Störfaktor Tea von abgemeldet (Puzzleshipping) ================================================================================ Kapitel 4: Der Geduldsfaden reißt --------------------------------- Kapitel 4: Der Geduldsfaden reißt Yugi war unterwegs zur Schule. Seit dem gestrigen Nachmittag lag ein breites Grinsen auf seinem Gesicht, welches einfach nicht verschwinden wollte. Es war das erste Mal seit Langem, dass er sich wieder auf die Schule freute. Der Grund für diese plötzliche Freude hatte auch einen Namen: Yami. Das etwas dümmliche Lächeln auf seinem Gesicht wurde noch eine Spur breiter bei dem Gedanken an seinen Freund. Ja, Yami war sein festen Freund. Irgendwie war es seltsam dieses Wort für den Punk mit den roten Augen zu benutzen. Nicht unangenehm, aber auf eine verwirrende Art sehr irreal. All seine Wünsche schienen sich mit einem Schlag, innerhalb weniger Stunden erfüllt zu haben. Yugi hatte sich im Laufe des gestrigen Abends und des heutigen Morgens des Öfteren kneifen müssen, um sicher zu sein, dass er nicht träumte. Sollte dies alles nur ein Hirngespinst sein, so wollte er auch gar nicht aufwachen, musste sich der bunthaarige Junge eingestehen. Umso schöner war es natürlich, dass der morgendliche Anruf von Yami auf sein Handy Realität pur war. Mit einem verträumten Seufzer erinnerte sich Yugi an den schönsten Nachmittag seines Lebens. Erwartungsvoll blickten seine violetten Augen in die roten von Yami. Er war absolut gespannt, was denn nun folgen würde. „Ich weiß, dass ist jetzt vielleicht ein bisschen unfair, aber eine kleine Frage hätte ich da vorher noch. Warum haben du und dieser Ryou eure Beziehung geheim gehalten? Sind die Leute hier an der Schule etwa so intolerant?“, hakte Yami nach. „Ich schätze mal, aus demselben Grund, aus dem du dir nicht die Mädchen mit einem simplen ‚Ich bin schwul!’ vom Leib hältst. Es ging niemanden etwas an – weder damals, noch heute“, antwortete Yugi schlicht und sachlich. „Ich dachte, du glaubst mir nicht, dass ich auf Jungs stehe?“, wollte der Größere wissen. „Das würde jetzt zu unnötigen Diskussionen führen, würde ich sagen. Du sagst mir vielleicht besser das, was du mir verraten willst, sonst bin ich hier der Einzige, der Fragen beantwortet“, meinte Yugi leicht schnippisch. „Außerdem hast du gesagt, dass ich dich besser verstehen werde, wenn ich dieses Geheimnis kenne“, fügte der Kleine noch an. Er wunderte sich, wie cool und gelassen er klang, wo doch sein Herz in doppelter Schallgeschwindigkeit und bis zum Hals schlug. Ein heiseres und sehr sexy Lachen, war Yamis erste Reaktion auf diesen Kommentar und verursachte einen angenehmen Schauer, der über Yugis Rücken lief. „Du hast Recht, ich sollte dir zuerst alles erzählen. Weißt du, dieses Konzert, auf dem du mit deinem Ex – Freund warst, auf dem war ich auch. Während du wahrscheinlich nur schlechte Erinnerungen an diese Nacht hast, da du ja denkst, dass dies der Anfang vom Ende deiner Beziehung war, war es für mich die tollste Nacht aller Zeiten. Ich habe auf diesem Konzert nämlich jemanden kennen gelernt und mich auf den ersten Blick in diesen Jungen verliebt. Gut…’kennen gelernt’ wäre etwas zu viel des Guten. Ich habe ihn umgerannt oder er ist in mich hineingerannt, wie man es nimmt. Wir haben auch nicht viel geredet. Dieser süße Typ, hat nur ‚Danke’ gesagt, als ich ihm auf geholfen habe…aber an diesen Abend, traf mich die Liebe zum ersten Mal, wie ein Hammerschlag…“, schwärmte Yami. Er hoffte, dieser kleine Wink mit dem Zaunpfahl würde genügen, um Yugi an ihre erste Begegnung zu erinnern, doch weit gefehlt… Er konnte