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Shit Happens

Vampire haben's auch nicht leicht
von

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Das Medium

Anmerkung: Michiru
 

Das war also Chiyos Haus. Beeindruckend, das musste ich schon sagen. Es war ein großes villenähnliches Haus im viktorianischen Stil. Wir Sechs gingen hinein. Ich warf einen verschlagenen Blick hinüber zu Hikari. Sie beteuerte zwar, dass sie nicht wusste, was sie tat, aber das deckte sich nicht mit der Geschichte, die Ryo mir anvertraut hatte. Und ich wollte ihn nicht verletzen, daher hatte ich vorher nichts gesagt. Aber Eleane war einfach zu schlau, man konnte sie wohl nicht so leicht hereinlegen. Alles in allem war ich froh, dass sie auf unserer Seite stand. Aber wieder zu Hikari… Ich wusste nicht, was los war; oder wie Eleane es ausdrückte; wir kannten nur die halbe Geschichte und sollten deswegen keine voreiligen Schlüsse ziehen, aber sie hatte schließlich gut reden, denn es ging hier um meine – um UNSERE – Tochter. Letztendlich konnte ich dem verrückten Medium einfach nicht trauen. Als Ryo sie erneut zu uns gerufen hatte, wollte sie zunächst sofort wieder gehen. Sie wirkte recht nervös. Als unsere Hexe aus der Drachenzunft dann auf sie eingeredet hatte, fing sie auch langsam an zu sprechen. Sie erzählte, dass sie ihren Körper plötzlich nicht mehr steuern konnte und alles nur noch wie durch einen dichten Nebel erkennen konnte. Aber das entschuldigte noch lange nicht ihre Tat. Sei es wie sei – ob sie jetzt wollte oder nicht – sie hatte Hotaru gebissen. Und ich hatte Ryo zuliebe vorerst geschwiegen, damit seine Cousine keinen Ärger mit Haruka und Co. bekam. Doch dass der ganze Verdacht auf Chiyo fiel, wollte ich natürlich auch nicht. Ich konnte mir einfach keinen Reim daraus machen, weshalb sie mit Hotaru abgehauen war… Das Schlimmste wollte ich mal nicht annehmen.
 

Wir suchten die beiden in allen Räumen ab und schließlich fanden wir sie in einem Zimmer, das wohl vor langer Zeit mal in schlichtem Weiß gehalten wurde. Doch mittlerweile war alles grau, kalt und wirkte tot. Vielleicht ein versteckter Hinweis auf Chiyos Vergangenheit. Ich war so mit der auf dem Bett liegenden Hotaru beschäftigt, dass ich Chiyo zunächst gar nicht gesehen hatte. Sie lag auf dem Boden, hatte die Augen jedoch geöffnet. Sie sah so aus, als ob sie auf etwas Unsichtbares starren würde, doch da war nur Leere; unendliche Leere in ihren Augen, aus denen jegliches goldene Feuer gewichen war. Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich gedacht, sie wäre tot.

„Um Himmels willen! Chiyo!!“

Eleane schreckte bei ihrem Anblick zusammen und stand kurz davor, die Vampirin anzufassen, doch Ryo hielt sie im letzten Moment zurück.

„Nicht doch! Sonst geht doch alles wieder von vorne los! Noch so einen Schlag verkraftet Ihr vielleicht nicht!“

Derweil war Setsuna neben mir angekommen und schloss unsere Tochter in ihre Arme.

„Sie ist ganz kalt…“, hauchte sie und ich vernahm einen silbernen Schimmer aus ihren Augen zu treten.

Hilflos blickte ich zwischen unseren beiden hin und her. Bunny schluchzte und wendete den Blick ab. Ich befürchtete, dass der Anblick eventuell doch zu viel für sie sein könnte, doch sie hielt sich tapfer auf den Beinen. Ganz im Gegensatz zu mir, denn ich sackte auf die Knie und konnte meine Tränen nicht länger zurückhalten.

„Das ist alles deine schuld, du Miststück!!“, schrie ich Hikari wutentbrannt an.

„…“

Sie vermied meinen Blick und sagte nichts.

„Ich werde dich töten!“

Und schon hechtete ich los, um meine Drohung Wirklichkeit werden zu lassen. Entsetzt sah sie mich an, machte aber keinerlei Anstalten zur Seite zu gehen. Ich hätte sie vermutlich auch in ihre Einzelteile zerhackstückelt, wenn mich Ryo nicht im letzten Moment zurückgehalten hätte.

„Das wirst du nicht tun, Michiru-san.“

Und jetzt war ich diejenige, die einen entsetzten Blick von sich gab. Unser Pazifist war nämlich gerade in den Kampfmodus gewechselt. Seine Augen nahmen einen bedrohlich orangegelben Schimmer an. Für den Hauch einer Sekunde schaffte er es sogar, mir Angst einzujagen.

„Aus dem Weg“, fauchte ich und versuchte mich loszureißen.

Aber gegen den ausgewachsenen Vampir hatte ich keine Chance. Er war wie ausgewechselt.

