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Der Weg eines Kindes

Mama Ana Ahabak – Die Geschichte zum Lied
von

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Part 3

~ Hunger und Durst ~
 


 

Eisige Kälte lies meinen Körper erzittern und doch spürte ich etwas warmes. Ich bewegte mich vorwärts ohne meine Beine zu bewegen. Was tat ich hier? Eine ungewohnte Leere war in mir und lies mir alles nehmen, was ich mochte. Das schöne Land was ich bei Tagesanbruch mit einem lächeln Begrüßte, meine Geschwister und viele der lieben Leute um mich herum.

Langsam öffnete ich meine Augen und fand mich auf dem Rücken meiner Mutter wieder. Erschrocken wich ich etwas zurück und verlor das Gleichgewicht. Es schien fast ein endloser Fall bevor ich mit dem Rücken auf den harten Boden aufschlug. Ein stechender Schmerz rollte wie eine Druckwelle durch meinen Körper und im Nu war ich wach.

„Samira, hast du dir wehgetan?“, hörte ich meine besorgte Mutter flüstern. Verwundert betrachtete ich ihr staubiges Gesicht und auf deren Lippen ein entschuldigendes Lächeln lag. Doch wieso freute ich mich nicht, dass sie mich anlächelte? Weil es sich falsch anfühlte oder weil das Lächeln ihre Augen nicht erreichte?

Sie halt mir auf die Beine und zog mich an der Hand hinter ihr her. Sie hatte einen schnellen Schritt drauf. Es war mühselig ihr so zu folgen, doch ich wollte mich nicht beschweren. Eine trostlose Gegend, verschlungen von dichtem Nebel, umgewühlter Erde, auf der kein Leben mehr zu wachsen schien. Unsere kleine Karawane schlängelte sich über die verschlungenen Äcker, ich wusste nicht ob wir überhaupt ein Ziel hatten. Ob es überhaupt noch einen schönen Ort gab.

„Mama wo wollen wir hin?“, fragte ich ängstlich, nicht wissend ob das jetzt eine angebrachte Frage war oder nicht.

Ich war mir nicht sicher ob wir überhaupt ein Ziel hatten oder einfach nur flüchteten. Aber wie konnten wir uns den sicher sein, denn Fremden nicht genau in die Hände zu fallen?

„In die Hauptstadt, da müssten wir uns verstecken können. Ich habe gehört sie soll von feindlichen Angriffen teilweise verschont geblieben sein. Ich dachte Hoffnung in ihrer Stimme gehört zu haben, doch eigentlich schien es eher Verzweiflung an einem Hoffungsfunken festzuhalten, der vielleicht gar nicht existierte.

Wer konnte uns schon noch Hoffnung geben, wenn uns unsere Heimat förmlich unter den Füßen hinweg gezogen wurde. Hatten wir überhaupt die Chance jemals zurück zu kehren? Würde dieses Land wieder so Grün werden wie es einmal war?
 

Es schien ein endloser Marsch im Nirgendwo, nur der dichte Nebel schien uns Deckung zu geben vor den Fremden und auch wenn alles gleich aussah, schien die Karawane gezielte Wege zu gehen.

Meine Gedanken reisten um das blühende Land, was hier einst war. Ich konnte mich genau erinnern wie die Hauptstadt einmal aussah. Als ich ganz klein war, hatte meine Mutter mich schon einmal mitgenommen. Überall waren gut gepflügte Äcker rund um die Stadt mit den großen Häusern aus Stein, die wie Könige empor stiegen. Die Leute waren heiter und gut gelaunt und handelten mit fremden Ländern um ihre Waren bei den Straßenständen. Unser weg führte Talaufwärts und wieder steil hinunter.

Gegen meinen knurrenden Magen bekam ich von meiner Mutter einen Knopf von ihrer Kleidung auf dem ich abwesend herum lutschte um wenigstens etwas Flüssigkeit in meinen Mund zu bekommen. Auf dem ganzen Weg, der tag ein Tag aus voranschreitet, waren wir nur an 2 Tümpeln vorbei gekommen. Der erste hatte noch soviel Wasser, dass alle etwas davon abbekommen konnten. Doch wir konnten nichts von dem Wasser mitnehmen, was so eigenartig schmeckte.

Der zweite Tümpel hingegen war rostbraun und nur noch pfützenartig vorhanden. Es reichte nur für einen kleinen Stuck für jeden und ich verzichtete gar darauf. Ich konnte mich nicht überwinden aus solch einen Brühe zu trinken, auch wenn meine Kehle danach lechzte, wenn es wenigstens etwas Flüssigkeit bekam. Doch ich hatte schon so viele Tage ausgehalten, da würde ich auch noch bis zum nächsten Wasserloch warten können, auch wenn ich nicht wusste wann das sein würde. Mein Körper war ausgedorrt, meine Rippen stachen durch meine Aschweisehaut die fast durchsichtig schien.
 

