Aufregungen im Fürstentum von -Suhani- (Wie Inu Yasha auch hätte verlaufen können) ================================================================================ Epilog: Epilog -------------- Die Sonne hatte vor einigen Stunden den Zenit verlassen, die wärmste Zeit des Tages war vorbei und ein kühler Wind wehte. Das Schloss des Westens lag still inmitten des Waldes. Nur leises Schwertklirren hallte durch die Luft. Sora stand neben ihrem Großvater in dessen Arbeitszimmer und sah hinab auf den Übungsplatz, auf dem ihre Eltern waren. Genau wie viele Soldaten und einige Diener beobachtete sie den Übungskampf interessiert. Auch wenn es schon seit einigen Wochen so ging, war es doch immer noch eine Neuheit, dass der Erbprinz mit seiner Gefährtin trainierte. Die kleine Prinzessin sah zu ihrem Großvater, der völlig regungslos neben ihr stand. Unwillkürlich fragte sie sich, ob er den Kampf wirklich sah oder nur leer vor sich hin starrte, wie so oft in letzter Zeit. Sie war zwar noch sehr jung, aber nicht dumm. Seit der Fürst aus dem Norden zurückgekehrt war, verhielt er sich merkwürdig, seit der Sache mit den Panthern war es schlimmer geworden. Ihr Vater war zwar auch irgendwie anders, aber … eigentlich nur in der Gegenwart seines Vaters. Was war hier nur los? Was war vorgefallen? Doch mit ihr würden die Erwachsenen kaum darüber reden. Wussten die etwa nicht, dass sie auch merkte, dass ihr Großvater anders war? Dass er … dunkler war? Dem Herrn der Hunde war bewusst, dass seine Familie bemerkt hatte, dass er anders war. Sie spürten, dass sich etwas verändert hatte und dass es etwas mit Sou'unga zu tun hatte, konnten sich zumindest Sesshoumaru und Hana denken, die dem bösen Schwert beinahe zum Opfer gefallen waren. Er hatte weder sich noch dem Schwert verziehen, dass er seinen Sohn und seine Schwiegertochter in Lebensgefahr gebracht hatte. Er hätte den Kampf zwischen den Halbwüchsigen und Akumaru auch anders unterbrechen können, um seinen Cousin dann zu töten. Er hatte auch bemerkt, dass sein Ältester sich in seiner Gegenwart anders verhielt, wachsamer und angespannter war. Wer konnte es ihm verdenken? War diese Verhaltensänderung vielleicht auch der Grund dafür, dass Sesshoumaru jetzt mit Hana übte? Dass er sie wieder in Höchstform bringen wollte, damit sie sich und ihre Kinder auch alleine gegen den Fürsten verteidigen konnte? Eigentlich sollte er über diesen Gedanken beleidigt sein, aber er war mehr als erleichtert. Er hatte es noch nicht geschafft, die Kontrolle so weit zurückzugewinnen, dass er sich selbst in Gegenwart seiner Familie vertrauen konnte. Er hatte bei den Panthern gesehen, wie leicht es dem Drachengeist fiel, ihn zu beeinflussen und es hatte ihn sehr viel Mühe gekostet, nicht nachzugeben, als das Höllenschwert verlangte, Ichiromaru und Fumiko zu töten. Stattdessen hatte er die beiden vor einem Monat zurück in den Norden geschickt. Der Fürst des Westens war nun auch offiziell der des Nordens. Er hatte sich in den vergangenen Wochen intensiv mit den Unterlagen aus dem Revier seines Cousins befasst. Allerdings hatte er momentan nicht vor, auch den ausführenden Regierungsposten im Norden zu bekleiden. Stattdessen hatte er Ichiromaru zu einer Art Prinzregent ernannt. Der junge Hund durfte die alltäglichen Fürstenaufgaben erledigen, musste aber regelmäßig Bericht erstatten und hatte auch keine sehr weitreichenden Befugnisse. Dennoch hatte das Sesshoumaru vermutlich zusätzlich verstimmt. „Opa?“, riss die Stimme seiner Enkelin aus seinen Gedanken, ihre kleine Hand schloss sich um seine langen Klauen und er schreckte etwas auf. „Ja?