Wurmlöcher von Kiajira ================================================================================ Kapitel 12: Genies unter sich ----------------------------- 12. Genies unter sich Hermine erwachte am nächsten Morgen davon, dass etwas sie in die Seite pikste. Sie schlug schlaftrunken um sich, doch das Piksen hörte nicht auf. Mit einem Stöhnen öffnete sie schließlich die Augen. Ihr Zauberstab schwebte vor ihr in der Luft und stach sie immer wieder in die Seite. Einen Moment lang lag ihr ein Fluch auf den Lippen und sie fragte sich, wie sie es geschafft hatte, den Weckzauber zu Beginn der Ferien nicht auszumachen, dann holten sie die Ereignisse der letzten Tage wieder ein. Tom. Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr und stöhnte erneut, bevor sie die Füße aus dem Bett schwang und missmutig ins Badezimmer tappte. Es war gerade erst sieben, aber Tom und sie hatten sich um halb acht unten im Gemeinschaftsraum verabredet, um zu frühstücken. Sie beschloss, ihm für den nächsten Tag erst halb neun vorzuschlagen, während sie unter die Dusche stieg. Einen endlosen Moment lang überlegte sie, das Wasser auf kalt zu drehen, um aufzuwachen, doch sie konnte sich nicht dazu überwinden. Während sie sich also warm duschte und dabei noch ein wenig weiter döste, schweiften ihre Gedanken zum gestrigen Abend zurück. Tom und sie hatten tatsächlich mehrere Stunden lang Karten gespielt, allerdings hatte Hermine sich für ihre verbrannten Haare gerächt und auch an dem Explosionszauber herum gespielt, sodass er sich ebenfalls die Haare und Augenbrauen versengt hatte. Wenig später hatte Hermine ein Explosion abbekommen - er hatte wieder die Regeln geändert. Sie rächte sich ebenfalls wieder und so wurde der Zauber auf den Karten an diesem Abend unzählige Male geändert. Letztendlich hatten sie nach komplett anderen Regeln gespielt als zu Beginn, weil die Karten nun bei völlig anderen Anlässen in die Luft gingen. Besonders schwierig war es geworden, weil er ihr und sie folglich auch ihm nicht gesagt hatte, dass der Zauber geändert worden war, sodass die Karten praktisch jederzeit in die Luft fliegen konnten. Nachdem er den Zauber zum zweiten Mal geändert hatte, hatte sie festgestellt, dass er zauberstablose Magie beherrschte - sie hatte ihn seit der ersten Explosion nicht aus den Augen gelassen. Es hatte sie nicht sonderlich überrascht, und fortan hatte sie den Zauber ebenfalls ohne ihren Stab geändert. Es war zwar verdammt schwierig, doch sie schaffte es. Er hatte die verbrannten Augenbrauen hochgezogen und einen bedeutungsvollen Blick auf ihre Umhangtasche, in der der Zauberstab steckte, geworfen, doch nichts weiter dazu gesagt. Hermine hatte in sich hinein gegrinst, als sie festgestellt hatte, dass er nun wesentlich vorsichtiger mit den Karten umging als vorher. Nach dem Gespräch über Toms Waisenhaus hatten sie sich eine Weile angeschwiegen, aber als ein Hauself aufgetaucht war, der ihnen ihr Abendessen gebracht hatte, waren sie wieder ins Gespräch gekommen - von Höflichkeit gegenüber Hauselfen über die Eigenheiten des Schlosses (Hermine war froh gewesen, dass sie schon lange genug hier war, um sich nicht dumm stellen zu müssen - sie gab Tom recht, dumm stand ihr nicht und sie hasste es, sich dumm zu stellen) bis zu Zaubertheorie und dem Kreieren neuer Zauber. Hermine hatte sich bisher in der Zukunft nur mit Dumbledore auf diesem Niveau unterhalten können - und der war meist zu beschäftigt gewesen, als dass sie ihm ihre Gesellschaft hatte aufdrücken wollen, bloß weil sie mit ihm reden wollte. Sie hatte es gestern genossen, sich mit jemandem zu unterhalten, der genauso schnell und logisch dachte wie sie. Sie hatte es so sehr genossen wie schon lange nichts mehr. Schon bald waren sie vertieft gewesen in einer regen Diskussion, welchen Zauber man wie verbessern könnte und welchen Zauber man neu erfinden könnte. Hermine hatte schon ein paar kleinere Zauber, meist Haushaltszauber, erfunden, und Tom hatte ganz offensichtlich ebenfalls schon Erfahrung. Es