es dem Gesichtsausdruck des Kleineren ansehen. Yugi versuchte sich nicht anmerken zu lassen, was diese Worte bei ihm bewirkten. Ein brennender Schmerz breitete sich in seiner Brust aus. Sein Herz blieb eine Sekunde lang stehen und Yugi hatte wirklich Mühe damit, seine Gesichtszüge möglichst neutral zu halten. Er hatte es von Anfang an geahnt. Sein Herz wurde ihm nun gebrochen, denn der, dem er es schenken wollte, wollte es gar nicht haben. Er wartete auf die Liebe einer anderen Person…oder hatte er diese schon? Die Tränen unterdrückend, die sich schon wieder hochkämpften, sah Yugi seinen Gegenüber an und forderte ihn stumm auf weiter zu sprechen. „Hey, nicht traurig sein. Du kennst doch das Ende meiner Geschichte nicht. Vielleicht hilft sie dir, diesen Abend in einem anderen Licht zu sehen…“, meinte Yami aufmunternd, da er ja diese Veränderung in Yugis Mimik und Gestik wahrgenommen hatte. Sein kleineres Ebenbild schien enttäuscht und traurig zu sein aufgrund der Aussage er sei verliebt. Könnte dies das Zeichen sein, auf das er so gehofft hatte? Konnte es sein, dass Yugi etwas für ihn empfand? Dieser Gedanke machte Yami irgendwie glücklich und ließ ihn schnell mit seiner Schilderung fortfahren. „Also, ich bin diesem unheimlich süßen Jungen dann gefolgt, weil ich im ersten Moment einfach zu geplättet war, um ihn anzusprechen. Erst war er bei so einem Verkaufsstand und hat zwei Flaschen Limonade besorgt. Als ich da aber ankam, war dieser Junge schon wieder auf dem Weg zurück in die Menschenmenge. Ich bin ihm also nach und gerade als ich diesen Unbekannten eingeholt hatte und ihn ansprechen wollte, da sehe ich doch wie er einen anderen küsst. Du kannst dir bestimmt vorstellen, wie ich mich gefühlt habe. Ich bin aus allen Wolken gefallen. Da passiert dir mal etwas so Gutes, wie die berühmt berüchtigte ‚Liebe auf den ersten Blick’ und dann ist eben die Person, für die du so empfindest, schon vergeben.“ Yami unterbrach sich kurz. Zum einen um Luft zu holen und zum anderen um zu sehen, ob es bei Yugi vielleicht ‚KLICK’ machte. Er sah allerdings nur, dass der Kleinere zustimmend nickte und dann etwas murmelte, dass sich nach „Ich kenne das Gefühl“ anhörte. Also blieb dem Rotäugigen keine andere Wahl und er erzählte weiter. „Ich blieb den Rest der Nacht hinter diesem Jungen stehen, in der Hoffnung, er würde sich einmal zu mir umdrehen. Seine Augen würden dann in meine sehen und es würde ihm genauso gehen wie mir. Er würde sich auf der Stelle in mich verlieben und den anderen Typen sausen lassen, um mit mir zusammen zu sein. Doch soll ich dir was sagen? Das passierte nicht! Stattdessen habe ich mir die ganze Zeit über angesehen, wie mein Traummann diesen bescheuerten Typen angeschmachtet hat, nach dessen Hand gegriffen hat und ihm ständig kleine, süße Küsse auf den Mund gegeben hat. Doch weißt du, was das Schlimmste daran war?“ Yugi schüttelte den Kopf. Er konnte sich gut vorstellen, wie Yami sich gefühlt haben musste. Er empfand ja gerade im Moment dasselbe. Deswegen interessierte es ihn auch brennend, was der andere als noch schlimmer empfand, als das Gefühl, vor Enttäuschung den Boden unter den Füßen zu verlieren. „Das Schlimmste für mich, war, dass der andere Typ, dem die ganze Aufmerksamkeit dieses süßen Jungen gehörte, diesen komplett ignorierte und stattdessen den Sänger der Band anhimmelte. Das war so frustrierend. Ich habe mich immer wieder gefragt, wie dieser Trottel nur so hohl sein konnte. Da stand neben ihm, der wirklich niedlichste und freundlichste Junge der Welt und dieser Idiot schmachtet einen unerreichbaren Sänger an. Leider hatte ich nach dem Konzert keine Möglichkeit mehr den Beiden zu folgen, weil ich abgeholt wurde, diesen Jungen habe ich aber nie vergessen.