幸福の追求 - Kôfuku no tsuikyû von Dorimon ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel eins ----------------------- 幸福の追求 - Kôfuku no tsuikyû Autor: Rumi Rubrik: the GazettE Genre: Drama Inhalt: Er hatte alles was er jemals wollte. Einen gut bezahlten Job, eine Frau, ein Kind und Geld, viel Geld. Kouyou Takashima war ein angesehener junger Mann und gehörte zu der höheren Schicht der Gesellschaft. Er belächelte die anderen Menschen, die es nicht so gut hatten wie er und er war voll von Vorurteilen. Doch alles sollte sich ändern, an dem sonnigen Mittwochnachmittag an dem er durch die Fußgängerzone schlenderte. Damals, am Anfang des Sommers. Wie weit kann man gehen, wenn man im Rausch der Liebe ist? Ist das sichtbare Glück, wirklich das, wonach man sucht? Oder muss man erst „abstürzen“ um einschätzen zu können, was einem wirklich etwas bedeutet? Kapitel eins „Schau doch mal auf den Screen!“ „Kannst du nochmal die Diagramme vergleichen? Da stimmt irgendwas nicht!“ Die Telefone hörten nicht auf zu klingeln, doch keiner ging ran. Jeder von ihnen hatte nur zwei Hände, die meistens irgendwelche wirren Zettel hielten und gleichzeitig mussten sie sich untereinander noch unterhalten. Lautes Stimmengewirr, jeder versuchte wieder und wieder die Masse zu übertönen. Mittendrinnen saß ein junger Mann. Er schaute starr in seinen Bildschirm. Mit der linken Hand spielte er mit einer Strähne seines brünetten Haares. Er kräuselte seine Nase leicht um somit die Brille mit dem schwarzen Gestell wieder nach oben zu schieben. Sein graues Jackett, welches zu seinem Anzug gehörte, hing über den alten und abgenutzten Bürostuhl. Plötzlich sprang er auf und rief etwas über die anderen Menschen hinweg. Doch auch seine Stimme vermischte sich mit den Anderen. „Einen schönen Feierabend, Herr Takashima.“, sagte der Fahrstuhlboy und verbeugte sich höflich. Der brünette Mann trat in das Sonnenlicht und blinzelte kurz. Darauf wechselte er seine normale Brille gegen eine Sonnenbrille aus, denn er wollte noch ein wenig Bummeln gehen. Vielleicht fand er ja was für seine Frau oder seine Tochter. Eine kleine Kitty Plüschfigur vielleicht, wobei die Kleine doch eh schon alle besaß. Kouyou verdiente sein Geld mit Aktien und nicht gerade wenig. Deshalb erfüllte er seinen zwei Mädchen jeden Wunsch. Ein Pferd, ein Kleid von Prada und Ballerina Schuhe von Gucci. Alles das konnte er sich leisten. Ja, er gehörte zu der oberen Klasse der Gesellschaft und war sichtlich zufrieden damit. Kouyou belächelte die armen Bettler die zu Haufen in der Einkaufspassage saßen. Seiner Meinung nach, waren alle die Armen ganz allein selbst für das verantwortlich, was ihnen passierte. Man konnte wirklich sagen, dass er sich, und die Leute sie ihn umgaben, für etwas Besseres hielt. „Es ist doch zum Mäuse melken!“, fluchte Kouyou als er aus dem mittlerweile dritten Laden ohne etwas für seine Frau kam. Es war nicht so, dass er nichts Hübsches gefunden hatte, dennoch war all das nicht von einer großen Marke. Er machte nicht noch einmal den Fehler und kaufte solche Sachen. Die Predigt seiner Frau Yumi hatte er jetzt noch im Kopf: „Ich bin dir wohl nichts wert?“ Sie schmiss das schöne, himmelblaue Sommerkleid sofort in den Müll. „Ich geb‘s auf“, sprach der Brünette und ging zu dem Wagen der neben der Tür stand. Er hatte Lust auf Eis, also kaufte er sich eins. Das war für ihn normal. Immer nahm er sich was er wollte. Selbst wenn er jetzt spontan Lust auf ein neues Auto hätte, würde er sich dieses Bedürfnis erfüllen. Wenn man daraufhin meinte, er war verschwenderisch, dann konnte man dies mit ruhigem Gewissen tun. Denn es war nun mal so und Kouyou machte kein Hehl daraus. Langsam schlenderte der Brünette weiter und beobachtete die Menschen um sich herum. „Wie kann man nur so rumlaufen?“, murmelte er als ihm ein Junge an ihm vorbei ging. Jedenfalls dachte Kouyou, dass es ein Junge war. Dieser hatte blau gefärbte Haare, trug ein schwarzes T-Shirt und dazu farblich passende Strapse. „Visual was weiß ich, hieß doch dieser Style…“, dachte er sich weiter. Eigentlich sollte er langsam mal zu seinem Auto laufen. Yumi wartete bestimmt schon auf ihn. Er schmiss die aufgeweichte Waffel in den Mülleimer, weil er etwas Besseres war und es nicht nötig hatte alles fallen zu lassen wo man steht. Das auch jeder andere normale Mensch seinen Müll eigentlich weg tut ignorierte der Herr gekonnt. Plötzlich bemerkte Kouyou, dass immer mehr Menschen in dieselbe Richtung wie er gingen. Was sehr ungewöhnlich für diese Uhrzeit war. Unweit von ihm war eine Traube von Leuten, die immer größer wurde. Natürlich wurde dadurch auch Kouyous Neugier geweckt, aber natürlich wollte er nicht wie all der „Abschaum“ sich dazu drängeln, um ebenfalls etwas zu sehen. Er tat einfach so, als ließe ihn das kalt. Doch als sich eine kleine Lücke auftat spähte er über den Rand seiner Sonnenbrille hindurch. Abrupt blieb er stehen, dass man meinen konnte, seine Füße gaben eine Art Bremsgeräusch von sich. Er starrte nun auch auf den Menschen wie all die Anderen. Es war nicht so, dass er besonders aussah. Nein, eigentlich sogar recht schäbig. Der junge Mann, Kouyou schätzte ihn auf Mitte zwanzig, trug ein altes, schwarzes Sweatshirt und eine helle, zerschlissene und leicht verdreckte Jeans. Aber seine Stimme war es, die alle verzauberte. So auch Kouyou. Und er tat etwas, was total untypisch für ihn war: Er warf ein wenig Geld in den Spendenbecher. Im nächsten Moment fragte Kouyou sich, warum er das tat und wollte die Spende wieder herausnehmen. Aber wie sah es denn aus, wenn ein Mann im Jackett, auf welchem auch noch groß „Prada“ zu lesen war, das selbst reingeworfene Geld aus der Dose des Sängers nahm. Das war gar nicht sein Stil und eigentlich hatte er sich geschworen, dass er niemals sein Geld mit den Ärmeren teilte. Es war sein hart verdienter Lohn. „Da bist du ja endlich!“, Yumi stand, mit Kiku im Arm, im Türrahmen der Küche. „Tut mir leid. Es war wieder mal Stress auf Arbeit.“, Kouyou ging auf seine Frau zu und drückte ihr den obligatorischen Begrüßungskuss auf. „Als Entschuldigung hab ich was für Kiku mitgebracht!“, er holte hinter seinem Rücken eine Pucca Figur hervor. „Och Kou~. Sie hat doch schon so viel!