war regelrecht berauschend gewesen, mit ihm darüber zu diskutieren, wie man die Magie und das Ziel in die lateinischen Worte hinein brennen konnte, so dass aus normalen Wörtern ein Zauberspruch wurde. Eigentlich wäre jedes Wort möglich gewesen, aber damit man nicht versehentlich zauberte, hatte sich die Internationale Zauberergemeinschaft vor ein paar Jahrhunderten auf Latein geeinigt, da das in der Zaubererwelt nicht mehr gesprochen wurde. Sie hatten auch ihren lateinischen Wortschatz ausgetauscht, und Hermine hatte erfreut festgestellt, dass sie Tom hier überlegen war. Sie hatte in der Zukunft in den Sommerferien immer Lateinkurse belegt, damit ihr nicht mehr so fürchterlich langweilig war. Doch Tom bügelte dieses Manko einfach wieder aus, indem er seine Zaubersprüche nicht in lateinische Wörter brannte, sondern in Alte Runen. Hermine dankte dem Himmel dafür, dass sie in ihrer Runenklasse nur übersetzten, und sie hoffte, dass Tom die zauberstablose Magie noch nicht so sehr ins Blut übergegangen war, dass er aus Versehen beim Vorlesen seiner Übersetzung einen Zauber losließ. Andererseits waren zauberstablose Zauber meist recht harmlos - doch Tom war nicht normal, also musste sie auf der Hut sein. Mit einem Lächeln stieg Hermine aus der Dusche, trocknete sich ab und schlüpfte in ein rotes Sommerkleid. Sie hatte den Abend mit ihm, trotz aller Explosionen und verbrannter Haare und Kleider, in vollen Zügen genossen. Mehr noch, sie freute sich darauf, ihn gleich wieder zu sehen und den Tag mit ihm zu verbringen. Eine kleine Stimme in ihrem Kopf rief ihr zwar zu, dass das immer noch der zukünftige Lord Voldemort war, aber sie brachte sie mit dem Argument zum Schweigen, dass es schließlich ihr Plan gewesen war, sich mit ihm anzufreunden. Sie wollte ihn nicht töten oder etwas in der Art. Nein, sie wollte, dass er gar nicht erst zu Voldemort wurde und einen anderen, friedlichen Weg einschlug. Um das zu erreichen, musste sie seinen Charakter und seine Einstellungen zur Zaubererwelt verändern, und bei einem Genie wie ihm kam ein Gedächtniszauber nicht in Frage. Er hätte ihn schneller gelöst, als sie "Obliviate" sagen konnte. Also blieb der langsame, vielleicht nicht von Erfolg gekrönte Weg, seine vermurkste Kindheit durch echte Freundschaft wieder auszumerzen, bevor er ernsthafte Revolutionspläne schmieden konnte. Es war nicht schlecht, ihn zu mögen - schließlich log sie ihn schon in genug Dingen an, da war es gut, wenn sie ihm ihre Freundschaft nicht vorspielen musste. Mit einem raschen Schwung ihres Zauberstabs brachte sie ihre Haare in Ordnung und verstaute den Stab in einer eigens dafür angenähten Tasche in ihrem Kleid. Dann atmete sie tief durch, steckte in ihrem Schlafsaal auch die verkleinerte Tasche mit den Sachen aus der Zukunft in die Tasche ihres Kleides und ging dann nach unten in den Gemeinschaftsraum. Tom war bereits da. Er stand am Fenster und blickte auf die Ländereien hinaus. "Morgen", meinte sie und musste gähnen. Seine Lippen kräuselten sich, als er sich umdrehte. "Morgen." Ohne ein weiteres Wort gingen sie in die Große Halle hinunter. Die vier Haustische und auch der Lehrertisch waren verschwunden. Stattdessen stand ein einzelner, runder Tisch an der Stelle des Lehrertisches, um den sieben Stühle standen. Die fünf anderen Plätze waren bereits besetzt - mit Dumbledore, einem jungen Hagrid, dessen direkter Anblick in leichter Schock für Hermine war, die es bisher vermieden hatte, ihn direkt anzusehen, Professor Cassady, Professor Binns und dem Hausmeister, von dem Hermine nicht einmal den Namen kannte. Sie setzten sich dazu und frühstückten, ohne ein Wort miteinander zu sprechen. Hermine dankte dem Himmel dafür, dass sie hier immer Kaffee bekommen würde - an den Haustischen gab es ihn nur in Ausnahmefällen, um die jüngeren Schüler nicht auf dumme Ideen zu bringen. Nach einer Weile, während der Schweigen am Tisch herrschte, meinte Professor Dumbledore: "Na, wie lange waren Sie denn gestern Abend noch wach, Miss Wilson? Scheint