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Sehnsucht (ab 16 Jahre)

von

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Die Lady und der Waisenjunge

Es war ein sonniger Julitag im Jahr 899, Eastbbourne an der Südküste Englands.

Jasmin hatte ihre Leibwache ausgespielt und ging durch die Stadt. Sie wollte zum Hafen und das Meer beobachten.

Die junge Frau war schön, schlank, hatte leicht gewellte dunkelblonde Haare und blaue Augen. Sie war vierzehn Jahre alt. Jasmin freute sich über dieses schöne Wetter. Es war herrlich warm.

Mitten im Stadtzentrum wurde sie von Jugendlichen umzingelt.

“Na was macht denn die Tochter des Barons auf unserem Gebiet? Wo ist ihre Leibwache?”, fragt der Anführer.

“Mir war langweilig. Ich habe mich davon geschlichen.”, erklärte sie gelassen.

“Dann werden wir dich als Geisel nehmen und Lösegeld fordern. Los Freunde nehmt sie fest!”

Sie bekam es mit der Angst zutun.

Plötzlich sprang ein rothaariger Junge vom Dach und stellte sich zwischen sie.

“Er muß nicht viel älter sein als ich.”, dachte Jasmin.

In der rechten Hand hielt er ein Schwert. Das Schwert hatte eine blaue Scheide. Die Klinge war nur auf einer Seite scharf. Der Griff war grün mit goldenen Knauf, Griffbügel und Glocke.

“Was mischt du dich ein, du Strolch?”

“Laßt sie in Ruhe!”, rief er mutig.

“Hey, John! Das ist der Bastard mit dem komischen Schwert. Das Schwert des Teufels! Du hast es doch mal versucht zu klauen und hast einen Stromschlag abbekommen.”, flüsterte einer seinem Anführer ins Ohr.

“Du hast recht.”

Die Schläger griffen an. Er schlug zurück. Sie kamen gegen ihn nicht an. Dann ergriffen sie die Flucht. Der junge Mann drehte sich zu ihr um.

“Alles Inordnung?”, fragte er besorgt.

Jasmin musterte ihn. Sein Gesicht war schön mit wunderschönen dunkelbraunen Augen. Seine Haaren durchzog ein Mittelscheitel. Seine Stimme hatte einen herrlichen Klang. Sein Körper war schmächtig. Die Kleider waren schon viele Male geflickt worden. Sie bestanden aus einem weißen Hemd, braune Hose und Lederschuhe.

“Ja, danke. Wie heißt du? Ich bin Jasmin, die Tochter des Barons Henry.”

“Das wußte ich, wessen Tochter du bist. Ich bin Shanks Alitvo Shoned. Wie alt bist du?”

“Vierzehn und du?”

“Ein Jahr älter. Es ist besser, ich begleite dich.”

“Danke, darf ich dein Haus sehen. Das heißt, wenn deine Eltern nichts dagegen haben?”

Sie bemerkte in Shanks’ Augen eine Art Einsamkeit und Verzweiflung.

“Ich habe meine Eltern mit acht Jahren verloren. Beide hatten sehr hohes Fieber und starben. Wir sind zu arm gewesen, um uns einen Arzt leisten können. Meine Mutter hat mir dieses Schwert vererbt. Es ist ein Familienerbstück. Das Schwert hat mir da gute Dienste geleistet. Dein Vater hat mich von den Schulden meiner Eltern frei gesprochen. Ich brauch bis zu meinem einundzwanzigsten Lebensjahr keine Abgaben und Steuern zahlen. Er hat es nur getan, weil er dich hat. Ich habe es bis jetzt immer schwer gehabt. Du hast es gut und hast sogar noch eine Familie. Dann mußt du nicht in Armut leben.”

Shanks senkte den Kopf.

“Ich habe meine Mutter vor vierzehn Jahren verloren, genau einen Tag nachdem ich geboren wurde. Du hast recht. Ich lebe in besseren Verhältnissen, als du. Aber dein Leben ist schöner, auch wenn da ein Haken ist. Mein Leben ist langweilig.”, erklärte Jasmin lächelnd.

Shanks starrte ihr Kleid an. Alles paßte zu ihr. Und er? Er war nur ein mittelloser Waisenjunge mit trauriger Vergangenheit, der in Lumpen gekleidet war.

Jasmin bemerkte, daß er sich nach einem neuem Leben sehnte. Trotzdem war der magere Waisenjunge ein guter Mensch.

Shanks führte sie zu seinem schäbigen Haus.

“Das ist mein Haus.”

Jasmin war geschockt. Das Dach drohte allmählich einzustürzen.

“Es tut mir Leid für dich. Aber leider hat nicht jeder so ein Glück wie ich.”

“Ich denke, daß mir jeden Tag die Decke runter fällt. Es ist ein Wunder, daß sie noch steht. In den Jahren bin ich zu einem Außenseiter geworden. Den Grund weiß ich nicht. Meine Nachbarn haben mir Kleidung geschenkt. Aber ihre Kinder sind weggezogen. Ihre Eltern sind letztes Jahr gestorben. Ich habe mir eine Angel gebaut, als das Schiff meines Vaters sank. So mußte ich wenigsten nicht hungern. Du hast ein schöneres Leben als ich.”

“Nein, das stimmt nicht! Mein Leben ist nicht viel besser als deines, wie schon gesagt, mein Leben ist langweilig. Man sagt dir, was du tun sollst und wie du dich kleiden sollst. Andere Leute treffen für dich die Entscheidungen. Es heißt immer du mußt schön sein, zu jeder Feier gehen, wie du dich zu benehmen hast und wen du heiraten mußt.”

Sie atmete noch mal durch. Dann bemerkte sie, daß die Sonne langsam unterging.

“Oh! Ich glaube, ich muß nach Hause.”

“Ich begleite dich bis zum Stadtrand.”

“Darf ich dich wiedersehen?”

“Wenn du es willst? Ich habe noch nie etwas besseres zutun gehabt. Du darfst aber eins nicht vergessen. Ich gehöre nicht zu deines Gleichen. Alle Leute hier behandeln mich, als wäre ich eine Mißgeburt. Weißt du, die Leute hier sind zwar arm, aber sie sind reicher als ich. In der ganzen Stadt bin ich der Einzige der kein Geld besitzt. Wäre dein Vater nicht so gnädig, dann wäre ich schon vor sechs Jahren gestorben.”

Jasmin nickte.

Am Stadtrand angekommen, sagten sie sich Lebewohl. Shanks blickte ihr noch lange nach bis sie verschwunden war. Sie war der erste Mensch, seitdem Tod seiner Eltern, mit der er reden konnte. Er hatte ihr ein Teil seiner Vergangenheit erzählt, was er sonst nicht gemacht hätte.

In ihrem Zimmer konnte Jasmin den jungen Mann von heute einfach nicht vergessen. In seiner Stimme war ein überdrüssiger Klang. Er war es Leid so zu Leben. Jasmin bemerkte, daß es ihr auch nicht anders ging. Auch Jasmin träumte von einem neuen Leben. Sie hätte gerne auch solche Freiheiten wie er gehabt. Jasmin fühlte sich genauso wie Shanks. Jedes Leben hatte gute Seiten und schlechte Seiten und sie hätte am liebsten ein Leben ohne diesen lästigen Haken. Sie hatte gerade eins der Verbote ihres Vater überschritten. Jasmin hatte mit einem Bürgerlichen geredet, der den fast niedrigsten Rang in der ganzen Stadt besaß. Doch sie bereute es nicht. Dann klopfte es an der Tür. Es war ihr Vater. Jasmin wurde aus ihren Träumen gerissen.

“Jasmin, wo warst du? Ich habe mir Sorgen gemacht. Du warst nachdem Mittagessen einfach verschwunden. Kurz vor dem Abendbrot bist du wieder in deinem Gemach.”

Jasmin senkte den Kopf. Was sollte sie ihm bloß sagen? Sie hatte Angst um Shanks. Dann holte sie Luft.

“Ich habe mich davon geschlichen, weil mir langweilig war und habe in der Stadt einen Spaziergang gemacht.”

“Was? In der Stadt? Hat man dich belästigt?”

“Eine Gruppe von Schlägern hat mich bedroht und wollte mich als Geisel nehmen. Ich kann dich zu ihnen bringen, damit du sie folterst.”

“Wie bist da herausgekommen? Hat dir jemand geholfen?”

“Es schadet nicht, wenn ich ihm nur ein Teil der Wahrheit erzähle.”, dachte sie.

“Ein junger Mann kam mir zu Hilfe und hat mich gerettet. Dann hat er mich nach Hause gebracht.”

“Mh, eine meiner Dienerinnen hat fast die gleiche Geschichte erzählt. Ich werde mich um die Schläger kümmern, aber wer war der Junge? Hat er sich vorgestellt? War er fünfzehn Jahre alt und hieß er Shanks Shoned, der rothaarige Waisenjunge?”

“Was würdest du denn machen, wenn er es war?”

“Ihn neue Kleidung schenken, da der Winter bald kommt. Wer meine Tochter rettet, bekommt von mir eine Belohnung und dieser Junge hat es nicht gerade gut getroffen. Also was ist?”

“Ja, er war es.”, meinte Jasmin schüchtern.

Henry nickte nur freundlich. Er hätte nie gedacht, das Shanks solange durchhält.

So ging er am nächsten Tag mit ein paar Wachen in die Stadt und ließ die Schläger, die auf Jasmins Beschreibung paßten, festnehmen lassen.

Henry ging allein zu Shanks. Er klopfte an die Tür.

Shanks machte auf. Ängstlich blickte er Henry an.

“Shanks, ich komme im Namen meiner Tochter. Sie hat mir erzählt, daß du sie beschützt hast. Ist das wahr?”

“Ja, Mylord.”, antwortete Shanks zurückhaltend und mit gesenkten Kopf.

Henrys Blick schweifte in den Raum, wo Shanks’ lebte. Dann erspähte er das Schwert.

“Ich kann mich noch gut an deine Mutter, Lucy, erinnern. Sie hat gegen jede Ungerechtigkeit gekämpft. Dein Vater, Altivo, hatte sie damals gezähmt und dann wurdest du geboren. Ich habe das Gefühl, du ziehst das Unglück magisch an. Du hast einen Mißerfolg nachdem anderen. Die Schläger, die meine Tochter bedrohten, werde ich morgen hängen lassen. Vielleicht findest du sogar irgendwann deine große Liebe. Dann werden die Zeiten besser sein.”, meinte Henry sanft, “Danke, das du Jasmin beschützt hast und dann habe ich noch etwas für dich.”

Er gab Shanks zwei Säcke. Es war ein großer und ein etwas kleinerer.

“In dem einen ist neue Kleidung für den Winter und in den anderen ist etwas Essen darin Es ist auf jedenfall mal etwas anderes als jeden Tag Fisch zu essen.”, erklärte Henry.

“Danke, Mylord!”

“Ach ja noch etwas, wehe wenn du dich in Jasmin verliebst. Sie gehört Eric, dem Sohn des Earl James von Hasting. Hast du das kapiert!”

Shanks nickte nur schüchtern.

“Also dann, auf wiedersehen!”

“Ja, bis bald.”, brachte er nur heraus.

Auf der einen Seite war Henry sehr nett, aber auf der anderen Seite war er streng. Er seufze. Nie würde er wieder so einen Menschen wie Jasmin treffen. Shanks war ja in der ganzen Stadt als Außenseiter verschrien. Es tat ihm in der Seele weh, wenn er an die Realität dachte. Henry würde seine Tochter nie wieder außer acht lassen.
 

Jasmin kam eine Woche später zu ihm. Sie hatte eine Armburst dabei. Er probierte sie aus und traf genau ins Schwarze.

“Toll! Kannst du es mir beibringen?”

Shanks nickte. Er zeigte ihr wie es geht. Sie übte mit ihm solange, bis sie so gut war, wie Shanks.

Am Abend des Tages hatte Jasmin eine Idee.

“Vater?”

“Was ist?”

“Wir können doch Shanks in die Dienerschaft aufnehmen. So wäre er wenigsten nicht mehr allein.” “Mh, das ist eine gute Idee. Ich werde ihn in fünf Jahren einstellen. Da er mit einundzwanzig sowieso Steuern bezahlen muß und das ist gleich praktisch. Du bist fast wie deine Mutter, Jasmin.” Er lächelte sie an und ging.

Jasmin trat auf ihren Balkon und setzte sich auf eine Bank. Sie seufze.

Betty, eine Dienerin, kam zu ihr und setzte sich zu ihr. Sie waren befreundet.

“Mylady, ich hörte Sie seufzen. Was ist los?”

“Mein Vater will das ich diesen Eric heirate, aber ich will nicht.”

“Jedes Mädchen wäre froh, wenn sie so ein Angebot bekommen hätte. Er ist ein schöner Mann.”

“Ja schon, aber ich kenne ihn doch kaum.”

“Ich glaube, Sie sind verliebt.”

Jasmin fuhr herum.

“Glaubst du?”

“Ja, Mylady. Ich bin verheiratet und immer noch verliebt in meinem Mann. Sie sind in den jungen Mann verliebt, der Sie gerettet hat.”

“Meinst du?”

Sie nickte.

“Shanks ist der freundlichste Mensch in der ganzen Stadt, neben dir. Mein Vater würde es nie erlauben ihn zu heiraten. Dabei habe ich mit ihm viel gemeinsam. Wir sind gute Freunde geworden.”

Betty verabschiedete sich von Jasmin. Etwas später wurde sie zu ihrem Herrn gerufen. Sie war blondhaarig, schlank und vierunddreißig.

“Mylord, sie haben mich gerufen?”

“Ja, George wird in fünf Jahren in Pension treten, wie du weißt.”

“Dann müssen wir ja einen Neuen einstellen. George ist ja auch schon sechzig Jahre alt.”

“Er hat es mir gestern gesagt. Meine Tochter hat mir heute einen Vorschlag gemacht. Kennst du einen Waisenjungen namens Shanks?”

Sie nickte.

“Seine Mutter war mit mir befreundet. Warum?”

“Er soll Georges Nachfolger werden. Jetzt kann ich ihn noch nicht gebrauchen, aber in fünf Jahren stell ich ihn ein.”

“Das sind gute Nachrichten.”

“Betty. Wußtest du, das Shanks ein wertvolles und geheimnisvolles Schwert besitzt.”

“Ja, Mylord. Das Schwert gehörte erst Lucy. Sie hat gesagt: ‘Wer das Schwert berühren kann, der dient der Königsfamilie.’ Das hat Lucy mir jedenfalls so erklärt. Mehr wußte sie auch nicht. Warum fragen Sie?”

“Mein Großvater hat mir etwas gesagt. Da war ich sieben. Nach einer Legende sollen die Shoneds einem Königsgeschlecht entstammen, deren Volk schon lange untergegangen ist, keine Ahnung ob es wahr ist. Es kann auch sein, das sie nur einem bestimmten König die Treue halten. Dieser König ist der Herrscher des ganzen Universums, mit anderen Worten einem Gott. Der Familienname Shoned wird Generation zu Generation weiter getragen. Diese Familie hat Merkmale, was für sie typisch ist. Sie sind ungestüm und rothaarig. Die Shoneds sind die Einzigen in der Stadt, die einen Familiennamen tragen. Als ich Shanks vor sechs Jahren Winterkleidung heimlich gebracht habe, habe ich das Schwert berührt und ich habe einen Blitzschlag abbekommen. Mit anderen Worten an der Erzählung meines Großvaters ist etwas dran.”

“Was bedeutet der Name Shoned eigentlich?”

“Mein Großvater sagt, es hieße Diamant. Alle der Familie waren allerdings gutaussehend. Dieser junge Mann ist da keine Ausnahme. Soweit ich weiß, ist Shanks der Letzte seiner Familie.”

“Von wo kommt der Familienname her? Diese Familie muß doch von einem anderen Land entstammen.”

