Chained to You von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 3: New aims - old aims ------------------------------ [quote="animexx"]Die Entfernung ist unwichtig. Nur der erste Schritt ist wichtig. Marquise du Deffand ~New aims - old aims~ Ein lauter, ohrenbetäubender Schuss durchbrach die nächtliche Ruhe, echote selbst nach seinem Verklingen noch mehrere Sekunden lang in der Finsternis, welche durch den wolkenbedeckten Himmel vollkommener wurde, nach. Verschreckte Krähen flohen augenblicklich aus ihren sicheren Verstecken hoch oben in Baumkronen; witterten sie deutlich eine ihnen ziemlich nahe Gefahr in der Luft. Mit einem dumpfen Aufschlag kippte die Gestalt eines jungen Mannes nach hinten - vor dem Stamm einer alten Weide - um, die Augen in Unglauben geweitet, die Lippen gespalten, als hätte er noch versucht, etwas zu sagen, es jedoch nicht mehr geschafft. Ein schwarzes Loch zierte dessen marmorne Stirn, aus welchem ein feines Blutrinnsal hervorquoll und dort die gesamte Haut benetzte. Alsbald löste sich der schlanke Körper in grauer, spröder Asche auf, welche vom zugigen Wind fortgeht wurden. Die Natur hatte selbst die letzten Zeichen, dass es hier ein solches Lebewesen je gegeben hatte, vernichtet. Keuchend ließ Zero seinen rechten Arm, an welchem dunkelrotes Blut hinab floss, samt Bloody-Rose sinken, die violetten Tiefen, in denen sich bloße Leere widerspiegelte, auf einen imaginären Punkt in der Ferne gerichtet. Rasselnd verließ sein unregelmäßiger Atem seinen Mund, zollte von der Erschöpfung, die über jeden einzelnen Muskel des Hunters lag, diesen aber nicht kümmerte. Wieder hatte heute ein Level-E durch den Lauf seiner Anti-Vampirwaffe das Ende gefunden und der Hauch von Mitleid, den er früher einst diesen Wesen gegenüber empfunden hatte, wenn er diese erledigte, war wie weggeblasen, hatte unnatürlicher Gleichgültigkeit Platz gemacht. Diese Bestie war nur eine von vielen, die in den vergangen Tagen ihr Leben lassen mussten, obwohl sie mit Sicherheit nicht auf der Abschussliste gestanden hatte und es war ihm recht egal. Warum war das so? Jagen, er konnte an nichts anderes mehr denken, ständig suchte er ununterbrochen nach irgendwelchen verrückt gewordenen oder kurz vor dem Wahnsinn stehenden Vampiren, um sie von ihrem erbärmlichen Dasein zu erlösen und sich selbst zu befriedigen. Aber wovon wollte er sich befriedigen? Inzwischen war es schon zu einer Art Besessenheit ausgeartet und er vermochte es nicht, etwas dagegen zu tun oder wollte es gar. Egal, ob er diese Blutsauger aus Eigennutz umbrachte, helfen tat er doch damit nur der Welt und der darauf lebenden Menschen, nicht? Also konnte es so falsch - wie es sich momentan anfühlte - bestimmt nicht sein. Doch warum empfand er es dann nicht so? Seufzend presste Zero die linke Hand auf seine Wunde, die eigentlich hätte schmerzen müssen, sie schien immerhin sehr tief zu sein, doch spürte er nichts, kein Schmerz, kein Brennen oder wenigstens ein Stechen. Sein Arm wirkte auf einmal so taub, so wie sein Körper es anscheinend schon seit Tagen war. Er verlangte noch nicht einmal nach Essen oder Trinken, selbst die Bluttabletten hatte Zero bereits seit einiger Zeit nicht mehr zu sich genommen. Wieso fühlte es sich so an, als würde er leben, ohne wirklich zu leben? Taumelnd wandte Zero den Bäumen, die weiter hinten in einen dichten Wald übergingen, den Rücken zu und schritt der kleinen Stadt, deren Bewohner größtenteils friedlich in ihren Betten schlummerten, entgegen, wobei er bemerkte, dass bei jedem seiner Schritte etwas von der roten Flüssigkeit, seinem Lebenssaft, auf den Boden tröpfelte. Wie unvorsichtig, solch eine Spur hinter sich herzuziehen, er war nicht wirklich bei der Sache gewesen. Vielleicht sollte er sich einfach ein wenig ausruhen und versuchen, zu schlafen, auch wenn der Hunter schon jetzt wusste, dass daraus nichts werden