Der goldene Buddha von Hotepneith (Lord Sesshoumarus 13. Fall) ================================================================================ Kapitel 6: Juwelen ------------------ Euer Instinkt trügt nicht. So mancher hat manches zu verbergen... 6. Juwelen Miho Donatsu war ein dunkelhaariger, beleibter Mann Mitte der Fünfziger – und deutlich aufgeregt, als er sich tief vor dem Dämonenprinzen verneigte, ehe er sich niederließ. Nie zuvor hatte er ein derartiges Wesen erblickt, aber er kannte natürlich die Sagen und Legenden um Tiergeister in den Wäldern, die Reisende zerrissen und fraßen. So war er mehr als überrascht, einen so menschenähnlichen jungen Mann zu sehen, ohne freilich die Unhöflichkeit zu besitzen, diesem ins Gesicht zu blicken, als er vor ihm kniete. Aber er konnte die Hände betrachten – und das waren nicht die eines Menschen, eher Klauen. Er wollte sich gar nicht vorstellen, wie es sich anfühlen mochte, würden diese durch ihn fahren. Sein einziger Trost war, dass das junge Menschenmädchen, das hinter ihm kniete, unbeschadet aussah und lebte. „Du bist Miho Donatsu, der Juwelier des Fürsten Shori.“ „Ja, Lord Sesshoumaru.“ „Seit wann?“ „Seit …wünscht Ihr zu wissen, seit wann ich das Atelier leite oder seit wann ich dort arbeite?“ Oh, da dachte ein Mensch mit? Wie überraschend und angenehm: „Beides.“ „Ich lernte seit meinem zehnten Lebensjahr bei meinem Vater, der bereits vor mir dieses Amt innehatte. Nach seinem Tod vor zwanzig Jahren leite ich nun den Betrieb.“ „Dann waren dein Vater und du beim Aufbau der Sammlung unter den vorherigen Fürsten dabei?“ „Ja, Lord Sesshoumaru.“ „Was habt ihr damit zu tun gehabt?“ „Wir haben schon immer Edelsteine repariert, manchmal auch Holzschnitte oder ähnliches, wenn Nashi oder der vorhergehende Verwalter dies nicht selbst vermochte.“ „Habt ihr auch Gegenstände überprüft, ehe sie gekauft wurden?“ „Ja, Lord Sesshoumaru.“ Sein Erstaunen lag in seiner Stimme. Was interessierte sich dieser Dämonenprinz denn so für seine Arbeit? Aber der Befehl des Fürsten war eindeutig gewesen: kommen und alle Fragen beantworten. Nun, Daigoku Nashi hatte ihm ja schon erzählt, dass der Unterhändler des Tenno erschlagen wurde und Fürst Shori Lord Sesshoumaru befohlen…gebeten hatte, den Mörder zu suchen. Einem Dämon konnte man wohl nichts befehlen, schon gar nicht, wenn das ein Prinz war. „Ob alle Steine echt waren?“ „Ja, Lord Sesshoumaru. Aber sie waren es in aller Regel. Die beiden verstorbenen Fürsten Shori verstanden selbst sehr viel von Kunst.“ „Der nunmehrige Fürst weniger?“ Der Juwelier sah zu Boden. Es ziemte sich nicht, seinen Herrn zu kritisieren. Der junge Hundedämon wusste dies: „Nun, keine Antwort ist in diesem Fall auch eine. Nur in diesem Fall.“ „Vergebt, Lord Sesshoumaru.“ Er hatte etwas in der Stimme gehört, das sachlich und dennoch wie eine Drohung war. Nein, dieser Dämonenprinz brauchte nicht zu drohen. Seine schiere Anwesenheit genügte ja schon. „Es...es fehlt meinem Herrn ein wenig die Leidenschaft für die Sammlung, die sein Vater und Großvater an den Tag legten. Selbstverständlich achtet er die Mühen seiner Vorfahren…“ „Aber du bist sicher, dass alle Edelsteine in der Sammlung zum Zeitpunkt des Kaufes echt waren.