?!“ „Ich war zwei Mal fest mit dir zusammen und kenne dich schon ziemlich lange.“ „Zwei Mal?“ „Ach, Alex! Darum geht’s doch gerade gar nicht!“ Ich seufze. Und gebe mich geschlagen. Obwohl ich mich wirklich frage, ob er diesen einen Mitleidsfick von damals als 'festes Zusammensein' sieht. „Also, was ist los?“, wiederholt Will geduldig seine Frage. Ich sehe ihm nicht in die Augen, antworte aber wahrheitsgemäß: „David ist los.“ Der abfällige Ton ist Will dabei nicht entfallen. „Was ist denn mit David? Noch vor ein paar Stunden habt ihr euch prächtig unterhalten.“ „Das stimmt nicht. Du hast dich mit ihm unterhalten.“ „Zugegebenermaßen haben wir ziemlich viele Gemeinsamkeiten und haben über das ein oder andere Thema gesprochen...“ Mein skeptischer 'Hör-auf-Müll-zu-erzählen-ich-weiß-es-besser'-Blick unterbricht Will und lässt ihn berichtigen. „Okay, okay. Du hast kein einziges Wort mit ihm gewechselt.“ Ich setze ein zufriedenes Lächeln auf und nehme den Teller mitsamt Gabel von dem Tablett, um mir ein Stück Knödel zu gönnen. Ach Gottchen, schmeckt das lecker! „Aber nichtsdestotrotz hast du ihn angesehen, als wäre er dein persönlicher Adonis.“ Wills forsche Äußerung lässt mich an dem Stück Knödel verschlucken und schlimm husten. Hastig nimmt Will den Teller weg, bevor die Soße die Bettdecke besprenkeln kann. Als ich mich wieder halbwegs gefangen habe, reagiere ich natürlich absolut empört über diese Behauptung. „Bitte WAS?!“ „Stell dich nicht so an. Ich weiß wie du schaust, wenn du jemanden ansiehst, mit dem du mehr als nur reden oder Händchen halten willst. Diese Blicke sind dein ganz besonderer Charme.“ Ich werde etwas rot von dem plötzlichen Kompliment. „Obwohl ich manchmal auch denke, dass sie auch dein einziger Charme sind.“ „Will!“ Pf! Gerade noch sagt er mir so was Schönes und danach fällt er mir sofort wieder in den Rücken. Toller Freund! „War nur 'n Scherz. Komm mal wieder runter.“ Auch wenn ich nichts darauf sage, stiere ich ihn doch noch eine Weile lang böse an. „Auf jeden Fall... wieso kannst du ihn auf einmal nicht mehr leiden?“ „Und wie kommt der feine Herr jetzt darauf, dass ich ihn nicht mehr leiden könnte?“, kontere ich schnippisch und angle mir mein Essen wieder zurück. Das soll schließlich nicht kalt werden. Und außerdem hab ich immer noch tierischen Hunger. „Weil der feine Herr Augen und Ohren im Kopf hat und genau gesehen und gehört hat, wie Prinzesschen Alexander sich aufgeführt hat, als es plötzlich hieß, dass Familie Miller mitisst. Insbesondere als Herrn David Millers Name gefallen ist. Nicht zu vergessen der Tonfall von vorhin, als du sagtest, dass 'David los ist'.“ Ich werde wieder etwas röter, denn Will hat mich auf frischer Tat ertappt. Na und? Dann bin ich ihm halt heute Abend aus dem Weg gegangen, weil ich Angst hatte, ihm wieder unter die Augen zu treten. Was wäre bloß, wenn er mich plötzlich wieder erkennt? Vor versammelter Mannschaft? Das Risiko konnte und wollte ich nicht eingehen, das hätte nämlich mega-peinlich ausgehen können. Obwohl ich mich natürlich immer noch frage, wieso so ein Typ wie David sich an einen Typen wie mich erinnern sollte... „Und? Bekomme ich jetzt eine Antwort auf meine Frage?“ „Auf welche Frage?“ „Alex?!“ „'tschuldige, ich war gerade in Gedanken.