Blood Deal von -Amber- (Even if saving you sends me to heaven) ================================================================================ Kapitel 12: Ein Auftrag an den Falken ------------------------------------- Ragnar "So ein verdammter Sturkopf", fluchte Ragnar, als Cole das Zimmer verlassen hatte. "Wenn der Kerl sich nur einmal helfen lassen würde, ich glaube, das wäre wert, es rot im Kalender zu markieren. Dann soll er halt völlig übermüdet nach Hause fahren und einen Unfall bauen. Dann bin ich wenigstens seinen Dickschädel los." Ragnar schien erst jetzt wieder zu registrieren, dass ja auch noch Antonin im Zimmer saß. "Entschuldige", murmelte er und setzte sich hin, wo vor wenigen Augenblicken noch Cole gesessen hatte. "Und du bist fertig?", er lächelte Antonin ruhig an. "Das ist super. Hast du die Testergebnisse?" Er sah ihn fragend an. "Wenn alles stimmt, dann müssen wir uns über den Preis unterhalten", fuhr er fort und man merkte, dass er sich noch immer um Cole sorgte. "Und du kannst uns also ab sofort regelmäßig damit versorgen." Auch wenn er davon zu wenig Ahnung hatte, so musste er doch das Geschäftliche unter Dach und Fach bringen. Cole würde morgen nicht hier sein. Antonin Antonin ignorierte die pampigen Worte absolut gekonnt und klopfte sich dafür innerlich selbst auf die Schulter. Tatsächlich rührte er sich erst wieder, als Ragnar eintrat indem er ihm grüßend zunickte. Dem Gesprächsverlauf zwischen den beiden folgte er mit stetig steigender Augenbraue und mit wachsendem Interesse an Coles Gesichtsausdruck. Na aber hallo, meine Freundin: die Überraschung. Immerhin sah er keineswegs den typischen nichtssagenden Ausdruck, sondern einen, der Gefühle verriet, die nicht unbedingt mit Gleichmut und Sarkasmus übersetzt werden konnten. Was seltsamerweise nicht zu irgendwelchen gehässigen Gedanken oder einfacher, simpler Überraschung führte, sondern zu Skepsis. "Na, das nenne ich einen Sonnenuntergang", murmelte Antonin kaum dass sie die Tür hinter Cole geschlossen hatte und sah Ragnar ruhig an. In seiner eher gelümmelten Position bleibend. Doch er schob die Gedanken beiseite und widmete sich kurzweilig wieder seinem kleinen Projekt. "Ich bin fertig", nickte er und deutete auf das kleine Paket. "Die ersten Testergebnisse liegen bei, keine stärkeren Kurzzeitprobleme mehr. Dafür musste ich allerdings, um die Droge in dieser Form zu lassen ein paar Zugeständnisse eingehen. Die Zeit zum Nachweisen ist damit von 12 auf 18 Stunden gestiegen. Allerdings hat sich dadurch aus der Kick erhöht, wie ich mir sagen lassen konnte." Er hielt kurz inne und musterte Ragnar mit nachdenklichem Blick. "Einen Preis, Ragnar? Sollte man sich nicht erstmal über die Menge einig werden? Coles Vorstellungen sind ein wenig zu weitflächtig fürs erste. Allerdings", er hob eine Hand um etwaige Einwürfe zu unterbinden, "liegt dort neben den Testergebnissen auch ein Dokument über alle Zutaten bei und welche Mengen ich davon benötige, um wiederrum andere Mengen an Pillen herzustellen. Damit könnt ihr sie immer noch nicht selbst herstellen, aber ich würde darum bitten, dass die gesamte Liste trotzdem irgendwie unter uns bleibt. So unter Freunden." Antonin dehnte das letzte Wort und seufzte dann. "Genaugenommen ist das auch momentan mein Preis. Ich arbeite für die Herstellungskosten aber - und vorsicht hier kommt der zu erwartende Haken - ich verlange dafür bis in 4 Monaten ein komplett eingerichtetes Labor nach meinen Vorstellungen. Billiger wird‘s nicht mehr." Ragnar "Nun gut, das sind Kleinigkeiten, die nicht der Rede wert sind", kommentierte Ragnar Antonins Aussage bezüglich der Dauer der Nachweisbarkeit. "Wichtig ist, dass keine Kurzzeitschäden entstehen, die dafür sorgen