Blood Deal von -Amber- (Even if saving you sends me to heaven) ================================================================================ Kapitel 24: Oberglucke ---------------------- Cole Am nächsten Tag meldete sich einer seiner Unterhändler, dass ihn jemand gefragt habe, ob er Stoff bei ihm lagern dürfe. Er hatte ihn gefragt, offenbar recht stoned und dennoch recht bedrohlich, ob er etwas ihm anvertrauen könnte, wobei er ihm eine hübsche Summe versprach. Er hatte ihn hingehalten und mit ihm ein Treffen auf neutralem Boden ausgemacht. Das Treffen würde am Wochenende stattfinden. Cole erklärte, dass er sich mit ihm noch einmal in Verbindung setzen würde. Offensichtlich wurde es doch schneller konkret, als gedacht. Sein Unterhändler fügte zudem einen interessanten Aspekt an: Er glaubte, dass der Typ ein Bulle sei, weshalb er im Unklaren gelassen hatte, ob er wirklich in dem Milieu zu tun hatte, oder nicht. Nachdenklich verließ er an diesem Tag das Lady-Dream früher als gewöhnlich und fuhr zu Antonin, wo er auch schon bald darauf klingelte. Antonin Vor sich hin grübelnd schob Antonin den Einkaufswagen durchs Geschäft. Nicht nur dass ihr Telefonat ihn gestern wiedermal mehr als nur irritiert mit Gott und der Welt zurückließ, nein jetzt musste er sich auch noch überlegen, was er jemandem kochen wollte, den er bisher nur in griechischem Essen herumstochern gesehen hatte. Und was wusste er davon? Dass jener Auberginen mochte. Na wenn das kein Anhaltspunkt war?! Mutierte er da gerade wirklich zu einer Oberglucke? Jemand sollte aus der siebten Hölle steigen und ihn erschießen. Dabei war er wirklich stolz auf sich gewesen – bisher. Er hatte weder via Laptop verfolgt wo Cole oder besser, Coles Wagen sich herumtrieb, noch war er 'einfach nur so' im Lady-Dream aufgetaucht. Also im Grunde genommen, ließ er dem anderen damit mehr Leine als er eigentlich sollte. Da dürfte man dann doch wohl mal darum bitten, dass jener auf sich aufpasste, oder etwa nicht?! Unbehaglich ein wenig vor sich hin brummend, dachte er daran zurück gehört zu haben, dass jener nicht wirklich so sauer geklungen hatte wie sonst. Oder war das Wunschdenken? Oh man, er wurde einfach nicht schlau aus diesem Kerl. Und aus sich auch nicht, oder warum lud er ihn zu sich ein? In seine Wohnung. Wobei ihm gerade auffiel das Cole ja gar nicht wusste, dass er bei Grombowitsch zu klingeln hatte. Aber naja, wozu gab‘s denn Handys? Der würde sich dann schon rühren. Da er in seiner Mittagspause eingekauft hatte, brachte er die Tüten mit von der Arbeit, wo er sie bis zum Feierabend in einen der Kühlschränke verstaut hatte. Antonin hatte sich für einen Gemüse-Schafskäse Auflauf entschieden und dazu würde es einen leckeren und vor allem gesunden Salat mit Olivenöl geben. Und wenn Cole das nicht schmeckte, würde er ihn wieder rauswerfen. Jawohl! Doch als er dann so in seiner Küche stand und auf die Uhr sah, wurde ihm bewusst, dass er in leichte Zeitprobleme schlingern konnte. Er wollte noch duschen, die Küche musste er auch freiräumen, da der Glastisch im Wohnzimmer zu niedrig dafür wäre, und nebenbei musste er ja auch noch kochen. Also machte er sich gar nicht weiter rumtrödelnd daran, das Gemüse zu waschen und in kleine Stücke zu schneiden. Sogar Auberginen waren da mit drin. Damit bestand immerhin eine kleine Chance auf einen Treffer. Nebenbei briet er ein wenig Hackfleisch in der Pfanne an. Nicht viel, es sollte nur geschmacksunterstreichend sein und für den Schafskäse war er im Feinkostladen gewesen, da er da Zeug aus dem Supermarkt nicht leiden konnte. Viel zu hart und ohne wirklichen Geschmack. So ging er in seiner Arbeit auf und sah schließlich ein wenig geschockt auf die Uhr, als er