“ „Ja.“ „Sind sie es noch?“ Sakura hielt den Atem an, zumal, als sie erkannte, dass der Juwelier rot wurde und sichtbar am liebsten im Boden versunken wäre. Sesshoumaru senkte seinen Blick zu dem Zeugen. So war seine Vermutung richtig gewesen: „Wer gab dir den Auftrag? Daigoku Nashi?“ „Oh, nein, Lord Sesshoumaru….“ Der Juwelier war fast empört. Natürlich. Einen so heiklen Auftrag konnte nur der Besitzer der Sammlung selbst erteilen: „Der nunmehrige Fürst Shori oder sein Vater?“ „Der…der verstorbene Fürst rief mich und vertraute mir an…“ Donatsu starrte intensiv zu Boden. Ja, der damalige Herr hatte es ihm im Vertrauen erzählt, da konnte er es doch nun nicht ausplaudern. „Dass sich die Finanzen des Clans dem Ende zuneigen“, erklärte der Hundeprinz sachlich: „Wie viele Steine wurden so ausgetauscht?“ Der Juwelier biss sich auf die Lippen. Nein, er konnte das Vertrauen seines verstorbenen Herrn doch nicht so enttäuschen. Im nächsten Moment hatte er das Gefühl durch die Luft zu fliegen. Als er wieder denken konnte, wurde er gegen einen Balken in der Wand gedrückt. Vor ihm stand dieser junge Hundedämon, der eine Hand um seine Kehle gelegt hatte, seinen Kopf so nach hinten an das Holz presste. Seine zitternden Beine trugen ihn kaum mehr. „Wenn ich eine Frage stelle, wünsche ich eine Antwort“, definierte Sesshoumaru ruhig. Donatsu empfand nur noch Panik. Nie zuvor in seinem Leben war er dem Tod begegnet. Und hier stand er buchstäblich direkt vor ihm. Dem Dämonenprinzen würde es keinerlei Schwierigkeiten oder gar Gewissensbisse bereiten, ihm das Genick zu brechen. Es knackte jetzt schon. „Nur wenige“, brachte der Juwelier mühsam hervor: „Gnade, edler Prinz…“ „Und der jetzige Fürst Shori weiß davon nichts?“ „Nein, Lord Sesshoumaru….“ Er fühlte erleichtert, wie der Griff um seinen Hals etwas gelockert wurde und holte keuchend Luft. „War auch der Buddha betroffen, den er verkaufen wollte?“ Donatsu wollte nicht reden, wirklich nicht, das widersprach schließlich jeder Diskretion und Berufsehre, aber er wusste nur zu gut, dass weitere Auskunftsverweigerung dazu führen würde, dass der Griff wieder verstärkt werden würde. Schon sein kurzes Zögern ließ die Finger um seine Kehle nachdrücklicher werden: „Nur der Buddha…“ „Warum nur dieser?“ erkundigte sich Sesshoumaru ohne den Griff wieder zu lösen. Dieser Juwelier gehörte anscheinend zu der etwas törichten Sorte Menschen, die nur aus Erfahrung klug wurden. „Der…in dem Thron sind so viele eingelassen, dass man die Hälfte ersetzen konnte…die...alle Diamanten. Sie...sie sollten später wieder zurückgekauft werden…aber…“ „Sakura.“ Diese neigte sich eilig vor. „Hole den Kristall aus Coshos Schatulle.“ Diesen Lesekristall? Ihr war klar, dass sie gehorchen musste, auch, wenn sie Donatsu nicht darum beneidete, mit einem ungehaltenen Dämon in dessen Zimmer zu bleiben. Sie sollte sich beeilen, ehe Seine Lordschaft noch die Finger zu fest anspannte und dem armen Juwelier das Genick brach. So sagte sie nur: „Ja, Lord Sesshoumaru“ und machte, dass sie den Raum verließ. Als sie zurückkehrte, hatte der Hundeprinz den Unglücklichen noch nicht freigegeben. Ob sie ihn darauf aufmerksam machen sollte, dass menschliche Hälse nicht gerade sehr stabil waren? Aber das wusste er vermutlich. Auf der Stirn des Juweliers perlte der Schweiß. Nun, sie hätte sich in einer derartigen Lage auch alles andere als wohl gefühlt. So kniete sie neben Lord Sesshoumaru nieder und präsentierte ihm den Kristall. „Was ist das?