“Das ist es ja, niemand weiß es genau. Mein Großvater meinte, sie kämen aus dem Weltall, von einem Planeten namens Cora, aber ob das wahr ist, bezweifle ich. Shanks ist jedenfalls ein Mensch und kein Außerirdischer. Betty soll ich dir etwas sagen, von meiner Familie wird das Gleiche behauptet. Auch meine Eltern stammen angeblich von diesem Planeten ab. Mein geheimer Familienname lautet Henry Bill Uran. Doch ich diene dem König von England und niemand anderem. Jasmin weiß über meine Familie Bescheid und hat fast genauso viel gefragt wie du. Uran bedeutet Aufgang. Mehr wollte ich dir nicht sagen. Bitte geht jetzt. Aber sage niemanden ein Wörtchen davon, sonst bringe ich dich um. Kapiert!”

Betty nickte und ging aus seinem Gemach. So eine Geschichte hatte sie noch nie gehört, Menschen von einem anderen Planeten ein schauriger Gedanke. Sie dachte insich, daß Shanks sicher auch keine Ahnung hatte, wer er ist. Doch es konnte auch sein, er wußte es.

Die Klippen

Zwei Jahre waren vergangen, seit sie ihn getroffen hatte. Jasmin schlich sich immer heimlich davon. Shanks erwartete sie am Stadtrand. Dann gingen sie Hand in Hand zum Hafen und beobachten das Meer. Sie küßten sich und vergaßen für eine Zeit, wo sie waren. Sie konnte sich ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen. Auch Henry bemerkte, das sie verliebt war. Die Anzeichen waren zu deutlich. Jasmin war kaum bei der Sache und verdrehte so manches. Früher war sie viel ordenlicher. Henry fragte sich, in wem sie sich verliebt hatte. Es mußte auf jedenfall ein Adliger sein, denn er hatte Jasmin und besonders Shanks gewarnt. Wenn sie einen anderen Adligen liebt, dachte er, ist es auch nicht so schlimm.

Henry war grau geworden, hatte einen Vollbart und Stirnglatze bekommen. Er war siebenundsechzig Jahre alt.

Eines Tages wagte Jasmin einen großen Schritt.

“Shanks komm mit zu mir. Ich zeige dir, wie ich mich immer zu dir schleichen konnte.”

Er nickte.

“Aber was ist, wenn was schief geht?”

“Es darf nichts schief gehen, ganz einfach!”, erklärte Jasmin optimisch.

Sie gingen hinter die Burg zu einem Haselnußstrauch. Jasmin achtete darauf, daß niemand es bemerkte. Hinter dem Strauch war eine Geheimtür. Jasmin zeigte Shanks wie man die Tür öffnete und wieder schloß. Beide gingen in den dunkelen Geheimgang entlang, wo durch kleine Schlitzte Licht durchdrang, bis sie in der Nähe von Jasmins Gemach herauskamen. Shanks folgte ihr bis zu ihrem Zimmer und Jasmin ließ ihn eintreten. Beide gingen zum Balkon.

“Der Ausblick ist phantastisch!”

“Ich weiß.”

Sie starrte Shanks tief in die Augen, umarmten sich und küßten sich wieder. Beiden waren ihre Ränge inzwischen egal geworden. Hauptsache sie konnten für immer zusammenbleiben. Der Monde schien auf sie, als wolle er ihnen sagen: “Ihr seid für einander bestimmt.”

Ein Klopfen ließ sie aus ihren Träumen erwachen. Jasmin zeigte Shanks an, wo er sich verstecken soll. Er sollte sich hinter die Tür stellen und tat es ihr nach.

“Ja, bitte!”, rief Jasmin.

Es war ihr Vater.

“Jasmin! Ich weiß, du bist verliebt. Ich möchte wissen in wem?”

“Ich verliebt?”, rief sie erschrocken.

“Ja. Ich will wissen, wer es ist.”

Shanks bekam es mit der Angst zutun. Jasmin machte ein Zeichen, das er schnell gehen sollte. Er gehorchte und schlich sich hinter Henry aus dem Zimmer.

Als er wieder zu Hause war, atmete er auf.

Jasmin bekam es mit der Angst zutun. Wenn er es herausfinden würde, dann wäre alles aus. Zum Glück war Shanks entkommen. Henry hatte also noch nichts gemerkt. Sie wußte nicht so richtig, was sie sagen sollte.

“Die Anzeichen bei dir sind leicht zu erraten, daß du verliebt bist.”

Jasmin mußte dringend eine Ausrede finden, sonst war sie geliefert.

“Äh, wann hast du es gemerkt?”

“Vor vier Monaten.”

“Oh, da war doch der Winterball, nicht wahr?”

Henry nickte.

“Es war einer mit dem ich getanzt habe. Seinen Namen habe ich vergessen. Eric war es nicht!”

“Ah, dann war es entweder Philipp oder Andrew.”

“Ja, einer der beiden.”

Henry nickte und ging. Er machte die Tür zu.

“An der Sache ist was faul!”, dachte Henry nachdenklich.

Jasmin fiel ein Stein vom Herzen.

Shanks und Jasmin machten es jetzt immer so. Keiner merkte es, weil sie sehr geschickt waren.

Eines Tages wollte Henry gerade anklopfen, als er Stimmen hörte. Es war Jasmin und eine fremde Männerstimme.

“Jasmin, wir müssen uns etwas besseres einfallen lassen. So kann es nicht ewig weitergehen. Irgendwann erwischt uns dein Vater und dann will ich es lieber nicht wissen, was dann passiert.” Henry war verwundert und dachte, hier stimmt was nicht.

“Ich weiß, aber mein Vater erlaubt diese Verbindung niemals. Nein, ich will bei dir bleiben.”, hörte er Jasmin sagen.

“Das muß Jasmins große Liebe sein!”, dachte Henry.

Anstatt zu klopfen, machte er die Tür auf. Er sah eine überraschte Jasmin und einen geschockten Shanks.

“Du! Wie kommst du hier rein? Laß sofort meine Tochter los!”, schrie er wütend.

Jasmin stellte sich vor Shanks.

“Vater, das war ich! Ich habe ihm den Weg gezeigt! Er ist mein Freund!”, erklärte sie Henry mutig, “Ich liebe ihn! Diesen Eric werde ich nicht heiraten!”

Shanks stand nur da und war kreidebleich vor Schreck.

“Dieser Bastard ist kein Umgang für meine Tochter! Er liebt dich nur, weil du meine Tochter bist!” Wieder nannte man ihn Bastard. Das machte Shanks traurig. Von Herny hätte er es nie erwartet. Ihm war es allmählich zuviel, daß man ihn so nannte.

“Nein, das ist nicht wahr!”

Shanks bekam es mit der Angst zutun und flüchete aus dem Zimmer.

“Wachen verhaftet ihn!”, brüllte Henry.

Jasmin fing an zu weinen.

“Lauf um dein Leben und denk immer an mich! Viel Glück!”, schrie sie ihm nach.

Dann ging Jasmin zum Balkon und starrte in den Himmel. Es war ein nebeliger Abend. Sie beobachtete Shanks wie er vor den Wachen floh. Die Soldaten waren mit Pfeil und Bogen bewaffnet und ritten auf Pferden.

“Jasmin!”

Sie drehte sich zu ihren Vater um. Wütend starrte sie an.

“Vater, wie konntest du das nur tun! Er ist ein guter Mensch und hat mir das Leben gerettet!”

“Es tut mir Leid. Aber ich will nicht, das du dich mit Leuten abgibst, die einen niedrigeren Stand haben wie du. Eric wird dir guter Ehemann sein!”

“Nein, ich werde Eric nicht heiraten. Ich liebe Shanks!”

“Shanks, der Waisenjunge? Ich habe dir doch den Umgang mit ihm verboten!”

Dann ließ er sie allein. Henry war in dieser Hinsicht wirklich streng, auch wenn er ihr viel durchgehen ließ.

“Ich werde dich nie vergessen, Shanks!”, murmelte sie in sich, “Denn nur dir gehört mein Herz.” Währenddessen rannte Shanks um sein Leben. Stoppte bei seinem Haus nahm sein Bündel, die Säcke den Henry ihm geschenkt hatte und holte sein Schwert aus der Halterung. Dann rannte er zu den Klippen. Die Reiter waren ihm dicht auf den Versen. Ein Pfeil streifte knapp an seiner Wange vorbei. Shanks stoplerte mehrmals und fing sich wieder. Dann streifte ein weiterer Pfeil seinem Hals. Plötzlich stand er am Abgrund der Klippen. Shanks drehte sich um und sah die Reiter auf sich zu kommen. Man konnte nicht sehen wie tief der Abgrund zum Meer war. Er saß in der Falle.

“Entweder du ergibst dich oder du springst in den Tod!”, rief der Anführer

Shanks überlegte kurz. Doch als die Soldaten näher kamen, sprang er ins Ungewisse. Die Soldaten starrten in den Abgrund. Es war zu nebelig und zu dunkel, um bis zum Meer zusehen. Sie hörten nur das Rauschen der Wellen.

“Er ist in den Tod gestürzt. Der kann nicht mehr leben. Dafür ist es viel zu steil und zu hoch.” meinte er nur eiskalt.

Jasmin sah die Reiter wiederkommen. Da Shanks nicht dabei war, glaubte sie, er wäre entkommen. Ihr Vater kam wieder ins Zimmer.

“Verschwinde, laß mich zu frieden. Er war so ein netter und trauriger Junge!”, fuhr sie ihn an.

Ehe Henry anworten konnte, kamen die Wachen.

“Und habt ihr ihn gefaßt, Andrew?”

“Nein, er ist doch tatsächlich die Klippen heruntergesprungen. Er muß Tod sein. Der Bengel hat sich in den Tod gestürzt. Ich habe es selbst gesehen.”

“Nein, das kann nicht sein. Ihr müßt euch täuschen. Das glaub ich nicht. Nein!”, rief sie.

“Mylady, es ist die Wahrheit.”

Sie rannte weinend zum Balkon. Als die Wachen gegangen waren, ging Henry zu ihr.

“Hättest du ihn nicht davon gejagt, würde er jetzt noch leben. Ich haße dich!”

“Es tut mir Leid! Hätte ich das gewußt, das er sich in Tod stürzt, dann wäre ich nicht so barsch zu ihm gewesen.”

Jasmin blickte zu den Sternen, die durch die Wolken hindurchschauten. Henry ließ sie allein.

“Er lebt noch und er kommt zu mir zurück, wenn die Zeit gekommen ist!”, murmelte sie in sich, “Niemals werde ich jemanden anders heiraten als Shanks!”

Sie dachte an seine traurige Geschichte. Es stimmte, was Henry gesagt hatte. Shanks zog das Unglück regelrecht an und nie konnte er etwas dafür. Nach sieben Jahren Einsamkeit hatte er endlich jemanden gefunden, mit dem er reden konnte und jetzt war er verbannt.

Am nächsten Tag hatte man Shanks’ Leiche nicht gefunden. Man vermutete, das er ins Wasser geflogen ist und ertrunken war, das ließ sie hoffen.

Der Gedanke das sie Eric heiraten mußte, ließ Jasmin erschauern. Als sie hörte Shanks’ Leiche liegt vermutlich auf dem Meeresgrund, fing sie noch mehr an zu weinen. Ihr Vater versuchte sie aufzuheitern, aber sie war ihm so böse, daß sie kein Wort mehr mit ihm sprach. Henry wußte, daß er Shanks nicht wiederbeleben konnte.

Gol Drakon Ruffy

Ein Piratenschiff fuhr gerade an der Stelle vorbei, von wo Shanks gesprungen war. Die ganze Crew schlief bis auf Cody. Cody war der Vizechef und der Sohn des Käpt'n. Er war vierzehn Jahre alt, schlank, gutaussehend, hatte schwarze Haare und dunkelbraune Augen. Unter seinem linken Auge hatte er eine Narbe.

Cody hielt wache. Als plötzlich ein dunkler Schatten vom Himmel fiel. Erst prallte es aufs Segel was den Sturz abbremste und fiel dann aufs Deck. Cody ging verwirrt hin und bemerkte, das es ein junger Mann war. Ein Schwert und ein Bündel lag neben ihm. Er lag auf der rechten Seite. An den Kleidern erkannte er, daß er von einfachem Volk stammte. Cody drehte ihn zur anderen Seite. Er bemerkte zwei Wunden auf der rechten Seite des Halses und eine an der rechten Wange. Der junge Mann war bewußtlos.

Er wußte was zutun war und weckte Jim, den Schiffsarzt, auf. Er hatte braune Haare und blaue Augen. Dieser untersuchte den jungen Mann. Cody weckte inzwischen seinen Vater.

“Ein junger Mann ist vom Himmel gefallen?”

“Ja, wahrscheinlich ist er von den Klippen gesprungen. Es ist eine halbe Stunde her. Er ist noch bewußtlos. Jim kümmert sich um ihn.”

“Entweder ist er lebensmüde oder er war auf der Flucht. Wie jung ist er denn?”

“Ich schätze nicht viel älter als ich. Er sieht sehr jung aus.”

“Ist er ein Adliger?”

“Nein, nach seinen Kleidern zu urteilen nicht.”

Sein Vater nickte.

“Bring ihn zu mir sobald er aufwacht und auf den Beinen stehen kann.”

“Wir sind gleich in Eastbourne, was machen wir?”

“Cody, wir fahren sofort ins offene Meer.”

Er nickte und ging. Ruffy war ein vorsichtiger Pirat. Man hörte nie irgendwas schlechtes über ihn. Alle Piraten hatten vor ihm Angst und die Marine ließ ihn in Ruhe. Ruffy hatte grauschwarze Haare und war ein Meter siebzig groß. Er hatte einige Narben im Gesicht. Der Kapitän war ein guter und vernünftiger Mann.

Dann ging er in die Kabine des Bewußtlosen. Es stimmte, er war jung und schön. Dann richtete er seinen Blick auf das Schwert. Cody kam zufällig hier lang.

“Vater, ist etwas?”, fragte er.

“Das muß das heilige Schwert sein von dem mein Vater berichtet hat.”

Cody blickte zu dem Schwert.

“Was ist daran so besonders?”

Er nahm das Schwert in die Hand und blickte es verwirrt an.

“Tja, eigentlich hättest du es jetzt spüren müssen.”

Cody hielt den Kopf schräg. Er verstand nicht, was sein Vater meinte. Ruffy nahm das Schwert aus Codys Hand und stellte es wieder hin.

“OK, nicht jeder kann das Schwert berühren. Es ist sehr alt. Wir dürfen es anfassen, weil wir dem Jungen hier nichts antun würden.”

Drakon machte ein ernstes Gesicht.

“Wir beide sind die Nachkommen von den Dienern einer legendären Königsfamilie, deren Volk es angeblich nicht mehr gibt. Wenn ich mich nicht täusche ist er ein Nachkomme dieser Königsfamilie. Aber leider würden sie es heute nicht mehr schaffen an die Macht zu kommen. Die Leute sind zu gierig nach Geld geworden.”

“Wie heißt diese Familie?”

“Shoned, es bedeutet Diamant in einer unbekannten Sprache. Wir kommen nach einer Legende von dem Planeten Cora. Die Shoneds hatten eine Besonderheit. Sie vererben ihren Kindern nicht nur das Schwert, sondern dürfen keinen anderen Familiennamen annehmen. Weißt du, deswegen bin ich vor Eastbourne an Land gegangen. Der Junge ist mein Patenkind. Seine Mutter hat ihn mir vor dreizehn Jahren anvertraut. Also paß gut auf ihn auf.”

Ruffy ging.

Einen Tag später kam er zu sich und blickte in Codys Gesicht. Er war verwirrt und durch den Wind.

“Wer bist du und wo bin ich?”

“Du bist auf dem Schiff Saint Hawk des Piraten Gol Drakon Ruffy. Er ist mein Vater. Ich heiße Cody Roger, sein Sohn. Wer bist du?”