“ Yami lächelt ein wenig verträumt, als er diese letzten Worte sprach und starrte ins Leere. So als würde er vor seinem geistigen Auge noch einmal diesen Moment Revue passieren lassen, in dem er diesen Jungen über den Weg gelaufen war. “Wie kommst du jetzt darauf, dass ich mich besser fühle?“, fragte Yugi nach. Seine Stimme klang dabei gereizt und der heisere Unterton, der auf die unterdrückte Traurigkeit hinwies, war mehr als deutlich zu hören. „Für dich war der Abend doch auch nicht gerade toll. Du hast dich zwar verliebt, aber der Typ war vergeben und erinnert sich bestimmt nicht einmal an dich. Außerdem kannst du viel erzählen, denn nur weil du sagst, du hättest dich in einem Kerl verliebt, heißt es noch lange nicht, dass es so ist. Also muss ich dir auch nicht glauben, dass du schwul bist. Deine kleine Geschichte hat mich in keiner Weise überzeugt.“ „Wer sagt denn, dass sie schon zu Ende ist?“, erwiderte darauf der größere Punk. „Obwohl du in einem Punkt Recht hast: der Typ erinnert sich nicht an mich, aber das ist nicht so schlimm, denn ich werde es schon schaffen mich in sein Gedächtnis einbrennen zu können. Also, wo war ich? Ach ja, jetzt weiß ich es wieder. Ich habe meinem Vater natürlich von dieser Begegnung erzählt. Er hat auch gesehen, dass es mir nicht so gut ging. Er hatte richtiges Mitgefühl mit mir, denn so verliebt war ich noch nie gewesen. Damals haben wir noch in Australien – in Perth um genau zu sein – gelebt, weil da die Niederlassung der Automobilfirma war, für die mein Vater arbeitet. Etwa eine Woche später hat er dann das Angebot bekommen, die große Filiale, die hier in Domino eröffnet wurde zu leiten. Es hieß für uns beide, dass wir von Vorne anfangen mussten, aber ich glaube mein Dad hat den Job aus zweierlei Gründen nur für mich angenommen. Erstens hat er etwas mehr Zeit für mich und muss nicht ständig herumreisen und Zweitens konnte er mir wenigstens die Chance bieten, diesen Unbekannten vom Konzert zu suchen. Klar hat auch das Geld und der Posten an sich etwas mit der Entscheidung meines Vaters zu tun hierher zu ziehen, aber ich bin mir hundertprozentig sicher, dass diese beiden Sachen ihm seine Überlegungen erleichtert haben. Und stell dir einmal vor, kurz bevor ich also hierher nach Domino gezogen bin, wurde in den Medien veröffentlicht, dass der Sänger von „The Thief’s“ schwul sei und seit einiger Zeit einen Freund hat. Weißt du wie groß meine Überraschung und Freude war, als sie diesen Freund des süßen Jungen gezeigt haben“, an dieser Stelle hielt er inne um zu sehen, ob Yugi nun endlich alle Informationen hatte, um endlich darauf zu kommen, von wem er die ganze Zeit über redete. Tatsächlich konnte Yami das Leuchten der Erkenntnis in den violetten Augen sehen. Gleich darauf folgte ein Ausdruck des totalen Unglaubens und gerade als Yugi den Mund aufmachen wollte, um zu fragen, ob er mit seiner Vermutung Recht hatte, sprach Yami weiter. „Ich habe ja gedacht besser kann es nicht laufen, jetzt musst du nur noch diesen Jungen vom Konzert finden und ihn für mich gewinnen. Doch siehe da, es kam sogar noch besser. Ich war genau an der Schule angemeldet, in die auch mein schnuckeliger Unbekannter ging – oder geht? Doch, geht ist besser. Stell dir einmal vor, ich kam sogar in die gleiche Klasse. Das würde ich als einen richtigen Glücksfall bezeichnen. Jetzt sitze ich genau zwei Plätze hinter meinem Unbekannten und kann ihn im Unterricht beobachten. Das freut