“ Nuschelnd schlucke ich das Fleisch runter, auf dem ich schon die ganze Zeit rumkaue. Auf ein entnervtes Schnauben folgt ein: „Woher die plötzliche Abneigung gegen David kommt.“ „Achso. Ja.“, nicke ich und weiche abermals Wills Blick aus. Was er wohl sagen wird, wenn ich es ihm sage. Schließlich kennt er David. Zwar hat er ihn bis jetzt noch nie persönlich kennen gelernt, aber er war der Grund, wieso ich mich vor vier Jahren sturzbetrunken in Wills Arme gerettet habe. Ich hab ihm damals mein Herz ausgeschüttet und er hat geschworen den Kerl, falls er ihn irgendwann einmal treffen sollte, dafür zur Rechenschaft zu ziehen. Allerdings bezweifle ich, dass Will sich daran noch erinnert. Geschweige denn davon, dass er es überhaupt machen würde, nachdem er den 'tollen' David kennen gelernt hat und ach so viele Interessen mit ihm teilt. Verräter! „Und?“ „Nichts und. Ich warte darauf, dass du selber drauf kommst.“ Missmutig stopfe ich mir den nächsten Happen Fleisch in den Mund. „Es tut mir ja leid, dir das sagen zu müssen, Alex. Aber Gedankenlesen kann ich immer noch nicht. Wieso glaubst du also, dass ich von selbst drauf kommen könnte?“ „Weil du ihn kennst.“ Ein fragender Blick und nachdem ich darauf nichts antworte, eine wirklich genervt klingende Frage. „Und woher bitteschön? Und jetzt sag nicht von heute Mittag.“ „Sag ich auch nicht. Schließlich hat er da nichts getan, was mich so sehr verletzt hat, dass ich ihn am liebsten nie wieder sehen würde.“ Jetzt ist Will ernsthaft verwirrt. Aber ich glaube, er ist kurz davor drauf zu kommen. Das leichte Flackern in seinen Augen verrät mir, dass nur noch ein kleiner Schubser fehlt. „Bin bisher auch gut damit zurecht gekommen. Vier Jahre lang hab ich ihn nicht sehen müssen.“ „Vier Jahre.“, plappert mir Will flüsternd nach und langsam macht es 'Klick' bei ihm im Oberstübchen. „Jap, vier Jahre. Vor vier Jahren hab ich ihn das letzte Mal gesehen. Und er hat mich angelächelt.“ Komisch, wieso schmeckt die Soße auf einmal so wässrig? Vielleicht, weil schon ein paar Tränen reingefallen sind..? „David... vor vier Jahren...“ Will sieht mich aus geweiteten Augen an. Er hat's begriffen. Er hat endlich verstanden, wer David ist. Warum und wie sehr ich ihn fürchte und hasse und verabscheue und weine, weil ich an die Zeit mit ihm denke. „Du meinst doch nicht diesen...?“ Ich nicke. Denn wenn ich jetzt den Mund aufmachen würde, wäre das einzige, was man vernehmen könnte, ein heftiges Schluchzen. Wieso bin ich auch nur so nah am Wasser gebaut? „Alex...“ Wills Hand legt sich auf meine Wange. Eine kleine Geste, die mir doch so viel sagt. Dass ich ruhig weinen kann, dass ich alles raus lassen soll, dass er für mich da ist, so wie er es versprochen hat. Damals. Als es mir so schlimm ging wie noch niemals zuvor. „Alex.“, wiederholt er wieder meinen Namen. Und mit einem Mal finde ich mich in seinen Armen wieder. Mein Kopf an seine Schulter gelehnt, die Mischung aus Tränen und Rotze benässt sein gutes Hemd und seine Hand fährt liebevoll meinen Hinterkopf entlang. „Ich weiß, was du durchgemacht hast, damals.“ Seine beruhigenden Worte ganz nah an meinem Ohr geben mir Kraft und Halt. „Aber es ist der Urlaub, auf den sich deine Eltern so lange gefreut haben. Da solltest du wenigstens versuchen, so fröhlich wie möglich zu sein. Mach es ihnen bitte nicht kaputt.