“, es sollte wahrscheinlich vorwurfsvoll klingen, da der Brünette wieder „sinnlos“ Geld ausgegeben hatte, aber davon war ja mehr als genug da. Yumi war den ganzen Tag zu Hause. Allerdings kümmerte sie sich lieber um ihre Schönheit als um alles andere. Um Kiku kümmerte sich eine VIP-Nanny, den Haushalt schmiss eine super teure Haushälterin und das Essen kochte ein französischer Koch. Der Tagesablauf von Yumi sah so aus, dass sie ausschlief, meistens bis 13Uhr. Dann begab sie sich in ihren begehbaren Kleiderschrank um festzustellen, dass sie nichts zum anziehen hatte. Trotz alledem zog sich um, schminkte sich um 1h später n ihren gelben Lamborghini zu sitzen. Wohlgemerkt ohne bis dahin nach ihrer Tochter zu sehen. Am Nachmittag traf man sich zum „Kaffee trinken“, das hieß, dass sie reichlich Champagner mit ihren tollen Freundinnen nippte. Wenn Kouyou dann am späten Nachmittag nach Hause kam, riss Yumi der Nanny ihre Tochter aus den Armen und stellte sich mit Kiku zusammen in der Küchentür. Natürlich wussten alle, wie es bei den Takashimas zu ging und wie die kleine Kiku vernachlässigt wurde, nur Kouyou nicht. Woher auch? Er war schließlich den ganzen Tag auf Arbeit. Schließlich musste er das Geld für den ganzen Luxus, das große Haus, die vielen Autos und die Angestellten, verdienen. Der Brünette ging in sein Arbeitszimmer, stellte seine Tasche ab, tauschte den Anzug gegen Jeans und T-Shirt und ging in das große Esszimmer. Kouyou drehte sich auf die Seite und schaute auf die Funkuhr neben seinem Bett. „3Uhr… in 2 Stunden muss ich wieder aufstehen und ich habe keine Minute geschlafen.“ Außerdem hatte er Streit mit Yumi, da er am Abend zuvor keine Lust hatte, mit ihr zu schlafen. Aber viel mehr setzte ihm zu, dass die Stimme des jungen Mannes ihm nicht aus dem Kopf ging. Diese Stimme, die ungeahnte Gefühle in ihm hervorriefen. Gefühle, deren Namen er nicht mal kannte. Wer war das, der ihn so sehr aus der Bahn warf? Kapitel 2: Kapitel zwei ----------------------- Am nächsten Tag ging Kouyou eher auf Arbeit als gewohnt. Denn er fühlte sich zu Hause, als würde ihm die Decke auf den Kopf fallen. Aber er ging hauptsächlich eher, damit er ebenfalls eher „nach Hause“ konnte. Die ganze Nacht ging ihm der Straßenmusikant nicht aus dem Kopf. Das Lied, welches dieser sang hatte sich in Kouyous Gedächtnis gefressen und wollte dort unter keinen Umständen wieder raus. Sehr zum Leid des Brünetten. Er fragte sich auch, wie er denn mit voller Konzentration seinen Job machen sollte, wenn seine Gedanken eh nicht ganz auf der Höhe waren. „Guten Morgen Herr Takashima. Sie sind aber heute früh dran!“, wieder war es der Junge im Fahrstuhl, den ihn so freundlich begrüßte. „Guten Morgen. Der frühe Vogel fängt den Wurm“, antwortete Kouyou mit einem gekünsteltem Lächeln und stieg bei dem gewünschten Stockwerk aus. Nach gefühlten 48 Stunden Arbeit verließ Kouyou das große Gebäude. Er seufzte, als er den Wind durch sein Haar wehen spürte und ging wieder Richtung Fußgängerzone. „Man ich komm mir richtig dumm vor, weil ich wieder hier hin gehe.“, murmelte er zu sich und senkte ein wenig den Kopf. Morgen würde er sich im Auto erst noch umziehen. Wieder, wie am Tag zuvor, kaufte er sich ein Eis, Vanilleeis um genau zu sein, und ging weiter in der Hoffnung, den Straßenmusiker wieder zu treffen. Und tatsächlich. Der junge Mann stand an dem selben Platz wie am Tag zu vor und begeisterte mit seiner Stimme die Menge. Kleine Mädchen quietschten vergnügt und ältere Damen spielten schon mit dem Gedanken, ihr ganzes Hab und Gut dem Braunhaarigen zu vermachen. Auch wenn Kouyou ein kleines großes Arschloch war, eine gute Menschenkenntnis hatte er allemal. Diesmal stellte er sich zu den anderen Menschen und betrachtete sich den Mann mal genauer. Die braunen Haare waren leicht gewellt und hingen wirr in seinem Gesicht herum. Er trug dieselben Jeans, allerdings, wahrscheinlich bedingt durch den Sonnenschein, eine Art Holzfällerhemd, dessen Ärmel er hochgekrempelt hatte. „Ts...“, dachte sich Kouyou und biss in die Eiswaffel, „Bestimmt geklaut!“ Er schüttelte den Kopf. Solche Menschen, wie diese, mied er eigentlich und er konnte jetzt auch nicht mehr verstehen, warum es ihn wieder hier her gezogen hatte. Nur um einen verlausten Jungen beim Singen zuzuhören? Wohl kaum. Das machte keinen Sinn. Am besten ging er einfach weiter, ungesehen von irgendwelchen Freunden der Familie, die am Ende noch Gerüchte in die Welt setzten, er, Takashima Kouyou, wäre jetzt unter die Heiligen Samariter gegangen. Das hätte ihm gerade noch gefehlt. Kurz lachte er trocken auf und setzte sich gerade in Bewegung, als sein Blick den des singenden jungen Manns traf. Ein Blitz durchfuhr seinen Körper und überzog diesen mit einer Gänsehaut. Kouyou blieb wie angewurzelt stehen und starrte den Musiker an. Er wusste nicht warum, aber er konnte den Blick nicht abwenden. „Kouyou reiß dich zusammen!“, befahl der Brünette sich in Gedanken, aber sein Körper machte trotzdem keine Anstalt sich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Der Straßenmusikant räusperte sich kurz und senkte den Kopf. „Kouyou ich rede mit dir!“, Yumi erhob die Stimme und erschrocken sah der Angesprochene auf. „Entschuldige, was hast du gesagt?“ „Ach ist jetzt auch egal. Wenn du mir nicht zu hörst. Wirst schon merken wenn ich dann nächste Woche einfach weg bin.“, sagte seine Frau trotzig und stand auf. „Wie weg?“, fragte der Brünette weiter. „Hab ich dir gerade erzählt!“ „Ja aber wenn ichs nicht gehört habe?“ „Wo warst du mit deinen Gedanken?“, sie drehte sich um und starrte ihrem Mann in die Augen. Es war nicht dasselbe Starren, wie heute Nachmittag, aber es war dennoch so intensiv dass er zusammenzuckte. Händeringend suchte er nach einer Antwort die Yumi zufrieden stellen konnte, aber bei der er sich nicht in irgendetwas reinreiten konnte. „Auf Arbeit ging‘s heut wieder mal drunter und drüber…“ „Haben wir nicht gesagt, dass die Arbeit hier nichts zu suchen hat?“, man merkte an Yumis Tonfall, dass sie diese Lüge gefressen hatte und ihn nun in Ruhe ließ. „Ich mach jetzt los!“ „Wo hin?“ „Ich geh mit einer Freundin feiern!