“, fragte er und sah auf sie hinab. „Was ist eigentlich los mit dir?“, wollte sie wissen. „Gar nichts. Warum fragst du?“ „Du bist anders. Seit du aus dem Norden zurückgekommen bist, bist du anders. So … komisch anders.“ Einer seine Mundwinkel zuckte etwas nach oben. „Es ist nichts. Die letzten Wochen waren nur ziemlich anstrengend.“ „Wirklich? Das ist alles?“ „Ja, meine Kleine.“ „Und das wird sich wieder ändern? Es wird alles wieder normal werden?“ „Ja, mach dir keine Sorgen.“ Sora nickte etwas und sah wieder hinunter zum Kampfplatz. Sie glaubte ihrem Großvater. Oder wollte ihm zumindest glauben. Als die untergehende Sonne den Himmel blutrot färbte, saß Hana mit ihrem kleinen Sohn im Arm auf einer Steinbank im Schlossgarten und beobachtete Yoshihiro, der sich mit großen, goldenen Augen umsah. Ein liebevolles Lächeln umspielte ihre Lippen. Ein leichter Wind kam auf und die beiden Hundedämonen wandten ihren Blick zum Eingang des Gartens. Inu Yasha kam langsam auf die beiden zu und schon aus der Entfernung konnte seine Schwägerin sehen, dass er traurig wirkte. Nicht nur, weil seine Hundeohren abgeknickt zu sein schienen und seine Schultern runterhingen. Der Halbdämon kam zu seiner Schwägerin und setzte sich vor der Bank ins Gras, lehnte sich leicht gegen ihre Beine. Einige Momente vergingen, in denen Hana auf eine Erklärung für den Trübsal oder zumindest auf eine Begrüßung wartete, aber es kam nichts, er starrte schweigend vor sich hin, die Arme locker auf seine angewinkelten Knie gelegt. „Was ist los mit dir?“, fragte sie schließlich und lehnte sich etwas vor. Er winkte nur ab. „Nichts weiter.“ Die Prinzessin zog eine Augenbraue hoch. „Wir sind hier ganz alleine. Sora ist in ihrem Zimmer und dein Bruder ist bei deinem Vater. Und Yoshihiro wird nichts weitererzählen. Also was ist los mit dir? Du bist doch nicht grundlos so trübsinnig.“ Inu Yasha seufzte tief und hob ergeben die Hände. „Ich … hab mich mit jemandem getroffen.“ Seine Schwägerin legte den Kopf schief. „Getroffen? Als Freunde oder … als Paar?“ „Als … Paar. Es … sie war eine Miko. Ist eine Miko. Darum habe ich nichts von ihr erzählt.“ Hana schwieg einen Moment. Er hatte sich heimlich mit einer Miko, einer Menschenfrau getroffen? „War das die Miko, die Sora gesehen hat, als sie aus dem Schloss ausgerissen ist und dich gefunden hat?“, fragte sie dann. Der Jüngere nickte etwas. „Ja. Kikyou. Es hat vor einer Weile angefangen, durch einen Zufall. Ich hab sie im Wald getroffen, als sie gerade von einigen niederen Dämonen angegriffen wurde, die hinter dem Shikon no Tama her waren. Obwohl ich mich versteckt hatte, bemerkte sie mich, sie hatte angenommen, dass ich ebenfalls hinter dem Juwel her sei, aber das war ich nicht. Wir haben uns eine Zeit lang unterhalten und von da an … haben wir uns öfter getroffen.“ „Ihr habt euch angefreundet.“ „Ja … und dann … war da mehr. Ich wollte bei ihr bleiben. Mein Leben mit ihr verbringen, mit ihr alt werden. Und ich dachte, sie würde das auch wollen.“ Hana richtete sich etwas auf. In ihr keimte ein Verdacht auf, aber das konnte unmöglich stimmen. Er hätte doch niemals vorgehabt, seiner Familie den Rücken zu kehren. „Was ist passiert?“ „Sie hat mich belogen. Die ganze Zeit über. Keines ihrer Worte war wahr. Und heute hat sie mir ihr wahres Gesicht gezeigt.“ „Inu Yasha, was genau ist passiert? Was hast du vorgehabt mit dieser Frau?