würde. Des Nachts verfolgte er diese verdammten Blutsauger und des Tags verfolgten sie ihn in seinen Träumen oder zumindest sie, Erinnerungen an sie, die seiner Seele mehr schmerzten als sonst irgendetwas es tun könnte. Warum konnte er die Vergangenheit nicht ruhen lassen? Tief in seinem Inneren war ihm durchaus bewusst, dass diese ganzen Jagdszenen nichts weiter als Ablenkung waren, er wollte sich auf etwas anderes konzentrieren, sein Ziel weiter verfolgen, aber hatte er denn überhaupt noch eines? Er konnte keines mehr erkennen. Ablenkung, tse, funktioniert ja wunderbar, schoss es ihm bitter durch den Kopf. ~*~ Die giftgrünen Augen in die Richtung geheftet, in welche der Hunter vor kurzem verschwunden war, ging der junge Mann leicht in die Knie und strich mit seiner rechten Hand bedächtig über eine Stelle, wo das Blut des Silberhaarigen hinunter getropft war. Ein bitterer und gleichzeitig süßlicher Duft stieg ihm in die feine Nase. Interessant. Die Lippen zu einem süffisanten Lächeln verzogen besah er sich die klebrige Substanz, die seine schneeweißen Finger benetzte, genauer. Dieser Kiryu war ein ziemlich merkwürdiger Junge - nach allem, was er bis jetzt über diesen wusste - ließ sich von Emotionen wie Hass oder Verachtung leiten, was wiederum nur ein Beweis dafür war, dass in ihm noch etwas Menschliches schlummerte und diese menschliche Seite war anscheinend sehr verwundbar. Lag es vielleicht daran, dass der Hunter ein Level-D war? Denn geborenen Vampiren wurde von Geburt an beigebracht, wie fatal es sein konnte, nach Emotionen zu handeln, manche lernten es, andere wiederum weniger. Sein pechschwarzer Umhang raschelte leise, als er sich wieder erhob und zu den großen Gebäuden der Stadt hinüber schaute. Es war faszinierend, wie sehr der Tod von Yuki Kuran auch den ehemaligen Menschen mitnahm, wobei dieser doch einen grenzenlosen Hass gegenüber Blutsaugern hegte. Der arme Junge, dabei hatte er keine Ahnung… das war erst der Anfang ihres kleinen Spieles, nur der Anfang. Genüsslich leckte er das Blut von seinen Fingern, ließ es sich wortwörtlich auf der Zunge zergehen. ~*~ Nachdenklich blickte Kaname aus dem großen Fenster seines spärlich eingerichteten Zimmers hinaus in die wolkenverhangene Nacht, die ihre dunklen Schatten über das Land warf. Das leise Heulen des Windes erklang in seinen viel zu guten Ohren, erinnerte ihn an eine düstere Melodie, welche von der Natur gespielt, doch von den Lebewesen überhört wurde und dennoch zum Greifen nahe schien. Auch glaubte er, frische Erde und etwas Salziges zu riechen, fast so als würde es jeden Augenblick anfangen zu regnen, doch dem war nicht so. Warum kam es ihm bloß so vor, als würde das Wetter mit ihm um seinen gewaltigen Verlust trauern? Immerhin hatte die Sonne schon seit einer gewissen Weile ihre wärmenden Strahlen nicht mehr ausgesandt, das Licht wurde von dichten, grauschwarzen Wolken verdeckt und vermochte es nicht, sich durch diese zu brechen. Es war schon merkwürdig, dass die Natur ihn anscheinend besser verstand als die Vampire, die ihn umgaben, aber das war irgendwo auch die Schuld ihrer Gesellschaft. Vampiren wurde es bereits von Geburt an oder wenn sie noch sehr jung waren angeeignet, niemals etwas wie Emotionen vor anderen zu zeigen, denn Gefühle bedeuteten Schwäche und wer in ihrer Welt Schwäche zeigte, würde nie sonderlich weit kommen. Vor allem Reinblütern war es strengstens untersagt und mit der Zeit hatte Kaname sich die perfekte, kalte Maske geschaffen, so hatte er zumindest geglaubt, aber vollkommen war diese anscheinend nicht, was er vor wenigen Tage zu spüren bekommen hatte. Kiryu hatte keine Minute gebraucht, um die Mauer, die er sich über die Jahre aufgebaut hatte, bröckeln zu lassen. Doch wurden selbst diese massiven Risse von niemandem wahrgenommen. Leise quietschend wurde die Tür hinter Kaname geöffnet und ein Bediensteter, komplett