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Die Hüter des Schattens

von

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Sternschnuppe

Hannah fröstelte. Ihre Haut war überzogen mit einer Gänsehaut. Die Bettdecke bewegte sich und Hannah gab ein schlaftrunkenes Murren von sich. Ihr war kalt. Langsam und noch immer im Halbschlaf zog sie sich die Decke über das Gesicht. Es war noch viel zu früh zum Aufstehen. Doch die Kälte lies sie Zittern. Eine leichte Brise zog über ihr Gesicht, das noch immer nicht ganz von der dünnen Sommerbettdecke bedeckt war. Die Haare in ihrem Nacken standen zu Berge. Ein Schaudern schüttelte Hannas Körper und sie schlug die Augen auf. Ihre Pupillen waren weit geöffnet, so dass die jadegrüne Iris kaum zu sehen war. Langsam setzte sich Hannah auf. Als einer ihrer Füße den Boden berührte zuckte sie zusammen und zog den Fuß wieder ein. Der Boden war kalt. Brr. Leise vor sich hin fluchend angelte sie nach ihren Pantoffeln und schob sie über ihre nackten Füße. Dann stand sie auf.

Kein Wunder, dass es so kalt war. Das Fenster stand so weit offen, dass es aussah wie ein geöffnetes Maul, dass sie hinaus reißen wollte in den sternklaren Himmel. Die Arme eng um ihren Körper geschlungen trat Hannah ans Fenster und blickte hinab auf die Stadt mit ihren vielen Lichtern und Geräuschen. Es war merkwürdig kalt für eine Mainacht. Noch einmal legte sich ein Schauer über sie. Und sie wollte gerade das Fenster schließen, da blickte sie nach oben. Eine Sternschnuppe zog ihren Bogen über das Firmament. Ein Ruck ging duch Hannas Kopf und für den Bruchteil einer Sekunde sah sie sich selbst von oben, verdutzt in den dunklen Himmel starrend, das hellbraune Haar ums Gesicht flatternd. Dann war es vorbei. Hannah stolperte ein Stück rückwärts. Was war das denn gewesen? Hatte sie zu wenig geschlafen? Ja, das auf jeden Fall. Sie glitt fast auf einem auf dem Boden liegendem Bleistift ihrer gestriegen Hausaufgabe aus. Ihre Finger krallten sich in die flatternde Gardine. Sie war mal wieder am Träumen, von irgendwelchen fantastischen Dingen, die einfach so über sie hereinbrechen konnten, fantastische Dinge. Unmögliche Dinge. Ja, von solchen Dingen hatte sie schon immer geträumt. Ihre Pflegemutter sagte immer sie habe zu viel Fantasie . Schwachsinn. Sie trat entschlossen zum Fenster zog es mit einem Ruck zu und stapfte wieder zurück zu ihrem Bett. Sie schüttelte leicht den Kopf. Über was sie sich schon wieder Sorgen machte...

Ferien

Der Wecker schob sich lärmend und nervend in Hannas Traum. Ein monotones Piepen wie von einem Feueralarm. Ein Feuer brach in Hannas Kopf aus. Ihr Zimmer stand auf ein Mal in Flammen. Ihr ursprünglicher Traum wurde von dem Feuer verdrängt. Die Flammen leckten ein ums andere mal nach ihren Beinen. Sie schrie und rannte auf ihre Tür zu. Die Tür sprang von alleine auf und Hannah stürzte. Keuchend sprang Hannah auf. Ihr Gesicht war verschwitzt. Der Wecker piepte noch immer. Wütend hieb Hannah so grob auf den Wecker, dass er von ihrem Nachtschrank fiel. Sie atmete auf. Das Piepen verstummte. Ein Traum, nur ein Traum.. sagte sie sich. Was war schon an einem Brand in ihrem Zimmer so schlimm, wenn es nur ein Traum war? Nichts. Sie würde sich einen neuen Wecker kaufen. Ein ums andere mal führte dieser Wecker sie zu Alpträumen. Sie würde Alicia gleich beim Frühstück nach einem Uhrenladen in der Nähe fragen.

Sie sah sich in ihrem Zimmer um. Es sah alles aus wie immer. Die grasgrüne Tapete, der Schrank, ihr Schreibtisch, alles an seiner Stelle. „Blöder Wecker..“ Sie stand auf und tapste ins Bad. Unter der Dusche vergaß sie das Feuer schon fast wieder. Sie trocknete sich ab und sah in den beschlagenen Spiegel. Sie sah aus wie immer. Mittelgroß, wie sie sich gerne nannte, eigentlich war sie ein ganzes Stück zu klein für ihr Alter. Alicia sagte, sie würde einfach ihren Wachstumsschub ein wenig später bekommen, als sie anderen Mädchen. Immer noch die selben grünen Augen, das selbe blasse schmale Gesicht eines Stadtmädchens, die selben strubbeligen, jetzt nach dem Duschen feuchten, hellbraunen Haare. Alles wie immer. Hannah ging zurück in ihr Zimmer und zog sich an. Ihre Lieblingshose, dunkelgrau und recht eng und einen hellen weiten Pullover. Sie sah nicht in den Spiegel. Sie mochte ihr Spiegelbild nicht. Sie fand sich ein ums andere mal zu klein und zu dünn.

