Friends with Benefits von WeißeWölfinLarka (Freunde mit gewissen... Vorteilen) ================================================================================ Kapitel 10: Multis cum lacrimis – unter vielen Tränen ----------------------------------------------------- Als Yurij am nächsten Morgen aufwachte und auf der Suche nach dem warmen Körper der letzten Nacht neben sich griff, fasste er ins Leere. Es dauerte ein paar Augenblicke, bis er seinen Verstand einsetzen konnte und aus der Verwirrung des Schlafes auftauchte. Noch leicht schlaftrunken richtete er sich auf. Das Bett war zerwühlt. Auf dem Boden machte er ein Kondom aus. „Oi…“ Er fuhr sich über das Gesicht. Dann stand er auf und zog sich schnell eine Shorts über. Bevor er unter die Dusche sprang, wollte er sich vergewissern, ob sie wirklich weg war – und nach Kai sehen. Doch statt einer Kaffee trinkenden Freundin in der Küche und einem schlafenden Kai auf der Couch fand er nur Letzteren vor, Kaffee trinkend in der Küche. Als der Silberhaarige Yurij sah, stand er auf und goss ihm auch eine Tasse ein. „Guten Morgen.“ Yurijs Stimme jagte Kai einen Schauer über den Rücken. Sie war nach einer heißen Nacht immer heiser. Kai wusste das. Und in ihm machte sich ein schales Gefühl breit. „Guten Morgen. Sorry wegen gestern Abend. Wenn ich gewusst hätte, was du vorhast…“ Entschuldigend lächelnd brach Kai ab und reichte ihm stattdessen den Kaffee. Außerdem schob er einen Zettel über den Tisch. Yurij nahm beides, trank einen Schluck und las den kurzen Brief. Kai hatte ihn offenbar auch schon gelesen. „Es endet immer so für uns, nicht wahr?“, brach Kai schließlich das Schweigen. „Es sollte gar nicht so weit gehen…“, seufzte Yurij. „So war das nicht geplant. Ich dachte wirklich, mit ihr könnte das was Ernstes werden.“ Kai lächelte seinen langjährigen Freund sanft an. Er lehnte sich gegen die Anrichte und nippte nur an seinem Kaffee. „Wenn du dich nicht um mich gekümmert hättest, wäre es vielleicht anders gelaufen.“ „Unsinn. Das geht mir immer so. Es hat wohl einfach nicht sein sollen. Wahrscheinlich war sie nicht die Richtige.“ „Und wenn dir wegen mir die Liebe deines Lebens durch die Lappen geht?“ Überrascht sah Yurij auf, seine Antwort schlug einen verärgerten Ton an: „Fasel’ doch nicht so dummes Zeug, Kai. Wenn der- oder diejenige es nicht akzeptiert, dass du eine wichtige und feste Position in meinem Leben einnimmst, kann es nicht wahre Liebe sein.“ Beide schwiegen daraufhin und tranken still ihre tägliche Dosis Koffein, bis Yurij meinte, er müsse jetzt unter die Dusche. Kai nickte nur und setzte sich an den Tisch. Er nahm den Brief, der an Yurij gerichtet war, nun schon zum wiederholten Male in die Hand. Er hatte versucht, zu schlafen, doch die wilden, ausgelassenen Laute aus Yurijs Zimmer waren unüberhörbar gewesen. Kai fragte sich, wie Bryan und die anderen das bloß aushielten. Und dann traf ihn eine Erkenntnis wie ein Blitzschlag: Dieses Stöhnen, das ihn diese Nacht zur Weißglut getrieben hatte, das musste genauso nervtötend sein wie für seine Teamkameraden die laute Musik! Wäre er nie weggelaufen, hätte er sich viel Ärger und Stress ersparen können… Sein Entschluss, den er heute morgen gefasst hatte, während er gehört hatte, wie sich Yurijs Bekannte – er hatte sich ihren Namen gar nicht erst gemerkt – weggeschlichen hatte, stand fest. Im Hause Bladebreakers herrschte große Aufregung. Mr. Dickenson wollte zum Nachmittagstee vorbeikommen. Kai war mittlerweile fast eineinhalb Wochen verschwunden. Das Lügen- und Ausredenkonstrukt würde heute Nachmittag in sich zusammenfallen wie ein Kartenhaus. Die vier Jungen sahen es schon ganz genau vor sich. Selbst Tyson hatte mittlerweile eingelenkt und sich den Hauptteil der Schuld zugesprochen. Ray versuchte verzweifelt und zum letzen Mal vor Mr. Dickensons Ankunft, Kai über das Handy zu erreichen. „Ohh, bitte, bitte…“ Um den Schwarzhaarigen sammelte sich das gesamte Team. „Ich hab Freizeichen!“, jubelte Ray plötzlich aufgeregt und alle hielten gespannt den Atem an. Und tatsächlich: Ray sprach endlich mit dem lange vermissten Teamleader! Bei diesem Telefonat entschuldigte sich schließlich sogar Tyson, ohne dazu gedrängt worden zu sein. Dann legte Ray auf. „Wir haben es überstanden! Kai kommt zu uns zurück!“ Kai hatte kein Wort darüber verloren, wo er sich aufhielt. Er nahm das Pflaster von seiner Stirn und betrachtete seine Wunde im Garderobenspiegel im Flur. Sie war trotz seines schlimmen Sturzes unauffällig. „Denk dran. Er hat dich gedeckt. Also reite ihn nicht rein.“ Kai fuhr herum. Hinter ihm stand Bryan. Er musste dem Telefonat beigewohnt haben. „Ja, hast du gesagt.“ Der Silberhaarige sah an dem anderen vorbei. „Yurij. Danke für deine Hilfe.“ „Kein Thema. Immer wieder gerne.“ Kai schüttelte den Kopf. Er ging auf ihn zu und umarmte ihn. „Damit du dein Glück findest, sollten wir uns eine Weile nicht sehen. Und schon gar nicht zu Hollywood Undead’s ‚Undead’.“ Yurij schmunzelte. „Das habe ich doch auch schon gesagt.“ „Ja“, wisperte Kai in sein Ohr, „aber jetzt habe ich auch begriffen, was das bedeutet.“ Er drückte Yurij zum Abschied einen Kuss auf die Lippen. „Ohne mich wird dein Liebesleben endlich rund laufen, glaub mir.“ Im kläglichen, zum Scheitern verurteilten Versuch, standhaft zu bleiben und stark zu wirken, strahlte Kai ihn mit einem warmen Lächeln an. Doch in seinem Blick lag soviel mehr als bloße Eifersucht und Trauer. „Fahr wohl, mein Freund. In ein paar Monaten wirst du mir für heute dankbar sein.“ Damit verließ Kai die Wohnung seines besten Freundes. Ja. Sie waren nur Freunde. Beste Freunde. Mehr nicht. Irgendwann würden sie sich wieder sehen. Und Yurij würde glücklich sein. Ohne ihn. Und Kai würde über seinen Schatten springen und sich für ihn freuen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)