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Verraten und verkauft

Lord Sesshoumarus vierzehnter Fall
von

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Die Aussage der trauernden Braut

Hier kommt der neue Krimi zum Mitraten. Viel Spaß.
 

1. Die Aussage der trauernden Braut
 

Der Hundedämon gab das Menschenmädchen frei, das er unter dem Arm mit hergebracht hatte: „Dies ist das Schloss des Herrn der Hunde, Akina. Denk an dein Versprechen.“

„Danke“, brachte sie noch hervor, dann fand sie sich allein im nachmittäglichen Schlosshof. Nun, ohne Bekannten, denn hier liefen so einige Menschen und Dämonen geschäftig hin und her. Sie konnte es ihrem Begleiter nicht verübeln. Er war der Bote ihres Herrn und musste seine Nachricht überbringen. Sie seufzte ein wenig. Irgendwie hatte sie es sich einfacher vorgestellt. Zuhause war sie sich noch wie eine Heldin vorgekommen...und jetzt? Nicht nur ihr Vater würde sie hart bestrafen, wenn er mitbekam, dass sie das Schloss ohne Erlaubnis verlassen hatte. An die Reaktion des Lords wollte sie gar nicht denken. Aber zurückgehen? Wie? Nein. Sie musste jetzt das ausführen, was sie sich vorgenommen hatte. Es war doch für Rafu und alles, was sie noch für ihn tun konnte.
 

Sie bemerkte einen anderen Hundedämon, wohl einen Krieger, der gerade an ihr vorbei wollte. Seine weißen Haare waren zu einem Zopf zurück gebunden und er trug zwar keine Waffe oder Rüstung, aber Unterarmschoner. „Verzeihung...bitte.“ Sie verneigte sich eilig. Sie wusste von zu Hause, dass es Dämonen nicht schätzten, wenn sich Menschen als gleichrangig ansahen.

Er blieb stehen ohne sie anzublicken: „Was ist?“

„Ich...bitte, wo muss ich hingehen, wenn ich um Audienz beim mächtigen Inu no Taishou ersuchen möchte?“ Sie hielt den Kopf gesenkt, so dass ihr der überraschte Ausdruck entging, der über das Gesicht des Dämons huschte.

„Jiro!“ Er winkte einem menschlichen Diener: „Begleite dieses Mädchen in das Vorzimmer.“

„Ja, Herr. - Komm.“

Akina folgte Jiro, der sie seltsam musterte, aber nichts sagte. Sie blickte sich neugierig um. Das Schloss hier war größer als das von Lord Yamagishi, dem sie diente. Nun gut, es gehörte ja auch dem Herrn aller Hunde.
 

Sie wurde in einen großen Raum gebracht, in dem schon viele Dämonen und Menschen wartend knieten. Neben der gegenüberliegenden Tür saß ein dämonischer Schreiber, der jede Menge Papier und Federn vor sich auf einem flachen Pult liegen hatte. Wohl eine wichtige Persönlichkeit.

„Warte hier“, sagte Jiro und sie blieb stehen, während er zu dem Schriftführer ging, diesem etwas zuflüsterte.

Der blickte zu ihr, nickte und machte sich eine Notiz. Bestimmt ihren Platz auf der langen Warteliste. Jiro kam zu ihr: „Setz dich dahin.“ Dann ging er.

Ängstlich tat Akina, was ihr geheißen worden war. Dämonen schätzten keinen Widerspruch, das wusste sie von zu Hause. Oh ihr Götter, ob sie ihr Vorhaben überleben würde? Und was wohl ihr so strenger Vater sagen würde? Warum nur war sie so impulsiv gewesen?
 

Eine ganze Weile herrschte Schweigen, ehe die Tür hinter dem Schreiber beiseite geschoben wurde. Dahinter entdeckte Akina einen kurzen Gang, dann eine weitere Tür. Gewiss führte die zum Arbeitszimmer des Schlossherrn.

Der Schreiber erhob sich und kam zu ihr: „Geh schon.“

„Ich?“ Sie war mehr als erstaunt. Immerhin war sie die Letzte, die gekommen war.

„Geh!“ wiederholte er ungeduldig.

Menschen! Er sagte es nicht, dachte es aber so überdeutlich, dass sie nur mehr gehorchte und eilig in den Gang trat. Vor der Tür dort kniete ein weiterer Hundedämon, der nun diese vor ihr beiseite schob. Sie betrat das Arbeitszimmer, warf sich unverzüglich zu Boden und neigte sich vor. Bei Audienzen bei ihrem Herrn hatte sie dies so beobachtet. Sie hörte darum auch nur, dass die Tür hinter ihr von außen geschlossen wurde.

„Richte dich auf.“

Sie erstarrte in jäher Todesangst. Diese Stimme…

„Nun, was möchtest du?“

Sie richtete sich vorsichtig etwas auf und warf einen raschen Blick auf den Schlossherrn. Tatsächlich. Sie hatte sich zuvor erdreistet, den mächtigen Hundefürsten einfach anzusprechen. Den Göttern sei Dank schien sie höflich genug gewesen zu sein und sich keine Strafe eingehandelt zu haben. Aber ihr war klar, dass sie nun antworten musste: „Ich...mein bescheidener Name ist Akina, edler Fürst. Ich...ich diene bei Lord Yamagishi.“ Er wusste sicher, dass dies ebenfalls ein Hundedämon war.

Tatsächlich kam prompt die nächste Frage: „Was wünscht er?“ Ein wenig erstaunlich war es, dass Yamagishi gleich nach einem männlichen Überbringer ein Mädchen schickte, noch dazu ein so unhöfliches, das als Botin ihren Namen nannte. Und das auch noch als Erstes.

Sie konnte nicht verhindern, dass ihr der Schweiß ausbrach. Sie dachte an das, was sie hergeführt hatte, und fand nur dadurch genug Mut um zu erwidern: „Ich...ich wurde nicht geschickt, edler Fürst. Ich...ich kam aus eigenem Antrieb.“

„Möchtest du dich über ihn beschweren?“ Das klang fast amüsiert.

„Nein...oh nein…nicht richtig…“, stammelte sie. Warum war sie nur hergekommen?

„Um was geht es denn dann, mein Kind?“ Der Inu no Taishou konnte ihre Angst wittern und besaß jahrehundertelange Erfahrung im Umgang mit Menschen.

Das war mehr als nachsichtig und so fand sie die Fassung immerhin zu stottern: „Verzeiht, edler Fürst, dass ich Euch mit einer solch unbedeutenden Angelegenheit belästige…“ Sie presste die Stirn auf den Bretterboden, als könne sie darin Schutz finden: „Mein Verlobter, Rafu, ist tot. Er stürzte vom Balkon. Lord…Lord Yamagishi sagt, es sei ein Unfall gewesen….“ War sie wirklich gerade dabei, sich über den Herrn ihres Vaters und ihren eigenen zu beschweren? Aber wenn sie jetzt nicht erklärte, warum sie hergekommen war, würde der mächtige Fürst vor ihr sie sicher selbst bestrafen und das zusätzlich ihrem Herrn melden. Sie musste augenblicklich antworten.

„Aber du glaubst das nicht?“

Sie schüttelte den Kopf, ohne zu wagen ihn vom Boden zu nehmen: „Rafu...Rafu erzählte mir erst gestern, man könne niemandem mehr vertrauen…“

„Hm.“

Sie schaffte es kaum zu atmen. Immerhin hörte er ihr zu, lachte sie nicht aus, wie es ihr Herr getan hatte. Aber ob das gut für sie wäre? Sie zitterte am ganzen Körper, als sie auf seine weitere Reaktion wartete.

„Kazu!“ Auf den Ruf seines Fürsten schob der Diener eilig die Tür auf und verneigte sich wortlos. „Ich bitte Lord Sesshoumaru unverzüglich zu mir. Neigi-san und Sakura sollen ebenfalls sofort erscheinen.“

Der Hundedämon verschwand sogleich wieder.

Akina spürte, wie ihr Herz schmerzhaft schlug. Er fand tatsächlich glaubwürdig, was sie sagte? Oder war zumindest bereit, sie anzuhören? Aber sie wusste, dass sie unmöglich nachfragen durfte. Vorsichtig richtete sie sich etwas auf.
 

Kurz darauf kam ein junger Hundedämon, der sich höfisch verbeugte, ehe er rechts neben dem Fürsten Platz nahm, was Akina verriet, dass es sich um den Sohn des Hauses handeln musste. Sie neigte sich eilig wieder tiefer. Nur wenig später kamen ein weiterer Dämon, der die hergebrachte Tracht der Heiler trug, und ein Menschenmädchen, offenbar dessen Schülerin. Unwillkürlich atmete Akina auf, dass sie nicht mehr der einzige Mensch unter drei Dämonen war. Auf einen Wink des Schlossherrn setzte sich Neigi ein wenig abseits, links, Sakura hinter ihn, beide mit kurzen aber tiefen Verneigungen jeweils für Vater und Sohn.

„Gut. - Akina, berichte mir und meinem Sohn genau, was in den letzten beiden Tagen vorgefallen ist. Du dienst Lord Yamagishi?“

„Ja, edler Fürst.“ Sie schluckte etwas, nahm sich aber zusammen. Das war es doch gewesen, das sie sich von dieser Audienz erhofft hatte – Gehör und womöglich gar Hilfe. „Ich diene Prinzessin Aiko, der Tochter von Lord Yamagishi. Mein Verlobter…er hieß Rafu. Wir wollten in wenigen Wochen auf Wunsch meines Vaters heiraten. Er, also, Rafu, arbeitete als persönlicher Schreiber bei Herrn Nishikawa. Dies ist der Finanzverwalter meines Herrn. Wir...wir trafen uns gestern Abend nach unseren Pflichten im Garten. Rafu war nervös, ja, aufgeregt, wollte mir aber nicht sagen, was los sei. Er meinte nur, man könne niemandem mehr vertrauen. Diese Bemerkung....“ Sie seufzte, als sie sich an die Szene erinnerte. Hätte sie nur gewusst, dass sie ihn da zum letzten Mal lebend sah. „Ich wurde sehr böse auf ihn. Er merkte es...und wir...wir versöhnten uns wieder. Er erklärte, er habe das nicht auf mich bezogen, aber er dürfe mir nicht sagen um was es gehe. Wir trennten uns dann wieder und gingen jeder in sein Zimmer. Ich schlafe gewöhnlich in einer Kammer neben der Prinzessin. – Heute Mittag fiel er vom Balkon im ersten Stock des Hauptgebäudes, wo die Kanzlei liegt. Er war tot.“ Ihre Stimme zitterte. Aber sie war als persönliche Dienerin zu geübt, ihre Gefühle zu verbergen, als dass sie nicht hätte fortfahren können: „Burgvogt Masaki und Lord Yamagishi selbst bedauerten Vater und mir gegenüber den Unfall. Ich bat den Herrn prüfen zu lassen, ob es sich tatsächlich um einen Unfall gehandelt habe, aber er…er meinte, er verstehe meine Trauer, aber er bedeutete mir, dass er es überhaupt nicht schätze, wenn ich …wenn ich etwas in diesen Zwischenfall hineinlege, was sicher nicht der Fall sei. Und er gab mir gnädigerweise eine Woche frei um trauern zu können, nach der Beerdigung heute Nachmittag, also vor einer Stunde. Aber Rafu war doch jung, warum hätte er stolpern sollen? Und da war diese Bemerkung… Da ich zufällig mitbekam, dass der Herr einen Boten an Euch sandte, bat ich diesen mich mitzunehmen, um Euch zu bitten, Euch anzuflehen, Lord Yamagishi anzuweisen, den Unfall zu überprüfen.“ Dafür hatte sie dem jungen Dämon versprochen, ein Treffen mit Prinzessin Aiko zu ermöglichen, natürlich in Begleitung und allen Ehren.
 

Einen scheinbar endlosen Moment herrschte Schweigen, da es unziemlich gewesen wäre, der Meinung des Hundefürsten vorzugreifen. Zeit genug, in der sich Akina mehr als besorgt fragte, was jetzt geschehen würde. Hielt er sie nun für eine Verräterin und würde sie bestrafen? Oder Lord Yamagishi melden? Ihr Vater…oh ihr Götter.
 

Sesshoumaru blickte vor sich auf den Boden. Er hatte nur noch einen winzigen Funken Hoffnung, dass nicht geschehen würde, was er vermutete. Aber das war wohl mehr als unwahrscheinlich.
 

„Interessant, nicht wahr?“ fragte ihn auch prompt der Schlossherr.

„Euer Wunsch, mein verehrter Herr und Vater?“ Bitte nicht, dachte der Dämonenprinz, nicht schon wieder. Aber selbstverständlich wäre es undenkbar gewesen, nicht zu gehorchen.

„Ich schlage vor...“ Ein Vorschlag des Fürsten war ein verhüllter Befehl: „Neigi, dass Sakura Akina unverzüglich zurück in das Schloss der Yamagishis begleitet. Eine Freundin, die sie aufsuchte, um ihr die Trauer zu erleichtern. Damit wäre auch für Lord Yamagishi und alle anderen verständlich, warum sie das Schloss sofort nach der Beerdigung und ohne Erlaubnis verlassen hat.“

Akina dachte, sie höre nicht richtig. Der so mächtige Hundedämon dachte daran, sie vor einer Strafe zu schützen, ja, wollte ihr wohl tatsächlich Gehör schenken und ihr helfen?

„Sakura, du siehst dich äußerst diskret um. In wenigen Tagen wird Lord Sesshoumaru im Schloss der Yamagishi eintreffen und deinen geheimen Bericht erwarten. Du wirst Lord Yamagishi einen Brief von mir überbringen. Sobald ich ihn geschrieben habe, könnt ihr abreisen. Ein Dämon wird euch ein Stück bringen. – Ihr dürft gehen.“ Seine Handbewegung bedeutete allerdings seinem Sohn zu bleiben.

Als sie unter sich waren, meinte Sesshoumaru daher: „Ihr interessiert Euch aus gutem Grund für den Tod irgendeines nichtswürdigen Menschen.“ Darin lag keine Frage.

„In der Tat. – Deine Meinung über Lord Yamagishi?“

„Er ist ein starker Hundedämon.“ Es gelang dem Prinzen gerade noch sachlich zu bleiben und die Spur Verächtlichkeit aus seiner Stimme zu halten: „An seinem Selbstbewusstsein kann jedenfalls kein Zweifel bestehen. Er hat, als er zuletzt hier war, mich mehrfach zu Übungskämpfen herausfordern wollen.“ Nun, das war eine noch sehr formgewandte Umschreibung für die Tatsache, dass ihn Lord Yamagishi so offen beleidigt hatte, wie es nur eben anging, wohlwissend, dass ihm als Gast des Hauses gewisse Narrenfreiheit gegeben war. Nichts wäre Sesshoumaru lieber gewesen, als diesem arroganten Hund den Weg ins Jenseits zu zeigen – weswegen er auch diese Kämpfe unter höflichem Vorwand abgelehnt hatte. Falls er auch nur aus Versehen einen Gast seines Vaters tötete, würde dieser sein Gesicht verlieren.

Der Inu no Taishou hatte die Situation damals durchaus mitbekommen und ihm war bewusst, was sein Sohn dachte: „Er ist äußerst ehrgeizig. Und er würde dich gern besiegen - oder auch mich.“

„Verehrter Vater...“ Der Hundeprinz klang indigniert.

„Ich weiß, dass ihm beides nicht in fairem Duell gelingen wird. Aber womöglich plant er etwas anderes und dieser Rafu hat es herausgefunden. Immerhin meinte er zu seiner Verlobten, dass man wohl niemandem mehr vertrauen könne, wagte ihr aber auch nicht zu sagen worum es ging. Was wäre nahe liegender, als dass er bei seinem Herrn etwas entdeckte? Er arbeitete in der Kanzlei. Es wäre denkbar, dass er zögerte Lord Yamagishi zu verraten und diesen selbst dazu befragte.“

„Yamagishi ließ sein Ableben nicht untersuchen und ihn unverzüglich begraben. – Ich verstehe.“

„Er soll zunächst nicht erfahren, dass du den Tod überprüfst. Darum sandte ich Sakura zuerst. Sie kann sich schon einmal bei den Menschen im Schloss umhören.“

„Wenn es Mord war und Yamagishi schuldig ist…“

Der Inu no Taishou wusste sich die Bemerkung zu deuten: „Wirst du mir unverzüglich Bericht erstatten.“

„Wie Ihr wünscht, verehrter Vater.“ Schade.
 

Lord Yamagishi musterte ein wenig erstaunt die beiden Menschenmädchen, die vor ihm niederknieten: „Was ist, Akina?“ Nun ja, er hätte auch fragen können, wer ihre Begleiterin war. Er hatte dieses Menschenmädchen nie zuvor gesehen.

„Ich möchte Euch bitten, meiner Freundin Sakura Gastfreundschaft zu gewähren, edler Herr. Ich…ich möchte nicht allein sein.“ Während des Weges hatten sie besprochen, was sie auf diverse Nachfragen erzählen sollten. Nun, Sakura hatte vorgeschlagen und Akina hatte bejaht, nur zu froh, Hilfe zu finden, zumal sie die Heilerschülerin sehr freundlich fand.

Der Blick des Hundedämonen glitt zu Sakura: „Du bist wohl Heilerin?“

Sie verneigte sich höflich ein wenig bei der Anrede. Er schien jünger zu sein als der Inu no Taishou, aber bei Dämonen war das schlecht zu schätzen, zumal die weißen Haare der Hundedämonen das noch einmal erschwerten. Jedenfalls fühlte er sich ebenso als Krieger, trug er doch keinen Kimono sondern Hosen: „Ich lerne es, Lord Yamagishi. Darf ich Euch ein Schreiben überreichen?“

„Ja.“ Er nahm an, dass es sich um ein Empfehlungsschreiben für sie handelte. Bei wem sie wohl arbeitete? Sein Blick fiel auf das Siegel: „Sei in meinem Schloss willkommen, Sakura“, erklärte er unverzüglich, noch ehe er öffnete. Es wäre unklug, eine Empfehlung des Herrn der Hunde zu missachten. So überflog er das Schreiben. Wie er erwartet hatte, handelte es sich um eine kurze Empfehlung. Dann allerdings las er den folgenden Absatz und schaffte es nur mit Mühe ein gleichmütiges Gesicht zu bewahren.