“ Der Halt ist weg. Wills Worte reißen mir den Boden unter den Füßen weg. Wieso ist er so? Wieso kann er nicht einfach mal für mich da sein, ohne diese ständigen Verbesserungsvorschläge? „Halt die Klappe.“, schluchze ich und ziehe ihn an mich. „Aber Alex...“, er kennt das schon von mir und will mir wieder sagen, dass das kein Ausweg ist und das ich jenes und dieses besser ändern sollte. Aber ich unterbreche ihn. „Halt mich einfach, du Blödkopf.“ Und er schweigt. Hält mich einfach nur fest. Ein großer Fehler. Denn genau in dieser innigen Umarmung werden wir plötzlich von einem unerwarteten Gast überrascht. „Ich soll den kleinen Löffel für den Joghurt nach oben bringen.“ Will traut sich nicht nach hinten zu gucken und ich mich nicht aufzuschauen. Wir verharren wie festgefroren in unserer Haltung. Denn wir wissen beide, wer da gerade reingekommen ist. David. --------------- Hey! Da ging das mit dem Beta-Lesen doch schneller als geplant :D Ich freu mich, ihr euch hoffentlich auch und nächste Woche geht's weiter. Letzte Woche hab ich angegeben, ihr könnt mir bei twitter folgen, wenn ihr Langeweile Lust habt (xD) Ich Idiot hab nur vergessen aufzuschreiben wie ich da heiße ^^'' Also, bei twitter bin ich unter "YoshieCookie" zu finden. Mit dieser wahnsinnig wichtigen Information übergebe ich zurück ans Real Life und sage: Tschüss und bis nächste Woche :3 lG d(^.^)b Kapitel 5: Schuldgefühle ------------------------ Au Backe. Hatte ich nicht Angst davor gehabt, dass es peinlich werden würde, wenn David vor aller Leuten Augen herausposaunt, dass ich sein Ex bin? Aber ich habe nicht damit gerechnet, dass das sogar noch getoppt werden könnte. Leider wurde es gerade getoppt. Will und ich in einer vermeidlichen Liebesumarmung eng aneinander gepresst, mein Gesicht tränenüberströmt und Wills ihm absolut entglittener Gesichtsausdruck machen den Eindruck von einer heimliche Liebschaft zwischen uns beiden einfach perfekt. So ein Mist aber auch. Ich will mir gar nicht vorstellen, was David sich gerade über uns denkt... Wir drei starren uns an, Will und ich geschockt, David scheint die Ruhe selbst zu bleiben. Dieser Angeber! Selbst in einer so prekären Situation behält er noch die Überhand und lässt sich rein gar nichts anmerken. Obwohl, er ist ja auch nicht derjenige, der sich hier aus so einer leicht falsch zu verstehenden Position herauswinden muss. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Während Will immer noch bewegungsunfähig wie ein Stein seine Arme um mich geschlungen hat, versuche ich so langsam mich aus der einengenden Umarmung zu befreien. Kann der nicht endlich seinen Arm da wegnehmen? Ich krieg ja kaum noch Luft...! „E-es ist nicht so... wie es aussieht.“, beginnt Will loszustammeln, bewegt sich aber immer noch kein Stück. „Das interessiert mich nicht.“, gibt David schon beinahe gelangweilt von sich. „Ich bin nur hier, um den Löffel hochzubringen, alles andere kann mir egal sein.“ Er hebt demonstrativ den kleinen Löffel hoch und legt ihn auf dem Bettpfosten ab. Und dann geht er. Einfach so. „Lass mich endlich los, Will!“, keife ich ihn an und zwicke ihn unsanft in den Oberarm. „Hey, lass das, du..!“ Will fährt hoch und ich nutze die Gelegenheit um aufzuspringen und David hinterher zu stolpern. Ich erwische ihn kurz vor der Treppe und halte ihn am Ärmel fest. Als er versucht mich zu ignorieren und einfach weiterzugehen, schreie ich ihn fast an: „Bleib stehen! Es ist wirklich nicht so wie du denkst!