Little Brother + Big Brother =Chaos von Gouda-kun (Der ganz normale Wahnsinn!) ================================================================================ Kapitel 12: Nemesis – The Voice of Dissent ------------------------------------------ „…mon!“ Langsam öffnete Marcel die Augen und blinzelte. Er lag im Wohnzimmer auf der Couch und musste wohl eingeschlafen sein. Inzwischen war es so dunkel im Raum, das er die Uhr an der Wand nicht mehr lesen konnte. „Daimon?!“ rief eine Stimme aus der Nähe. Marcel horchte auf. Ah- das war also Kileys Stimme gewesen, die ihn aus seinem Schlaf gerissen hatte. Einige Sekunden blieb er reglos sitzen und lauschte in die Dunkelheit hinein. Wieso rief Kim so aufgeregt nach seinen jüngeren Zwillingen? Und wieso lag er eigentlich im Wohnzimmer und nicht in seinem Bett…? Nach Luft schnappend fiel es Marcel siedend heiß wieder ein; Der Anschlag! Daimons Wut! Kuroro. Kuroro… jemand hatte den jungen Werwolf am Morgen angegriffen und schwer verletzt. Leicht fröstelte es Marcel als er aufstand und kurz seine steifen Gelenke bewegte. Er fühlte sich noch immer müde. Und erschöpft. Am liebsten hätte er sich zurück auf die Couch gelegt um weiter geschlafen. Aber tief in seinem Inneren wusste er, das dass alles nur Taktik war um sich nicht der grausamen Realität zustellen. Wenn Kim so verzweifelt um Hilfe rief, dann musste das einen bestimmten Grund haben. Und hoffentlich war dieser bestimmte Grund in dieser düsteren Mitternachtsstunde, nicht Kuroros plötzlicher Tod. Ein roter Schatten flog dicht an Marcel vorbei und er sprang quietschend zur Seite. „Was ist passiert?“ fragte Daimon der noch auf den Fersen schlitternd in der Küche zum stehen kam. Kim warf seinen Bruder ein Verständnisloser Blick zu. In seinen Kopf schien es quälend zu Ratern. „Ich habe etwas wichtiges entdeckt“ flüstere Kim mit gesenkter Stimme. „Was denn?“ fragte sofort Daimon und klang dabei nicht grade freundlich. „Hat es was mit den Kerl zutun, der Kuroro angegriffen hat? Dann rate ich dir, schnellstmöglich mit der Sprache raus zu rücken!“ Kims Augen funkelten angriffslustig; er ließ sich von seinen Gegenüber nicht einschüchtern. „Jetzt mal Langsam mit den jungen Pferden“ Er zog ein Stück Papier aus seiner Hosentasche und strich es vorsichtig mit zwei Fingern Glatt. Die Ecken des seltsamen Blattes waren verbrannt und bröckelten bei unbedachter Bewegung ab. „Das habe ich in Kuroros Klamotten gefunden. Er scheint eine Nachricht von den Täter zu sein…Und sie ist für UNS!“ Marcel wusste nicht genau, wieso er Kims leise Stimme so deutlich hören konnte aber in seiner Seele krampfte sich alles zusammen. Anscheinend war der Angriff auch Kuroro nicht zufällig passiert, sondern eine geplante Tat wenn der Täter einen Brief an die Hinterbliebenen seines Opfers zurücklässt. „Was steht den drin?“ fragte Daimon nach einer gefühlten Ewigkeit. Sarkasmus verlieh seiner Stimme einen leicht Verrückten Ton. „Weitere Anschläge auf unsere Familie? Oder noch besser; hoffentlich ist es eine Einladung zum Eins-zu-Eins-Duell …“ Aber Kim ließ sich immer noch nicht von Daimon beeindrucken. Müde zog er seine Stirn in Falten. „Freu dich nicht zu früh, die Lust am Kämpfen wird dir noch vergehen!“ Er drehte die Augen zum Brief zurück und begann die von Hand geschriebenen Worte zu lesen. „Seit Gewarnt Kinder der Stone Face; ohne euren Anführer Raymond seid ihr nur halb so stark wie vorher. Von eurer Familie in Rumänien getrennt und ohne Meister auf euch alleine gestellt, seit ihr beide ein leichtes Ziel für Nemesis. Wir wissen WER ihr seid, wir wissen WAS ihr könnt und wir wissen wozu WIR, in der Lage sind!“ „Nett“ meinte Daimon mit hochgezogenen Augenbrauen. „Kannst du mir erklären wer oder was Nemesis ist? Ich will wissen, mit welchen Irren ich es zu tun habe, und außerdem was soll der Scheiß?! Ich brauche weder Ray noch Jeremy um denen auf ihr blödes Maul zu hauchen!“ Allerdings schien selbst der sonst so Kluge Kim ausnahmeweise mal, an seine Grenzen zu stoßen. Nachdenklich presste er die weißen Lippen zusammen und fasste sich an sein Kinn. Es dauerte einen Moment, bis er Daimon antwortete. „Also, wenn ich der griechischen Mythologie Glauben schenken darf dann ist Nemesis die Göttin des Gerechten Zorns. Aber es gibt heutzutage keine Götter mehr, und auch niemanden der so Blöd ist und sie wieder zu belebenden. Es handelt sich hierbei wohl eine Gruppe, die unter den Namen der Göttin agiert und irgendetwas Großes vorhat. Aber viel schlimmer und wichtiger ist, das die Täter uns wohl schon länger im Visier hatten wenn sie wissen, dass Jerry im Moment nicht da ist und wir nun verwundbar sind“ „Papperlapapp!“ widersprach ihm Daimon scharf. „Was soll Jeremy den schon bewerkstelligen, was wir zwei mit vereinten Kräften nicht schaffen? Die paar Jahre die er uns als Stone Face voraus hat, machen ihn auch nicht zum Supermann!“ „Das stimmt schon Daimon“ meinte Kim und sein Blick wurde plötzlich Hart. „Aber Jeremy ist im Vergleich zu uns unberechenbar. Und er ist Gefährlich. Er hat Talent, und zwar für Viele verschiedene Dinge. Jeremy hat das Talent andere zu blenden und zu manipulieren. Er hat das Talent, Jahrelang auf sich alleingestellt nach einer schrecklichen Verwandlung zum Dämon zu überleben und noch drei kleine Kinder mit durchs Leben zu boxen. Er hat das Talent von der einen auf die andere Sekunde alles auszublenden, und einfach nur noch zu Funktionieren. Und Jeremy kann ohne mit der Wimper zu zucken Töten. Egal wer, egal wo, egal warum…! Wer auch immer Nemesis sein will: sie wussten ganz genau, dass sie gegen Jeremy nicht die leisesten hauch einer Chance hatten und deshalb haben sie im Verborgenen nur darauf gewartet das er uns Allein zurück lässt um uns endlich an zu greifen!“ Jetzt war Daimon sprachlos; Mit offenem Mund starrte er seinen älteren Zwilling verblüfft an. „Das hört sich total abgefahren an! Entweder bist du ein Genie oder du bist hoffnungslos Verrückt. Aber jetzt mal im Klartext; wir wissen beide wie Jerry drauf ist, sobald er Gefahr wittert. Aber soll dieser Berserker-Akt reichen, um eine Gruppe von Monstern aufzuhalten die mal so eben einfach einen Werwolf halb tot Prügeln? Ich muss dich ja wohl hoffentlich nicht daran erinnern, das Werwölfe zu ältesten und wohl auch zu den mächtigsten Dämonenstämmen überhaupt zählen! Diese Nemesis müssen anscheinend ganz schön taff sein, wenn sie sich solch eine Tat zutrauen. Aber ich glaube eher, dass sie keine Ahnung haben mit WEM sie sich überhaupt angelegt haben…!“ Inzwischen rauchte Marcel gewaltig der Schädel. All diese Informationen die er nicht so recht verstand und anscheinend so richtig Wichtig waren. Er setzte sich auf die Coach zurück und bemühte sich, keinen Ton von sich zugeben. „Kuroro ist auch noch jung!“ rief Kim und machte einen Schritt nach vorne. Seine Haare knisterten und kleine Funken flogen in alle Richtungen. „200 Jahre sind kein Alter für einen Dämon und vor allem nicht für einen Werwolf. Im Vergleich zu uns Stone Face sind Werwölfe, wie Tag und Nacht. Sie entwickeln sich nur sehr langsam und reifen erst an den Erfahren die sie in ihren Leben sammeln. Wir Stone Face haben dagegen echt Glück. Wir wachsen zwar auch nicht so schnell, aber wir sind von Natur aus Robust und genießen außerdem einen gewissen Status unter den Dämonen. Wir stammen von den mächtigen Magischen Wesen überhaupt ab; Den Drachen! Selbst wenn wir noch Kinder sind, greift uns keiner an der noch beim normalen Verstand ist. Aber ein Werwolf ist anderes, in seinen jungen Jahren ist nicht sehr mächtig und auf besondere Weise sogar Hilflos… Für diese Nemesis war es ein Leichtes einen Werwolf seines Kalibers auszuschalten. Aber unser Bruder Jeremy hat einen anderen Stellenwert wie Kuroro. Er ist ein Stone Face und hat dazu noch einen hohen Rang“ „Dann verstehe ich ja gar nicht warum du dir solche Sorgen machst, Kim! So wie du dich eben aufgeführt hast, dachte ich schon wir wären den sicheren Untergang geweiht. Aber wenn wir Stone Face wirklich so mächtig sind wie du sagst, dann gibt es doch keine Probleme, oder? Wir schnappen uns diese Nemesis und machen kurzen Prozess mit denen. Schluss aus!“ Unsanft packte Kim seinen Bruder an den Schultern und schüttel ihn so, als wollte er ihn zur Besinnung bringen. „Aber Daimon, das ist doch genau der Punkt der mir Sorgen bereitet! Wir SIND eben Stone Face und keine Werwölfe. Wir haben einen Status als Urväter der Vampire und sind inzwischen auch keine kleinen Kinder mehr. Du und ich, wir sind so gut wie ausgewachsen und fast in besitzt unserer vollen, dämonischen Kräfte. Warum um alles in der Welt greift uns dann solch eine Gruppe an und sucht stattdessen nicht das weite, wo sie doch wissen, dass wir Stone Face sind?! Verstehst du meine Ängste denn nicht?! Nemesis muss wirklich, wirklich stark sein wenn sie den Mut haben unsere Familie an zu greifen!