das Ganze dann in den Ofen schob. Scheiße nochmal! Er hatte doch getrödelt! Nun in ein wenig Hetze sprang er unter die Dusche und gönnte sich nicht, wie normalerweise nach der Arbeit eine wirklich lange Session mit viel heißem Wasser, sondern eher rein zum kurzen Abkühlen und zur Säuberung. Sich danach in eine Jeans und ein schwarzes T-Shirt werfend betrat er dann wieder die Küche und musterte sie kritisch. Hier lag einfach zu viel Chaos auf dem Tisch und den Stühlen. Irgendwann müsste er sich doch nochmal einen Aktenschrank oder sowas anschaffen. Doch dafür war jetzt keine Zeit und somit wuchtete er sämtliche Zettel und Ordner zusammen und verfrachtete sie in eine der Küchenecken, bevor er den Tisch eben mit einem Lappen sauberwischte. Er selbst aß meistens im Stehen oder eben im Wohnzimmer, gemütlich auf seinem Sofa liegend. So im Stress fiel ihm gar nicht mehr auf, dass er nur ein kurzärmliges T-Shirt angezogen hatte, ohne sich das dazugehörige weiße Hemd übergeworfen zu haben und zuckte nur irritiert hoch als es klingelte. Naja gut, Cole schien 1 & 1 zusammengezählt zu haben. Sonst wohnten hier auch nur eine Blackstone, eine Marbel und ein Herr Danzinger. Grombowitsch war wohl das Einzige, das ansatzweise Russisch klang. So drückte er schließlich auf den Öffner und ließ die Tür einen Spalt weit offen um in die Küche zurück zu kehren und nach seinem Auflauf zu sehen. Wo ihm dann auch erstmal einfiel, dass er keinen Tropfen Alkohol ihm Haus hatte. Genervt aufstöhnend schlug er sich gegen die Stirn. Er war ein beschissener Gastgeber. Cole 'Grombowitsch' interessant. Nun, aber hier musste es sein. Er betrat das Treppenhaus, ging die Stufen hinauf. Er spürte wieder das Unbehagen, das ihn am vergangenen Abend bereits nach dem Telefonat eingeholt hatte. Wieso hatte er überhaupt eingewilligt, zu Antonin zu kommen? Wieso hatte er sich dazu verleiten lassen, wieder einmal die natürliche Distanz, die er normalerweise wahrte, aufzuheben? Er könnte sich wirklich ohrfeigen... Und dass es unmöglich sein würde, bei Antonin zu Hause rein geschäftlich sich zu unterhalten, war ihm mehr als bewusst. Wieso in Dreiteufelsnamen schaffte Antonin es immer wieder, ihn in solche Situationen zu bringen. Er seufzte bei dem Gedanken und schob ihn schließlich zur Seite, als er vor einer Tür stand, die, wenn er sich recht erinnerte wirklich die Tür zu Antonins Wohnung war. War der gute Mann so leichtsinnig, oder bildete er sich das nur ein? Stirnrunzelnd betrat er die Wohnung, einen kühlen, fast schon missmutigen Blick im Gesicht. Sorgsam schloss er die Tür hinter sich. Er hatte etwas weiter geparkt, nicht wissend, ob er verfolgt wurde, und war dann in die Menschenmenge abgetaucht, um ungesehen hierher zu kommen. Seitdem die Bullen ihm auf die Pelle gerückt waren, war er vorsichtig. Er hörte Geräusche aus der Küche, blickte sich kurz im Wohnzimmer um. Es wirkte so, wie wenn jemand froh war, dass er normalerweise keinen Besuch bekam und nun kurzfristig dafür gesorgt hatte, dass es aufgeräumt wirkte. Cole stellte sich in die Tür zur Küche und blickte den anderen an, der sich soeben wieder aufrichtete, den Ofen schließend, offenbar noch nicht ganz zufrieden. "Es riecht gut", stellte er knapp fest. Musterte den anderen, der zum einen noch leicht feuchte Haare hatte, zum anderen unerwartet in einem kurzärmligen Hemd vor ihm stand. Er bemerkte die Narben, aber sein Blick blieb nicht daran haften. Schließlich kannte er schon die Blessuren des anderen, die ihm jener damals im Streit gezeigt hatte. Danach fragen würde er nie. Auch wenn er sich die Ohren nicht zuhalten würde, wenn Antonin ihm selbst erzählen würde. Die Flasche Wein hochhebend, die er gekauft hatte, weil