Mir war schwindelig und übel, sodass ich nicht weiter konnte. Abwechselnd trug mich meine Mutter, die selber nicht viel kräftiger wirkte als ein altes Pferd was Steine einen Hang hinaufziehen musste und ein magerer Mann, der auch schon seit dem letzten Tümpel nicht gerade gut aussah, da er ebenfalls keine Flüssigkeit zu sich genommen hatte. Ich wollte tapfer sein, doch meine kleinen Glieder rührten sich kaum.

Teilweise verschlief ich den weiten Marsch und hatte ein schlechtes Gewissen, dass ich nicht auf eigenen Füßen ging.

Auch meine Hoffnung lag auf der Hauptstadt, in der es klares Wasser zu er hoffen gab. Unser weg endete an einem langen Flussbett mit schneller Strömung, ich schmeckte schon förmlich das Wasser auf meiner Zunge. Ich wollte herunter gelassen werden und etwas von dem Wasser trinken, doch niemand machte Anstalten sich dem Wasserlauf zu nähern.

Mir war egal wieso sie nichts wollten, ich kämpfte mich vom Rücken meiner Mutter und plumpste auf den Boden. Meine Glieder gehorchten mir nicht und doch kroch ich förmlich über den Boden.

Ich wollte etwas trinken, mein ganzer Körper schrie nach Wasser, auf das ich so sehnlichst gehofft hatte. Doch zwei starke Arme zogen mich an den Schultern hoch und weg von Fluss. Ich wollte das nicht und wehrte mich, wieso verwerten sie mir das Wasser? Nur weil ich beim letzten Tümpel die Nase gerümpft hatte und wie ein bockiges Kind rumgejammert hatte, ich wollte nichts trinken? Wollten sie alle vor mir trinken und mich somit bestrafen? Das wollte ich nicht, ich wollte sofort etwas trinken.

Mein verschleierter Blick war auf den Fluss gerichtet. Wenn ich ehrlich war konnte ich den Fluss kaum erkennen, aber ich hörte das rauschen von Wasser klar und deutlich.

„Lasst mich was trinken“, flehte ich förmlich und versuchte mich noch immer aus den Armen heraus zu reißen. Wieso ließen sie mich nicht?

„Samira das Wasser kannst du nicht trinken“, hörte ich die beschwichtigenden Worte von meiner Mutter und dennoch halte noch etwas anderes in ihrer Stimme mit. Besorgnis.

Erst jetzt wurde ich hellhörig spürte wie mürrisch die ganzen Leute aus der Karawane waren und sich nicht bewegten, nicht auf den Fluss zu gingen. Was war hier los? Wieso bekam ich meine Augen nicht richtig auf, so als ob der Schlaf sie mir zusammen klebte, doch ich war doch hell wach, oder? Ich war mir nicht mehr sicher.
 

Aber ich erinnerte mich daran, dass hinter einem breiten Fluss die Hauptstadt lag, wieso also hielten alle inne, obwohl wir dem Ziel so nahe waren?

„Mama, was macht ihr? Wieso gehen wir nicht weiter, was ist mit dem Wasser?“, fragte ich besorgt. Die Angst beschlich mich. Ich konnte nicht sehen was vor mir lag. War es immer noch so neblig. Vor meinen Augen war alles verschwommen und grell, aber keine klaren Strukturen.

„Kannst du es denn nicht sehen?“, fragte sie fast abwesend, als ob sie sich ganz woanders befinden würde. So als ob jegliche Hoffnung ihren Körper verlassen hätte. „Nein Mama, ich kann nichts erkennen, rein gar nichts. Alles ist so verschwommen und grell. Mama was ist hier los?“, meine Stimme bebte genauso wie mein Körper, als ich merkte, dass irgendetwas nicht zu stimmen schien. Ich spürte wie sich vor mich hockte und sah einen schwarzen Schatten, der das grelle Licht ein wenig abschirmte. Ich spürte ihre knorrigen, kalten Fingerspitzen, die über mein Gesicht tasteten und auch um meine Augen herum.

„Mama was ist bloß los“, jammerte ich ängstlich und warf mich in den Schatten vor mich und landete in den Armen meiner Mutter, doch auch sie fühlte sich so kalt wie die Nacht an. Keine Wärme strömte von ihr aus. Das irritierte mich.
 

„Samira deine Augen sind so verklebt, ich weiß nicht woher das kommt, aber lass deine Augen am besten verschlossen, damit es nicht schlimmer wird“, erklärte sie mir ruhig, doch ich spürte ihre zittrigen Hände die meinen Körper umklammerten, sie verheimlichte mir etwas und ich wusste es hatte was mit mir zutun.

„Mama... was ist bloß los, wieso gehen wir nicht weiter?“, fragte ich verunsichert und klammerte mich noch fester, so als habe ich Angst sie könnte verschwinden.