“, sagte sie und war schon so gut wie aus der Küche. Kouyou schüttelte nur den Kopf und erhob sich um ins Bett zu gehen. Die nächsten Tage versuchte der Brünette seinen normalen Tagesablauf aufrecht zu erhalten, das wurde aber immer schwerer. Nachts konnte er nicht schlafen, denn wenn er seine Lider senkte, erschien der Blick des Sängers. Er wurde das Bild einfach nicht los und jeden Tag wenn er zu seinem Auto, vorbei an der Fußgängerzone, ging, verspürte er das Verlangen, ihn wieder zu sehen. Dieser Gedanke ekelte ihn selbst, denn er wollte und will nie was mit Unterschichtigen zu tun haben und das würde sich in Zukunft auch nicht ändern. Er zwang sich also, den Kopf stur geradeaus zu halten und weiterzugehen. Auch wenn das überraschend schwer war, denn dieser Blick verfolgte ihn selbst zur Arbeit, wo er eigentlich genug zu erledigen hatte, als dass er sich mit irgendwelchen Nichtigkeiten aufhalten konnte. Vor allem, wenn sich diese Nichtigkeiten um einen verdreckten Straßenmusiker drehten, den er durch einen dummen Zufall in einer schäbigen Fußgängerzone voller Discounter gesehen hatte. Somit ging er, wie immer, zur Arbeit und versuchte jegliche Gedanken die nichts mit der Arbeit zutun hatten, zu verdrängen. Man merkte aber deutlich, dass ihm dies nicht gut gelang, denn ständig schlichen sich immer mehr Fehler in seine Arbeit ein und jeden Tag kam ein anderer Kollege und beschwerte sich. Das ging mittlerweile so weit, dass sein Chef am Vortag vor ihm stand und vor allen Anderen verkündete, dass, sobald es nicht mit den Fehlern aufhörte, sein Lohn gekürzt werden würde. Dies hatte er natürlich nicht Yumi erzählt, denn er wollte sie ja nicht in ihrer Lebensweise einschränken. Am Nachmittag ging er wieder zu seinem Auto. Aber nicht, um nach Hause zu fahren. Er stieg ein, entledigte sich seines Hemdes, denn das Jackett ließ er bei diesen Temperaturen eh schon zu Hause, zog sich ein normales schwarzes T-Shirt an, welches er sich irgendwann mal zugelegt hatte. Dann streifte er seine Anzughose herunter und zog eine normale Jeans an. Mit der großen Sonnenbrille auf der Nase schloss er sein Auto ab und ging wieder zurück Richtung Fußgängerzone. Er hatte sich dazu entschlossen, den Kampf aufzugeben. Den Kampf gegen sein Verlangen. Kapitel 3: Kapitel drei ----------------------- Was war schon so schlimm daran einem Straßenmusikanten zu zuhören? Er musste ihn ja nicht anfassen oder heiraten. Also ging er zurück zu der Fußgängerzone und stürzte sich, als Zivilist „verkleidet“, in die Massen. Komischer weiße fühlte er sich richtig gut dabei, einfach mal ohne Anzug durch die Gegend zu laufen. Er konnte sich aber nicht erklären warum das so war. Kurz schüttelte Kouyou den Kopf um diese verwirrenden Gedanken zu verdrängen und setzte seinen Weg fort. Er machte sich keinen Kopf drum, was er Yumi sagen müsste, wenn er dann irgendwann nach Hause kam. Es war ihm schlicht und ergreifend egal. Es war merkwürdig, aber „normal“ zu sein, war etwas ganz Neues für Kouyou. Sonst achtete er immer penibel darauf, dass er alle Sitten der oberen Gesellschaftsschicht einhielt. Es war wie als würde eine Fassade abfallen und der wahre Kouyou zum Vorschein kommen. So schlenderte er, von den Massen angetrieben, den Weg entlang, kaufte sich wieder ein Eis und suchte wieder mit den Blicken den Sänger auf. Diesmal schämte er sich auch nicht, als er, wie alle Anderen, ihn anstarrte. Die Zeit verging wie im Fluge und als der Brünette das nächste Mal auf die Uhr schaute, stellte er fest, dass es bereits weit nach 6 Uhr Abends war und er sich langsam aber sicher sich sehr große Probleme einhandelte, wenn er nicht gleich im Auto auf dem Weg nach Hause sitzen würde. Schweren Herzens stand er auf und betrachtete sich den jungen Mann genauer. Dieselbe Jeans, wie die andere Tage auch, das selbe Oberteil, ebenso verdreckt wie die Hose. Ein unbekanntes Gefühl stieg in Kouyou auf. War es Mitleid? Er empfand so noch nie und war von sich selbst sichtlich erschreckt. Schnell nahm er sein Portmonee, zog einen Geldschein heraus und schmiss diesen in die Tasse des Musikanten. Dann verließ er fluchtartig das Gelände. „Kannst du mir vielleicht mal verraten wo du gesteckt hast?“, Yumi hatte sich nicht mal die Mühe gemacht auf heitere Familie zu spielen. Kiku spielte immer noch mit der Nanny, die nicht wusste was auf einmal los war, und Yumi lag oben in ihrem eigenen Badezimmer. „Ich wollte noch ein wenig die Sonnenstrahlen genießen in der Fußgängerzone!“, rief Kouyou zurück und stellte seine Tasche ab. „Achso. Wahrscheinlich mit einer 21 Jährigen an deiner Seite!“, man merkte, dass sie stink wütend war. „So ein Quatsch! Du weißt, dass ich dich nie betrügen würde!“ „Tse! Wer’s glaubt wird seelig. Wir hatten schon seit mehr als einer Woche keinen Sex mehr!“ „Das hat doch gar nichts zu bedeuten. Ich bin einfach gestresst von der Arbeit und hab keine Lust. Das ist alles!“, erwiderte der Brünette genervt. Die Unterhaltung ging ihm auf den Geist und er fand, dass seine Bediensteten nicht wissen mussten, was oder was nicht in ihrem Ehebett abging. „Kann es sein, dass du ein bisschen genervt bist?“, Kouyou saß mit einem Kollegen gerade beim Mittagessen. „Warum denn das?“ „Naja, du verlierst heut ziemlich oft deine Nerven. Stress mit Yumi oder was?“, sein Kollege kicherte nachdem er das gesagt hatte. „Oh ja und wie. Weil ich gestern nicht gleich nach Hause gefahren bin hat sie mir vorgehalten ich hätte eine Affäre. Ach und wir haben ja seit Ewigkeiten keinen Sex mehr.“ „So war meine Frau auch mal. Allerdings hatte sie da recht.“ „Ach? War das nicht mit dieser … Miu oder wie sie hieß?“, fragte der Brünette nach. Sein Kollege nickte und grinste vor sich hin: „Meine Frau weiß heut noch nichts davon und mit Miu treffe ich mich immer noch.“ Kouyous Augen wurden größer: „Wie machst du das denn bitte?“ „Ich kann halt gut lügen.“ Als er wieder zu seinem Arbeitsplatz ging, dachte er an das Gespräch mit seinem langjährigen Freund und Kollege Yoshio. Er fragte sich, ob er jemals seine Frau so hintergehen konnte. Es war zwar keine Heirat aus Liebe, sondern aus Zwang, aber er würde es nicht mit seinem Gewissen vereinbaren können. Kouyou und Yumi hatten sich zum ersten Mal auf einer Feier eines gemeinsamen Freundes getroffen. Wie es in den oberen Kreisen üblich war, floss reichlich Champagner und davon hatten die Beiden ziemlich viel im Blut gehabt. Sie hatten sich recht schnell ineinander verschlungen in einer kleinen Kammer wiedergefunden. Zwar waren sie sich einig gewesen, dass es eine einmalige Sache war, doch wie es das Schicksal so wollte blieb diese Geschichte eben nicht ohne Folgen. Yumi war schwanger geworden und hatte sich einfach nicht zur Abtreibung überreden lassen. Kouyou war in einem Zwiespalt gefangen gewesen. Auf der einen Seite, hatte er seinen Ruf nicht verlieren und auf der Anderen war eine Familie nicht das, was er gewollt hatte. Dennoch hatte er sich entschlossen Yumi zu heiraten. Des Rufes wegen. Seine Gedanken schweiften weiter ab und er fragte sich, ob der junge Sänger Familie hatte. Vielleicht saß zu Hause eine kleine Tochter, wie Kouyou sie selbst hatte, oder er musste seinen kranken Vater pflegen. Vielleicht war der Mann aber auch alleine und auf sich gestellt. Der Brünette fragte sich, on er dem Musikanten nicht irgendwie helfen konnte. Im nächsten Moment kam ihm aber der Gedanke, dass das gar nicht seine Art war. Er wollte nie sein Geld mit Anderen, und vor allem Ärmeren, teilen. Aber jetzt fand er war genau das, das was er immer tun wollte. Jemandem helfen. Der Gedanke, dass ein hungriges Kind zu Hause saß oder der junge Mann vielleicht sogar