man doch zu einer Einladung wohl auch etwas beitragen musste, trat er auf den anderen zu, nahm einen Geruch wahr, den er kannte, beugte sich zu Antonin vor, um sacht an dessen Hals zu schnuppern. "Hugo Boss Energise", stellte er fest, richtete sich wieder auf und drückte Antonin die Flasche in die Hand. "Soll ich dir helfen, den Tisch zu decken?" Die Küche hatte mit dem Zettelchaos, das er das letzte Mal darin gefunden hatte, noch gemütlicher gewirkt, diesmal wirkte sie anders, aber dennoch angenehm. Er drehte sich wieder Antonin zu. "Zeig mir nur, wo ich was finde." Antonin Der Auflauf sah so aus als könnte er noch ein paar Minuten vertragen. Sehr gut! So schloss er den Ofen wieder und richtete sich, recht zufrieden mit dem bisherigen Ergebnis auf. Wobei er Cole auch in seiner Küchentür stehen sah und sich sofort ein stolzes Funkeln in seine Augen legte, als er die Worte hörte. "Es sieht auch ganz gut aus", dann würde das eben ihre Begrüßung werden. Hatte er keine Probleme damit um einmal ehrlich zu sein. "Auch wenn ich keine Ahnung habe, was du eigentlich isst und damit irgendwie ins Blaue hinein raten musste", gab er zu und musste sich ein erleichtertes Lachen verkneifen, als er die hochgehobene Flasche sah. "Ah, sehr gut. Du hast dir etwas zum trinken mitgebracht. Ich habe nämlich gerade festgestellt, dass ich das natürlich vergessen habe." Antonin hatte keine Probleme solche Dinge zuzugeben. Zwar kochte er für sein Leben gerne, aber die meiste Zeit fehlten ihm ständig irgendwelche Zutaten von denen er sich sooo sicher gewesen war, sie noch zuhause zu haben. Als Cole, der näher getreten war, sich dann zu ihm beugte und sein Parfüm erkannte wusste er nicht so recht damit umzugehen und beschloss es nur mit einem Nicken zu quittieren. Das hier würde nach dem Essen geschäftlich werden und auch bleiben! Im Grunde machte er das hier nur, damit er sich auch sicher sein konnte, dass der andere mal ein wenig vernünftig speiste. Und wenn er sich das lange genug selbst vorsagte, würde er sich sicherlich auch bald glauben! "Den Tisch decken", murmelte er und hob die Hand, um sich über den Hinterkopf zu reiben. "Äh.. ja", er runzelte die Stirn und überlegte, wo sich die Untersetzer wohl befanden. Oder die Weingläser. Probeweise öffnete er ein paar seiner Schränke und wurde schließlich auch fündig. "Sorry, seitdem ich umgezogen bin hatte ich noch nicht so wirklich viel Besuch", damit stellte er nach und nach alles auf den Tisch und überließ es Cole, das ganze halbwegs richtig zusammen zu ordnen, denn er hatte noch einen Salat fertig zu stellen. Wobei er besonderen Wert auf das Dressing legte. Er konnte es nicht leiden, wenn da nur so zwei Tropfen drüber getröpfelt wurden und man damit eigentlich mehr oder weniger nur auf den nackten Salatblättern herumkaute. So schmeckte er das Ganze immer mal wieder ab, um dann doch noch etwas Salz oder ein anderes Gewürz dazu zu geben, bis es ihm endlich passte und er das ganze großzügig über die Salatschüssel goss. Welche er gleich darauf auf den Tisch platzierte und dazu noch zwei kleinere, Glasschüsseln aus den Tiefen seines Schrankes zauberte und ebenfalls dazustellte. "Sooo, jetzt noch den Auflauf rausholen und beten, dass er etwas geworden ist", murmelte er und setzte das Ganze auch gleich in die Tat um. Was den köstlichen Duft ein wenig verstärkte und seinen Magen knurren ließ. Er hatte heute durch die Einkaufsaktion auf sein Mittagessen verzichten müssen, etwas, das sein Magen ihm übel zu nehmen schien. Sich ein Messer aus der Schublade nehmend schnitt er das ganze Ding in annehmbare Stücke und holte einen Heber hervor, um diesen zusammen mit dem Rest dann ebenfalls auf dem Tisch zu platzieren. Dazu