“ Langsam dreht er sich zu mir um und sieht mich mit seinem undurchdringlichen Blick an. Ich könnte nie behaupten zu wissen, was er gerade denkt. Aber trotzdem zieht einen dieser Blick irgendwie in seinen Bann... Ich schlucke und weiche ein Stück zurück als mir bewusst wird, wie nah er mir gekommen ist, während ich ihn nur fasziniert angesehen habe. „Alex“, spricht er meinen Namen aus, als hätte er ihn noch nie gehört, „was ich gesehen habe tut nichts zur Sache. Ich kann mir vorstellen, dass es nicht das war, wonach es aussah. Und keine Angst, ich werde es auch keinem weiter erzählen.“ Er seufzt kurz auf und fährt sich mit einer galanten Bewegung durch die lockigen Haare. „E-ehrlich?“, frage ich sicherheitshalber nach. Denn der David, den ich aus meinen Erinnerungen her kenne, hätte ganz anders gehandelt. „Versprochen.“ Er meint es ehrlich. Ganz ernsthaft ehrlich! „Danke.“, nuschle ich noch, was allerdings in Moms Gebrüll unter geht. „Alles okay bei euch?“, ruft sie von unten her zu uns hoch und David und ich antworten fast wie aus einem Munde: „Ja, alles in Ordnung.“ Er sieht mich immer noch an dabei. Eine kleine Falte bildet sich zwischen seinen Augenbrauen, als er nachdenklich die Stirn runzelt und auch sein Grübchen zieht sich etwas zusammen. So sieht er unglaublich drollig aus. Und trotzdem so... sexy. „Sag mal, Alex.“ Ich kann meine Augen kaum von seinem Grübchen abwenden. Das Grübchen, in das ich mich einst unsterblich verliebt habe. „Hab ich dich vielleicht irgendwo schon mal gesehen?“ Mein Blick fokussiert sich wieder auf seine Augen, seine stahlblauen wissenden Augen, die in mich hinein und durch mich hindurchsehen können. Ich fühle mich unglaublich unwohl, wie ein Insekt unter der Lupe, wenn die Sonne so richtig auf die Erde knallt. Meine Alarmglocken schlagen aus, ich bin komplett überfordert. Soll ich die Wahrheit sagen? Soll ich lügen? Soll ich einfach abhauen? Ich denke kurz nach, wäge ab, was wohl das Sinnvollste wäre, entscheide mich für die Wahrheit, wähle allerdings doch lieber die Variante mit dem Abhauen und renne blitzartig zurück in mein Zimmer, drängle den etwas sehr verdutzt dreinschauenden Will aus diesem heraus und lehne mich von Innen gegen die geschlossenen Tür. Verdammt! Was für eine peinliche Aktion war das denn bitteschön? Im ersten Moment hielt ich es ja noch für angebracht, aber schon jetzt kommen mir da wieder die altbekannten Zweifel. Wäre ich einfach da geblieben und hätte ihm die Wahrheit gesagt, dann hätte ich ihm außerdem endlich nach all den Jahren mal reinwürgen können, wie sehr er mich damals mit seiner egoistischen Art verletzt hat. Außerdem wäre das wohl auch sehr erwachsen gewesen. Und selbst wenn ich nicht die Wahrheit gesagt hätte, sondern einfach „Nö, ich kenn' dich nicht“ gelogen hätte, wäre das zumindest erwachsener gewesen als wie ein Feigling einfach das Weite zu suchen und sich zu verstecken. Wie ein Kind nach dem Motto: Was ich nicht sehen kann, das kann mich auch nicht sehen. Gott, wie schlecht diese Aktion einfach mal wieder war. Wie unsagbar dämlich musste ich mich nur wieder anstellen? Ich weiß schon, das wird mir noch mein Lebtag anhängen... Nachdem ich mich endlich wieder beruhigt und den Rest des Essens inklusive Joghurt verspachtelt hatte, versuchte ich erst einmal meine Gedanken zu sortieren und mir eine passende Entschuldigung für mein Auftreten zu überlegen. Damit habe ich vor etwa einer Stunde angefangen und der Fakt, dass ich immer noch in meinem Bettchen sitze, zeugt wohl schon davon, wie weit ich mit meinem Vorhaben gekommen bin. Völlig unvorbereitet erklingt plötzlich eine gedämpfte Stimme. „Alex?