Wurmlöcher von Kiajira ================================================================================ Kapitel 17: Freunde oder solche, die es sein sollten ---------------------------------------------------- 17. Freunde oder solche, die es sein sollten Die Sonne verschwand schon hinter den Baumwipfeln, als endlich das erlösende Schnauben der Dampflok in der Ferne erklang und die ersten Rauchwolken aufstiegen. Hermine atmete erleichtert auf. Mittlerweile spürte sie ihre Füße kaum noch. Sie hätte nicht gedacht, dass der Zug so lange auf sich warten lassen würde. Tom und sie standen nebeneinander auf dem dunklen Bahnsteig und warteten auf die Ankunft ihrer Mitschüler - bestimmt schon eine Stunde lang. Jetzt betrat auch Hagrid den Bahnhof. Hermine hatte sich mittlerweile an seinen jungen Anblick gewöhnt und nickte ihm zu, als er sich an das andere Ende des Bahnsteiges stellte. Tom ignorierte ihn - doch was sollte sie schon groß anderes erwarten? Der Zug kam in Sicht, die zwei Scheinwerfer wurden immer größer und heller, und der Lärm zerriss die Stille. Schließlich kam der Zug mit einem ohrenbetäubenden Quietschen zum Stehen. Fast sofort gingen die ersten Türen auf und eine große, schnatternde Schülertraube ergoss sich auf den Bahnsteig. "Erstklässler zu mir!", rief Hagrid. Hermine musste lächeln. Es war wie immer. Einen Moment später ertönte neben ihr Tom gebieterische Stimme: "Vertrauensschüler zu mir!" Lauren war die Erste, die sie beide fand. Sie fiel Hermine um den Hals. "Hermine! Ich hab dich vermisst! Wie geht es dir? Hattest du schöne Ferien?" Sie drückte Hermine enger an sich und flüsterte ihr ins Ohr: "Hat Tom irgendwas komisches gemacht?" Hermine lächelte. Es tat gut, Lauren wieder zu haben. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie ihr gefehlt hatte. "Nein, hat er nicht, keine Sorge", flüsterte sie zurück. Lauren seufzte erleichtert. "Na, ein Glück, ich dachte schon - " Sie wich ein Stück von Hermine zurück und starrte auf ihre Brust. Anscheinend hatte das Schulsprecherabzeichen sie gepiekt, als sie Hermine umarmt hatte. Einen Moment lang starrte sie ungläubig darauf, dann suchte sie wieder Hermines Blick. Mit einem Mal war die Freude aus ihren Augen verschwunden. "Das ist ein Scherz, oder? Du bis noch nicht mal ein Jahr auf dieser Schule!" Hermine schluckte. Etwas unbeholfen zuckte sie schließlich mit den Schultern und meinte: "Frag Dippet doch, ob er das als Scherz gemeint hat. Ich denke nicht, dass er bei so etwas Scherze macht." Lauren wich ein Stück weiter zurück. Ihr Blick huschte zu Toms Abzeichen und sie stöhnte. "Dass du es wirst, Tom, das war klar, Dippet liebt dich, aber... Hermine?" Enttäuschung schwang in ihren Worten mit, und Eifersucht. Hermine presste ihre Lippen zusammen, als sie das hörte. "Ich hab nicht darum gebettelt, falls es dich interessiert", fauchte sie. "Aber ich hab es nun einmal bekommen und werde daraus das Beste machen. Wenn du damit nicht klarkommst, dann geh doch!" Lauren stolperte verletzt noch einen Schritt rückwärts. Hermine schluckte, als sie sah, wie ihre Worte Lauren getroffen hatten. "Tut mir Leid", meinte sie leise. "War nicht so gemeint." Da ertönte plötzlich Toms Stimme in ihren Gedanken: 