mich zwar und glaub’ mir, ich war noch nie so glücklich in meinem Leben wie jetzt, weil ich ihn wiedergefunden habe – auch wenn er sich noch nicht an unsere Begegnung erinnert. Ich habe nur etwas Probleme damit, besagten Jungen für mich zu gewinnen. Die Sache hat nämlich zwei Haken: zum einen ist er mit dem absolut nervigsten Mädchen auf diesem Planeten befreundet – und ich frage mich echt warum – und zum anderen ist seine letzte Beziehung wie du dir bestimmt denken kannst sehr beschissen zu Ende gegangen, deswegen kommt er nicht wirklich aus sich raus und hat etwas Angst davor mir zu vertrauen.“ An dieser Stelle hörte Yami auf zu erzählen. Er sah seinen Gegenüber abwartend an. Diese violetten, geheimnisvollen Augen leuchteten richtig. Zum ersten Mal, seit dem Abend des Konzerts, konnte er ein ehrliches, glückliches und atemberaubendes Lächeln auf Yugis Gesicht sehen. Er hatte es sich während des Zuhörens auf dem Boden, im Schneidersitz bequem gemacht und jedes Wort, das aus dem Mund des Größeren kam aufgesaugt. Nun stand er langsam auf und Schritt für Schritt näherte er sich dem Bett, auf dem sein Gast saß. „Du meinst…mich…damit?“, flüsterte Yugi zaghaft. Yami grinste schief und nickte langsam. „Ich war der Unbekannte, dem du…du gefolgt bist auf dem Konzert?“, kam es stockend aus dem Kleineren. Wieder erntete er nur ein stummes Nicken als Antwort. Mit jeder Frage die Yugi stellte, kam er einen Schritt näher. „Aber…warum…du hast Tea doch so angesehen…“ Den Rest des Satzes ließ er ungesagt. „Wie wäre es, wenn wir mit unserem Deal fortfahren? Ich verrate dir, warum ich immer so geduldig mit dieser Nervensäge war und sie vorhin so angesehen habe und du erzählst mir, was du mir sagen wolltest. Wie wäre das?“ Der Violettäugige stand nun genau vor seinem größeren Ebenbild und nickte zustimmend. Er hatte ja sowieso vorgehabt, Yami zu gestehen, was er für ihn fühlte. „Ich war so geduldig mit Tea, weil ich gedacht habe, sie sei eine sehr gute Freundin von dir. Außerdem war es die einzige Möglichkeit, etwas über dich zu erfahren, weil sie die Einzige war, mit der du dich wenigstens ab und zu unterhalten hast. Heute, als sie zum dritten Mal in unser Gespräch geplatzt ist, habe ich mir vorgestellt, ich würde mit dir reden und nicht mit ihr. Die Aussicht, sich mal privat mit dir zu unterhalten und etwas Freizeit mit dir zu verbringen, war das, was mir geholfen hat diesen Plagegeist zu ertragen. Als ich Tea so verklärt angesehen habe, da hatte ich dein Gesicht vor meinem geistigen Auge und die Vorstellung von unserem gemeinsamen Ausflug zur Eisdiele“, erklärte der Siebzehnjährige dem Kleineren die Situation vom Vormittag. „Warum bist du überhaupt mit so einer Tussi befreundet Yugi?“, hakte der Rotäugige noch nach. „Was heißt befreundet? Sie hat sich mir aufgedrängt, als es mir am miesesten ging. Tea hat geglaubt, ich wäre so deprimiert, weil Ryou gegangen war und weil er mir nie erzählt hatte, dass er auf Jungs stand. Seit dem Tag hat sie mich dann jedes Mal vollgequatscht, wenn ein Typ sie hat abblitzen lassen“, erzählte Yugi übereifrig. Er war so froh darüber, dass er wusste, was dieser Blick bedeutete. Das Wichtigste jedoch war, dass er dem anderen glaubte. In Yamis Augen war so viel Ehrlichkeit und Offenheit. So viel Zärtlichkeit und Zuneigung, dass er an der Ernsthaftigkeit seiner Worte gar nicht zweifelte. Der Rotäugige nickte ernst. Diese Antwort war nachvollziehbar und logisch. Dieses Verhalten passte eindeutig zu der Brünetten. „Das habe ich mir schon irgendwie gedacht“, entgegnete Yami, „aber nun zu meiner zweiten Frage: Was wolltest du mir sagen?