“ erkundigte sich dieser bei seinem Gefangenen. Donatsu bemühte sich hinabzuschielen, so gut er es in dem eisernen Griff vermochte. Zu seiner unbedingten Erleichterung fühlte er sich endlich freigegeben: „Da…danke, Lord Sesshoumaru, “ brachte er daher erst einmal hervor, ehe er sich den Hals rieb und den Kristall betrachtete: „Das…das ist ein Hilfsmittel eines Juweliers.“ „Zur Überprüfung von Edelsteinen?“ „Ja…“ „Du darfst gehen.“ Das ließ sich der Juwelier nicht zwei Mal sagen. Um ein Haar vergaß er die Verneigung, ehe er fluchtartig den Raum verließ. Sakura konnte es ihm nachfühlen. Auch sie wagte nicht sich zu bewegen, hielt nur den Kristall noch immer vor sich. Der Dämonenprinz wandte sich um und ging zum Fenster: „Die alte Frau.“ „Ich…bitte vergebt, Lord Sesshoumaru….“ Wenn er doch nur einmal ausführlicher reden würde! Wollte ihn denn heute jeder ärgern? „Die Dienerin der Fürstin.“ „Eri?“ Als ob er sich den Namen merken würde: „Hole sie.“ „Ja, Lord Sesshoumaru.“ Was wollte er denn mit ihr? Omaki hatte er doch schon befragt. Aber natürlich hatte sie keine Alternative als Gehorsam, zumal sie noch immer nicht sicher war, ob er nicht nur einen Vorwand suchte, um sie umzubringen. Immerhin würde er einen benötigen, da sich sein Vater gewiss danach erkundigen würde. Die alte Dienerin war alles andere als begeistert, hatte ihr Omaki doch schon von dem Gespräch erzählt, aber sie gehorchte. Dämon hin oder her, er ermittelte im Auftrag ihres Herrn, ja, war sein Gast. So kniete sie höflich neben Sakura nieder. Tatsächlich, wie es Omaki erzählt hatte: er blieb so stehen und blickte weiter aus dem Fenster. Nun ja, eigentlich war sie nicht einmal böse darum. Ein Dämon, der einen ansah…das verhieß gewöhnlich nichts Gutes. „Du kanntest den verstorbenen Fürsten Shori.“ Eri starrte für einen Moment den Hinterkopf des Hundeprinzen an, ehe sie wieder zu Boden blickte: „Ja, Lord Sesshoumaru.“ „Weißt du, nach welchen Kriterien er seine direkten Untergebenen aussuchte?“ „Ich kenne das Wort nicht, bitte, vergebt….“ „Er gab Nashi das Amt des Verwalters der Sammlung obwohl er wusste, dass er krank ist.“ „Ja, so hörte ich.“ „Würde das Fürst Kamui auch tun?“ „Er...er belässt ihn ja da.“ „Der verstorbene Fürst war an der Clanehre interessiert? Oder mehr an seiner Sammlung?“ Eri unterließ es lieber ihn darauf aufmerksam zu machen, dass eine Dienerin darüber kaum Bescheid wissen konnte, da sie es wusste. Und er würde sicher merken, wenn sie log: „Nun, der vorherige Fürst, also, der Großvater unseres jetzigen Herrn, begann mit der Sammlung. Und er war begeistert, ja, so kann man das nennen. Fast jeden Monat wurde ein neues Stück geliefert. Der verstorbene Fürst baute die Sammlung weiter aus, aber es gab viel weniger neue Sachen. Nun ja, es herrschten ja auch dauernd Fehden. Im Krieg schließt man die Tore und kauft keine Kunstwerke.