“ Danach ließ Kim müde die Hände sinken und ein bekümmerter Ausdruck schlich sich auf seine schöne Miene. „Ich habe Angst das falsche gemacht zu haben“ gestand er kleinlaut. „Wir hätten Jeremy doch über den Anschlag Infomieren sollen…“ Augenblicklich schüttelte Daimon den Kopf, und erklärte in einem mahnenden Tonfall; „Nein, wir haben richtig gehandelt. Willst du ihm noch mehr Kümmer bereiten? Du weißt doch, das Jeremy sich sofort das schlimmste Ausdenkst. Er wird alles stehen und liegen lassen, um sofort nach Thirsk zurück zukommen. Willst du verantworten dass er seinen Job verliert denn er überalles Liebt, wenn er zu uns kommt und seine Arbeit dafür vergisst? Die Armee wird nicht darüber hinwegsehen können, Kiley. Sie werden ihn sofort Kündigen“ Bei diesen Augmenten musste Kim erst mal laut schluckt und sich dann räuspern. „Du hast ja recht“ sagte er. „Wir können das auch alleine schaffen; Was nützt es uns denn, wenn Jeremy mit Ach und Krach nachhause stürmt und dann die zerschlagenen Trümmer von Nemesis vorfindet? Große Aufregung für Nichts. Wir können es versuchen… und wenn wir merken, dass wir zu schwach sind, können wir Jeremy immer noch anrufen…“ Seufzend schob Daimon die Arme unter Kims Arme hindurch und zog den Kleineren an seine Brust. Mit einem engelgleichen Lächeln und einem stillen Danke legte Daimon sein Kinn auf den schwarzen Wuschelkopf ab, und zog den süßen Apfelduft der glänzenden Haare tief in seine Nase ein. „Warum denn nicht gleich so? Wir machen diese Gruppe platt - und wenn nicht, machen wir es so, wie du es gesagt hast. Aber erst mal müssen wir es selber versuchen. Irgendwann müssen wir schließlich auch auf eigenen Beinen stehen, und können nicht für jeden Scheiß zu unseren großen Bruder rennen“ Im anderen Teil des Hauses bekam Marcel ein ungutes Gefühl und biss sich unbewusst auf die Unterlippe. Auf der einen Seite wollte er seinen Geschwistern im Kampf gegen die Nemesis beistehen, aber wie sollte er das so ganz ohne besondere Kräfte schaffen? Auf der anderen Seite… würden Daimon und Kiley ihm diesen Kampf überhaupt erlauben? Vielleicht Daimon, aber ganz sicher nicht Kim. Er würde es niemals erlauben, dass sein kleiner Bruder sich solch einer schrecklichen Gefahr aussetzte. Marcel stand wieder von der Couch auf und schlenderte zur Küche. Im Türrahmen blieb er jedoch stehen und klopfte mit zwei Fingern höfflich an die bereits geöffnete Eingangstüre. In diesen Moment lösten die Zwillinge ihre Umarmung und warfen Marcel einen erschrockenen, peinlich berührten Blick zu. Allem Anschein nach, hatten sie die Anwesenheit ihres Bruder in dieser allgemeinen Aufruhe ganz vergessen… „Ah, Marcel. Du bist wieder wach“ sagte Kim und lächelte schwach. „Bist du hier um nach Kuroro zusehen?“ Der angesprochene Nicke. Da wurde Kims Blick auch schon wieder ernst, und das Lächeln in seinem Gesicht verschwand. „Du bist dir bewusst das Kuroro schwer verletzt und dazu auch noch entstellt ist. Sein Anblick wird womöglich ein ziemlicher Schock für dich sein!“ „Ich weiß“ entgegneten Marcel entschlossen und starrte seinen Bruder mit derselben Ernsthaftigkeit in die Augen. „Aber Kuroro ist mein Freund und ich will in dieser schweren Stunde an seiner Seite sein. Mir ist egal wie er jetzt aussieht. Er ist immer noch Kuroro und ich mag ihm wegen seinen Charakter, und nicht wegen seines Erscheinungsbilds!“ Hinter Kims Rücken stand Daimon und der Lächelte bei diesen Worten sanft. Er legte seine Hand auf Kims Schulter, der grade schon zum Gegenargument ausholen wollte und schüttelte gnädig den Kopf. Daimon und Gnädig? Normalerweie würde niemand diese beiden Wörter in einem Satz bringen, aber das hier war eine andere Situation, so zu sagen, eine Ausnahme. „Lass ihn nur, wenn er möchte. Der Kleine hat schon recht. Wir sollten Gott lieben auf Knien Danken, das Kuroro überhaupt noch am Lebt! Wenn wir ihn wegen seiner schweren Verbrennungen jetzt anderes behandeln würden als sonst, würde er sich wie aus Ausgestoßener vorkom -“ Weiter kam Daimon nicht, denn Kim brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen. „Ich habe schon verstanden“ meinte er etwas kühl und vielleicht sogar eine Spur beleidigt. „So ein Herzloser klotz bin ich nicht! Komm nur rein, Marcel. Aber sag gleich bloß nicht, ich hätte dich nicht gewarnt…!“ Die Zwillingsbrüder machen einen Ausfallschritt zur Seite und der Küchentisch kam hinter ihren Leibern zum Vorscheinen. Binnen einiger Sekunden wusste Marcel, das Kim mit seinen bedenken wahrscheinlich recht hatte; Er war ein Schock Kuroro, oder vielmehr der wunde, rotglänzende Fleischklumpen der von ihm übrig war, zu sehen. Kuroro sah aus, als hätte man ihm die Haut abgerissen und verkehrtherum wieder aufgenäht. Überall quoll Blut aus tiefen Wunden hervor und zerrissenes Fleisch hing in zahllosen Fetzten von seinem geschunden Körper herab. Glücklicherweise war der Werwolf bewusstlos und spürte seine schlimmen Verletzungen somit nicht. Die Knöchel unter Marcel Hand zeichneten sich bereits weiß unter der Haut ab, so fest drückte er sie zusammen. Von den vergangen Sekunden war nichts mehr in seinen Gesicht zu erkennen; keine Entschlossenheit, kein Mut; Jetzt waren seine Züge verzerrt, erinnerten an den panischen Blick von Menschen, die dem Tod unmittelbar ins Auge sahen. Marcel schlunzte leise auf und suchte eine Stelle an Kuroro, die er bedenkenlos berühren konnte um sein Mitgefühl aus zudrücken. Nur leider, fand er keine passende… „Kuroro…“ wimmerte er leise und spürte plötzlich eine warme Hand, die sanft seine Schulter berührte. Ehe Marcel sich versah trat Kim an seine Seite und schlang vertrauensvoll einen Arm um seinen Nacken. „Ich hab es dir doch gesagt…“ meinte der Ältere leise, so ganz ohne Spott und drückte den Blondschopf mit dem Arm an sich. Wie erstarrt blieben die beiden eine Weile da stehen und spendeten sich gegenseitig Halt. Marcel vergoss ein paar stille Tränen, und Kim blickte seltsam teilnahmslos in die Ferne; in seinem Kopf schmiedete der grade Rachepläne für seinen verletzten Freund. Den Gedanken Kuroros Peiniger ohne Gnade auseinander zu reißen, ließ sich nicht mehr so einfach aus seinem Gedächtnis drängen… Er würde alle Stone Face-mögliche daran setzten, um diese Nemesis ordentlich leiden zulassen! Eine halbe Stunde später stampfte Marcel die Treppe hoch in die zweite Etage. In der einen Hand hielt er einen dampfenden Becher mit Salbeitee, den er von Kim bekommen hatte. In der anderen ein paar Beruhigungstabletten, die Kim ihm ebenfalls zusteckte. Doch so richtig müde fühlte sich Marcel gar nicht. In Wahrheit fühlte er Nichts, nur eine gespenstische Leere ihn seinem Inneren. Die Bilder von Kuroros verstümmeltem Körper hatten sich tief in Erinnerungen gebrannt und Marcel traute sich nicht die Augen zuschließen, aus Angst sie könnten in der Dunkelheit plötzlich hervor blitzen. Er ging in sein Zimmer und trank einen großen Schluck aus der Tasse, als Belohnung verbrannte der kochendheiße Tee ihm sofort die Zunge. Aber Marcel nahm den Schmerz kaum war, er steckte die zwei Tabletten in seinen Mund und stürzte sich geistesabwesend auch noch den Rest des Tees in den Rachen. Unendlich langsam schälte er sich dann aus seinen Klamotten und warf sie unachtsam auf den Boden. Der Weg zum Bett erschien Marcel so lang und anstrengend wie ein Marathonlauf in der Schule. Der Tag heute war einfach viel zu anstrengend gewesen, kein Wunder, dass er Dinge wahrnahm die es gar nicht gab und andere ausblendete, die ihn eigentlich schützen sollen. Schmerz zum Beispiel. Ein Blick auf seinen Wecker verriet ihm dass es schon 2 Uhr morgens war. Er stellte die Teetasse etwas unsanft auf sein Nachtschränkchen ab, und zog die Bettdecke hoch. Kaum berührte sein Kopf das Kissen, schon erlahmte sein wirres Gedankenkarussell merklich. Doch kurz bevor er einschlief durchzuckte ihn ein eigenartiges Gefühl. Ja ein echtes Gefühl! Dieses leichte Gefühl war durchzogen von einer starken, reinen und warmen Kraft…. Er konnte nichts Böses an ihm feststellen, hoffte er zu mindestens, denn er driftete immer weiter in sein Inneres ab und hatte den Ursprung dieser unschuldigen doch mächtigen Kraft schon fast erkannt, doch kurz bevor er sie zu fassen bekam, riss der hauchdünne Faden und Marcels Augenlieder klappten unter schweren Ballast zusammen. Der nächste Morgen kam früh und er riss Marcel brutal mit allem was er hatte, aus dem Schlaf. Grelles Sonnenlicht fiel durch das geöffnete Zimmerfenster, die Singvögel in den Tannen rund um dem Haus veranstalten ein wahres Höllenspektakel und der Wecker musste seinen Senf auch noch dazu gaben. Nur noch 5 Minuten, dachte Marcel träge und verpasste dem klingelten Etwas einen unsanften Schlag auf den Kopf, so dass der Übertäter verstummte. Er drehte sich auf die andere Seite und vergrub das Gesicht in sein weiches und warmes Kopfkissen… Nur noch 5 winzige Minütchen… „MARCEL!