“ Verlegen sah der Teenager zu Boden. Jetzt war es so weit. Hunderte von Malen hatte er vor dem Spiegel geübt, was er wie sagen würde, doch nun fehlten dem Kleinen einfach die Worte. Einige Sekunden der Stille vergingen. Yami drängte Yugi nicht dazu anzufangen, sondern nahm dessen zierliche Hand in seine und drückte sie. Die Wärme dieser Geste überwältigte den Violettäugigen. Warum hatte er überhaupt noch Angst? Er wusste jetzt ja, was der andere für ihn empfand und er wusste auch, dass dieser es ernst mit ihm meinte. Wozu also noch zögern? „Ich empfinde genauso für dich, wie du für mich. Ich habe gedacht, es wäre bei mir Liebe auf den ersten Blick, doch du hast mir heute gezeigt, dass es nicht so war. Wenn ich ehrlich bin, dann bin ich froh darüber, dass ich dich damals nicht wirklich wahrgenommen habe. Ich war so sehr auf Ryou fixiert. Hättest du dich schon an diesen Abend an mich rangemacht, hätte ich dich bestimmt abblitzen lassen und dich für immer gehasst oder zumindest unsympathisch gefunden. Ich denke so ist es besser. Seit dem du in unsere Klasse gekommen bist, läst du mich nicht mehr los. Ich…ich…“ Mitten im Satz wurde er unterbrochen, als seine Zimmertür aufgerissen wurde und Yugis Großvater seinen Kopf hineinsteckte. „Ich habe vorhin die Klingel gehört mein Junge…Oh…entschuldige, ich wusste nicht, dass du Besuch hast. Möchte dein Gast vielleicht etwas trinken?“ Yami konnte nicht anders und grinste schief. Jetzt wurde sein kleiner Schwarm schon wieder unterbrochen. Es schien so, als hätte sich die ganze Welt verschworen, um Yugi daran zu hindern, das auszusprechen, was er zu sagen hatte. „Nein danke Großvater. Das hier ist Yami, ein Klassenkammerad von mir und wir haben etwas Wichtiges zu besprechen.“ „Dann lass ich euch zwei wohl am Besten allein.“ Mit diesem Satz schloss der alte Mann die Tür wieder. Yugi grinste den Größeren nun auch an. „Vielleicht ist es besser, wenn ich dir diese drei Worte noch nicht sage. Ich vertraue dir zwar, aber beim letzten Mal habe ich es ja auch so sehr überstürzt…denke ich zumindest. Vielleicht sind diese ständigen Unterbrechungen ein Wink des Schicksals, dass wir es etwas langsamer angehen sollten. Es ist ja auch ein bisschen kitschig, so ein plötzliches Liebesgeständnis. Wenn es dir reicht, dann sage ich dir, dass mein Herz dir von dem Moment an gehört hat, als ich in deine Augen gesehen habe und ich vertraue dir. Bei keinem anderen habe ich mich je so wohl gefühlt, wie bei dir Yami. Ich bin gerne mit dir befreundet und wäre gerne mehr als nur dein bester Freund. Viel mehr.“ Das schien dem Größeren zu genügen. Mit einer schnellen, fließenden Bewegung hatte er Yugi beide Arme um die Taille geschlungen und ihn rittlings auf seinen Schoß gezogen*. Mehr aus Reflex, als mit Absicht, legten sich die Arme des Kleineren um Yamis Hals. Den Bruchteil einer Sekunde sahen sie sich in die Augen, Sie waren sich so nah. Yugi konnte den warmen Atem des anderen auf seinen Lippen fühlen. Und mit einem Mal war alles ganz leicht. Ohne weiter darüber nachzudenken legte der sonst so schüchterne Junge die Lippen auf die seines Gegenübers und küsste diesen zart und sanft. Der etwas Ältere war völlig überrumpelt von Yugis Initiative, doch nach dem ersten Schreckmoment erwiderte er die zärtliche Berührung. Yugi zu küssen, war genau so, wie er es sich immer vorgestellt hatte. Es war atemberaubend und vertraut. Seine Lippen schmeckten so süß und…unschuldig. Yami verlor sich ganz in diesem Gefühl. Als die Finger des Kleinen den Weg in seinen Haarschopf fanden und ihn noch näher an sich