würden, dass überhaupt ein Drogentest durchgeführt wird. Und wenn die Idioten dann sich erwischen lassen, ist es auch schon egal, ob es 12 oder 18 Stunden sind..." Ragnar machte sich eine kurze Notiz. "Nun die Menge ist schwierig. Derjenige, der das entscheiden kann ist gerade durch die Tür und kann die Entscheidung morgen auch nicht treffen. Ich weiß, dass er nach Chicago und LA bereits Proben geschickt hat, aber wahrscheinlich ist es ohnehin erst einmal wichtig hier die Drogen zu verticken. Alles andere wird sich dann geben." Erstaunt hob er die Augenbrauen, als er von dessen Bezahlungsideen sprach. "Und wieder ist der, der das zu entscheiden hat, gerade durch die Tür...", murmelte er und runzelte die Stirn, nachdenkend. "Ich kann dir da keine Zusagen machen, aber die Materialliste sollte kein Problem sein. Simon ist dir doch ohnehin verpflichtet" Antonin Antonin richtete sich ein Stück auf und sah Ragnar eine ganze Weile forschend in die Augen bevor er ein wenig resigniert die Augen schloss und sich die Nasenwurzel rieb. "Pass auf, ich werde gleich wieder etwas sagen, das über meine Kompetenzen hinaus geht und du kannst selbst entscheiden, wie du damit dealst", fing er an, öffnete seine Augen wieder und fixierte seinen Gegenüber mit einem harten Blick. "Cole gehört zu den Leuten, die nur auf dem Stuhl sitzen, auf dem er nunmal sitzt, weil er ein gerissener Kerl ist. Das Problem mit gerissenen Leuten ist, das sie perfektionistisch veranlagt sind und jedes noch so kleine Detail selbst nochmal überprüfen müssen. Dabei übersehen sie häufig das wichtigste Detail, ohne dass es aber gar nicht mehr funktionieren kann: Sich selbst. Und ich bin mir sicher bis hierhin kannst du mir bedenkenlos zustimmen." Kurz hielt er inne und verzog die Lippen ein wenig unwillig, was jedoch nichts an der Intensität seines Blickes änderte oder daran, dass sich seine Muskeln wie zum Sprung bereit zusammengezogen hatten. "Ich kann nicht wirklich behaupten der größte Fan von Cole zu sein, aber er hat mich auf einer Ebene beeindruckt, die schon lange niemand anderes mehr erreicht hat, und daher kann ich dir nur rein intuitiv raten: Pass die nächsten Tage gut auf seinen Rücken auf. Leute wie er verausgaben sich nur wenn etwas ansteht, das ihnen auf den Magen schlägt, und die paar Informationen, die er mehr oder minder unfreiwillig ausgespuckt hat, lassen ebenfalls darauf schließen. Wenn du ihn also weiterhin wie eine Glucke bemuttern möchtest, dann tu das nicht verbal sondern mit deiner Knarre. Er wird‘s dir vermutlich besser danken als das gerade eben der Fall war." Ragnar Als Ragnar hörte, was Antonin über Cole sagte. Ragnar musterte Antonin eine geraume Weile schweigend. Er wusste nicht so recht einzuordnen, was sein Gegenüber ihm da eben gesagt hatte. Aber zwei Dinge wusste er: 1. Antonin hatte ohne Zweifel recht und 2. Es störte ihn, dass jener offenbar etwas wusste, wovon er angenommen hatte, dass Cole sich nur ihm anvertraut hatte. Wusste Antonin wirklich mehr? Er hatte nur Andeutungen gemacht... "Offenbar hast du ein paar Informationen, was hier momentan geschieht." Seine Augen musterten Antonin kühl, sein Lächeln war verschwunden. "Dabei bin ich davon ausgegangen, dass er nur mir anvertraut hat, was morgen läuft." Langsam ließ er sich in den Sessel sinken. "Aber auch wenn ich dir zu all deinen Worten recht geben muss, so muss ich dir leider sagen, dass dieser sture Esel auch nicht zulässt, dass man ihm den Rücken stärkt. Er hat es verboten und opfert sich lieber selbst, bevor jemand anderes dieser Geschichte zum Opfer fällt. Er hat mir keine Möglichkeit gegeben, ihn irgendwie zu schützen. Nichts. Nicht die kleinste Info. Ich weiß nur, dass es sein kann, dass morgen etwas