„Ihr könnt beide gehen.“ Sein nächster Satz galt dem Diener an der Tür: „Ich möchte unverzüglich Burgvogt Masaki und Kanzleileiter Tashima bei mir sehen.“

Sakura nahm an, dass in dem Schreiben auch erwähnt wurde, dass Lord Sesshoumaru demnächst herkommen würde. Lord Yamagishi wollte sich offenkundig darauf vorbereiten.
 

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Das könnte nötig werden.

Sakura hat es allerdings auch nicht gerade einfach mit ihren Auftraggebern...
 

bye
 

hotep

Sakura spielt im Schloss....

Im Hof des Schlosses sah Akina etwas verlegen seitwärts: „Was...was willst du nun tun?“ Diese Heilerschülerin war doch nur so alt wie sie selbst. Und sie hätte keine Ahnung gehabt was nun zu tun wäre.

Sakura warf unwillkürlich einen forschenden Blick herum, kannte sie doch nur zu gut die feinen Ohren der Hundedämonen, ehe sie ein wenig seufzte und leise offen erklärte: „Ich werde versuchen, möglichst viele Informationen zu bekommen, ehe Lord Sesshoumaru eintrifft.“

„Hast du schon einmal so etwas gemacht?“ erkundigte sich Akina überrascht. Das gehörte doch kaum zum Aufgabengebiet eines Heilers, nun, jedenfalls machte Daigoku-sama so etwas nie. Oder doch und sie wusste es nur nicht?

„Allein, auch, ja. In der Regel führe ich allerdings nur Anweisungen aus.“

„Und du weißt, was er…ich meine, was dein Prinz hören will?“

„Ich hoffe es zu erraten.“

„Und, wenn nicht?“ Das klang kleinlaut. Akina ahnte, wie die Antwort lauten würde, arbeitete doch auch sie in einem Schloss. Und sie war dann indirekt Schuld…

„Dann wird er mich bestrafen.“ Sakura zuckte die Schultern. So war das Leben eben. Wenn man einen Fehler machte, ahndete der Herr dies. Sie konnte nur hoffen, dass Lord Sesshoumaru sie nicht über ihre Kräfte bestrafen würde: „Setzen wir uns dort drüben hin. Und dann sage mir, wer hier im Schloss wichtig ist, ob er Dämon oder Mensch ist. Danach werde ich weitersehen.“ Auf dieser Seite des Hofes befanden sich weder Dämonen noch Menschen, nicht einmal in übermenschlicher Hörweite, obwohl sie sie kommen sehen konnte.

„Gut. Weißt du, ich möchte einfach wissen, was wirklich geschehen ist. Ich...ich kann an den Unfall irgendwie nicht glauben.“ Akina führte Sakura abseits zu den großen Steinen am Rande des Hofes, von wo aus man in den Garten blicken konnte. Die Mädchen setzten sich dort, ehe sie fortfuhr: „Lord Yamagishi ist ein Hundedämon, das hast du ja gewiss gesehen. Der Burgvogt, Masaki, ist auch einer. Ihm unterstehen die Samurai. Der Leiter der Kanzlei ist dagegen ein Mensch, Yuki Tashima. Er ist sehr nett. Tja...wer ist noch wichtig? Der Heiler? Daigoku-sama ist ein Mensch. Er ist schon sehr alt, aber sehr freundlich. Mein Vater arbeitet übrigens auch in der Kanzlei. Er leitet die Steuerverwaltung.“

„Wie heißt er?“

„Toshi Makamoto. Ich heiße mit vollem Namen Akina Makamoto.“

Sakura dachte kurz nach und warf erneut einen Blick herum, ehe sie fragte: „Und dann gibt es noch diesen Nishikawa, für den dein Verlobter direkt arbeitete?“

Akina war sehr erstaunt. Diesen Namen hatte sie doch nur einmal erwähnt? „Ja, natürlich, Mondo Nishikawa. Er ist der Finanzverwalter des Herrn.“

„Er arbeitet folglich auch in der Kanzlei?“

„Ja, also eher nein…Ich meine, er arbeitet in der Kanzlei, aber er untersteht nicht Herrn Tashima. Er ist nur Lord Yamagishi gegenüber verantwortlich. – Das sind sehr viele Namen, nicht wahr?“ erkundigte sie sich betreten. Das hätte sie sich nie auf einmal merken können.

„Ja, aber ich muss beständig auch viele Rezepte und Pflanzennamen auswendig lernen. Man gewöhnt sich daran.“ Sie würde dennoch anschließend alles aufschreiben. Gewöhnlich verlangte Lord Sesshoumaru wörtliche Berichterstattung und sie war sich nicht sicher, wie viele derartige Gespräche sie so im Gedächnis behalten konnte. Darauf, wieder an der Wand zu landen wenn nicht Ärgeres, konnte sie verzichten. „Und dein Verlobter war mit seiner Arbeit zufrieden?“

„Ich… ja, Herr Nishikawa mochte ihn und förderte ihn. Er hat ihn sogar Lord Yamagishi gegenüber lobend erwähnt. Das war es ja auch, was Herrn Tsuka so wütend auf Rafu machte.“

Wer war das denn schon wieder? „Arbeitet der auch für Nishikawa?“ Gab es also berufliche Eifersüchteleien?

„Nein. Er ist der Grundherr eines Tales...oh, du lernst ja Heilerin, da kennst du es sicher. Es heißt das Tal der Tausend Kräuter. Dort werden ganz besondere Kräuter gezüchtet, die an alle Heiler verkauft werden.“

„Ich hörte davon, ja. Und das liegt hier in der Nähe?“

„Ja, nur eine Tagesreise entfernt.“

Sakura dachte erneut kurz nach, ehe sie etwas irritiert fragte: „Aber wieso interessiert einen menschlichen Grundherrn, wie der Finanzverwalter Lord Yamagishis zu seinem persönlichen Schreiber steht?“

Akina nickte eifrig. An so etwas hätte sie gar nicht gedacht: „Oh, natürlich. Das kannst du nicht wissen. Herr Tsuka wohnt fast immer hier. Er ist mit Herrn Nishikawa befreundet, wohl sehr lange schon.“

„Ach, dann war er eifersüchtig?“ entfuhr es Sakura etwas ungeschickt.

Das andere Mädchen lachte auf: „Nein, Liebe ist das sicher nicht!“

„Natürlich“ Die Heilerschülerin hob entschuldigend die Hände: „Mir fiel nur gerade kein anderes Wort ein.“

„Soll ich dir jetzt erst einmal mein Zimmer zeigen? Ich habe ja frei, da muss ich nicht bei Prinzessin Aiko sein, sondern schlafe bei meinem Vater. Er hat eine eigene Zimmerflucht im Schloss.“ Er war ja ein hoher Beamter und damit ein wichtiger Mann hier.

„Ja, danke. Ich möchte mir erst einmal Notizen machen.“

Akina nickte verständnisvoll. Sicher war es für Sakura schwierig solche Ermittlungen anstellen zu sollen. Immerhin schien sie nicht wütend auf sie zu sein, dass sie selbst den Inu no Taishou auf diesen Fall aufmerksam gemacht hatte – und damit die Heilerschülerin in solche Schwierigkeiten gebracht hatte.
 

Als Sakura ihre Aufzeichnungen beendet hatte, dachte sie gründlich nach. Im Gegensatz zum Hundeprinzen konnte sie weder von Lord Yamagishi selbst, noch vom Burgvogt oder dem Leiter der Kanzlei irgendwelche Auskünfte verlangen. Wo sollte sie also nur anfangen? Die Anweisung des Herrn hatte gelautet, sie solle diskret vorgehen, also unbemerkt, und da sollte sie ihren Auftrag nicht gerade an die große Glocke hängen.

Beim Heiler.

Das war sicher am unauffälligsten. Dieser hieß Daigoku und war ein Mensch. Immerhin lernte sie Heilerin, da waren Fragen zu seinem Kräutergarten oder ähnliches doch ein harmloser Beginn. So ließ sie sich von Akina den Weg beschreiben, die lieber auf ihren Vater warten wollte, und machte sich auf den Weg in die Ecke des Schlossgeländes, in der der Heiler lebte.

Sein Kräutergarten war gut ausgestattet, dachte sie unwillkürlich, als sie ihn so betrachtete. Und gut gepflegt. Hatte Akina nicht gesagt, dass er schon alt sei? Nun, er würde gewiss auch einen Schüler haben.

„Besuch? Und noch dazu so reizend weiblicher?“

Sie drehte sich um. Ein Heiler kam aus der Hütte. Sie schätzte ihn gewiss auf sechzig Jahre. Seine langen, weißen Haare hatte er so zu einem Dutt oben auf dem Kopf gebunden, dass sie nur mehr bis zur Schulter reichten. Sein ungewöhnlicher, weißer Bart hing ihm bis zur Brust.

Sie verneigte sich eilig, die Hände aneinanderlegend: „Ich bitte um Vergebung, wenn ich störe, Daigoku-sama.“

„Du hast mir etwas voraus. Du kennst meinen Namen.“

„Verzeiht. Mein Name ist Sakura. Ich bin zu Besuch hier. Bei Akina Makamoto.“

„Ich verstehe. Sie bat eine Freundin in dieser schwierigen Lage zu sich. Sie war ja förmlich außer sich, als wir den armen Rafu begruben. - Du siehst mich ein wenig überrascht. Weibliche Heilerinnen leben gewöhnlich in einem Kloster oder als Schreinjungfrauen.“ Und davon zeigte ihre Kleidung nichts.

„Ich bin noch in der Ausbildung. Mein Lehrer ist Neigi-sama, der Heiler des mächtigen Inu no Taishou.“

„Einer der sehr seltenen dämonischen Heiler, ich weiß. Nun, dann bin ich noch überraschter, dass er einen Menschen, noch dazu ein Mädchen, als Schüler angenommen hat.“ Daigoku-sama nickte ein wenig: „Wie lange bist du schon bei ihm?“

„Zwei Jahre.“

„Du scheinst dich nicht ungeschickt anzustellen. Ich entsinne mich jetzt, schon von dir gehört zu haben. Neigi-san hatte dich doch mit zu den Jubiläumsfeierlichkeiten in die Heilerschule genommen. Auch in einem oder anderen Brief hörte ich von dir. Dein Herr soll dich ebenfalls schätzen. Und damit meine ich den mächtigen Inu no Taishou. Angeblich sollst du ja auch bei seinem Sohn arbeiten dürfen. - Was wolltest du bei mir?“

„Danke“, murmelte Sakura verlegen. Das gab es doch fast nicht. Waren die ehrenwerten Heiler in ihren Briefen untereinander ebensolche Schwätzer wie Waschweiber? Hoffentlich hatte er nichts davon gehört, dass sie nur bei Mordfällen für Seine Lordschaft arbeitete, sonst würde er ihre Aufgabe hier deutlich erschweren können. Leider schien genau das der Fall zu sein, wenn auch nur in Andeutungen. „Oh, ich…Nun, Akina erwähnte, dass das Tal der Tausend Kräuter hier in der Nähe liegt. Ich hörte davon. Könnt Ihr mir sagen, warum ausgerechnet die Kräuter dieses Tales so berühmt sind?“ Das war doch gewiss ein harmloser Einstieg in ein Gespräch.

Daigoku-sama nickte fast fürsorglich: „Natürlich, liebes Kind. Es ist ein Hochtal und die Bergluft und der Boden sind sehr speziell. Die Kräuter, die dort gezogen werden, haben die höchste Wirksamkeit von allen. Man muss sie behutsamer dosieren als andere. Die Menschen dort haben seit Jahrhunderten den Anbau der Kräuter perfektioniert. Wie sie das genau machen, könnte dir Herr Tsuka sagen.“

„Herr Tsuka?“ Sie sollte nicht zeigen, dass sie wusste wer das war.

„Er hält sich hier im Schloss auf. Er ist aber der Grundherr des Tales.“

Sakura beschloss behutsam zu sein: „Daigoku-sama….ich kann doch nicht einfach zu einem Grundherrn gehen und ihn um die Geschichte seines Tales bitten.“

„Du wirst nicht lange bitten müssen, schönes Kind. Er redet gern. Fragesteller sind für ihn ein Geschenk des Himmels. Aber man muss ihm lassen, dass er sich sehr gut mit den Kräutern auskennt. Wirklich, sehr gut. Wir haben schon sehr gewinnbringend zusammengearbeitet.“ Der Heiler nickte erneut ein wenig: „Ich denke, du wirst schon gesucht. Da kommen Herr Makamoto und Akina.“

Sakura drehte sich um. Das Mädchen näherte sich mit einem Mann, der eindeutig in einer vornehmen Kanzlei arbeitete. Sein sicher teurer Kimono schleifte am Boden, allerdings hatte er auf die hohe Mütze eines Beamten verzichtet. So sagte sie eilig mit einer Verneigung: „Ich danke für Eure Geduld, Daigoku-sama.“

„Gern geschehen.“ Sie war ein sehr höfliches Mädchen, dachte er, als sie sich abwandte. Nun, soweit er wusste, gab es keine Handvoll Dämonen, die Heiler waren. Neigi war sicher einer der berühmtesten. Wenn er sie als seine Schülerin angenommen und vor allem behalten hatte, hatte dieses Mädchen gewiss mehr zu bieten als ein hübsches Gesicht. Und die Briefe, die er aus der Heilerschule, aber auch von einigen entfernten Bekannten erhalten hatte, deuteten zusätzlich darauf hin. Nun, Herr Tsuka würde ihr gewiss Erklärungen geben können um ihre Neugier zu befriedigen.

Sakura verneigte sich derweil bereits vor Herrn Makamoto.

„Du bist also Akinas Freundin“, meinte der zur Begrüßung: „Sie hat mir allerdings nie zuvor von dir erzählt. Wie habt ihr euch kennen gelernt?“

Sakura dankte den Göttern, dass sie auf dem Herweg mit Akina dazu eine Geschichte erfunden hatte. Allerdings hatte sie eher erwartet, dass Lord Yamagishi nachfragen würde: „Ich kenne Akina auch erst sehr kurz. Wir trafen uns im Wald, als sie dort wanderte, um sich von dem Schock des Todes…nun, um sich zu erholen. Ich lerne Heilerin im Schloss des mächtigen Inu no Taishou und so bin auch ich oft im Wald unterwegs, um Pflanzen zu sammeln. Wir kamen ins Reden….Nun, ich bat meinen Herrn um die Reiseerlaubnis. Er gab mir einen Brief an Lord Yamagishi mit.“

„Geh einmal, Akina.“ Und als seine Tochter außer Hörweite war: „So ähnlich klang auch ihre Geschichte. Ich glaube sie dennoch nicht.“

Sakura stellte fest, dass der Leiter der Steuerverwaltung anscheinend einen guten Instinkt besaß. Aber, wenn sie ihm die Wahrheit sagte, würde sie Lord Sesshoumaru oder gar den Inu no Taishou verärgern. Das wäre sicher weitaus ungesünder. So meinte sie nur: „Ich bedauere, Herr Makamoto. Wenn Ihr Wert darauf legt, dass ich dieses Schloss verlasse, werde ich selbstverständlich gehen.“ Sie bemühte sich seinem Blick standzuhalten. Den Menschen, die an ihn die Steuern für Lord Yamagishi bezahlen mussten, war es sicher vor diesen fast schwarzen Augen sehr unwohl. Aber sie hatte da einen anderen Maßstab, ein Blick aus Gold und doch wie Eis. Und immerhin würde er sie kaum wirklich hinauswerfen können, hatte sein Herr ihr doch auf Empfehlung des Hundefürsten erlaubt hier zu bleiben und würde so sein Gesicht vor dem mächtigen Inu no Taishou verlieren.

„Das lag in meiner Absicht, aber Akina weinte, das du bleiben sollst. So will ich ihr nicht den Trost rauben. Sie ist mein einziges Kind. Aber das Eine sage ich dir, Sakura: wenn Akina aus irgendeinem Grund Schwierigkeiten wegen dir bekommt, wird keine Heilkunst der Erde deine Hände wieder so hinbekommen, dass du sie gebrauchen kannst.“

Sakura schluckte unwillkürlich, senkte aber nicht den Kopf. Mit Höflichkeit kam sie hier kaum weiter. Und sie kannte gefährlichere Männer: „Warum droht Ihr mir? Ich habe nicht die Absicht Akina auch nur zu kränken. Sie hat in den letzten Tagen genug mitgemacht.“

„Ich werde dich beobachten.“ Makamoto wandte sich grußlos ab, um zu dem Heiler zu gehen.

Sie vermutete, dass er den fragen wollte, über was sie gesprochen hatten. Das konnte ja noch eine schwierige Ermittlung werden, wenn dieser Mann sie im Auge behalten wollte. Was hatte er nur? Man konnte ohne weiteres fast annehmen, dass er eifersüchtig wäre, aber das war für einen Vater gegenüber der Freundin seiner Tochter doch recht ungewöhnlich. Sie ging zu Akina, die sie zerknirscht musterte:

„Hat mein Vater dich erschreckt? Er…er ist nicht so arg, wirklich nicht. Er will mich nur immer beschützen. Und, ich denke, Rafus Tod hat auch ihn mitgenommen.“

„Warum? Oh, er sagte, du bist das einzige Kind. - Hätte er ihn so gern als Schwiegersohn gehabt?“

„J...a….schon. Aber Rafu war eben auch der Sohn seines Vetters, der letzte junge Mann, der den Namen Makamoto trug. Deswegen wollte Vater ja, dass wir heiraten.“ Sie sah zu Boden: „Ich war froh drum. Rafu war wirklich so ein netter Mensch…“

„Also warst du mit der Hochzeit zufrieden und er auch?“

„Ja, ganz sicher. Oh, du meinst, ob er freiwillig gesprungen ist? Nein. Ich meine, ich weiß, es gibt hübschere Mädchen, aber er sagte, er liebe mich. Da würde er doch nicht…“ Akinas Stimme schwankte.