“ Ich schrecke auf. Das ist David! „Darf ich rein?“ Nein! Auf keinen Fall! Ich bin noch nicht mit meiner Entschuldigungsrede fertig..! „Bitte, ich will mich wegen vorhin entschuldigen.“ Häh?! Hab ich irgendwas nicht richtig mitgekriegt? Ich dachte, ich wäre derjenige gewesen, der den anderen kindisch und unhöflich einfach so alleine auf dem Flur stehen gelassen hat. „Ähm... klar.“, krächze ich ganz leise und räuspere mich, um diesen dummen Kloß im Hals loszuwerden, der da gerade irgendwie rein geraten ist. Noch während ich das tue, betritt David den Raum und schließt die Tür hinter sich auffällig sorgfältig zu. „Darf ich?“ Mit einem ausgesprochen langen Zeigefinger deutet er schwungvoll auf den Stuhl, der neben dem Bett steht. Ich nicke schlicht und er setzt sich zu mir. Eine Weile schweigen wir beide und schauen betreten durch den Raum. Ich weiß genau, wieso ich möglichst seinen Blicken ausweiche, aber wieso macht er das? Ich dachte, er wäre der ständig souveräne Schönling. Aber ich dachte auch, er wäre der grausame Arsch, der Will und mich verpetzen würde, was äußerst kontraproduktiv für die Beziehung zwischen Lizy und Will gewesen wäre. David ist derjenige, der zuerst wieder das Wort ergreift. „Also, wegen vorhin...“ „Ja?“ Gott, bin ich fies. Vorerst dachte ich noch, ich wäre derjenige, der sich zu entschuldigen hätte und plötzlich bin ich der, der gespannt und zum Verhöhnen bereit auf die Worte des anderen wartet. Hah! So wendet sich das Blatt. Es klingt vielleicht etwas gemein, aber ich genieße es sogar. David hat es verdient. Aber so was von! Jetzt kann er mal vor mir auf den Knien kriechen und sich entschuldigen – wofür auch immer. Aber ich schweife ab. Schließlich wartet immer noch Davids kleine Ansprache. Offenbar sind seine Augen lange genug ziellos im Zimmer umher gewandert, denn er schaut wieder mich an und ich fühle mich unter seinem Blick mit einem Mal ganz klein... Nein, ich bin groß! Er entschuldigt sich, nicht ich. Er hat was Falsches gemacht und sieht es auch ein. Ich bin der selbstsichere Typ, der sich gleich die Füße massieren lässt, wenn das hier vorbei ist. „Es tut mir leid, dass ich dich das gefragt hab. Ich konnte dich vorhin überhaupt nicht einordnen, aber Will hat mich nachher schnell aufgeklärt.“ Wie bitte, Will hat was..?! Dieses verdammte Plappermaul! Kann der nicht einmal den Mund halten und brav das tun, um was ich ihn bitte?! Das ist damals schon einer der Gründe gewesen, wieso es von heute auf morgen aus ziwschen uns beiden war, aber anscheinend lernt er nicht aus seinen Fehlern. Dieser...! Doch mir bleibt gar keine weitere Zeit, mich gedanklich über meinen Schwager in Spe aufzuregen, denn David spricht ungeachtet meines mehr als nur verdutzen Gesichtsausdruckes weiter. „Ich weiß jetzt auch, wieso du so stürmisch weggelaufen bist und... mir tut leid, was für Erinnerungen ich in dir aufgewirbelt habe. Es tut mir leid, ehrlich.