geschehen wird, was entweder einem der unseren das Leben kostet, oder Cole." Er verstummte. Irgendwie wirkte diese Aussage, wenn er sie aussprach, wesentlich beängstigender als seine Gedanken dazu, in denen er immer versucht hatte sich einzureden, dass es nicht so schlimm kommen würde. "Deshalb würde mich doch zu gerne interessieren, was du weißt. Denn dann kann ich vielleicht deinen Ratschlag befolgen und ihm den Arsch retten." Abwartend blickte er Antonin an. Antonin Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen, doch es war kein freundliches. Ab hier war das Gespräch für sie beide tiefes Gewässer im kalten Meer. In einem mit Haien verseuchten Meer und einer der Mitschwimmer hatte eine stetig blutende Wunde. Die Frage war nur, ob jener gefressen werden würde... Kurz blitzte etwas in Antonins Augen auf und er ließ Ragnars Änderung komplett auf sich einfließen. "Na aber hallo Ragnar, nett dich kennen zu lernen.", murmelte er und fast könnte man meinen er wäre ein klein wenig zufrieden. Antonin mochte sich im Drogengeschäft und im Allgemeinen mit den Regeln der New Yorker Unterwelt nicht auskennen, aber Gefahr lockte ihn an wie eine läufige Töle den Köter. Zudem ihm Situationen wie jene hier nur zu bekannt waren und endlich hatte es einmal nichts mit Chefsein und Drogendealer und sonstigem Scheiß zu tun, sondern mit Wissen, Halbwissen und den Umgang mit potentiell gefährlichen Menschen. Altbekanntes Adrenalin schoss ihm durch die Adern und zum ersten Mal seit langer, langer Zeit hieß er es mit Freuden Willkommen. Vielleicht weil es um Coles Rücken ging, vielleicht aber auch weil sich Vergangenes nie ganz begraben ließ. Wer wollte das schon so genau sagen? Er lehnte sich ein Stück nach vorne. "Er hat mir nichts anvertraut und ich bin mir ziemlich sicher, dass er momentan denkt, ich hätte nicht den Hauch einer Ahnung. Was ich im Grunde genommen auch nicht habe, aber wenn ich etwas kann, dann ist es gewisse Zeichen erkennen." Er machte eine abwinkende Handbewegung. "Stress, untypische Verhaltensweisen, Wortwahl… such dir etwas aus. Hat mir bisher schon häufig den Kopf aus Schlingen gezogen, gerade in diesem Bereich hier, wo ich mich im Grunde genommen kein Stück auskenne und das meiste aus dem Bauch heraus entscheide. Was auch den Grund dafür darstellt, dass ich ständig teste, wie weit ich gehen kann", gab er zu. Aber Antonin wusste, dass er sich damit nicht unter Wert verkaufte, schließlich waren das Dinge die für alte Hasen offensichtlich sein mussten. Doch dann fiel das Lächeln aus seinem Gesicht und er runzelte die Stirn. "Also, das bedeutet, dass wir momentan von einer… ich glaube ihr nennt es Ratte ausgehen, richtig? Warum sollte sonst womöglich einer von euren Männern sterben. Ich sehe daran kein Problem, normalerweise kann man solchen Instinkten trauen, wenn man Coles Kaliber bedenkt. Trotzdem wäre es doch sehr leichtsinnig, ihn sein Leben einfach so riskieren zu lassen, nur weil er einen Alleingang vorzieht", brummte er. "Der Ersatz von Don durch dich war mir ja ganz recht, aber ein Ersatz für Cole käme mir eher ungelegen. Und wenn die Informationen nicht zu dir kommen, dann musst du eben zu den Informationen kommen. Das ist wie mit dem Berg und dem Propheten." Er stand auf, holte sich eine Kippe hervor und zündete sie sich an, bevor er in dem Raum auf und ab ging. So konnte er besser nachdenken. "Du hast mehr Informationen als ich, also musst du meine Lücken für dich selbst ausfüllen", er sah kurz zu Ragnar. "Natürlich nicht laut, schließlich vertrauen wir uns nicht. Genaugenommen mache ich das hier nur, weil ich es zufällig kann." Er zog von seiner Zigarette und sah dem exhalierten Rauch dabei zu wie er zur Decke zog. "Eigentlich ist