Sakura legte unwillkürlich den Arm um sie: „Ich muss fragen, das verstehst du doch.“

Das Mädchen nahm sich zusammen: „Ja. Wenn dein Prinz kommt, will er Antworten. Natürlich.“

„Der Heiler empfahl mir wegen der Kräuter mit Herrn Tsuka zu reden. Weißt du, ob er im Moment im Schloss ist?“ Sie gab das Mädchen frei.

„Nein, das weiß ich nicht. Ich denke schon, weil er ja eigentlich immer hier ist, entweder in seinem Zimmer oder in der Kanzlei. Manchmal wohl auch bei Daigoku-sama. - Aber wieso wegen den Kräutern?“

Sakura zuckte ein wenig die Schultern: „Ich kann doch nicht einfach hingehen und fragen: habt Ihr Rafu vom Balkon geschubst?“

„Ja, da hast du wohl Recht….“ Akina seufzte: „Entschuldige. Ich bin immer noch ein wenig durcheinander.“

„Natürlich.“ Die Heilerschülerin warf einen vorsichtigen Blick zurück: „Dein Vater kommt zu uns. Was nun?“

„Ich weiß es nicht….“

Sakura stellte fest, dass sie in Akina kaum eine brauchbare Hilfe finden würde. Sie musste jedoch möglichst viele Ergebnisse liefern, das war ihr klar. Sie kannte die Vorgehensweise des Hundeprinzen bei Ermittlungen, aber das war wohl auch das Einzige, was ihr hier helfen konnte. Sie bezweifelte nicht, dass er sie dafür verantwortlich machen würde, käme er zu keinem Ergebnis und würde vor seinem Vater in den Verdacht geraten zu stümpern. Und das wäre mit Sicherheit ihr Todesurteil. So sagte sie vorsichtig: „Magst du dich ein wenig hinlegen? Ich könnte dir einen Tee bringen, ein wenig bei dir bleiben, damit du ruhiger schlafen kannst…“ Und sie könnte aus dem Gespräch mit Akina, ihrem Vater und dem Heiler. die neuen Notizen ergänzen. Das könnte in der Tat lebensrettend für sie sein.
 

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Viele neue Informationen. Die Notizen könnten mehr als hilfreich sein...
 

bye
 

hotep

Neue Aussagen

Ihr habt Recht, Herr Makamoto hat einen sehr..hm..eigenen Charme. Aber insgesamt betrachtet haben das in diesem Schloss wohl viele....
 

3. Weitere Aussagen
 

Herr Makamoto steuerte auf seine Tochter und Sakura zu, als er stehen blieb und sich zu einem jungen Mann drehte, der gerade über den Hof kam und sich eilig vor ihm verneigte.

„Hast du etwa endlich die Steuern für deine Eltern bezahlt?“

„Ja, Herr Makamoto. Ich habe, wie versprochen, die Steuern bezahlt.“ Der junge Mann warf einen flüchtigen Blick auf die beiden Mädchen, ehe er fortfuhr: „Ich habe allerdings aufgehört für Herrn Abe zu arbeiten.“

„Das war leichtsinnig. Die Felder deiner Familie werfen nicht genügend ab.“

„Ich werde meinen eigenen Handel aufmachen. Herr Abe ist schon alt, und er sagte zu mir, wenn ich die Strecke nach ….“ Sakura sagte der Ort nichts: „.Übernehmen wolle, würde er sie mir überlassen.“

„Das ist natürlich eine Gelegenheit. Aber du brauchst Geld, um dir einen Karren zu kaufen und so weiter. Ah, ich verstehe. Darum warst du heute auch hier?“

„Ja. Ich habe mir das Kapital von Lord Yamagishi geliehen. Er ist ja immer so freundlich, nur fünf Prozent zu verlangen.“

„Dann gute Geschäfte.“

„Danke, Herr Makamoto.“ Der junge Mann verneigte sich erneut und verschwand.

Sakura stellte für sich fest, dass Akinas Vater einen etwas herben Charme hatte. Er wirkte selbst bei einem Gespräch, in dem er offenbar nett sein wollte, einschüchternd. Mit einem flüchtigen Lächeln dachte sie an jemand anderen, dem das auch immer wieder mühelos gelang. Anscheinend war der Leiter der Steuerverwaltung Lord Yamagishis von Berufs wegen her so gewohnt kühl zu sein, dass er es nicht mehr ablegen konnte.

Dieser drehte sich um: „Was ist nun mit euch?“

„Sakura empfahl mir gerade, dass ich mich hinlegen soll“, erklärte Akina unverzüglich: „Sie würde mir einen beruhigenden Tee geben. – Ich habe letzte Nacht kaum geschlafen.“

„Da könnt ihr ja nichts anstellen. Gut.“

Während sich die beiden erhoben, überlegte Sakura, was er meinte. Was, um aller Götter willen, sollten sie denn anstellen wollen oder auch nur können? Genauer gesagt, was trieb Akina ansonsten? Sie fragte die junge Dienerin in ihrem Zimmer direkt danach.

„Oh, das sagt er immer. Weißt du, meine Schwester ist mit dreizehn in den Löschwasserteich hinter dem Schloss gefallen und ertrunken. Ich war da noch sehr klein, aber seither sagt er immer, ich solle nichts anstellen.“

„Das tut mir Leid“, meinte Sakura wohlerzogen: „Dann macht er sich sicher Sorgen um dich.“

„Ich fürchte, ja. Er ist immer so …so übertrieben vorsichtig. Deswegen hat er mir ja auch die Arbeit bei Prinzessin Aiko verschafft. Damit ich sicher bin, wie er meinte.“ Das Mädchen seufzte: „Aber manchmal geht es mir schon ein wenig auf die Nerven. Ich meine, er darf mit allem und jedem reden und hingehen, wohin er im Schloss will, und ich…– Das ist der Tee?“

„Ja. Er muss nur noch ziehen. Trink und dann leg dich hin. Ich werde meine Notizen schreiben.“

„Du kannst sicher gut schreiben als angehende Heilerin.“

„Ich denke schon.“ Sakura machte sich an die Arbeit. Während sie die Gespräche aufschrieb, fiel ihr ein, dass sie sich den Balkon noch gar nicht angesehen hatte, von dem Akinas Verlobter gestürzt war. Nun gut, sie konnte schlecht in die Kanzlei gehen, und nachfragen, aber zumindest von außen sollte sie den möglichen Tatort besichtigen. Der Tote war ja bereits begraben worden, so dass sie die Leiche nicht mehr anschauen konnte. Da ihre Begleiterin inzwischen eingeschlafen war, erhob sie sich leise, als sie fertig war und schob ihren Bericht unter deren Matte. Hier würde doch selbst der Vater nicht suchen. Überdies sollte sie noch mit dem Grundherrn über das Tal der Tausend Kräuter sprechen. Falls dieser wirklich so gern redete, würde er ihr hoffentlich auch etwas über das Verhältnis Rafus zu seinem direkten Vorgesetzten sagen können, zumal er das nicht so gern gesehen hatte.
 

Sakura stand im Haupthof und musterte das Schloss um sie. Wie würde wohl Lord Sesshoumaru vorgehen? Leider konnte sie im Unterschied zu ihm nicht direkt den Burgvogt oder den Leiter der Kanzlei oder gar Lord Yamagishi fragen, aber der Hundeprinz würde gewiss möglichst viele Informationen von ihr wollen. Und ihm wäre vollkommen gleichgültig, wie sie es geschafft hatte daran zu kommen. Das war es schon immer gewesen.

Hm. Der Balkon im ersten Stock lief über die gesamte Breite des Hauptgebäudes. Im Erdgeschoss befanden sich die Empfangsräume, das Arbeitszimmer des Herrn und ein großer Saal. Dort drüber war die Kanzlei, das hatte ihr Akina schon bei der Ankunft sagen können. Die Balkonbrüstung war aus festem Holz, soweit sie es erkennen konnte, undurchsichtig und würde ihr gewiss bis zum Bauch reichen. Einige Türen öffneten sich zum Balkon, aber sie waren ebenso vergittert, wie die Fenster. Weder Mensch noch Dämon war dort oben zu sehen. Nun, nicht weiter verwunderlich, mussten sie doch arbeiten.

Was hatte das mutmaßliche Opfer denn eigentlich dann auf dem Balkon verloren gehabt? Warum war er hinausgegangen? Hatte er sich doch freiwillig hinabgestürzt? Oder war es ein Unfall gewesen? Wenn gewöhnlich niemand dort hinausging, war der Boden möglicherweise glatt oder schmierig. Irgendwie musste sie es schaffen, in die Kanzlei zu gelangen und sich den Balkon genauer anzusehen. Aber wie? Diesmal konnte sie sich nicht auf einen Befehl Seiner Lordschaft berufen.

„Gefällt dir das Schloss?“

Sakura drehte sich ein wenig erschrocken um, verneigte sich dann erleichtert vor dem Heiler: „Ich finde die Bauart ungewöhnlich, Daigoku-sama. Einen solchen Balkon habe ich nie zuvor gesehen.“

„Das kann ich nicht beurteilen. Ich war nie an einem anderen Schloss.“

„Dann könnt Ihr mir auch nicht sagen, wozu er da ist?“

„Ich denke, nur aus Schönheitsgründen. Hat dir Akina erzählt, dass ihr Verlobter dort hinunterfiel?“

Dumm war Daigoku-sama nicht: „Ja. Darum sah ich ihn an.“ Das klang nach einem neugierigen Mädchen, dachte sie, und dafür hatte er gewiss eher Verständnis, als wenn sie zugegeben hätte, Ermittlungen für einen Hundeprinzen anzustellen.

„Die arme Akina. Und der arme Herr Makamoto. Die haben das Unglück wirklich gepachtet. Akina ist nun die letzte Erbin dieses Namens. – Wolltest du nicht zu Herrn Tsuka gehen?“

„Ja, Daigoku-sama. Ich weiß nur nicht, wo ich ihn finden kann.“ Wieso hatten die Makamotos das Unglück gepachtet? Bezog sich das auf den Tod der älteren Schwester? Oder war da noch anderes? Sollte sie nachfragen? Nun, vielleicht konnte ihr später eine andere Dienerin oder auch Akina weiterhelfen. Sie musste vorsichtig sein. Niemand sollte doch erfahren, dass sie Informationen für Lord Sesshoumaru suchte. Der Befehl des Herrn war eindeutig gewesen und auch, wenn der Inu no Taishou in aller Regel nachsichtig war, so duldete er doch keine Fehler. Von seinem Sohn ganz zu schweigen, der bei einem Versagen ihrerseits das Gesicht vor seinem Vater verlieren würde - und das gewiss ahndete.

Er lächelte: „Das ist einfach, hübsches Kind. Dort rechts, das Nebengebäude. In diesem sind die Gastzimmer und auch einige Wohnräume der höheren Beamten. Du wohnst sicher bei den Makamotos, dies ist dort der gegenüberliegende Trakt. Du brauchst nur den Wächter am Eingang fragen, ob Herr Tsuka anwesend ist, und er zeigt dir den Weg zu seinem Zimmer. Sei zwei Jahren lebt er fast ständig hier. Falls er nicht dort sein sollte, hilft er wohl Herrn Nishikawa in der Kanzlei aus. Denn bei mir ist er nicht. Dann musst du es eben später versuchen. Du darfst ihm gern als Empfehlung sagen, dass ich dich geschickt habe.“

„Vielen Dank.“ Sie verneigte sich höflich vor dem freundlichen Heiler, der weiterging. Sie blieb dagegen für einen Moment stehen und betrachtete das Hauptgebäude noch einmal. Wenn sie Lord Sesshoumaru richtig einschätzte, würde er von ihr im Zweifel eine Beschreibung wollen, auch, wenn er es bereits selbst gesehen hatte.
 

„Äh...du?“

Sie drehte sich erstaunt zu dem Mädchen um, offenbar eine menschliche Dienerin: „Meinst du mich?“

„Du bist doch sicher die Freundin von Akina, die sie holte?“ fragte diese unsicher.

Diese Rolle sollte sie spielen: „Ja, warum?“ antwortete sie daher.

„Mein Name ist Mura. Ich bin...nun ja...nicht gerade ihre Freundin. Ihr Vater verbietet es ihr ja. Umso erstaunlicher, dass sie dich holen durfte. Sicher, weil du eine Heilerin bist.“

Die arme Akina, dachte Sakura unwillkürlich. Kein Wunder, wenn diese etwas hilflos wirkte. Ihr Vater übertrieb es wirklich mit seinem Beschützerinstinkt. „Möglich“, meinte sie vorsichtig: „Er macht es allerdings auch mir nicht gerade einfach. Ich heiße Sakura.“ Was hatte dieses Mädchen denn auf dem Herzen? War es wichtig in Bezug auf Rafus Tod?

„Ich sah, dass du mit Daigoku-sama gesprochen hast. Halte lieber Abstand. Ich meine, du bist Heilerin und er ein Heiler, aber…Nun ja. Er mag es gern… mit jungen Dienerinnen …herumzutändeln.“ Mura war rot geworden.

Sakura starrte sie an: „Er hat doch schon ein recht ehrfurchtgebietendes Alter.“

Die junge Dienerin schien am liebsten im Boden versinken zu wollen: „Das hängt wohl nicht vom Alter ab. Aber erwähne nichts davon, wenn Herr Makamoto in der Nähe ist, ja? Und schon gar nichts von mir. Die beiden, also, Daigoku-sama und Herr Makamoto, sind befreundet. Ich wollte es dir nur sagen, weil…nun, wegen Akina. Sie tut mir immer ein wenig Leid und da du ihre Freundin bist und dich hier nicht auskennst…“

„Schon gut, Mura. Ich werde Herrn Makamoto nichts davon erzählen, “ tröstete Sakura prompt, die in ihren vergangenen Tagen in einem Menschenschloss genug Erfahrungen mit lüsternen Männern gemacht hatte: „Danke, dass du dich um Akina sorgst.“

„Wie geht es ihr? Sie war nach dem Unfall nur noch in Tränen aufgelöst, ehe sie nach dem Begräbnis verschwand. Ihr Vater war schon wütend, aber dann kam sie ja mit dir zurück.“

„Sie schläft. Das wird ihr gewiss helfen.“

„Gut.“

„Soll ich ihr etwas von dir ausrichten?“

„Nein. Oder, doch. Shige hat schon mehrfach nach ihr gefragt.“

„Shige.“ Das war doch ein männlicher Name?

„Hat sie dir nichts davon erzählt?“

„Nur von Rafu.“

Mura nickte etwas: „Ja, Rafu. In den war sie verliebt, obwohl ja ihr Vater die beiden verlobt hatte. Shige mag dafür sie sehr gern. Er arbeitet bei Burgvogt Masaki als persönlicher Diener.“ Und mit etwas Glück würde er hier im Schloss seinen Weg machen.

„Ich werde es ihr ausrichten.“ Das war in der Tat ein interessantes Gespräch und sie war froh, auf ihr Gefühl gehört zu haben und sich mit dem Mädchen zu unterhalten: „Ich werde ihr auch sagen, dass du nach ihr gefragt hast. Anteilnahme erfreut in schweren Zeiten.“

„Ich muss wieder an meine Arbeit.“ Die junge Dienerin eilte davon.
 

Sakura sah ihr nachdenklich hinterher, ehe sie zu dem angegebenen Trakt ging und sich bei der Wache nach Herrn Tsuka erkundigte. Der Dämonenkrieger schien ein wenig erstaunt, beschrieb ihr aber den Weg. Sie konnte sich seine Überraschung denken. Mädchen gingen gewöhnlich nicht einfach allein zu einem Mann. Sie hoffte allerdings, dass ihre Kleidung als Heilerin sie vor allzu übler Nachrede bewahren würde. Und wenn nicht – dies war nicht das Schloss, in dem sie lebte. Nun gut, genau in dem gab es jede Menge Gerüchte um sie und Seine Lordschaft gegen die sie vergeblich anredete.
 

Rechts und links von dem Flur, der anscheinend quadratisch um das gesamte Gebäude lief, gingen Türen ab. Nur Öllampen gaben hier Licht, wohlweislich durch Glasstürze gesichert. Bei der Bauart des Schlosses aus Holz und Papier war die Feuergefahr sonst zu groß. Sie blieb stehen, als jemand in einem Zimmer etwas lauter sagte:

„Nun sei schon endlich still! Du solltest eine gewisse Diskretion über die Angelegenheiten deiner Kunden wahren!“

„Dessen bin ich mir bewusst, verehrter Herr Tashima“, antwortete ein Mann recht unterwürfig: „Darum kam ich ja auch zu Euch. Er arbeitet in der Kanzlei und ich hoffte, Ihr könntet mit ihm reden.“

„Das werde ich nicht tun.“ Der Leiter der Kanzlei klang ein wenig gereizt: „Du selbst sagst, dass er keinerlei Schulden bei dir hat.“

„Aber, verehrter Herr Tashima…seht nur her…er bestellte den Stoff zum Kirschblütenfest. Als er ihn bezahlte, war es schon Herbst.“

„Er hat bezahlt. Wenn du es schneller haben willst, rede mit ihm selbst. Aber du weißt natürlich, dass es auch andere Schneider im Umkreis gibt. – Überdies habe ich kaum das Recht ihn zur Rede zu stellen. Er gehört nicht zu meinen Männern.“

„Ja, verehrter Herr Tashima.“ Der Schneider schien zu erkennen, dass sein Besuch vergeblich gewesen war.

Sakura lief möglichst lautlos weiter, um die Ecke, da sie annahm, dass das Gespräch bald zu Ende war. Yuki Tashima war der Leiter der Kanzlei, ein Mensch, wenn sie sich recht erinnerte. Warum war er jetzt nicht in seinem Arbeitszimmer, sondern in seinem privaten? Hatte dieser Schneider um das Gespräch hier gebeten, um nicht aufzufallen? War das wichtig? Sie konnte sich vorstellen, dass er nicht gesehen werden wollte, wenn er sich über einen säumigen Kunden beschwerte, um den und andere nicht zu verlieren. Tashima hatte sicher Recht, es gab mehrere Schneider in den Dörfern hier herum, die bestimmt nur zu begierig waren, Aufträge aus dem Schloss zu erhalten.