“Shanks Shoned, ich komme aus Eastbourne.”

Er war verblüfft. Sein Vater hatte sich nicht geirrt. Er hieß wirklich Shoned. Shanks war weitest gehend unverletzt. Sein rechtes Bein war geprellt und besaß zwei Wunden.

“Unser Arzt hat gesagt, du kannst schon wieder aufstehen, aber du mußt noch langsam auftreten. Ich bringe dich jetzt zu meinem Vater.”

Shanks stand mühselig auf. Sein ganzer Körper schmerzte. Cody führte ihn zur Kapitänskajüte. Ruffy bat Shanks herein. Er saß in einem Stuhl und deutete auf den leeren Stuhl neben sich an. Cody setzte Shanks auf diesen Stuhl.

“Danke, mein Sohn! Bitte laß uns jetzt allein.”

Cody ging.

Shanks bekam es mit der Angst zutun. Schließlich war er ein Fremder. Was hatten sie mit ihm vor?

“Ich heiße Gol Drakon Ruffy. So junger Mann wie kommt es, das du von den Klippen gesprungen bist? Sag mir, aber erstemal deinen Namen.”

“Ich heiße Shanks Shoned.”

Er senkte den Kopf.

“Ich wurde verfolgt und so bin ich die Klippe heruntergesprungen.”

Drakon bemerkte, das er nicht gerade wie ein selbstsicherer Mann sprach. Irgendetwas quälte ihn und sah in seinen Augen etwas aufblitzen. Ja, Shanks hatte traurige Augen.

“Warum wurdest du verfolgt?”, fragte Ruffy vorsichtig.

“Ich habe mich in die Tochter von dem Baron Henry verliebt. Ihm hat es nicht gepaßt, das eine Adlige einen armen Fischerssohn liebt.”, antwortete Shanks seufzend.

“Wie alt bist du, mein Junge?”

“Siebzehn Jahre alt.”

“Was! Deine Eltern machen sich bestimmt schon Sorgen.”

“Nein, mich vermißt niemand! Ich bin Waise. Meine Eltern waren schwer krank. Sie sind genau vor neun Jahren gestorben. Wir waren zu arm, um uns einen Arzt leisten zu können. ”

Er wich Ruffys Blick aus.

“Jasmin ist die Einzige die mich vermissen wird.”

“Oh, entschuldige, das habe ich nicht gewußt. Jasmin ist deine Geliebte nicht wahr?”

Shanks nickte.

“Tut mir Leid, das ich nach deinen Eltern gefragt habe. Mit wieviel Jahren sind sie gestorben? Sag mir die Namen mit bitte.”

“Meine Mutter hieß Lucy Shoned. Sie starb mit sechsundzwanzig Jahren. Mein Vater hieß Altivo und starb mit dreißig Jahren. Beide starben im gleichen Jahr.”

“Das Gerücht über die Shoneds war also wahr.”, dachte Drakon.

“Sehr jung sind sie also gestorben. Du, Junge, hast wirklich Glück im Unglück. Wären wir nicht hier lang gefahren, dann wärst du ertrunken.”, meinte Drakon und wollte ihn aufmuntern.

“Ich danke dir, daß du hier lang gefahren bist.”, bedankte sich Shanks freundlich und lächelte ihn an.

“Was willst du jetzt machen?”

“Ich weiß es nicht. Darüber habe ich noch nicht nachgedacht.”

“Mh, ich für dich zwei Vorschläge. Entweder wir fahren zur nächsten Stadt und setzen dich dort ab oder du bleibst hier und wirst Pirat. Ich werde dich nicht zwingen. Es liegt an deiner Entscheidung.” Shanks überlegte, was sollte er machen? Ein armer Waisenjunge in einer unbekannten Stadt. Dann war er noch in Lumpen gekleidet. Vielleicht würde er einen Piraten abgeben. Er wäre ein guter Navigator, konnte gut mit einer Armburst umgehen und war ein guter Schwertkämpfer. In einer Stadt wäre er allein und genau wie in Eastbourne ein Außenseiter. In Ruffys Bande wäre er das nicht mehr.

“Ruffy?”

“Was?”

“Ich bleibe hier. Gibt es einen Posten, der noch frei ist?”

“Mein bester Navigator ist vor ein paar Wochen gestorben. Kannst du gut navigieren? Wenn ja, dann bist du ab heute mein Navigator.”

“Das hat mir mein Vater beigebracht. Unser Schiff ist vor acht Jahren gesunken.”

“Was kannst du noch gut außer navigieren?”

“Ein Schiff steuern, mit Schwert und Armbrust kämpfen. Ich bin flink wie eine Katze. In Eastbourne war ich ein Außenseiter und hatte keine Freunde, seit meine Eltern gestorben sind, bis ich vor zwei Jahren Jasmin kennengelernt habe. Täglich mußte ich um mein Leben kämpfen. Ich versteh nur nicht, warum mir bis jetzt noch niemand mein uraltes und wertvolles Schwert gestohlen hat?”

“Woher hast du das Schwert überhaupt?”

“Es gehörte dem Vater meiner Mutter. Er hat es ihr geschenkt. Kurz vor ihrem Tod gab sie mir das Schwert. Sie sagte, es wäre ein Familienerbstück. Das Schwert hat mir bis jetzt gute Dienste geleistet.”

“Weißt du noch mehr über das Schwert?”

“Es wird auch das heilige Schwert genannt. Meine Mutter hat gesagt, jeder, der der Königsfamilie dient, der kann mit dem Schwert umgehen. Ich frage mich wer diese Königsfamilie ist? Meine Mutter konnte mir da keine Anwort darauf geben.”

“Wer hat denn dein Schwert schon alles berührt?”

“Ich, Jasmin und meine Mutter.”

“Mh, ich und Cody haben das Schwert auch schon berührt. Baron Henry und Diebe haben bestimmt auch schon das Schwert versucht zu berühren, aber sie sind gescheitert. Shanks, alle die dir treu sind, dürfen es berühren. Diese Königsfamilie ist vorlanger Zeit durch die Gier der Menschen untergetaucht. Mein Vater und ich glaube auch Baron Henry sind Nachkommen von diesem Volk. Ich weiß etwas über den Verbleib der Königsfamilie. Hast du Tanten oder Onkels?”

“Nein, aber sag mir etwas über diese Königsfamilie.”

“Du bist neugierig. Das gefällt mir. Diese Familie hat etwas auffälliges und zwar sind sie rothaarig, unbeugsam. Der Familienname muß das Kind, egal ob Junge oder Mädchen, an deren Kindern weitergeben.”

“Wie heißt der Familienname der Königsfamilie?”, drängelte Shanks.

“Shoned! Der Name bedeutet Diamant. Wenn du keine lebenden Verwandten mehr hast, bist du der Letzte der Königsfamilie, denn du trägst den Namen Shoned.”

Der Letzte seiner Familie, das machte ihn noch trauriger, als er jetzt schon war. Ruffy erkannte, daß er in seinen jungen Jahren schon einiges durchgemacht haben muß. Shanks war ein Pechvogel. Er hatte bis jetzt nur wenig Glück gehabt. Die Bewohner seiner Stadt schätzten ihn nicht sehr und behandelten ihn wie einen Aussätzigen. Baron Henry hatte ihm nur etwas geholfen. Seine Tochter hatte ihn als Menschen akzeptiert. Sie hatte ihm gezeigt, das er auch fähig war zu lieben.

Der Kapitän lächelte.

“Willkommen auf meinem Schiff! Sobald du wieder richtig gesund bist, wirst du unser neuer Navigator!”, rief er feierlich.

Shanks zeigte endlich, daß er sich auch mal richtig freuen kann. Er umarmte Ruffy und bedankte sich mehrmals bei ihm. Endlich, dachte er, ist das Glück mal auf meiner Seite.

Der Pirat

Ruffy hatte sich in Shanks nicht getäuscht. Er war ein guter Navigator und fing an Shanks wie seinen eigenen Sohn zu lieben. Vier Monate waren bereits vergangen. Die Saint Hawk ankerte in Kopenhagen. Alle gingen von Bord. Sie wollten alles etwas besorgen, was sie für ihre weitere Reise brauchten. Shanks wollte die Saint Hawk bewachen.

“Sam bewach das Schiff. Du kommst mit mir.”, befahl Ruffy.

“Warum?”, fragte Shanks bestürzt.

“Du brauchst dringend neue Kleider!”, erklärte Ruffy.

Er kannte die zurückhaltende und schüchterne Art von Shanks inzwischen. Drakon fragte sich, ob er wirklich ein Shoned ist. Dieses Temperament bzw. das Ungestüme fehlte Shanks gänzlich. Er war ein Mann, der gehorcht.

“Trotzdem muß er seine Freiheit lieben, sonst wäre er nicht geflüchtet.”, dachte er zu sich.
 

Ruffy führte ihn zu einer befreundeten Schneiderin. Sie hieß Asta. Asta war fünf Jahre älter als Shanks. Sie war einen Kopf kleiner als Shanks und hatte braune Haare. Asta war schön.

“Hallo Asta. Ich möchte für den jungen Mann neue Kleidung haben.”

Shanks versteckte sich hinter Drakon. Drakon zeigte mit den Finger auf dem Jungen.

“Oh! Das ist ja ein Traum von einem Mann. Du hast recht! Er brauch wirklich neue Kleider. Wieviel hast du dabei?”

“Er hat kein Geld! Ich kaufe ihm die Kleidung.”

“Verstehe! Ziehst du mal dein Hemd aus? Ich muß wissen wie groß dein Hemd werden soll.” Shanks zog sein Hemd aus und gab es Asta. Asta ziehte nur leicht und es bekam Risse.

“Ganz schön marode!”, stellte sie fest, “Das habe ich mir gedacht.”

Sie nahm ein Maßband und maß Shanks’ Oberkörper ab. Asta war über den hageren jungen Mann erstaunt.

“Wann ist er zu euch gekommen?”

“Vor vier Monaten.”

“Ihr habt ihn sicher nur wenig zu Essen gegeben.”

Shanks blickte Asta verblüfft an.

“Nein, er ißt normal. Am ersten Tag hat er für fünf Männer gegessen. Er hat ungefähr fünfzehn Kilo zugenommen. Als er zu uns kam, war er noch magerer. Außerdem ist er größer als ich. Ich bin sicher, daß er noch etwas größer wird.”

“Oh! Na gut. Ich habe seine Größe zufällig da.”

Sie ging hinter den Tresen zum Schrank. Dann holte sie einige Hemden hervor und legte sie auf den Tresen.

“Such dir zwei Hemden aus. Die Farbe ist egal.”

Er schwieg.

“Shanks, ich kann dir nicht alle Entscheidungen abnehmen. Diese ist deine Entscheidung.”

“Zwei Weiße!”, meinte Shanks zaghaft.

“Nicht gerade wählerisch.”, meinte Asta lächelnd.

Bis auf die zwei weißen Hemden legte Asta die Hemden zurück. Dann nahm sie ihr Maßband zur Hand.

“Drakon, paß auf, daß keine Frau zufällig in mein Geschäft kommt.”

Er nickte.

“Wie heißt du?”

“Shanks Shoned.”

“Shanks ziehe bitte deine Hose aus und halt dir das Handtuch davor. Ich hoffe, du weißt was ich meine.”

Er nickte und zog sich weiter aus. Nackt mit einem Handtuch in den Händen stand er in dem Laden. Asta wurde ganz rot. Shanks ging es nicht viel anders, aber er ließ alles übers ergehen. Sie meßte ihn weiter ab.

“Toll! Er hat die besten Maße überhaupt! Wie alt ist er ?”

“Siebzehn!”

Sie hob verwundert die Brauen.

“Noch so jung?”

Dann ging sie zu einem weiteren Schrank und holte einige Hosen heraus.

“Welche Farbe?”

“Die selbe Farbe, wie ich an hatte.”

Asta lächelte.

Drakon bezahlte. Shanks zog seine neuen Kleider an. Er war froh nicht mehr nackt zu sein. Dann verabschiedeten sie sich von Asta. Beide gingen weiter ins Zentrum.

“Wo gehen wir jetzt hin?”, wollte der junge Mann wissen.

“In einen Schuhladen.”
 

Dort angekommen, blickte Shanks auf den Namen des Ladens. Er hieß Golden. Beide gingen in den Laden.

“Drakon! Dich habe ich seit zwanzig Jahren nicht mehr gesehen.”, jubelte eine ältere Frau am Tresen.

Sie hatte große Ähnlichkeit mit Shanks’ Käpitän.

“Wer ist der junge Mann?”

“Das ist Shanks Shoned. Shanks, daß ist meine jüngere Schwester Katharina.”

“Wie alt ist er?”

“Siebzehn.”

“Was? Seine Eltern werden sich sorgen machen.”

“Katharina! Er ist Waise. Shanks hat seine Eltern vor neun Jahren verloren.”

“Vor neun Jahren? Das ist ja ein ganz komischer Zufall. Julia und dein achtjähriger Sohn sind doch im gleichem Jahr gestorben. Wo hast du ihn aufgegabelt?”

“In Eastbourne.”

“Da wohnt doch die Cousine deiner Frau.”

“Ja! Aber sie ist Tod.”

Drakon senkte den Kopf. Er wich den Blick von Katharina und Shanks aus. Shanks verstand nicht um was es ging.

“Er ist die Klippe heruntergesprungen. Der junge Mann hatte sich in die Tochter des Barons von Eastbourne verliebt. Es ist vor vier Monaten passiert.”

Katharina blickte Shanks sanft an.

“Mh! Er macht einen geknickten Eindruck. Man hat ihn sicherlich eingeschüchert. Mein Schwiegervater hat mir eine Geschichte von Julias Tante erzählt. Sie hatte sich in Korbinian Shoned verliebt hatte. Korbinian war ein Rebell. Er war schön und ein sympathischer Mann. Mit dreißig Jahren heiratete er sie. Zwei Jahre später wurde seine Tochter geboren. Die Tochter war genauso lebhaft wie ihr Vater. Sie hieß Lucy Shoned. Korbinian wurde, vor zwanzig Jahren, vom Earl von Hasting gehängt, nur weil er mehr Gerechtigkeit wollte. Damals war James noch ein gutaussehender Mann. Heute ist er ein Fettkloß. Korbinians Tochter war drei Jahre zuvor mit ihrer Mutter nach Eastbourne gezogen. Korbinian hatte seiner Tochter das heilige Schwert gegeben. Hach, daß hätte ich gerne mal gesehen. Ich glaube, sie hat vor neunzehn Jahren einen Fischer geheiratet. Nach meinen Infromationen hat sie ein Kind bekommen. Leider weiß ich nicht mehr. Oh! Ich bin vom Thema abgekommen. Ich wollte damit nur an deuten, daß alle Shoneds, von denen ich gehört habe, sehr lebhaft und tempermentvoll waren. Aber er hier macht nicht den Eindruck als wäre so ungestüm.”

“Wer ist Lucy Shoned?”

Katharina blickte Shanks an.

“Das ist ihr richtiger Name. In Eastbourne wurde sie nur die Rebellin genannt. Wieso?”

“Sie ist meine Mutter. In ganz Eastbourne gibt es nur eine Familie Shoned und das war meine Familie. Das Schwert hier kann es bezeugen.”

Er zeigte Katharina sein Schwert. Sie machte große Augen.

“Darf ich das Schwert berühren?”

Shanks nickte. Er wußte aber nicht, ob das Schwert ihr einen Stromschlag verpassen würde. Sie schnappte sich das Schwert und betrachtetes es näher.

“Ja, daß ist das heilige Schwert. Es kann nicht jeder anfassen. Davon hat mein Schwiegervater gesprochen. Es gibt da noch etwas, eine Händlerin aus Eastbourne hat mir eine ungewöhnliche Geschichte erzählt, aber ich glaube ihr seid nicht wegen der Geschichte hier.”

