Sasoris Kunst von astala7 (Leben eines Nuke-nin) ================================================================================ Kapitel 5: Volleyball --------------------- Im Grunde hatte Deidara nichts gegen Kinder. Sicher, sie konnten ungeheuer albern und nervig sein, wenn sie noch jung waren. Aber diese Kinder waren nicht jung. Es waren Jugendliche. In einem Alter, in dem die meisten Ninja schon Chu-nin, oftmals Jou-nin waren. Erfahren. Erwachsen. Ein Shinobi wurde schon in frühen Jahren mit grausamen und harten Fakten konfrontiert. Doch diese Jugendlichen, die nicht viel jünger als Deidara waren, konnte man nicht mit Ninja vergleichen. Sie waren so naiv, so gutgläubig, so... unschuldig. Sie hatten keine Ahnung von der Welt außerhalb Moemitos. Der Akatsuki hasste diese Blauäugigkeit. Genau solche Leute waren es, die alles ablehnten, was anders war als sie. Die ihn und seine Kunst ablehnten. Diese Menschen waren vollkommen anders als er. Einerseits verabscheute er sie und ihre Art, doch auf der anderen Seite war er vielleicht sogar ein wenig neidisch. Spaß mit Gleichaltrigen, wie lange hatte er das nicht mehr gehabt? Einfach dazugehören und keine Verantwortung tragen müssen... Ja, das wäre schon was. Wäre der Explosionsfanatiker in dem selben Umfeld aufgewachsen wie diese Teenager, dann würde er jetzt vielleicht genauso dumm und glücklich aussehen wie sie. Doch es war ihm verwehrt und nun, wo er alle Seiten des Lebens kannte, würde er niemals freiwillig dieses Wissen einbüßen, nur um einer von vielen zu sein. Hier war er ein Fremder, ein Eindringling, ein Spion. Und dennoch vertrauten sie ihm, waren freundlich, lachten ihn an, scherzten und behandelten ihn so verflucht normal. Leichtgläubige Bastarde. Am liebsten würde er sie alle in die Luft sprengen. Sasori ließ sich selbstverständlich überhaupt nichts anmerken. Er ignorierte die lärmende Menge um sich herum und antwortete oft abgehackt, wenn man ihn etwas fragte. Am Morgen hatten sie sich zusammen mit einer großen Gruppe Jugendlichen vor dem Museum getroffen, einem großen, dunklen Gebäude, das nicht besonders einladend wirkte. Die meisten Teenager interessierten sich nicht im Mindesten dafür, warteten nur bis es weiter ging zum Strand. Der Führer war ein alter, grauhaariger Mann mit einer furchtbar eintönigen Stimme. Es war wirklich schwer, ihm zuzuhören, folglich tat das auch niemand – Sasori ausgenommen. Es war wirklich ein merkwürdiges Bild, das sich Deidara da bot. Der Puppenspieler, noch immer in seiner „angepassten“ Kleidung, hatte ein Klemmbrett dabei, auf dem er hin und wieder etwas notierte. Der fleißige Musterschüler, war die passendste Beschreibung. Deidara bemühte sich wirklich, aufzupassen. Aber, verdammt, es interessierte ihn eben nicht die Bohne, ob das männliche oder das weibliche Seepferdchen den Nachwuchs aufzog! Doch wenn er komplett abschaltete – und die Versuchung war groß – verpasste er möglicherweise Informationen über den Bijuu Isonade. Eigentlich war es lächerlich. Er war ausgezogen in dem Glauben, in irgendeine streng geheime Station einzubrechen, ein paar Leute umzulegen und foltern zu müssen, um an das Wissen zu kommen. Eine Kleinigkeit. Aber nein, jetzt spazierten sie hier fröhlich durch ein Museum und ließen sich das Ganze von einem Führer erzählen. War das ein schlechter Witz, oder was? Selbst in einer verrauchten Kneipe wäre er jetzt lieber gewesen, wie Sasori es am Anfang ihrer Mission angedeutet hatte. Aber wer weiß, vielleicht hatte der Marionettenspieler genau dort den Tipp für diesen Ausflug aufgeschnappt? „So, und nun kommen wir in die Halle mit den Ausstellungsstücken der näheren Umgebung.