noch eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank geholt und im Grunde genommen war jetzt alles fertig, richtig? Als er das zweite Weinglas sah, das Cole ihm hingestellt hatte, lächelte er nur kurz und stellte das dann wieder weg. "Tut mir leid, ich befürchte den Wein wirst du alleine genießen müssen. Ich versuche Alkohol zu normalen Zeiten aus dem Weg zu gehen", erklärte er leichthin und setzte sich schließlich aufseufzend, bevor er sich ungefragt Coles Teller griff und diesem eines der Stücke draufhiefte, bevor er es zurück gab. "Lass es dir trotz meiner seltsamen Gastgeberqualitäten schmecken. Oder anders, ich hoffe, dass es dir schmeckt", meinte er lächelnd und nahm sich ebenfalls, um gleich danach zu probieren und sich innerlich selbst auf die Schulter klopfend. Also ihm schmeckte es. Und noch machte er sich auch keine Gedanken, dass es seltsam war, Cole hier so bei sich zu haben. Nein, quasi überhaupt nicht. Da war ja auch nichts dabei. Er hatte immer mal wieder für seine Bekannten gekocht, als er noch in dem Haus gewohnt hatte. Also alles ganz normal. Und dass der andere an ihm geschnuppert hatte, war auf so engem Raum auch in Ordnung. Also im Grunde war alles in Ordnung. Gerade weil er sich ständig wiederholte! "Man soll sich ja nicht selbst loben...", murmelte er nach dem nächsten Bissen, "aber ich halte mich gerade für ein Küchengenie." Das Gemüse war genau so wie es sein sollte und das Hackfleisch gab dem ganzen wirklich genug Geschmack, ohne den Käse zu übertrumpfen. Absolut perfekt. Er würde sich selbst heiraten und in die Küche stellen. Cole Cole sortierte das Geschirr auf dem Tisch und setzte sich dann auf den Stuhl, den anderen beobachtend, der vor sich hinwuselte. Ein Schmunzeln lag auf seinen Lippen, während seine kühlen Augen dem Mann folgten, der irgendwie nervös wirkte. Oder bildete er sich das ein? Die leichte Hektik, das offensichtliche Nachdenken, ob er an alles gedacht hatte, das Kommentieren seiner Handlungen. Und während er ihn betrachtete wurde Cole selbst vollkommen ruhig. Es war schon in Ordnung, dass er hier war. Deshalb, weil seine Unsicherheit nicht alleine da stand. Zumindest bildete er sich ein, dass Antonin auch nicht so recht wusste, ob das hier 'normal' war. Und deshalb konnte er entspannen und zu seiner gewohnten Haltung übergehen, seiner leicht kühlen, abweisenden Haltung, die ihm so viel Sicherheit gab. Er nahm die Flasche Wein in die Hand, um diese zu öffnen, als er den Kommentar des anderen hörte. Überrascht blickte er auf, stellte die Flasche wieder hin und nahm stattdessen die Flasche Wasser, um ihnen beiden einzuschenken. "Dann trinke ich auch nichts", erklärte er knapp. Er trank am liebsten in Gesellschaft. Im Lady-Dream trank er gerne mal einen Whiskey, wenn er Stress gehabt hatte, oder ihm am Ende des Tages danach war, ansonsten trank er nicht viel. Er hatte schlechte Erfahrungen damit gemacht, was die Sicherheit des eigenen Lebens im Zusammenhang mit Alkohol betraf. Damals hatte er wirklich Glück gehabt, dass er seinen Arsch hatte retten können. Aber was Antonin unter 'normalen Zeiten' verstand, begriff er nicht so ganz. Nun, wenn er darüber nachdachte, dann hatte jener immer nur Alkohol getrunken, wenn sie vorher etwas blutig unterwegs gewesen waren. Schon damals, als sie das erste Mal im Club waren, war ihm klar gewesen, dass der Alkohol Antonins Art zu sein schien, wie er mit solchen Stresssituationen umging. Nun, das musste jeder für sich entscheiden. Cole brauchte Sex, Antonin offenbar Alkohol. Nun blickte er auf seine Portion, die ruhig ein bisschen weniger hätte sein können, nickte kurz, als Antonin ihm wünschte, dass es ihm schmeckte. "Du dir auch", erwiderte er und