Eine Dienerin, die den Flur fegte, blickte erstaunt auf, als sie Sakura näher kommen sah. Diese konnte sich die Überraschung denken und meinte behutsam: „Verzeih, ich suche den Herrn des Tales der Tausend Kräuter. Daigoku-sama verwies mich an ihn…“ Das klang sicher harmloser, als wenn sie schlicht nach Herrn Tsuka gefragt hätte.

Die Antwort bestätigte ihre Vermutung: „Oh, Ihr seid ja Heilerin. Ja, dort, die dritte Tür, links.“

„Danke.“
 

Lord Yamagishi warf einen erstaunten Blick seitwärts, als er den Leiter der Kanzlei über den Hof kommen sah: „Hast du soeben das Gastzimmer überprüft, Yuki?“

„Auch dieses, mein Herr. Wisst Ihr schon, wann Lord Sesshoumaru anreisen wird?“

„Im Schreiben hieß es, heute Abend. – Ein wenig überrascht mich dieser Besuch schon.“ Er klang nachdenklich.

„Verzeiht, Lord Yamagishi, aber warum überrascht Euch der Besuch des Sohnes des Inu no Taishou? Auch Ihr seid ein Hundedämon.“

„Ja. Ich habe mich mit ihm jedoch nie sonderlich vertragen, das gebe ich zu. Also, mit Sesshoumaru. Aber andererseits hast du natürlich Recht. Er ist der Erbprinz und so gesehen ist es nicht verwunderlich, wenn er seine zukünftigen Gebiete näher kennen lernen will. Oder eher soll.“ Der Lord erinnerte sich daran, dass er mit einem Menschen redete: „Wir werden sehen.“ Und er würde sich zusammenreißen müssen, um diesem jungen Hund einigermaßen höflich entgegen zu treten. Er konnte Sesshoumaru nicht ausstehen. Aber natürlich wäre es unklug gewesen, den Herrn der Hunde durch eine Beleidigung seines Sohnes zu ärgern. Ein kleiner Übungskampf könnte dagegen eine gute Idee sein, um vorsichtig abzuklären, wie stark der Prinz inzwischen war. Daraus würde er ableiten können, ob sich nach dem Tode des Inu no Taishou ein offener Kampf um die Herrschaft lohnen würde.
 

*******

Lord Yamagishi sollte sich weniger mit einer möglichen Machtübernahme sondern eher mit seinen Angestellten beschäftigen. Und ob ein geplanter Übungskampf gegen Sesshoumaru wirklich der Weisheit letzter Schluss ist?

Das nächste Kapitel bringt die Aussage des Herrn des Tales der Tausend Kräuter.
 

Frohe Ostern euhc allen
 

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hotep

Die Aussage des Herrn des Kräutertales

Sakura klopfte höflich an der Tür.

„Ja?“ gab ein Mann Antwort.

Sie schob die Tür beiseite, blieb gesittet – und für die Dienerin sichtbar – im Gang knien: „Ich bitte um Vergebung….Ich suche Herrn Tsuka.“

„Das bin ich. Was möchtest du von mir?“

„Daigoku-sama sagte, Ihr seid der Herr des Tales der Tausend Kräuter, und empfahl mir, mich an Euch zu wenden. Wie Ihr vielleicht erkennt, lerne ich Heilerin zu werden. Mein bescheidener Name ist Sakura. Ich würde mich gern mit Euch über das Tal und seine Kräuter unterhalten.“

„Ah, ja, natürlich. Das freut mich.“ Tsuka lächelte vergnügt. Er war ein Mensch, gewiss Mitte der Vierzig, ebenso dünn, ja, hager wie die meisten Männer hier im Schloss: „Komm nur herein, mein höfliches Mädchen.“

„Ich...bitte. hättet Ihr die Freundlichkeit, Euch im Hof oder im Garten mit mir zu treffen?“

„Oh, ich verstehe, dein guter Ruf, oder? Schon gut. Ich komme. Geh schon mal vor. – Sakura? Ah, bist du das Mädchen, das zu Akina Makamoto kam?“

„Ja, Herr Tsuka.“ Er schien gute Verbindungen zu haben, dachte sie unwillkürlich. Nun gut, er war wohl mit dem Finanzverwalter Nishikawa sehr eng befreundet und dieser arbeitete in der Kanzlei, war sicher mit Herrn Makamoto bekannt. Abgesehen davon schien ja auch Daigoku-sama Herrn Tsuka zu schätzen. Es war, wie schon bei den Heilern, ein wenig amüsant, zu sehen, dass auch Männer untereinander die Neuigkeiten austauschten. „Danke.“ Sie verneigte sich noch einmal, ehe sie aufstand und das Gebäude verließ, um im Hof auf ihn zu warten.
 

Kurz darauf kam jedoch ein junger, schwarzhaariger Mann zu ihr, in einfachem dunklem Hemd und Hose, wenn auch beides aus teurerem Stoff: „Mura hat dich mir gezeigt...ich meine Euch.“ Immerhin war das eine Heilerin, da ziemte sich gewisse Höflichkeit für einen einfachen, wenn auch persönlichen, Diener: „Sie sagte, Ihr seid Akinas Freundin. Wie geht es ihr?“

„Dann bist du wohl Shige?“ erkundigte sie sich prompt.

Er lächelte etwas: „Mura hat also nach beiden Seiten geplaudert? Ja. Mein Name ist Shige. Shige Kajimura. Ich arbeite für Burgvogt Masaki. Nun?“

„Akina schläft, was sie sicher beruhigen wird.“

„Ihr gabt ihr einen Trank, nicht wahr?“ Und da Sakura nickte: „Gut. Ich mache mir wirklich Sorgen um sie. Sie hat es nicht leicht.“

„Der Tod eines nahe stehenden Menschen trifft eben.“

„Natürlich. Und leider hatte sie ja tatsächlich sich in diesen Kerl verliebt. Oh, ich weiß, was Ihr sagen wollt – es ist gut, wenn sich eine Frau für den Mann erwärmt, den ihr Vater für sie aussuchte. Das weiß ich durchaus. Und ich wäre ihr auch nie zu nahe getreten.“

Was meinte er? „Sie schilderte mir den Verstorbenen als sehr nett.“

„Ja, das muss ich zugeben“, knurrte Shige: „Er war nett zu ihr. Aber wenn er kein Makamoto und noch dazu der Letzte gewesen wäre, hätte es sich ihr Vater zweimal überlegt, ehe er sie ihm gab. Mit seinem dauernden Keuchen und Husten… Der war doch fortwährend krank. Wie sollte sie von ihm Kinder bekommen können?“

„Keuchen und Husten?“ Davon hatte Akina nichts erwähnt, aber die eifersüchtigen Augen eines Rivalen mochten auch mehr sehen. „Du meinst, nicht nur wegen einer Erkältung?“

„Nein, immer wenn er sich anstrengte.“ Mit gewisser Verachtung fügte er hinzu: „Wie eine Treppe hinaufzugehen. Manche sagen, dass ist, weil er überlebte, aber das haben wir alle hier getan.“

War das das Unglück der Makamotos? Aber von was redete er da gerade? „Ich bitte um Verzeihung – überlebte?“

„Nun, die große Epidemie vor zwei Jahren. Dazu kann Euch Daigoku-sama dort sicher mehr erzählen. Ich muss gehen. Grüßt Akina von mir. Natürlich, ohne dass es ihr Vater mitbekommt.“ Er eilte davon.

Sakura starrte ihm etwas irritiert hinterher. Nun, eines war klar: Akina wurde im Schloss von Gleichaltrigen durchaus gemocht aber gemieden, dank Toshi Makamoto. Ob ihr Vater das wirklich so wollte?
 

Kurz darauf trat Herr Tsuka zu ihr: „Sakura…?“

Sie wandte sich eilig mit einer kleinen Verneigung um: „Danke, dass Ihr gekommen seid.“

„Was wollt Ihr wissen?“

Er war nun merklich höflicher. Warum? Und er hatte einige Zeit gebraucht um herzugelangen, eigentlich viel zu lange. Hatte er sich mit jemandem unterhalten so wie sie mit Shige? Aber sie meinte: „Daigoku-sama erwähnte, dass Ihr der Grundherr des Tales der Tausend Kräuter seid. Könnt Ihr mir sagen, warum Eure Kräuter so besonders sind?“

„Nun, es ist der Boden, aber auch die jahrhundertelange Erfahrung der Menschen des Tales.“ Er begann sich über die Bodenbeschaffenheiten auszulassen, die Windverhältnisse.

Sakura hörte zu, zum einen aus ehrlichem Interesse, zum zweiten wartete sie auf eine Gelegenheit, ihn zu einem Thema zu lenken, das sie für ihre Nachforschungen benötigte. In einem Punkt hatte der Heiler jedenfalls Recht gehabt: Herr Tsuka redete wie ein Wasserfall.

Er beendete einen Satz mit: „Unsere Kräuter haben uns nur einmal im Stich gelassen, bei der Pest vor zwei Jahren. Davon habt Ihr sicher schon gehört.“

„Nein, ich bitte um Verzeihung.“ Das musste die Epidemie gewesen sein, von der Shige gesprochen hatte.“

„Oh, ich dachte, dass die Makamotos…Nun gut. Vor zwei Jahren war hier in der Gegend eine schreckliche Pest-Epidemie. Viele Menschen erkrankten und einige starben, darunter praktisch eben auch die gesamte Familie Makamoto. Und auch in unserem Tal gab es viele Erkrankungen. Unsere Kräuter halfen nichts, nun, nicht so, wie gewöhnlich bei einer Pest. Daigoku-sama als Heiler des Lords und seine Helfer waren hilflos. Lord Yamagishi zog bereits in Erwägung, um Neigi-san zu schicken, das ist der….oh, verzeiht, Euer Lehrer, nicht wahr? Zum Glück endete diese Epidemie ebenso plötzlich wie sie erschienen war und breitete sich nicht weiter aus. Zumindest das hatten unsere Kräuter bewirkt. Und der Ruf des Tales war zwar etwas angeschlagen, aber dennoch vorhanden. - Mein alter Bekannter, Mondo Nishikawa, hatte gerade bei Lord Yamagishi zu arbeiten begonnen, und ich nutzte diese Verbindung um neue Siedler in das Tal zu holen.“

„Das war sicher eine gute Entscheidung.“ Pest also? Aber wer das überlebte hustete doch nicht, soweit sie wusste. Welche Krankheit hatte Rafu gehabt? Eigentlich fiel ihr nur eine ein: Asthma. Nur dann hatte jemand Atemnot bei dem Hochgehen einer Treppe. Sie lenkte ihre Aufmerksamkeit eilig wieder auf Herrn Tsuka, der schon weiter redete:

„Ja, denke ich auch. Ohne neue Siedler hätte der Kräuteranbau nicht in diesem Umfang weiterlaufen können. Schon so war das Tal arm dran, konnten wir nicht die üblichen Steuern bezahlen, wie ich dem Herrn erklärte. Auch hier im Schloss, bei Lord Yamagishi, fehlten nun Menschen. Er warb sie aus dem Süden an, um die Wirtschaft wieder aufzubauen.“

Sakura versuchte verzweifelt in dem ganzen Gerede einen roten Faden zu finden: „Herr Nishikawa...war dies nicht der Vorgesetzte von Akinas Verlobtem?“

„Ja, genau. Ihr verfügt über ein gutes Gedächnis, meine Teure. Er ist der Finanzverwalter von Lord Yamagishi. Eine hohe Vertrauensstellung, die er dank meiner gewissen Empfehlung nach dem Pesttod seines Vorgängers erhielt, vermute ich. - Rafu, der arme Rafu, war sein persönlicher Schreiber.“ Tsuka bemerkte, dass Sakura ein wenig stutzte und lächelte: „Akina hat Euch gegenüber sicher erwähnt, dass ich Rafu nicht leiden konnte, oder? Ganz so schlimm war es nicht. Aber früher, bis er berufen wurde, saß ich oft tagelang mit Mondo in seinem Arbeitszimmer, half ihm…ein wenig und redete mit ihm. Das war natürlich dann weder notwendig noch wünschenswert, als er einen eigenen Schreiber erhielt, der dauernd in seinem Zimmer saß. Und ich war dann ein wenig enttäuscht, ja, dass ich diese Stellung nicht erhielt, mir ein Jüngerer vorgezogen wurde. Aber ich hätte dem Jungen doch nie den Tod gewünscht.“

Warum erzählte er ihr das? „Und Eure Kräuter halfen nicht gegen die Pest?“ fragte sie nach.

„Nein. Zum ersten Mal nicht. Warum war den anderen Heilern unklar. Sie meinten dann, dass dies wohl eine andere Form der Krankheit sei als bislang. Und das käme immer wieder einmal vor. Es waren ja keine bläulichen Beulen wie gewöhnlich, sondern eher helle Blasen auf roter Haut.“

„Ja, das ist wahr.“ Eigenartig. Von solch einer Pest hatte sie auch noch nie gehört, solche Symptome kannte sie eher von Berührungen giftiger Pflanzen. Aber nun gut, sie lernte ja auch noch. Sie musste jetzt eher weiterfragen. Hoffentlich klang das harmlos genug: „Zumal Akina erwähnte, ihr Verlobter hätte als Folge Husten behalten. Nach einer Pest kam das noch nie vor.“

„Nun, auch hier nicht“, gab Herr Tsuka zu: „Aber ja, mein Freund meinte, dass sein Sekretär schon seit Kindertagen kränkelte. Das hatte wohl nichts mit der Pest zu tun.“

„Dann hatte er wohl Asthma oder so was?“

„Ja, das, glaube ich, heißt so. Akina wird es Euch sicher genauer sagen können, aber ich meine mich zu erinnern, dass es im Frühjahr besonders schlimm ist…war.“

„Danke für Eure Auskünfte.“ Im Frühjahr wurde bei Kindern oft ein neuer Krankheitsschub ausgelöst, das war ihr bekannt.

„Ihr seid ein sehr kluges Mädchen, Sakura.“ Er betrachtete sie: „Und ich muss gestehen, auch ein sehr hübsches. Darf ich fragen, ob Ihr, wie es Euer Beruf eigentlich verlangt, unverheiratet bleiben wollt?“

Sie wurde rot. Sollte das ein verkappter Heiratsantrag werden? Aber sie erwiderte nur: „Danke für Eure gute Meinung. Ich möchte zunächst meine Ausbildung abschließen, ehe ich mir darüber weitere Gedanken mache.“

„Ich wäre sicher, dass Ihr Euch im Tal der Tausend Kräuter wohl fühlen würdet. Wenn Ihr Eure Ausbildung abgeschlossen habt, könnt Ihr es gern einmal besuchen. Ich selbst bin leider nächste Woche bereits auf einer längeren Reise.“

„Danke für die Einladung.“ In der Tat schien Herr Tsuka neugierig auf sie zu sein. Daigoku-sama war wohl nicht der Einzige, der an jungen Mädchen Interesse fand. Sie bemerkte in diesem Moment, dass Herr Makamoto über den Hof kam, in einer Geschwindigkeit, die für einen hohen Beamten eigentlich unziemlich war. Und er starrte sie erbost an. So verneigte sich Sakura höflich gegen Tsuka: „Ich danke Euch für das interessante Gespräch…“ Dann war der Leiter des Steuerbüros auch schon bei ihr und packte sie am Handgelenk:

„Hast du nicht gesagt, du würdest dich um Akina kümmern? Stattdessen tändelst du hier mit Herrn Tsuka herum!“ Er riss sie empor.

„Akina schläft!“ verteidigte sie sich. Er war schon wieder wütend auf sie: „Und ich habe mit Herrn Tsuka über Kräuter gesprochen…“

„In der Tat“, meinte dieser: „Ich bitte Euch, mein lieber Makamoto…“

Sakura erkannte in diesem Augenblick aus den Augenwinkeln neben sich weißes Fell, eine dunkle Rüstung und lange, weiße Haare. Ohne weiter nachzudenken, ließ sie sich auf die Knie fallen. Da Makamoto sie nicht losließ, wurde ihr dabei fast der Arm ausgerenkt. Aber sie wusste, dass Unhöflichkeit noch schmerzhafter werden konnte.

„Dieses Mädchen gehört zum Haushalt meines verehrten Herrn und Vaters“, sagte eine, ihr nur zu bekannte, Stimme kühl. „Hat sie einen Fehler begangen obliegt ihm das Recht der Strafe. Oder in seiner Vertretung mir.“

Die junge Heilerin konnte nicht umhin, das als Drohung zu empfinden. Wenn er auch bloß annahm, dass sie einen Fehler begangen hatte, ihren Auftrag verpatzt hatte und er damit das Gesicht vor seinem Vater verlieren würde…Sie hatte schon zugesehen, wie er einen Dämon, der ihm gegenüber nur unhöflich gewesen war, in Sekundenbruchteilen in zwei Hälften geteilt hatte und konnte sich unschwer ausmalen, was mit ihr geschehen mochte.

Der Leiter der Steuerverwaltung ließ Sakura los, die umgehend ordnungsgemäß zu Boden fiel, die Stirn in den Sand legte. Er wusste nicht, wer dieser junge Hund war, aber er bemerkte, wie Lord Yamagishi, der ebenfalls eilig herangekommen war, ihm hastig winkte. So verneigte er sich tief. Das schien ein höherrangiger Dämon zu sein, der auf Besuch angereist war: „Ich bitte um Verzeihung, edler Herr. Ich wollte selbstverständlich nicht voreilig sein…Es handelte sich wohl um ein Missverständnis.“

Sesshoumaru wandte sich an den Gastgeber: „Lasst sie in das Zimmer bringen, dass Ihr mir zugedacht habt, Yamagishi.“

„Natürlich. Gefesselt?“

„Sinnlos.“

Das war allerdings auch Lord Yamagishi klar. Wenn die Heilerin nicht vollkommen töricht war, wusste sie, dass es kein Entkommen vor dem Hundeprinzen geben würde. „Ja, Lord Sesshoumaru. Verzeiht dem guten Makamoto. Er ist selbst für einen Menschen aufbrausend.“

„Das könnte noch tödlich für ihn enden.“ Sesshoumaru drehte sich um: „Kommt.“ Er hatte gerade den Schlosshof betreten gehabt, als er die Szene bemerkt hatte. Hatte es Sakura etwa geschafft, ihren Auftrag zugrunde zu richten? Eigentlich konnte er sich das nicht vorstellen, aber er benötigte so oder so ihren Bericht.

