Wurmlöcher von Kiajira ================================================================================ Kapitel 32: The show must go on ------------------------------- Kapitel 32 – The Show must go on Die Tage vergingen zäh wie alter Kaugummi, gefüllt mit Schulstoff, der Hermine jedoch nicht mehr länger fesseln konnte. Nicht, nachdem sie so viel mit Tom fachsimpelt hatte. Jedes neue Thema verlor nach der Hälfte des Stoffes seinen Reiz. Sicher, sie lernte genauso effizient wie immer, und sie war sich sicher, dass sie, obwohl erst November war, sicherlich bald auf UTZ-Niveau war, doch es machte ihr nicht mehr den gleichen Spaß wie früher. Zu tief saßen ihr die vergangenen Ereignisse im Nacken, und zu oft musste sie daran denken, wie es Dumbledore ging. Sie hätte sich am liebsten selbst dafür geohrfeigt, dass sie vor dem Disapparieren aus der kleinen Höhle keinen Ortungszauber angewendet hatte. Es bestand zumindest eine kleine Möglichkeit, dass dieses Schlupfloch im Vergleich zum Rest der Festung ortbar war, und so hätte sie eine Möglichkeit gehabt, zurück zu kehren und Dumbledore zu suchen. So jedoch… hatte sie ihn im Stich gelassen, zu sehr durch die Scheuklappen ihrer Gefühle abgelenkt. Bitter lächelte sie, während sie eine Seite in „Höchste Potente Zaubertränke“ umblätterte und den nächsten Satz dreimal lesen musste, um ihn zu verstehen. Sie konnte wirklich nichts richtig machen. Alle, alle hatte sie ihm Stich gelassen. Was hatte es noch für einen Sinn, die Schule zu beenden? Wo sollte sie danach hin? Ein normales Leben führen? Das kam ihr in diesem Moment so unvorstellbar vor, dass sie kurz und zittrig auflachte. Die Welt war nicht mehr dieselbe. Wie konnte sie also so tun, als wäre nichts passiert? ~*~ Zwei Wochen später, Anfang Dezember, wurde Harry Potter aus dem St. Mungo’s entlassen. Er kehrte nach Hogwarts zurück und musste sich nur einmal die Woche noch bei Madam Pomfrey melden. An diesem Abend erreichte eine Eule das Schulleiterbüro, welches Professor McGonagall übernommen hatte, und am folgenden Morgen verkündete sie der Schule Rons Tod. Harry, der gerade die Schülertraube um sich herum losgeworden war und den ersten Bissen seines Rühreis genommen hatte, verschluckte sich. Ginny klopfte ihm sacht auf den Rücken, und Hermine erwiderte seinen starren Blick mit der gleichen Hilflosigkeit, die auch sie beim Gedanken an Ron verspürte. Die Beerdigung fand eine Woche später statt, pünktlich zum Luciafest, dass die Hauselfen in Hogwarts für die wenigen skandinavischen Schüler, die nicht nach Durmstrang gingen, feierten. Hermine, Harry und Ginny jedoch bekamen kaum etwas von dem bunten Lichtermeer mit, welches doppelt so groß war wie sonst. Ihre Gedanken waren anderswo. Nach dem Frühstück trafen sie sich mit Minerva an den Toren der Schule und apparierten zum Fuchsbau. Molly nahm die drei Teenager alle in die Arme und brach ihnen fast die Rippen, während sie unentwegt schniefte. Viel mehr bekam Hermine von der Beerdigung gar nicht mit. Ihre Gedanken und ihr Blick verschwammen, wanderten zu Erinnerungen, die schön und gleichzeitig schmerzhaft waren. Zu Zeiten, in denen Ron noch bei ihnen war. Zu Zeiten, als sie, Ron und Harry einfach unzertrennlich gewesen waren. Dann später, als Ginny und Harry zusammen gekommen waren, die Zeiten, in denen sie immer zu viert unterwegs waren, Rons missmutige Blicke inklusive, wenn Harry und Ginny es wagten, sich zu küssen, sogar auf den Mund! Hermine musste wehmütig lächeln, als sie daran zurück dachte. Es war eine schöne Zeit gewesen, ihr sechstes Schuljahr, trotz Voldemort. Und trotz der Tatsache, dass Ron und sie