“ „Sie ist die Hüterin des Juwels der vier Seelen. Darum wurde sie ständig angegriffen. Sie hat zu mir gesagt, dass sie sich nichts mehr wünscht, als ein normales Leben zu führen, ein ruhiges Leben. Wo niemand sie fürchtet und wo niemand hinter ihr her ist. Und ich konnte sie verstehen. Ich will auch normal sein. Ganz normal.“ „Du wolltest mit dem Juwel ein Dämon werden?“ Inu Yasha rutschte etwas hin und her. „Nein“, zwang er sich dann zu sagen. „Das Gegenteil.“ Die Ältere schluckte unwillkürlich. „Du wolltest für sie ein Mensch werden, damit ihr beide zusammen ein normales Leben haben könnt.“ „Ja. Aber … es war eine Lüge. Wir wollten uns heute treffen, sie wollte mir das Juwel geben. Aber … sie hat mir gesagt, dass alles gelogen war.“ Mehr würde er nicht zu diesem Treffen sagen. Ein Knoten bildete sich plötzlich in seinem Magen, als hätte ihm jemand die Faust hinein gerammt. „Also wollte ich mich rächen. Ich wollte mir das Shikon no Tama aus ihrem Dorf holen. Das ist aber auch schief gegangen. Sie hat mich aufgehalten und beinahe mit einem Pfeil erschossen. Ich hab das Juwel fallen gelassen und bin nur noch weggerannt.“ Er ließ den Kopf sinken und verfiel in tiefes Schweigen. Hana atmete tief durch und dachte nach. Wie sollte sie darauf nur reagieren? „Hat sie gesagt, warum sie das getan hat? Warum sie dich angelogen hat?“ „Nein. Es … es ergibt für mich auch keinen Sinn.“ Die Dämonin neigte sich ein Stück weiter vor, darauf bedacht, ihren Säugling nicht zu erdrücken. „Als wir gegen die Gruppe Ninja-Youkai gekämpft haben, im Wald, da sind wir alle von einem hellen, läuternden Licht geblendet worden. War das einer ihrer Pfeile?“ Als Hüterin des mächtigen Shikon no Tama musste die Miko schließlich über einige Macht verfügen. Und es interessierte Hana schon die ganze Zeit, wer hinter diesem Licht gesteckt hatte, das ihr die Möglichkeit gegeben hatte, ihre Tochter in Sicherheit zu bringen. „Ja, das war sie. Sie sagte, sie wollte uns nur helfen. Zuerst. Heute sagte sie, dass sie uns einfach nur selbst töten will.“ Das ergab für Hana keinen Sinn. Warum hatte diese Kikyou dann nicht Inu Yasha zu einem Menschen gemacht, der wäre leichter zu töten gewesen, selbst für eine Menschenfrau. Und es war doch mehr als dumm, auszuposaunen, dass man die dämonische Fürstenfamilie töten will, auf deren Revier man lebte. War diese Frau vielleicht dumm? Nein, dann wäre sie wohl kaum eine Miko geworden, deren Fähigkeiten groß genug waren, um das Vertrauen der Dämonenjäger zu gewinnen, die vorher für das Juwel verantwortlich gewesen waren. „Ich werde so etwas nie wieder finden“, murmelte der Halbdämon. „Das weißt du nicht. Und sieh es doch mal so: Dein Vater wäre sicher sehr betrübt gewesen, wenn du ein Mensch geworden und von hier weggegangen wärst. Ohne vorher mit ihm darüber zu sprechen“, erwiderte seine Schwägerin. Er lachte kurz auf. „Ja, in seinem momentanen Zustand ist es wohl keine gute Idee, ihm noch mehr Kummer zu bereiten. Was ist eigentlich genau im Norden passiert? Wieso will keiner von euch genau darüber reden?“ Die Erbprinzessin zögerte. Sie war dabei gewesen, als der Fürst seinen jüngeren Sohn über die Geschehnisse in Kenntnis gesetzt hatte. Nun, über einen Teil der Geschehnisse. Er hatte ausgelassen, dass er mit dem Höllenschwert angegriffen hatte, ohne auf das Erbprinzenpaar Rücksicht zu nehmen und anschließend seinen Cousin kaltblütig getötet hatte. Was genau in dem Felsenkessel passiert war, dass Akumaru daraus entkommen, aber der Taishou noch aufgehalten worden war, hatte er niemandem erzählt. Das kam einem stummen Befehl gleich, nichts zu sagen und nichts zu fragen. „Ich … denke, dass die Falle, in die mein Vater deinen gelockt hat, Sou'ungas Einfluss auf ihn erhöht hat.