Ein Hundedämon trat heran: „Komm, Mädchen. Du hast gehört, was der Prinz befahl.“

„Der Prinz, Masaki?“ echote Makamoto, während sich Sakura erhob.

„Lord Sesshoumaru ist der Erbprinz der westlichen Länder.“ Der Burgvogt konnte wittern, dass die Heilerschülerin Angst hatte. Nun, nicht verwunderlich bei diesen Aussichten. „Was hat sie dir denn getan?“

„Oh…ich….“ Der Leiter der Steuerabteilung suchte nach einer Erklärung für sein impulsives Verhalten: „Sie sollte auf Akina aufpassen. Stattdessen tändelt sie hier mit Tsuka herum.“

„Verdammt“, fauchte der: „Ich sagte doch, dass wir über Kräuter geredet haben. Sie ist Heilerin und ich bin der Herr des Kräutertales, schon vergessen?“

„Das wird den Prinzen nicht interessieren.“ Der Burgvogt wollte Sakura am Arm fassen, um eine Flucht zu verhindern, aber sie stand regungslos mit gesenktem Kopf neben ihm. So berührte er sie nur ein wenig: „Komm, Mädchen. Lord Sesshoumaru wirkte nicht sehr angetan über diese Szene.“

Das war auch ihr klar. Hoffentlich würde er sie wenigstens zuerst anhören, ihren Bericht wollen. Ihr Bericht! .Der lag fein säuberlich geschrieben in Akinas Zimmer unter deren Tatamimatte. Wie sollte sie nun daran kommen? Aber sie folgte Masaki. Sie hatte keine Wahl.
 

Tsuka holte tief Atem: „Wunderbar. Doch, das habt Ihr wirklich gut hinbekommen, Makamoto. Sie wird der Prinz bestrafen, und Euch Lord Yamagishi! Ihr habt ihn vor seinem hohen Gast das Gesicht verlieren lassen.“

„Dessen bin ich mir bewusst.“ Makamoto war auch nicht sonderlich glücklich über diese Entwicklung. „Ich hoffe, Lord Yamagishi verzeiht mir.“ Was aus der Heilerin wurde, war ihm dagegen vollkommen gleichgültig.

Tsuka weniger, aber er drehte sich nur um und verschwand. Gegen die Herren, zumal Dämonen, konnte man nichts ausrichten.
 

*****
 

Herr Tsuka hat viel geredet, aber was gesagt? Und Herr Makamoto hat sich und nicht zuletzt die arme Sakura etwas in die Tinte geritten.Im nächsten Kapitel kommt es zum Treffen zwischen ihr und Lord Sesshoumaru....
 

bye
 

hotep

Sakuras Bericht

Lord Yamagishi ging schweigend neben seinem Gast. Dieser unüberlegte Toshi Makamoto hatte seine wohl einstudierte Empfangsrede gestört und überdies offenbar Lord Sesshoumaru verärgert. Der war sofort bei der Heilerin gewesen. Natürlich würde der jemanden selbst zur Rechenschaft ziehen wollen, der anscheinend einen Fehler gemacht hatte, und zum Haushalt seines Vaters gehörte. Einen anderen Grund konnte er ausschließen. Die Furcht, ja Todesangst der jungen Heilerin war unverkennbar gewesen. Jetzt sollte er sich wieder auf seine Pflichten als Gastgeber besinnen:

„Ich bin erfreut, dass Ihr mich besuchen kommt. Ich habe mir erlaubt, ein kleines Programm für Euch ausarbeiten zu lassen, da Ihr gewiss die Gegend kennen lernen wollt. Leider ist die Wirtschaftslage hier ein wenig angespannt, aber das werdet Ihr wissen.“ Es wäre gedankenlos gewesen, dem Sohn des Herrn der Hunde Unkenntnis auch nur anzudeuten, gleich, ob er es wusste oder nicht. „Diese Pest hat vor zwei Jahren vielen Menschen das Leben gekostet und das merkt man nach wie vor an den Steuereinnahmen.“

„Sie zahlen Euch Steuern.“ Sesshoumaru bemühte sich seinen Groll zu unterdrücken. Die Sache mit Sakura war verdrießlich genug, aber so, wie dieser Idiot von Yamagishi mit ihm sprach, konnte kein Zweifel daran bestehen, dass der sich für ranggleich hielt.

„Mir und den menschlichen Fürsten, ja. Wenn ich Euch hier entlang in mein Arbeitszimmer bitten darf. - Ja, sie zahlen Abgaben. Aber natürlich leider nicht mehr in der Höhe wie vor der großen Epidemie. Trotz aller Bemühungen der Heiler und der Tatsache, dass das Tal der Tausend Kräuter hier in der Nähe liegt…Nun gut. Ich habe Menschen aus dem Süden kommen lassen und ihnen finanzielle Hilfen angeboten.“

„Ihr zahlt für Menschen?“

Yamagishi hatte die Spur Verächtlichkeit in der Stimme des Hundeprinzen gehört: „Selbstverständlich gegen Zinsen. Auch, wenn im Augenblick leider nicht mehr als drei Prozent möglich sind. Wie schon erwähnt, ist die Gegend verarmt.“ Selbst dieser Junge sollte wissen, wie man die Wirtschaft ankurbeln konnte. Immerhin war er der Erbprinz. Wenn er dies nicht wusste, nur in kriegerischen Dingen Talent hatte, oder nicht einmal da…Hm. Aber er ließ sich nichts von seinen Gedanken anmerken: „Bitte, nehmt Platz. Wie ich zuvor bereits erwähnte, habe ich ein kleines Programm für Euch ausgearbeitet. Wie wäre es mit einem kleinen Übungskampf zum Auflockern morgen früh, ehe wir einen Ausflug durch die Gegend machen? Das Tal der Tausend Kräuter sollten wir allerdings auslassen. Für Hundedämonen sind die Gerüche dort zu intensiv, als dass man es betreten könnte. Für heute Abend hätte ich einen Empfang für meinen Ehrengast vorbereiten lassen.“

„Einen Übungskampf.“ Yamagishi schien es wirklich ernst zu meinen und ihn herausfordern zu wollen. Hatte Vater doch Recht und dieser Rafu hatte etwas über seinen Herrn herausgefunden? In jedem Fall wäre es gut, diesem Idioten endlich zu zeigen, wo sein Platz war. Und diesmal war er der Gast: „Dies würde mich freuen.“ Diese Aussage war nicht der Höflichkeit geschuldet.

„Gut. Dann morgen gleich bei Sonnenaufgang. – Oh, Aiko. Komm nur. Lord Sesshoumaru, ich darf Euch meine einzige Tochter Aiko vorstellen.“

Die Prinzessin verneigte sich höflich vor dem Gast, der sie ein wenig irritiert betrachtete. Was war das denn für eine Hundedämonin? Er hatte noch nie eine gesehen, die die Ohren oben auf dem Kopf trug. Dann jedoch begriff er, dass Aiko ein Halbblut war. Yamagishi sank noch mehr in seiner Achtung. Ein Dämon, noch dazu ein Hundedämon, der sich mit Menschen gemein machte und auch noch Nachwuchs zeugte! Das war einfach schändlich. Aber nun gut, das war nicht sein Problem und würde es auch sicher nie werden: „Prinzessin Aiko…“ sagte er daher nur formell, dabei missachtend, dass die schwarzen Augen des Mädchens ihn bewundernd ansahen.

Aiko zog sich, wie es üblich war, auch rasch wieder dezent zurück. Ihr blieb die Hoffnung, abends beim Empfang den gut aussehenden Gast erneut zu treffen.
 

Sakura wartete alles andere als ruhig in dem zugewiesenen Zimmer. Sie wusste, dass der Burgvogt einen Dämonenkrieger vor der Tür postiert hatte, mehr aus Höflichkeit gegenüber dem hohen Gast als aus Sorge sie könnte vor ihrer Bestrafung fliehen. Jedem Menschen war klar, dass es vor einem Hundedämon, zumal dem Prinzen, kein Entkommen gab.

Sie überlegte verzweifelt und versuchte sich an alle Gespräche zu erinnern. Er würde gewiss einen Bericht wollen und alles, was sie aufgeschrieben hatte, lag in Akinas Zimmer. Es war unmöglich, dass sie daran kam. Sie könnte höchstens Lord Sesshoumaru bitten die Notizen holen zu dürfen, aber da er sowieso kaum gut auf sie zu sprechen war, wäre ein Eingeständnis der eigenen Unfähigkeit sicher nicht gerade lebensverlängernd.

Ihr war nur zu klar, dass geleistete Dienste bei ihm keinerlei Garantie boten ungestraft Fehler zu begehen.

Wer von all den hoffnungsvollen Kandidaten mochte Rafu geholfen haben vom Balkon zu stürzen?

Herr Tsuka, um als Sekretär seines Freundes Nishikawa wieder mit dem zusammen sein zu können?

Shige, aus Eifersucht wegen Akina?

Herr Makamoto, weil er herausgefunden hatte, dass Rafu seiner Tochter irgendwie schaden wollte?

Daigoku-sama, weil er sich an Akina herangemacht hatte und ihn Rafu zur Rede gestellt hatte?

Der Burgvogt, weil Rafu etwas gegen Lord Yamagishi in der Hand hatte?

Gar der Lord selbst?

Ein tragischer Unfall?

Oder war es doch Selbstmord gewesen?

Nein. Wie sagte Seine Lordschaft immer: das Wie sei wichtig, nicht das Motiv. Nur – wieso stürzte Rafu aus dem ersten Stock und das auch noch so unglücklich, dass er starb? Die Brüstung sah doch so hoch aus…
 

„Bitte, das ist wichtig…“ sagte in diesem Moment jemand vor der Tür: „Ich muss das Sakura bringen…“

„Akina!“ Sakura fuhr förmlich empor und öffnete die Tür.

Der Krieger davor zog sofort sein Schwert halb aus der Scheide und sie hob beide Hände: „Ich bitte um Verzeihung! - Akina! Ich dachte, du schläfst…“

„Habe ich auch. Aber dann kam Vater und sagte mir, dass dein...dein Prinz gekommen ist und dich bestrafen will…“ Das Mädchen war aufgeregt, geradezu hektisch: „Hier, deine Blätter. Du sollst sie doch dem Prinzen geben, nicht wahr? Ich habe sie gesucht…“ Sie hatte doch den einzigen Menschen nicht im Stich lassen wollen, der ihr helfen konnte. Und natürlich auch nicht den Sohn des Inu no Taishou, der den Tod ihres Verlobten überprüfen sollte.

„Ja, danke.“ Sakura atmete derart auf, als sie die Aufzeichnungen nahm, dass es selbst dem Dämonenkrieger nicht entging.

So meinte er: „Ich habe nichts gesehen, Menschen. Aber nun gehe.“ Dafür hatte er bei Akina etwas gut – und würde vielleicht eine zufällige Begegnung mit Prinzessin Aiko erhalten können. Aiko war zwar ein Halbdämon, aber die einzige Tochter des Lords. Und mochte auch der Inu no Taishou das Recht haben, über dessen Nachfolger zu entscheiden, so wäre der Ehemann der Tochter gewiss ein Kandidat. Überdies war Aiko einfach entzückend anzusehen und sehr charmant.

„Danke“, beteuerten beide Menschenmädchen wie aus einem Mund.

Sakura ergänzte: „Ich danke dir, Akina. Du hast mir wahrscheinlich das Leben gerettet.“

Sowohl dem Krieger als auch der jungen Dienerin war klar, dass es sich bei dieser Danksagung um keine Floskel handelte.

„Es ist ja meine Schuld“, erklärte Akina wieder fast schüchtern, ehe sie sich beeilte, zurück in ihr Zimmer zu gelangen. Ihr Vater würde sie womöglich schon suchen. Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage hatte sie gegen seine strenge Erziehung verstoßen und war impulsiv losgerannt.
 

Sakura ließ sich wieder auf ihrem Platz nieder. Ihre Hand zitterte, als sie die Papiere neben sich legte. Sie konnte nur allen Göttern dafür danken, Akina diese Idee eingegeben zu haben.

Sie hörte die Bewegung des Kriegers draußen und neigte sich vor um die Stirn auf die Bretter zu legen, noch ehe dieser die Tür für den hohen Gast öffnete.

„Du kannst gehen“, sagte Sesshoumaru kühl zu dem Dämon.

Dieser verneigte sich nur und schloss die Tür. Umso besser. Er legte keinen Wert darauf zuzuhören wie ein Mensch bestraft wurde. Das tat immer so in seinen Ohren weh.
 

Der Hundeprinz trat an das Fenster und blickte durch das Gitter hinaus, ohne dass es Sakura wagte sich zu bewegen oder gar aufzurichten. Sie hatte ihn schon verärgert.

„Bist du aufgefallen?“ kam prompt als erste, eisige Frage

Sie wäre am liebsten im Boden vor sich versunken. Das klang alles andere als freundlich, selbst für seine Verhältnisse: „Nein, Lord Sesshoumaru.“

„Diese Szene im Hof?“ Das wurde schon etwas sachlicher gefragt.

„Akinas Vater, Herr Toshi Makamoto, ist sehr…gefühlsbetont. Er drohte mir seit unserer ersten Begegnung.“ Mit dem Mut der Verzweiflung ergänzte sie höflich: „Darf ich Euch Bericht erstatten?“

Er ignorierte dies: „Wer war der andere?“

„Herr Tsuka, der Grundherr des Tales der Tausend Kräuter.“

„Du hast die Unterhaltungen aufgeschrieben.“ Er hatte die Papiere liegen sehen.

„Ja, Lord Sesshoumaru.“ Sie schluckte in jäher Todesangst. Was sollte die Frage? Wollte er sie umbringen, da sie ja alles aufgeschrieben hatte?

Tatsächlich ein wenig irritiert nahm er ihre Panik wahr, ehe er begriff, dass sie mit einer harten Strafe wegen des Auftritts im Hof rechnete. Wie schon eh und je schätzte er das an ihr: sachliche Arbeit und Anerkennung eines Fehlers ohne dieses jämmerliche Flehen um Gnade: „Richte dich auf und erstatte Bericht.“ Danach würde er weitersehen, ob und welche Bestrafung sie verdient hatte.

„Danke, Lord Sesshoumaru.“ Sie gehorchte erleichtert. Er tötete immer unverzüglich. Sicher mochte noch eine Strafe kommen, aber sie würde am Leben bleiben, da er nie eine Entscheidung änderte. So nahm sie die Papiere zur Hand: „Wünscht Ihr alles von Anfang an? Auch den Empfang durch Lord Yamagishi?“

„Ja.“ Vielleicht hatte der einen Fehler gemacht, wenn er nur mit einem Menschen geredet hatte. Er konnte den Kerl nicht ausstehen und würde mit Wonne dafür sorgen, dass dieser den Weg ins Jenseits fand. Allein die Aussicht auf diesen schieren Übungskampf war schon mehr als willkommen.

Sakura begann zu lesen, um am Ende ihren Bericht noch um das Gespräch mit Shige und dem etwas schwatzhaften Herrn Tsuka aus dem Gedächnis zu ergänzen.
 

Sesshoumaru hörte ihr schweigend zu, noch immer zum Fenster hinausblickend. Als sie geendet hatte, ließ sie die Papiere zu Boden gleiten und wagte es, seinen Hinterkopf anzusehen. Da keine Reaktion kam, wartete sie. Seltsamerweise bemerkte sie in diesem Moment wieder einmal, wie seidig schimmernd sein Haar war, wie lang. Wie weich es fiel….Ob es sich auch so anfühlen würde, wenn man es bürstete oder gar flocht? Sie schüttelte sich selbst den Kopf. Das wäre mit Sicherheit eine der schnellstmöglichen Selbstmordvarianten.

„Asthma?“

„Eine Krankheit des Atems, Lord Sesshoumaru, die Kinder betrifft. Sie bekommen wenig Luft und müssen schon bei kleinen Anstrengungen nach ihr ringen. Im Frühling ist es meist besonders schlimm. Asthma verwächst sich oft, aber bleibt manchen auch erhalten, wenn sie erwachsen werden.“

„Kann sie vererbt werden?“

„Soweit ich weiß, nein, Lord Sesshoumaru.“

„Gibt es eine andere Erkrankung als die Pest, die diese hellen Blasen auf roter Haut hervorrufen kann?“

„Ich kenne keine Krankheit, die eine solche Epidemie hervorrufen könnte, Lord Sesshoumaru. Aber ich bin noch in der Ausbildung. Das Einzige…“ Sie brach ab. Er schätzte es in der Regel nicht Vermutungen zu hören.

„Nun?“

„Ein solches Bild kommt manchmal bei Menschen vor, die an bestimmte, giftige Pflanzen gerieten. Aber dies sind dann Einzelfälle, keine Epidemie.“

„Sind diese Pflanzen für Menschen tödlich?“

„In der Regel nein. Allerdings gibt es einige, deren Gift tödlich wirkt, wenn es durch eine Verletzung in die Haut gelangt oder die betreffende Person geschwächt ist, sei es durch Kindheit oder Alter oder Vorerkrankungen.“

Einige Minuten herrschte Schweigen, in denen sie überlegte an was er dachte. Die Frage mit dem Asthma schien ihr klar: würde sich Asthma vererben, wären wohl auch Akinas Kinder davon betroffen worden. Ein Mordgrund für Herrn Makamoto? Diese Pest…ja, das klang in der Tat eigen. Doch wie und warum?

Der Dämonenprinz blickte noch immer aus dem Fenster: „Hast du Lord Yamagishi Bericht erstattet?“

„Nein, Lord Sesshoumaru.“ Ihr Erstaunen lag in ihrer Stimme. Wie hätte sie es wagen können ihm vorzugreifen?

„Du hast in Tsukas Zimmer gesehen.“

„Ja…“

„War etwas an der Einrichtung ungewöhnlich?“

Sie überlegte eilig: „Er saß auf seiner Matte und schien zu meditieren, als ich ihn störte. Rechts hinter ihm befand sich eine gewöhnliche Truhe, die geöffnet war. Stoffe lagen darin, also wohl seine Kleidung. Ansonsten konnte ich nur den Holzklotz erkennen, auf dem er beim Schlafen den Kopf bettet und eben die Tatamimatte.“

„Kein Koffer, wie ihn Heiler verwenden?“

„Nein, Lord Sesshoumaru.“ Worauf wollte er nur hinaus?

