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20000 Meilen unter den Meeren

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20000 Meilen unter den Meeren
 


 

Es ging nun strikt nach Süden, die Black Pearl durchquerte den Atlantik mit atemberaubender Geschwindigkeit und nicht selten hatte ich den Verdacht, dass wir gejagt wurden. Jacks Kurs führte uns, ganz wie wir es schon geahnt hatten, immer weiter von den europäischen Küsten weg und die Chancen auf eine Flucht wurden mit jeder Seemeile immer geringer.

Ich sah Jack in dieser Zeit selten, ich wusste dass er tagsüber arbeitete. Manchmal fand ich am Lesepult der Bibliothek die verschiedensten Bücher. Einmal sogar mein eigenes Werk, mit unzähligen handschriftlichen Anmerkungen am Rand.

Die Nächte verbrachte ich nicht alleine, Jack kam irgendwann am Abend ins Bett, verschwand aber bevor ich aufwachte. Manchmal hörte ich, kurz bevor ich einschlief, die düsteren Töne der Orgel durch das Schiff hallen.

So verflossen die Tage und Nächte eintönig, zumindest bis zum 13. März.

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Da stand ein neues Abenteuer auf Jacks Programm: Tiefenmessung.

Wir hatten bis zu diesem Tag bereits über 30000 Seemeilen zurückgelegt und befanden uns in einer Gegend, wo noch nie eine Sonde den Grund berührt hatte. Selbstverständlich genügte es für dieses nicht, einfach nur die Behälter mit Wasser zu füllen, weshalb Jack entschied den Meeresgrund in einer hinreichend langen Diagonalfahrt abzusuchen. Die Höhenruder seitlich am Schiff wurden auf 45° Neigung zur Horizontalen eingestellt, die Salonfenster zur Betrachtung geöffnet und dann schlug auch schon die eiserne Schraube der Black Pearl mit höchster Umdrehungszahl in die Wassermassen des Atlantiks. Der eiserne Rumpf unseres Fahrzeuges begann zu dröhnen wie die tiefste Seite eines Basses und langsam begannen wir unseren Abstieg in die unbekannten Tiefen. Die Zeiger des Manometers drehten sich rasend schnell, während Jack und ich sie aufgeregt beobachteten.

Bald schon lag die von den meisten Fischen bewohnte Zone über uns und wir trafen nur noch wenige Tiefseebewohner an. Die öd und verlassen wirkenden Gewässer in der Tiefe zwischen 4000 und 5000 Metern waren erstaunlich klar und weit durch die Scheinwerfer der Pearl ausgeleuchtet, aber noch immer zeigte sich nirgendwo der ersehnte Grund.

Nach einigen Stunden aber, näherten wir uns der 6000 Meter Grenze und endlich tauchten die Spitzen von schwarzen Bergen unter uns auf. Aber, das konnte noch immer Himalayariesen von 8000 Metern oder mehr sein. Von Neugier getrieben drang die Black Pearl in die Bergspitzen ein und wir spürten nun auch den Druck, den die Wassermassen um uns herum auf den Stahlkörper ausübten. Man hörte förmlich, wie die Panzerplatten an den Nieten und Bolzen rissen und unter dem Druck von mehr als 6000 at auf der Oberfläche stöhnten.

„Welch ein Bild!“, rief ich ergriffen aus, „All das zu sehen, was noch nie ein Mensch zuvor gesehen hat! Diese prachtvollen Felsen, die hier schwarz und schweigend am tiefsten Grund des Ozeans und schau dir nur die unbewohnten Grotten an! Man müsste es zeichnen, um es nie wieder zu vergessen!“ „Möchtest du ein Erinnerungsphoto, James?“, Jack hatte während meines Ausbruchs neben mir gestanden und lächelte über meine Begeisterung und auf einen Wink erschien nun ein Besatzungsmitglied der Black Pearl mit einer Kamera.

Das elektrische Licht beleuchtete den Grund des Meeres mit diffusem Licht, so das keine harten Schlagschatten entstanden und die Schiffsschraube wurde so reguliert, dass die Black Pearl einige Minuten lang in dieser Tiefe verharrte. Dann hatten wir ein vorzügliches Negativ. Auf dem Positiv sind urweltliche Felsen zu sehen, die niemals das Licht der Sonne gesehen hatten, höchste Zähne des Granitkerns der Erde, von absolut lebensleeren Grotten durchzogen. Und im Hintergrund die Wellenlinien eines urweltlichen Gebirges, all das aus glatten schwarzglänzenden Felsen, fleckenlos und ohne eine Spur des Algenbewuchs, in seltsamen und doch klar profilierten Formen.