griff zur Gabel. "Ich bin kein großer Esser, wie du selbst ja schon bemerkt hast. Und eigentlich auch niemand, der für sich wirklich kocht, aber ich wüsste glaube ich nichts, was ich nicht essen würde. Bis auf Milch vielleicht. Ich hasse Milch..." Zögerlich spießte er den ersten Bissen auf die Gabel. Er hatte die Woche versucht mehr zu essen, aber es hatte nicht wirklich funktioniert. Nun ja, aber vielleicht würde er heute mal aufessen können. Er probierte und es schmeckte ihm, ohne Frage. "Heiß", meinte er zunächst und nahm einen neuen Bissen, tat so, als müsste er überlegen, ob es ihm schmeckte. "Kann man essen", erklärte er und nickte langsam, wie um sich selbst davon überzeugen zu müssen. Dann blickte er auf und lächelte. "Nein, es ist wirklich gut." Er konzentrierte sich wieder aufs Essen. Zumindest schmeckte es ihm so, dass er keine Probleme hatte, mehr als die Hälfte seiner Portion aufzuessen. Er nahm sich ein wenig vom Salat und aß dann auch davon etwas. Schließlich bemerkte er, dass sie so still waren, so schweigsam, ohne dass es eine unangenehme Ruhe war, eher eine vertraute Ruhe, eine entspannte Ruhe. Sie irritierte ihn. Er war es nicht wirklich gewohnt, Zeit mit jemandem zu verbringen, ohne reden zu müssen. Momente einer solchen entspannten Ruhe kannte er nur aus seiner eigenen Wohnung. Momente, die er dann mit niemandem teilte. Doch nun war es doch Zeit zum Geschäftlichen zu kommen. "Danke", sagte er schließlich. "Es hat wirklich gut geschmeckt." Er schob den Teller leicht von sich. Er lehnte sich etwas zurück und sein Blick ruhte auf Antonin. "Nächste Woche gibt es eine große Waffenlieferung, die möglichst an ein und dem selben Tag abgewickelt werden muss. Ich bin unter Beobachtung, das merke ich deutlich. Deshalb kann ich kein Risiko eingehen, indem ich mich lange mit einer Ladung Waffen belaste. Ich habe die Lokation ausgewählt, würde aber gerne deine Meinung hören, worin du darin eventuelle Gefahren siehst. Ich habe Pläne dabei, die kann ich dir nachher zeigen." Er hatte eine Tasche mit Unterlagen im Wohnzimmer auf dem Sofa liegen gelassen, wo er auch seine Jacke abgelegt hatte. "Du hast Ragnar für morgen die Lieferung angekündigt. Du solltest dich mit ihm nicht im Lady-Dream treffen. Das haben wir ja aber schon besprochen. Und was unseren 'Irren' betrifft. Einer meiner Dealer wurde angezapft. Am Samstag weiß ich also mehr. Ich werde mir den Typ einmal ansehen." Kurz schwieg er. "Eine schriftliche Einladung bekommst du nicht, aber magst du mitkommen?", fragte er schließlich. "Dann kannst du mir ja auf die Finger sehen, damit ich nicht 'Unüberlegtes' mache..." Antonin Seltsamerweise fiel Antonin diese Art der Stille überhaupt nicht auf. Nachdem er das Kompliment mit einem zufriedenen Nicken entgegen genommen hatte, war er vollkommen auf sein Essen konzentriert. Es mochte vielleicht auch daran liegen, dass es seine Wohnung war und er sich hier meistens sehr gut entspannen konnte. Da war angenehme Stille nichts seltenes, obwohl es das in diesem Moment durchaus so sein sollte. Und während Cole mit dem einen Teller zufrieden schien, nahm Antonin sich selbst noch einen Nachschlag. Seitdem er versuchte wieder mehr Kondition aufzubauen, nahmen auch seine Essensportionen wieder zu. "Nicht für sich selbst kochen, hm?", meinte er schließlich nachdem er sich auch hier durch die halbe Portion gefuttert hatte. "Ausgewogene, leckere Ernährung ist für mich ein absolut notwendiges Übel. Alleine schon, weil ich im Labor nicht wirklich zu viel Bewegung komme. Daher hab ich es mir früh angewöhnt, auch für mich selbst zu kochen und auf diesen Fertigfraß zu verzichten", erzählte er und kümmerte sich dann um den Rest seiner Portion während