es ganz simpel: Du musst ihn morgen beschatten." Er lachte bei jenen Worten kurz auf, doch es war kein fröhliches Lachen. "Was nicht leicht werden wird, du hast da mein vollstes Mitleid, aber so auf die Schnelle fällt mir nichts anderes ein. Vermutlich kann man diesen Menschen nicht einmal zu den einfachsten Regeln für dessen Sicherheit prügeln. Ich weiß schon, warum er mich so wahnsinnig macht!" Abermals blieb er stehen und musterte Ragnar. "Und du brauchst andere Waffen, mit diesem Kleinkaliberspielzeug musst du zu nahe ran und beißt am Ende noch ins Gras, bevor irgendwas passiert. Oder du fliegst auf und alle beißen ins Gras. Dazu ein Auto, das unauffällig ist und nicht bekannt. Dazu noch das Handy - vorausgesetzt Cole hat eines dieser neumodischen Dinger - dann rufst du nämlich bei der Telefongesellschaft an und erzählst eine tragische Geschichte über deinen verschwundenen Bruder und lässt das Ding orten. Wenn du selbst mobilen Zugang ins Internet hast, kannst du dir so jede Menge Abstand zu ihm erkaufen und trotzdem immer wissen, wo er ist. Voraussetzung für den ganzen Kram ist natürlich, dass du für morgen nicht offiziell eingeplant bist“, endete er und zog abermals genüsslich an seiner Zigarette. Er konnte es noch. War wohl doch wie mit dem Radfahren.. Ragnar Ragnar überging das erneute 'Vorstellen'. Er wusste, dass viele überrascht waren, wenn sie ihm einmal wirklich gegenüberstanden. Aber das war nun einmal seine Strategie. Und bisher war sie sehr erfolgreich. Er wusste so stets, mit wem er es zu tun hatte... Doch was Antonin betraf, so war er nun selbst ein wenig überrascht. Cole hatte sich ihm gegenüber offenbar auch nicht deutlicher geäußert. Dass sie eine 'Ratte' hatten, ein Maulwurf, war in den letzten Wochen deutlicher geworden und im Moment stand eine Waffenlieferung in Millionenhöhe auf dem Spiel. Überraschend war nur, wie Antonin plötzlich aufblühte, wie er begann nachzudenken und sich ganz offenbar für Cole einsetzte. Ragnar war misstrauisch, das verriet sein Gesicht auch, aber dennoch war er auch ein wenig erleichtert, denn er spürte, dass er allein nicht weiterkam. Und das der einzige Grund für seine Bemühungen war, dass er keinen Ersatz für Cole haben wollte, das schien ein wenig zu abwegig. Dafür hatte Antonin mit seiner Droge noch immer zu viel Macht. Jeder der Nachzügler würde an einer Fortführung der Geschäfte interessiert sein. Oder begriff Antonin nicht, welche Macht er letztlich über sie hatte? Nun, jetzt war nicht der Zeitpunkt darüber zu reden. Ragnar seufzte tief als er die letzten Worte des anderen hörte. "Und damit hast du schon eines meiner beiden Hauptprobleme angesprochen", erklärte er. "Cole kam heute auf mich zu und hat mich gebeten, um Punkt 18 Uhr morgen hier zu sein und auf seinen Telefonanruf zu warten. Er sagte, es ginge um Leben und Tod, um alles. Und ich solle nicht wagen, irgendwo anders zu sein, und irgendetwas anderes zu machen." Cole sah Antonin an. "Und ich fürchte ich werde da dann Informationen erhalten, die für das wesentliche 'Projekt' notwendig sind. Das heißt ich bin schon draußen. Und ich werde es nicht wagen irgendwas anderes zu tun." Auch Ragnar stand auf und nahm sich nun seine Zigaretten, um sich ebenfalls eine anzuzünden. Dann trat er ans Fenster und blickte nachdenklich hinaus. "Und das zweite Problem ist, dass ich genauso wie jeder andere hier, nicht die leiseste Ahnung habe, wie ich an Cole herankomme. Denn niemand weiß, wo er wohnt. Und ich glaube, wenn ich bei ihm auftauchen, ihn beschatten, ihm hinterher schleichen würde, dann triebe ich ihn in eine Enge, die für mich tödlich wäre. Das hat mit seiner Vergangenheit zu tun." Kurz schwieg er. "Aber die Idee mit dem Handy ist gut. Es wäre