“ „Was?! Nein, nein, nein, Vater würde niemals zulassen, dass das Schwert ihn kontrolliert. Niemals“, sagte Inu Yasha entschieden. „Ich weiß. Aber ich glaube trotzdem, dass es irgendwie passiert ist, vielleicht gegen seinen Willen, vielleicht hatte er keine andere Wahl. Ich weiß wirklich nicht, was genau passiert ist, wir waren nicht dabei.“ „Warum glaubst du es dann? Wieso denkst du, dass seine Veränderung etwas mit Sou'unga zu tun hat?“ „Weil … weil er es eingesetzt hat.“ „Na und? Dein Vater hat ihn in eine Falle gelockt und damit seine Chance auf einen fairen Kampf verspielt.“ Der Halbdämon zuckte mit der Schulter. „Er war vermutlich schon angeschlagen und wollte die Sache möglichst schnell beenden. Und es hat schon etwas ironisches, dass Akumaru durch das Schwert gestorben ist, dass er unbedingt haben wollte.“ Hana sah sich schnell um und prüfte die Luft, um sicher zu gehen, dass niemand sie belauschte, ehe sie mit gesenkter Stimme sagte: „Inu Yasha, dein Vater und dein Bruder dürfen nie erfahren, dass ich dir das jetzt sage. Absolut niemand darf jemals ein Wort davon erfahren.“ Ihr Schwager zog verwundert die Augenbrauen zusammen. „Ich werde schweigen wie ein Grab“, sagte er langsam. Was kam denn jetzt? „Dein Vater hat Sou'unga eingesetzt, als Sesshoumaru und ich noch in der Schusslinie standen. Er hätte uns beinahe erwischt.“ „Was?!“ „Sei still!“ Inu Yasha öffnete den Mund, schloss ihn aber wieder und starrte sie nur fassungslos an. „Darum glaube ich, dass das Höllenschwert mehr Einfluss auf ihn hat als vorher. Darum benehmen dein Vater und dein Bruder sich so komisch. Von sich aus hätte der Fürst Sesshoumaru niemals angegriffen oder auch nur riskiert, dass er bei einem solchen Angriff verletzt wird. Das war Sou'unga. Ich würde auch nur zu gerne wissen, wie das passieren konnte, was in dem Felsenkessel genau vorgefallen ist, aber ich weiß es wirklich nicht und ich glaube auch nicht, dass wir es jemals erfahren werden.“ Der Prinz schluckte und schüttelte kurz den Kopf, um seine Gedanken zu ordnen. „Nein, er hätte keinen von euch jemals absichtlich in eine solche Gefahr gebracht“, murmelte er. „Jetzt denk nicht zu sehr darüber nach. Hoffen wir einfach, dass hier bald wieder Normalität einkehren wird“, meinte Hana und lehnte sich wieder zurück. „Ja … danke.“ „Wofür?“ „Dass du versucht hast, mich abzulenken. Und dich um mich gekümmert hast, als ich noch ein Kind war. Und mir immer zuhörst. Und niemandem davon erzählen wirst, was ich vorhatte.“ Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Dafür sind Schwestern da.“ Inu Yasha lehnte sich wieder gegen ihre Beine und sah hinauf in die Bäume, die das Schloss umgaben. Es tat noch weh, an das zu denken, was Kikyou ihm angetan hatte. Sehr weh. Aber es hatte geholfen, darüber zu reden. Und Hana gab ihm das Gefühl, dass er immer einen Ort hatte, zu dem er gehen konnte, an dem er sich normal und akzeptiert fühlen konnte, so wie er war. Doch wie lange würde es diesen Ort noch geben, wenn Sou'unga es wirklich geschafft hatte, sich größeren Einfluss auf den Fürsten zu verschaffen? Wie lange würde der Herr der Hunde noch er selbst sein, wenn ein Stück von ihm an den Höllendrachen gefallen war? Er seufzte leise und schloss die Augen. Vielleicht hatte seine Schwägerin recht. Vielleicht sollte er wirklich nicht zu viel darüber nachdenken. Es würde sicher alles wieder gut werden. Ganz sicher. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)