drückten, entkam dem Rotäugigen ein genießerischer Seufzer. Wie oft hatte er von diesem Moment geträumt? Wie oft hatte er versucht zu erahnen, wie es sein würde? Doch dieser Kuss übertraf all seine Erwartungen. Yami ließ seine Hände wieder über Yugis Rücken wandern, so wie er es getan hatte, als er ihn getröstet hatte. Da diese Berührung diesmal nicht aufmunternd oder tröstend gemeint war, war auch die Reaktion eine andere. Mit tiefer Genugtuung bemerkte der Punk die kleinen Schauer, die Yugis Rücken hinab liefen und die leichte Gänsehaut, die sich auf der weißen Haut bildete. Zufrieden Grinste er in den Kuss hinein. Die beiden Jungen waren so sehr in ihrer eigenen Welt gefangen, dass sie das leise Öffnen und das schnelle wieder Schließen der Türe nicht mitbekamen. Sie hörten auch nicht den alten Mann, der im Weggehen den Kopf schüttelte und mit einem zufriedenem Lächeln murmelte: „Ja, ja…ein Klassenkammerad…Wichtiges zu besprechen…zu meiner Zeit nannte man das noch rumknutschen…ts ts ts.“ Wieder zurück im Hier und Jetzt, war der Bunthaarige am Schultor angekommen, an dem schon jemand auf ihn wartete. Yami begrüßte ihn mit einem strahlenden Lächeln und Yugi lächelte zurück. Als sie nur noch einen Schritt von einander entfernt standen, glitten die Arme des Violettäugigen wie von selbst in den Nacken des Größeren. Aus dem, was eigentlich kurzen Begrüßungsküsschen werden sollte, wurde ein intensiver und leidenschaftlicher Kuss, der ausdrückte, wie sehr sie einander in den wenigen Stunden, die sie getrennt waren, vermisst hatten. Die beiden Teenager hatten beschlossen ganz offen zu ihrer Beziehung zu stehen, anstatt sie zu verheimlichen. Sollten die anderen doch reden was sie wollte! Sollten sie doch lästern! Im Endeffekt war es Yami und Yugi egal, denn sie wussten beide, dass die wichtigsten Menschen in ihrem Leben – ihre Familien – zu ihnen halten würden. So gingen sie Hand in Hand in das Schulgebäude. ******************** Der Schultag war schon vorbei und wider Erwarten, war er besser verlaufen, als Gedacht. Die beiden Punks hatten zwar zu Beginn des Tages ziemlich viele Blicke auf sich gezogen und für eine Menge Verwirrung gesorgt, doch anstatt die Jungs zu meiden und in Getuschel und Spekulationen zu verfallen, waren ihre Klassenkammeraden ganz offen auf sie zugekommen und hatten Yami und Yugi gefragt, ob sie nun ein Paar wären oder nicht. Yami hatte alle dies bezüglichen Zweifel dann ausgeräumt, als er sich zu seinem kleineren Ebenbild gebeugt hatte und diesen kurz und heftig geküsst. Yugi wurde erst wieder bewusst, dass seine Mitschüler ihn anstarrten, als sich Yamis Lippen von seinen lösten. Während der Kleinere rot anlief, grinste der Rotäugige nur provozierend. Daraufhin brach dann eine weitere Flutwelle von Fragen über sie hinein. Alle wollten wissen, wie lange sie schon ein Paar waren, wie sie zusammengekommen waren und vor allem, wer den ersten Schritt gemacht hatte. Yami erzählte sehr freimütig von ihrer ersten Begegnung. An der Stelle, an der er gesehen hatte, dass Yugi mit einem anderen da war, hielt er inne. Der Rotäugige wusste ja nicht, ob sein kleineres Ebenbild damit einverstanden war, wenn er hier seine gesamte Vorgeschichte herumposaunte. Doch seine Sorge war unberechtigt, denn Yugi lächelte sanft und erzähle die Story ihrer ersten Begegnung weiter. Nachdem die Beiden geendet hatten, waren es vor allem die Mädchen, die Yugi umringten, um ihn zu trösten und zu versichern, wie Leid ihnen das Ende seiner ersten Beziehung tat. Er hörte solch Kommentare, wie: „Oh, du Armer, dann hast du die ganze Zeit still vor