beide wussten, dass sie zusammen gehörten, keiner aber so Recht einen Schritt weiter gehen wollte. Sie seufzte. Auf der einen Seite war es eine verpasste Gelegenheit, doch auf der anderen sagte sie sich, dass es noch um einiges schmerzhafter gewesen wäre, wäre damals mehr gewesen zwischen ihnen. Einen Moment später schreckte sie die Kaltblütigkeit dieses Gedankens ab. Es war verdammt egoistisch, so zu denken. Sie schluckte und stellte fest, dass die Rede, die der zuständige Ministeriumsbeamte zu Rons Beisetzung gehalten hatte, wohl gerade zu Ende gegangen war. Schweren Herzens schloss sie sich den Weasleys an, die die Trauerhalle verließen und auf den Friedhof in Ottery St. Catchpole hinausgingen, um der eigentlichen Beerdigung beizuwohnen. ~*~ Die folgenden Tage war es ruhig. Zu ruhig, für Hermines Geschmack. Je länger sie nichts von Voldemort oder seinen Todessern hörten, desto länger war Voldemort wohl nur damit beschäftigt, Dumbledore zu quälen. Sie durfte gar nicht daran denken. Drei Tage vor dem Heiligen Abend geschah dann das, womit Hermine seit einem Monat gerechnet hatte. Sie konnte nicht sagen, ob sie es am Ende noch gefürchtet oder herbeigesehnt hatte. Es musste eine Erlösung gewesen sein. Ein großer Artikel war im Tagespropheten erschienen, der über Dumbledores Tod berichtete. Hermine schluckte, als ihr trotz allem die Tränen kamen und ihre Welt sich zu drehen begann. Verdammt, sie hatte bereits die ganzen letzten Wochen um ihn getrauert, wieso war dann immer noch etwas übrig? Wie viel Trauer konnte ein Mensch empfinden? Schniefend reichte sie die Zeitung zu Harry und Ginny auf der anderen Tischseite hinüber und versuchte vergeblich, etwas von ihrem Frühstück herunter zu bekommen. Harry überflog wie sie selbst nur die erste Seite des Artikels, Ginny jedoch las ihn mit starrem Blick komplett durch. Auf der zweiten Seite pfiff sie. „Leute…“ Harry brummte, und Hermine hob missmutig den Kopf. Ginny legte die Zeitung zwischen ihnen auf den Tisch. „Hier steht, wie sie davon erfahren haben. Ein Todesser wurde gefasst, der sich um Dumbledore gekümmert hat, solange er dort war. Er hat unter Veritaserum ausgesagt.“ Hermine nickte langsam. „Voldemort hat ihn vermutlich absichtlich ausgeliefert, damit die Info ankommt.“ Harry nickte zustimmend. „Sähe ihm ähnlich.“ Ginny winkte ungeduldig ab. „Ist doch egal. Hier steht, dass der Leichnam verschwunden ist! Er hat den Tod festgestellt und… Vol…demort herbeigerufen, und nachdem dieser auch festgestellt hat, dass er tot ist, war die Leiche am nächsten Tag weg!“ Harry und Hermine tauschten einen Blick. Dann seufzte Hermine. „Das mag ja gut und schön sein, aber er war davor schon tot. Und Voldemort ist intelligent genug, um fehlerfrei festzustellen, dass jemand tot ist.“ Ginny sackte ein Stück in sich zusammen. „Du hast Recht. Es ändert nichts.“ Niedergeschlagen aßen sie zu Ende. Dröhnendes Schweigen lag über des gesamten Großen Halle, sie waren offensichtlich nicht die Einzigen, die Zeitung lasen. Auch im Unterricht war keine Spur des üblichen Getuschels zu hören, jeder ging stumm seiner Aufgabe nach. Die Professoren schienen alle ein wenig angeknackst, behielten jedoch mit purer Selbstbeherrschung die Fassung. Es war, als hätte sich eine große Käseglocke über das ganze Schloss gestülpt, die alles in Watte packte, dämpfte und dafür sorgte, dass jeder neben sich stand. Selbst die Slytherins wagten es an diesem Tag nicht, irgendjemand zu verspotten oder zu ärgern. Das, dachte Hermine zynisch, war es sicherlich nicht wert gewesen, auch wenn die Ruhe vor den Schlangen durchaus angenehm war. ~*~ Dieses Jahr