“, sagte der Mann gerade. Die Schüler fingen an zu stöhnen. Sie hatten gut zwei Dutzend Gegenstände der früheren Tempelzeit hinter sich, was nun wirklich nichts mit Seeungeheuern zu tun hatte. Die beiden Akatsuki jedoch horchten auf. „Hey Shindo-kun!“, rief eines der Mädchen aus der Traube hinter ihnen. Deidara brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass er gemeint war. Shindo Amamuta und Tiranu Nakushin, das waren die Decknamen, unter denen sie sich vorgestellt hatten. Zumindest Sasori kannte man nämlich auch in anderen Ländern vom Hörensagen und ohnehin standen sämtliche Akatsukimitglieder im Bingobuch. „Sag mal, du und Tiranu-kun, wo kommt ihr nochmal her?“, fragte ein braungelocktes Mädchen mit einer Menge Sommersprossen in dem sichtlichen Versuch, ein längeres Gespräch zu beginnen. War ja klar, wenn es keine alten Musikinstrumente mehr zu bewundern gab, mussten eben „Die Neuen“ hinhalten. „Wir kommen aus Ryouto, einer kleinen Stadt im Land des Tees, un.“, erzählte er möglichst gelangweilt die Geschichte, so wie er es zuvor mit seinem Danna abgesprochen hatte. Währenddessen führte der alte Mann sie in den nächsten Raum, der allerlei Schiffswrackteile und Fischerboote enthielt. Die Geschichte der Fischerei. Oh, bitte nicht! „Und... ihr zwei seid aber nicht verwandt, oder so?“, nahm die hartnäckige Schülerin, die es noch nicht einmal für nötig hielt, sich vorzustellen, den Faden wieder auf. „Nein, wir gehen nur... in die selbe Klasse, yeah, und arbeiten öfter zusammen.“ „Hm, dann kennst du ihn doch bestimmt ganz gut.“ murmelte sein Anhängsel, „Kannst du mir vielleicht etwas über Tiranu-kun erzählen?“ Sie setzte ein augenklimperndes Lächeln auf und Deidara starrte sie an. Warum wollte sie ihn über Sasori ausfragen? Wenn sie etwas über ihn wissen wollte, sollte sie ihn gefälligst selbst fragen. Schüchtern oder zurückhaltend schien sie jedenfalls nicht zu sein. „Was willst du denn wissen?“ Ob sein Körper aus Fleisch und Blut besteht? Nein, tut er nicht. Ob er ein kaltblütiger Killer ist? Ja, ist er! Ob er sein Ninjadorf verlassen und sich einer zwielichtigen Organisation angeschlossen hat? Ja, stimmt auch. „Hm, also... Ich würde gerne wissen, auf welchen Typ Mädchen er steht.“ Wie jetzt? Typ oder Mädchen?, war Deidaras erster Gedanke. Kurz sah er sich nach dem Rest der Meute um und tatsächlich war da eine ganze Traube Mädchen, die sich in der Nähe seines Dannas befanden und verhalten tuschelten. Aha. Daher wehte also der Wind. Die Jungen warfen ihm eifersüchtige Blicke zu, doch Sasori kümmerte beides nicht, sondern beäugte scheinbar interessiert die Nachbildung eines U-Bootes. „Ähm, also... Ich glaub, er steht überhaupt nicht auf Mädchen, un...“, erwiderte er ein wenig ratlos. „Was...“, meinte die Braunhaarige mit großen Augen, „Er ist schwul?“ „Quatsch, nein!