“ donnerte eine Stimme gereizt durch das Treppenhaus und gleichzeitig durch den Wohnflur. Eine Blitzsekunde später saß der Angesprochene Kerzengrade im Bett und riss panisch die Augen auf. Sein Blick suchte hektisch das Zifferblatt des Weckers. Verzweiflung griff wie eine kalte, unbarmherzige Kralle nach seinem müden Verstand. Halb Acht! Von wegen 5 Minuten, er hatte ganze 50 Minuten länger geschlafen! Marcel stieß keuchend die Decke von seinen Körper und sprang so flink wie ein Wiesel auf dem Bett. Mit schlingernden Füßen rutschte er durch das Schlafzimmer und sammelte die Ausgezogenen Klamotten von gestrigen Abend wieder auf. Schließlich lief er ins Badezimmer und schraubte grade den Deckel der Zahnpasta ab, als etwas Unbekanntes im Spiegel sein Interesse erweckte. Marcel hob die Hand und berührte vorsichtig einen kleinen, blass Lilafarbenden Bluterguss auf seiner linken brusthälfte. Nanu, wo kam der den so plötzlich her? Marcel überlegte, aber er konnte sich nicht erklären wo er sich diese jähe Verletzung zugezogen hatte. Aber gestern Morgen war sie definitiv noch nicht dagewesen… Noch einmal schallte Kims wütende Stimme durch das Haus und Marcel stopfte sich schnell die Zahnbrüste in den Mund und schrubbte kräftig die Zähne. Kim war zwar geduldiger als Daimon, aber wenn ihn mal die Wut packte, dann sollte man es nicht drauf ankommen lassen! Die Nacht hatte ihre Spuren auf seinem Gesicht hinterlassen und die Fragen in seinem Kopf schwirrten immer noch herum. Der Kleine spritze sich etwas Wasser ins Gesicht um die Müdigkeit zu vertreiben. Danach ging es ihm wirklich etwas besser und schlüpfe Rasch in seine Klamotten. Leise schlich er sich die Treppe runter und war darauf bedacht Daimon nicht zu auf wecken; als Marcel eben an seinem Zimmer vorbei kam, sah er den Rotschopf noch tief und feste schlafen. Sicher hatte Daimon eine Grausame Nacht hinter sich… In der Küche angekommen sah Marcel wie Kiley am Herd stand und grade eine Pfanne mit Rührei von der Platte nahm. „Guten Morgen, Kim…“ sagte Marcel leise, vorsichtig. Aber sein Bruder erwiderte denn Gruß nicht; er stellte die Pfanne auf eine Feuerfeste Arbeitsplatte ab und kippte etwas Salz hinzu. Wie erstarrt blieb Marcel auf der Stelle stehen und versuchte den Gedanken, der durch seinen noch nicht ganz leistungsfähigen Kopf schoss, zu verdrängen… Kim musste die ganze Nacht aufgeblieben sein, um sich um Kuroro zu kümmern und daher nicht geschlafen haben. Langsam ging Marcel zum Küchentisch und ein Bild von blutenden Wunden und verkohlten Fleisch blitzte vor seinem inneren Auge auf. Er schluckte leise und ein zäher Kloß bildete sich in seinem Hals. Mit zögerlichen Bewegungen setzte sich Marcel auf seinem Platz und suchte die Platte unbewusst nach Blutspritzern ab. Doch diese war vollkommen sauber und roch auch leicht nach Desinfektionsmittel. „Warum bist du so spät aufgestanden?“ riss Kims Stimme Marcel augenblicklich aus seinen Gedankengängen. Der Dämon trat mit ruhigen Schritten an den Tisch und servierte das Frühstück. Normalerweise rauchte Kim im Haus nicht, aber jetzt hing eine Zigarette in seinem Mundwinkel. Eine Sekundenlang war Marcel verunsichert. Er konnte an den zischelnden Klang der Stimme deutlich erkennen, dass Kim heute Morgen nicht zum spaßen aufgelegt war. „Ich habe meinen Wecker ausgemacht und bin danach wieder eingeschlafen…“ murmelte Marcel schließlich und musterte Kim währenddessen heimlich von der Seite. Die mit Kajal umranden Augen sahen Müde aus und lagen in tiefen Schatten eingebettet. Es war beunruhigend Kim so angespannt und erschöpft zu sehen. Bei diesem labilen Anblick bekam Marcel Mitleid mit seinem großen Bruder. Zögerlich streckte er seine Hand nach Kim aus und berührte sanft seinen warmen Unterarm. „Du warst die ganze Nacht wach, oder?“ fragte Marcel. „Du musst dich nicht um mich kümmern. Du kannst dich ruhig hinlegen gehen, ich brauche deine Hilfe hier unten nicht“ „Schon gut“ Kim fühlte sich irgendwie ertappt. „Mir geht es gut. Wenn du in der Schule bist, gehe ich schlafen“ Dann zauberte sich plötzlich ein Lächeln auf seinen Mund. „Aber ich finde es süß das du dir sorgen um mich machst, kleiner Bruder“ Sowas konnte auch nur Kim raushauen, und er meinte es auch noch ernst! Marcel musste schlucken. Verlegen strich er sich eine blonde Haarsträhne zurück und wand den Blick ab. „Jetzt übertreib mal nicht!“ meinte er und presste seine Lippen zusammen um deren zittern zu verhindern. Blöder Kim… Warum musste er ihn, Marcel, auch schon am Morgen so aus der Fassung bringen?! Am liebsten hätte sich Marcel für sein peinliches Verhalten selber in den Arsch getreten, aber peinliches Verhalten hin oder her; er war nun mal nicht immun gegen die Verführungskünste eines Vampires und brauchte sich dafür auch nicht zu schämen. Er hörte ein leichtes Kichern und hob den Kopf, wenn auch widerwillig, wieder hoch. Kim grinste selbstbewusst und sah damit noch attraktiver aus. Er nahm sich die Zigarette aus dem Mund und warf sie ins Spülbecken. „Weißt du was? Du bist richtig niedlich, wenn du dir sorgen machst“ „Hör auf damit! Warum finden mich immer alle niedlich?! Bin ich vielleicht ein Tierbaby oder ein kleines Mädchen?“ Marcel zog einen Schmollmund und starrte das grinsende, schwarzighaarige Etwas vor seiner Nase, feindselig an. Lachend schüttelte Kim den Kopf. Sein neues Zungenpiercing und die langen, scharfen Eckzähne funkelten dabei im Licht. „Danke für die Lache Kleiner. Das habe ich nach dieser Nacht echt gebraucht! Aber das ist doch die Wahrheit; du siehst eben zu süß aus wenn du so Rot wirst, da kann ich nicht anderes!“ Er strich sich durch sein dunkles Haar und sah Marcel provozierend und direkt an. Wie machte der Kerl das nur? Wie immer wurde Kim kein bisschen verlegen! Marcel aber schon, ihm war die ganze Situation total peinlich. Am liebsten wäre er im Erdboden verschwunden. Er merke gar nicht wie Kim den Tisch umrundete und die Arme um seinen schmalen Oberkörper schlang. Erst als Marcel seinen heißen Atem im Nacken spürte, registrierte er was Kim tat, doch er war gefesselt von Nervosität und konnte sich nicht wehren. „Lass das…“ wimmerte Marcel nicht ganz überzeugend, und drückte sich gegen die fremden Arme. Doch Kim gab keinen Millimeter nach und zog den Kleinen sogar noch enger an sich. „Süßer, jetzt stell dich mal nicht so an…“ raunte er Marcel ins Ohr. „Bei Jeremy machst du auch nicht so ein Theater“ „Das ist aber was anderes!“ „Ach ja, und warum ist es bei ihm anders?“ Als er nichts sagte, spürte Marcel wie sich Kims Lippen erneut zu einem Grinsen formten; Sie waren ihm inzwischen so nah, dass Kims Mundwinkel seine Haut beim Hochzeihen streifte. Marcel drehte den Kopf weg um sein Unbehagen zu verbergen. Er wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Vielleicht weil es bei Jeremy normal war und sie immer so vertraut mit einander umgingen. „Hey! Warum sagst du nichts mehr?“ Marcels Blick klebte festentschlossen am Fußboden. Er weigerte sich, auch nur noch einen Zentimeter nach Oben zu gehen. Oh man! In ihm fing alles an zu kribbeln. Allein die leichte Berührung von Kims Lippen genügte schon um ihn durcheinander zu bringen. Mittlerweile sah er sicher so aus wie eine Überreife Tomate. Kim atmete scharf aus und sein Mund legte sich wie zufällig in Marcels Nacken. Die scharfen Eckzähne des Dämons spürte Marcel selbst durch die schützenden Lippen des Anderen hindurch. Das Kribbeln würde heftiger, Marcel schieß einen gequälten Laut aus. „Kim…!“ rief er heiseren. Seine ganze Wahrnehmung konzertierte sich nur noch auf ihren Hautkontakt. Ob dieser nun von gefährlicher Natur war oder nicht, aber Marcel musste sich eingestehen dass er sich ganz gut anfühlte. Sogar verdammt gut. Verboten gut! Marcel starrte weiter wie gebannt auf den Boden. Langsam stieg Wärme in seinem Körper auf. „Ich weiß nicht… was mit dir los ist, aber das ist nicht Normal für dich Kiley…“ „Das weiß ich auch…“ antworte dieser sofort, dachte aber nicht eine Sekunde daran den Kontakt ihrer Haut abzubrechen. „Aber ich weiß nicht wie ich es Stoppen soll…! Es ist kein Hunger, es ist was anderes…!“ „Scheiße nochmall!“ rief Marcel und stieß ein stilles Gebet in den Himmel. Grade eben erinnerte sich sein gelähmter Verstand an seinen Alptraum von Mephisto. Und vor allem an ihr Gespräch. Obwohl es nur ein Traum war, so zweifelte Marcel doch nicht an seiner Wahrheit. Die Hitzeperiode… sie vernebelte den Dämonen in seiner Umgebung den Verstand und trieb sie schließlich zu solch einer Verzweiflungstat. Der Kleine biss die Zähne zusammen und versuchte sich mit aller Kraft aus der Umarmung zu befreien. Jedoch hielt er nach wenigen Sekunden inne, als Kims Gesicht plötzlich von der Seite auftauchte und ihn Böse anfunkelte. Schon wieder umspielte dieses freche Grinsen seine Züge und diesmal sah Marcel sogar die perlweisen, und scharfkantigen Eckzähne wie sie lasziv über seine Lippen ragten. „Du kleiner Zappelphillipp!