blieben nicht viele Schüler über Weihnachten in Hogwarts. Hermine vermutete, dass viele Eltern jetzt, ohne Dumbledore, an der Sicherheit des Schlosses zweifelten, auch wenn Minerva diesbezüglich bereits am nächsten Tag eine öffentliche Erklärung abgegeben hatte. Sie würde das Amt des Schulleiters übernehmen, solange die Schulräte keine Einwände hatten, und mit allem, was sie aufbringen konnte, die Sicherheit der Schüler auch weiterhin gewährleisten, so wie es Dumbledore vor ihr getan hatte. Die Schulräte selbst hatten es trotz ihrer sonstigen Trägheit geschafft, sich noch vor Weihnachten zu treffen und sie in ihrem Amt zu bestätigen. Alles in allem waren sie viel umgänglicher und vernünftiger geworden, seit Lucius Malfoy nicht mehr unter ihnen war und sie jetzt unter Fidelius waren, vertraute Minerva Hermine am Abend des vierundzwanzigstens Dezembers an, als sie alle zusammen an einem einzelnen Tisch zu Abend aßen. Hermine war froh, dass es so war. Einen neuen Schulleiter, womöglich jemand, dem sie nicht vertrauen konnten, wollte keiner. Weihnachten selbst lief dieses Jahr erstaunlich unspektakulär ab, zumindest dachten sie das. Hermine und Harry waren in Hogwarts geblieben, und Ginny hatte sich ihnen angeschlossen. Sie waren zwar bei den Weasleys eingeladen, doch da diese zusammen mit Bill und Fleur in Frankreich feierten, hatte keiner der drei große Lust, ihnen hinterher zu reisen. Minerva hatte bekannt gegeben, dass es dieses Jahr keine großen Feierlichkeiten geben würde, sondern lediglich ein Festessen am Abend des fünfundzwanzigsten Dezembers. Doch langweilig, wie sie mit einem Augenzwinkern verkündete, würde es bis dahin keinem der wenigen noch anwesenden Schüler werden. Die drei Gryffindors, die neben Jane aus der dritten Klasse die einzigen in ihrem Turm waren, stellten bereits am nächsten Morgen fest, was die Direktorin gemeint hatte. Hermine wurde an diesem Morgen durch zwei laute Stimmen geweckt, die im Chor „AUFWACHEN!“ plärrten. Schlaftrunken blinzelte sie und erkannte sowohl Ginny als auch Jane, beide in Morgenmänteln, neben ihrem Bett stehen und grinsen. Jane wirkte mit den blonden Haaren, die sie sich bereits zu Zöpfen geflochten hatte, und dem Blumenmuster auf ihrem gelben Mantel glatt noch einige Jahre jünger und hätte als Erstklässlerin durchgehen können. Auch die Begeisterung in ihrem Gesicht stand der einer Erstklässlerin, die das erste Mal Weihnachten auf Hogwarts verbrachte, in nichts nach. Hermine musste lächeln. „Euch auch einen guten Morgen“, nuschelte sie und gähnte. „Frohe Weihnachten!“, riefen die anderen beiden im Chor. Hermine grinste und setzte sich auf. Bevor sie jedoch in ihren Morgenmantel schlüpfen konnte, hatte Ginny sie umarmt und Jane wedelte aufgeregt mit einem Pergamentblatt. „Schau mal, für dich! Genau wie bei uns!“ Nachdem Hermine Ginny kurz gedrückt hatte und sich wieder von ihr gelöst hatte, drückte Jane ihr den Zettel in die Hand. Hermine runzelte die Stirn und las, was dort in verschlungener, aber irgendwie bekannter Schrift geschrieben stand. Frohe Weihnachten, Hermine! Du fragst dich sicher, ob du dieses Jahr Geschenke bekommen hast. Natürlich hast du welche bekommen, aber diesmal sind sie irgendwo im Schloss gelandet, und du musst selbst herausfinden, wo. Keine Sorge, du musst nicht alles durchsuchen, du bekommst Hilfe. Es kann allerdings sein, dass du mehrere Hinweise sammeln musst, bevor du weißt, wo deine Geschenke sind. Und keine Sorge, sollte das Rätsel zu schwer für dich sein, bekommst du spätestens beim Abendessen einen heißen Tipp. Wenn du es bis dahin nicht gelöst hast, findest du ihn in dem Knallbonbon auf deinem Platz. Aber ich hoffe natürlich, dass du nicht voreilig aufgibst! Als Erstes solltest du überlegen, wo im Schloss das Feuer auf Leinwand kitzelt. Dort wirst du weitere Hinweise finden. Viel Spaß beim Rätseln! Ein breites Lächeln erschien auf Hermines Gesicht. „Eine Schnitzeljagd“, stellte sie fest und griff nach ihrem Morgenmantel. „Eine was?