in schwarz gekleidet, trat mit gesenktem Kopf ein. “Kuran-sama, Ihre Gäste sind so eben eingetroffen.” Mit einem leichten Nicken gab er dem alten Vampir das Zeichen zum Gehen, was dieser auch sofort tat. Sich vorsichtig eine braune Locke aus dem Gesicht streifend durchquerte Kaname den in völliger Finsternis getauchten Raum, der heute unnatürlich leer und groß wirkte, und ging Richtung Ausgang. Es wird Zeit, einige Schritte vorwärts zu machen. ~*~ Die Augen sämtlicher Anwesenden in der riesigen Eingangshalle von Kuran-Manor auf sich spürend schritt Kaname die marmornen Stufen der Wendeltreppe, die hier zu allen Privaträumen führte, hinunter. Akatsuki Kain erhob sich von einer der vier Ledercouchs, die in der Mitte über einem runden, schneeweißen Teppich standen, zu seiner vollen Größe, sobald er den Vampirprinzen erblickte. Shiki, Kanames rothaariger Cousin, tat es diesem, nach einem strengen Blick seitens Rima, nach. Als Kaname unten angekommen war, verbeugte sich Seiren kurz vor ihm, ehe sie sich zu seiner Rechten gesellte. “Kaname-sama…” Mit einer schnellen Handbewegung gebot Kaname Ruka Schweigen, was auch Aido, der den Mund gerade zum Sprechen geöffnet hatte, verstummen ließ. Eine Weile lang herrschte Ruhe, in welcher er die versammelten Adligen genau besah, war es schon eine gewisse Zeit her, als er sie - ausgeschlossen Aido - gesehen hatte - bei der Beerdigung hatte er mit keinem von ihnen ein Wort gewechselt -, wobei ihm schmerzlich bewusst wurde, dass er unwillkürlich nach einem bestimmten Blondschopf suchte. Konnte man dies als Ironie des Schicksals bezeichnen? Jetzt, wo er seinen besten Freund am meisten brauchte, war dieser nicht da. Takuma war seit dem Vorfall mit Rido spurlos verschwunden, sie wussten nicht, was mit ihm geschehen war, ob er überhaupt noch lebte. “Wir haben uns lange nicht mehr gesehen”, begann er mit monotoner Stimme. “Und es freut mich, dass ihr her gekommen seid. Es gibt etwas, um das ich euch bitten möchte.” “Alles, was Ihr wollt”, erwiderte Seiren unterwürfig und die Anderen nickten ihr zustimmend zu. Angesprochener zog lediglich eine braune Augenbraue hoch, nicht wirklich wissend, was er denken sollte. War dies einfach nur Dummheit oder treue Loyalität, die sie ihm entgegen brachten? Immerhin hatte er seine ‘Freunde’ mehr oder weniger benutzt, sie zum Schutz für Yuki ausgenutzt und diese wussten das sehr genau, sie hatten nur als Schachfiguren auf seinem Brett fungiert. Trotzdem vertrauten sie ihm noch? Warum? “Gut, ich möchte nämlich… die Night-Class wieder einführen.” Schweigen kehrte ein, überraschtes und gleichzeitig nachdenkliches Schweigen. Abwartend richtete Kaname seine weinroten Tiefen auf die Couch, auf welcher seine rechte Hand nun ruhte. Er konnte sich denken, was sie alles sich nun fragten, aber ihm war zeitlich nicht danach, darüber zu reden. Ihn selbst interessierte der Frieden zwischen Menschen und Vampiren, wofür die Cross-Akademie auch stand, nicht sonderlich - es war ihm zwar nicht völlig egal, aber auch nicht besonders wichtig -, doch war es Yukis Traum gewesen und für diesen würde er Einiges tun. Yuki hatte er schon nicht beschützen können, wenigstens ihren Traum wollte er nicht zugrunde gehen lassen und außerdem war Kiryu vielleicht ebenfalls dort, somit wäre es ein Leichtes, ein Auge auf den heißblütigen Hunter zu werfen. “Kaname-sama”, holte ihn Kains tiefe Stimme aus seinen Gedanken. “Wir… werden dir folgen.” Es war ernst gemeint, sie würden ihm folgen, zurück zur Cross-Akademie, wo alles begonnen hatte. ~*~ Mit einem lauten Piepsen wich Cross Kaien gerade noch rechtzeitig dem reflexartigen Schuss seines Adoptivsohnes aus, was dieser mit einem tiefen Brummen zur Kenntnis nahm, und schaute auf das nun hässliche Loch in der Wand. Vielleicht war es doch ein Fehler gewesen, Zero einen Besuch abzustatten, ohne ihm vorher Bescheid zu geben. Aber dass