Post Blue von Mebell (It's between you and me) ================================================================================ Kapitel 4: 07:00 ---------------- Danke für die ganzen Kommentare und die vielen lieben Worte! :) *** 07:00 Bela tobt durch sein Zimmer wie ein mittelschwerer Orkan, rastlos auf der Suche, ohne Rücksicht auf Verluste. Laut klirrend stößt er einige leere Flaschen um, ein Comic muss eine Seite lassen, seine Fledermaus hängt jetzt im Sturzflug. Schlussendlich hat er aber das Gesuchte gefunden, triumphierend klaubt er einige Münzen, die unter einer Schallplatte lagen, auf. Kurz starrt er auf das Kleingeld, überlegt wie viel er noch zusätzlich für einen in seinen Vorstellungen exzellenten Abend braucht. Als er sich bei dem Gedankengang erwischt, schließt der Schlagzeuger automatisch rasch die Faust um das bisschen Bargeld und beeilt sich, es seiner eigentlichen Bestimmung zuzuführen. „Jan?“ Zaghaft klopft er an die geschlossene Zimmertür, irgendwann in der Nacht musste Farin sich wieder in sein Zimmer verkrochen haben. Eine Reaktion kommt nicht, kein Laut dringt auf den Flur. Seufzend drückt Bela einfach die Klinke herunter, tritt in das Reich seines Freundes. Manch einer würde diese Tat als dreisten Bruch der Privatsphäre bezeichnen, doch für sie beide existieren diese Regeln nur aus reiner Gewohnheit. Automatismus in Perfektion. Wirklich beachten tut sie eh niemand. Farin liegt auf seinem Bett, komplett angezogen, die Hände hinter seinem Kopf verschränkt. Sein Blick sagt alles und doch nichts, registriert aber nicht einmal den eintretenden Schlagzeuger. „Du musst bald los, du hast Frühschicht.“ Fast schüchtern klingt Bela, zaghaft und unbeholfen. Normalerweise ist es nämlich Farin, der den Älteren ordentlich maßregelt, wobei hier wahrscheinlich Hopfen und Malz verloren sind. Hat Bela einen Job, kann man eigentlich sofort am ersten Tag Wetten abschließen, wann der Schlagzeuger unsanft vor die Tür gesetzt wird. Die Antwort: „Ich geb ihm zwei Stunden“ ist nicht selten. Er war in seinen bisherigen Jobs immer vorlaut, unpünktlich, unzuverlässig oder alles zur gleichen Zeit gewesen. Zu dem Thema Geldbeschaffung hat er seine eigene Meinung, trotzdem schafft er es immer wieder, aus dubiosen Quellen irgendetwas aufzutreiben. Deshalb hat Farin das Los gezogen, regelmäßig ihre Haushaltskasse zu fluten. Die Schichtarbeit in der Süßwarenfabrik bringt nicht wirklich viel Geld, ist anstrengend, vor allem wegen der zusätzlichen Belastung durch die Band, zudem muss Farin meistens zu der abgelegenen Fabrik radeln. Aber Geld ist nun mal Geld. Heute jedoch scheint der Gitarrist völlig apathisch und sein Pflichtbewusstsein ist quasi im Urlaub. Im Stillen betet Bela, dass dieser Zustand bloß nicht lange anhält. Sollten sie beide so lebensunfähig sein, würde die Sache in einem Desaster enden. Es würde nicht mehr lange dauern, bis der Schlagzeuger seine alten Muster wieder eins zu eins übernommen hat. Dann gab es niemanden mehr, der sich um Geld, Karriere oder den Haushalt kümmerte, sollte Farin weiter so leblos sein. Mittlerweile hat der Gitarrist sich jedoch aus seinem Bett erhoben, sieht Bela nur kurz an. „Heute gibt’s auch Lohn, oder?“ „Mhm.“, nur an dem Unterton kann der Schlagzeuger das „Ja“ erkennen. Lustlos schlurft Farin in die Küche, überlegt sich irgendetwas zu essen zu machen, verwirft den Gedanken beim Beobachten des Biotops, auch Abwasch genannt. „DU machst den Abwasch.“, droht Farin, es klingt wie „DU hängst heute Abend am Galgen.“ „Auf dem nächsten Konzert in nen paar Tagen werden wir entdeckt und dann leisten wir uns ne Putze. Nein...Wir ziehen gleich in ne Villa. Mit Pool.“ Farin schnaubt nur verächtlich. „Gehen wir heut Abend ins Ballhaus?“ Bela setzt den allseits beliebten Tiere-Suchen-ein-Zuhause Blick auf, schiebt seine Unterlippe vor. „Ich komm dich von der Arbeit abholen...Und dann machen wir uns nen schönen Abend.“ Wieder ein verächtliches Schnauben von Farin, kennt er doch Belas Vorstellungen von einem „schönen Abend“. „Guck mal, mein Restkleingeld. Du kannst gleich Bus fahren!“ Es wird ernst, wenn der Schlagzeuger selbst seine geliebten Reste gibt. Natürlich weiß er nicht, dass Farin öfters, ganz im Zeichen des Punk, einfach ohne Ticket in den Bus steigt. Wortlos nimmt Farin die Münzen, schaut kurz Bela an, schnappt sich seine schwarze Umhängetasche und verlässt die Wohnung, der letzte prüfende Blick auf die Uhr verrät, dass es gerade Sieben ist. Im Gegensatz zu seinem Freund denkt er daran, nicht aufgrund seiner Verspätungen aufzufallen. „Bis um Vier dann“, brüllt Bela einmal quer durch das Treppenhaus, worauf ihre freundliche Mitmieterin die Tür aufreißt und von unten faucht: „Elende Punker. Diese verdammten Jugendbewegungen!“ Bela schlägt die Tür mit allerhöchster Präzision zu, um die höchstmögliche Lautstärke zu erreichen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)