dich her gelitten“ oder „Du hättest uns davon erzählen sollen, wir hätten dich doch getröstet und wieder aufgeheitert“ und „Jetzt hast du aber was Besseres abbekommen“. Mit so vielen positiven Reaktionen hatten die beiden Teenager nicht gerechnet. Nur eine Person schien es nicht akzeptieren, dass ‚ihr geliebter Yami’ schon vergeben war. An einen Jungen! An Yugi! Die Brünette erdolchte den Kleineren mit ihren Blicken. „Wie kann der kleine Fruchtzwerg es wagen…dabei hat er doch behauptet, er wäre mein bester Freund und dann zieht er so eine Nummer ab. Der hat mich doch bestimmt gestern nur angeschrieen, damit Yami ihm folgt. Das ist doch alles nur ein blöder Scherz…es kann gar nicht sein, dass er dieses halbe Baby MIR vor zieht…genau, das ist nur ein blöder Witz…“ Absolut überzeugt von dieser Idee, ging sie auf das Objekt ihrer Begierde zu, um sich ihre Vermutung bestätigen zu lassen. Außer ihr, Yugi und Yami waren noch zwei andere Personen im Raum. Zum einen war da Tracy Wittman – das Mädchen, das Tea mit ihrer Randale in den Mädchentoiletten fast zu Tode erschreckt hatte – und zum anderen Misako Kenzo. Auch sie war nicht gerade gut auf die penetrante Brünette zu sprechen. Alle Anwesenden – außer Tea – waren vom Klassenlehrer eingeteilt worden, den Raum nach dem Unterricht sauber zu machen. Mit neugierigen Blicken beobachteten die beiden anderen Mädchen nun, wie die Brünette schnurstracks zu dem rotäugigen Jungen ging und auf ihn einredete. „Hey Yami“, flötete sie mit ihrer schrillen Stimme, „das war ein echt gelungener Scherz heute, aber du glaubst doch nicht wirklich, ich würde dir abkaufen, du wärst mit dieser halben Portion zusammen. Komm schon, du könntest doch was Besseres haben…MICH.“ Tea war nicht davon abzubringen, dass sie die perfekte Wahl für den Punk wäre. Sie hatte zwar in der Pause mit angehört, als die anderen Yami und Yugi ausgefragt hatten und auch den vertrauten Umgang der beiden Jungs mitbekommen, doch wahr haben wollte sie es nicht. Auch die Worte, die der Rotäugige zu ihr sagte, prallten ungehört an ihr ab. Als er nämlich sagte: „Das war kein Witz Tea. Ich bin jetzt mit Yugi zusammen und ich bin froh darüber, ihn endlich für mich gewonnen zu haben. Komm klar damit. Außerdem sollte die Frage wohl eher lauten: Was sollte ich mit dir anfangen, wo ich doch Yugi habe?“ Die beiden Mädchen, die Zeuge dieser Unterhaltung wurden, mussten sich ein lautes Auflachen verkneifen. Wenige Sekunden später verschwand jedoch das Grinsen von ihren Gesichtern, als sie begriffen, dass die Brünette diese eiskalte Abfuhr nicht als solche aufgefasst hatte. Tea hatte es irgendwie geschafft Yami in eine Ecke des Zimmers zu drängen und versuchte nun ihn zu umarmen und ihm einen Kuss aufzudrücken. Dabei säuselte sie – wie sie wahrscheinlich dachte – verführerisch: „Komm schon, wie kannst du etwas ablehnen, was du noch nicht probiert hast. Ich verspreche dir, nur ein Kuss von mir und du wirst alles Vorherige vergessen.“ „Ja, das wird er bestimmt“, murmelte Misako, „allein schon deswegen, weil sein Körper versuchen wird ihn vor diesem traumatischen Erlebnis zu schützen…“ Tracy kicherte ganz leise. Der rotäugige Junge sah ganz verzweifelt aus. Wie konnte er nur fliehen? Er wurde mit dem Grundsatz erzogen, dass man Mädchen nicht schlug oder sonst wie körperlich angriff. Beiden Beobachterinnen war klar, dass sie etwas unternehmen mussten, um den armen Yami vor dieser Nervensäge zu retten, doch noch bevor eines der Mädchen reagieren konnte, traf ein nasser Tafelschwamm Teas Rücken. Während die Brünette noch Löcher in die Luft starrte