“Ja! Ich brauche ein paar Winterschuhe und zwei paar Schuhe für jede Jahreszeit. Ein paar Winterschuhe hat er und die halten noch einige Winter durch. Aber die anderen Schuhe müssen erneuert werden. Sie sind abgetragen.”

“Wo hast du die Winterschuhe her, wenn Ruffy sagt: ‘Sie halten noch einige Winter durch.’?”

“Von Baron Henry! Er war mir dankbar, das ich vor zwei Jahren seine Tochter gerettet habe.” “Verstehe! Von Baron Henry wird nur gutes Nachgesagt.”

Katharina entging nicht, daß Shanks Tränen im Auge hatte. Dann holte sie Pappe und einen Stifte. So nahm sie Maß von seinen Füßen. Dann machte sie sich sofort an die Arbeit.

“Was macht eigentlich dein Bastard?”, fragte Katharina plötzlich, während sie arbeitete.

Drakon entging es nicht, das Shanks zusammen zuckte.

“Ihm geht es gut. Aber Katharina, sagt nicht Bastard in der Gegenwart von Shanks.”

“Wieso?”

“Man hat ihn viel mit dem Wort beschmipft. Jedesmal wenn er das Wort hört, glaubt er, er wäre gemeint. Du mußt also schon sagen wen du meinst. OK?”

Katharina nickte.

“Sie meint Cody.”, erklärte Drakon.

Shanks nickte erleichert.

“Mh, Shanks könntest du mal kurz vor die Tür gehen? Das brauchtst du nicht mit anzuhören.”, erklärte Katharina sanft.

Shanks nickte und ging vor die Tür.

“OK, Drakon! Irgendetwas stimmt mit ihm nicht. Los sag schon!”

“Was meinst du?”

“Er redet kaum. Shanks macht alles ohne Widerspruch. Seine Haltung ist unterwürfig. Er hat Angst vor Menschen. Und das soll wirklich ein Shoned sein? Du weißt über ihn noch mehr als ich, nicht wahr?”

“Ja. Lucy hat mich zu seinem Paten gemacht.”

“Glaubst du etwa, er kann Kevin ersetzen?”

“Nein, Kevin sieht genauso aus wie Shanks. Ich habe Lucy versprochen mich um den Jungen zu kümmern. Er ist zufällig auf mein Schiff gekommen. Hör mal zu! Shanks ist der Letzte der Shoneds. Cody ist sein letzter Verwandter. Er war in Eastbourne ein Außenseiter und das seit seiner Geburt! Niemand wollte etwas mit ihm zu tun haben. Der Junge wollte freiwillig Pirat werden. Shanks war vor vier Monaten noch verwahrlost. Die Tochter des Barons hat ihn so akzeptiert wie er ist. Sie liebt ihn bestimmt. Henry war stur um zu zugeben, daß er da einen großen Fehler gemacht hat.”

“Wieso?”

“Henry will bestimmt, daß seine Tochter einen Adligen heiratet. Ich kann zwar nichts versprechen, aber Shanks wird bestimmt bald nach Eastbourne zurückfahren wollen und dann geht es diesem Verlobten an den Hals. Noch ist Shanks reserviert, aber in ein paar Jahren wird er ein echter Shoned sein. Er hat Feuer im Blut. Henry hätte sich niemals mit einen Shoned anlegen sollen.”

Dann ging die Tür auf und Sally, eine blonde Schönheit mit blauen Kleid, trat in den Raum. Sie trug eine Mütze. Die Tür knallte heftig zu.

“Hallo Katharina! Oh, dein Bruder läßt sich auch mal blicken. Warum steht vor der Tür ein junger Mann?”

“Das ist Ruffys neuer...”

“Navigator.”, schnitt Ruffy seiner Schwester das Wort ab, “Er ist sehr empfindlich und was wir besprochen haben, brauch nicht zu hören.”

“Wir haben gerade von Eastbourne gesprochen.”

“Ach, vor zwei Wochen war ich gerade da. Baron Henry ist stinkig. Seine Tochter, Jasmin, redet gar nicht mehr mit ihrem Vater. Ich habe ihn gefragt, was los sei und er antwortete nur barsch: ‘Meine Tochter hat sich in einen armen Waisenjungen verliebt. Der Junge hat den niederigsten Rang in der ganzen Stadt. Auch wenn er tot ist, würde es mich freuen, wenn man endlich seine Leiche finden würde. Dann würde meine Tochter von ihrer Hoffnung, das er noch lebt, loskommen. Leider ist das Wasser an der Stelle besonders tief. Solange kann keiner Luft anhalten, um zu tauchen.’ Dann ist noch der hübsche junge Mann verschwunden den ich vor sechs Monaten am Dock gesehen habe. Er saß einsam und verlassen dort. Der Junge angelte an der Stelle.”

Drakon holte Shanks herein.

“Kennst du ihn?”, fragte er sie.

Sally starrte Shanks an. Er war verstört.

“Der junge Mann hier ist vor vier Monaten zu mir gekommen. Er ist aus Eastbourne geflüchtet. Die zwei Narben hier zeugen noch von seiner Flucht.”, erklärte Drakon und blickte zu Shanks.

Sie nahm die Mütze ab.

“Sally Kira?”, durchfuhr es den Rotschopf

“Shanks, bist du das?”

“Ich habe ihn neue Kleider gekauft. Katharina macht ihn jetzt noch ein paar neue Schuhe.”, erklärte Drakon.

“Du bist immer noch so abgemagert wie damals.”

“Nein, er hat ungefähr fünfzehn Kilo zugenommen. Sein Gesicht sieht jetzt viel schöner aus.

“Wirklich? Shanks knöpfe bitte mal dein Hemd auf.”

Er nickte verwirrt. Als Sally seine Brust mit der rechten Hand berühren wollte, wich er zurück.

“Keine Angst! Ich will dir nichts tun.”, beruhigte sie ihn.

Shanks ließ sie diesmal gewähren. Sie fuhr mit ihrer Hand von seiner Brust bis zum Bauchnabel.

“Du hast recht. Er ist dicker geworden.”

“Vor vier Monaten konnte man bei ihm die Rippen zählen.”, erklärte Drakon.

“Sagmal Sally, hast du schlechte Laune?”, fragte Katharina.

“Ja, dieser Bastard von Eric wollte sich an meine Schwester heranmachen. Doch sie hat ihm eine Lektion erteilt.”

“Aha, verstehe!”

“Jasmin tut mir Leid, daß sie ihn heiraten muß.”, seufzte sie.

“Sally! Shanks ist in Jasmin verliebt. Er ist der Grund warum Henry wütend ist.”, erklärte Katharina.

“Was? Er? Das hätte ich nicht gedacht, aber ich weiß, daß sie ein Wildfang ist. Er ist schön. Sie ist schön. Die Beiden wären wirklich ein tolles Paar, wenn Henry es erlauben würde.”

Shanks wurde wütend.

“Hört auf! Hört sofort auf!”, schrie Shanks aggressiv.

Alle drehten sich zu Shanks um. Sein Gesicht war wutverzerrt

“Ihr! Ihr habt keine Ahnung, was ich durchgemacht habe! Niemand nimmt auf meine Gefühle Rücksicht! Ständig will irgendjemand meine Vergangeheit wissen, seit ich zu Drakon gekommen bin! Dabei will ich nur noch vergessen! Laßt mich endlich in Ruhe!”, fuhr Shanks sie weiter an.

Er seufzte. Dann rannte er aus dem Geschäft Richtung Hafen. Alle sahen ihm überrascht nach.

“Er ist ganz schöne empfindlich.”, stellte Katharina fest.

“Wir müssen ihm noch etwas Zeit geben. Sein Selbstvertrauen ist stark angeschlagen. Er ist noch jung. Man sollte es ihm nicht übel nehmen. Ihr beide wartet ihr. Ich hole die Schuhe später ab. Shanks hat jetzt Vorrang.”

Mit diesen Worten rannte er Shanks hinterher.
 

Am äußerten Teil des Hafens setzte sich Shanks auf eine Bank. Er konnte nicht mehr aufhören zu weinen.

“Die haben doch alle keine Ahnung”, murmelte er zu sich.

“Du machst es uns ganz schöne schwer dich zu verstehen!”

Shanks drehte sich um. Es war Ruffy.

“Du warst sieben Jahre lang allein. Ich merkte es deutlich, daß du ein Einzelgänger geworden bist. Du mußt dich daran gewöhnen, daß sich jemand um dich sorgen macht. Ich achte auf deine Gefühle, was glaubst du, warum ich dich heraus geschickt habe? Damit ich Katharina deine ganze Geschichte erzählen kann. Aber dann kam Sally. Es hat sich alles überschlagen!”

Er setzte sich neben Shanks. Dann nahm er ihn in den Arm.

“Ich entschuldige mich für die beiden. Dein Verhalten zeigt deutlich, daß du viele Jahre in Einsamkeit verbracht hast. Ich glaube, ich muß dir etwas sagen.”

“Was?”, rief er mit gerunzelter Stirn

“Du hast sicher mitbekommen, daß Cody der letzte Verwandte ist, den du hast.”

Shanks blickte Ruffy verschwommen an. Dann umarmte Shanks Ruffy zurück.

“Shanks, wenn du dich beruhigt hast, geh zurück aufs Schiff. Es ist für dich erstemal das Beste.”

“Ruffy?”

“Was ist?”

“Danke!”

“Habe ich doch gern gemacht.”

Ruffy ließ Shanks allein.
 

Er kehrte zu Katharina zurück. Beide waren etwas verwirrt.

“Sind die Schuhe fertig?”

Katharina nickte.

Sie fragte sich, ob er Shanks gefunden hatte.

“Ich habe ihn aufs Schiff geschickt.”

“Er ist ein Einzelgänger, nicht wahr?”

“Ja, leider. Die Shoneds sind eigentlich geselliger, aber bei ihm ist es eine Ausnahme. Ich bin sicher. Er wird sich ändern und dann sieht man ihn ganz anders!”

Er verabschiedete sich von seiner Schwester und Sally.

Als Ruffy zurück kam, stand Shanks auf Deck und lehnte sich über die Reling. Er lächelte zu ihm. Kurze Zeit später lichteten sie den Anker.
 

Einen Tag später stand Shanks auf der Reling. Er wollte über Bord springen. Cody sah es und rannte zu Ruffy.

“Vater! Komm schnell! Er will über Bord springen!”

“Was!”

Drakon rannte an Deck und sah das Spektakel.

“Nein! Shanks!”

Er eilte zur Rettung. Ruffy ergriff Shanks’ Handgelenk, bevor er seinen Selbstmordversuch durchführen konnte.

“Nein! Laß mich! Ich will nicht mehr! Bitte! Laß mich sterben!”, fuhr Shanks ihn wütend an.

Dann verpaßte er Shanks zum ersten Mal eine Ohrfeige. Selbst Cody hätte es Ruffy niemals zugetraut. Shanks’ Wange glühte.

“Warum hast du das getan?”

Shanks blickte zornig in Ruffys Gesicht und war überrascht. Er hatte Tränen in den Augen.

“Solange du hier bist, werde ich verhindern das du dich in Tod stürzt! Ich werde es nicht zulassen! Hast du kapiert!”

Shanks fing an zu weinen. Er senkte den Kopf.

“Warum soll ich noch leben? Es gibt keinen Grund für mich weiterzuleben.”

“Shanks!! Denk mal an Jasmin! Sie hofft vielleicht, das du noch lebst und wenn sie erfährt, das du wirklich Tod bist. Dann folgt sie dir in den Tod. So würdest du niemals dein Ziel erreichen!!”, schrie Ruffy Shanks an.

Dieser rannte enttäuscht die Wanden hoch zum Krähenest. Ruffy seufzte. Dann kam Cody zu ihm. “Und was war jetzt wieder?”

Shanks konnte das Gespräch zufällig mithören.

“Er hat Selbstmordgedanken. Die müssen wir ihm austreiben. Wir müssen ihn so fordern, daß er keine Selbstmordgedanken mehr hat.”

Shanks stöhnte. Er wollte eigentlich gar nicht sterben, aber für ihn war das Leben unerträglich geworden.

“Wieso verhalte ich mich nur so töricht in letzter Zeit?”, fragte er sich.

Als Cody und Ruffy sich in ihre Kajüte zurückzogen, stieg Shanks herunter und lehnte sich an die Bugreling. Er schaute übers Meer. Es war Nacht.

“Oh Jasmin. Du fehlst mir. Denn nur dir gehört mein Herz.”

“Es ist nicht leicht mit dir.”, ertönte plötzlich Ruffys Stimme hinter ihm.

“Was willst du?”, fragte er gleichgültig.

“Ich glaube, ich muß dir etwas sagen. Es fällt mir jetzt schwerer als vor drei Monaten. Also gut, ich sage es dir jetzt einfach frei heraus. Lucy, deine Mutter, hat mich zu deinem Paten gemacht, als du vier Jahre alt warst.”

“Was!”

Shanks drehte sich um.

“Du warst noch zu jung, um dich jetzt daran zu erinnern. Sie hatte mich gebeten, daß ich dich mitnehme. Ich habe ihr gesagt, du bist noch zu jung. Sie hatte gebettelt, aber ich bin hart geblieben. Ich sagte ihr, ich komme in ein paar Jahren hierher und holte ihn ab. Damit hatte sie sich abgefunden.”

“Aber Cody durfte auch hier aufwachsen. Wieso ich nicht? Dann wäre alles anders geworden.”

“Shanks, Cody ist mein Sohn. Seine Familie lebt hier. Würde meine Frau in einer Stadt leben, dann wäre es Cody genauso gegangen. Das deine Familie so früh gestorben ist, konnte ich nicht ahnen. Vor zwei Jahren wollte ich dich zwar abholen, aber wir sind verhindert gewesen. Als wir ankamen, waren zwei Jahre vergangen. Wir ankerten vor Easbourne. Ich habe dich gesucht. Doch du warst nicht da. Als ich geglaubt hatte, daß du Tod bist. Ist ein junger Mann vom Himmel gefallen und das warst du.”

“Ich war da bestimmt bei Jasmin.”

Er nickte.

“Hör zu, wenn du dich nochmal in den Tod stürzen möchtest. Dann mach es besser heimlich klar. Ich glaube, du wirst erste Zeit lieber doch die Saint Hawk bewachen. Ich will, daß du von allein kommst, wenn du die Stadt sehen willst. OK?”

“OK.”

Shanks ging mit Ruffy zusammen ins Bett.
 

Cody wurde sein bester Freund. Drakon hatte gehofft, Shanks würde Jasmin vergessen, aber seine Liebe zu ihr wurde immer stärker mit jedem Jahr was verging. Ruffy unterrichtete ihn im Schwert- und Nahkampf. Shanks vergaß allmählich seine Traurigkeit und wurde glücklich. Es war sicher kein Zufall, daß er Sohn eines Fischers war, hatte Ruffy gemerkt. In jeder freien Minute mußte er an Jasmin denken. Diese Sehnsucht fiel allen Crewmitgliedern auf und hatten dafür Verständnis. Sie fragten ihn aber nicht, wonach er Sehnsucht hatte. Schließlich kannten sie ihn dafür noch nicht lange genug, um ihn zu fragen was ihn bedrückte.

Mit neunzehn Jahren wurde er plötzlich krank. Doch er dachte nicht im Traum daran im Bett zu bleiben. Ihm war schwindelig, eiskalt und fühlte sich schwach. Er hatte Kopf- und Gliederschmerzen. Die ganze Crew bemerkte, daß es ihm nicht gut ging. Shanks sah ungewöhnlich blaß aus. Gegen der Mittagszeit brach er zusammen. Cody fühlte seine Stirn.

“Seine Stirn glüht! Er hat Fieber! Schnell holt Jim!”