reichlich spät geworden zu sein." Er zwinkerte. Wie zur Bestätigung musste Hermine wieder gähnen und lächelte. "Keine Ahnung, aber es war spät. Wie lange gibt es denn in den Ferien Frühstück? Ich fürchte, morgen werde ich länger brauchen, um wach zu werden, wenn das so weiter geht." Dumbledore lächelte sein alles wissendes Lächeln. "Bis zehn, keine Sorge. Darf ich so neugierig sein und fragen, wieso es so spät geworden ist?" Hermine öffnete schon den Mund, um begeistert über ihre Gespräche und das explodierende Kartenspiel zu erzählen, doch Tom war schneller. "Wir haben diskutiert." Hermine warf ihm einen Blick zu und schloss ihren Mund wieder. Er suchte ebenfalls ihren Blick und nur einen Moment später fühlte sie seine Anwesenheit, schon fast in ihrem Geist, doch er berührte die Barrieren nicht. Seine Stimme hallte in ihrem Kopf wieder. 'Das geht niemanden etwas an, Dumbledore am allerwenigsten.' Sie schluckte und sandte einen Gedanken zurück. 'Okay.' Dumbledore musterte sie neugierig, und sein Lächeln wurde breiter. Er zwinkerte Hermine zu und wies mit den Augen auf Tom. Hermine zog eine Augenbraue hoch. Was genau dachte Dumbledore über sie beide? Doch nicht etwa, dass sie und er gestern...? Sie runzelte die Stirn und schüttelte unmerklich den Kopf. Dumbledore schien ein wenig enttäuscht zu sein. Den Rest des Frühstücks verbrachten Hermine und Tom schweigend, während die Lehrer sich darüber unterhielten, was ihre Kollegen wohl in den Ferien alles unternahmen. Hermine bemerkte allerdings, dass Dumbledores Blick immer wieder zu Tom und ihr herüber wanderte. Wenn er dachte, dass sie ihn nicht ansah, blieb er ziemlich lange auf ihr liegen. Sie hatte das unangenehme Gefühl, als würde er in sie hineinsehen, sogar durch ihre Okklumentikschilde. Rasch überprüfte sie sie. Sie waren noch intakt und von Dumbledore war nichts zu spüren. Gut. Schließlich meinte sie, mit einem Blick auf Toms leeren Teller: "Bist du fertig? Gehen wir?" Er nickte stumm und die beiden verließen die Halle. Sie schüttelte sich noch immer bei Dumbledores Blick. In der Zukunft hatte er sie zwar ebenfalls ab und zu durchdringend gemustert, aber das jetzt war anders. Vielleicht, weil er in der Zukunft wusste, wer sie war, und hier nicht. Er vertraute ihr hier nicht vollkommen, wurde ihr mit einem Mal klar. Sie fröstelte. "Hast du Dumbledore gesehen? Ich glaube, er hat mich jetzt auch auf dem Kieker." Tom nickte. "Er glaubt wohl nicht, dass ich mit überhaupt irgendjemand eine vernünftige Diskussion führen kann. Er hat erst, nachdem ich es erzählt habe, so geschaut." Hermine brummte, während sie zurück in den Gemeinschaftsraum gingen. "Und er hat mich so angeschaut, als ob er fragen würde, ob wir beide..." Sie brach ab. Jetzt, wo sie es laut aussprach, kam es ihr noch lächerlicher vor. Tom schnaubte. "Dumbledore ist nun mal ein hoffnungslos verklärter Romantiker. Er sollte sich lieber mal um sein eigenes Liebesleben kümmern, als anderen Leuten irgendwelche Beziehungen anzudichten." Hermine nickte zustimmend. Sie hatten die Tür zum Gemeinschaftsraum erreicht, und diesmal löste sie das Rätsel. Drinnen angekommen, sah sie sich ein wenig verlegen um. "Was wollen wir jetzt machen?" "Hausaufgaben. Wenn wir sie weg haben, können wir uns um bei weitem interessantere Sachen kümmern. Ich hab von Dippet eine Erlaubnis für die Verbotene Abteilung bekommen." Hermine klappte der Mund auf, und sie musste lachen. "Hoff mal, dass Marc das nicht erfährt. Er könnte sich ziemlich veralbert vorkommen." Tom zuckte mit den Schultern. "Wieso? Er wurde doch gut bezahlt." Damit verschwand er zu den Jungenschlafsälen, um seine Schulsachen zu holen. Hermine schüttelte den Kopf und setzte sich an den Tisch, den sie schon vor Wochen für sich gepachtet hatte und auf dem schon ihre Hausaufgaben verteilt lagen. ~*~ Tom und sie saßen ganze drei Tage an den Hausaufgaben. Sie wusste, dass die Lehrer ihnen zwar einige schwierige Sachen aufgaben, doch nie soviel, dass sie ihnen damit die ganzen Ferien