er die Informationen über die Waffenlieferung aufnahm. "Du denkst nicht zufällig, dass dieser neue Beobachtungswahn mit dem ausheben eurer Ratte zu tun hat, oder?", fragte er schließlich und erhob sich um das Geschirr auf die Anrichte zu stellen. Er würde es später vorwaschen und dann in der Spülmaschine verstauen. Sowas musste er fragen, da er ja nicht so wirklich wusste, was Cole so trieb wenn sie sich nicht sahen. Vielleicht gab es da ja auch den ein oder anderen hochgehobenen Deal? Es war vielleicht sein Unterbewusstsein, aber offiziell gab er vor nicht zu merken, dass er Coles direkten Blick seit ihrer Begrüßung ausgewichen war. Nicht wie ein verschrecktes Schulmädchen, aber beim Essen war der Blick auf dem Teller gewesen und jetzt bei den Dingen, die er eben so erledigte. "Lass uns die Pläne im Wohnzimmer ansehen, dann schauen wir mal ob mir wirklich mehr auffällt als dir", stimmte er zu und lehnte sich dann ein wenig stirnrunzelnd an die Küchenzeile. "Ich hab das Zeug hier. Ragnarmuss sich also nur noch einen Ort zum Entgegen nehmen aussuchen und der Rest ist kein Problem", murmelte er und fragte sich was ihn jetzt gerade so kurz irritiert hatte. Bis sein Blick am Wasserglas hängen blieb, das er sich soeben vom Tisch genommen hatte. Oder besser an der Hand die jenes gerade umschloss. Und dann verspannte sich sein ganzer Körper für einen Moment: Er hatte das Hemd vergessen! War er neuerdings behindert oder so? Geistige Umnachtung? Er zeigte sich so nie! Nie wie Niemals. Abgesehen von Nicholas und dessen kleiner Familie, weil er da sowieso keine andere Wahl hatte. Verflixt, was lief hier eigentlich? Die nächste 'verdrehen wir Antonin mal so ordentlich den Kopf, dass er nicht einmal mehr die elementaren Dinge bemerkt'-Show? Aber jetzt ins Schlafzimmer zu stürzen und das zu ändern war auch nicht drin. Scheiße! Naja, er würde in Zukunft besser darauf achten müssen, jetzt war es schon rum ums Eck. Dann wüsste Cole eben, dass es beide Arme betraf und nicht nur einen. Na und? Doch dann wurde seine Aufmerksamkeit wieder von Cole beansprucht und er nickte zustimmend. "Darauf kannst du aber Gift nehmen", raunte er mit einem leicht störrischen Unterton. Natürlich würde er mitkommen. Was war das denn für eine Frage? Vermutlich könnte er nicht eine Minute stillsitzen, wenn er davon wüsste, aber nicht mitgekommen wäre. Ob offiziell oder inoffiziell. "Und du brauchst das 'unüberlegt' gar nicht so betonen", entschied er bevor er dummerweise doch aufsah - genau in Coles grüne, kühle Augen. "Es wäre ja nicht das erste Mal", vermutlich sprach er damit wieder einen der Punkte an die Cole reizten, aber wenn er das nicht dürfte, wer denn dann? Und gerade als er noch etwas daranfügen wollte klingelte sein Telefon. Nicht sein verdammtes Handy, sondern sein Festnetz. What the hell? Verwundert ging er in den Gang und nahm es von der Station. "Ja? .... weißt du eigentlich wie spät es ist, Mara? Du solltest schon lang im Bett sein.... mh.... mh... bitte?! Das kann doch jetzt ... na schön." Sich das Telefon zwischen Kopf und Schulter einklemmend lief er ins Wohnzimmer und öffnete den Schrank unter seinem Fernseher, wo sich der DvD-Player und eine Spielekonsole befand. Und ein darauf gelegtes Spiel. "Ja, ich sehe es... nein, morgen muss reichen", brummte er nahm das dumme Ding und trat damit wieder in die Küche, es auf dem Fensterbrett ablegend. "Nein bedeutet nicht vielleicht.. mh.. gib mir mal deinen Dad, ja?" Er machte eine entschuldigende Geste in Richtung Cole und lauschte dann der neuen, tieferen Stimme. "Ich bringe das dumme Ding heute nicht mehr vorbei!", begrüßte er ihn störrisch. "Und du brauchst Mara dafür auch gar nicht vorschicken, ihr seid selbst