“ rückte Kim seinen kleinen Bruder. Dann beugt sich vor und legt seine Lippen auf Marcels Wange. Sie fühlte sich so schön weich und warm an…. Am liebsten hätte er vorsichtig hinein gebissen um sie zu kosten, aber Kim wollte kein Risiko eingehen! Er hörte, wie das Blut des Kleinen in Wallung geriet und dann mit Hochdruck in die geküsste Stelle schoss. Sanft, als könnte er ihn verletzt, leckt er kurz über Marcels glühende Haut. „Hab keine Angst…“ hauchte Kim und löst seinen klammernden Griff etwas. Sicher taten Marcel inzwischen schon die Rippen weh. Und er wollte den Kleinen nicht verletzten „Ich werde dir nichts tun… nur lass mich… dich ein wenig berühren“ Ohne auf seinen brüllenden Verstand zuhören dreht Kim Marcel langsam zu sich um und küsste ihn auf den Mund. Erst sah er, wie dieser die Augen aufriss dann als nächstes die Panik ihn innen aufflammen Ein erstickter Laut steckte in Marcels Hals, aber er war nicht in der Lage, ihn hinaus zu schreien. Er war ja nicht mal in der Lage sich auf den Fängen seines Bruders zu befreien. Er schloss die Augen und unterdrückte ein leises Keuchen. Was war nur los? Warum fühlte er sich plötzlich so zu Kim hingezogen? Sie waren Geschwister! HALLO GEHIRN!? Selbst wenn er sich befreien hätte könnte, so wusste Marcel doch, dass er sich seinem Bruder jederzeit Freiwillig hin geben würde. Und noch etwas wurde Marcel Klar; ihr Kuss hatte rein nichts Brüderliches an sich! Noch schlimmer, seinem Körper schien dieser Gedanke zugefallen. Das Kribbeln von eben erreichte einen neuen Höhepunkt und ließ Marcels Puls in den dreistelligen Bereich schießen. Stöhnend riss er sich los und starrte in Kims glühende Augen. Na toll, sein Bruder dachte wohl an das Gleichen wie er! Wieso waren sie sich ausgerechnet in DIESER Sache mal einig?! „Das ist nicht richtig, was wir hier machen!“ knurrte Marcel. Kim nickte zustimmend. Doch kaum hatte Marcel diesen Satz ausgesprochen, schon hang wieder diese komische, angespannte Stimmung zwischen ihnen. Man hätte die berühmte Stecknadel fallen hören können, so leise war es im Raum. Dieser Moment weilte allerdings nur kurz, dann vereinten sich ihre Lippen auch schon wieder zu einem neuen Kuss. Marcel riss leicht die Augen auf, küsste aber zurück. Sie taten es schon wieder! Und seine Gefühle spielten erneut verrückt. Oh man und diese Aura, dachte er l leicht eifersüchtig. Sie war so wahnsinnig anziehend und zugleich total erotisch! Was gefiel ihm eigentlich nicht am Kim? Alles an ihm war Toll! Er war zwar sein Bruder und trotzdem… trotzdem fühlte sich Marcel unglaublich wohl in seinen starken Armen. Ohne nach zu denken erwiderte Marcel also den Kuss und Kim legte die Hand in seinen Nacken und zog ihn noch näher an sich heran. „Wo soll das Ganze hier enden?“ sprach Kim gegen Marcels Lippen. Seine Stimme klang rau und abgehackt, der Blick seiner verschiedenfarbenden Augen tanze vor Aufregung hin und her. Doch… er musste hier und JETZT einen Schlussstrich ziehen. Aber kaum stellte sich sein Blick wieder auf Marcel ein schon kamen ihn dieser rote, unheimlich Süße Mund schon wieder nah… Augenblicklich entwich Kim ein abgrundtiefes Seufzten. Wo er doch selbst die Impulse gegeben hatte wollte er eigentlich keine Gewalt verwenden, um diese eigenartige Situation zu beenden. Jedoch ließ ihn Marcel gar keine andere Wahl… Schweren Herzens ruckt Kims Kopf nach vorne und er biss Marcel kurz aber kräftig mit den Vorderzähnen in die Lippen. „Aua!“ jammerte Marcel sofort los und drückte sich von seinem Bruder weg. „Was soll der scheiß!?“ „Schön das ich wieder deine Aufmerksamkeit habe!“ bemerkte Kim trocken. „Meine Aufmerksamkeit?! Spinnst du!? ich… ich weiß nicht… Du... ich… wir… Kim?!WAS HABEN WIR GETAN?!“ Kim hob bloß abwehrend die Hände. „Bleib mal auf den Boden, Kleiner! Es besteht kein Grund gleich auszuflippen“ Das war seine ironische Antwort und er schenkte Marcel einen bösen Blick. Das war ja echt die reinste Achterbahn der Gefühle! Es war unheimlich, wie schnell sich Kim und vor allem seinen Körper wieder unter Kontrolle hatte. „Ich bin genauso verwirrt wie du“ gestand der Ältere schließlich und fuhr sich mit den langen, grazilen Fingern durch seine Haare. „Aber wir müssen das jetzt ganz schnell vergessen. Wir schieben die Schuld einfach auf meinen Schlafentzug und auf deine Hitzeperiode, ja? Vielleicht steht uns ein schwerer Kampf mit dieser Gruppe Nemesis bevor, da können wir uns über solche Kleinigkeiten keinen Kopf machen!“ Überzeugt willigte Marcel ein. Was hatte er auch für eine andere Wahl? „Okay… das bleibt aber unsere Geheimnis ja Kiley?“ „Natürlich“ antworte Kim rasch. „Wenn Jeremy und Daimon von unserem Kuss wüssten… oh weh, die würden uns Umbringen“ Er reichte Marcel seine Hand zum Schwur und Kleine schlug ohne zu zögern ein. „Aber…“ sprach Kim leise und Marcel sah zum ersten Mal wie die coole Fassade seines Bruders bröckelte. Beim genaueren Hinsehen hatten seine Wangen sogar einen leichten Rotton angenommen „Halt mich jetzt bitte nicht für Gestör, aber mir hat es gefallen. Ich weiß das ich dich damit nur noch mehr verwirre, aber warum sollte ich dich belügen? Ich fand unseren Kuss schön. Und es ist schade das wir Geschwister sind…!“ Er grinste Marcel verlegen an und dieser wurde knallrot. Dann hob er seine Hand, führte sie zu seinen Mund und küsste liebevoll Marcels Finger. Dann schüttelte Kim den Kopf und ließ langsam die fremde Hand los. „So, jetzt haben wir aber genug Zeit vertrödelt. Guck das du endlich in die Schule kommst! Na los, Hopp! Ich will nicht dafür verantwortlich sein, das du zu spät kommst!“ „Ist ja schon gut“ rief Marcel und machte einen erschrockenen Satz zur Türe. „Bis heute Mittag dann!“ Er war immer noch völlig neben der Spur. Auf den Weg zur Bushaltstelle versuchte er seine wirren Gedanken zu ordnen. Er hatte wahrhaftig mit seinem Bruder rum geknutscht, und es hatte ihm auch noch gefallen! Kim meinte sogar, das schade war das sie mit einander Verwand waren! Die Wangen des Kleinen fingen bei dieser Erinnerung wieder an zu glühen. Du lieber Himmel, was hatten die beiden da nur verbrochen? Er würde Kim nie mehr so sehen können, wie früher... Ohne hoch zu schauen blieb er seufzend an der Haltestelle stehen und strich sich mit der Hand durch seine langen, blonden Haare. Sie waren in den letzten Monaten ein ganzes Stück gewachsen und reichten im mittlerweile bis über die Schultern. „Hey Marcel! Marcel! Hier drüben!“ Sein Kopf flog nach oben und sein Blick fiel auf ein rothaariges Mädchen, das wie ein Gummiball auf ihn zusprang und dann die Arme um einen Hals schlug. „Schön dich zusehen!“ rief Fee enthusiastisch und schmiege sein Gesicht vertrauensvoll an Marcels „Wo warst du Gestern? Connor meinte zu mir, du machtest Blau wegen Daimons Schlägertypen, die die Schulgänge bewachten!“ Verlegen kratze sich Marcel an der Nasenspitze. „Ähm… ja Fee, das ich richtig. Tut mir leid, das ich euch nichts von meinem Plan erzählt habe“ Fee funkelte ihn mit ihren dunkelblauen Augen ärgerlich an. Sie waren wirklich blau. Elektrisierend Blau. „Das sollte dir auch Leidtun, mein Lieber; Connor und ich hätten uns auch gerne einen freien Tag gemacht. Das nächste Mal sagst du uns Bescheid, oder wir werden in Zukunft der Grund sein, warum du nicht zur Schule kommst!“ „Hilfe! Bloß nicht. Dann habe ich keine Chance mehr!“ Marcel grinst seine beste Freundin viel versprechend an. Diese erwiderte das Lächeln und verstrubelte Marcel liebevoll den Pony. „Wie geht es dir eigentlich? Gibt es noch was Neues bei euch zuhause und sind die Zwillingen auch nett zu dir?“ Fast hätte Marcel sich an seiner Spucke verschluckt. Er guckte Fee eine Sekunden lang stumm und senkte dann den Blick. Natürlich blieb Fee diese kleine Geste nicht verborgen. Sie trat einen Schritt näher an ihn heran und berührte besorgt seine Hand. „Hey Marcel, sag was. Läuft es nicht gut mit ihnen? Schikanieren sie dich, jetzt wo Jeremy nicht da ist?“ „Nein das ist es nicht, aber es passieren in letzter Zeit komische Sachen Zuhause“ Jetzt sah Fee wirklich besorgt aus. Alarmiert bauchte sich ihre rote Löwenmähne unter lautes knistern auf und ein kleines Fauchen verließ schlagartig ihre Kehle. „Komische Sachen?! Aber Marcel, warum hast du mir das denn nicht schon eher erzählt?“ Fee griff seine Hand und drückte sie leicht mit den Fingern. „Weißt du was? Mein Angebot steht immer noch; Du kannst die nächste Zeit gerne bei mir einziehen! Meine Eltern hätten nichts dagegen, ich habe schon mit ihnen gesprochen. Ich mag dich doch, du bist mein bester Freund und ich will nicht, das dir jemand weh tut!“ Das Mädchen wandte ihren Blick ab und Marcel sah, wie sie leicht Rot um die Nase wurde. Wie immer viel es der temperamentvollen Fee unheimlich schwer, über ihre wahren Gefühle zu reden. „Das ist lieb von dir, Fee“ Marcel streichelte ihr mit den Daumen über die Hand „Aber das meine ich nicht mit komische Sachen. Sie verprügeln mich nicht oder so, wie du jetzt vielleicht denkst“ „Was denn?“ „Hmm, können wir nach der Schule darüber reden? Unter 4 Augen meine ich“ Fee nickte und sah Marcel mit großen Augen, fragend an. „Aber du musst mir versprechen es geheim zu halten, ja? Du darfst mit niemanden darüber reden und du musst mir darauf dein Wort als beste Freundin geben“ Sofort verengten sich Fees Augen zu kleinen Schlitzen. Grimmig zog sie ihren roten Mund nach unten. „Die haben aber keinen Umgebracht, oder?“ „Um Gotteswillen – Nein! Deine Fantasie kennt mal wieder keine Grenzen, was?!“ „Ich meinte ja nur!“ bewerte sich Fee und verschränkte schmollend die Arme. „Bei den Zwillingen kann man schließlich nie wissen!“ Sie ruckte ihren Kopf zur Seite und ihre Haare wehten dabei prachtvoll im Wind. Scheiße, nun sah sie wirklich angepisst aus. „Ah!“ rief sie plötzlich und Marcel zuckte leicht zusammen. „Da kommt ja schon der Schulbus!