niemanden weiter hatte als seine Stimme, versetzte dem Brünetten eine Gänsehaut. Er beschloss sobald es möglich war wieder dem Sänger zuzuhören. Und zwar bis zum Schluss um ihm ein kleines Geschenk zu überreichen. Wenn er jemanden davon erzählte, was er vor hatte, würden alle denken er sei krank. Keine zwei Tage später stand Kouyou in T-Shirt zu Jeans wieder an dem Platz wo „die Engel singen“, wie andere Passanten es so schön nannten. Der Sänger sah reichlich mitgenommen aus, fand er. Da fragte er sich wieder, was passiert war. Wieder kam dieses unbekannte Gefühl in ihm hoch. In einer Hand hielt er eine unscheinbare, weiße Tüte. Er hatte es eingehalten, das heimliche Versprechen an sich selbst. Er hatte das kleine Geschenk mitgebracht. So saß Kouyou zwischen all den Leuten, unterhielt sich sogar mit dem Ein oder Anderen und lauschte der Stimme. Als es dunkel wurde und die letzten Menschen gingen, hörte auch der junge Mann auf zu singen. Sein Feierabend war also gekommen, dachte sich der Brünette, obwohl er wahrscheinlich eher weniger zu feiern hatte. Er stand auf und schaute den Kleineren an bevor er die Stimme erhob: „Hey. Du singst echt schön.“ Erschrocken schnellte der Kopf des Sängers nach oben, schaute Kouyou verwundert an und stotterte: „D…danke…“ Der Brünette musste lächeln. Die schönen braunen Augen mit dem er angeschaut wurde waren zum darin versinken. Sie ein Bad aus Vollmilchschokolade. „Ich hab ein kleines Geschenk für dich mitgebracht“, sprach er weiter und wunderte sich, wie viel Gefühl seine Stimme haben konnte. „Das… das wär doch nicht nötig gewesen…“, stammelte der Braunhaarige und sah dabei auf den Beutel in Kouyous Hand. „Ich finde schon. Man sieht dir an, dass du nicht gerade auf der rosigen Seite des Lebens lebst. Nehm es bitte an.“ Er hielt den Beutel dem Kleineren hin der zögernd danach griff und hineinschaute: „Aber… das … das ist doch viel zu viel…“ Wieder lächelte Kouyou: „Ach was. Ich hoffe du kannst es gebrauchen. Man sieht sich.“ Dann verschwand der Größere auch. Zurück blieb ein kleiner, verwirrter Sänger dessen Herz jemand grad mit dieser kleinen Geste berührt wurde. Kapitel 4: Kapitel vier ----------------------- Kapitel vier [the unknown] Langsam packte er, wie jeden Abend, seine Sachen zusammen. Doch irgendwas war heute anders. Nur es wollte ihm nicht in den Kopf was. Erst als er diesen hob sah er, dass er nicht, wie gewohnt alleine war. Ein junger Mann saß nicht weit von ihm auf einer Bank und musterte ihn. Wie lange saß er schon da? Aber was am Wichtigsten war: Warum saß er immer noch da? Dann stand der Fremde auf: „Hey. Du singst echt gut“ Mehr als ein gestammeltes „Danke“ bekam der kleine Sänger nicht heraus. „Das… das wär doch nicht nötig gewesen…“, hörte er sich als nächstes sagen und starrte auf den Beutel in der Hand des Unbekannten. Zögernd nahm er das Geschenk an und schaute hinein. Seine Augen weiteten sich: „Aber… das … das ist doch viel zu viel…“ Dann war der Andere weg. Er schaute dem Größeren noch eine Weile hinterher bis er sich seine Sachen schnappte und die Fußgängerzone verließ. Der Sänger ging durch die dunklen Straßen der Stadt, wie jeden Abend nach der Arbeit. Seine Augen wanderten ruhelos in die dunklen Gassen, an denen er vorbei ging. „Heute Nacht sieht es wohl schlecht für mich aus.“, murmelte er zu sich selbst und ging weiter. So langsam aber sicher begann er zu frieren. Das Wetter war heute auch nicht direkt das Beste. Er warf einen kurzen Blick nach oben zum Himmel, der jetzt von vielen Wolken bedeckt wurde. Ein frischer Wind zog auf und der kleine Sänger schlang fröstelnd die Arme um seinen Körper, als die Tüte, die ihm zuvor dieser Fremde gegeben hatte, gegen seine Oberschenkel stieß. Er hatte sie schon fast vergessen gehabt. Leise seufzte er, nickte leicht und ging dann zielstrebig auf eine Bank in der Nähe zu, auf die er sich setzte, um dann die Tüte auf seinen Schoß zu ziehen und nun einen genaueren Blick hineinzuwerfen. Langsam zog er einen etwas kleineren Plastikbeutel heraus. Er musste nicht weiter nachschauen um zu sehen, was sich darin befand. Durch die Laterne, die genau neben ihm stand, konnte er ein paar länglich erscheinende Brötchen und einen Geldschein erkennen. Die Brötchen waren genauer gesagt Baguettes, er konnte die Grün-Weiß-Gelbe Schrift entziffern, die auf dem Papier gedruckt war, welches die Teigwaren umwickelte. Der kleine Sänger legte die Sachen beiseite und erkundete den Rest. Erst fühlte er nur noch Stoff in dem Beutel. Also nahm er das erste was er greifen konnte heraus. Es war ein schwarzes T-Shirt ohne Motiv. Ein kleines Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. Die andere „Sache“ die sich noch in dem Beutel befand war eine kurze Jeans, passend für den Sommer, der sich mittlerweile in seiner vollen Pracht zeigte. Jedenfalls am Tag. Der Kleine packte alles wieder in den Beutel, außer eines der Brötchen, und legte dieses neben sich auf die Bank. Sein Magen knurrte leise und er bemerkte erst jetzt, wie groß sein Hunger inzwischen war. Das Baguette roch aber auch schon so köstlich. Und wenn es dann auch noch so gut schmeckte, wie es roch, dann, so dachte sich der junge Mann, wäre es schon fast perfekt. Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen, wickelte er das Gebäck aus der Papierummantelung und biss hinein, achtete gar nicht weiter darauf, was sich darauf befand. Er kaute ganz langsam, als wollte er jede auch nur noch so winzig kleine Nuance des Geschmacks auskosten, welcher sich gerade auf seine Zunge in Gänze entfaltete. Erneut biss er ein großes Stück ab und musste dabei fast ausspucken – das Stück war wohl etwas zu groß gewesen. Er hatte aber so großen Hunger gehabt, dass er es jetzt genoss, seinen Magen zu füllen, auch wenn es nix Warmes war, was da in seinen Bauch kam. Hauptsache es kam überhaupt etwas hinein und nicht so, wie die ganzen Tage zuvor, an denen er sich immer genau überlegen hatte müssen, ob er sich lieber etwas zu trinken oder lieber etwas zu essen kaufen sollte. Diese Entscheidung war ihm jetzt glücklicherweise abgenommen worden. Er schloss kurz die Augen. Dieser Mann. Was hatte er denn getan, dass er jetzt hier mit einer Tüte voll Klamotten, zwei frisch belegten Baguettes und so viel Geld saß. Ja. Für ihn war es wirklich viel Geld, auch wenn es vermutlich nur das Wechselgeld war, das sein „Retter“ ihm hier mitgegeben hatte. Immerhin war es genug, um sich morgen früh etwas zu essen und zu trinken kaufen zu können, bevor er wieder an die Stelle zurück gehen würde, wo er dann wieder etwas Geld verdienen konnte. Viel war es nicht. Die Meisten standen einfach nur dabei, hörten zu, spendeten vielleicht