dieser die Tür unvorsichtigerweise einfach offen gelassen hatte war nun wirklich nicht seine Schuld! Ohne weitere Wort an den Mann zu verlieren vergrub Zero sein Gesicht wieder auf der Armlehne des staubigem Sofas, auf welchem er bisweilen noch einem unruhigen Schlaf verfallen gewesen war. Wieso schlich sich der Rektor denn auch so an ihn heran? Er hätte genauso gut ein Level-E gewesen sein können, nicht? Und überhaupt, was wollte der eigentlich hier? Zero war zwar sonst auch nicht der geselligste Typ, doch momentan war es schlimmer als üblich, er hatte wirklich keine Lust, mit irgendjemandem zu reden. “Ah, Zero-kun, das hätte ins Auge gehen können”, beschwerte sich sein ’Vater’ halbherzig, klang dabei aber nicht wütend oder dergleichen, eher ein wenig abwesend. “Was wollen Sie?”, entgegnete dieser, die Worte geflissentlich ignorierend, mürrisch. Die Kugel hätte dem Rektor nicht geschadet, sie war immerhin extra für Vampire entwickelt worden und für Menschen somit völlig harmlos. Seufzend zog Kaien seine Brille aus und begann, diese mit dem Zipfel seines blauen Schals zu polieren, eine tiefe Furche grub sich dabei in seine Stirn. Ja, etwas in der Richtung hatte er bereits erwartet gehabt, Zero war leider nicht gewillt, ein anständiges Gespräch zu führen. “Wie geht es dir?” Was? Wie es ihm ging? Konnte er das nicht selbst sehen? Es war ja nicht so, dass er wie ein Sonnenschein herumlief - tat er zwar sonst auch nicht, aber egal. “Ich lebe noch”, antwortete er trocken, ohne zu bemerken, wie sehr seine Worte den Älteren zu verletzen schienen, hatte dieser schon ein Kind - wenn auch nicht leibliches - verloren und allein der Gedanke daran, Zero auch noch… Nein, das war einfach unvorstellbar! Kaiens besorgter Blick wanderte, nachdem er die Brille wieder auf seine Nase gesetzt hatte, zu Zeros ungeniert bandagierten Arm und man musste nicht sonderlich schlau sein, um zu erraten, woher diese Verletzung stammte. Wieso achtete der Jüngere nur so wenig auf sein Wohlergehen? “Also, Zero, ich bin eigentlich wegen zweierlei Gründen hier”, fing er ernst an. “Zum einen möchte ich, dass du zur Akademie zurück kommst.” Sofort ruckte der Kopf des Silberhaarigen hoch, ungläubig starrte er seinen ‘Vater’ an. Zurück zur Cross-Akademie? Warum, um Gottes Willen, sollte er an diesen Ort zurückkehren? Der ganze Trubel, diese ganze Misere hatte dort erst richtig begonnen! Heute war das Gemäuer für ihn nichts weiter als eine alte, düstere Erinnerung. “Vergessen Sie es.” Seufzend schüttelte Cross den Kopf über solch eine Sturheit, aber was hatte er auch von Zero erwartet? “Ich weiß ja, dass du das nicht willst, aber so kannst du nicht weiter leben. Allein durch deine Vampirjagden wirst du nicht durchkommen, du brauchst einen vernünftigen Abschluss. Außerdem läufst du vor der Vergangenheit davon, Zero, und das ist nicht gut.” Angesprochener schaute seinen Adoptivvater bloß wütend an, erwiderte aber nichts darauf und ließ seinen Kopf wieder sinken. “Mal sehen. Was wollen Sie noch?” Tief Luft holend legte sich Kaien innerlich die richtigen Worte zurecht, wusste er nicht, wie genau er das sagen sollte. Yagari hatte ihn ja gewarnt, dass er es nicht sonderlich lange vor sich herschieben konnte und wenn er schon mit Zero sprach, konnte er ihm auch dieses Thema darlegen, obwohl es ihm selbst nicht sonderlich behagte. “Es geht um die Association, sie wollen… nun ja, sie haben mich darum gebeten, mit dir zu reden…” “Und über was?” Die Ungeduld war deutlich aus seiner Stimme herauszuhören, er konnte es nicht ausstehen, wenn Leute so um den heißen Brei herumredeten. “Nun, ganz einfach, sie wollen dich als Anführer haben”… ________________________________________ Sou~ wie versprochen, hier das neue Kapitel :) Ihr musstet dieses Mal nicht allzu lange warten^^ Hoffe, es hat gefallen :) gvlg Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)