“ Wie auf Schlagwort brummte der Motor und hielt dann zischend an der Bushaltestelle. Marcel und Fee schnappten sich ihre Taschen und stiegen rasch ein. „Sag mal“ meinte Marcel und sah zur Seite. Sie hatten grade in der letzten Sitzbank Platzgenohmen und die Taschen zu den Füßen abgesetzt. „Wo ist eigentlich Connor? Müsste er nicht schon längst im Bus sitzen?“ Bei diesen Worten kramte Fee auch schon nach ihrem Handy und blickte auf den Bildschirm. „Hmm, eigentlich schon. Vielleicht ist er über Nacht kranken geworden. Aber warum hat er mir den nicht geschrieben?“ sie zog die Augenbrauen zusammen. „Das sieht Connor aber gar nicht ähnlich!“ „Vielleicht schläft er noch und kann dir deshalb nicht schreiben“ „Schon möglich. Ich werde ihm nachher in der großen Pause mal eine SMS schreiben. Mal sehen, was er hat…“ „Hallo Kinder“ Trotz allem war der Schultag schnell vorbei gegangen und Marcel betrat mit Fee am Nachmittag ihr Zuhause. Ihre Mutter stand schon in der Küchentüre und winkte den beiden grinsend zu. „Na wie geht es euch? War die Schule schön?“ fragte sie und der Französische Akzent in ihrer Stimme dominierte hörbar. Fees Mutter sah ihrer Tochter wirklich sehr ähnlich. Sie war ebenfalls Rothaarig und mit schönem Antlitz gesegnet. Marcel wusste, dass die junge Frau viele heimliche Verehrer in der Stadt hatte und doch war sie ihrem Mann stets treu und besaß ein großes Herz. „Gut Mama, danke. Du hast doch nichts dagegen, wenn Marcel heute Nachmittag hier bleibt, oder?“ fragte Fee und zog sich die Schuhe aus. Fees Mutter, Isabell Ledoux lachte nur. „Nein mein Schatz, der Kleine ist ein gern gesehener Gast in diesem Haus!“ Sie zwinkerte Marcel zu. „Ich muss aber nun weiter machen. Ich rufe euch später dann, wenn das Essen fertig ist“ Und damit war Isabell auch schon wieder hinter ihren Kochtöpfen verschwunden. „Komm“ sagte Fee und führte Marcel in ihr großes Zimmer. In der Mitte des Raumes stand ein riesiges Himmelbett und durch eine kleine Türe in der hinteren Ecke, gelangte man in Fees Ankleidezimmer. Auf der anderen Seite befand sich eine zweite Türe, wohinter sich dann ihr eigenes Badezimmer befand. Viele wollten mit Fee, der Tochter des reichen Unternehmerpaars Ledoux aus Frankreich befreundet sein, doch sie war wählerisch und wollte niemanden haben, der sie nur aufgrund ihrer Schweizer Bankkonten mochte. Fee setzte sich auf ihr Bett und klopfte einladend auf die Matratze. Sie lächelte mit funkelnden Augen und Marcel erfüllte ihr ihren Wunsch nur allzu gerne. „Nun erzähl mal, Marcel! Ich zerbreche mir schon den ganzen Tag den Kopf über dein Geheimnis“ „Ähm…“ machte Marcel. Unsicher knete er seine Finger und suchte nach den richtigen Wörtern. Mehrere Minuten verstrichen und Fee rutschte ungeduldig vor und zurück. „Na? Bist du noch anwesend?“ fragte sie nach drei sprachlosen Minuten ein wenig böse. „Lass mich nachdenken“ fordere Marcel und wünschte sich schon fast, er hätte Fee heute Morgen doch nichts erzählt. Aber nun war es zu spät…! „Glaubst du an das Übernatürliche?“ fragte er schließlich und sah Fee dabei ernst in die Augen. Das Mädchen erwiderte seinen Blick verwirrt. „Ist das jetzt dein Ernst?“ Marcel nickte fest entschlossen. „Das ist mein voller ernst. Ja oder Nein?“ „Ich weiß nicht so genau… Es gibt Momente an denen ich glaube das es da noch etwas Anderes gibt, aber ich kann an nichts Glauben, dass ich nicht mit eigenen Augen gesehen habe“ „Gut, das kann ich nachvollziehen. Mir ging es genau so - “ „Ging!?“ unterbrach ihn Fee stürmisch und ruckte Marcel auf die Pelle. Zitternd schnappen sie sich ein Kissen und drückte es gegen ihren Mund. Dieses Mädchen war der Hammer! Manchmal wirkte sie kühl und überheblich, aber jetzt zum Beispiel, sah sie total verunsichert und ängstlich aus. Irgendwie… so normal und unschuldig. „Willst du etwas behaupten, das… das… das…!“ „Jetzt lass mich doch erst mal ausreden, Fee!“ Marcels Ton klang tadelnd, aber er musste sich doch ein kleines Grinsen verkneifen; mit so einer Reaktion hätte von seiner besten Freundinn nicht gerechnet. „Du erinnerst dich doch sicher daran, als ich dir und Connor erzählt habe, wie ich vor sieben Jahren in unserem Haus ein Monster gesehen habe, oder? Tja… das war keine Einbildung wie mir zuerst Alle einreden wollten. Das war Real. Dieses Monster gibt es wirklich“ Nun lag Fee fast auf den Rücken. Ihr Gesicht war bis zu den Augen hinter dem Kissen verschwunden. Erwartungsvoll schaute sie Marcel an. „Das ist jetzt nicht wahr“ hauchte sie leise und fast flüstern Doch Marcel bestätigten ihr mit einem kurzen Nicken die Wahrheit. „Meine Brüder – Jeremy, Kiley und Daimon – sind Dämonen“ Nun war es endlich raus! Marcel hatte das Gefühl, als würde ihm jemand eine große Last von den Schultern nehmen. Gleichzeitig begann sein Herz wie Wild zuschlagen. Er nahm an, das Fees ihres ein ähnliches Theater veranstaltete. Aber hatte er auch das Richtige getan? Hatte er seinen Geschwistern denn nicht versprochen, ihr Geheimnis für sich zu behalten? Dieser Gedanke schob Marcel jedoch in die hinterste Ecke seines Gedächtnisses und konzentrierte sich wieder auf das Geschehen. Fee lag nur regungslos in ihrem Bett und kleine Schweißtropfen traten auf ihre Stirn. Nur mühsam gelang es ihr, ein erschrockenes Keuchen zu unterdrücken. „Fee?“ fragte Marcel vorsichtig. Mit großen Augen sah er das Mädchen an, dessen Brustkorb sich schnell hob und senkte. Würde sie gleich ausflippen und rum schreien? Doch dann schob Fee das Kissen zur Seite und Marcel stellte fest, dass der Ausdruck ihres Gesichtes ihm für einen Moment dem Atem raubte; Es war entschlossen und gefasst. „Marcel“ sagte sie mit einer eigenartigen, hölzernen Stimme. Unwirsch strich sie sich eine feuerrote Haarsträhne aus den Augen „Ich weiß ja du fest an die Existenz von Geistern glaubst, aber deine eigenen Geschwister als Dämonen zu bezeichnen, ist schon irgendwie ziemlich fies“ Natürlich. Fee glaubte ihm kein Wort! Das wäre ja auch zu schön gewesen nach dem ganzen Ärger der letzten Wochen…! „Ist es die Wahrheit! Ich würde dich doch nicht belügen und riskieren, mich lächerlich zu machen“ „Ach komm, du verarschst mich doch!“ „NEIN!“ rief Marcel so laut dass Fee zusammen zuckte. Dann sprang er auf die Beine und war schon im Begriff seine Schultasche zu schnappen, als ein Klingeln an der Haustüre ihn kurz aus dem Rhythmus brachte. Erstaunt schaute er zu Fee zurück; doch sie sah ebenfalls Ahnungslos aus und zuckte mit den Schultern. Vielleicht war es der Postbote oder eine Verkäufer…. „Fee, Marcel!? Kommt ihr bitte mal runter?“ Das war eindeutig Isabell Ledoux. Die beiden sahen sich ein letztes Mal fragend an und gingen dann in den Hausflur, gradewegs auf die Mutter zu. „Was ist?“ fragte Fee. „Da ist jemand für dich, Marcel“ Er sah der jungen Frau die Verzweiflung sofort an; förmlich war ihr diese ins Gesicht gemeißelt. Marcel nickte kurz und schaute vorsichtig an ihr und seiner besten Freundinn vorbei. Mit den Händen tief in der schwarzen Lederjacke vergraben, glimmerden Zigarette zwischen den weißen Lippen und vor Zorn lodernden Augen stand Daimon auf der Fußmatte der Ledoux und schaute Marcel wütend an - eine Wut, welche er bereits vorausgesehen hatte. „Nett von dir, dass du deine Freundinn besuchst ohne mir oder Kim vorher Bescheid zu sagen. Machst du das bei Jeremy eigentlich auch so?“ „Tut mir leid, Daimon. Das habe ich heute Morgen ganz vergessen“ sagte Marcel mit leiser, angsterfüllter Stimme und blieb jedoch hinter Fees Mutter stehen, denn er kannte Daimons Temperament allzu gut. Um ehrlich zu sein, würde er dort am liebsten bis morgen Früh stehen bleiben… Unbeeindruckt zog sein Bruder eine Augenbrauche hoch. Er sah nicht sehr besänftig aus. Im Gegenteil, mit jedem neuen Wort schien die Wut in Daimon nur noch größer zu werden. Er machte den Mund auf, und wollte Marcel schon zur Sau machen als Isabell plötzlich eine schnelle Bewegung machte und ihre Hand auf Marcels Schulter legte. Zufrieden sah der Rothaarige, dass diese Hand leicht zitterte. Daimons grüne Augen funkelten schelmisch; er hatte mit seinem Auftritt mal wieder genau ins Schwarze getroffen! Isabelle sah betreten zu Boden, sodass die anderen nicht sehen konnten, dass ihr Gesicht sich kalkweiß gefärbt hatte. „Keine Sorge, dein kleiner Bruder war hier in besten Händen“ Ihre Stimme klang dünn und so Ängstlich wie Marcels seine vorhin. Ja, sie mussten nicht ganz Neidlos zugeben dass dieser junge Mann vor der Haustüre eine ganz besondere Ausstrahlung hatte, und ihr eine Heidenangst einjagte. Der Kerl, der so unbeschwert und sorglos vor ihr stand, war wie ein Wesen aus einer anderen, düsteren Zwischenwelt. So nahm Daimon seine Zigarette aus dem Mund, löschte mit bloßen Fingern die Glut und steckte den halben Stängel wie in die Zigarettenpackung zurück. Dann zuckte er ungerührt mit den Schultern und sah Marcel mit einer stillen Aufforderung an. „Soll ich hier draußen ein Zelt aufschlagen oder kommst du mal endlich in die Gänge? Bevor wir nachhause gehen, muss ich nochmal in die Stadt, also beeil dich einbisschen!“ Marcel war noch immer ganz verstört, er konnte nicht Antworten „Warte, ich muss noch meine Schultasche holen!