einen kleinen Applaus, aber von Wertschätzung allein konnte er nicht leben. Mit einem Mal stieg Wut in ihm auf. Diese verwöhnten Säcke. Er hasste sie so abgrundtief. Warum konnten sie nicht einfach von ihrem hohen Ross runter steigen und ihr stinkendes Geld mit denen teilen, die nicht so viel davon hatten. Er hatte es sich doch auch nicht ausgesucht, hier, im Dreck zu leben. Wie konnten die es sich dann erlauben, sich als etwas Besseres zu fühlen? Der Sänger wusste es nicht. Es erschien ihm überhaupt nicht logisch. War es nicht so, dass eigentlich jeder Mensch gleich war? Das einzige, was die ganze Menschheit unterschied, war doch das Geld. Oh, was würde er nicht darum geben, einmal, nur ein einziges Mal in die Haut eines dieser reichen Fettsäcke zu schlüpfen. Obwohl... So wollte er dann doch nicht aussehen. Andrerseits hieß es doch, dass Geld sexy machte. Er sah deprimiert an sich runter. Wenn es danach ging, dann war er wohl ein absolutes No-go. Kopfschüttelnd brach er in leises Lachen aus. Was dachte er sich denn da nur wieder für Mist aus? Wäre es nicht so langsam einmal an der Zeit, sich mit seiner Situation abzufinden? Er war jetzt schon so lange so tief unten, warum sehnte er sich noch immer nach einem besseren Leben? Das gab es für ihn einfach nicht und fertig. Vielleicht, wenn er tot war und irgendwann wiedergeboren wurde. Dann vielleicht änderte sich seine Lebensgrundlage endlich mal. Aber nicht hier. Nicht in diesem Leben. Es war Unfug, weitere Gedanken an so etwas Hinfälliges zu verschwenden. Es kostete ihn im Endeffekt doch sowieso nur wieder unnötig Nerven und das konnte er nun wirklich nicht gebrauchen. Ein weiteres Mal führte er seine Hand zum Mund und stellte dabei überrascht fest, dass er das Baguette inzwischen aufgegessen hatte. Er seufzte. Jetzt war er so in Gedanken gewesen, dass er gar nicht bemerkt hatte, wie er sein Essen verputzt hatte. War es wirklich so schnell gegangen? „Hm... Dann halt...“, murmelte er schulterzuckend und stand wieder auf, verpackte ganz sorgfältig seinen Proviant, den er dann an sich drückte, als hinge sein Leben davon ab. Gut. Irgendwie tat es das auch. Schmunzelnd lief er wieder los, nur jetzt fühlte er sich ein wenig wacher als zuvor. Fast, als hätte ihm das Essen neuen Lebensatem eingehaucht. Wahrscheinlich hatte es das auch getan. Sein Lächeln wurde noch breiter und er streckte sich kurz. „Wollen wir doch mal sehen, ob wir nicht doch noch ein kuscheliges Plätzchen in dieser hässlichen Stadt finden...“ Er lachte hämisch auf und setzte dann seinen Weg fort. Ständig auf der Suche nach einer einigermaßen windgeschützten Stelle, wo er die Nacht verbringen konnte. Vielleicht würde er ja jetzt endlich fündig werden. Kapitel 5: Kapitel fünf ----------------------- Kapitel fünf Früh am Morgen schlug Kouyou seine Augen auf. Ein Blick auf den vergoldeten Radiowecker neben ihm verriet, dass er mal wieder zu zeitig aufgewacht war. „Was solls...“, sagte er zu sich und schlug die Decke zur Seite. Ein dünner Lichtstrahl fiel ihm ins Gesicht. Der Brünette blinzelte verwirrt in die Richtung des Lichtes und bemerkte, dass die Tür einen Spalt auf stand. „Yumi ist schon auf?“, dachte er sich und blickte hinter sich. Tatsächlich war die linke Seite des großen Ehebettes leer. Irritiert ging Kouyou aus dem Schlafzimmer hinaus, die Treppen hinunter und lunzte in die Küche. „Heiliger Bimbam!“, entfuhr es ihm. Da stand doch tatsächlich seine Frau Yumi am Herd und brutzelte etwas. Dem Geruch nach zu urteilen handelte es sich um Spiegeleier. Verbrannte Spiegeleier. Ihm war der Appetit zwar vergangen, aber er wollte keinen neuen Familienstreit anfangen. Somit setzte er ein Strahlelächeln auf und ging zu seiner Frau: „Guten Morgen Yumi.“ „Oh du bist schon wach. Ich hab Frühstück für dich gemacht!“ „Das seh ich.“, dachte sich Kouyou und lächelte weiter. „Das freut mich.“, er ging zum Esstisch und setzte sich auf seinen Stammplatz. Yumi brachte ihm wenig später sein Essen und schon bei dem Anblick allein wollte er schon wieder aufstehen. Aber er sagte sich immer wieder, dass sie es nur gut meinte und nichts dafür konnte, dass sie nie kochte. Sonst erledigte das ja ein Koch für sie. „Wo ist Franjo?“, fragte der Brünette um seine Würgeattacken zu überspielen. „Ich hab ihm heute einen Tag frei gegeben.“, sagte Yumi und lächelte dabei zuckersüß. Franjo war ihr französischer Koch mit italienischen und spanischen Wurzeln. Ein hohes Ross in der Branche. “Du siehst aus als hättest du heut früh verbrannte Spiegeleier essen müssen!“, stellte ein Kollege fest und musterte Kouyou amüsiert. „Musste ich auch. Du wirst es kaum glauben.“ „Hat euer Koch einen schlechten Tag?“ „Nein. Er hat frei.“ „Oh...“ Betretendes Schweigen in der Runde. Denn jeder in Kouyous Umfeld wusste wie es enden konnte, wenn Yumi meinte ihren Kochwahn ausleben zu müssen. Der Brünette sah regelrecht wie alle um ihn herum an diesen einen verhängnisvollen Geburtstag dachten. Er war damals erst neu als Kollege dazu gekommen, noch ganz frisch und unverbraucht. Somit wollte er seinen Geburtstag als eine Art Kontakte-Knüpf-Party nutzen und lud all seine Kollegen und Chefs ein. Zur Feier des Tages hatte sich Yumi als Koch angeboten. Damals wusste Kouyou noch nicht, dass sie noch nie etwas zu Essen zubereitet hatte. Alle hatten sich auf das Essen gefreut und die Erwartungen an die junge Japanerin waren sehr hoch. Yumi hatte lächelnd das Essen auf dem Tisch gestellt. Es sah gut aus, aber besser wäre es gewesen, es hätte auch geschmeckt. Höfflicher weise hatten alle etwas gegessen, aber die darauffolgende Arbeitswoche musste Kou fast allein bestreiten. Er fragte sich immer noch was seine Frau da wohl so falsch gemacht hatte. „Naja, wenigstens kannst du auf Arbeit kommen.“, sagte Yoshio und alle wanden sich einem anderen Thema zu. Nach getaner Arbeit saß Kouyou wieder in der Fußgängerzone. Der Himmel wurde von dunklen Wolken bedeckt. Allem Anschein nach sollte es an dem Tag noch regnen. Das hieß für den Brünetten, er würde nicht ewig hier sitzen und dem Sänger zu hören können. Sein Blick schweifte wieder zu dem Braunhaarigen. Heute sah er um einiges gesünder aus als an den Tagen davor. Die paar, selbstbelegte wohlgemerkt, Brötchen hatten ihm wahrscheinlich gut getan. Es dauerte nicht mehr lang da ergoss sich der Himmel über die Fußgängerzone und den Menschen, die genau hier einkaufen waren. Kouyou zog sich seine Trainingsjacke, die er, wie als hätte er eine Vorahnung gehabt, vor wenigen Stunden gekauft hatte, hoch bis über den Kopf um sich ein wenig vor dem Regen zu schützen. Er beobachtete den Kleineren wie dieser hektisch seine Sachen zusammen suchte um schnell aus dem Guss zu kommen. Der Brünette hatte Mitleid und stand auf um dem Sänger die Jacke ebenfalls über den Kopf zu halten. Verwirrt sah der Braunhaarige hoch, musste aber dennoch leicht lächeln und bedankte sich mit einem Nicken. „Danke. Ich hab alles zusammen.