Tony, ein neunundzwanzigjähriger Zimmermann, half Cody beim Tragen. Sie legten Shanks auf seine Hängematte. Cody, der Shanks beistand, holte seinen Vater. Dieser kam so schnell wie er konnte in Shanks Kajüte.

“Was ist?”

“Er hat sehr hohes Fieber!”

“Wir müssen versuchen das Fieber zu senken.”

Jim nickte.

“Ich will nicht, daß er in diesem Alter stirbt. Zwei Jahre war er glücklich und der Rest seines Lebens eher unglücklich. Er soll alt werden und nicht schon jung sterben.”

Das Fieber stieg höher. Alle machten sich große Sorgen. Keiner konnte ruhig schlafen. Doch nach drei Tagen sank das Fieber endlich.

Eine Woche später war er wieder gesund. Shanks fing an zu weinen.

“Was hast du?”, wollte Ruffy wissen.

“Bis jetzt hat sich noch niemand so um mich gekümmert, wie ihr. Meine Eltern waren die Einzigen, die mich je so behandelt haben. Ich war immer auf mich allein gestellt. Wäre ich in Eastbourne so schwer krank geworden, dann wäre ich schon längst Tod.”, erklärte er, “Ich wollte schon immer Freunde wie euch haben, aber alle Menschen in Eastbourne haben mich gehaßt! Außer Jasmin, haben mich alle wie eine Mißgeburt behandelt! Sie nannten mich Bastard!”

Alle im Raum waren von seiner Geschichte stark betroffen.

“Aber du bist doch ein gutaussehender junger Mann! Hör zu, Shanks! Niemand hat das Recht, dich einen Bastard zu nennen! Das hast du nicht verdient.”, erklärte Drakon.

Dann umarmte Shanks ihn. Der Käpt’n spürte, wie erleichert er war. So verging die Zeit.
 

Jasmin hatte viele Selbstmordgedanken gehabt, aber die Hoffnung, daß Shanks noch lebte, hielt sie am Leben. Sie vermißte ihn genauso stark, wie Shanks sie vermißte. Ihre Liebe zu ihm nahm einfach nicht ab. Auch sie hatte Sehnsucht. Eines Abends stand Jasmin am Balkon und sah zu dem Vollmond hoch.

“Ich weiß nicht, ob du wirklich tot bist oder ob du noch lebst, aber bitte nehme mich mit in deine Welt. Denn nur dir gehört mein Herz.”

Jasmin bemerkte, der Mond war heute besonders schön.
 

Zur selben Zeit stand Shanks am Bug und betrachtete den selben Vollmond. Er dachte sehnsüchtig an Jasmin. Der junge Mann war verbannt und vertrieben. Shanks war ein Meter achtzig groß. Seine Haare gingen ihm fast bis zum Nacken. Um den Mund hatte er einen Stoppelbart, was seiner Schönheit den letzten Schliff gab. Seine Bauchmuskel waren gutentwickelt, aber trotzdem war er immer noch schmächtig. Von dem armen Waisenjungen war kaum noch etwas zusehen. Eine Narbe an Wange und Hals zeugen noch von seiner Flucht. Shanks war der erste Pirat seiner Familie geworden.

Eines Morgens wollte Shanks seinem Kapitän mit einem Frühstück überraschen. Ruffy hatte heute Geburtstag. Shanks animierte die ganze Crew mitzumachen. Die Mannschaft machte sehr gerne mit. Cody fiel es auf, daß Shanks ganz wie ein Anführer handelte. Er konnte kaum glauben, daß der selbe junge Mann der ein bemitleidender Waisenjunge war, der keine Zukunft hatte. Jetzt war der in Lumpen gekleidete Waisenjunge ein gutaussehender junger Mann geworden. Er war drei Jahre älter als Cody und doch schien es, als wäre er jünger als Cody. Alle deckten den Tisch und stellten das Essen hin, was Sam kochte.

Vom Krach aufgeweckt, stand Ruffy mühselig auf. Er wurde langsam zu alt. Wahrscheinlich mußte er bald sterben. Trotzdem wollte er, bis der Tag kam, stark bleiben. Ein junger Mann hatte ihm das gelehrt und das war kein geringerer als Shanks. Zum ersten Mal seitdem Tod seiner Frau und seines ersten Sohnes, Kevin, vor neunzehn Jahren, dachte er nicht mehr ans sterben. Ihm verband etwas mit Shanks. Julia starb an einer schweren Grippe, die Jim nicht aufhalten konnte. Kevin hatte sich auch mit angesteckt. Es war Ironie des Schicksals, daß er sich nicht angesteckt hatte und jetzt kümmerte er sich um einen heruntergekommenen Waisenjunge, dessen Vater im selben Alter gestorben ist wie seine Frau. Drakon machte die Tür zum Deck auf.

“Überraschung! Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!”, rief die ganze Mannschaft.

Seine ganze Crew strahlte ihn an. Ganz vorne standen Shanks und Cody. Drakon bedankte sich und war glücklich über diese Überraschung.

“Wessen Idee war das?”

“Das war Shanks!”, erklärte Cody und klopfte Shanks freundlich auf die Schulter.

Shanks war verlegen. Er lächelte Drakon an.

“Vielen Dank! Das hätte ich dir gar nicht zugetraut. Also laßt uns anfangen!”, rief Drakon.

Alle setzten sich hin und begannen ihr Frühstück zu verputzen. Der Tisch war schön gedeckt wurden, mit verschiedenen Käse-, Fleisch- und Brotsorten, auch Äpfel und Birnen waren vertreten. Cody saß rechts neben Shanks. Kurz bevor alle fertig waren, stand Ruffy auf.

“Freunde, ich habe euch etwas wichtiges zusagen!”, rief er ernst.

Alle blickten auf ihn.

“Ich bin nun sechzig Jahre alt und werde langsam alt. Irgendwann werde ich nicht mehr da sein und brauche einen Ersatz. Cody hatte ich vor zwölf Jahren dazu bestimmt, mein Nachfolger zuwerden. Aber vor zehn Jahren ist ein Waisenjunge von der Klippe gesprungen und auf unserem Schiff gelandet. Der junge Mann hatte eine sehr schlimme Zeit durchgemacht und war in seiner Heimatstadt ein Außenseiter. Er hatte kein Ziel und keine Zukunft. Im Laufe der Zeit ist mir aufgefallen, das er sehr talentiert ist. Ich hoffe, Cody ist mir nicht böse, wenn ich Shanks zu meinem Nachfolger ernenne.”

Shanks starrte Ruffy verblüfft an und wußte nicht wie er reagieren soll. Schließlich hatte es Shanks nie gelernt, wie man auf sowas reagiert. Er mußte, seit er laufen konnte, seinen Eltern helfen, ohne dafür belohnt zuwerden. Ruffy gab ihn nur ein Lächeln zurück.

“Ich denke, du hast es verdient.”, fügte er hinzu.

“Das hast du gut gemacht!”, sagte Cody und stieß Shanks mit dem Ellenbogen an, “Ich werde dir helfen so gut ich kann.”

“Also ist mir Cody nicht böse.”, dachte Ruffy erleichtert.

Am Abend hatte sich Shanks auf dem Krähennest zurückgezogen. Er dachte an Ruffys Worte.

“Ich, der Nachfolger von Ruffy. Was soll ich nur tun?”, murmelte er zu sich.

Er seufzte. Shanks schaute zu die Sterne hoch. Sein Blick fiel auf das Sternzeichen Orion und dann blickte er zum abnehmenden Mond.

“Jasmin.”, murmelte er seufztens.

Zum Feiern war ihm nach der Bekanntgebung von Drakon nicht mehr zumute. Egal ob er ein fähiger Anführer war oder nicht, er wollte einfach nur vergessen. Jasmin war bestimmt schon mit Eric Zwangsverheiratet worden. Sie hatte bestimmt schon zwei Kinder von ihm. Er stöhnte. Es kam ihm vor, als wären schon dreißig Jahren vergangen. Er hatte Zweifel, ob er überhaupt ein guter Anführer wäre. Shanks hatte noch niemanden angeführt. Der Gedanke, daß Ruffy einmal stirbt, war einfach grauenhaft. Immer verließen ihn die Leute, die ihm am meisten bedeuteten. Seine Stimmung wurde mit jeder Überlegungen noch depressiver und er fing an zu weinen. Shanks beweinte sein eigenes Los. Er war ein Verbannter seiner Heimatstadt, die ihn als Außenseiter abstempelten. Den Grund warum, wußte er nicht. Ruffy hatte ihn vom Deck aus beobachtet und wußte, das konnte so nicht weitergehen. Shanks war völlig mutlos und machte sich mit seinen ganzen Gefühlen sein Leben kaputt.

Der Entschluß

Am nächsten Abend, nach Sonnenuntergang, fand Ruffy Shanks am Bug stehend.

“Jasmin!”, seufzte er leise.

“Du liebst sie immer noch nicht war?”

Shanks zuckte zusammen und drehte sich um. Ruffy las die Antwort in Shanks’ Augen.

“Also doch! Jetzt hör mal dem altem Ruffy zu. Es tut dir nicht gut, nur deine Trauer im Kopf zu haben. Ich habe meine Frau im selben Jahr verloren wie du deine Eltern. Damals habe ich genauso gelitten wie du. Ich liebe sie heute immer noch. Sie ist mit dreißig Jahren gestorben. Du mußt versuchen deine Gefühle zubeherrschen. Zur Zeit beherrschen sie dich. Es wird Zeit, daß du etwas tust, sonst ziehst du dich irgendwann noch weiter zurück und dann kann dir keiner mehr helfen. Bitte tu mir den Gefallen!”

Shanks senkte den Kopf.

“Es tut mir Leid!”, meinte er gedämpft.

Drakon fing an zulächeln.

“Aber ich glaube, ich weiß eine Möglichkeit dich auf andere Gedanken zubringen. Wir fahren morgen dort hin, wo wir dich gefunden haben und bringen dich zu deiner Jasmin. Es wird allerdings noch vier Monate dauern. Kannst du so lange noch durchhalten?”

Shanks starrte ihn verwirrt an. Er atmete tief ein und nickte zustimmend zu. Shanks schöpfte nun neue Hoffnung. Endlich würde er Jasmin heiraten können.

“Ich danke dir.”

Shanks umarmte ihn. Ruffy erwiderte seine Umarmung. Cody stand etwas abseits. Ihm machte diese Szene glücklich. Für Cody war Shanks wie ein großer Bruder geworden.
 

Zwei Monate später wurde Ruffy krank. Er lag im Sterben. Shanks stand am Bug und ging seiner Sehnsucht nach, als Cody ihn aus seinen Träumen riß.

“Shanks! Mein Vater will dich sehen.”

“Wieso? Wird er etwa...”

Cody nickte. Shanks schnürte es die Kehle zu. Er ging zu Ruffys Bett und setzte sich auf den Bettrand. Cody stand hinter ihm.

“Shanks, ab heute bist du der Kapitän.”

“Nein, du bist der Käpt’n. Ich war noch nie ein Anführer. Ich... ähh ich weiß nicht, was ich da tun soll!”

“Shanks, Cody kann dir helfen. Deine Familie sind gute Anführer. Das steckt in deinem Blut, mein Junge. Ich habe es in dir erkannt. Du hast meine Mannschaft besser unter Kontrolle, als Cody. Du bist ein fähiger Anführer zusein. Ich habe in dir etwas gesehen, was niemand anders hier besitzt. Die Zeit ist gekommen, wo ich euch verlasse. Ich liebe dich, als wärst du mein eigener Sohn.”

Er legte seine rechte Hand auf Shanks’ linke Wange und streichelte sie. Shanks legte seine linke Hand auf Ruffys Hand, die seine Wange streichelte.

“Ich will nicht, daß du stirbst. Ruffy!”

Shanks fing an zu weinen.

“Du darfst mich nicht allein lassen. Ich habe schon meine geliebten Eltern verloren. Dann auch noch meine erste große Liebe. Nein, bitte sterbe nicht!”

“Es tut mir Leid, Shanks. Ich liebe dich!”, waren seine letzten Worte.

Seine Hand ließ Shanks’ Hand und Wange los und sank auf das Bett. Er war tot. Shanks war geschockt, betäubt und traurig. Er konnte nicht mehr aufhören zu weinen.

“Nein, Ruffy! Du kannst mich doch nicht alleine lassen. Nein! Nein! Nein!”, schluchzte er.

Cody nahm es genauso mit, aber er merkte das Shanks noch schlimmer dran war. Shanks hatte ihn wie einen Vater geliebt. Er legte seine Hand auf Shanks’ Schulter.

“Mein Vater war ein großartiger Mann, bis zum Schluß war er stark gewesen. Er möchte, daß wir ihn auf dem Meer beerdigen. Der Ozean soll sein Grab werden. Es ist sein größter Wunsch.”

Verheult starrte Shanks Cody an.

Am Abend des Tages wollte Shanks nur noch seine Ruhe haben. Er mußte nachdenken. Der Tod hatte ihn bis jetzt immer begleitet. Dann atmetet er tief durch und erkannte, daß er sich töricht benahm. Ruffy war ein alter Mann. Seine Eltern dagegen waren jung als sie starben. Es war ein großer Unterschied. Sein Blick fiel auf das Meer, wo sich der Vollmond spiegelte.

Am nächsten Tag wurde Ruffy die letzte Ehre erwiesen. Sein Wunsch wurde erfüllt und versank in die tiefen des Meers.

“Er war ein großartiger Mann und Pirat. Ruffy hat viel für uns und dem Volk der Welt getan. Seine Ziele waren auch unsere Ziele. Wir werden ihn nie vergessen. Er hat sogar einen zukunftslosen Waisenjungen eine Zukunft gegeben. Ich hoffe, du ruhst in Frieden.”, sagte Cody als Trauerrede.

Danach warfen alle weiße Rosen ins Wasser, als Zeichen der Verehrung. Hoffnungsvoll blickte sie auf Shanks. Dieser starrte sie alle benommen an. Ein Lächeln umspielte seine Lippen.

“Ich werde Ruffy vertreten und ihm zeigen, daß er sich in mir nicht getäuscht hat. Aber zuerst muß ich meine Gefühle ins Reine bringen. Ich will dorthin, wo ihr mich gefunden habt. Nach Eastbourne und mit meiner Vergangenheit abschließen.”

“Ich dachte schon, du würdest es nie Sagen. Wir werden dir diesen Gefallen tun, Käpt’n. Du machst uns sonst noch verrückt mit deiner Sehnsucht nach Jasmin.”, antwortete Cody.

Shanks lächelte.

“Also los, ihr habt den Käpt’n gehört! Auf nach Eastbourne!”, schrie Jim.

Die Crew jubelte und bejahte die Frage. Sie wollten alle, daß Shanks endlich glücklich wird.
 

Einen Tag später hörte Eric vom Tod von Ruffy. Er war wütend, daß er ihn nicht gefaßt hatte. Eric war in der Burg von Jasmin eingezogen und war mit ihr verlobt.

Die Eindringlinge

Jasmin war zu einer wunderschönen Frau geworden. Sie hatte eine rosa Schleife in ihren langen Haar zum Pferdeschwanz gebunden und ein passendes Kleid. Jeden Abend stand sie auf dem Balkon.

“Shanks, wo bist du nur oder bist du wirklich schon Tod? Ich liebe dich, denn nur dir gehört mein Herz.”, murmelte sie sehnsüchtig.

“Mylady hör auf, an den Waisenbastard zu denken. Der ist doch schon tot. Die Klippen sind an der Stelle am höchsten.”, meinte Eric.

Eric war schwarzhaarig mit Schnurrbart und hatte fast Schulter langes Haar mit Pony. Er war gutaussehend und schneidig. Eric war zweiunddreißig Jahre alt.