“ sagte er nur und rannte in Fees Zimmer zurück. Ehe er wieder aus der Türe stürmte konnte, fühlte er sich von zwei schlanken Händen festgehalten. „Bitte Marcel! Mit dem Kerl willst du mitgehen? Dein Bruder sah echt total furchteinflößend aus!“ hörte er Fee Stimme an seinem linken Ohr flehen. „Ich habe Angst dass ich dich nie wieder sehe, wenn ich dich mit Daimon weggehen lasse!“ „Schon gut, Fee“ Marcel löste mit sanfter Gewalt ihre Finger und lächelte das aufgebrachte Mädchen leicht verzweifelt an. „Ich glaube nicht das er mir was tut, solange Jeremy am Leben ist“ „Aber…!“ protestierte Fee laut. Doch Marcel ging schon weiter und entfernte sich aus ihrem Sichtfeld. „Ich glaube dir! Hörst du!? Ich glaube die Sache, die du erzählt hast!“ Sie schluckte und kleine Tränen glitzerten in ihren Meerblauen Augen. Marcel stutze. Doch der plötzliche Sinneswandel kam ein bisschen Spät um ihn jetzt noch aufzuhalten. Er drehte sich zu seiner Freundinn um und lächelte sie ein letztes Mal an. An der Türe angekommen sah Marcel, dass Isabell wie ein Torwächter auf der Schwelle stand und Daimon leicht genervt am Rahmen lehnte und die zweite Hälfte seine Zigarette Rauchte. „Marcel kann auch gerne hierbleiben solange du in die Stadt gehst. Wenn du zurück bist, kannst du ihn mitnehmen“ versuchte Isabell noch einmal abzulenken, doch Daimon schüttelte mit eiskalten Blick den Kopf. „Ich will ihn nicht gleich, sondern SOFORT Mitnehmen. Danke, dass Sie solange auf ihn aufgepasst haben, Frau Ledoux “ Daimon verbeugte sich, was man allerdings nur als Verhöhnung auffassen konnte, quetschen sich an Isabell vorbei und beförderte Marcel mit einem scharfen Ruck am Handgelenk aus der Wohnung. Daimon grinste seinen Bruder schief an und Marcel spürte, dass sein Herz einen Sprung macht und nicht mehr richtig in seinen normalen Rhythmus zurückfand. Er schluckte, obwohl seine Kehle staubtrocken war und es eigentlich nichts runter zu schlucken in seinem Mund gab. Er drehte den Kopf langsam und bemerkte die entgeisterten Blicke von Isabell und Fee. Sein Körper verkrampfte sich merklich; die beiden machten den Eindruck als würden sie am liebsten die Polizei rufen. Ein bisschen mutiger schaute Marcel zu Daimon hoch und riss sich ruppig aus seinem Griff. „Man ey, Daimon! Was sollte denn das für ein Auftritt sein? Willst du mich eigentlich zum Gespött des ganzen Dorfs machen?!“ „Zick nicht rum du Bohnenstange! An deinem Unglück bist du wiedermal selber schuld!“ Daimon drehte sich auf seinem Absatz um und lief auf den Bürgersteig zurück; weg von dem Haus der Ledouxs und weg von 2 paar neugierigen Ohren, die gierig alles Gesagte aufsogen. Der Trotz in seiner Stimme eben, nicht zu überhören gewesen. „Was meinst du damit?“ fragte Marcel und lief Daimon hinterher, behielt aber einen sicheren Abstand zu ihm. „Was ich damit meine? Bist du echt so blöd, oder tust du nur so? Gestern Morgen wurde Kuroro hinter unserm Haus angegriffen und heute kommst du nach der Schule nicht Nachhause! Was glaubst du, welche schönen Gedanken mir und Kim so alles in den Kopf schossen?! Alter, wie gerne würde ich dir jetzt eine Scheuern…“ Seine Augen funkelten als Daimon sich umdrehte und wohl grade Überlegte, ob es irgendwelche Konsequenzen für ihn hätte, wenn er seinem Bruder auf Öffentlicher Straße eine saftige Ohrfeige verpasste. Instinktiv wich Marcel nach hinten und hob die Hände zu Fäusten geballt in die Luft. Seit der letzten Auseinandersetzung in der Sporthalle, wusste er genau wie sich Daimon verhielt kurz bevor er zuschlug. Damit stand Marcels Entscheidung fest: er würde Kämpfen… „Du verhältst dich wie ein Kleinkind!“ knurrte Daimon und kickte eine leere Coladose auf die andere Straßenseite. „Oder denkst du, dass solch ein Angriff Spurenlos an Kim und mir vorbei geht!? Wir wissen nicht genau wie es weiter geht, und ob noch mehr Attacken auf uns oder unsere Freunde kommen. Kim ist jetzt schon total am Ende; er würde sich am liebsten Zuhause einsperren und im Keller eine kleine Atomwaffe basteln. Wie immer wird der Kerl in solchen Stresssituation sehr Extrem. Naja, dieses Verhalten hat er wohl zweifellos von Jeremy übernommen“ Marcel legte den Kopf schief und versuchte seinen rasenden Gedanken zu folgen. Womöglich waren seine Brüder - die Zwillinge doch nicht so Taff, wie sie immer behaupteten und mussten sich nun eingehen, dass sie Angst hatten. Angst, vor die Unbekannten Nemesis und ihrer mysteriösen Fähigkeiten. „Wie hast du mich überhaupt Gefunden?“ fragte Marcel und versuchte das Thema in eine andere Richtung zu lenken. „Ich bin deinem Geruch von der Schule aus gefolgt, was sonst?!“ „Okay… und warum willst du noch in die Stadt gehen? Sollten wir nicht erst Zuhause vorbei gehen und Kim sagen, das du mich gefunden hast?“ „Ach was, Kiley vertraut mir. Er weiß, dass ich dich finde und lebten zurück bringe. Wir gehen jetzt in die Stadt, weil ich noch ein Medikament holen muss. Kuroro ist in den frühen Morgenstunden aufgewacht und hat das ganze Haus zusammengebrüllt. Er muss unwahrscheinliche Schmerzen haben… Und nichts was wir Zuhause an Schmerzmittel da haben, reicht aus um ihn ruhig zustellen“ Daimon erschauerte kurz, aber doch heftig bei den Gedanken daran. „Gute Idee“ meinte Marcel vorsichtig. „Aber du weißt doch das Freitag ist, und die Apotheken heute nur bis um 13 Uhr auf haben. Und wir haben mittlerweile Nachmittag. Also werden die Geschäfte in Thirsk jetzt schon lange geschlossen sein“ „Wer hat denn sagte, dass wir in die Apotheke gehen?“ erwiderte Daimon feixend. „Nicht in die Apotheke?! Wo willst du denn sonst so ein Zeug herkriegen? Warte mal… jetzt sag mir nicht, das du irgendwelche Krummen Sachen am laufen hast?!“ „Und was, wenn es so wäre? Marcel runzelte die Stirn. Musste das sein? Als Bauchmensch handelt Daimon immer impulsiv uns ohne große darüber nach zu denken… Das könnte eng für die beiden Brüder werden. „ Daimon, ich mache mir nur Sorgen. Du hast doch jetzt schon genügend Anzeigen wegen Sachbeschädigung und Körperverletzt bei der Polizei. Willst du jetzt auch noch eine bekommen, weil du Drogen kaufst?“ Ein Schulterzucken war die Antwort. „Wenn du einen besten Vorschlag hast, dann hau `raus! Ich bin dir ganz Ohr!“ „Habe ich nicht…“ knurrte Marcel. Aber auch wenn er keine bessere Idee als Daimon hatte, so wollte er sich doch nicht mit den Gedanken anfreunden, Kuroros schmerzen mit Drogen zu bekämpfen. Das nagende Angstgefühl Gefühl in seinem Bauch ließ Marcel innerlich zusammenzucken. Wenn doch nur Jeremy da wäre! Er hätte sie alle Retten können und Nemesis würde Reißaus nehmen. „Hättest du Kuroro heute Morgen erlebt, würdest du das Gleiche machen wie ich, Marcel. Ich kann es einfach nicht ertragen wenn ein Freund wie er so leiden muss.“ Hastig riss sie Marcel aus seinen Tagträume reihen und sahen leicht irritiert zu Daimon hoch. „Entschuldigung, was hast du grade gesagt?“ „Schon gut! Entweder hörst du mir sofort zu, oder du vergisst das Ganze!“ „Toll, du legst mal wieder eine super Laune an den Tag! Warum musst du mich auch immer so fertig machen?! Wäre ich mal bei Fee geblieben, so wie es ihre Mutter wollte…“ „Halt deine Klappe oder du knutscht gleich den Asphaltboden!“ Sie stritten sich noch weiter und erreichten bald die Stadt. Ein Blick gen Himmel verriet ihnen dass es jeden Moment Regnen könnte. Dicke, schwarze Wolken verdeckten die Sonne und ohne ihre wärmenden Strahlen, war es an diesem Freitagmittag recht frisch. Man könnte es fast schon Kalt nennen. Irgendwo krächzend ein paar Krähen in den Kronen der Bäume und der Wind scheuchte lose Blätter auf dem Boden vor sich her. Die Geschwister liefen mit schnellen Schritten durch ein eher abgelegenes Stadtviertel; überall lag Unrat, Müll überzog den Boden wie ein bunter Teppich und betrunkene Obdachlose lehnten schlafend gegen Graffiti beschmierte Hausmauern. Marcel bekam eine Gänsehaut – diese Gegend hatte er bis jetzt noch nie betreten. Unbewusst rückte er näher an Daimon heran und schnappte sich mit zwei Fingern den Saum seiner Lederjacke. „Na, wo ist denn dein großes Maul hin? Hast du etwa Angst?“ Marcel fröstelte es leicht. „Ich war hier noch nie – und ich kann dir jetzt schon sagen, dass das nicht mein neuer Lieblingsplatz wird. Hier ist es irgendwie Unheimlich…“ „Das hier ist nur ein stinkendes Ghetto“ verbesserte ihn Daimon barsch und beschleunigte sein Tempo etwas. „Nicht mehr, und nicht wenig“ Er steuerte ein altes Mehrfamilien Haus an und führte Marcel in die sechste Etage des Hochhauses; Hier sah es genauso schlimm aus, wie draußen auf der Straße. Nur mit dem kleinen, aber entscheidenden Unterschied, das hier irgendwie tatsächlich Menschen lebten. Daimon schlug mit der Faust gegen eine Wohnungstüre und das morschte Holz gab ein alarmierten Knacken von sich. Er wartete ein paar Sekunden und wiederholte dann seine Handlung. Marcel hörte wie Leben in die Wohnung kam und jemand fluchten die Türe auf riss. „Alter, geht’s noch!? Was soll der schei-!!“ Dem Kerl in der Haustüre blieb das Wort regelrecht im Halse stecken als er Daimon erblickte. Prompt wurde er Blass. Kleine Schweißperlen bildeten sich auf seinem Gesicht und sein rechter Mundwinkel zuckte gefährlich. „Da- Dai - Daimon!!