Das Bild war kaum fotografiert, da löste sich Jack von meiner Seite, „Wir sollten es nicht übertreiben, James. Die Black Pearl darf einem derartigen Druck nicht zu lange ausgesetzt werden, halt dich fest!“

Noch bevor ich den Sinn seiner Worte begriff, wurde ich auch schon zu Boden geschleudert. Erst nach einigen Sekunden begriff ich, dass die Schraube aufgehört hatte zu arbeiten und dass die Höhenruder nun vertikal standen. Die Black Pearl schoss wie ein prallgefüllter Ballon in die Höhe, durchschnitt mit wahnsinniger Geschwindigkeit die Wassermassen und sprang wie ein fliegender Fisch über die Wasseroberfläche hinaus. Dann aber fiel sie zurück in ihr Element.

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Ich hatte gedacht, spätestens auf der Höhe von Kap Horn würde Jack von seinem strikten Südkurs abweichen und wieder in die sicheren Gewässer des stillen Ozeans zurückkehren, aber nichts dergleichen geschah.

Am 14. März kamen André und Theodore ohne anzuklopfen in mein Zimmer und ich konnte mir schon denken, dass es wieder einmal ein Gespräch über eine mögliche Flucht werden würde. Lange Zeit hatten wir nicht mehr davon geredet, aber auch ich musste zugeben, dass der strikte Südkurs auch mir Zweifel an Jack bescherte. Immerhin würde er uns direkt zum Südpol führen!

„Eine einzige Frage, Professor.“, Theodore stützte sich auf meinen Schreibtisch und fixierte mich, „Wie viel Mann Besatzung befinden sich an Bord der Black Pearl?“ „Ich weiß es nicht.“, ich hatte selten ein Besatzungsmitglied gesehen und Jack auch niemals danach gefragt. Aber, Theodore ließ sich nicht beirren, „Die Manöver, die wir bisher gesehen haben, kann man auch mit wenigen Leuten ausführen.“ „Das stimmt, dafür benötigt man vielleicht nur zehn Mann.“, gab ich, während ich mich beherrschen musste, nicht nervös hin- und herzurücken, zu. Aber, ich sah dem Kanadier fest ins Gesicht, „Die Black Pearl ist nicht einfach ein Schiff, sie ist ein Asyl für Menschen, die ganz wie Jack die Verbindung zur obigen Welt abgebrochen haben!“

„Das kann schon sein, aber schließlich ist das Fassungsvermögen des Dampfers begrenzt.“, mischte sich mein Diener ein, „Sir kann sicher ausrechnen, wie viele Menschen höchstens an Bord sein können.“ Dieser Ton bei meinem André war mir völlig fremd und ich musste mehrfach schlucken, bevor ich eine Antwort hervorbrachte, „Aber warum? Wie stellst du dir das vor, mein Guter?“ „Sir kennen sowohl das Volumen der Black Pearl, als auch wie viel Luft ein Mensch zum Atmen braucht. Außerdem ist Sir bekannt, dass wir alle 24 Stunden zum Luftholen auftauchen. Also, eine ganz einfache Textaufgabe.“ „Aber, die Lösung kann nie auf den Mann genau sein, der Grad der Verbrauchtheit unser Luft steht nie fest!“, wandt ich ein, aber der Blick wütende Theodores brachte mich dann doch dazu es auszurechnen, „Also schön. Ein Mensch verbraucht in 24 Stunden 2400 Liter Sauerstoff und das Volumen der Black Pearl beträgt 1500000 Liter. Das entspricht ziemlich genau der Luft, die 625 Menschen in 24 Stunden verbrauchen. Aber, ich glaube dennoch nicht, dass sich mehr als 60 Menschen an Bord befinden.“

Theodore warf mir einen vernichtenden Blick zu und ging dann. André blieb bei mir und schüttelte voller Bedauern den Kopf, „Ich fürchte, er wird gemütskrank. Er ist kein Gelehrter, die Fische des Ozeans lassen ihn kalt…Er täte alles für eine Schänke. Ich…wünschte, ich könnte ihm viel besser helfen und ihm genügen.“



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