Schuld wenn ihr mein Wohnzimmer als Spielplatz missbraucht.... Ich wurde ja nicht einmal gefragt ob ich das machen... na hör mal!", ereiferte er sich und verließ die Küche wieder, wütend ins Telefon zischend. "Ich weiß das alles sehr gut, vielen Dank! Morgen früh muss reichen!", und dann wurde seine Stimme wieder sanfter: "Sag ihr gute Nacht von mir, ja?", damit legte er auf und atmete einmal tief durch bevor er die Küche wieder betrat. "Tut mir wirklich leid, aber aus irgendwelchen merkwürdigen Gründen bin ausgerechnet ich zum Patenonkel geworden. Wovon ich erst kürzlich überhaupt in Kenntnis gesetzt worden bin." Man hörte seine Irritation damit deutlich mitschwingen. "Aber wie dem auch sei, wollen wir uns die Pläne ansehen?", er sah Cole fragend an, wenn auch irgendwie total aus sämtlichen Kontext gerissen. Was wollte er ihm vorher noch zu diesem Irren sagen? Cole Antonins Bemerkung zu gesundem Essen fügte Cole lieber nichts dazu. Er hatte das noch nie als Notwendigkeit gesehen. Wohl, weil er letztlich nie wirklich acht auf sich gegeben hatte. Aber das war ihm nicht bewusst. Sein Körper war für ihn Mittel zum Zweck, und nichts, worum man sich wirklich kümmern musste. Klar, er war jemand, der großen Wert auf Hygiene legte. Er pflegte sich, stylte sich auch gerne, aber sonst tat er nichts für seine Gesundheit, seinen Körper. Als sein Gegenüber ihn aber auf jene Aktion ansprach, nickte er. "Ich denke, die Bullen sind auf mich aufmerksam geworden. Sie haben sicherlich Blut gefunden, das sie mir ohne weiteres zuordnen können. Auch wenn das gesamte Haus abgebrannt ist, haben sie sicher etwas gefunden, was sie mir zuordnen können, zumal es nun mal auch das Haus meiner Eltern war." Sein Gesichtsausdruck verhärtete sich. Er wusste noch nicht so recht, wie er damit umgehen sollte, dass dieser Ort nun nicht mehr für ihn verfügbar war. Früher war er öfters dort gewesen, wenn es ihm nicht gut ging. Der Ort hat ihm Kraft gegeben. Sicher, seine Besuche waren in letzter Zeit seltener geworden, aber nun gar nicht mehr, oder nur bedingt die Möglichkeit zu haben, dorthin zu gehen, war für ihn noch eigenartig. Das Grundstück gehörte inoffiziell ihm. Aber er wusste nicht, was er damit anfangen sollte. "Ich denke, sie wissen, dass in dieser Nacht etwas Größeres gelaufen ist. Auch wenn sie keine Ahnung über die Zusammenhänge haben. Andererseits können sie froh sein, dass diese Splittergruppe sich nun aufgelöst hat. Die Idioten haben ganz schönen Stress in der Szene gemacht... Völlig unsinnigen Stress." Er zuckte mit den Schultern, was mit der einen Schulter besser ging als mit der andere, die seitdem die Narbe wieder aufgebrochen war, immer wieder höllisch schmerzte. Cole verfolgte die Aufräumaktion des anderen, und ihm viel zu spät auf, dass er durchaus hätte helfen können. Aber offensichtlich verfolgte der andere auch genauere Pläne, so dass er wahrscheinlich nur gestört hätte. So hoffte er zumindest. Kurz legte er irritiert den Kopf schief, als er die plötzliche Anspannung des anderen sah. Doch dieser Moment schien nicht lange zu dauern. Und auch Cole war schnell wieder abgelenkt, er wunderte sich leicht über Antonins entschlossene Haltung, ihn zu diesem Typen nicht alleine gehen zu lassen. Cole wusste nicht so recht, ob er darüber schmunzeln sollte, oder nicht. Zumal dieser ihm offenbar direkt vorwarf, dass er nur unüberlegt handelte. Zunächst wanderten seine Augenbrauen erstaunt nach oben, dann verdüsterte sich Coles Miene. Der Blick des anderen wurde dementsprechend kühl erwidert. Doch das Telefon ließ Cole den bissigen Kommentar verschlucken, der ihm auf den Lippen lag. Leicht schüttelte er den Kopf. Wie konnte es Antonin wagen, ihm vorzuwerfen, er