“ stotterte der junge Mann hysterisch. „Lang` nicht gesehen, Mann! Was führt dich zu den guten, alten Tony?!“ „Schwing hier keine Reden, du Flasche. Ich bin nicht hier um mit dir ein Plauschen zuhalten. Hast du Stoff?“ Daimon funkelten den Kerl namens Tony Böse an. „Stoff?“ fragte Tony zitterten. Der Schweiß lief ihn inzwischen als allen erdenklichen Poren und benetzte sein weißes Hemd großflächig. Er war irritiert, einen Mann seines Kalibers so verstört zusehen. „Ja Stoff! Stell dich nicht blöd! Ich weiß genau, das du welchen hast!“ fauchte Daimon aggressiv. „Tut mir echt leid für dich, Daimon, aber ich habe grade keinen da. Wirklich nicht“ versuchte Tony hilflos abzuwehren, doch es war eine lahme Abwehr. Unter Daimons zornigen Blick strupfte er auf Fingerhut Größe Zusammen. Dann Kapitulierte er zähneknirschend. „Ok ich hab schon verstanden; komm rein!“ Erst jetzt nahm der Mann Notiz von Marcel, dieser sich lautlos an das Treppengeländer gelehnt hatte und bitzelte Heftig. Tony warf Daimon einen verständnislosen Blick zu. „Die kleine Rotznase gehört zu dir?“ „Blitzmerker! Aber nennst du ihn noch einmal Rotznase, dann breche ich dir deine. Und gleich dazu den Kiefer!“ Der Mann wisch schauderten zurück und winkte die beiden Brüder in seine Wohnung. „Ich habe nicht gelogen“ murmelte er, als Tony die Türe hinter sich schloss „Ich habe echt nichts mehr hier, Daimon; ich habe alles was ich an Morphemen hatte, an ein junges Mädchen im Matrosenkleid verkauft“ „Ist mir doch egal!“ erwiderte Daimon im gereizten Ton. „Dann schwingst du deinen Arsch eben aus der Bude und besorgst mir neues Zeug!“ „Aber… das geht nicht. Für heute habe ich schon andere Pläne… Kann das nicht bis morgen warten?“ „Wäre ich jetzt hier, wenn DAS nicht bis morgen warten könnte?! Nein, du Spatzenhirn! Ich warne dich Tony, ich bin heute extrem schlecht drauf! Wenn du nicht gleich in Richtung Markt verschwunden bist, dann schmeiße ich dich eigenhändig aus dem Fenster!“ „Schon gut!“ brüllte der Mann vor entsetzten und schnappte sich im Vorbeigehen seine Lederjacke. Er warf einen ängstlichen Blick zu Daimon und Marcel zurück. Dann flackerte für einen sehr kurzen Moment Hohn in seinen wässrig, braunen Augen auf. „Versaut mir bloß nicht das Sofa während ich weg bin, das ist neu!“ Und schon knallte Tony die Türe hinter sich zu. Grade rechtzeitig, denn Daimon warf dem Mann eine Blumenvase hinterher, die unter lauten scheppern an der Wand zerbrach und in tausend teile zersprang. „So ein frecher Wixxer!“ fauchte der Rothaarige und in seinen Augen tobte ein wütender Sturm. „Hätte ich ihm doch mal die Nase gebrochen!!“ Als Tony endlich weg war entspannten sich Marcels verkrampfte Schultern ein wenig. Er hatte sie die ganze Zeit angespannt, aus Angst gleich eingreifen müssen, wenn Daimon auf die Idee käme diesem skurrilen Tony ein paar zu Klatschen. Er legte die Hand in seinen Nacken und drehte den Kopf vorsichtig nach links und rechts. Währenddessen musterte er seinen Bruder heimlich von der Seite. „Woher kennst du diesen Typen, Bruderherz?“ Daimon schnaubte verächtlich auf diese Frage. „Der Kerl war früher mein Dealer. Er hat seinen Teil dazu beigetragen, dass ich vor 3 Jahren in die Drogensucht gerutscht bin. Tony hat mich bestens versorgt und damit immer tiefer in den Abgrund geschürzt. Irgendwann sind mir wie du weißt, Kiley und Jeremy auf die Schliche gekommen und haben mich dann auch sofort in eine Entzugsklink verfrachtet. Noch am selben Abend sind sie hierher zu Tony geflitzt und haben ihn so richtig aus einander genommen. Seitdem habe ich diese Gegend hier und auch ihn nie wieder gesehen. Bis heute… Aber so wie ich Tony eben erlebt habe, haben Kim und Jerry richtig gute Arbeit geleistet. Tony ist nur noch ein Schatten seiner Selbst. Über die Jahre hinweg ist er körperlich und geistig immer mehr verfallen. Als ich ihn damals kennenlernte, war es das gemeinste und brutalste Arschloch das Thirsk je gesehen hatte “ Aus Daimons Kehle schlich sich ein abgrundtief Böses Gelächter und er schaute sich derweilen in der Behausung seines Ex-Dealers um. Typisch Daimon. Er nahm wirklich nie ein Blatt vor den Mund und war in allem was er tat und sagte, immer direkt und schonungslos. Zu der gleichen Zeit in der Villa am Höllen… Schon geschlagene 3 Stunden hockte Dylan nun vor dem Computer und quälte sich durch die Anzeigen der verschiedenen Suchmaschinen im Internet. Inzwischen hatte er Türme aus Büchern, leeren Getränkedosen und Knabbereien um sich aufgebaut. Dem Albino entwich ein ärgerliches seufzten und er klickte grade einen nervigen Werbungbanner weg. Bis jetzt habe ich noch keinen einzigen Anhaltspunkt über diese seltsamen Humanoid Demons gefunden, dachte Dylan schlecht gelaunt. Könnte er doch nur Mephisto um Rat fragen! Das würde die ganze Sache tausendmal erleichtern. Aber das war leider absolut unmöglich; er durfte Mephisto und all seine anderen Freunde nicht in Gefahr bringen. Das Mädchen mit dem er letzte Nacht gekämpft hätte, diese Lucy Etoile, erschien ihm unberechenbar und gefährlich. Nein – er würde NIEMANDEN von seinem Kampf erzählen. Außerdem war sein Ziehvater seit dem gestrigen Streit sowieso schlecht auf ihn zusprechen und ging Dylan möglichst aus dem Weg. Wäre Dylan jetzt ein Mädchen und in der Pubertärenphase würde es sich erst mal den Tisch schnappen, und ihm samt Computer umwerfen. Aber da er schon über 400 Jahre alt war und dazu ein männlicher Dämon, begnügte er sich damit eine Cola Dose mit dem Handrücken vom Tisch zu fegen. So ein Mist! Dylan fischte lustlos in einer Chipstüte und stopfte sich eine Handvoll Kartoffelchips in den Mund, als ihm plötzlich eine Überschrift ins Auge sprang. Bericht aus Amerika; Humanoid Demon-Experiment nach 300 gelungen Exemplaren eingestellt. Hustend schlang Dylan seinen Bissen hinunter und klickte mit tränenden Augen die Anzeige an. Doch der Server verwies ihn sofort auf eine andere Seite, die Dylan nur als Sicherheitssperre identifizieren konnte, und nichts mehr mit dem eigentlichen Bericht zu tun hatte. „Eine Firewall!“ rief er begeistert. „Das heißt, dass ich auf etwas Wichtiges gestoßen bin. Dann bin ich richtig!“ Er leckte sich mit der Zunge über die spitzen Eckzähne und schon flogen seine weißen Finger in atemberaubender Geschwindigkeit über die Tastatur. Für solche Fälle hatte Mephisto haufenweise Hacker-Software auf seinem Rechner installiert. Es dauerte nochmal 45 min bis sich Dylan durch das Labyrinth aus Daten des Sicherungssystems gekämpft hatte. Doch dann öffnete sich ein harmlos erscheinendes Fenster auf seinem Bildschirm. Es handelte sich hierbei um eine Ausführliche Erklärung rum um Humanoid Demon-Experiment. Was auch immer diese Humanoid Demons nun für Viecher waren… Dylan beugte sich nach vorne und begann mit zusammengezogenen Augenbrauen die Verlaufsberichte eines Professors zu lesen, der als Direktor an dem Experiment beteiligt war. „Nach 10 Jahren Forschung ist es uns endlich gelungen eine kontrollierbare und biologische Waffe gegen die bestehenden Kriege zu erzeugen. Es ist ein Projekt um die internationale Verteidigung gegen den Terrorismus in der Welt zu erhöhten. Wir nennen unsere Exemplare liebevoll HD, die Humanoid Demon. Die HD sind künstliche, von Menschenhand erschaffenden Dämonen die ohne mit der Wimperzucken jeden erteilten Befehl ausführen. Wir entfernten uns bewusst von der bisher Forschung, die nur auf die Erzeugung von Atomwaffen aufbaut war. Wir wollten etwas Biologisches erschaffen, etwas natürlich, etwas Menschliches… Mein Team und ich beschloss denen Menschen selbst zur Waffen zu machen. Für das Experiment benutzen wir nur sorgfältig ausgewählte Kandidaten, denen wir tierische DNA injizierten und ihre Gene veränderten. Als Resultat erhöhte sich die Körperliche Stärke der Testobjekte enorm und ihre unterschiedlichen Sinne schärfen sich. Jeder Humanoid Demon besitzt einen Inneren Kristall der ihnen eine gewisse Fähigkeit verleiht. Diesen Kristall nennen wir Merkaba und setzten ihn den Teilnehmern nach 2 Jahren Training ein. Der Merkaba ist ein natürliches Licht-Energie-Feld, das um alle Lebewesen herum existiert. Er hat die Form einer Doppel-Pyramide, bestehend aus 2 Tetraedern. Dieser Stern aktiviert Teile im menschlichen Gehirn, die normalerweise nicht benutzt und unterdruckt werden….