„Liebes, hör mir zu, der Fluss... ist so Rot wie Blut, die Fische liegen auf der Wasseroberfläche, alles ist wie tot. Wir wollten diesen Fluss überqueren um so schneller zur Stadt zu kommen, doch es scheint wie Säure alles zu zerfressen, wir können nicht zur Hauptstadt...“, erklärte sie mir ruhiger und beherrschter Stimme. Ihr Griff wurde fester, eiserner, so als ob sie noch nicht aufgegeben hätte.

„Was machen wir dann, wohin gehen wir?“, fragte ich besorgt. Wenn unserer eigentliches Ziel nicht mehr erreichbar ist, haben wir keine Zufluchtsstätte und nun? Angst über das bevorstehende machte sich in meinen Gliedern breit und raubte mir auch den letzten Funken Hoffnung, an dem ich bis jetzt fest gehalten hatte.

„Mama, gibt es nicht einen anderen Weg in die Stadt?“, hinterfragte ich mit der Hoffnung, dass wir doch bald in Sicherheit wären.

Ich konnte nicht sehen das sie den Kopf schüttelte, aber ich spürte es, als ihr langes Haar mir um die Schultern schlug.

„Nein Samira, die Stadt ist ebenfalls tot“, wisperte sie und es war ein Wunder das ich ihre Worte verstand.

Es traf mich wie ein Schlag, ich konnte mir förmlich vorstellen, wie die Menschen aus dem roten Fluss tranken um zu über leben und die einst so prachtvollen Häuser aus Stein nur noch Ruinen wie in unserem Dorf waren. Also hatten die Soldaten auch vor unserer Hauptstadt keinen halt gemacht. Es schnürte mir das Herz zu, all die Hoffnung hier Unterschlupf zu finden war vergebens gewesen.

Den langen gefährlichen Weg fast durchs ganze Land, der so viele Opfer gefordert hatte, soll Umsonst gewesen sein? Ich wollte das nicht wahr haben. Die Hoffnung das wir hier unsere neue Heimat sein könnte war vergebens und wieder standen wir ohne all die Hoffnung hier, niemand wollte mehr weiter. Hatte die nötige Kraft überhaupt noch an eine glückliche Zukunft zu denken. Wie sollte es nur weiter gehen, gab es überhaupt noch einen Ort in unserem Land, der nicht verwüstet war? Gab es den? Und wenn wo sollte der sein und wie weit würde der Weg bis dort hin?

Ich war durstig, hungrig und fühlte mich so kaputt, obwohl ich die meiste Zeit getragen wurde.
 

Ich weiß nicht wie lange wir hier herum saßen und nichts taten, niemand schien sich zu bewegen und sich in seiner eigenen kleinen Welt zu befinden. War es denn so gut hier einfach so schutzlos herum zu liegen und wie sollte es weiter gehen.

Ein summendes Geräusch durchbrach die Stille, plötzlich wurde alles um mich herum unruhig, manche fluchten, einige andere sprangen auf und schienen los zu laufen. Doch meine Mutter blieb ganz ruhig und hielt mich fest. Das summen wurde lauter und dröhnte wiederhaltend in meinen Ohren, sodass ich Kopfschmerzen bekam. Mit aller Kraft drückte ich meine Hände auf die Ohren und verdrängte die Angst die mich zu umklammern schien.

Hätte meine Mutter mich nicht so fest gehalten, wäre ich sicher wie die Anderen auf und davon gestürmt. Ich hoffte das die kalte Luft die uns Umgab noch immer solch einen dicken Nebelschleier um uns warf und somit tarnte. Denn die eisernen Vögel mit ihren tödlichen Bienenschwärmen waren noch viel zu genau in meinem Gedächtnis verankert. Ich wollte nicht daran denken, was passierte wenn sie uns entdeckten. Ich versteckte mein Gesicht an den Hals meiner Mutter und hoffte auf den Schutz Gottes, der uns bislang immer noch beizustehen schien. Ich hörte meine Mutter vor sich hin murmeln.

Ich wusste es war ein gebet, doch die fernen Worte kannte ich nicht und so hoffte ich nur darauf, dass unser Leben uns nicht genommen werde.
 

Das kreischen der metallischen Vögel war fast über uns, ganz in der Nähe und ich hörte die wilden Bienenschwärme wie sie herunter folgen und das kreischen von Menschen, denen sie Schmerzen zufügte.

Ich versuchte alles auszublenden, die Hände noch kräftiger auf meine Ohren zu pressen und nur auf die leisen Worte meiner Mutter zu lauschen. Doch die Angst in meinem herzen konnte ich nicht bezwingen. Würde dass alles den nie ein Ende nehmen?
 

Mama, wohin soll'n wir geh'n ?

Ich will nach Hause, es ist schon so spät.

Mama, warum niederknie'n ?

Was sagst Du? Ist das nicht ein Gebet ?



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Marge91
2009-12-11T22:24:37+00:00 11.12.2009 23:24
super kapi
voll cool finde ich
schreib schnell wieter
ein dickes lob von mir
mfg Marge91 :) ;) :-) ;-)


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