“, fragte Jane. Hermine strahlte sie regelrecht an. „Eine Reihe von Rätseln. Jedes Rätsel führt zum nächsten, und am Ende ist unser Preis. Das habe wir in der Muggelwelt sehr gerne zu Geburtstagen veranstaltet.“ Sie fischte frische Kleidung aus ihrem Schrank. „Meine Eltern haben sich zwar immer beschwert, dass ich sämtliche Rätsel viel schneller lösen würde, als sie sich neue ausdenken könnten, aber es hat einen riesigen Spaß gemacht.“ Jane legte mit zweifelndem Blick den Kopf schief. „Meinst du, das macht Spaß? Wieso kann ich meine Geschenke nicht gleich haben?“ Ginny legte ihr die Hand auf die Schulter. „Weil du so garantiert den ganzen Tag Spaß daran haben wirst. Ich finde, das ist eine gute Idee, wenn wir schon keine große Feier haben. Ich wette, die Professoren haben sich das ausgedacht, um uns eine Freude zu machen.“ Jane nickte, wirkte aber immer noch zögerlich. „Mein erstes Rätsel… ich weiß nicht, wo ich hinsoll. Helft ihr mir?“ Hermine lächelte. „Aber sicher doch! Es wäre schließlich ziemlich blöd, wenn einer von uns das Knallbonbon bräuchte. Zusammen schaffen wir es alle, du wirst sehen.“ Damit verschwand sie ins Bad. ~*~ Kurz darauf trafen die drei Mädchen sich fertig angezogen im Gemeinschaftsraum und fanden einen etwas befremdlich dreinschauenden Harry vor. Er murmelte nur, als sie ihm Frohe Weihnachten wünschten. Hermine runzelte die Stirn, und Ginny küsste ihn kurz und fragte: „Ist alles in Ordnung?“ Harry brummte. „Ich glaube, unser Schnitzeljagd-Organisator will mich ärgern. Ich weiß nicht, ob ich das lustig finden soll. Er oder sie sollte wissen, dass ich da nie wieder hin will.“ Er hielt seinen Pergamentfetzen hoch und las vor: „Suche mich, wo die Schatten keine Gegenstücke haben, wo die Zeiten verschwimmen und der Kessel immer heiß ist.“ Hermine musste lachen. Ginny und Jane blickten jedoch ziemlich verwirrt drein, was Hermines Lachen nur noch verstärkte. „Versteht ihr nicht?“, brachte sie heraus und beruhigte sich unter Harrys nicht gerade nettem Blick. „Der einzige Ort, auf den das zutrifft, ist das Klassenzimmer für Wahrsagen. Nur dort ist es theoretisch möglich, in die Zukunft zu sehen, deswegen die verschwommenen Zeiten. Schatten ohne Gegenstücke sollen Visionen darstellen, und weil Trelawney so gerne aus Teeblättern liest, hat sie immer einen Wasserkessel auf dem Feuer.“ Ginny klatschte sich mit der Hand gegen die Stirn. „Dass ich da nicht drauf gekommen bin…“ Harry schnitt eine Grimasse. „Ich habe auch ein paar Minuten gebraucht. Hätten sie den Grimm erwähnt, wäre es leichter gewesen… Aber sie wollen es uns offensichtlich nicht leicht machen.“ Jane seufzte schwer. „Denkt ihr, meine anderen Rätsel werde ich auch nicht lösen können?“, fragte sie kleinlaut. „Wenn ihr eure schon schwer findet, was soll ich dann sagen?“ Harry lächelte schwach und ging ein wenig in die Hocke, um mit ihr auf einer Höhe zu sein. „Keine Sorge, wir lassen dich nicht alleine damit. Du kennst das Schloss noch nicht so gut, da ist es unsere Pflicht, dir zu helfen.“ Mit einem Mal strahlte die Kleine. „Echt? Danke!“ Ginny legte ihr einen Arm um die Schultern. „Ganz sicher. Lasst uns alle zum Frühstück gehen, und danach fangen wir mit der Suche an.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)