ein Versuch wert. So könnten wir zumindest wissen, wo er die Falle aufgestellt hat, um die Ratte zu fangen." Ragnar haderte mit sich selbst. Wie viel sollte er Antonin verraten? Wie viel sollte er an Informationen herausrücken? Er drehte sich zu jenem. "Der Deal morgen ist etwas ziemlich Großes. Ein Projekt, in das der Chef ziemlich viel investiert hat, und bei dem auch viel herausspringen soll. Unsere 'Partner' arbeiten sauber und es gab bisher noch nie Probleme. Die Ratte, die es zu fangen gilt, arbeitet nicht für unsere Geschäftspartner, sondern für einen anderen Clan. Sie wollen die Waren an sich bringen, um selbst einen großen Profit herauszuholen. Cole wird eine Falle stellen, um herauszufinden, wer von unseren Leuten für einen anderen Clan arbeitet. Wie er das machen möchte, davon habe ich keine Ahnung." Ragnar wuschelte sich unwillig durch die Haare. "Ich könnte mich so über diesen Hurensohn aufregen. Er ist ein verbohrter Idiot." Antonin Einen unzufriedenen, aber zustimmenden Laut von sich gebend, setzte er sich doch wieder. Den Kopf weit genug zurück gelehnt, um an die Decke starren zu können. Antonin musste das gerade Gehörte erst einmal verdauen und für sich durchdenken. Dieser große Deal brachte schon ohne Verdächtigungen Probleme mit sich, oder zumindest dachte er sich das so. Egal was die Ware war, wenn viel davon von einer Hand in die nächste wanderte, wären beide Parteien angespannt. Und angespannte Leute hatten den Finger ständig an der Waffe. Lieber einmal zu viel geschossen als einmal verloren. Und so wie sich das anhörte, wusste Ragnar noch nicht einmal, wo das ganz über die Bühne gehen sollte. Was ziemlich schlecht war, da es etwaige Vorbereitungen einschränkte. Ganz zu schweigen davon, dass dieser sich morgen Abend hier befinden musste, wenn man Cole's Pläne nicht gefährden wollte. Wie man es auch drehte und wendete, sie waren im Nachteil. Genauer gesagt, lief alles darauf hinaus eine Nadel gezückt zu halten und zu hoffen, damit auf dem Dartbrett aus viel zu weiter Entfernung ins Schwarze zu treffen. Frustriert rieb er sich über die Nasenwurzel, immer noch im Anblick der Decke versunken. "Du hast Recht, er ist ein verbohrter Idiot. Einer der es Leuten wie dir nicht leicht macht.", brummte er schließlich. "Schade, dass er schon weg ist, sonst hätte man sein Auto einfach anzapfen können." Aber es brachte ja bekanntlich nichts, sich mit Wunschdenken zu befassen. Man musste mit den Karten spielen, die man hatte. Was in Ragnars Fall ziemlich schlechte waren. "Und wenn du sagst, niemand hat eine Ahnung, dann bedeutet das am Ende auch, dass er diesen Deal ganz alleine abhandelt? Er wird sich doch wohl vorher mit irgendwem treffen, um dort gemeinsam hinzufahren oder nicht? Das müsste doch rauszufinden sein. Ohne Anhaltspunkt hat man im Grunde genommen nur das Handy und wenn der Plan nicht zieht, dann löst sich das ganze Gerüst sowieso in Luft auf." Dazu, dass Ragnar Cole nicht beschatten wollte, sagte er lieber nichts. Ziel einer Beschattung war es schließlich, nicht bemerkt zu werden. Auch Cole war kein Gott. Er war vermutlich gut, aber kein übernatürlicher Scheißkerl. Schließlich senkte er den Kopf weit genug, um Ragnar wieder in die Augen sehen zu können. "Im Endeffekt kannst du das gar nicht alleine schaffen. Was dir ebenfalls bewusst ist, denn sonst würdest du mir überhaupt nicht so viel erzählen", dachte er laut und seufzte anschließend. Er würde in Zukunft nicht nur Cole und dessen Wagen als schlechtes Omen sehen, sondern auch diesen Club. Jedesmal lief es auf die gleiche Tour hinaus. "Ich habe keine Ahnung, ob du weißt, dass ich Don beiseite geschafft habe. Das ‚Warum‘ hat dich nicht zu kümmern. Ich weiß auch nicht, ob dir bewusst