würde stets unüberlegt handeln. Ein Gefühl von Unzufriedenheit breitete sich in seinem Magen aus. Er lauschte dem Telefonat, was ihm Zeit gab, sich wieder runterzufahren. Nun, Antonin konnte ja letztlich nur von dem einen Ereignis ausgehen, bei dem er vielleicht wirklich unüberlegt sich selbst gegenüber gehandelt hatte, aber insgesamt war die Aktion ein voller Erfolg gewesen. Und mehr zählte doch nicht. Der Dunkelblonde stand vom Küchentisch auf, schenkte sich wieder ruhig geworden noch etwas Wasser nach, nahm das Glas mit und lehnte sich gegen den Tisch, beobachtend, wie Antonin in die Küche kam, sie wieder verließ und erneut eintrat, das Telefongespräch beendet habend. Gelassen hörte er sich die Erklärung an. "Oberglucke", stellte er fest und nickte gewichtig. "Die geborene Oberglucke und nun also mit Kind." Er blickte ihn nachdenklich an. "Und darüber beschwert er sich auch noch." Er grinste leicht, um seine Worte zu entkräftigen. Sollte er doch froh sein, ein Patenkind haben zu dürfen. Er hätte auch gerne einen Paten gehabt, der sich wirklich um ihn sorgen wollte. Antonin "Oberglucke?", echote er nachdenklich und zuckte dann mit den Schultern, das entschärfende Grinsen bemerkend. "Natürlich beschwere ich mich!", setzte er noch nach und verzog das Gesicht. "Wenn man mir sowas schon aufs Auge drückt, wäre ich da ganz gerne von Anfang an dabei gewesen, obwohl es ihr offenbar nicht auszumachen scheint aus dem Nichts einen Onkel zu haben. Nein, tatsächlich glaubt sie jetzt komplett über meine Zeit verfügen zu können." Es klang erstaunt aber auch belustigt, doch dann wurde er ein wenig sarkastisch. "Aber keine Sorge, ich werde den Großteil meiner Gluckenfähigkeiten an ihr ausleben können. Immerhin muss man ein gutes Auge auf Kinder haben, nicht dass sie noch ins falsche Millieu abrutschen." Cole Mit einer hochgezogenen Augenbraue und einem spöttischen Ausatmen ließ Cole Antonins Zweideutigkeit durchgehen. Gleichzeitig kam ihm der Gedanke, dass jenes Mädchen sicher viel Glück gehabt hatte. Mehr, wesentlich mehr Glück als er es gehabt hatte. Aber wer würde neidisch sein. Es war Vergangenheit. Er stieß sich vom Tisch ab und trat an Antonin vorbei. "Lass uns ins Wohnzimmer gehen." Dort setzte er sich und nahm seine Tasche, aus der er einen Plan zog. Vorsichtig entrollte er ihn. "Ich habe ein Fabrikgebäude entdeckt, das noch nicht fertig gebaut ist, aber recht übersichtlich gehalten wird..." begann er Antonin zu erklären. Während er weiterredete deutete er auf verschiedene Stellen auf dem Plan. Er zeigte Antonin so, wo die Übergaben stattfinden sollten, wie viel Zeit er für welche Aktion eingeplant hatte, so dass das Ganze in drei Stunden abgewickelt wäre, und erklärte ihm schließlich, wo er überall jemanden stehen haben wollte, um das Gelände zu sichern. Schließlich endete und er sah Antonin an, der sich neben ihn gesetzt hatte. Erst jetzt fiel ihm auf, dass nicht nur der eine Arm die Narbe aufzuweisen hatte, sondern auch der andere, ihm zugewandte. Irritiert, aus einer ersten Reaktion heraus hob er seine Hand und fuhr sacht die Narbe entlang. "Beide Seiten", murmelte er und stellte das eher fest, als dass es eine Frage war. Dann blickte er zu Antonin auf, seine Hand zurückziehend, sah diesen nachdenklich, etwas kritisch, aber nicht kühl an. Was auch immer dem anderen angetan worden war. Es hatte enorme Spuren hinterlassen. Rein physisch, aber bestimmt noch mehr auf psychischer Ebene. Dann wandte er seinen Blick wieder ab, auf die Lagepläne. "Meinst du die Anzahl der Leute reicht, oder siehst du noch Punkte, die ungesichert sind? Zumindest das Frühwarnsystem müsste gut funktionieren..." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)