Sein ältesterer Bruder Jim hatte James’ Erbe angetreten. Er war der Earl von Hastings. Jim war einmetersiebenundsechzig groß und fünf Zentimeter kleiner als Eric. Er hatte mit Lydia zusammen zwölf Kinder. Lydia und Jim waren in den letzten fünfzehn Jahren dicker geworden. Fünf Kilo pro Jahr hatten beide zugelegt. Lydia war genauso groß wie Jim. Eric wußte, wenn er Jasmin heiratet, würde er bald genauso fett werden wie Jim. Es lag einfach in seiner Familie.

“Du solltest lieber mal die Steuern der Bewohner senken!”

“Na gut, aber ich will, daß wir endlich heiraten!”

“Du wirst niemals mein Herz gewinnen, sondern nur meinen Körper. Ich hoffe, es ist dir klar!”

“Du weißt, daß unsere Familien uns gezwungen haben. Dich wollte ich eigentlich auch gar nicht. Doch jetzt liebe ich dich und du liebst einen Toten!”

Jasmin wandte sich von ihm ab und ging zum Balkon.

“Wir sehen uns beim Abendessen.”, rief Eric, verbeugte sich vor Jasmin und ging.

Warum nur, war alles so schwer. Sie hatte gedacht, daß Eric nachdem Tod seines Vater endlich seine Geliebte heiratet, aber im Gegenteil Eric hatte sich in Jasmin verliebt. Wenigsten war er schön, auch wenn Eric mit Shanks’ Schönheit überhaupt nicht zu vergleichen war. Ihr Vater starb vor zwei Jahren an Herzversagen. Sie zog sich für das Abendessen um und machte sich auf den Weg.
 

Währenddessen war Shanks mit seiner Crew in der Nähe von Eastbourne angekommen. An einer günstigen Stelle ankerten sie und gingen an Land.

“Ihr wartet hier. Ich gehe allein hoch und hole Jasmin daraus.”, erklärte Shanks.

“Nein, ich komme mit dir. Ich bin doch dein Freund.”

“OK, Cody! Die anderen bleiben aber hier. Wenn wir alle gehen, würden wir zuviel aufsehen erregen!”

Schon rannten sie los. An seinem Haus blieb er stehen. In ihm keimten alte Erinnerungen auf, die er schon längst vergessen hatte. Beim Haus war das Dach eingefallen und es war baufälliger geworden.

“Das war mein Haus. Jetzt sieht es etwas schlimmer aus als vorher.”

Cody wurde nachdenklich. Shanks hatte in so einem Haus, sein Leben verbracht, das konnte er sich schlecht vorstellen.

“Ich hatte jeden Tag Angst, das mir die Decke herunterfällt und jetzt ist sie tatsächlich eingefallen.”

Es hatte sich in den zehn Jahren in der Stadt viel getan. Sogar die Bewohner der Stadt, die Shanks sahen, erkannten ihn nicht mehr. Viele bewunderten die Schönheit des jungen Mannes.

Jasmin wurde im Speisesaal begrüßt. Überall bekam sie komblimente über ihre Schönheit. Sie setzte sich nur widerwillig neben Eric.

Shanks und Cody waren nun fast am Ziel. Um die Burg war eine Mauer errichtet worden. Es wurde ein zehn Meter tiefer Graben gesetzt geworden. Im Graben war Wasser das weitere fünf Meter tief war. Die Festungsbrücke war noch nicht hochgezogen. Zwei Wachen bewachten den Eingang. Auch oben liefen welche herum.

“Wir müssen die beiden schnell und vorallem leise besiegen.”

Cody nickte. Beide rannten aus ihrem Versteck und besiegten sie gleichzeitig, aber man hatte sie gehört. Nun kamen weitere Wachen dazu. Shanks hatte eigentlich vorgehabt zum Geheimgang zu gehen, aber der Graben und die Mauer kreuzten seine Pläne. Auch die Hängebrücke war neu. Shanks und Cody wehrten sich nach Leibeskräften, aber die Soldaten wurden immer mehr.

Man berichtete Eric und Jasmin von den beiden.

“Was? Eindringlinge? Die sind bestimmt hinter meinem Schatz her. Bringt sie mir her, aber lebendig!”, befahl Eric.

Jasmin war erstaunt. Was wollten die bloß hier?
 

Währenddessen hatten Cody und Shanks alle Hände voll zutun. Es wurden immer mehr Soldaten. Shanks wurde am linken Auge verletzt und brachte diese Soldaten um. Beide hatten ihre liebe Not. Als Shanks einmal nicht aufpaßte, durchtrennte ein Schwert seinen linken Arm. Als Shanks es bemerkte, schmiß der Soldat gerade den Arm in den Graben. Vor Wut kämpfte Shanks noch verbissener, aber es nützte nichts. Sie saßen in der Falle. Den Soldaten gelang es, die beiden gefangen zu nehmen. Blut strömte aus den Wunden. Der Hofarzt verband Shanks’ Arm notdürftig und wollte ihn später dann ordentlich verbinden. Shanks mußte sein linkes Auge geschlossen halten. Sein Augapfel war zum Glück heil geblieben. Sie legten ihnen Handfesseln an und führten sie in den Speisesaal. Shanks’ Schwert steckte im Erdboden. Einer der Soldaten wollte Shanks’ Schwert mit zu Eric nehmen, aber der Soldat bekam einen Stromschlag. So ließen sie es einfach im Hof stecken.

“Das Schwert muß verzaubert sein.”, meinte dieser zu seinem Freund.

Er nickte nur.
 

“Lord Eric. Mylady. Wir haben sie.”

“Wunderbar! Ihr habt sie doch nicht etwa getötet oder?”

“Nein, aber wir mußten den Rothaarigen leider verletzten, denn sie haben sich ganz schön gewehrt. Sein Schwert mußten wir im Hof lassen, weil es verhext ist.”

“Gut, dann bringt sie rein!”, befahl Eric.

Die Soldaten holten die Gefangenen sofort rein. Beide blicken düster drein. Shanks ging rechts und Cody links von Shanks’ Sicht aus. Shanks’ Kleidung war blutgetränkt.

“Sie sind bestimmt nicht viel älter als ich!”, dachte Jasmin.

Man stieß sie vor dem Tisch von Eric und Jasmin auf die Knie. Beide blickten zum Tisch hoch. Sie blicken Eric und Jasmin ins Gesicht. Shanks erkannte sie sofort, auch mit einem Auge.
 

In einer dunklen Ecke stand der Anführer, der Shanks vor Jahren gejagt hatte.

“Alex, ich kann mir nicht helfen, aber der Verwundete sieht wie Shanks aus. Sie siehst du die Narbe an der Wange und am Hals?”, rief er zu seinem Freund.

Er nickte.

“Ich habe ihn damals an der gleichen Stelle verletzt.”, erklärte er seinem Adjutanten.

“Meister Andrew, du siehst Gespenster. Shanks ist vor zehn Jahren ertrunken. Wir haben doch gesehen, wie er gesprungen ist.”

“Ja, aber es war nebelig und dunkel. Es könnte doch sein, daß er durch unglückliche Umstände doch überlebt hat. Seine Leiche wurde nie gefunden.”

Alex wurde nachdenklich.
 

“Ah, Cody Drakon Gol, der Sohn von Ruffy Drakon Gol, nicht wahr und sein Freund. Dich kenne ich nicht. Du mußt neu sein. Seit wann gehörst du dazu?”

“Seit zehn Jahren.”

“Wie heißt du?”

Er schwieg, er hatte Angst, wenn sein Name fällt, würden sie ihn sofort töten.

“Darüber schweigst du! Dein Name ist wohl zu bekannt, was? Na gut, sollen wir dich jetzt schon umbringen? Los sag ihn!”

“Laß ihn doch, wenn er es nicht will.”, schaltete sich Jasmin ein.

“Ach, halt die Klappe! Du blöde Kuh!”

Wäre Shanks nicht gefesselt gewesen, dann wäre er auf Eric los gegangen. Schließlich senkte er den Kopf, um nicht in Jasmins Gesicht zu blicken.

“Shanks.”, rief er zaghaft.

“Was hast du gesagt?”, wollte Eric wissen.

“Mein Name ist Shanks.”

Er hoffte, das sie ihn ohne seinen ganzen Namen in Ruhe ließen.
 

Andrew wurde hellhörig.

“Der junge Mann heißt also Shanks.”, flüsterte Alex seinem Anführer zu.

“Also ist er es doch. Hm, der wird sowieso gehängt! Deswegen sollten wir uns keine Gedanken mehr machen!”
 

“Der Käpt’n soll jetzt aufstehen.”, befahl Eric.

Shanks erhob sich nur mühselig und starrte Eric böse an.

“Das hätte ich nicht gedacht. Beantworte mir eine Frage. Was wollt ihr hier?”

“Ich will den wertvollsten Schatz in dieser Stadt!”

“Also seid ihr doch hinter meinem Gold her!”, spottete Eric, “Aber ihr werdet in zwei Tagen hängen. Danach werde ich Jasmin endlich heiraten.”

Plötzlich stellte sich Jasmin zwischen Eric und Shanks.

“Nein, ich werde es nicht zulassen. Gebt ihnen doch etwas Gold. Diese Piraten sind Wohltäter der Armen. Ich glaube, er wird seinem Vorgänger alles nachmachen!”, schrie sie, “Ich bin mir sicher!”

Sie drehte sich zu Shanks um und blickte in sein blutverschmiertes Gesicht. Irgendetwas vertrautes war an ihm. Sie konnte sich nicht erinnern, was es war.

Eric wurde ungeduldig.

“Jasmin! Es reicht jetzt! Deine Liebe ist schon vor Jahren gestorben. Er wird kaum ein Pirat sein klar! Find dich endlich damit ab und hör auf solche Leute zu verteidigen! Du kennst sie doch gar nicht!”, schimpfte Eric, “Los führt sie ab!”

Jasmin stöhnte leise und war verwirrt. Sie blickte Shanks nach bis er verschwand. Wer war der Mann? Ob es ein Zufall war, daß auch er Shanks hieß? Oder warum trug er eine blaue Scheide bei sich. Nachdem Abendessen ging sie in ihr Zimmer zum Balkon und starrte auf den Sternenhimmel. Dieser Fremde Rothaarige hatte eine Art Anmut und Anziehungskraft auf sie gehabt. Enttäuscht über ihren Mißerfolg fing sie an zu weinen.

“Ach Shanks! Ich vermisse dich!”, flüsterte sie zum Sternenhimmel.

Das Abkommen

Beide wurden eingesperrt. Der Hofarzt hatte Shanks nun richtig verbunden und seine Wunden gesäubert. Er konnte wieder mit beiden Augen sehen. Cody lief im Kerker hin und her. Shanks saß traurig in seiner Ecke auf dem Bett. Er glaubte, das Jasmin wieder jemanden anderen liebte und ihn verloren hatte.

“Shanks, wie kommen wir hier raus?”

“Keine Ahnung, laß mich einfach in Ruhe.”

Cody wußte, er war mit seinen Gefühlen immer noch nicht im Reinen. Er hatte gegenüber von Shanks nur ein paar Schrammen und Kratzer abkommen. Ihm tat es in der Seele weh, ihn so zu sehen.

“Es tut mir Leid!”, seufze Cody.
 

In der Zwischenzeit ging Jasmin in ihrem Zimmer auf und ab. Ihr ging der rothaarige Pirat einfach nicht mehr aus dem Kopf. Es war wie damals bei Shanks. Dieser Mann hieß auch Shanks. Plötzlich klopfte es an der Tür.

“Ja!”

Es war Eric.

“Warum hast du sie nicht einfach freigelassen und ihnen etwas Gold gegeben?”

“Wir müssen uns an die Gesetze halten. Piraten müssen gehängt werden. Vergeßt sie am besten.”

Er verbeugte sich.

“Gute Nacht, Mylady.”

Dann ging er. Jasmin überlegte hin und her. Dann zog sie ihren Umhang mit Kapuze an und ging aus ihrem Zimmer. Sie hoffte, das niemand sie sah.

Im Kerker ging sie zu den Wächtern.

“Ich möchte mit den Gefangenen unter vier Augen reden.”

“Na gut, aber beeil dich.”

Die Wächter gingen außerhalb der Hörweite. Sie trat zum Kerker hin und machte sich bemerkbar. Sie nahm die Schlüssel und schloß die Tür auf.

“Mylady, was wollen Sie hier?”, wollte Cody wissen.

“Ich will mit euch reden und ich hoffe ihr könnt mich verstehen. Bitte kein Sie, ich habe es so satt.”

Cody nickte.

“Shanks, ich hoffe du hörst auch mit.”

“Ist er immer so?”

“Nein, aber keine Angst, er beißt nicht.”

Shanks saß immer noch traurig auf dem Bett und blickte kurz auf.

“OK, ich werde euch morgen um die selbe Zeit hier herausholen. Ich kenne die Burg sehr gut. Dann müßt ihr mir einen Gefallen tun. Nehmt mich bitte mit.”

“Warum sollen wir dich mitnehmen?”

“Ich will Eric nicht heiraten. Mein Lebenlang wollte ich nur mit einer Person glücklich sein. Aber mein Vater hat ihn in den Tod getrieben. Vielleicht finde ich mal jemanden wie ihn. Darum bitte ich euch nehmt mich mit!”

Jasmin sah Cody flehend an. Er senkte den Kopf.

“Es tut mir Leid, aber das habe ich nicht zu entscheiden. Käpt’n, das ist deine Entscheidung.”

Er blickte Shanks hoffnungsvoll an. Dieser starrte Cody verwirrt an. Dann stand er mühselig auf und ging zu Jasmin.

“Also, was ist? Darf ich mit?”, meinte Jasmin, als sie ängstlich in sein ernstes und düsteres Gesicht sah.

Ihr fielen seine wunderschönen Augen.

Er atmetet tief ein.

“Na schön, aber nur wenn du uns die Wahrheit gesagt hast! Ich bin nicht in Stimmung um jemanden etwas zu versprechen, der uns dann verrät!”

Sie spürte, das er es spontan gesagt hatte. Irgendetwas kam ihr an ihm bekannt vor, aber sie konnte ihn nicht zuordnen. Shanks streckte ihr die Hand aus. Sie gab ihm ihre Hand.

“Ich verspreche es dir, so war ich hier stehe!”

Nun war es abgemacht.

“Ich hoffe, das nichts schief geht! Heiraten will ich noch nicht, jedenfalls nicht Eric. Es ist egal, daß wir verlobt sind oder nicht. Wegen dieser Sache habe ich schon meine erste große Liebe verloren. Jetzt wird Eric seine Liebe verlieren und das ist mir egal. Ich scheiß auf seine Gefühle! Deswegen kannst du mir vertrauen!”

Sie setzte ihre Kapuze auf und sagte: “Gute Nacht bis morgen Abend.”

Die Wachen nahmen ihre Plätze wieder ein. Sie ahnten nichts von dem Pakt von Jasmin und den Piraten.

Die Hinrichtung

Shanks setzte sich fassungslos wieder auf sein Bett.

“Hast du es gehört. Morgen segeln wir mit Jasmin fort. Das heißt, unsere Aufgabe ist erfüllt.”

“Cody, es kann noch viel schiefen gehen. Sicher wird es noch Hindernisse geben, die wir noch nicht bedacht haben. Verstehst du?”

Cody nickte.

“Dieser Eric ist hinterlistig. Er kennt keine Gnade.”
 

Jasmin war wieder in ihrem Gemach. Niemand hatte sie gesehen. Sie freute sich schon auf Erics Gesicht, wenn sie nicht mehr da war. Sicher hatte sie nie daran gedacht, gemeinsame Sache mit Piraten zu machen. Doch sie wußte, Shanks und Cody waren gute Menschen. Aus irgendwelchen Gründen hatte sie ein Gespür für gute und böse Menschen. Sie hatte mitbekommen wie er sie anstarrte. So als wäre er in sie verliebt. Jasmin ging zum Balkon. Dann klopfte es an der Tür.

“Ja.”