ist, wohin mich der sogenannte 'Hurensohn' daraufhin mitgenommen hat und was wiederrum danach passierte. Aber ich kann dir sagen, dass ich keines dieser Dinge aus eigenem Antrieb gemacht habe oder weil ich gerade Bock darauf hatte, ein paar Leute über den Jordan zu schicken. Tatsache ist, dass vor all diesen Dingen etwas passierte. Und das muss auch diesmal passieren, wenn du wirklich Hilfe dabei willst. Denn sonst werde ich keinesfalls aktiv." und selbst dabei war es sehr fraglich. Nicht jeder hatte das Zeug ihm simple Befehle zu erteilen. Etwas das Cole schaffte, weil er jenen Blick hatte, den Antonin sich eher beim nächsten Eismann gewünscht hätte. Jener würde ihm vielleicht mehr Kugeln Eis verkaufen, aber das wäre es auch schon. Cole dagegen gab einfache Befehle und löste damit eine Kettenreaktion aus. Steig ins Auto - Antonin hatte es getan und war nach dem Mord an dem zweiten Bürgermeister auch seelenruhig wieder eingestiegen. Schalte Don aus, wenn du nach oben willst - auch wenn anders als vermutlich von Cole geplant, aber er hatte es umgesetzt. Befehl war Befehl, ob indirekt oder nicht. Komm mit und dolmetsche die dummen Russen - auch hier waren keine Widerworte erfolgt. Vermutlich bräuchte es nur noch ein oder zwei weitere von diesen Befehlen und Cole hätte einen Falken in seiner Sammlung, ohne es zu wissen. Genervt verzog er die Lippen und verfluchte ganz Russland in allen drei Sprachen. Egal was er auch tat, gegen diese drei Jahre konnte er selbst mit all seinem Intellekt nicht dagegenhalten. Er konnte die Dinge nur bemerken, aber nicht bremsen. Und da hieß es, Gehirnwäsche wäre nur fiktiv... Ragnar Ragnar lächelte ehrlich. "Du bist die einzige Hoffnung, die ich habe. Und sie kam vollkommen unverhofft", erklärte er auf Antonins Kommentar hin, dass er nichts in der Hand hatte. Was dann kam, ließ ihn stutzen. Cole hatte Antonin getestet und für gut befunden, obwohl jener nur ein Chemiker war? Sehr interessant. Und er hatte ihn einen Auftragsmord ausführen lassen? Noch interessanter... "Ich hatte keine Ahnung davon, dass Cole dich getestet hat." Ragnars Blick wurde nachdenklich. "Um ehrlich zu sein, kenne ich nur zwei Personen, die diesen Test bestanden haben und nicht tot sind." Er striff sich über das unrasierte Kinn. "Und diese beiden Personen sitzen gerade in diesem Zimmer. Er schwieg einen Moment. "Offenbar schein Cole mehr in die zu sehen als nur den Chemiker, weshalb er dich an sich ran lässt. Du kannst dich geehrt fühlen." Er seufzte. "Das bedeutet dann also, dass ich dich bitten muss." Er sah Antonin aufmerksam an. "Ich bitte dich also, morgen Coles Arsch zu retten. Ich möchte nicht dass er drauf geht, nur weil er einmal mehr alle Schuld der Welt auf seine Schultern lädt. Wenn Cole morgen tatsächlich das Ende des Tages nicht mehr mitbekommt, dann bedeutet das für unseren Deal, dass er hinfällig ist. Dass alles hinfällig ist, weil nichts mehr Bestand hat. Cole ist der einzige, der es geschafft hat, dass es hier in der Stadt ein wenig ruhiger zugeht, der es regelmäßig schafft Kriege zu verhindern. Und daher gehe ich davon aus, dass du mehr als nur ein wenig Interesse daran haben solltest, dass er diesen Job auch wirklich weitermachen kann. Deswegen möchte ich, dass du morgen herausfindest, was Cole vor hat, dass du dich ihm an die Fersen heftest und ihm den Arsch rettest." Ragnar stand auf und nahm sich ein Glas Whiskey. "Ich kenne mehrere Orte, an denen er normalerweise Übergaben stattfinden lässt." Er nannte ihm die Orte am Hafen, eine Industriehalle und zuletzt ein Haus in der Umgebung des Clubs. "Letzterer Ort ist sein ehemaliges Elternhaus. Eigentlich macht er dort keine Übergaben, aber er hält sich manchmal dort auf. Vielleicht