„Hör auf damit, Ryo-chan…“, sagte seine Cousine gespielt belustigt. „Du handelst dir nur Schwierigkeiten ein. Und vielleicht ist es ja besser so-!“

„Nein, ist es nicht! Das hilft uns auch nicht weiter!! Meine Herrin liegt in einer Art Trance und Hotaru-chan ist zu einem Vampir geworden. Ich will Antworten, verdammt! Und du wirst sie mir beschaffen. Also steh da nicht so rum und mach dich gefälligst nützlich!!“, blaffte er sie an und ich erkannte, dass sie schluckte.

Ich konnte nicht anders, als ihn mit weit aufgerissenen Augen anstarren. War das da wirklich Ryo?!

„Bin schon auf dem Weg!“

Sie lief an uns vorbei und warf mir noch einen kurzen Blick zu.

„Ich… Es tut mir-!“

„Schon okay“, gab ich Gedanken versunken zurück.

Sie nickte und sah sich Hotaru näher an. Doch schon kurz darauf ein Kopfschütteln.

„Die Verwandlung ist bereits abgeschlossen. In Kürze wird sie erwachen. Das Einzige, das wir tun können, ist ihr etwas zu trinken zu besorgen, da sie verflucht durstig sein wird und ihr ja schon wisst, wie ungemütlich frisch erwachte Vampire sein können.“

Ich schluckte schwer. Aus irgendeinem Grund hatte ich das Gefühl, dass sie mich damit gemeint hatte… Also eines Tages würde ich mich für diese blöde Bemerkung ihrerseits rächen. Und wo wir schon mal beim Thema waren… Genba bekam ja auch noch einen Arschtritt von mir. Vielleicht sollte ich wirklich langsam eine Liste führen. Hikari war inzwischen bei Chiyo, die in Bunnys Armen lag, angelangt.

„Was ist mit ihr?“, flüsterte die aufgelöste Eleane, die sich zierlich eine Hand vor den Mund hielt.

Sie sah aus, als ob sie gleich wegkippen würde und ich war froh, dass sie auf dem Boden saß. Auch ich robbte zu ihnen hinüber, eine Hand auf Hotarus Kopf legend, die andere auf Eleanes Schulter.

„Wow, sowas habe ich schon sehr lange nicht mehr gesehen“, stellte sie fest.

„Was hat sie denn?“, fragte Bunny mit zittriger Stimme.

„Es scheint mir, dass sie in eine Art Katatonie gefallen ist.“

„Was heißt das denn schon wieder?“, rief ich ihr entgegen.

Ich fühlte mich auf einmal unsagbar müde und hätte mich im Moment liebend gern in die schützenden Arme Harukas geworfen. Aber wir hatten sie schließlich zu Hause gelassen, damit sie Hikari nicht angreifen konnte… Tja, den Part hatte ja letztendlich ich übernommen, zumindest mehr oder weniger. Das nennt man wohl Ironie des Schicksals.

„Das heißt“, sie stand auf, „dass sie nicht mehr ansprechbar ist. Sie hat sich in die Tiefen ihrer Seele zurückgezogen und sucht dort nach Schutz. Also so eine Art Flucht, sozusagen. Sie muss irgendeinen Schock erlitten haben oder so…“

„Oder so?! Wie zum Beispiel die Cousine ihres Lehrlings, die ein kleines Mädchen anfällt?“, schrie ich sie an.

Sollte Ryo mir doch eine kleben, war mir egal. Was gesagt werden musste, das musste halt raus.

„Ich glaube nicht, dass das sie in diesen Zustand versetzt haben könnte. Sonst wäre sie schließlich schon eher erstarrt, oder?“

„Das leuchtet ein“, meldete sich Setsuna.

Ich warf einen Blick zu Ryo. Er kniff die Augen, die mittlerweile wieder ihren ‚normalen’ Rot-Ton angenommen hatten, zusammen.

„Was kannst du für sie tun, Hikari?“, fragte er.

Sie seufzte.

„Gute Frage… Mit sowas kenne ich mich nicht so gut aus. Eigentlich müssten wir mit ihrem Geist reden, um sie erreichen zu können.“

„Na, dann machen wir das doch!“

Sie glubschte mich verwirrt an.

„Du meldest dich freiwillig? Obwohl ich zugab, dass ich keine Ahnung habe??“

„Irgendeiner muss es ja machen und ich halte dieses ewige Nichtstun einfach nicht mehr aus.“

„Aber wenn dir etwas passiert..?“

Setsuna sah mich erschrocken an.

„Du bist schließlich Mutter!“

„Das bist du doch auch. Im Ernstfall wäre sie also nicht allein-!“

„Red keinen Stuss!!“

So wütend hatte ich sie wirklich noch nie gesehen. Sag mal, lag das an diesem Haus oder was?! Erst Ryo und jetzt auch noch sie, ich meine, hallo?? Als nächstes zückte Bunny ein Messer oder was??

„Hotaru braucht dich, jetzt mehr denn je!! Schließlich kommt ein ganz neues Leben auf sie zu… Und da können ihr weder Haruka, noch ich helfen!“

Sie hatte recht. Mist.

„Dann… Dann lasst mich gehen.“

„BUNNY???“, riefen wir alle gleichzeitig aus.

„Ich pack das, keine Sorge.“

In Momenten wie diesen wurde mir wieder bewusst, was sie doch für ein wundervoller Mensch war.



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