“, mit diesen Worten wollte der Kleine gehen. „Warte!“, sagte Kouyou schnell, „Komm lass uns in das Cafe gehen ich geb einen aus!“ Von sich selbst sichtlich verwirrt lächelte der Brünette und drückte den Anderen in die Richtung. „Das wär wirklich nicht nötig gewesen…“, murmelte der Sänger und schaute auf den dampfenden Kaffee. „Mach dir darum mal keinen Kopf. Ich wollte eh noch nicht nach Hause.“ „Stress?“ „Wie man’s nimmt. Eine Frau und eine kleine Tochter.“ „Ziemlich laut zu Hause, was?“ „Nein das nicht. Unsre Nanny spielt mit ihr. Aber Yumi, meine Frau, ist so anstrengend. Nur weil ich nicht immer gleich nach der Arbeit nach Hause komme denkt sie, ich habe eine Affäre. Dabei hör ich dir doch nur zu.“ „Warum sagst du ihr das nicht einfach?“, der Sänger zog die Augenbrauen nach oben. „Das kann ich nicht ‚so einfach‘. Ich lebe in der gehobenen Gesellschaft, da ist es eine Sünde so etwas zu tun.“, Kouyou seufzte auf und schaute durch das große Fenster in den Regen. „Hm…“, dem Kleinen war die gedrückte Stimmung anzumerken, „Das wird wieder. Ihr liebt euch doch.“ „Nein, tun wir nicht.“, sagte der Brünette schlicht und senkte nun, wie der Andere, den Blick. „Aber warum seid ihr dann zusammen und habt ein Kind?“ „Wir mussten heiraten. Wegen dem Kind.“, Kouyou kam sich plötzlich idiotisch vor. Warum erzählte er das alles einen völlig fremden? Warum erzählte er das einem Menschen, den er nicht kannte? Dennoch musste er sich eingestehen, dass es ihm gut tat einfach mal zu reden und außerdem… fühlte er sich wohl. „Sag mal, wie heißt du eigentlich?“ „Takanori. Und du?“ Kapitel 6: Kapitel sechs ------------------------ Kapitel sechs „Kouyou. Kouyou Takashima.“, irgendwie ging es dem Brünetten jetzt gut. Er musste nun nicht mehr an „den Unbekannten“ denken, sondern an „Takanori“. „Und... was machst du so, Kouyou?“, die Stimme des Kleineren zitterte ein wenig. „Nenn mich einfach Kou. Ich arbeite an der Börse, mit Aktien und so.“ „Ah...“, Takanori sank in sich zusammen, wie als hätte er gerade erfahren, dass Kouyou der Teufel in Person ist, „Ich denk... ich geh dann lieber mal...“ „Aber warum? Ich sitz gern mit dir hier.“ Darauf erwiderte der Sänger nichts. Stattdessen nahm er eilig seine Sachen und flüchtete aus dem Cafe. Kouyou seufzte und trank einen Schluck seines Kaffees. „Ist meine Arbeit wirklich so schlimm, dass man abhauen muss?“, fragte er sich selbst und schüttelte den Kopf. Es war heut wahrscheinlich alles zu viel für den Kleinen. „Na, wie war’s bei deiner Geliebten?“, fragte Yumi als Kouyou das Haus betrat. „Ich hab keine Geliebte. Wie oft denn noch? Und ich bin heut auch pünktlich wieder da!“ „Weil du eher von der Arbeit gegangen bist. Ich wollte dich überraschen und abholen. Aber da sagten mir deine Kollegen, dass du seit zwei Stunden schon weg bist. Als ich dann hier her kam warst du nicht da.“ „Muss ich bei dir für alles was ich tue Rechenschaft ablegen?“ „Ich bin deine Frau ich habe das Recht zu erfahren was los ist!“, sie erhob die Stimme. „Ich war in der Fußgängerzone.“, Kouyou stellte seinen Koffer in sein Arbeitszimmer und zog sich um. „Und was suchst du da?“ „Ich hab einem Straßenmusiker zugehört.“ „Du hast was?“, Yumi stand urplötzlich mitten im Arbeitszimmer und schaute ihren Mann verwundert an. „Du hast schon richtig gehört. Ich habe einem Straßenmusikanten zugehört.“, sagte er betont langsam. „Kouyou! Wenn dich jemand gesehen hätte der uns kennt! Weißt du was dann passiert wäre?“ „Nein, sag‘s mir.“, manchmal, aber nur manchmal, liebte er es Yumi bis aufs Blut zu reizen. „Unser Ruf wär hinüber! Wir hätten unsere Familien in den Dreck gezogen.“ „Ist das so schlimm?“, Kou stutzte einen Moment. Hatte er das eben wirklich gesagt? Hatte er gerade wirklich seine Frau gefragt, ob es sehr schlimm wäre, wenn er den Ruf der Familie zunichtemachen würde? Er, der immer darauf bedacht war, den Ruf aufrecht zu erhalten? „Das hast du mich jetzt nicht wirklich gefragt, oder? Kouyou... was ist nur mit dir passiert. Ich erkenne dich gar nicht wieder!“ In Wirklichkeit erkannte Kouyou sich selbst nicht mehr wieder. „Hey Takanori!“, Kouyou saß wieder den ganzen Nachmittag auf der Bank und schaute dem Sänger zu. „Ja?“ „Magst du mit mir essen gehen?“ Die Augen des Braunhaarigen wurden so groß wie Unterteller: „Essen gehen? Aber Kou…“ „Nix da! Ich zahle. Also, willst du oder willst du nicht?“, der Brünette stand auf und ging auf den Kleineren zu. „Ich… kann das nicht annehmen…“, stotterte Takanori und sah auf den Boden. „Hab ich mir schon gedacht.“, Kouyou umarmte den Kleineren leicht von hinten und hielt ihm einen kleinen Beutel hin, „Aber ich hab dir etwas zu Essen mitgebracht.“ Dann ging der Brünette davon und ließ den verwirrten Sänger allein. Kouyou kam nach Hause, ging in sein Arbeitszimmer und setzte sich auf seinen Schreibtischstuhl. Er hörte zwar seine Frau irgendetwas in einer ziemlich sauren Tonlage rufen, doch er reagierte nicht. Es war ihm langsam egal was sie dachte und was nicht. Er wusste jedenfalls, dass er keine Geliebte hatte sondern einfach nur einem armen Menschen half. Okey, das allein war schon Grund genug um sich um Kouyou Sorgen zu machen, aber Menschen konnten sich doch auch ändern, oder? „Irgendwie war Taka heut komisch.“, dachte sich der Brünette und lehnte sich in seinem Deluxe-Schreibtischstuhl zurück, „Hab ich gestern zu viel erzählt? Vielleicht hab ich ihm mit meiner Geschichte Angst gemacht. Am besten ich Frag ihn morgen mal.“ Dann stand er auf, machte das Licht aus und ging ins Schlafzimmer. „Sag mal, Taka…“, Kouyou leckte einen Tropfen Eis, der an der Waffel herunterlief, auf, „Warum warst du gestern so komisch?“ „Wie komisch?“, der Braunhaarige starrte weiter fasziniert die Pflastersteine an. „Weiß nicht. Fandest du das komisch, was ich dir erzählt hab?“ „Du machst dir Sorgen was ich über dich denke? Kouyou du hast einen Job der gut bezahlt ist. Warum denkst du da an mich, für was ich dich halte oder was ich von DIR denke?“, zum ersten Mal sah Takanori dem Anderen in die Augen als er sprach. „Ich… ich weiß nicht.“, Kouyou wurde seltsam unsicher und blickte in den Himmel, „Es ist alles anders geworden seit ich dich kenne.“ „Kou… Ich kann dich nicht verstehen warum du hier mit mir sitzt. Das geht unter deine Würde. Was wäre denn, wenn dich hier, neben mir, jemand sehen würde?“ „Dann… würde er mich hier neben dich sehen, schätz ich mal.