hast du Glück. Und Glück wirst du morgen brauchen, damit du ihn verwischst. Wenn ich meinem Gefühl trauen kann, dann wird er der Gruppe, die mit dem Deal zu tun hat, gesagt haben, wann sie sich wo treffen. Dann wird er mich anrufen und andere, bei denen er sich sicher sein kann, darüber informieren, wo die Übergabe wirklich stattfindet. Die, die er testen wird, wird er an einen anderen Ort bestellen und hoffen, dass sie sich dort selbst verraten. So oder so ähnlich wird er wohl vorgehen." Antonin "Geehrt fühlen!", spie er aus und funkelte Ragnar von eine Sekunde zur anderen voller Zorn an. "Es wäre mir lieber gewesen diesen Teil meines Lebens weit hinter mir zu lassen, aber Gratulation..", fuhr er mit eisig gewordener Stimme fort und hob sich aus dem Stuhl, um seinen Geldbeutel hervor zu holen und eine Packung Tempos. Mit einem der Tücher zuppelte er eine weiße Visitenkarte mit einem Falkenkopf hervor und warf sie auf den Schreibtisch. "Ich akzeptiere den Auftrag. Du kannst die Bedingungen nicht kennen, aber das ist dann wohl Pech. Die Bezahlung ist deine Verschwiegenheit, wenn ich mich Cole nicht dummerweise verrate, wirst du ihm auch nichts davon sagen", fuhr er fort und die Veränderung vom halbwegs entspannten Antonin zum durch und durch aufmerksamen und zu allem bereiten Mann war damit für ihn abgeschlossen. Ragnar hatte ihn ohne einen Befehl hervorgeholt, was für Antonin nur noch deutlicher machte, dass es eigentlich an Cole lag, und jener sich etwas angelacht hatte, das er nicht kannte. "Schick mir die Daten dieser drei Orte per SMS an diese Nummer." Damit warf er eine weitere Karte auf den Tisch. "Du kannst versuchen anzurufen, aber ich werde nicht rangehen. Es gibt von jetzt bis zum Ende der Aktion nur noch Kontakt per SMS, außer ich rufe dich an. Dann wirst du allerdings auch nur ein 'erledigt' oder ein 'unerledigt' von mir bekommen. Da ich Coles Handynummer nicht habe, wirst du das erledigen müssen und mir dann die Zugangsdaten zu der Internetseite fürs Orten seines Handy ebenfalls per SMS zukommen lassen. Wenn du mich nun also entschuldigst, ich habe viel zu tun in den paar Stunden. Immerhin muss ich irgendwie an drei Orten gleichzeitig sein, nicht wahr?" Damit wandte er sich einfach ab und verließ das Zimmer. Ragnar Ragnar hatte gar nicht mehr viel sagen können, hatte nur genickt, bestätigt, dass er tun würde, was Antonin wollte. Nun saß er da und hielt jene Karte in der Hand, von der er wusste, dass sie auch bei Dons Leiche gefunden worden war. War Antonin zum Profikiller ausgebildet worden? Wo hatte er gelernt, so strategisch zu denken und zu handeln? Von nichts kam doch so ein Talent nicht... Er würde ihn niemals fragen dürfen, er würde auch zu Cole nichts sagen können... Ragnar drehte sich zu dem Laptop, fuhr ihn hoch und googelte. Viel fand er nicht, aber immerhin war eine Verbindung zu Russland offensichtlich. Doch was die Hintergründe waren konnte er nicht erkennen. Nun ja, wenn er soeben einen Killer oder was auch immer angeheuert hatte, dann würde dieser zumindest hoffentlich dafür sorgen können, dass Cole diese Geschichte überstand. Und so machte er sich nun daran, die hoffnungslose Ortung des Handys anzuleiern, die tatsächlich erfolglos blieb, da dieses Handy offenbar vollkommen verschlüsselt war. Nun, wen wundert's, sonst könnten sich die Bullen ja auch daran vergehen... Und so schrieb er etwa drei Stunden nachdem Antonin den Raum verlassen hatte die genaue Lage der drei Übergabeorte und die Nachricht, dass eine Ortung des Handys nicht möglich war an die Nummer, die er von Antonin erhalten hatte. Nun hieß es wohl zu hoffen, dass Antonin dennoch einen Weg fand, Cole zu helfen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)