Eric trat ein. Er hatte ein Hochzeitskleid dabei und gab es Jasmin.

“Mylady. Ich habe mich anders entschieden. Die Piraten werden morgen Nachmittag gehenkt. Danach werden wir endlich heiraten. Ist das nicht eine tolle Überraschung.”

Sie war starr vor schreck.

“Eric kannst du nicht erst einmal die Steuern heruntersetzen! Bevor wir das tun?”

“Für dich würde ich alles tun. Ach noch was, du kannst nicht ewig einen Toten lieben, das muß dir bewußt werden! Ich wünsche dir eine Gute Nacht!”, sagte er und ging.

Jasmin war wie vor dem Kopf gestoßen.

“Nein! Jetzt kann ich nicht mehr zu den Wachen, die hätten Verdacht geschöpft.”, sagte sie sich.

Eric hat sicher nichts von dem Abkommen gemerkt, sonst hätten sie noch mehr Ärger bekommen. Sie starrte das schöne weiße Kleid an, zerknüllte es und warf es wütend in eine Ecke. Jasmin wußte keinen Rat mehr, um die beiden Piraten vor dem Tode zu bewahren. Wieder einmal hatte sie versagt. Es war wie bei Shanks. Schließlich ging sie ins Bett.

Sie ging Erics Vergangenheit durch und fand nichts, was Shanks’ Leben ähnelte. Eric war der Sohn vom Earl von Eastbourne. Sein fett gewordener Bruder war der Erbe seines Vaters. James und seiner Frau Liz waren beide vor vier Jahren an Herzverfettung gestorben. Frauen waren für diese Familie nur dafür da um Nachwuchs zu zeugen und zu versorgen. Eine Ausnahme bildete Erics Bruder. Jasmin hätte lieber Jim geheiratet als Eric. Jim hatte viel mit Shanks und Henry gemeinsam. Leider war Jim schon verheiratet. Ihr graute es davor so zu enden, wie Jims Mutter. Dann schlief sie ein. Sie träumte einen wunderschönen Traum. Jasmin segelte mit den Piratenkapitän über den Ozean. Shanks war der Vizekapitän und fuhren zu einer Insel wo Einhörner grasten. Ein Klopfen weckte sie.

“Mylady, sie müssen aufwachen. Die Hinrichtung beginnt in einer Stunde. Sie haben das Frühstück und das Mittagessen verpaßt.”, rief Betty durch die Tür.
 

Alle versammelten sich auf den Platz. Eric und Jasmin hatten vom Balkon aus eine gute Sicht. Jasmin hatte Tränen im Gesicht, während Eric zufrieden strahlte.

Shanks und Cody wußten, sie waren verloren. Jasmin hatte keine Chance mehr ihnen zu helfen. Die Soldaten fesselten sie und führten sie zum Hinrichtungsplatz. Eine Holztreppe führte zum Strick. Man legte zuerst Shanks den Strick um.

“Shanks, der Piratenkapitän, und Gol Drakon Cody, sein Vizekäpt’n werden wegen Piraterie zum Tode verurteilt!”, rief der Richter.

Jasmin blickte traurig zu den beiden.

“Jetzt ist alles aus.”, dachte sie traurig.

Shanks blickte hoch zu Jasmin, die Tränen in den Augen hatte. Ihre Blicke trafen sich.

Neben ihr stand Eric.

“War das wirklich mein Ende? Ist jetzt wirklich alles vorbei? Ich will jetzt noch nicht sterben. Jetzt erst recht nicht!”, dachte Shanks bedrückt.

Er hatte Tränen im Auge.

Der Kampf

Als Eric seinen linken Arm um Jasmins Schulter schlang, bekam Shanks einen Wutanfall. Er mußte schnell handeln. Da erblickte er sein Schwert, das immer noch im Boden steckte. Kurz bevor die Falltür aufging und er einen Erstickungstod zur Folge gehabt hätte, schrie er so laut, wie er konnte.

“Neeeiiiinnnn!”

Er riß sich los. Dann holte er sein Schwert, befreite Cody und rannte Richtung Burgeingang. Die Wachen stellten sich ihnen in den Weg. Doch Shanks’ Zorn machte ihn unverwundbar. Sie hatten keine Chance. Cody half Shanks dabei. Jasmin schöpfte neue Hoffnung.

An der Eingangstür rief Cody ihm zu.

“Hör zu, rette Jasmin! Ich sorge dafür, daß dir niemand folgt.”

Shanks nickte und stürmte Richtung Jasmins Zimmer. Jeder der ihm Weg stand, wurde besiegt. Cody ließ nicht locker und hatten die Wachen ihren Meister gefunden. Währenddessen rannte Shanks die Wendeltreppe hoch. Öfterst wurde er von Wachen aufgehalten. Er schlug sie nieder.

“Eric! Ich bringe dich um!”, schwor er sich.

Eric hatte sich und Jasmin in ihren Gemach versteckt. Jasmin wehrte sich kräftig.

“Laß mich los!”, rief sie angewidert

Dieser lachte nur. Shanks hörte Jasmins Rufe. Er ging der Stimme nach, bis er vor Jasmins Gemach stand. Das letzte Mal war er vor zehn Jahren hier gewesen. Es war die Nacht der Trennung. Damals hatte er keine Ahnung was diese Nacht mit sich brachte. Dann schlug er die Tür auf und stürmte ins Zimmer.

“Laß sie los!”, fuhr er ihn an.

Eric grinste nur. Er hielt ihr einen Dolch an die Kehle.

“Keinen Schritt weiter oder sie ist Geschichte! Jetzt weiß ich, was Ihr vor habt. Ihr wollt sie als Geisel haben und Lösegeld erpressen. Genau das werde ich verhindern!”, meinte Eric spöttisch, “Keine Bewegung Pirat oder sie ist Tod!”

“Ihr seid widerwärtig! Eric! Sie ist eure Verlobte.”

In dem Moment trat Jasmin ihm auf den Fuß und biß ihn in die rechte Hand, wo er den Dolch hielt. Dann riß sie sich los und rannte zu Shanks. Eric fluchte leise und kochte vor Wut.

“Du! Du stehst mir im Weg, genau wie der Waisenjunge von damals, der nun Tod ist.”

Eric zückte sein Schwert und griff an. Beide lieferten sich einen erbitterten Kampf.

“Los! Jasmin, geh! Cody wartet an der Eingangstür. Ich halte ihn auf.”, schrie Shanks.

“OK, danke! Viel Glück!”

“Bitte geh endlich!”

Jasmin lächelte, nickte und stürmte hinaus. Sie rannte so schnell sie konnte.

Cody war immer noch am Eingang und bemerkte Jasmin.
 

Währenddessen standen sich Shanks und Eric gegenüber. Eric griff ihn weiter an und Shanks konterte den Angriff. Beide Gegner waren Gleichstark. Shanks’ Hiebe waren heftig. Was Eric überraschte. Die Sonne war untergegangen.

Cody kämpfte sich durch die Wachen. Jasmin half ihm. Sie hatte sich eine Armbrust von einem Besiegten geklaut und schoß auf Codys Gegner.

“Wahnsinn! Nicht schlecht für eine Adlige.”

“Das hat mir meine große Liebe Shanks Shoned beigebracht.”

“Verstehe.”

Cody und Jasmin kämpften hart.
 

“Du bist genauso dumm wie Shanks Shoned! Dem blöden Straßenstreuner! Vergiß Jasmin, du wirst sie nie bekommen. Du hast den gleichen Namen wie dieser Waisenbengel.”

Shanks wurde noch mehr provoziert und es war an der Zeit ihm die Wahrheit zu sagen.

“Ich bin Shanks Shoned!”

“Was? Das gibt es doch nicht? Du mußt ein Geist sein! Nein, du lebst. Ein Geist kann nicht bluten. Kein Wunder, daß man deine Leiche bis heute nicht gefunden hat.”

Shanks schwieg.

“Alle haben so stark nach deiner Leiche gesucht und jetzt werden sie sie auch finden! Ich werde es besonders genießen dich zu töten! Jasmin gehört mir!”

Shanks fing an härter zu kämpfen. Eric hatte sichtlich mühe, sich gegen Shanks zu behaupten. Beide kämpften auf dem Balkon weiter und sprangen auf den Mauersims.
 

Jasmin und Cody hatten es geschafft. Sie waren frei. Doch sie machten sich große Sorgen um Shanks.

“Da! Auf meinem Balkon kämpfen zwei Schatten. Das müssen sie sein.”, rief Jasmin.

Cody blickte hoch. Er erkannte Shanks und Eric. Die Kämpfe wurden härter. Keiner wollte aufgeben. Beide schenkten sich nichts. Die Schwerter klirrten so laut, daß Jasmin und Cody sie hören konnten.

“Besiege Eric!”, feuerte Jasmin Shanks an.

Cody starrte Jasmin erschrocken an. Sie war eine wunderbare Frau. Kein Wunder, daß Shanks sie heiraten wollte.

Der Sieger

“Er ist ein beeindruckender Mann, Cody!”

“Ja, Jasmin! Du hast recht. Als er vor zehn Jahren von Himmel fiel, hatte ich geglaubt er sei ein Engel. Mein Vater hat ihn nicht ohne Grund zum Kapitän ernannt. Ich sollte es eigentlich werden, aber Shanks ist einfach besser.”

“Wie alt seid ihr beide eigentlich?”

“Ich bin vierundzwanzig Jahre. Er wird im Juni siebenundzwanzig Jahre alt. Und du?”

“Im Mai werde ich sechsundzwanzig Jahre.”

“Oh! Und noch Jungfrau?”

Jasmin nickte.

“Ich liebe einen Toten. Dabei wollte ich nur ein Kind von Shanks, der mit siebzehn Jahren gestorben ist. Doch jetzt habe ich mich in deinen Käpt’n verliebt. Er scheint mit meiner ersten großen Liebe viel gemeinsam zu haben. War er von Anfang an hinter mir her?”

“Ja.”

“Woher kennt er mich dann?”

“Das ist mir Schleierhaft. Ich denke, du solltest ihn besser selber Fragen.”

“Doch ist er ein Fremder und ich kenne ihn nicht.”

“Naja, er überrascht mich immer wieder. Ich habe das Gefühl, daß du und Drakon ihn besser kennst, als ich.”

“Wie?”, fragte sie verwundert.

“Durch seine traurige Vergangenheit ist er sehr depressiv geworden. Ein Grund war, daß mein Vater starb. Er hat einen Selbstmordversuch hinter sich. Mein Vater hat ihn damals das Leben gerettet. Jetzt hat er nur noch ein Ziel, dich mit an Bord zu nehmen.”

“Er hält sein Versprechen?”

“Shanks hält immer seine Versprechen!”

Jasmin lächelte.

Shanks und Eric kämpften immer noch. Der Vollmond war aufgegangen.

“Jetzt gebe ich dir den gnaden Stoß!”, schrie Eric.

Doch Shanks wich aus. Sie verloren den Halt und fielen ins Ungewisse.

Cody und Jasmin hörten Shanks und Eric schreien. Beide sahen wie sie zu Boden stürzten. Sie rannten zu der Stelle. Dort angekommen, sahen sie Shanks liegend. Er lag auf der rechten Seite. Als sie näher kamen, stürzte sich Shanks auf seinen Arm.

“Alles OK?”, fragte Jasmin besorgt.

“Weißt du, vor zehn Jahren lagst du genauso da. In der Stellung habe ich dich gefunden. Das ist deine Glücksseite!”, neckte Cody ihn, “Aber damals warst du bewußtlos!”

“Wo ist Eric?”, fragte Shanks keuchend, als er zu den beiden hoch sah.

Dann bemerkte er einen hängenden Arm. Shanks zuckte zusammen.

“Was ist?”, wollte Jasmin wissen.

Shanks setzte sich hin und zeigte auf den Eisenzaun mit langen Zacken.

Der Zaun war ein Meter vor ihnen. Er hatte einen Menschen gespießt. Es war Eric. Er war blutüberströmt. Am Hals, Brust und Bauch ragten Zacken raus. Eric war im Fall auf den Zaun gelandet und wurde aufgespießt.

“Käpt’n, ich weiß nicht, aber du kommst immer mit heiler Haut davon. Soviel Glück wie du hat nicht jeder!”

Jasmin umarmte Shanks. Sein Körper schmerzte durch den Aufprall. Cody und Jasmin halfen ihm beim Aufstehen.

“Du hast recht! Irgendjemand will, daß ich überlebe.”, meinte Shanks lächeln.

“Ich bin froh, das Eric tot ist. Er war unerträglich. Ich danke euch beiden!”

“Ich glaube, wir müssen schnell zum Schiff. Sonst fängt man uns doch noch einmal und das will ich nicht!”, erklärte Cody.

“Du hast recht, also schnell!”, bestätigte Shanks.

Beide nickten. Sie bemerkten aber nicht, daß ein Schatten sie verfolgt. Die drei verließen das Burggelände.
 

Auf dem Schiff erblickte Jim sie als erstes.

“Hallo! Ich habe mich schon gefragt, wo ihr bleibt.”

“Es gab Probleme. Der Verlobte von Jasmin hat Ärger gemacht.”, schrie Cody.

Die drei stiegen ein und waren erleichtert endlich auf dem Schiff zu sein.

“Shanks, wie siehst du denn aus?”, meinte Jim entsetzt, als er Shanks’ Wunden sah.

“Ach was! Ich hatte Glück, daß nur Eric aufgespießt wurde oder daß ich nicht gehenkt wurde!” “Gehenkt? Aufgespießt?”, wiederholte Jim mit entsetzen.

“Ja, Shanks ist den Balkon von Jasmin herruntergeflogen und wäre er nur einen Meter weiter gefallen, dann wäre er jetzt tot! Er hat einen Schutzengel gehabt.”, erklärte Cody.

“Stimmt, euer Käpt’n ist ein Glückspilz!”, jubelte Jasmin.

Shanks war verlegen und lächelte.

“Und jetzt ist deine Glückssträhne zu Ende. Du Ratte! Dich habe ich gleich erkannt. Jetzt hast du Lord Eric ermordet!”, ertönte plötzlich eine Stimme.

Ein Pfeil bohrte sich tief in Shanks’ Rücken. Shanks schrie auf. Die Stimme gehörte Andrew. Jasmin erspähte die Armbrust in seiner Hand. Sie schnappte sich eine greifbare Armbrust. Bevor der Mann Shanks dem Gnadenstoß geben konnte, schoß Jasmin einen Pfeil direkt ins Herz des Mannes. Dieser verlor den Halt und stürzte ins Wasser. Der Mann ertrank.

“Interessant. Warum kannst du damit umgehen?”, wollte Jim wissen.

“Das hat mir Shanks Shoned beigebracht. Er war meine große Liebe gewesen!”, erzählte sie stolz.

“Verstehe!”, antwortete er und blickte freudig zu Shanks.

Aus Shanks’ Mund lief Blut heraus und lächelte. Er konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten und sackte zusammen. Shanks hatte zuviel Blut verloren. Seine Crew trug ihn in seine Kajüte. Jim untersuchte ihn und verband seine Wunden. Dann legte er ihn in sein Schlaflager.

“Ich weiß nicht, ob er durchkommt oder nicht. Auf jeden Fall brauch er erstemal Ruhe.”, erklärte Jim der ganzen Crew.

Das Geständnis

Die Saint Hawk war jetzt weit von Eastbourne entfernt. Jasmin war nun endlich frei. Doch sie war nicht glücklich. Sie bannte um das Leben ihrer zweiten großen Liebe.

“Keine Angst, Jasmin. Der hat bis jetzt immer Glück gehabt!”, beruhigte Cody Jasmin.

Sie ging zu Shanks, der bewußtlos in seiner Kajüte lag. Jasmin wich nicht mehr von seiner Seite. Ihr Oberkörper lag auf seinem Bett und sie weinte. Sie hatte Angst um sein Leben. Jasmin wollte nicht noch einmal einen geliebten Mann verlieren.