„Geh und sieh dir im Hinblick darauf das private Zimmer von Mondo Nishikawa, Kanzleileiter Tashima und Burgvogt Masaki an, sowie die Räume von diesem Makamoto. Und die Räume und den Garten des Heilers.“

„Ich…ich bitte um Vergebung, Lord Sesshoumaru…“ Sie brachte den Widerspruch kaum heraus, sicher, gleich an der nächsten Wand zu landen.

Aber der Hundeprinz hielt sich an seinen Vorsatz kein Menschenmädchen zu schlagen, auch, wenn er sich umdrehte: „Was ist?“

Immerhin gab er ihr eine Chance zur Erklärung, auch, wenn das natürlich bedeutete, dass sie ihn auf einen Fehler aufmerksam machte. So formulierte sie äußerst behutsam: „Ich stehe unter Arrest, Lord Sesshoumaru. Jeder Krieger im Schloss würde mich aufhalten.“

Das entsprach den Tatsachen. Natürlich. Diese Idioten würden annehmen, sie sei ihm davongelaufen. Als ob ihm jemand entkommen könnte. Es war zwar verdrießlich, aber er würde das wohl diesmal selbst machen müssen. Hoffentlich würde Yamagishi den Übungskampf länger als einige Minuten durchhalten, damit dieser Besuch wenigstens ein wenig Vergnügen bereitete: „Komm.“

Sakura atmete auf. Sie schien nützlich genug gewesen zu sein.

Und dann schluckte sie, als sie eine weitere Anweisung erhielt.
 

***

Seine Lordschaft darf sich einmal selbst auf die hochwohlgeborenen Pfoten machen. Im nächsten Kapitel haben Burgvogt Masaki und Daigoku-sama das zweifelhafte Vergnügen dieser Bekanntschaft.
 

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Die erste Erklärung

Ein dämonischer Diener, dem Sesshoumaru auf dem Gang befahl, den Burgvogt zu holen, stutzte ein wenig, ehe er plötzlich davoneilte. Sakura hatte es bemerkt und ahnte mehr, als sie selbst es gespürt hatte, dass die Energie des Hundeprinzen angestiegen war. Zögern verstand er nur zu leicht als Provokation – mit tödlichen Folgen. Auch sie würde sich beeilen müssen, ihren soeben zuvor erteilten Geheimauftrag wie gewünscht – unauffällig und erfolgreich - durchführen zu können. So verneigte sie sich nur mehr, ehe sie ging. Vor ihr lag schließlich die Durchsuchung des gesamten unbebauten Schlossgeländes samt Garten.
 

Der Burgvogt war nicht gewohnt von jemand anderem als Lord Yamagishi Befehle entgegenzunehmen, kam jedoch unverzüglich. Zum einen verlangte das der Gast – zum anderen war das der Sohn des Herrn aller Hunde. Als er jedoch hörte, dass dieser einige Zimmer, noch dazu die privaten der höchsten Beamten, im Schloss zu sehen wünschte, schüttelte er etwas den Kopf, da das einwandfrei unhöflich war

„Lord Sesshoumaru, warum nicht gleich die Räume der Prinzessin und des Herrn? Euer Verlangen ist unmöglich.“ bemerkte er ein wenig spöttisch.

Im nächsten Moment fand er sich dreißig Zentimeter über dem Boden wieder, sein Hals in der Klaue des anderen:

„Was unmöglich ist, bestimme ich“, meinte Sesshoumaru ruhig.

Masaki wurde in jäher Panik klar, dass es dem Prinzen vollkommen gleich wäre, ihn auf der Stelle zu töten – und ebenso einerlei wäre ihm auch jede Reaktion Lord Yamagishis. Nun, bei der Energie, die er im Moment zeigte, konnte es ihm wohl auch gleich sein, zumal das sicher noch nicht alles war: „Sehr wohl, Lord Sesshoumaru, “ gelang es ihm, wie sicher verlangt, hervorzubringen und fühlte sich prompt freigelassen. Etwas erleichtert rieb sich der Hundedämon seinen Hals, ehe er sich verneigte. „Dann beginnen wir mit meinem eigenen Raum, wenn Ihr nichts dagegen habt...“, ergänzte er vorsichtig: „Allerdings müsste ich Euch darauf aufmerksam machen, dass im Moment alle an ihren Arbeitsplätzen sind…“

„Dessen bin ich mir bewusst.“
 

Das Zimmer des Burgvogtes erwies sich als ordentlich und aufgeräumt. Nur eine kleine Truhe stand im Raum, die der Inhaber öffnete, um die Kleidung zu zeigen. Da sich Lord Sesshoumaru unverzüglich wieder umwandte, eilte Masaki etwas erleichtert voraus, zu dem Zimmer des Finanzverwalters Nishikawa. Auch hier genügte dem Hundeprinzen ein Blick auf den Raum und in die Kiste. Der Burgvogt rätselte, was das sollte, wollte aber nach der vorangegangenen Szene wirklich weder eine Wiederholung noch Ärgeres. So schwieg er.

Das Zimmer des Kanzleileiters Tashima erwies sich als ebenso leer und unauffällig. Die Einrichtung aller Räume war gewohnt nüchtern und übersichtlich.

In den Räumen der Makamotos schrak Akina von ihrer Lektüre auf, als sie den Hundeprinzen erkannte und warf sich eilig zu Boden.

Sesshoumaru nahm die Höflichkeit zur Kenntnis, schwieg aber dazu und trat an ihr vorbei um die anderen Zimmer zu betrachten. Auch hier war nichts ungewöhnlich an der Einrichtung, als er Akina befahl, die Truhen zu öffnen.

Lag er doch mit seiner Theorie daneben? Gewöhnlich hütete er sich, eine Theorie aufzustellen, ehe er alle Fakten besaß, aber Sakuras Report war so ausführlich gewesen, dass er angenommen hatte, alle bereits vorliegen zu haben. Eigentlich sollte diese Kiste nur die Bestätigung sein, dass er Recht hatte. Eine Überführung eines Täters auf der bloßen Grundlage des Berichts eines Menschenmädchens abzuliefern wäre eines Dämons, wäre vor allem seiner, vollkommen unwürdig – und überdies buchstäblich nur graue Theorie. Ein handfestes Indiz, ein sichtbarer Beweis wäre besser, nicht zuletzt gegenüber seinem verehrten Vater.

Allerdings musste er feststellen, wie ungemein lästig es war, hier durch das Schloss zu gehen und diese Räume zu betrachten. Zeitraubend und lästig. Zum ersten Mal dachte er daran, dass er zumeist Sakura diese Gänge anbefahl. Nun gut, sie war eine Dienerin und es war ihre Pflicht, dem Herrn Beschwerliches abzunehmen. Im Moment sollte sie einen weiteren Beweis seiner Theorie finden.

Der Burgvogt blickte ihn etwas fragend an: „Ihr wünscht nun die Hütte des Heilers zu sehen?“

„Ihn zu sprechen.“

Daigoku-sama, der soeben in seinem Kräutergarten mit einem menschlichen Diener arbeitete, verneigte sich eilig, als er sah, wer über den Hof zu ihm kam.

„Lord Sesshoumaru wünscht mit dir zu sprechen“, erklärte Masaki.

Daigoku schluckte etwas. Dieser Wunsch eines Gastes war mehr als ungewöhnlich. So hatte er sich das nicht vorgestellt. Aber was blieb ihm schon übrig: „Selbstverständlich, Lord Sesshoumaru. Was wünscht Ihr zu wissen?“

Für einen Moment betrachtete der Hundeprinz den kleinen, wohlbestellten Garten. Unwillkürlich folgte der Heiler diesem Blick

„Du besuchst regelmäßig das Tal der Tausend Kräuter.“ Das war eine reine Feststellung.

„Ja, Lord Sesshoumaru. Viermal im Monat, ungefähr. Die Kräuter dieses Tales…“ Daigoku-sama brach lieber ab, als er dem kühlen goldenen Blick begegnete und neigte eilig höflich wieder den Kopf. Warum nur wurde ihm plötzlich so heiß?

„So kennst du Tsuka gut?“

„Ja, Lord Sesshoumaru. Wir...wir arbeiten eng zusammen.“ Der Nase der Dämonen würde keine Lüge entgehen: „Ich halte viel von seinem Kräuterwissen.“

„Er kennt Kräuter ebenso gut wie ein Heiler?“

„Ja. Wenn nicht sogar besser.“

„Was meinst du?“

Daigoku-sama ließ sich mit der Antwort Zeit, war sie doch mehr als wichtig, nicht zuletzt für ihn: „Ein Heiler lernt zu heilen, aber auch, welche Kräuter gefährlich sind.“

„Das vermag auch Herr Tsuka.“

„Ja.“

„Auch welche Kräuter für Kranke besonders gefährlich sind.“ Darin lag keine Frage.

„Nun, es gibt immer Menschen, die auf bestimmte Pflanzen anders reagieren als andere.“ Dem alten Heiler war klar, dass er sich auf dünnem Eis bewegte. Lügen war unmöglich – aber das wäre die volle Wahrheit auch.

„Wie bei Asthma.“

„Ja…ja, Lord Sesshoumaru.“ Also hatte dieses, ja, Verhör wirklich mit dem Tod des Jungen zu tun.

„Auch bei der Pest vor zwei Jahren.“

„Ja, Lord Sesshoumaru.“ Nein, mehr war nicht gefragt gewesen. Wie kam dieser Hundeprinz jetzt auf einmal auf diese Krankheit?

„Wie brach sie aus?“

Burgvogt Masaki stutzte. Warum wollte der Prinz etwas zu der Pest vor zwei Jahren wissen? Das war doch längst vergangene Zeit. Nach einer solchen Katastrophe pflegten Menschen die Ärmel hochzukrempeln und nach vorne zu sehen. Wusste der Sohn des Herrn der Hunde das nicht? Immerhin hatte doch auch Lord Yamagishi neue Siedler angelockt, um die Gegend neu zu beleben.

Daigoku-sama sah fast angestrengt zu Boden, ehe er höflich erwiderte: „Ich vermute, Lord Sesshoumaru, dass Ihr Euch auch in der Heilkunst auskennt. Die ersten Kranken gab es im Schloss hier. Einige starben dann auch. Selbst die berühmten Kräuter des Tales versagten in diesem Fall.“

„Du wurdest zur Behandlung gerufen.“

„Ja. Ich bin mir allerdings sicher, dass ich alle Vorsichtsmassnahmen beachtet habe...“ Er zögerte: „Insgesamt erkrankte mehr als die Hälfte der Bevölkerung des Schlosses, der menschlichen, selbstverständlich. Und einige starben.“

„Starben auch hohe Beamte?“

„Ja, wenn Ihr auch an ihre Familien denkt. Gerade die Makamotos…“ Daigoku-sama brach ab, als er erkannte, dass die Hand vor ihm gehoben und angespannt wurde. Er kannte diese Drohgeste: „Verzeiht bitte. Ich wollte Eure Frage nur möglichst ausführlich beantworten, Lord Sesshoumaru. Unter den Beamten selbst traf es nur Herrn Osabe. Er war der Finanzverwalter Lord Yamagishis.“

„Darum kam dann Nishikawa auf Empfehlung des Herrn des Kräutertales.“

„Ich…ja.“ Nicht zuviel reden, nur nicht zuviel reden….

„Welche anderen Dörfer wurden von der Pest befallen?“

„Das Schloss und, wie Herr Tsuka sagte, das Dorf im Tal der Tausend Kräuter.“ Daigoku-sama bemühte sich, seine Stimme sachlich zu halten, aber er konnte sich denken, dass seine Nervosität für die beiden Hundedämonen deutlich war. Worauf wollte dieser Junge hinaus? Er konnte sich nur eine Antwort denken – und er betete, dass er sich irrte.

„Sonst keines.“

„Nein. Wir…also, ich wies meine Helfer an, gewisse Vorsichtsmassnahmen zu treffen, auch andere Reisen wurden dann unterlassen. Lord Yamagishi befahl dies auf meinen bescheidenen Rat hin, nachdem Herr Osabe gestorben war.“

„Erst dann.“

„Vergebt, Lord Sesshoumaru, aber Lord Yamagishi war zuerst sicher, dass es mir gelingen würde, die Krankheit zu beenden. Nun, das gelang mir dann auch.“

Der Hundeprinz sah zu dem Burgvogt: „Warst du schon einmal im Tal?“

„Nein, Lord Sesshoumaru. Die Kräuter sind sehr intensiv und bereits aus Distanz zu wittern, “ erwiderte dieser. Zu intensiv für empfindliche Hundenasen. Nicht einmal die Menschen hielten dort diese entfernten tierischen Verwandten.
 

Sesshoumaru bemerkte, dass Sakura herantrat und sich höflich verneigte, ehe sie neben ihm niederkniete. So wandte er den Kopf.

Sie wusste, dass er ihren Bericht erwartete: „Ich fand im gesamten Schlossbereich nur eine Stelle, an der Giftpflanzen wuchsen, die eine derartige Hautreaktion bei Menschen hervorrufen. Sie waren aber noch sehr klein. Ich sah aber auch Hinweise, dass sie dort regelmäßig geschnitten werden.“ Sie beobachtete, dass Daigoku-sama erbleichend an seinen Bart griff. Warum? Was hatte Seine Lordschaft entdeckt? Aber sie ergänzte sachlich: „Es handelt sich um Riesenbärenklau. Allein durch die Berührung seiner Blätter werden Hautrötungen und helle Blasen ausgelöst. Es sind sehr schmerzhafte Folgen, die mehrere Tage dauern. Todesfälle sind möglich, wenn die Opfer geschwächt waren.“

Der Hundeprinz betrachtete den Heiler: „Nun?“

„Menschen…Lord Sesshoumaru…Menschen…begehen nun einmal Irrtümer, “ würgte der ein wenig, ehe er mühsam weitersprach: „Es war doch alles ein schrecklicher Fehler. Nur ein Fehler. Und die Menschen nannten diese Erscheinung Pest, weil sie sich verbreitete.“

„Das war keine Krankheit?“ Burgvogt Masaki machte unwillkürlich einen Schritt näher, die Hand am Schwertgriff: „Rede!“

„Ich weiß selbstverständlich, dass diese Pflanze gefährlich ist. Wie…wie Sakura sagte, wächst sie nur an dieser einen Stelle. An der warmen Quelle, in der die Menschen des Schlosses baden dürfen. Vor zwei Jahren war sie das erste Mal dort. Es waren bereits riesige Pflanzen, über drei Meter hoch, als ich sie fand. Mit war klar, dass sie äußerst giftig sind und so bat ich Herrn Tsuka als ausgewiesenen Fachmann mir zu helfen sie zu fällen. Sie waren bereits über drei Meter hoch. Wir bemühten uns, sie nicht zu berühren und ließen sie in die Quelle fallen.“

„Aber…!“ entfuhr es Sakura. Sesshoumaru sah prompt zu ihr nieder und so erklärte sie: „Das Gift gelangte doch auf diese Art in das Wasser. Das war die Ursache?“ erkundigte sie sich bestürzt bei dem Heiler.

Daigoku-sama blickte zu Boden, nickte jedoch: „Wir...wir hatten das nicht gewusst, wollten dann jedoch auch darüber schweigen. Wir….ich meine, Herr Tsuka versicherte mir auf meine Nachfrage, dass es in der Tat schmerzhaft, aber nicht tödlich sei, und so überraschten uns die ersten Todesopfer auch.“ Gerade Kinder und Alte hatte es getroffen.

Der Dämonenprinz konstatierte sachlich: „Selbstverständlich ließ die Zahl der Opfer nach, als das Wasser nicht mehr vergiftet war.“

„Ja.“ Der alte Heiler brachte es kaum heraus. Er sah, wie zornig bereits Masaki auf diesen Bericht reagierte und wollte eigentlich gar nicht wissen, was Lord Yamagishi zu diesem Fehler sagen würde. Er wäre sicher sein Amt los…sein schöner Ruhestand. Aber woher hätte er auch wissen sollen, dass diese Heilerschülerin und dieser Hundedämonenbengel so ein gutes Team waren. Nein, das war sicher nicht dessen Geliebte – nur eine perfekte Dienerin.

Sesshoumaru dachte einen Moment nach, ehe er zu Sakura blickte: „Und die Reisekiste des Heilers?“

„Sie war vollkommen leer, Lord Sesshoumaru.“ In ihrer Stimme lag ihre Verwunderung.

Er konnte sich vorstellen warum. Neigi hatte stets die am häufigsten benötigten Tinkturen, Kräuter und Gerätschaften ordentlich sortiert darin, um sie, wenn er zu einem Notfall gerufen wurde, gleich zur Hand zu haben, oder sie nur rasch um die speziell benötigten Dinge ergänzen zu müssen. Andererseits bestätigte das seine Vermutung. So wandte er sich wieder an Daigoku: „Du bist also einmal in der Woche im Tal?“

Der Heiler spürte, dass er zu zittern begann. Diese Befehle und Fragen… „Ja...ich...ich hole Kräuter und...und behandele auch Patienten.“

„Und was bringst du hin?“ kam die eiskalte Frage, ohne dass Sesshoumaru darauf eine Antwort wollte: „Masaki, bring diesen Heiler mit zu deinem Herrn. – Sakura.“ Der Dämonenprinz drehte sich um und ging. Es war wohl notwendig, mit diesem dämlichen Yamagishi und seinen höchsten Beamten zu sprechen. Zum Glück konnte er dann das Schloss verlassen.
 

Der Hausherr war alles andere als begeistert, als sein Gast zu ihm kam, und die Forderung stellte, dass er Kanzleileiter Tashima, Steuerleiter Makamoto, Tsuka und den Finanzverwalter Nishikawa rufen sollte. Und das sofort. Er sah auf das Menschenmädchen, das sich unverzüglich neben die Tür gekniet hatte, den Blick zu Boden gerichtet. Sie schien unverletzt, aber ein Dämon konnte einen Menschen auch anders bestrafen. Nun gut, das ging ihn nichts an. Und was Makamoto betraf, so würde er sich den schon noch vorknöpfen, sobald der Prinz wieder weg war.