“, der Brünette grinste und widmete sich wieder seinem Eis. „Ich versteh nicht wie du mit einer Frau zusammen sein kannst, die du nicht liebst. Liebe ist doch was Schönes, etwas, was man nicht mit jedem teilen will. Liebe ist ein Gefühl, welches man nicht unterschätzen darf und sollte...“, Takanori schloss die Augen, „Liebe ist unbeschreiblich. Man sollte niemanden heiraten den man nicht liebt. Dein Kind tut mir leid. Liebe ist ein Gefühl, das verbinden sollte. Aber euch verbindet nur etwas ‚Materielles‘. Eure Tochter. Und euer übertrieben starkes Gefühl als etwas besonders Gutes dastehen zu müssen.“ Takanori sprach frei heraus, ohne groß drüber nachzudenken. Kouyou hätte sich an seiner Stelle 5-mal überlegt was er genau im Einzelnen sagen würde, da er ja Erfolg und Misserfolg seiner Worte vorher abschätzen musste. Still und heimlich bewunderte er Taka für seine Offenheit was seine Gefühle angingen. „Aber das wurde so von mir verlangt. Das ist bei der gehobenen Gesellschaft so.“ „Da sind Gefühle unwichtig. Ich weiß, das merk ich jeden Tag aufs Neue. Wenn die Männer in ihren schwarzen Anzügen an mir vorbeilaufen und ich ihre spöttischen Worte höre. Sie haben kein Mitgefühl für uns. Für die, die an der Grenze leben. Das kennt IHR nicht.“, Takanori betonte das ‚ihr‘ besonders und Kouyou merkte einen stechenden Schmerz in seiner Brust. Kapitel 7: Kapitel sieben ------------------------- „Guck nicht so. Das ist die Wahrheit. Wenn du sie nicht verträgst dann geh am besten!“ „Vielleicht hast du ja recht…“, murmelte Kouyou in seinen nicht vorhandenen Bart. Damit hatte Takanori nicht gerechnet und schaute den Brünetten verwundert an: „Du gibst mir recht?“ „Sieht wohl ganz so aus…“, sprach der Brünette und schaute auf seine Schuhe. „Irgendwie find ich das jetzt lustig. Ich mein, wer ist denn von uns hier der Gebildete und gut Verdienende?“ „Das mit dem gut verdienen stimmt vielleicht, aber nur weil ich Glück hatte und diesen Job bekam, heißt das nicht dass ich besonders schlau bin. Denn was ist denn schon ‚Wissen‘? Ist es das, was wir in der Schule lernen oder das, was uns das Leben lehrt?“, fragte Kouyou leise und richtete seinen Blick wieder auf dem Sänger. „Ich denke…“, sagte dieser auf seiner Lippe kauend, „… Es ist eine Mischung aus beidem. Sieh es mal so. Man lernt doch in der Schule Sachen fürs Leben. Klar, ich weiß dass man jetzt die Integralrechnung nicht braucht um einen Topf Reis kochen zu können, aber…“ Ein kurzer Moment der Stille trat ein. „Aber?“, fragte der Geschäftsmann geistreich und schaute Takanori weiterhin an. „Ach, vergiss es.“, winkte dieser ab und stand auf. „Wo willst du hin?“ „Weg von so einem verwöhntem Muttersöhnchen, dass mit einem goldenen Löffel im Arsch geboren wurde.“, mit diesen Worten ging der Braunhaarige fort und ließ einen ganz und gar verstörten Kouyou zurück. Der Brünette schaffte es erst nicht seine Autotür zu öffnen, ohne sich mit dieser an den Knien zu stoßen, konnte nicht warten bis diverse Ampeln auf grün standen und es interessierte ihn auch nicht, dass er fasst eine Dame höheren Alters umgefahren hatte. Bzw. er hatte es einfach nicht mitbekommen. Es war ein Wunder, dass er wenigstens die Haustür seiner Doppelhaushälfte, in dem Reichen-Viertel wo er wohnte, aufbekam ohne sich ernsthaft zu verletzen. „Hallo Kouyou!“, rief Yumi wie gewohnt mit der kleinen Tochter auf dem Arm, aber der Vater reagierte nicht. Er stiefelte schnurstracks in sein Arbeitszimmer und setzte sich auf seinen Schreibtischstuhl. „War heut irgendwas auf der Arbeit?“, fragte seine Frau weiter. Wieder antwortete er nicht. „Yumi an Kouyou. Ich wiederhole: Yumi an Kouyou!“ Er starrte weiter in der Gegend herum und das wurde der Frau langsam zu blöd: „Sag mal was geht denn eigentlich mit dir ab? Könntest du mal mit deiner Ehefrau sprechen?“ „Ehefrau…“, murmelte Kouyou gedankenverloren. „Ja, genau. Das bin nämlich ICH zufälligerweise.“, sprach Yumi in einem drohendem Ton. „Meine… Ehefrau…“, murmelte der Brünette weiter. „Was soll das? Was denkst du eigentlich wer du bist? Warst wohl bei deiner Geliebten, oder? Hat sie dir schön das Hirn rausgeblaßen?“, Yumis Kopf glich nun langsam einer Tomate. „Geliebte?“, endlich zeigte Kouyou eine Regung und hob den Kopf, da war seine Frau allerdings schon aus dem Zimmer gegangen. Er hörte seine Tochter von weitem schreien als er sich fragte: „Geliebte? Seit wann hab ich eine Geliebte?“ „Verdammt! Wir verlieren Geld und das immer rasanter!!!!“, schrie eine dunkle Stimme über alle hinweg und auf einmal war es im ganzen Raum ruhig. Nur noch die Lüftungen der Computer waren zu hören. Jeder starrte auf den großen Bildschirm an der Stirnseite. Alle, bis auf einer: Kouyou. Ihn interessierte es nicht, was dort passierte. Die ganze Nacht hatte er wach gelesen und nachgedacht. Seine Gedanken fingen in seiner Kindheit an und hörten bei seiner Hochzeit auf. Früher hatte er immer gesagt, dass er alles besser machen wollte als seine Eltern. Er wollte immer für sein Kind da sein, keinen Job haben, der zwar viel Geld abwirft, aber jegliche Zeit raubt. Er wollte frei sein und nicht an irgendeine Gesellschaft gebunden wie sein Vater, dessen Gesicht er nicht mal mehr kannte. Und was war passiert? Eine Nanny passte auf seine Tochter auf. So wie er damals von zig Nannys betreut wurde. Er arbeitete an der Börse, ein Job der gutes Geld abwarf aber keine Zeit übrig ließ. Er hatte eine Frau, die er nicht liebte. Kurz um: Er war genauso wie sein Vater. Würde sich Kiku später auch nicht mehr an das Gesicht ihres Vaters erinnern, wenn es so weiter ging? Würde sie dann die Frau eines Reichern Bankers sein, den sie nicht liebte? Er wollte doch immer, dass seine kleine Maus glücklich ist. Aber so wie er leben ist kein Glück. Es ist ein Zwang, wenn nicht sogar die ganz persönliche Hölle. Er musste etwas ändern, das wusste er. Aber er wusste nicht wie. „Dass du dich überhaupt traust wieder zu mir zu kommen…“, sagte Takanori mit einem Lächeln als er Kouyou sah, „Ich dachte du hasst mich jetzt oder so.“ „Nein nein.“, der Brünette lächelte, „Ich bin gern bei dir.“ Dem Braunhaarigen fielen fast die Augen raus: „Du bist… was?“ „Gern bei dir.“ „Aber…“, der Sänger war sichtlich verwirrt, „Warum?“ „Du bist anders als alle anderen Menschen die ich kenne. Du bist so wie du bist und verstellst dich nicht. Ich hab nur mit den Leuten aus der oberen Gesellschaftsschicht zu tun und die verstellen sich einfach. Und mir ist gestern klar geworden, dass ich nicht zu diesen Menschen gehören will.“ „Aber Kou… Du gehörst dazu. Sieh dich an… Du hast einen teuren Anzug an, du hast Geld, ein tolles Auto. Ich hab zwei T-Shirts und eine Hose. Keine Schuhe und weder ein Auto noch die dazu benötigte Fahrerlaubnis. Du bist das komplette Gegenteil von mir.