vermiesten. Sie schätzte, dass Harry vielleicht zwei Wochen für die Aufgaben gebraucht hätte bei den Dursleys und Ron einen Monat, wenn Fred und George zu Hause waren. Sie selbst hatte nie länger als eine Woche gebraucht, und ihre Eltern hatten die meisten Ausflüge immer auf die Zeit nach den Hausaufgaben gelegt. Dennoch hatte sie sich immer fürchterlich gelangweilt. Die Lateinkurse waren wirklich Rettung in letzter Sekunde gewesen. ~*~ Jetzt jedoch war das anders. Heute war der vierte Ferientag, und Tom und sie waren nach dem Frühstück schnurstracks in die Bibliothek marschiert. Hermine war bisher nur selten in der Verbotenen Abteilung gewesen, und jedes mal war es ihr schwerer gefallen, sie wieder zu verlassen. Die Bücher zogen sie magisch an, noch mehr als Bücher es sonst taten, und das hatte sicher auch etwas damit zu tun, dass sie unter Verschluss waren. Tom war zielstrebig in eine Regalreihe abgebogen und hatte fast ohne Suchen ein Buch herausgezogen und es sich damit in einer großen Fensternische bequem gemacht. Hermine schlenderte eine Weile unentschlossen durch die langen Regale und griff schließlich nach "Faszination des Bösen oder Warum die dunkle Magie nicht ausstirbt". Sie setzte sich neben Tom in die Nische, schlüpfte aus ihren Schuhen und zog die Beine auf den Sitz. Er sah auf, als sie ihn aus Versehen mit einem Fuß am Bein streifte, und blickte auf ihr Buch. "Faszination des Bösen? Du liest sowas? Hätte ich nicht gedacht." Hermine zuckte mit den Schultern und griff nach seinem Buch, sodass sie den Titel sehen konnte. "'Parselmünder der letzten 3000 Jahre und ihre Schlangen'? Auch nicht gerade eine normale Bettlektüre", gab sie zurück. Toms Lippen kräuselten sich, und ohne zu antworten las er weiter. Hermine schlug ebenfalls ihr Buch auf. ~*~ "Wusstest du, dass Glumbumbelsirup die explosive Wirkung von Erumpent-Sekret aufhebt?", wollte Hermine eine Woche später wissen und blickte von "Höchst potente Zaubertränke" auf. "Faszinierend", brummte Tom unverkennbar sarkastisch, ohne von seinem Buch aufzusehen. "Denkst du, das wusste ich noch nicht?" Hermine schnaubte und strich sich, mit einem Mal wütend, die Haare hinter die Ohren, die ihr ins Gesicht gefallen waren. Nun blickte er doch auf, die Lippen zu einem dünnen Lächeln gekräuselt. Eigentlich mochte Hermine dieses Lächeln, doch im Moment regte es sie noch mehr auf. Diese Momente, in denen er so grenzenlos arrogant war, wurden zwar seltener - oder bildete sie es sich nur ein? - doch sie waren immer noch da und sie hätte ihn dafür jedes Mal schlagen können. Immer, wenn er wieder so furchtbar selbstverliebt daher redete, wurde ihr wieder schmerzhaft klar, wie weit sie noch von ihrem Ziel entfernt war. Sie blätterte die Seite so heftig um, dass sie um ein Haar eingerissen wäre. "Hast du schon mal darüber nachgedacht, statt Affodill Glumbumbelsirup im Trank der lebenden Toten zu verwenden?", erklang nach einem Moment der Stille seine Stimme. Hermine, die sich schon vorgenommen hatte, heute nicht mehr allzu freundlich zu ihm zu sein, verschluckte sich und sah auf. Für Toms Verhältnisse kam das einer Entschuldigung auf Knien gleich. Sie starrte ihn einen Augenblick verblüfft an, dann begann ihr Hirn zu arbeiten und ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. "Das würde die Nebenwirkungen der Schrumpelfeige mildern und die Wirkung fast nicht verändern", gab sie strahlend zurück, bevor sie die Stirn runzelte. "Die Veränderung ist zu einfach, als dass noch nie jemand daran gedacht haben könnte. Es muss einen Haken haben, oder?" Tom legte den Kopf schief. "Nun, der Sirup ist teurer als Affodill, aber das alleine würde es nicht rechtfertigen, dass es keine Rezepte mit ihm gibt. Es könnte sein, dass der Trank dadurch instabiler wird. Vielleicht verdampft ein Teil der Ingredienzien schon bei niedrigeren Temperaturen?" Hermine konnte nicht anders, als ihre Wut zu vergessen, und für die nächste Stunden waren die beiden am Tüfteln. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)