„Lord Sesshoumaru, ich würde Euch natürlich jederzeit einen Gefallen tun, schon aus der Höflichkeit einem Gast gegenüber, aber dennoch erscheint mir dieser Wunsch ein wenig…überraschend.“

„Dann lasst es mich so ausdrücken, dass sogar Ihr es versteht: ich werde EUCH damit einen Gefallen tun.“

Lord Yamagishi hatte das kurze, verärgerte Aufwallen der Energie gespürt und konnte nicht umhin, daran zu denken, dass der Gefallen unter Umständen schlicht darin liegen konnte, ihn am Leben zu lassen. Der Kerl kam ganz nach seinem Vater. Der Übungskampf würde natürlich trotzdem stattfinden, aber er vermutete inzwischen schwer, dass er sich da hart tun würde. Nun, härter, als geplant. So zuckte er die Schultern: „Bitte, nehmt Platz. Ich werde die Männer unverzüglich herbeirufen lassen.“

Der Hundeprinz setzte sich auf die rechte Seite des Hausherrn, zufrieden, dass der Burgvogt unterdessen mit dem Heiler ebenfalls hereingekommen war – ohne dass Lord Yamagishi es noch wagte, nachzufragen, was diese hier taten.
 

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Im nächsten Kapitel löst Seine Lordschaft den Knoten.
 

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Auflösung

Sesshoumaru betrachtete die knienden, sichtlich verwirrten Männer vor sich, die herbeigerufenen dämonischen Wachen an den Wänden, ehe er kühl zu Lord Yamagishi sagte: „Nun, ich hörte von Sakura, dass sich in diesem Schloss vor kurzem ein rätselhafter Todesfall ereignet hatte, der des Rafu Makamoto.“

„Was geht Euch…“ Lord Yamagishi brach lieber ab, als er erneut die aufwallende Energie spürte. Ihr Götter, war dieser Bengel stark.

„Selbstmord war auszuschließen. Der junge Makamoto war das einzige männliche Familienmitglied der jüngeren Generation, das die Krankheit vor zwei Jahren überlebt hatte, und damit auch der einzige Erbe. Seine Verlobung mit Akina hatte ihm zugesagt, auch hier gab es keinen Grund.“

Der Hundeprinz musterte noch immer die Beamten, die mit geübt regungslosem Gesicht seine Rüstung betrachteten: „Also blieben ein Unfall und ein Mord. In beiden Fällen stellte sich jedoch die Frage, was er zu einem Zeitpunkt auf dem Balkon gesucht hatte, als er eigentlich mit Mondo Nishikawa bei der Arbeit hätte sitzen sollen. Aber da war auch noch die Bemerkung des Toten zu seiner Verlobten Akina, dass man niemandem mehr trauen könne. Dies legte natürlich nahe, dass er Machenschaften mitbekommen hatte, die zumindest nicht ehrenhaft waren. Rafu wollte gegenüber Akina nichts weiter dazu sagen. Folglich musste es sich um eine äußerst heikle Angelegenheit handeln, Verrat, zum Beispiel. Dies wäre natürlich ein Grund gewesen, den Mitwisser auszuschalten und umzubringen.

Dass der Mörder einfach neben Rafu auf dem Balkon stand, um ihn hinunterzustürzen, schloss ich aus. Das Risiko, dass der Junge schreien und sich wehren würde, oder auch nur ein zufälliger Beobachter den Mord sah, war gewaltig. Immerhin führt der Balkon auf den Haupthof. Immer wieder gehen dort Dämonen und Menschen entlang. So blieben die Fragen: warum ging er auf den Balkon und warum stürzte er dort hinunter? Es gibt nur eine Person, die das wissen musste: Nishikawa.

Dies lenkte mein Augenmerk auf eine andere Sache. Im Schloss gibt es nach Aussage des Heilers mit Tsuka jemanden, der sich hervorragend mit Kräutern auskennt. Und dieser ist mit Nishikawa befreundet.“

Alle sahen zu dem Finanzberater, der blass geworden war: „Ich...Lord Sesshoumaru…“ brachte er fast hilflos hervor, ehe er fahrig begann an einem Ärmel seines Kimono zu herumzukauen, als ob er sich zwingen wollte nicht mehr sagen.

Der Hundeprinz fuhr ruhig fort: „Es gab genügend Indizien, die auf die Lösung hinwiesen: Rafus Bemerkung gegenüber Akina, die Tatsache, dass der Tote eigentlich weder auf dem Balkon noch allein hätte sein dürfen sondern bei Nishikawa, die Tatsache, dass Tsuka, der Kräuterexperte, dessen Freund war und durch Rafu ersetzt worden war, die Tatsache, dass Nishikawa offenbar Geld unterschlug und die Tatsache, dass er oder Tsuka in Geldschwierigkeiten steckte. Jemand, der in der Kanzlei arbeitete, der aber nicht Yuki Tashima unterstellt war. Dies erwähnte der Schneider aus dem Dorf gegenüber dem Leiter der Kanzlei, nicht wahr, Tashima?“

„Ja, woher auch immer Ihr dies wisst, Lord Sesshoumaru.“ Der Kanzleileiter klang fassungslos.

Dieser ignorierte ihn und fuhr fort: „Ich nehme an, dass es sich um Nishikawa handelt, denn auch für einen Schneider müsste klar sein, dass ein Kanzleileiter keinen Grundherrn tadeln kann. Das führte zu etwas anderem. Seit der so genannten Pest vor zwei Jahren lebt Tsuka hier im Schloss. Ein sehr eigenartiges Verhalten für einen Grundherrn, sich nicht um seine Menschen und sein Land zu kümmern. Er nahm zwar gern Eure Hilfe an, Lord Yamagishi, und sandte die Menschen, die Ihr angeworben habt, in das Tal, aber er selbst blieb hier. Warum? Zum gleichen Zeitpunkt wurde Mondo Nishikawa Euer Finanzverwalter, ein alter Freund Tsukas, der ihn Euch empfohlen hat.

Nishikawa hat, wie zuvor erwähnt, finanzielle Schwierigkeiten, so dass er zu Betrug griff, um auch nur seine Kleidung bezahlen zu können. Ein höchst risikoreiches Unterfangen für einen kleinen Nutzen – und, nennen wir es ungewöhnlich bei einem Mann, der sich angeblich mit finanziellen Dingen so gut auskennen sollte.“

„Ich sehe allerdings keinen Grund, warum Nishikawa den Jungen…“ Lord Yamagishi erstarrte: „Rafu hatte etwas herausgefunden?“ Nun lag Unruhe in seiner Stimme, trotz der gewöhnlichen Selbstbeherrschung. Immerhin ging es um seine Finanzen. „Ihr erwähntet etwas von Unterschlagung?“

„In der Tat“, bestätigte der Hundprinz: „Makamoto, der junge Mann, der sich Geld lieh für sein Transportunternehmen….wie viele Prozente zahlt er?“

„Fünf“, antwortete der Leiter der Steuer unverzüglich.

Der Schlossherr wurde ebenso blass wie sein Finanzberater.

Sesshoumaru betrachtete den schwer atmenden Nishikawa fast ein wenig nachdenklich: „Und Ihr, Lord Yamagishi, erwähntet, dass Ihr nicht mehr als drei Prozent erhalten könnt, weil Eure Leute nach der Pest so arm sind?“

„So sagte er mir. – Wie seid Ihr nur darauf gekommen?“

„Sakuras Berichte sind gewöhnlich sehr ausführlich.“ Sie wurde ein wenig rot über das unerwartete und öffentliche Lob, wagte aber nicht aufzusehen. Der Hundeprinz fuhr fort: „Ihr habt also einen Betrüger als Finanzverwalter. Wenn Rafu darauf kam, würde es seine Bemerkung gegenüber seiner Verlobten begreiflich machen. Übrigens auch Nishikawas Versuch erklären, ihn durch Lob von sich zu entfernen. Und an wen würde sich Euer Finanzverwalter Hilfe suchend wenden, falls Rafu ihn zur Rede stellte?

Tsuka. Seinen alten Freund, der ihm auch den Posten hier verschafft hatte, ja, fast zwei Jahre als sein Schreiber gearbeitet hatte. Auch eine äußerst eigenwillige Position für einen Grundherrn.

Nach Aussage des Heilers kennt sich Tsuka gut mit Kräutern aus und dieser achtet ihn. Auf diesem Weg mag Tsuka erfahren haben, dass Rafu an Asthma litt. Aber der Heiler und Makamoto sind befreundet, Makamoto arbeitet mit Nishikawa zusammen. Auch so kann Tsuka zu Ohren gekommen sein, dass der Junge im Frühling besonders krank war. Als Sakura in das Schloss kam, wusste er bereits nach wenigen Stunden, wer sie ist und bei wem sie zu Besuch weilt.

Und Tsuka hatte einen vollkommen anderen, viel ertragreicheren, Plan, den er sicher nicht durch einen einfachen Schreiber gefährdet sehen wollte. Wie bereits erwähnt: seit der, hm, Pest, als angeblich auch das Tal der Tausend Kräuter verarmte, lebt er hier im Schloss, ja, arbeitete in rangniederer Position - bis Ihr Nishikawa einen anderen Schreiber zuwiest. Als er seinen eigentlichen Plan in Gefahr sah, zögerte er nicht und gab Nishikawa Kräuter, sei es, um sie als Tee zu kochen, sei es, um sie in eine Räucherpfanne zu legen.

Rafu konnte keine Einwände dagegen erheben, mit seinem Vorgesetzten einen Tee zu trinken oder auch, dass dieser das Arbeitszimmer räucherte. Auf jeden Fall lösten die Kräuter, wie erwartet, einen Asthmaanfall aus. Der Junge ging auf den Balkon um besser Atem holen zu können. Hustend und nach Luft ringend beugte er sich über die brusthohe Brüstung. Zugleich schlich sich Nishikawa in deren Schutz gebückt an, von unten unsichtbar. Ein Griff nach den Füssen und Rafu stürzte kopfüber hinab. Selbst, wenn er nicht starb, so würde er doch verletzt werden – und einem zweiten Anschlag nicht entkommen. Denn Euer Heiler war erpressbar geworden.

Vor zwei Jahren entdeckte Daigoku am Rande der Quelle, in der die Menschen baden, giftige Pflanzen mit fast drei Metern Höhe. Wie es seine Pflicht war, wollte er sie fällen. Da er wusste, wie giftig sie für Menschen schon bei bloßer Berührung waren, suchte er sich Hilfe bei Herrn Tsuka. Beide kamen überein, die Pflanzen in die Quelle fallen zu lassen, um möglichst wenig mit ihnen in Berührung zu kommen, wie der Heiler zuvor mir gegenüber aussagte. Ein fataler Fehler. Jeder der dort Badenden kam nun mit dem Gift in Kontakt und büsste durch Hautrötungen und Quaddeln. Heiler und Herr der Kräutertales einigten sich ihren Fehler zu verschweigen, zumal Tsuka das schlechte Gewissen Daigokus damit beruhigte, es werde keine Toten geben.“

Lord Yamagishi bewies seine Selbstbeherrschung, als er nur kühl meinte: „Und das sagte Euch mein Heiler.“ Allerdings verriet die zur Faust geballte Klaue, was er am liebsten tun würde.

„Sakura fand noch immer Überreste von Jungpflanzen des Riesenbärenklaus, die nun allerdings sorgfältig entfernt werden, an der Stelle. Überdies wirkte dieses ganze Gerede von der Pest nach einer gesteuerten Krankheit. Nur die Menschen im Schloss waren betroffen – ob, wie Tsuka behauptete, auch im Tal Erkrankungen vorfielen, konnte kein Hundedämon überprüfen. Kein Dorf der weiteren Umgebung war befallen, obwohl zunächst noch Reisen vorkamen. Tatsächlich hörte die Krankheit schlagartig auf, als nach einigen Kindern und Alten gerade der anscheinend sowieso recht anfälligen Makamotos als Opfer ein hoher Beamter starb, Euer damaliger Finanzverwalter. Ich schließe Daigoku von der direkten Schuld an diesem Tod aus. Er hatte mit den Giftpflanzen in der Quelle einen schweren Fehler begangen, den er bis heute bereut. Und der ihn erpressbar machte.“

Er bemerkte, dass Sakura plötzlich den Kopf hob, aber sofort wieder senkte. „Herr Tsuka dagegen witterte in diesem Fehler eine große Chance, auch, wenn er dazu über weitere Leichen gehen musste. Sakura, welche andere Giftpflanze zeigt diese Hautfolgen, lässt aber auch einen Mann sterben?“

„Onga-Onga, Lord Sesshoumaru“, erwiderte sie unverzüglich, da es ihr eingefallen war, nur wenig überrascht, dass er es bemerkt hatte: „Sie wächst auf einer großen Insel sehr weit jenseits des südlichen Meeres. Bereits kürzeste Berührung zeigt diese Folgen wie bei Riesenbärenklau, längere Berührung führt zu Lähmungen und wohl auch dem Tod. Derartige Pflanzen sind hierzulande praktisch nicht zu bekommen.“

„Außer, man ist der Herr der Kräutertales, nicht wahr?“ Der eisige Blick des Dämonenprinzen galt Herrn Tsuka, dessen Augen starr zu Boden gerichtet waren. Im nächsten Moment blickte jeder allerdings zur Seite, da Mondo Nishikawa würgend zu Boden stürzte: „Sakura!“

Diese eilte sofort hin. Das fast gleichzeitig Aufspringen Daigoku-samas verhinderte der Burgvogt. Die Heilerschülerin musterte nur kurz das verzerrte Gesicht, die rot angelaufenen Mundschleimhäute, ehe sie die Hand an den Hals legte.

„Er hat sich mit Zyankali vergiftet, Lord Sesshoumaru, und ist tot. Anscheinend hatte er Gift in seinem Ärmel verborgen.“ Denn die Kante des Kimonos war zerbissen.

„Schade, das ging zu schnell“, erwiderte Lord Yamagishi kalt: „Sorgt dafür, dass Tsuka nicht das Gleiche tut.“ Seine Krieger gehorchten unverzüglich und fesselten den Herrn des Kräutertales ebenso wie den Heiler.

Sesshoumaru nickte und sie zog sich eilig wieder auf ihren Platz zurück: „Tsuka hatte bei dieser allgemeinen Vergiftung die Chance erkannt einen Mord zu verbergen. Und an die Stelle Eures gewiss loyalen Finanzverwalters, Herrn Okabe, trat Mondo Nishikawa. Während er und Tsuka als sein Schreiber begannen, Euer Geld zu veruntreuen, übergaben sie es stets Daigoku. Dieser geht einmal in der Woche mit seinem Heilerkoffer in das Tal der Tausend Kräuter, somit war es unauffällig, wenn er das Gold mitnahm und in Tsukas Haus brachte. Dort war es vor Hundedämonen zunächst sicher.

Allerdings scheint er gierig geworden zu sein. Als Sakura in das Schloss kam, hat er wirklich alles unternommen, um sie möglichst unauffällig auf Tsuka aufmerksam zu machen. Er wusste, dass sie für meinen verehrten Vater und mich arbeitet, und vermutete wohl eine Überprüfung des jüngsten Todesfalles. Er hatte mit Rafus und Okabes Tod nichts zu tun und konnte daher gelassen abwarten. So wäre er allein übrig geblieben und hätte sich das unterschlagene Geld für ein schönes Lebensende sichern können. Seine Reisekiste in seiner Hütte ist leer – äußerst seltsam für einen allzeit bereiten Heiler.“

Unwillkürlich fasste der Grundherr mit den gefesselten Händen nach seinem Kragen und weitete ihn, als ob ihm das helfen könnte. Jedem der fünf Menschen im Raum war klar, dass die Hundedämonen jede Lüge wittern würden.

So brachte er hervor: „Es...es war doch nur ein Scherz mit Rafu….“

„Ein Scherz!“ fuhr Makamoto auf: „Ein Scherz, der den armen Jungen tötete? Meine Familie starb durch deinen Fehler aus…? Man sollte dich…“ Er wollte sich auf Tsuka stürzen, aber der Burgvogt hielt ihn auf.

Masaki musste sich als Dämon dabei nicht einmal anstrengen, blickte aber zu seinem Herrn. So sagte Lord Yamagishi: „Setz dich unverzüglich wieder hin, Toshi. Oder ich lasse dich fesseln und knebeln. – Verzeiht die Unterbrechung, Lord Sesshoumaru.“

Der musterte nur den Grundherrn.

Dieser murmelte angsterfüllt: „Die Kräuter…Es sollte doch so aussehen, als ob er schwer krank ist, seine Arbeit nicht mehr machen könnte. Damit ich wieder an seine Position rücke.“ Tsuka sah seitwärts zu dem toten Nishikawa: „Es war ein Unfall. Rafu hat die Mischung nicht vertragen und ist gestorben. Dann hat Mondo ihn hinab geworfen, ja. So sollte es nach einem Sturz aussehen, einem Unfall eben…Er war eben in Panik…“ So hatte seine Schutzbehauptung lauten sollen – auf Mondos Kosten. Leider hatte er nicht damit gerechnet, dass sich sein alter Freund derart schnell und gründlich aus dieser Lage befreien würde. Und er selbst hatte nie daran gedacht aufzufliegen. Es würde so viele pflanzliche Ausgänge für das Leben geben…Aber nun wohl keinen mehr, den nicht Lord Yamagishi bestimmte.