Langsam stapfte sie die Treppe zur unteren Etage ihrer Wohnung hinunter. In der Küche angekommen setzte sie sich auf ihren Platz und begann ein Toast mit Butter zu beschmieren. Mehr mochte sie heute morgen noch nicht. Eine stattliche große Frau mit blond gefärbten Haaren und einem gutmütigem Gesicht betrat die Küche. Alicia. Hannas Pflegemutter. Sie hatte Hannah adoptiert , nachdem ihre Eltern bei einem Unfall ums Leben gekommen waren. Damals war Hannah drei Jahre alt gewesen. Sie hatte nicht viel von all dem mitbekommen und Alicia erzählte nicht viel darüber um Hannah nicht traurig zu machen. Alicia war eine rundliche große Frau mit leuchtenden Augen und immer mit einem strahlendem Lächeln im Gesicht. „Hey Ali“ murmelte Hannah zwischen zwei Bissen Toast. „Guten morgen Schatz“ gab Alicia zurück und begann ihre Einkäufe von diesem Morgen in den Kühlschrank zu laden. „Warum bist du schon so früh auf? Ich dachte du hättest jetzt Ferien?“ fragte Alicia in einem heiterem Tonfall. Hannah sah auf den Kalender. 14. Oktober. Herbstferien, tatsächlich. „Ohhh..“ brachte Hannah hervor. „Da hab ich gar nicht dran gedacht. Du hast recht.“ Sie grinste. Aber das entsprach nicht ihren Gefühlen. Innerlich stöhnte sie. Noch mehr Zeit, in der sie allein war und versuchte Alicia vorzuspielen, ihr leben sei das Beste was man sich vorstellen konnte. Hannah war oft allein. Ihre beste Freundin hatte jetzt einen Freund und betrachtete ihn als um einiges wichtiger als Hannah. Sie war nur eine Freundin. Aber seit dem war Hannah ständig allein. Amy, so hieß sie, war ihr wichtiger gewesen als all die anderen Mädchen, die kichernd den Jungen hinterher starrten.

Wenn man sich einen Schulhof vorstellte, auf dem ein ganzer Jahrgang versammelt stand, dann gab es die Jungen, die in ihrer Ecke standen, sich über 'geile' Mädchen unterhielten und Späße machten. Es gab die Jungen, die nur auf dem Fußballfeld des Schulhofes zu finden waren, und sich auch für nichts anderes als Sport interessierten. Und dann waren da noch die Mädchen. Die Mädchen, die kichernd in Kreisen herum standen und über Jungen, Lehrer und anderes tratschten, die Mädchen, die wie auf dem Laufsteg herumstolzierten und versuchten die Aufmerksamkeit der Jungen zu gewinnen, und dann gab es noch Hannah, sie war die jenige, die all dem überhaupt kein Interesse schenkte und sich in einem Buch vergrub. So sah ihre Welt aus. Sie ignorierte die tratschenden Mädchen fast ebenso gut wie die wenigen Jungen, die ihr hinterher liefen, nur weil sie gut aussah. Sie verbarrikadierte sich in ihrem Inneren und lies niemanden herein. Außer Amy. Aber Amy hatte sie wieder verlassen und Hannah fühlte sich verletzt. Sie war die einzige der Hannah vertraut hatte, von all denen die sie kannte. Und Amy war die, die jetzt an Hannah vorbei sah, wenn diese ihren Weg kreutzte, als ob sie nicht da wäre.

Alles in allem würden diese Ferien wohl einsamer werden, als alle da vorigen. Hannah seuftzte. Dann setzte sie ein Lächeln auf. „Cool! Ich werd dann heute einfach ein bisschen spazieren gehen.“ sagte Hannah mit einem so fröhlich Unterton in der Stimme, dass sie rasch zu Alicia hoch sah, aber die schien es nicht bemerkt zu haben. „Ähm kannst du mir vielleicht einen guten Uhrenladen empfehlen?“ fragte sie ein wenig lahm. Eigentlich brauchte sie jetzt ja gar keinen Wecker mehr, in den Ferien würde sie ihn nie stellen, aber ein neuer konnte ja nicht schaden. Alicia überlegte. „Zwei Straßen weiter ist einer, aber ich weiß nicht ob er gut ist. Ich war nie dort.“ sagte sie dann. „Warum? Brauchst du eine neue Uhr?“ „Mein Wecker mach mir Alpträume.“ Erwiederte Hannah. Alicia lachte. „Wenn das so ist.. Soll ich dir das Geld dafür geben? Du musst das nicht selbst bezahlen, du kannst besser mal mit deinen Freunden ins Kino gehen“ „Ähm nein.. das ist schon okay..“ sagte Hannah schnell. Ins Kino würde sie wenn schon alleine gehen. Oder lieber gar nicht erst. Dann stand sie auf. Der Appetit war ihr vergangen. Alicia nahm sofort ihren Teller und stellte ihn in die Spüle. „Dann wüsch ich dir viel Spaß heute!“ Hannah antwortete nicht. Manchmal fühlte sie sich durch Alicia wie ein Kleinkind behandelt. Sie seufzte, schnappte ihre Handtasche und trat hinaus auf die Straße.