und versuchte zu verstehen, warum ihr Blazer hinten so nass war, sahen Tracy und Misako in die Richtung, aus der das Wurfgeschoss kam. Was sie dort sahen, würden beide nie vergessen. Der sonst so ruhige Schüler Yugi Muto sah aus, als wäre er unter Strom geraten. In seine sanften, tiefvioletten Augen blitzte die Wut, seine weichen Gesichtszüge wirkten mit einem Mal entschlossen und hart, Der ganze Körper war angespannt, die Hände zu Fäusten geballt und mit der aufwendig hochgegelten Frisur, wirkte er wie ein Stachelschwein kurz vor dem Angriff. Misako und Tracy beobachteten dieses Schauspiel fasziniert. So hatten sie ihren kleinen Yugi noch nie erlebt. Mit schnellen Schritten war er bei Tea angelangt, packte sie am Arm und zog sie – mit einer Kraft, die man ihm gar nicht zugetraut hätte – so weit weg von seinem Freund, wie es nur möglich war. Seine sonst so ruhige und zarte Stimme hatte eine gefährliche Lautstärke und eine nicht zu überhörenden, drohenden Tonfall, als er der Blauäugigen entgegen schrie: „SAG MAL HAST DU NOCH ALLE TASSEN IM SCHRANK ODER WAS TICKT BEI DIR SONST SO NICHT MEHR RICHTIG. KRIEG ES ENDLICH IN DEINEN HOHLEN SCHÄDEL REIN: YAMI – IST – MIT – MIR – ZUSAMMEN“, er sprach jedes Wort extra langsam aus, damit Tea auch jedes einzelne richtig verstehen konnte. „ICH WIEß JA NICHT, WAS MIT DIR NICHT STIMMT, ABER SOLLTEST DU ES JEMALS WIEDER WAGEN, DICH AN MEINEN FREUND RANZUMACHEN – EGAL WIE, EGAL WANN UND EGAL WARUM – WIRST DU DIR WÜNSCHEN DIE JUNGS MIT DEN „HAB – MICH – LIEB – JACKEN“ HÄTTEN DICH ABGEHOLT, ALS DU DAMALS DIE MÄDCHENTOILETTE DEMOLIERT HAST. UND LASS DIR DASS EINE GESAGT SEIN, YAMI WERDE ICH NICHT SO EINFACH AUFGEBEN: VOR ALLEM NICHT WEGEN DIR UND SCHON GAR NICHT FÜR DICH.“ Mit diesen Worten ließ er Teas Arm los, den er die ganze Zeit festgehalten hatte. Ohne sie auch nur noch eines Blickes zu würdigen schnappte er sich seine Tasche, nahm auch gleich die seines Freundes an sich und ging zu diesem. Yami sah ihn immer noch mit großen Augen an. Er hätte nie gedacht, dass sein Yugi zu so einem Wutausbruch fähig war. „Yugi…das war…“ Er fand keine Worte dafür. Während der Angesprochene ihm die Tasche reichte, griff er gleichzeitig nach der Hand des Größeren und schenkte ihm ein liebevolles und sanftes Lächeln. Von der Wut, die noch wenige Momente vorher in seinem Gesicht zu lesen war, fand sich keine Spur mehr. Auch Yugis Stimme hatte wieder ihren normalen und liebenswerten Klang wieder, als er flüsterte: „Es ist so wie ich es gesagt habe: Ich gebe dich nicht so einfach kampflos her. Du bist mir wichtig und deswegen hoffe ich, dass du damit leben kannst, dass ich auf jeden eifersüchtig werde, der dir zu nahe kommt.“ „Nur, wenn du damit leben kannst, dass es mir bei dir nicht anders gehen wird“, flüsterte Yami zurück. Er schlang seinen freien Arm um die Taille des Kleineren und zog ihn näher an sich ran. Gemeinsam gingen sie aus dem Klassenzimmer. Erst das lang gezogene, schmachtende „Ooooooooh“, erinnerte sie daran, dass noch weitere Personen im Raum waren. Ohne sich umzudrehen wollte Yami wissen: „Tracy, Misako, stört es euch, wenn wir schon gehen?“ „Nö, tut es nicht. Wir wollten auch gerade gehen. Wir sind doch sowieso fertig. Den Schwamm kann Tea auch allein aufräumen und den Wasserfleck soll sie auch mal schön selbst wegwischen. Schließlich ist sie ja dafür verantwortlich.“ Und so blieb Tea zum zweiten Mal in dieser Woche alleine im Klassenraum zurück. Völlig paralysiert vom Schock. Wer hätte schon gedacht, dass der kleine Yugi so ein Organ hatte? 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