“ Angewidert drehte Dylan den Kopf zur Seite und musste sich erstmals Sammeln. Die Humanoid Demons waren also das Endprodukt eines grausigen Experimentes, indem Wissenschaftler versuchen einen künstlichen Dämon zu erzeugen. Eine Welle aus Mitleid erfasste ihn, jetzt wurde ihm so einiges Klar; Er konnte Lucy nicht als Dämon erkennen, weil sie tief in ihrem inneren ein Mensch war. Ein Mensch – um genauer zu sein, ein Kind – das ein krankes Experiment mit menschlichen Versuchskaninchen überlebt hatte. Vor Abscheu geschüttelt öffnete Dylan die Galerie und eine Auflistung von allen HD-Teilnehmern folgte. Die jungen Gesichter von 300 Kindern bedeckten die Seite, und jedes einzelne sah schlimmer aus, als das nächste. Auf dem 189. Platz erschien das Bild von Lucy Etoile, im Alter von 5 Jahren. Sie sah mitgenommen aus und kränklich. Die Augen des Kindes waren blutunterlaufen und seine Mundwinkel vor Angst verzerrt. Dylan bewegte den Mauszeiger auf ihren Namen und öffnete das Protokoll; Bezeichnung: 047I-85Ä#-3GZI64H Name: Lucy Etoile Geschlecht: Weiblich Experiment-dauer: 845 Tage Innerer Kristall: Feuer-Merkaba Nach den Allgemeinen Informationen zu ihrer Person kamen weiter Protokolle, Berichte, Laborergebnisse und Fähigkeiten-Einschätzungen über Lucy hinzu. Bei dem letzteren musste Dylan unweigerlich Inne halte; Den Berichten über ihre Fähigkeiten zufolge, war Lucy als sehr viel mächtiger beschrieben, als er sie im gestrigen Kampf erlebt hatte. Mit ihrer Feuerkraft konnte sie sogar Diamanten zum Schmelzen bringen, welche je nach Härte einen Schmelzpunkt von über 3550°C hatten. Dylan schluckte. Warum hatte das Mädchen die fliegenden Straßenlaternen mit denen er sie attackierte, denn nicht zu Brei geschmolzen, anstatt ihnen auszuweichen? Die Straßenlaternen waren immerhin aus Eisen und hatten damit einen sehr viel niedrigeren Schmelzpunkt, als Diamanten. Vielleicht war es ein Test, fiel es Dylan wie Schuppen von den Augen. Vielleicht wollte sie nur meine Stärke testen, und ich Idiot habe ich ihr sofort bereitwillig meine ganzen Fähigkeiten gezeigt! Er rügte sich selber für seine Dummheit und das hob seine Laune nicht grade. „Marcel!“ rief Daimon aufgebracht und packte den Jungen am Arm um ihn zu sich zu ziehen. „Was denn?“ fragte Marcel und verzog den Mund etwas. Der Griff um sein Handgelenk gehört nicht zu der sanften Sorte. „Ich wollte mich doch nur auf die Couch setzten!“ „Ja eben! Du weißt doch gar nicht welche Spasties hier schon rum gelungert haben! Stell dir vor, du setzt dich in die Spritze eines Heroin-süchtigen und kriegst als Dankeschön HIV“ „Jetzt werd mal nicht Paranoid! Dein Dealer hat gesagt, dass die Couch Neu ist und dann wird sich hier doch wohl niemand seine Heroin spritzen!“ Die Pupillen seiner wie vom Teufel besessen Grünen Augen nahmen Marcels ins Visier; doch kurz vor dem Ausbruch schloss Daimon die Augen und zählte im Stillen bis 10. „9…10… So, Marcel. Ich bin nicht Paranoid, ja? Ich kenne diese Scene nur w so gut wie meine Westtasche. Und glaub mir; abhängige Junkies können sich ÜBERALL ihren Stoff spritzen; Selbst auf der niegelnagelneuen Couch ihres Dealers“ „Wie recht du hast, Daimon. Es ist echt ekelig die abgebrochenen Nadeln meiner Kunden aus dem Stoff zuziehen…“ Daimon drehte sich mit einer Raschen Bewegung um. Tony war wieder da, und stand grinsend hinter ihm. „Erschrocken?“ fragte der Dealer und sein grinsen entpuppte sich als ein unkontrolliertes Mundwinkelzucken. Ein eiskalter Schatten verdunkelte Daimons Blick; selbstgefällig stemmte er die Hände in die Hüften und er richtete sich zu seiner vollen Größe auf. „Wenn du mich erschrocken hättest, würdest du nun mit einem Loch mehr im Gesicht auf dem Boden liegen“ sagte Daimon und seine Stimme klang schärfer als eine Rasierklinge. „Hast du nun mein Zeug?“ Wenn Daimon jemanden so ansah, wie grade Tony, hätte sich selbst ein junger Arnold Schwarzenegger vor Angst in die Hose gemacht. Der Dealer langte in seine Tasche und warf Daimon eine kleine Flasche in die Hand. „Da hast du den Scheiß…“ zischte Tony kühl. „Und jetzt schnapp dir deinen Kleinen und verpiss dich aus meiner Wohnung…“ „Besten Dank“ sagte Daimon und aus seinen Augen leuchtete der Wahnsinn. Die Atmosphäre im Raum knisterte. „Heute kommst du mir nochmal davon… aber das ist nur ein kleiner Aufschub, weil du mir heute Abend so brav gedient hast. Nächstes Mal, bist du dran“ Kichernd griff Daimon nach Marcels Hand und zog ihn aus dem Haus des Dealers. Marcel aber hatte einen schweren Schock erlitten. Mit kaltem Schweiß auf der Stirn stolperte er die Treppe hinunter und murmelte vor sich hin. Es hörte sich an, wie eine Ferse aus der Bibel. „Wir haben es geschafft!“ sagte Daimon erfreut als sie auf die Straße traten. Inzwischen war es dunkel geworden und die untergehe Sonne tauchte die Hausmauern in ein unheimliches, rotes Licht. „Ja… aber WIE?!“ schlotterte Marcel mit klapperden Zähnen. „Ach komm schon´! Jetzt freu dich doch mal für mich. Immerhin können wir jetzt Kuroro helfen!“ Marcel stutze kurz. Nach wie vielen Jahren hatte er seinen Bruder so glücklich gesehen? Für Daimon schien Kuroros Hilfe wirklich wichtig zu sein. Na, wenn jemand so mit Herzblut bei einer Sache war… Lächeln drückte Marcel Daimons Finger und strahlte den Rotschopf liebevoll an. „Das hast du Gut gemacht, Daimon! Ich bin stolz auf dich!“ Mit Schwung warf Daimon ihre beiden Hände in die Luft und erwiderte Marcels Lächeln. „Danke!“ rief er und sie verschwanden als gemeinsamer Schatten im Sonnenuntergang. Nach dem Marsch zurück durch das Dorf wurde Marcel plötzlich ruckartig nach hinten gerissen. Ein stechender Schmerz breitete sich von seiner Schulter bis hin in seinen Arm aus. Er verlor kurz das Gleichgewicht und wankte beim gehen. Sein Schulterblatt fühlte sich so an, als hätte es einen elektrischen Schlag von einem Schocker bekommen. „Autsch… Daimon?“ Marcel drehte sich um und sah, dass sein Bruder wie festgewurzelt auf der Stelle stand. Ihre Hände waren noch immer in einander verschränkt und daher wurde Marcel auch zum Halt gezwungen. Angesicht Daimons emotionsloser Miene und den weit aufgerissenen Augen, glitt Marcels Blick Resigniert seinem nach. Er musste den Kopf drehen und sah mit Schrecken hinüber zu dem letzten Haus der Beck Hole Rd. Zu ihrem Zuhause… Ihre Eingangstüre stand sperrangel weit offen und der robust Eichenrahmen der Türe war zu einem Häufchen Kohle verbrannt wurden. Im inneren des Hausflures klaffte ein riesiges Loch aus bloßer Finsternis und sah aus, als würde es das Tor zur Hölle ergeben. Die Brüder zogen erschrocken die Luft ein und klammerten sich an die Finger des anderen. Es verging eine Atemlosesekunde ehe Marcel sich von Daimons Hand los riss und einen Schritt nach vorne machte. „Die Türe! Überall Asche. Das kann nur ein Feuer gewesen sein… Ki-“ „KIM!“ dröhnte Daimon auch schon panisch. Sein muskulöser Körper glänzte bereits vor Schweiß, der in kleinen Rinnsalen über seine helle Haut rann und auf den Boden tropfte. „KILEY!!“ noch einmal rief Daimon nach seinem Zwilling und stürmte im nächsten Augenblick, mit der Geschwindigkeit einer Kanonenkugel auf den Eingang zu. Er holte aus, und versetzte ein paar abgebrochenden Holzlatten von der Haustüre einen tödlichen Schlag mit seiner Pranke, worauf hin sie knirschend und splitternd aus seinem Weg sprangen. „KIM! KIM, WO BIST DU!?!“ Daimon kniff die Augen etwas zusammen, um sie schneller an die vollkommene Dunkelheit im Flur zu gewöhnen. In kürzester Zeit konnte er die Garderobe und die Schränke im Haus erkennen; Sie waren zerstört und lagen verstreut auf dem Boden herum. Ein Geräusch aus der naheliegenden Küche ließ Daimon vom Chaos aufblicken. Sein Geruchsinn konnte nicht ausmachen, ob dieses Geräusch nun von seinem Bruder Kim kam, oder von jemand anderen. Die Luft stank viel zu sehr nach Schwefel und flirrte wie die Luft am Horizont, wenn es im Sommer zu heiß war. Daimon schluckte mit trockener Kehle; seine Pupille zog sich Schlangenhaft zusammen und die Regenbogenhaut seiner Augen färbte sich vor Zorn Rot-Gelb. Da hatte jemand ihr Haus beschädigt und hockte vielleicht nun blöd in der Küche rum… Auch wenn Daimon inzwischen gelernt hatte sich zu beherrschen gab es gewisse Situationen indem er sein mühevoll, gezügeltes Temperament nicht mehr unter Kontrolle hatte und die Wut schlagartig aus ihm raus Brach. Dies war solch ein gewisser Moment. Sein Rückte bebte vor Krämpfen geschüttelt und Daimon stieß einen Markerschütternden Schrei aus. Wieder rannte Daimon los und wirbelte die Asche vom Boden auf. Er peitsche alles was in die Sicht versperrte gnadenlos zur Seite, und die einzelnen Splitter zerbarsten an seiner Steinharten Haut wie brüchige Eierschalen. Er spuckte zähen Staub aus, der sich in seinem Mund gesammelt hatte und kam keuchend mit einer Hand am Türrahmen festhaltend zum Stehen und stierte mit wirrem Blick hinein. Leer. Nichts… Kein Kim, kein Fremder. Einfach Nichts! Niemand. „D… Daimon…“ krächzte es plötzlich aus der Dunkelheit. „Kim?!“ Daimon wirbelte herum und teilte mit einem letzten Schlag eine hartnäckige Asche-Staubwolke, die wie eine alles abschirmende Mauer den Körper seines Bruders verdeckte. Kim lag auf dem Ende der Treppe und reckte sich schwach im hereinfallenden Sonnenlicht. Eine rote Blutlasche hatte ihn von allen Seiten umzingelte und in Kims Brust klaffte eine tiefe Fleischwunde. Kein Laut drang über Daimons Lippen, während er auf seinem Zwilling zuging; er fiel auf die Knie und streckte die Arme nach den verwundeten Körper seines Liebsten aus. Nein! Nein! NEIN!! Alle, nur Kim nicht! hallte es wie eine Endlosschleife durch seinen vernebelten Kopf. Daimons Augen füllten sich mit Tränen als er Kims Leblos erscheinendes Gesicht feste an seine zitternde Brust drückte. Dann riss er seinen Kopf in den Nacken und schrie alles Entsetzen, welches ihn in diesem Moment zu zerreißen drohte, in die klare Finsternis des Hauses. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)