“ „Aber er kaufte weiter?“ „Zunächst ja. In den letzten Jahren, wie ich erwähnte…“ Sie brach lieber ab. Kein Herr schätzte überflüssige Bemerkungen oder gar die Andeutung einer Kritik. Also war er an der Sammlung durchaus interessiert gewesen, hatte sie wohl ausbauen wollen, ehe durch die Fehden auch die Finanzen dieses Clans erschüttert wurden. Dann hatte er eine unauffällige Möglichkeit gesucht, sie aufzubessern und war auf den edelsteinbesetzten Thron des goldenen Buddhas gestoßen. Die Diamanten wurden durch Donatsu durch einfache Kristalle ersetzt. Natürlich hatte der Juwelier darin keinen Fehler gesehen: es war der Besitzer der Sammlung, sein Fürst, da hatte er nur zu gehorchen. Später, wenn wieder genug Geld da gewesen wäre, hätten sie wieder durch Diamanten ersetzt werden sollen. Dazu war es aber nie gekommen. Wusste Nashi von diesem Austausch? Laut Donatsu hatte der jetzige Fürst jedenfalls keine Ahnung – und dass der Juwelier ihn mit seiner Hand an der Kehle angelogen hatte war auszuschließen. Das erklärte zumindest, warum Fürst Kamui bereit gewesen war, den Buddha dem Tenno zu verkaufen. Da war zum einen die Möglichkeit, ein Stück der mehr oder weniger ungeliebten Sammlung ehrbar loszuwerden und in bare Münze umzuwandeln, zum zweiten natürlich die Gelegenheit, den Namen der Shori beim Tenno und dem Shogun in gutes Licht zu versetzen. Nun, das wäre kaum mehr der Fall gewesen, wenn Cosho seinem Herrn davon Bericht erstattet hätte, dass einige der Edelsteine Fälschungen waren. „Kennst du Daigoku Nashi?“ „Kaum, Lord Sesshoumaru. Ich kannte seine Mutter, aber…Er ist eben immer in den Räumen der Sammlung.“ „Und Burgvogt Hitoshi?“ „Hiro ist mein Sohn, Lord Sesshoumaru.“ Oh. „Er ist dem Clan sehr ergeben, hörte ich. Du also auch.“ „Gewiss, Lord Sesshoumaru.“ Eri klang stolz. „Eure Familie lebt hier seit hundert Jahren?“ „Ja.“ „Wie würde Hiro reagieren, wenn ein Untergebener des Fürsten zu ihm kommt und ihm etwas beichtet, das…nun, das der Fürst nicht weiß?“ „Er würde selbstverständlich dem Fürsten Meldung machen.“ Sie war verwundert, aber Omaki hatte ihr ja schon erzählt, dass die Fragen recht zusammenhanglos waren. Wusste Fürst Kamui nun also von den Fälschungen? Aber warum hatte er das dann nicht gesagt? Hatte er Cosho etwa getötet oder eher töten lassen, um den Bericht an den Tenno zu verhindern und somit die Ehre des Clans zu retten? War der Täter Hiro Hitoshi aus dem gleichen Grund oder Daigoku Nashi, aus Loyalität zu dem verstorbenen Fürsten, der ihn in dieses Amt eingesetzt hatte? Oder der Burgvogt oder der Sammlungsleiter um zu verhindern, dass die Shori-Sammlung auseinander gerissen wurde? Nein, dachte er. Nicht das Warum. Wer konnte wie Cosho überraschen? „Du kannst gehen.“ Während Eri erleichtert gehorchte, versank Sesshoumaru in tiefes Nachdenken. ********************** Alle Indizien sind nun auf dem Tisch. Im nächstne Kapitel erfolgt die Auflösung. Ihr seid zum Mitraten herzlichst eingeladen bye hotep P.S. Dass das nächste und auflösende Kapitel ausgerechent Heilig Abend kommt, ist wirklich reiner Zufall Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)