Amoris vulnus idem sanat, qui facit von Ange_de_la_Mort (implied Phoenix/Edgeworth) ================================================================================ Amoris vulnus idem sanat, qui facit ----------------------------------- Amoris vulnus idem sanat, qui facit - Die Wunden der Liebe kann nur der heilen, der sie zugefügt hat Mord, Totschlag, Verbrechen. Jeden Tag aufs Neue. Immer wieder neue Morde, neue Gerichtsverhandlungen, neue Untersuchungen. Irgendwann stumpft man ab. Irgendwann berührt es einen nicht mehr und irgendwann – obwohl wir … oder zumindest ich mir alle Mühe gebe, um es zu vermeiden – kann es vorkommen, dass man aufhört, den Menschen hinter der Tragödie zu sehen. Manchmal … manchmal sieht man nur eine Aktennummer, einen neuen Fall, ohne daran zu denken, dass der oder die Tote einmal ein Mensch war; von Freunden gemocht, von Feinden gehasst – und offensichtlich auch getötet – und von anderen Menschen geliebt. Manchmal vergisst man in diesem Beruf, was Liebe ist, was sie bedeutet oder bedeuten sollte, und erst, wenn man die Tränen auf den Gesichtern der Hinterbliebenen sieht, erinnert man sich daran, wie kurz und grausam das Leben sein kann. Vor allem grausam … Und manchmal muss man die Leiche gar nicht sehen … Der Zettel liegt vor ihm auf dem Tisch und zum zehnten, zwanzigsten oder hundertsten Male liest er die verschnörkelte Handschrift, die paar Worte. … um zu wissen, dass die Grausamkeit des Lebens einen Menschen für seine Unachtsamkeit und seinen Mangel an Mitgefühl bestraft … 'Staatsanwalt Miles Edgeworth wählt den Tod.' … und einem das nimmt, was man am meisten liebt. ~*~ Man kann sich nicht vorstellen, wie oft ich vor deiner Wohnung gestanden war, wie oft ich geklingelt hatte, wie oft ich mich an diesen winzigen Funken dummer Hoffnung geklammert hatte, dass alles nur ein Scherz war und du jede Sekunde die Tür öffnen würdest. Natürlich ist das nicht passiert. Wie auch? Du warst ja tot … Es war keine leichte Zeit für mich. Ich fühlte mich so, als wäre ein Teil von mir ebenfalls gestorben. Als hätte ich meinen Lebenswillen verloren. Ein paar Momente lang hatte ich mir sogar überlegt, dir zu folgen. So wie in diesem Buch, weißt du? Romeo und Julia? Ich bin froh, dass ich es nicht getan habe, sonst wärst du nach deiner Rückkehr vielleicht genauso am Boden zerstört gewesen, wie ich es war. Es hätte dir doch etwas ausgemacht, wenn ich gestorben wäre, oder? Egal … Jedenfalls wusste ich nicht, was ich tun sollte. Hängen lassen konnte ich mich nicht, ich musste mich doch um Maya kümmern. Und um Pearls … du kennst Pearl noch gar nicht, oder? Ich erzähle dir später mehr von ihr. Es gibt sowieso so viel, das ich dir noch erzählen muss … Er seufzt und lehnt sich ein wenig nach hinten, sieht in den Abendhimmel und lächelt leicht. Er hat alle Zeit der Welt, um all das zu erzählen, was ihm auf der Zunge liegt. Er kann so viel reden, wie er möchte, es wird sie ja niemand stören. An diesen verlassenen Winkel des Friedhofs verirrt sich so schnell niemand und Edgeworths Grab liegt so verlassen da, wie der Mann es zu Lebzeiten manchmal zu sein glaubte. Wieder seufzt Phoenix und zupft einen verirrten Grashalm von seinem Sakko, senkt den blick, betrachtet den Boden. Ich … muss dir etwas gestehen. Aus meiner Verzweiflung ist sehr schnell Wut geworden. Hass. Auf dich und irgendwie auch auf mich. Weil du einfach so geflohen warst, weil ich nicht in der Lage gewesen war, dich zu retten, dir zu helfen, dir zu zeigen, dass das Leben lebenswert ist. Ich dachte, es wäre gut, dass du tot bist, denn so müsste ich nicht länger den Überresten einer Freundschaft nachlaufen, die schon lange zerbrochen war. Jetzt im Nachhinein schäme ich mich dafür. Es tut mir unendlich Leid, und ich kann verstehen, wenn du mir nicht verzeihen willst, aber … es würde mich trotzdem freuen. Ich wäre dir dankbar dafür ... Außerdem … außerdem war es sowieso nicht wahr gewesen. Ich wollte dich natürlich wiedersehen. Ich hätte so ziemlich alles dafür gegeben. Das weißt du doch. Oder? Ich meine … du kennst mich doch inzwischen gut genug. „Damit ich das richtig verstehe, Wright“, erklingt eine Stimme neben Phoenix und ohne überhaupt hinsehen zu müssen, weiß jener, dass der Besitzer der Stimme die linke Augenbraue hebt, „deine Wiedersehensfreude war so groß und ungezügelt, dass du es für nötig hieltest, mir beinahe die Zähne auszuschlagen?“ Phoenix sieht nach links und lächelt wieder. Der Ausdruck auf Miles' Gesicht ist ein Bild für Götter und langsam hebt er eine Hand, streichelt zärtlich über die aufgeplatzte Lippe des anderen und mustert die wenigen Bluttropfen auf der ansonsten so weiße Krawatte mit leichter Genugtuung. „Das hast du verdient.“ Miles schweigt und lässt die Berührung zu, was Phoenix einmal mehr zum Lächeln bringt. Denn er erinnert sich genau, wie Miles früher war, wie er sich eher mit seiner eigenen Krawatte erwürgt hätte als zuzulassen, dass ihm jemand zu nahe kommt. Er hat sich in diesem einen Jahr wirklich verändert. Sie haben sich beide verändert. „Ja. Ja, das habe ich wohl wirklich verdient“, sagt Miles schließlich und seufzt leise, zuckt mit den Schultern, unwissend, was er dazu noch sagen soll. Also verfallen sie in Schweigen und blicken stumm zu dem Grab, das sich vor ihnen erstreckte. „Ich bin froh, dass du es nicht getan hast“, meint Phoenix nach einer Weile. Es. Eine nette Umschreibung des Wortes 'Selbstmord'. Findet er zumindest, denn er möchte das Wort im Zusammenhang mit Miles nie wieder aussprechen, nie wieder denken müssen. „Wie könnte ich? Das … das hätte mein Vater nicht gewollt.“ „Ich auch nicht.“ „Ich weiß.“ Wieder verfallen sie in Schweigen. Und obwohl Phoenix jedes Mal, wenn das Thema auf Miles' Vater zu sprechen kommt, Mitgefühl für seinen Freund hegt, so muss er doch – als er auf das Grab sieht – zugeben, dass er allen Göttern dankbar ist, dass es nur den einen Edgeworth getroffen hat und nicht den anderen. Nicht den, an dem sein Herz hängt ... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)