“ Dafür entschuldigt er sich? David? Der David Tobias Künker, der so unaussprechlich scheiße zu mir war, als wir noch zusammen waren? „Generell, diese ganzen Geschichten von früher. Ich habe dir ziemlich weh getan. Mehr als einmal.“ Schön, dass diesem arroganten Trampeltier das auch mal auffällt... „Ich weiß, dass ich nicht von dir erwarten kann, dass du mir jemals verzeihst...“ Keine Angst, werd' ich auch nicht! „Aber ich möchte gerne, dass du weißt, dass es mir wirklich leid tut.“ Seine Augen. Die Augen, die mir vor vier Jahren gesagt haben, dass ich bitteschön gehen kann und nie wieder kommen soll... sie bitten mich um Verzeihung. Davids gesamte Körperhaltung zeigt mir, dass er es vollkommen ernst meint und ich kämpfe mit mir selber, als ich erwidere: „Nein! Du hast recht. Du hast mir verdammt weh getan damals. Du hast dich benommen wie das letzte Schwein und mich behandelt wie dein Haustier, mich nach Belieben einfach genommen und wieder weggeworfen, wenn du mich nicht mehr brauchtest. Du hast in mir jedes Mal aufs Neue Hoffnungen geweckt, wo eigentlich schon von Beginn an keine mehr waren. Du hast mich gefühlsmäßig aufgeschnitten und ausbluten lassen und zwar mehr als einmal. Du hast mich so sehr verletzt, dass ich womöglich den Rest meines Lebens damit zu kämpfen haben werde! Aber du hast auch Recht damit, dass ich dir nie verzeihen werden kann. Ich werde dir nie verzeihen, geschweige denn davon dir zu trauen. Niemals! Also raus!“ Mein Finger, der zur Tür zeigt, zittert in der Luft und mein Atem geht rasselnd und unregelmäßig. David senkt resignierend den Kopf und steht auf. Kurz bevor er rausgeht, dreht er sich noch einmal zu mir um. „Es tut weh das zu hören... aber ich akzeptiere deine Entscheidung. Es tut mir leid.“ Ich sehe ihn nicht an, schaue nicht mal in seine Richtung. „Ich werde dich die nächsten Tage in Ruhe lassen, keine Sorge.“ Als von mir immer noch keine Reaktion kommt, öffnet er schließlich die Tür und verlässt den Raum mit einem geflüsterten „'tschuldigung.“ Stille. Ich bin wieder allein in meinem Zimmer. Endlich. David hat sich nach all den Jahren bei mir entschuldigt, mich sogar um Verzeihung gebeten und echte Reue gezeigt. Ich konnte ihm nach all den Jahren endlich sagen, was ich schon die ganze Zeit über loswerden wollte, was ich von diesem Arschloch halte und dass ich absolut nichts mehr mit ihm zu tun haben will. Er hat mir zugesichert , dass er freiwillig Abstand nehmen will, mir fern bleiben will... Es müsste der beste Tag meines Lebens sein. Aber anscheinend bin ich ein viel zu netter Mensch dafür, um so schadenfroh zu sein. Oder woher kommt sonst dieses mulmige Gefühl in der Magengegend ganz falsch an die Sache rangegangen zu sein...? -Ende Kapitel Fünf - --------------------- Sorrüüüüü~ Es hat EWIG gedauert, I know aber ich war... busy! leider kann ich nicht versprechen, dass die nächsten Chaps wieder ordentlich und regelmäßig kommen, weil ich zurzeit alle folgenden Kapitel erstmal Story-technisch überarbeiten muss und wegen Führerschein und Klausuren-Phase kaum Zeit fürs Atmen finde X_x Außerdem gibt's da noch diese Wichtel-FF, die ich schreiben muss, einige Briefe... hups... >~>'' Naja, ich halte mich ran (versuch's zumindest - der Wille ist stark, aber das Fleisch eher weniger... xP) und sage hiermit: bis zum nächsten Mal :D lG d(^.^)b Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)