Dieser blickte zu seinem Burgvogt: „Schaff mir diese Kerle aus den Augen und lass sie scharf bewachen. Ich will nicht, dass es ihnen auch gelingt, Selbstmord zu begehen, oder auch nur ihre Aussagen abzusprechen. Und lass das Haus Tsukas im Tal durch Menschen durchsuchen. Dazu eine Zählung, wie viele Menschen nun im Kräutertal leben und was aus meinen Steuern der letzten zwei Jahre wurde. – Ihr habt mir in der Tat einen Gefallen getan, Lord Sesshoumaru. Kann ich Euch nun auch einen tun?“

„Was haltet Ihr davon, wenn wir unseren Übungskampf gleich veranstalten?“

Lord Yamagishi hielt durchaus etwas davon, sich nun abreagieren zu können. Wie ungemein peinlich, so vor aller Augen vorgeführt zu werden, ja, aufgezeigt zu bekommen, was man im eigenen Schloss alles nicht bemerkt hatte, während es eine andere, noch dazu ein Menschenmädchen, nach nicht einmal nach zwei Tagen wusste und der Erbprinz nach wenigen Stunden: „Einverstanden. Ich begleite Euch zum Übungsplatz.“ Danach würde er sich überlegen, was er alles mit diesen Betrügern anstellen würde, die es um ein Haar geschafft hatten, sich mit seinem Geld aus dem Staub zu machen. Nishikawa und Tsuka hatten für nächste Woche um eine Reiseerlaubnis nachgesucht. Er erhob sich.

Da der Hundeprinz das Gleiche tat, folgte Sakura. Sie hatte keinen anderen Befehl bekommen, und sie war gespannt auf diesen Kampf. Nur selten hatte sie Gelegenheit gehabt, Lord Sesshoumaru mit seinen Vater trainieren zu sehen und sie war jedes Mal beeindruckt gewesen. Die restlichen Beamten schienen der gleichen Ansicht zu sein, denn sie folgten wiederum ihr.
 

***
 

Im nächsten und letzten Kapitel gibt es ein wenig Übungskampf und Sakura lernt die Meinung Seiner Lordschaft zum Thema Halbdämon nachdrücklich kennen^^
 

bye
 

hotep

Nachspiel

Am Kampfplatz sah der Hausherr beiseite: „Ich vermute, dass Ihr Euch nicht mit stumpfen Waffen abgeben wollt.“

Sesshoumaru nickte unmerklich. Mit scharfem Katana zu fechten erforderte erhebliche Geschicklichkeit um sein Gegenüber nicht zu verletzen. Wollte dieser Yamagishi etwa auch seinen Mut überprüfen sich ihm auszusetzen? Nun, wenn er seinen Gast bei einem Übungskampf aus Versehen töten würde, hätte er nicht nur sein Gesicht verloren, sondern würde auch Vater gegenüber einen sehr schweren Stand haben. Eine allerdings undenkbare Situation, schließlich nahm der Hundeprinz es als selbstverständlich sich auch bei einem solchen Kampf durchsetzen zu können. Sein Blick fiel auf die Beamten, die höflich am Rand des Platzes niedergekniet waren, in etwas Entfernung zu Sakura.

Lord Yamagichi befahl, seine eigenen beiden Katana holen, ehe er bemerkte, dass sich sein Gast umwandte:

„Ich möchte gern noch ein Wort zu Eurem Steuervorsteher sprechen.“

„Natürlich, wie Ihr wünscht.“ Der Hausherr nahm an, dass es sich um eine Rüge dafür handeln würde, so unüberlegt sowohl zuvor ein Mitglied eines anderen Haushaltes bedroht, zum anderen die Rede des Prinzen unterbrochen zu haben.

Sakura kannte die Geschwindigkeit, die ein hochrangiger Hundedämon an den Tag legen konnte, und zuckte dennoch zusammen, als er plötzlich fast neben ihr stand, allerdings auch neben Toshi Makamoto. Dann erst bemerkte sie, dass der Dämonenprinz mit einem Fuß auf dessen rechter Hand stand. Der Steuereintreiber holte zischend Luft.

„Keine Heilkunst der Erde würde Sakuras Hände retten können, sagtest du. Ich schätze es nicht, wenn man Diener bedroht, die nur mich fürchten sollen.“

„Ich…ich bitte untertänigst um Vergebung, Lord Sesshoumaru.“ Makamoto konnte das Knirschen seiner Handknochen hören. „Ich…ich… mir war nicht klar….Gnade…“

Zu seiner Erleichterung wandte sich der Hundeprinz wortlos wieder ab. Allerdings wagte er es nicht, seine malträtierte Hand auch nur zu massieren. Sie würde sicher einige Tage steif bleiben. Der hiesige Heiler saß im Gefängnis und Sakura zu fragen wäre wohl auch unpassend, zumindest in den Augen Lord Sesshoumarus.
 

Diener eilten herbei, um den Herren die Rüstung abzunehmen. Selbst bei einem Übungskampf mit scharfem Schwert wollte keiner der beiden Hundedämonen den Schatten einer Furcht zeigen. So standen sie sich bald mit bloßem Oberkörper gegenüber, dennoch Schwerter in der Hand, deren Schärfe ausreichen würde, jeden schwer zu verletzen.

Sakura entsann sich nur zu gut des perfekten Bildes des vollkommen unbekleideten Prinzen nach dem Bade und war nur wenig überrascht, dass auch Lord Yamagishi durchtrainiert wirkte. Sie waren eben Krieger, noch dazu Dämonen. Ein Bewegung am Rande ihres Gesichtsfeldes zeigte ihr, dass wohl jemand Prinzessin Aiko darauf aufmerksam gemacht hatte, dass ihr Vater einen Übungskampf mit seinem Gast fechten wollte und so war sie mit Akina im Gefolge ebenfalls auf dem Hof erschienen. Hoffentlich würde Lord Sesshoumaru darauf Rücksicht nehmen, dass die junge Halbdämonin ihn anhimmelte und deren Vater eine unangenehme Lage ersparen, dachte die Heilerschülerin unwillkürlich, obwohl sie es nicht annahm. Rücksicht und er in einem Satz…

Immerhin schien er einen guten Tag zu haben, hatte er sie doch öffentlich gelobt. Und das wiederum war kaum je einem Dienstboten widerfahren. Hatte er sich so auf diesen Kampf gefreut?

Dann: armer Lord Yamagishi.
 

Beide Kämpfer hoben die Waffen, prüften kurz ihre Lage, den Schwerpunkt, ehe sie langsam gegeneinander schlugen, eindeutig mit dem Ziel, Kraft und Geschwindigkeit des anderen zu erproben. Dieses erste kurze Abtasten währte nur Sekunden, ehe der Hausherr Druck und Tempo erhöhte. Sesshomaru hielt mit. Für die menschlichen Zuschauer war es jetzt bereits schwierig geworden, dem genauen Ablauf zu folgen. Sie erkannten nur das Aufblitzen der Schwerter, die wehenden weißen Haare, das sich immer mehr zu einer Art wirbelndem Tanz steigerte. Sakura warf einen raschen Blick auf Burgvogt Masaki. Immerhin war der auch ein Dämon und sollte weniger Probleme haben. Tatsächlich ließ er die beiden Kämpfer nicht aus den Augen. Täuschte sie sich oder wurde er langsam besorgt?

Den Grund vermochte sie sich vorzustellen, als sie erneut versuchte etwas zu erkennen. Die wenigen Male, bei denen sie das unbestreitbare Vergnügen gehabt hatte, einem Übungskampf zwischen Vater und Sohn zusehen zu dürfen, hatten sie etwas über die Geschwindigkeit gelehrt, die ein hochrangiger Hundedämon besitzen konnte. Viel zu schnell für Menschen. Kein Wunder, dass Lord Sesshoumaru ihre Gattung für niedrigere Wesen hielt. Aber jetzt, wenn sie sich nicht irrte, kam er zur Sache. Und das hieß, Lord Yamagishi würde augenblicklich in Schwierigkeiten stecken – vor den Augen seiner Tochter und seiner eigenen Beamten.
 

Das entsprach den Tatsachen. Ihm war klar, dass er nicht mehr schneller werden konnte, seine Finten wurden abgeblockt, die Schneide des Katana verfehlte ihn bewusst stets nur um Haaresbreite. Nein, das war kein verweichlichter Fürstensohn – das war ein geborener Krieger. Und stark war der Bengel auch noch. Er wusste, dass er diesen Übungskampf verlieren würde. Wie ungemein ärgerlich, aber Abbrechen kam auch nicht in Betracht.
 

Sesshoumaru entschied, dass der Spaß lange genug gedauert hatte. Yamagishi sollte nun klar sein, wo sein Platz war. Aber eine kleine Lektion stand noch aus. Mit einer raschen Drehung des Handgelenks im gleichzeitigen Vorgehen ließ er das Katana des Gastgebers meterweit wegfliegen. Lord Yamagishi holte zischend Atem. Seine Hand war geprellt worden. Natürlich würde das heilen…ehe er zu Ende gedacht hatte, stellte er fest, dass er auf dem Sandboden saß, eine äußerst scharfe Klinge so präzise an seinen Kehlkopf gepresst, dass er nicht einmal mehr zu schlucken wagte. Fein rann ein Blutstropfen bereits seinen Hals herunter.

„Ich habe gewonnen“, stellte der Hundeprinz sachlich fest: „Ich schenke ihn Euch, Prinzessin Aiko. Wollt Ihr ihn tot sehen?“

Die junge, halbdämonische Prinzessin schüttelte entsetzt ihren Kopf, genauso erschüttert wie der Rest der Anwesenden: „Ich…Lord Sesshoumaru…bitte…“

Der nahm das Schwert weg und trat beiseite, um sich beim Ankleiden helfen zu lassen.

Lord Yamagichi erhob sich mühsam. Diese Peinlichkeit, diese Demütigung…Da seine Beamten ebenfalls aufstanden und etwas besorgt zu ihm kamen, ebenso wie Aiko, knirschte er: „Dieser…“

„Er ist ein guter Kämpfer“, erwiderte Masaki, der Hundedämon bemüht ruhig: „Und ich habe ihn sogar im Verdacht großmütig zu sein.“

„Er schenkt mein Leben meiner Tochter. Was soll daran großzügig sein?“ Der Hausherr knurrte es wohlweislich leise.

„Ihr habt es wohl übersehen, mein Herr. Ihr fordertet den Erben des Fürsten, einen Höherrangigen, zum Kampf mit scharfem Schwert auf. Das könnte man als Hochverrat deuten. Wenn er Euch getötet hätte, hätte der Herr der Hunde das sicher so betrachtet und ihn nicht bestraft. Lord Sesshoumaru hat Euch die Schande erspart, ihn um Euer Leben bitten zu müssen. Denn Prinzessin Aiko ist ja Euer Kind. Was immer sie Euch gibt ist ihre Pflicht.“

Sakura hatte es erstaunt gehört. Großmütig war nun nicht das Wort, das sie mit Seiner eisigen Lordschaft in Verbindung brachte. Wenn sie ihn richtig einschätzte, hatte er an diese Regel keinen Gedanken verschwendet, sondern Lord Yamagichi die dritte Lektion an diesem Tag erteilen wollen: die Blamage, solch einen Kampf nicht nur zu überleben sondern auch noch sein Leben einer halben Dämonin, also, mit Menschenblut, zu schulden. Sie bemerkte, dass der Hundeprinz vollkommen bekleidet war und eilte lieber zu ihm.

„Gehen wir.“

Sie folgte, sicher, dass Lord Yamagichi nicht böse darum war, um eine offizielle Verabschiedung herumzukommen. Als sie einmal noch zurücksah, bemerkte sie, dass Akina ihr möglichst unauffällig nachwinkte. Diese war sicher froh, dass nun geklärt war, wie Rafu zu Tode gekommen war. Und vielleicht würde Shige jetzt seine Chance erhalten. Liebesdinge waren irgendwie immer seltsam kompliziert.
 

Während sie hinter dem Dämonenprinzen durch den Wald ging, dachte sie nach. Er verachtete alles, was schwächer als er war. Nun, da gab es sicher viel, fing das lebenswerte Leben für ihn ja quasi erst mit einem vollblütigen Dämon an. Und die arme Aiko hatte er auch nicht sonderlich freundlich angesehen. Dabei war sie hübsch, zumal mit diesen niedlichen Hundeohren oben auf dem Kopf. Nur, weil sie auch Menschenblut in sich hatte?

„Was ist?“

Er hatte bemerkt, dass sie in Gedanken war.

„Darf ich Euch eine Frage stellen, Lord Sesshoumaru?“

„Ja.“

„Was habt Ihr gegen Halbdämonen?“

„Meine Klaue.“

„Ihr würdet einen Halbdämon nur aus dem Grunde töten, weil er einer ist?“ vergewisserte sie sich.

Er wandte sich um und sie fürchtete für einen Moment zu weit gegangen zu sein, als er sie am Hals packte und gegen den nächstbesten Baum drückte. Aber er hatte ihr eine Frage erlaubt und lebte nun mit der unangenehmen Konsequenz antworten zu sollen: „Wenn du je einen Halbdämon trägst, werde ich ihn dir eigenhändig aus dem Leib reißen.“

Sie nickte, so gut sie das in dieser Lage vermochte. Das war eine mehr als klare Ansage gewesen, die wohl einige ihrer romantischen Träume begrub. Obendrein er würde es dürfen. Wie ihr Lehrer ihr gesagt hatte, konnte ein Höherrangiger nach Dämonenrecht auch die Frau fordern. Das hieße, nur eine Menschenfrau des Inu no Taishou wäre vor seinem Sohn sicher. Und dass dieser seine Ansicht von seinem Vater hatte, davon war sie überzeugt. Lord Yamagishi war eine eindeutige Ausnahme.

Sesshoumaru gab sie frei und sie folgte ihm erneut, sich erleichtert das Genick reibend. Immerhin hatte er berücksichtigt, wie instabil menschliche Hälse waren. Mehr um abzulenken, murmelte sie: „Ihr habt gegen Lord Yamagishi schnell gewonnen. Außer dem mächtigen Inu no Taishou gibt es kaum mehr jemanden, an dem Ihr üben könnt. Vielleicht einmal ein Bruder.“
 

Ein kleiner Bruder? Bei dem Verhältnis seiner Eltern war das mehr als unwahrscheinlich. Höchstens ein Halbbruder, wenn sich sein verehrter Vater doch einmal den Avancen einer Dämonin beugen würde.
 

Sakura hatte plötzlich das Gefühl einen kleinen Jungen mit langen weißen Haaren in rotem Gewand neben Sesshoumaru springen zu sehen, mit Hundeöhrchen auf dem Kopf. Als sie blinzelte, war der jedoch wieder verschwunden.
 

******

Ich hoffe, es hat euch Spaß gemacht.

Der neue Krimi: der letzte Termin des Richters bietet Seiner Lordschaft die unerwünschte Gelegenheit unter Mamis Augen zu ermitteln. Und Sakura muss der Lady einige Gerüchte erklären^^.

Ich bin im fünften Kapitel. Er wird wohl nach Gladiator hochkommen.
 

bye
 

hotep



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Von:  Flecki49
2012-08-13T15:39:46+00:00 13.08.2012 17:39
Verdammt, heute hab ich es aber! Es sollte heißen: und bitte entschuldige die Rechtschreibfehler. So und jetzt bist du mich los xD
Von:  Flecki49
2012-08-13T15:38:18+00:00 13.08.2012 17:38
Btw,Hälfte vergessen (undbitte die ganzen Rechtschreibfehler, bin heut nicht so wach).
Rücksicht und er in einem Satz: xD Also, folgerichtig: Armer Lord Yamagishi.
Heilerschülerin und Hundedämonenbengel- Das macht sich gut auf dem Schild der Detektei xD
Lg^^
Von:  Flecki49
2012-08-13T15:30:56+00:00 13.08.2012 17:30
Also neee xD Sesshy, du böser Hund... das gibt eine Sauerei... Außerdem glaub mir, wenn ich sage, dass du Sakura das gar nicht antun kannst.
Und ausnahmsweise liegt Sakura einmal falsch: Er hat die Ansicht über Menschenfrauen nicht von seinem Vater. Also, irgendwie ja schon, als negativBeispiel sozusagen, aber nicht direkt^^
Und die anspielung auf Inu Yasha war ja auch schön^^
Und Yamagishi hatte das auch verdient... und sowas nennt der Übungskampf...
Und Riesenbärenklau ins Wasser schmeißen! *Hände überm Kopf zusammenschlag* Also nee. Aber die Lödung hab ich nihct erraten, ich war etwas sauer auf Akinas Vater... so ein Arsch.
LG, Flecki^^
Von:  don-kun
2010-10-22T16:05:34+00:00 22.10.2010 18:05
Hihi.

Und Sesshoumaru hatte ja ein paar schnippische Antworten parat, das kennt man von ihm garnicht ^_^

So, endlich hab ich mal wieder eine Geschichte von dir gelesen. *zufrieden* :)
Von:  don-kun
2010-10-14T19:44:22+00:00 14.10.2010 21:44
Hm, waren es Pocken?
Von:  don-kun
2010-10-10T10:37:23+00:00 10.10.2010 12:37
Frohe Ostern zurück! hihi ... ^_^
Von:  don-kun
2010-10-09T12:18:23+00:00 09.10.2010 14:18
Wenn sie alles wörtlich aufschreiben will, muss sie aber einen dicken Notizblock mithaben :D
Von:  don-kun
2010-10-06T22:33:23+00:00 07.10.2010 00:33
So, uff. Endlich les ich mal wieder eine von deinen Geschichten ;) *freude*
Von:  -Kirei-
2010-08-05T18:03:12+00:00 05.08.2010 20:03
*lach*
Sess kann ya so böse sein XD
Drei Lektionen an einem Tag. Und dann das Leben einer Halbdämonin schenke.
Nicht schlecht XD

HAch, dass Sess Sakuras kleine Phantasien vernichet war ya irgendwie klar. Aber das er soooooooo grob sein muss. u.u
Hoffnungsloser Fall.
Egal.
Der neue Krimi scheint einiges bereitzuhalten.
Ich freue mich schon ihn zu lesen ^^

lg Ki
Von:  -Kirei-
2010-08-05T16:08:12+00:00 05.08.2010 18:08
So war das also ^^
Gott...das sich alles immer um das liebe Geld drehen muss -.-
Mit Rafu lag ich da wohl falsch. Es war ein "Unfall"..*drop*
Aber nicht mal zu seinen Fehlern stehen und die Strafe annehmen.
Feigling. Bringt der sich einfach um..Oo

Wenigstens können sich die Herren Hundedämonen im Kapmpf abregen ^^
Ich Bin doch sehr gespannt, wie der ablaufen wird :)

lg Ki


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