Bekanntschaft mit Mr Durden

Es regnete. „Klasse, das passt ja perfekt...“ murmelte Hannah in sich hinein. Sie zog die Kapuze ihres Pullis über ihren Kopf. Vor ihr rasten Autos die Straße hinauf und hinunter, die Luft roch stark nach Abgasen und etwas das Hannah nicht identifizieren konnte. Irgendwas zwischen Rauch, Kerzenwachs und dem duftigen Geruch des Sommers. Hannah achtete nicht weiter darauf. Sie dachte über den Weg zum Uhrenladen, den ihre Tante ihr erklärt hatte, nach. Dann machte sie sich auf den Weg. Bei fast jedem zweiten Schritt trat sie in eine Pfütze und machte sich auch nicht die Mühe drumherum zu laufen. Die Spiegelbilder der grauen Wolken in den Pfützen verschwammen und verschwanden für einen Moment wenn Hannah in eine trat. Den Blick gesenkt und vollends in Gedanken versunken lief sie die Straße entlang und hielt nur einmal inne um sich umzudrehen und sich bei einem Fußgänger, den sie angerempelt hatte, zu entschuldigen. Dann lief sie weiter. Bald waren ihre dunklen Turnschuhe nass und kalt und Hannahs Lippen leicht bläulich gefärbt.

Als sie endlich um die letzte Ecke bog und sie sich auf die Trockenheit des Ladens freute, lag vor ihr eine weitere Straße mit eng aneinander stehenden Häusern und Gässchen. Sie blieb stehen und sah sich um. Hier sollte ein vernünftiger Laden sein? Die Straße kam ihr vor wie aus einem schlechten Krimi. Eng, kleine windschiefe Häuser und keine Menschenseele weit und breit. Sie entdeckte nur einen einzigen Laden in der Straße und auf den steuerte sie zu. Als sie den Laden, es war tatsächlich ein Uhrenladen, betrat klingelte weit entfernt ein Glöckchen. Sonst blieb alles still. Nur die Uhren, mir denen jede verfügbare Oberfläche bepflastert war, tickten laut unregelmäßig. „Ähemm.. Hallo?“, rief Hannah in die kleinen Gänge zwischen den Regalreihen, ebenfalls alle mit Uhren gefüllt, hinein. Keine Antwort. Vielleicht war der Besitzer noch nicht da? Unsinn, dann wäre die Tür nicht offen. Dann hörte er sie vielleicht nicht? Sie rief noch einmal. Nichts.

Dann würde sie eben ein Weilchen warten. Hannah trat an eines der Regale und besah sich die filigranen Uhren, die ihr furchtbar altmodisch erschienen. War das hier ein Laden oder die Ausstellung eines Sammlers? Sie seuftzte und streckte die Hand nach einer der Uhren aus, um sie genauer zu betrachten.

„Nicht anfassen!!“ Eine stimme in ihren Nacken lies sie so schnell herum fahren, dass ihr Gegenüber ein paar Schritte zurück stolperte. „Sie haben mich erschreckt!“, zische sie ungewollt. Sie hasste es wenn man sie erschreckte, fing sich jedoch rasch wieder. Sie musterte den alten Mann, denn sie vor sich hatte genauer. Er hatte weißes wattiges Haar, das von seinem Kopf abstand, als hätte er eben noch darauf geschlafen. Er war klein und recht korpulent. Sein heller Polunder und die dunkle Stoffhose ließen ihn wie einen freundlichen Opa wirken. Hätte er nicht so irre gelächelt. „Jaa.... das wollte ich auch, freut mich, dass es geklappt hat. Wissen Sie , nicht jeder lässt sich heutzutage noch so leicht erschrecken, wie Sie.“ sagte er heiter und mit einer hohen heiseren Stimme. Er lachte und watschelte dann zu einem Schreibtisch hinüber, steckte das Monokel, das an seinem Polunder gehangen hatte in sein Auge und beugte sich über eine kaputte Uhr. Dort blieb er dann auch und schien Hannah schon wieder völlig vergessen zu haben. Erst als sie sich räusperte und zu ihm trat sah er auf. „Ohh! Ja, ich hätte Sie beinahe vergessen Miss! Ich habe viel zu tun im Moment, da kann es sein, dass ich mal das ein oder andere vergesse... „ er hüstelte leicht gekünstelt.

„ Übrigends mein Name ist Wulfred Durden. Aber nennen sie mich einfach Mr Clock. Das tun alle. Also,was kann ich für Sie tun?“



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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von: abgemeldet
2014-09-27T06:38:28+00:00 27.09.2014 08:38
Super Fanfic
Nur schade das du abgebrochen hast
Würde nämlich gern wissen wie es weiter geht
Auch wir du das alles so beschrieben hast fand ich richtig toll. :)
Bitte mach weiter *anfleh*


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