'Und wie das so gemeint war, Lügnerin.' Er schien amüsiert zu sein. Sie gab ihm bloß einen mentalen Stoß mit dem Ellbogen. Laurens Blick wurde mit einem Mal kalt. "Wie du meinst", gab sie zurück und stellte sich zu den anderen fünf Vertrauensschülern aus Ravenclaw, die jetzt eingetroffen waren. Hermine ließ den Blick schweifen. Es gab zwei Vertrauensschüler pro Haus und Jahrgang, davon immer ein Junge und ein Mädchen. Mit Tom und ihr waren sie also sechsundzwanzig. "Alle da?", meinte Tom. "Gut, wir essen nicht in der Halle, sondern zusammen in einem Zimmer, wo wir danach unsere Besprechung abhalten. Ich habe Kutschen reserviert, wir sollten gehen." Alle nickten stumm, offensichtlich eingeschüchtert von Tom. Lauren schenkte ihr keinen weiteren Blick, als sie zu ihren Ravenclawfreunden in eine Kutsche stieg. Hermine schluckte, starrte einen Moment auf die verschlossene Tür, hinter der sie verschwunden war, und folgte Tom dann in eine andere. ~*~ Wie Hermine den Abend heil überstanden hatte, wusste sie selbst nicht. Viele der anderen Vertrauensschüler musterten sie mit unverhohlener Abneigung. Die Ravenclaws schienen sich Lauren kommentarlos angeschlossen zu haben. Sie saßen als geschlossener, blauer Block am anderen Ende des Tisches. Die Gryffindors hatten sich daneben, ebenfalls als geschlossener Block nieder gelassen, einzig Minerva warf Hermine ab und zu einen entschuldigenden Blick zu. Hermine war etwas verdattert gewesen, als sie bemerkt hatte, dass Minerva eine Vertrauensschülerin war. Sie musste wirklich blind gewesen sein. Doch sie erwiderte Minervas Entschuldigung mit einem Lächeln, wann immer sich ihre Blicke trafen. Es tat gut, dass nicht auch alle Gryffindors gegen sie waren - immerhin war sie in ihrem Herzen irgendwo doch noch Gryffindor. Die Slytherins musterten eher Tom - anscheinend verstanden sie nicht, wie er sich mit einer Ravenclaw so gut verstehen konnte. Einzig die Hufflepuffs scheinen vorurteilsfrei zu sein. Sie unterhielten sich auch mit Hermine und Tom, was der Rest nicht tat, und musterten Hermine lediglich mit höflichem Interesse. Es gab ihr einen Stich, als sie an einen Kommentar Draco Malfoys dachte, den sie - obwohl er von ihm gekommen war - wohl immer irgendwie gelebt hatten. 'In Hufflepuff sind ne Menge Flaschen.' Sie sah jetzt, wie falsch das war. Lucy hatte sie zwar noch nicht gesehen seit dem Sommer, doch sie konnte sich nicht vorstellen, dass Lucy ebenso reagieren würde wie Lauren. Lucy war eine tolle Freundin. Sie erinnerte sich auch an das Trimagische Turnier. Cedric Diggory war ein Hufflepuff gewesen. Die Tatsache, dass der Feuerkelch ausgerechnet einen Hufflepuff als würdigen Vertreter von Hogwarts ausgesucht hatte, sprach doch für sich. Und jetzt hier die Hufflepuff-Vertrauensschüler, die sie als einzige akzeptierten... Mit einem Mal hatte sie ein schlechtes Gewissen den Hufflepuffs aus der Zukunft gegenüber. Sie hatte sich nie die Mühe gemacht, sie kennen zu lernen. Und jetzt war es zu spät. ~*~ Hermine hatte ihren Schlafsaal geräumt und das Einzelzimmer bezogen und fiel jetzt erschöpft in die Kissen. Laurens Blicke, als sie ihre Sachen gepackt hatte gerade eben, hatten ihr den Rest gegeben. Sie fühlte