“Nein, bitte! Shanks, verlasse mich nicht. Ich habe schon meine Jugendliebe verloren. Bitte tu mir das nicht an. Ich liebe dich!”
 

Cody war beeindruckt von ihr. Sie war genauso mutig wie Shanks. Er überlegte hin und her. Als Cody die Tür aufmachte, stützte sich Shanks schon auf seinen Arm und legte seine Hand auf Jasmins Schulter. Leise schloß er sie wieder.

“Jasmin! Ich sterbe nicht.”, sagte er sanft.

Sie blickte auf und sah Shanks, der aufgewacht war.

“Ich bin wirklich ein Glückspilz.”

Ihr fiel ein Stein vom Herzen.

“Bin ich froh.”

Shanks setzte sich auf den Bettrand. Heftig umarmte sie ihn.

“Vorsicht meine Wunden!”

“Ich will dich heiraten!”, schoß es aus ihr heraus.

Er hob überrascht die Brauen. Shanks stieß sie sanft von sich weg und senkte den Kopf.

“Jasmin, aber willst du einen Mann, der dich anlügt?”

“Wieso?”

“Weil ich habe dir etwas verschwiegen.”

“Sag jetzt nicht, du bist verheiratet.”

“Nein! Ich war in meinem Leben noch nie verheiratet. Aber es fällt mir schwer zu sagen.”

Shanks atmetete noch mal tief durch.

“Ich bin es.”

Sie hielt den Kopf schräg und runzelte die Brauen.

“Shanks Shoned! Der Waisenjunge von damals. Ich bin zurückgekommen, weil ich dich vermißt habe.”

“Was? Shanks? Ich dachte, du bist tot.”, rief sie benommen.

“Ich und tot? Nachdem ich die Klippen heruntergesprungen bin, landete ich auf dieses Schiff. Die Segel haben meinen harten Aufprall abgebremst. Der Pirat Gol Drakon Ruffy nahm mich in seine Bande auf. Ihm ist es aber nicht entgangen, daß ich wegen unserer Trennung litt. Seine Idee war es zurückzukehren. Er ist vor zwei Monaten erst gestorben.”

“Mein Shanks! Endlich treffen wir uns wieder. Ich habe gewußt, daß du irgendetwas vertrautes an dir hattes. Du hast etwas an dir gehabt, was mich angezogen hat. Ich habe die ganzen Jahre über Sehnsucht nach dir gehabt.”

Shanks legte seine Hand auf Jasmins Hände. Sie hatte sie zusammen gefaltet auf ihren Schoß gelegt.

“Mir ging es nicht viel anders.”

Sie spürte, wie erleichtert er war. Beide blickten sich tief in die Augen. Jasmin schmiegte sich an Shanks. Sie schlang zärtlich ihre Arme um ihn und küßten sich. Nach all den Jahren waren sie nun wieder endlich vereint.

“Wie kommt es, daß du noch Jungfrau bist? Dein Vater wollte doch, daß du heiratest und Kinder bekommst.”

“Ja, wenn du wieder gesund bist, erzähle ich dir die ganze Geschichte. OK? Aber jetzt brauchst du erstemal Ruhe!”

“Jasmin?”

“Mh, was ist?”

Sein Rücken fing an zu schmerzen, genau wie sein Armstumpf. Er legte sich wieder zurück ins Bett. “Ich habe nie aufgehört, dich zu lieben. Auch wenn zehn Jahre vergangen sind. Es gab immer eine freie Minute, wo ich an dich gedacht habe. Wegen dir habe ich gelitten. Allen auf dem Schiff war das klar. Bitte laß mich niemals mehr allein!”

Jasmin konnte gar nicht antworten, denn Shanks war eingeschlafen. Die letzten Tage hatten seine ganzen Kräfte völlig aufgebraucht. Das wurde ihr bewußt. Dann ging die Tür auf und Cody kam rein. Er bemerkte ihr verheultes Gesicht.

“Sagmal hast du geweint?”

“Du hast es gewußt, wer er ist nicht wahr und hast es mir nicht gesagt?”

“Was?”

“Das dieser Mann mein geliebter Shanks Shoned ist. Er hat es mir vor ein paar Minuten gesagt.”

“Ja. Ich hatte gedacht, du erkennst ihn sofort. Weißt du, ich bin der Meinung, daß er es dir selbst sagen soll. Nachdem was ich dir über ihn erzählt habe, hatte ich gedacht, du weißt sofort wer er ist. Hast du keinen Verdacht gehabt? Sein Aussehen hat sich kaum verändert. Die Stimme, Augen, Haare, Statur und sein Gesicht hätten ihn verraten sollen. Oder etwa nicht?”

“Naja, jetzt wo du es sagst, ist es mir auch klar. Ich bin ein Idiot! Na klar, kam mir etwas an ihm bekannt vor. Ich wußte nicht, wo ich ihn hinstecken sollte. Dabei kenne ich nur einen rothaarigen Jungen mit dem Namen Shanks. Außerdem war sein Gesicht blutig, als ich ihm tief ins Gesicht gesehen habe. Das er und du gute Menschen seid, habe ich erkannt.”

Jasmin faßte sich an den Kopf. Die Wahrheit war so einfach.

“Deswegen habe ich mich so schnell in ihn verliebt, weil ich ihn in Wirklichkeit schon kannte. Der Traum sollte das wahrscheinlich beweisen. Doch ich habe ihn halt für Tod gehalten.”

“Was hättest du an Shanks’ Stelle gemacht?”, wollte Cody wissen und starrte Jasmin dabei tief in die Augen.

Nachdenklich seufzte sie.

“Das selbe! Ich hätte genauso gehandelt. Die Hoffnung hat mich vor Selbstmordgedanken beschützt.”

“Aha! Keine Angst, er wird überleben. Jim hat es mir gesagt. Er hatte Glück gehabt.”

“Stimmt, das habe ich auch schon immer gedacht, als er mir seine Geschichte erzählt hatte. Es hätte ihn viel schlimmer treffen können. Ihr hättet ihn töten können oder er wäre ertrunken.”

Cody gab ihr recht und gab ihr ein Zeichen, Shanks allein zu lassen. Er ging mit ihr aufs Deck und beide lehnten sich an die Reling.

“Aus dem armseligen Waisenjungen ist ein stattlicher und wunderschöner junger Mann geworden. Mein Vater hatte seine Hoffnung in ihn gesteckt. Er hat ihn nicht ohne Grund zum Anführer gemacht. Es ist kaum zu glauben wie heruntergekommen er war, als er zu uns gekommen ist.”

“Es stimmt! Er war hergekommen und jetzt sieht er vornehm aus. Seine Haare sind etwas gewachsen und er hat einen Bart bekommen. Läßt er ihn wachsen oder nicht?”

“Den Bart wachsen? Bis jetzt hat er dazu immer nein gesagt. Den Dreitagebart hat er schon seit sieben Jahren.”

“Verstehe. Er hat seine Kleider damals immer notdürftig geklickt. Ich habe ihn mit Stoff und Nähgarn beholfen. Neue Kleider hätte ich ihn nicht schenken können, daß hätten alle auf der Burg gemerkt. Die Liebe mit ihm ist mir eigentlich verboten worden”

“Wie alt warst du als du ihn zum ersten Mal getroffen hast?”

“Vierzehn Jahre! Vor zwölf Jahren.”

Cody lächelte Jasmin an.

“Du bist wirklich Perfekt für ihn!”

“Danke!”

Hochzeit

Vier Monate waren vergangen seit Shanks Jasmin gerettet hatte. Shanks war nun wieder gesund. Drei Narben im Gesicht, eine Narbe am Rücken und Armstumpf zeugten noch von seiner Rettungsaktion. Er trug einen schwarzen Umhang, damit Fremde nichts davon mitbekommen, daß er einarmig war. Jasmin stand mit ihm am Bug. Sie schauten aufs Meer. Sie liebkosten sich.

“Du wolltest doch erzählen, was während meiner Abwesenheit passiert ist.”, meinte er zärtlich.

“Ja, du hast recht. Es war einen Tag nachdem du geflüchtetes bist. Ich habe meinem Vater fünftausend Vorwürfe gemacht und wollte ihm ins Gewissen reden. Doch er sagte nur: ‘Ich hätte ihn nur aus der Burg vertreiben sollen und dir Hausarrest geben sollen!’ So diskutierte er mit mir die ganze Woche. Dann habe ich kein Wort mehr mit ihm geredet. Ich war verzweifelt und hatte Selbstmordgedanken. Aber die Hoffnung das du noch lebst, hat mich am Leben erhalten. Ich habe wenig geschlafen in den Jahren. Jetzt weiß ich, daß du noch lebst und das erfüllt mich mit großer Freude. Vor fünf Jahren hat er sich bei mir für seine Grobheit entschuldigt. Er hätte dich gerne wiederbelebt, hat er gesagt. Doch er wollte immer noch, das ich Erics Frau werde. Sein älterer Bruder ist Earl von Eastbourne. Ich habe den Bruder vor zwei Jahren bei der Beerdigung von meinem Vater gesehen und muß sagen, er ist netter als Eric. Er heißt Jim. Ich habe ihn gefragt, was er gemacht hätte, wenn ich seine Tochter gewesen wäre und mich in einen des Volkes verliebt hätte.”

“Was hat er gesagt?”

“Trotz seiner harten Erziehung besaß er mehr Rückgrad als Henry und James, seinem Vater, zusammen. Er hätte meine Hochzeit mit dir genehmigt. Jim erzählt, daß er ein Kind von seinem Kindermädchen aus alten Tagen hatte und James nichts davon erzählt hatte. Er meinte: ‘Der Fettkloß hätte sie sofort geköpft, wenn das herausgekommen wäre. Zum Glück war sie verheiratet und da fiel es nicht auf. Sie hatte das Kind vor zehn Jahren bekommen. Lydia, meine Frau, ist die Einzige die davon wußte.’ Trotzdem ist er fast wie Henry und doch ist er vernünftiger.”

“Fettkloß? Der geht aber rann. Immerhin ist er sein Vater. Naja, Hauptsache er ist schlank.”

“Schlank? Jim und schlank? Der wiegt heute Hundertfünfunddreißig Kilo. Er ist dreizehn Zentimeter kleiner als du. Er und seine Frau waren vor sechzehn Jahren gutaussehende junge Menschen, obwohl Jim damals siebzig und seine Frau vierundsiebzig Kilo wog. Seine Frau ist genauso groß wie er. Man könnte es so sagen, je älter beide werden, umso fetter werden sie. Eric hat gesagt, daß auch er fett wird, wenn er heiratet und ein paar Jahre wartet. ‘Der Schmerbauch wird in meiner Familie schon seit Jahrhunderten weiter vererbt.’, meinte Eric. Mein Vater ist vor fünf Jahren stark gealtert. Vor drei Jahren hat er Eric zusich kommen lassen. Er hat sich nach fünf Monaten sofort in mich verliebt. Mein Vater hat uns verlobt. Ich habe in den Jahren immer einen Vorwand gehabt, um nicht zu heiraten. Vor zwei Jahren lag mein Vater auf dem Sterbebett. ‘Jasmin, ich bereue es den mittellosen Waisenjungen davongejagt zu haben, der nun tot ist. Bevor ich jetzt sterbe, möchte ich, daß du mir noch eine letzte Frage beantwortest. Hätte ich schon längst Enkelkinder, wenn du Shanks geheiratet hättest?’ Ich habe ja gesagt. ‘Dann bereue ich es zu tiefst, daß ich zu dem unglücklichen Waisenjungen so hart war! Leider kann man sich nicht bei einem Toten entschuldigen. Shanks wird es mir niemals verzeihen und hoffe, daß er jetzt in einer besseren Welt ist. Es tut mir alles so Leid! Dabei wollte ich, für dich und ihn immer das Beste. Ich wünschte, ich könnte es ungeschehen machen!’, waren seine letzten Worte.”

Shanks war beeindruckt und überrascht über diese Geschichte.

“Ich hatte mich entschlossen, niemals Schwanger zu werden.”, fuhr sie fort.

Shanks senkte den Kopf. Niemals Schwanger werden. Diese Worte brannten sich in ihn hinein. Jasmin bemerkte Shanks traurige Blicke. Sie legte ihren Arm auf seine Schulter.

“Ich muß dir etwas sagen. Du brauchst nicht so traurig schauen.”, meinte sie lächelnd, “Shanks! Ich bin im dritten Monat Schwanger.”

“Was? Hast du nicht gesagt, du willst nicht Schwanger werden?”

“Ja, da dachte ich noch, du bist Tod.”
 

Zwei Wochen später heirateten sie in der Stadt Dublin. Auch Cody heiratete an dem Tag, die Tochter von Sam. Auf dem Schiff wurde eine große Feier gemacht. Shanks konnte sein Glück gar nicht fassen. Er hatte Jasmin ein wunderschönes weißes Hochzeitskleid geschenkt. Codys Mutter hatte dieses Kleid einst gehört, während Cody Hochzeitskleider für ihn, seiner Verlobten und Shanks von einer Schneiderin ausgeliehen hatte. Am Abend des Tages waren alle bis auf die Schwangere Jasmin betrunken. Trotzdem hatte Jasmin mit den Piraten viel Spaß. Kein einziger von Shanks’ Crew war gefährlich. Shanks stellte sich neben seiner frischgebackenen Ehefrau.

“Jasmin, willst du wirklisch nischt mal einen viertel Krug trinken? Ich glaube, das schadet dir bestimmt nischt. Trinkt doch einen kleinen Schluck von mir. Das ist nur Wein.”

Jasmin erkannte, daß der Krug noch zwei Zentiliter Rotwein enthielt. Sie trank daher den Rest des Weines aus.

“OK, wieviel hast du schon getrunken?”

“Äh, eine Flasche Rum und fast eine ganze Flasche Rotwein.”

“Man merkt es, du bist schon stockbesoffen.”

Dann kam Cody angetorkelt und schenkte Shanks eine weitere Flasche Wein ein. Shanks trank es aus. Jasmin hätte ihn am liebsten aufgehalten noch mehr zu trinken, aber sie wußte, wäre sie nicht Schwanger, hätte sie es ihm gleich getan. Sie merkte, er war nicht besonders trinkfest und tatsächlich schlief er nach zehn Minuten ein. Jasmin hievte ihn ins Bett. Die anderen waren zu betrunken, um ihr dabei zu helfen.

Um Mitternacht lag die ganze Crew übers ganze Deck verteil. Sie schliefen ihren Rausch aus. Jasmin beugte sich über die Reling. Sie hatten am 27. Juni im Jahr 912 geheiratet. Zehn Tage vor der Hochzeit feierte Shanks seinen siebenundzwanzigsten Geburtstag. Sie lächelte. Endlich bekamen sie ein Kind. Es war das Ergebnis einer langen Wartezeit.

Trotz Shanks’ Behinderung konnte er ein normales Leben führen. Vor viereinhalb Wochen hatte Shanks sein Leben riskiert, um sie vor Eric zu retten. Sie blickte den Mond an und ging zu ihren Bett. Man hatte für sie extra Shanks’ Schlaflager vergrößern lassen, damit beide gut schlafen konnten. Jasmin schmiegte sich an ihren frischgebackenen Ehemann und schlief sofort ein. Beide hatten einen wunderschönen Tag gehabt.



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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von:  Umimugi
2010-03-09T23:03:17+00:00 10.03.2010 00:03
Ich hab all deine drei Kapitel gelesen und finde sie echt gut <3 Sie haben mir den Unterricht versüßt *lach*
Ich würde mich sehr freuen, wenn du weiter schreiben würdest! Du hast zwar hier und da paar syntaktische Schwierigkeiten, aber ich finde das AU und deine Idee echt voller Potential ^^
Würde mich über eine Ens freuen, wenn du weiterschreibst <3
Liebe Grüße
Ryon


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