“ „Ich weiß… Ähm, Taka?“ „Was ist denn?“, Takanori schaute auf deine dreckigen Hände. „Magst du neue Klamotten haben? Ich würde dir ein paar kaufen…“ „Kou! Ich will nicht von dir abhängig sein!“, sagte Taka, „Aber ich würde das Angebot gern annehmen…“ Das überraschte Kouyou jetzt doch ein wenig: „Wirklich?“ Der Sänger nickte nur und stand auf: „Also, wo geht’s los?“ Kapitel 8: Kapitel acht ----------------------- Kapitel acht [Takanori] Mittlerweile fragte er sich schon, welches Pferd ihn denn geritten hatte. Warum um alles in der Welt hatte er der Sache zugestimmt? Er handelte hier schließlich gegen seine eigenen Prinzipien. Da stockte er: Was waren eigentlich seine Prinzipien? Es stimmte zwar, dass er sich vor geraumer Zeit geschworen hatte, sich von keinem aushalten zu lassen aber hatte er eine andere Wahl? Natürlich könnte er auf Klamotten verzichten. Es ging die letzten Jahre auch ohne. In den zig Winter in denen er unter Tonnen von Pappe schlafen musste um sich wach zu halten, hatte er eigentlich nur Glück gehabt, dass kein Grundstücksbesitzer ihn vertrieben hat. Würde es so weiter gehen? Wenn nicht würde er sich regelrecht in den Arsch beißen. Deshalb nahm er das Angebot von Kouyou an und stand mit diesem nun in einen Klamottenladen. „Kou mir ist nicht ganz wohl bei der Sache…“, fiepte der Sänger und sah den Brünetten an. „Ach warum denn?“ Ja warum wohl? Weil er mit einem stinkreichen Typen hier mit einem dreckigen Straßenjungen in einer feinen Boutique stand. Außerdem fand Takanori es unangenehm, dass er sich vor dem anderen aus- und umziehen musste. „Kou~?“ „Was denn Taka?“ „Können wir vielleicht in einen Laden geben wo die Sachen nicht so teuer sind?“ „Warum das denn? Die Sachen hier sind doch alle viel besser. Komm stell dich nicht so an.“ „Stell dich nicht so an????!!!!“, schrie es in Takanoris Gedanken. Es war offensichtlich, dass Kouyou sich nicht vorstellen konnte in welcher Lage sich der Kleinere befand. Er war noch nie in seinem Leben in einem Klamottenladen gewesen. Jedenfalls nicht ohne die Absicht etwas klauen zu wollen. Just in diesem Moment hielt der Größere ihm ein schwarzes T-Shirt hin und schaute ihn fragend an. Takanori nickte einfach nur. Er wollte, dass das hier alles schnell vorbei ging. Er handelte wie eine Puppe, soweit so eine denn handeln konnte. Immer wieder musste er neue Sachen anprobieren, die er nicht anprobieren wollte und Kouyou nahm all seine Proteste gar nicht wahr. Immer wieder fragte sich der Kleinere ob der Brünette seine Worte nicht wahrnehmen wollte oder gar nicht konnte, weil er so im Rausch war. Kaufrausch, so würde es der Sänger nennen. Gefühlte 50 Stunden später drehte sich Kouyou um, um nach etwas zu suchen. Der Braunhaarige wusste nicht nach was. Entweder nach einer anderen Größe, Farbe oder weiß der Geier. Aber Taka ergriff seine Chance und rannte aus dem Laden. Er spürte die Blicke der Verkäuferinnen in seinem Rücken, aber er wollte sich nicht umdrehen. Er wollte nur hier raus. Am Tag danach saß Takanori gedankenverloren an einem kleinen Brunnen in der Fußgängerzone. Es war Abend, es wurde kühl und die Sonne wollte sich auch schon langsam schlafen legen. Die letzten warmen Strahlen erreichten sein blasses Gesicht. Seine schlanken Finger spielten mit dem lauwarmen Wasser. Seine traurigen Augen blickten das Spiegelbild an und versuchten den Grund seiner schlechten Laune zu finden. Was war nur mit ihm los? Er hatte heut sogar mehr Einnahmen als sonst mit seiner Musik erzielt, er hatte ein gutes Abendessen und ausreichend zutrinken den ganzen Tag. Was um alles in der Welt fehlte ihm nur? „Hey…“, er vernahm eine leise Stimme hinter sich. Zwei Hände legten sich auf seine Schultern. Er wusste wessen Hände dies waren, aber er sagte nichts. „Ey tut mir leid wegen gestern…“, der Brünette sprach weiter ohne eine Erwiderung des Kleineren zu bekommen, „Es tut mir wirklich leid…“ Plötzlich spürte er zwei schlanke Arme um seinen Körper. Ein warmer Atem streifte seinen Nacken und er bekam eine Gänsehaut. Die Wärme, die Kouyou ausstrahlte, war so ungewohnt für Takanori, aber er wehrte sich nicht. Zu gut fühlte sich dieser Moment an. Viel zu gut. Ein paar Tränen bahnten sich den Weg über Takas Wange und Lippe. Leise Schluchzer verließen seinen Mund. So saßen bzw. standen die zwei Männer eine ganze Weile dort am Brunnen. Erst als es düster war und die Luft kalt um sie herum wehte, lösten sie sich voneinander. [Kouyou] „Sag mal Kou, mit wem standest du denn gestern in der Fußgängerzone herum?“, fragte Yoshio den Brünetten in der Frühstückspause. „Ich wüsste nicht was dich das angeht.“, antwortete dieser kühl und biss in sein französisches Baguette. „Naja weil ich dich gesehen hab wie du so einen schmuddeligen Typen umarmt hast.“ „Du hast WAS?“, Kou verschluckte sich prompt an dem Bissen den er im Mund hatte und sah seinen Freund an. „Na du standest da mit diesem ekligen Straßenmusikanten.“ „Takanori ist nicht eklig!“ „Aha, Takanori heißt er also. Ihr müsst euch aber gut kennen…“ „Und außerdem, was geht dich das an mit wem ich wo rumstehe?“, Kou wurde etwas bissig in seinem Tonfall. „Du hast eine eifersüchtige Frau zu Hause die solche Neuigkeiten bestimmt nicht gut finden würde.“ „Hast du etwa vor es Yumi zu sagen?“, in seinem Kopf musste der Brünette sich immer wieder ermahnen die Gelassenheit zu bewahren. „Hm, ich denke schon. Ich glaube kaum dass du etwas mit einem Mann anfangen würdest und sie soll doch deine neuen Freunde kennen lernen.“ „Was fällt dir eigentlich ein?“, Kouyou war noch nicht mal mit einem Fuß zur Haustür herein als seiner herzallerliebste Frau anfing rumzuschreien. „Was soll mir einfallen? Ich kann auch wieder gehen.“, der Brünette hatte eine dunkle Vorahnung. Sein toller bester Freund hatte in Zwischenzeit Yumi angerufen und ihr von der beobachteten Sache erzählt. „Yoshio hat eben angerufen und mir erzählt, dass du dich mit einem Straßenmusiker vergnügst!“ „Das klingt so als würd ich mit Takanori ins Bett steigen. Ich mag ihn eben nur.“, Kou ging in sein Arbeitszimmer. „Ich verbiete dir den Kontakt mit diesem Takanori!“, die Frau sprach den Namen mit so viel Hass und Ekel wie nur möglich aus. Kouyou drehte sich um, ging zu seiner Frau und stellte sich bedrohlich vor sie: „Du… wirst mir hier gar nichts verbieten! Wegen mir kannst du diesen Luxus hier leben! Vergiss das nicht. Also überleg dir wie du mit mir umspringst. Oder willst du deinen Daddy traurig machen wenn ich dich hier rausschmeiße, dir das Sorgerecht wegnehme und mich scheiden lasse?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)