sich schrecklich alleine. Tom war nicht nebenan, sondern am anderen Ende des Schlosses, sie hatten seit Stunden kein privates Wort mehr gewechselt, und sie hatte ihre beste Freundin hier verloren. Hoffentlich würde wenigstens Lucy nicht so schlecht von ihr denken... Hermine fasste einen Entschluss. Sie stand wieder vom Bett auf, warf sich ihren warmen Umhang über, steckte den Zauberstab in die Tasche und machte sich auf den Weg nach draußen. Sie war Schulsprecherin, sie durfte jeder Zeit nachts auf den Gängen patrouillieren oder schauen, ob alle in ihren Betten lagen - was sprach dagegen, Lucy jetzt noch zu besuchen? Es war noch nicht einmal zehn, sie würde mit Sicherheit noch wach sein. Entschlossen verließ sie den Gemeinschaftsraum und marschierte die Treppen hinunter in den Keller. In dem Gang, in dem auch der Eingang zu den Küchen lag, blieb sie vor einem Portrait mit einem alten Zauberer mit Hörrohr stehen, der in einem Pavillon im Grünen saß. Sie lächelte ihn an. "Tut mir Leid, dass ich so spät noch störe. Wäre es möglich, dass Sie mich durchlassen, bitte?" Der Mann quiekte und ließ das Hörrohr fallen. Hermine griff in das Bild hinein. Sie hatte es zwar schon einmal getan, es war allerdings immer noch ein komisches Gefühl. Sie sah ihre Hand auf der Leinwand erscheinen. Vorsichtig griff sie nach dem Hörrohr und gab es dem Mann zurück. Er lächelte müde. "Danke, Kind. Natürlich." Sie erwiderte das Lächeln, auch wenn ihr nicht wirklich danach zumute war. "War doch selbstverständlich." Das Portrait schwang auf und sie trat ein. Der Gemeinschaftsraum der Hufflepuffs hatte Ähnlichkeit mit dem Slytherins. Es war ebenfalls ein lang gezogener Steinsaal. Doch hier gab es wesentlich mehr Schreibtische, noch mehr als in Ravenclaw. Lediglich eine Ecke war voll gestellt mit vielen weichen, dunkelgelben Sofas, die sich alle um den gigantischen Kamin drängten. Bei ihrem Eintreten schnellten alle Köpfe zu ihr herum, und das Schnattern, das den Raum erfüllt hatte, brach ab. Lucy erhob sich von einem der Sofas. "Hermine!" Sie kam auf sie zu und umarmte sie. Hermine atmete erleichtert aus und erwiderte die Umarmung. "Kann ich dich alleine sprechen, Lucy?", fragte sie leise. Diese ließ sie los und griff lächelnd nach ihrem Handgelenk. "Natürlich, komm mit." Sie führte sie in ihren Schlafsaal und bedeutete ihr, sich auf ihr Bett zu setzen. Sie selbst rollte sich neben ihr ein. "Dann erzähl mal", meinte sie lächelnd. "Wie waren deine Ferien? Und wie ist es, Schulsprecherin zu sein?" Hermine seufzte schwer und ließ sich rücklings auf die gelbe Decke sinken. "Lauren spricht nicht mehr mit mir, seit sie es weiß. Ich glaube, sie ist eifersüchtig." Lucy schnappte nach Luft. "Lauren? Na gut, sie war schon immer ehrgeizig, aber... Das kann ich mir irgendwie nicht vorstellen." "Ist aber so. Wie findest du es?" Lucys Hand tastete nach ihrer und drückte sie fest. "Ich freue mich für dich. Es ist zwar etwas ungewöhnlich, aber du hast Spitzennoten, warum also nicht?" Hermine drehte den Kopf und sah sie an. Lucy lächelte aufmunternd. Warme Freude durchströmte Hermine. "Danke", meinte sie nur. Sie wusste, dass Lucy sie verstand. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)