“, entgegnete Deidara erschrocken – wenn das sein Meister hörte! „Er ist halt ziemlich abweisend anderen Leuten gegenüber und meist für sich. Wüsste nicht, dass er überhaupt schon einmal eine Freundin hatte.“ „Oh. Ach so.“, meinte die Kleine enttäuscht. „Trotzdem danke.“ Der Blonde sah ihr nach, als sie zurück zu ihren Freundinnen ging – wahrscheinlich um Bericht zu erstatten. Hatte die wirklich vor gehabt, seinen Meister anzumachen? War sie lebensmüde? „Wenn sie mir dann bitte in die Galerie folgen würden?“, unterbrach der Führer seine Gedankengänge. Erneutes Stöhnen von der ach so enthusiastischen Schülerschar. Deidara sah, wie das Mädchen, das ihn angesprochen hatte, zusammen mit den anderen zu seinem Meister hinüber ging. Der Iwa-nin wusste nicht, was ihn mehr belustigte: Die Vorstellung von Sasori als Frauenheld oder die der Gesichter der Schülerinnen, würde der Puppenmeister ihnen zeigen, was unter seiner künstlichen Haut steckte. Umso mehr überraschte es ihn, dass der Rothaarige sich wirklich freundlich mit ihnen zu unterhalten schien. Als die bunte Truppe einen Gang entlang zur Galerie ging, versuchte er möglichst unauffällig in die Nähe seines Partners zu gelangen und ein paar Wortfetzen aufzufangen. Soweit er das erkennen konnte, beschwerten sich die Kinder lautstark, die Führung sollte doch endlich zu Ende sein und sie sollten an den Strand gehen. Sie fragten, ob er etwas mit ihnen spielen wollte, das sie „Volleyball“ nannten und – er konnte es kaum glauben – der Suna-nin versprach ihnen lächelnd mitzumachen. Das lief ja super! Wie stand er denn jetzt da!? Eben noch hatte er behauptet, Sasori würde sich anderen gegenüber abweisend verhalten und jetzt wurde ihm mal eben so das Gegenteil bewiesen! Angefressen stapfte Deidara zu der Gruppe hinüber und versuchte sich irgendwie zwischen sie zu drängen. Gerade waren sie bei einem Bild angekommen, das eine Reihe von Algen oder ähnlichem darstellen könnte. „Sieh mal, Tiranu-kun, ist das nicht ein ganz wunderbares Kunstwerk?“, fragte eines der Mädchen schleimend. Man konnte es förmlich hören. Man konnte hören, wie sich in den Köpfen der beiden mordsgefährlichen Akatsukimember ein Schalter umlegte. Abgesehen von Waffen, Jutsus und Ninjatechniken, über die sie hier wohl kaum philosophieren konnten, war Kunst etwas, mit dem sich die beiden Nuke-nin seit Langem auseinander gesetzt hatten. „Kunst!? Das ist doch keine Kunst, un! Hallo, das ist ein Bild, ein Fetzen Papier, un.“, sagte Deidara, dem von dem ganzen Stress jetzt irgendwie der Kragen platzte. „Bilder sind total langweilig, un, es ist doch nur ein bisschen hin geklatschte Farbe, yeah.“ Nun waren alle Augen auf ihn gerichtet und erst jetzt wurde dem Blonden bewusst, wie laut er geworden war. „Sag mal“, sagte eine der Schülerinnen, „was ist denn mit dir los? Das Bild ist doch schön...“ „Nein.“, kam es plötzlich von Sasori, „Shindo hat Recht. Dieser Fetzen, was ist der schon? Wie lange hat der Pfuscher dafür schon gebraucht? Ein paar Stunden? Das ist doch nichts. Wozu soll dieses Bild denn gut sein? Selbst eine Explosion, die nur für einen Augenblick existiert und damit eigentlich auch nicht als Kunstwerk angesehen werden kann, wäre schöner anzusehen als dieser Müll.“ Diese Aussage überraschte nun alle Anwesenden. Die Augen des Explosionsfanatikers, der sich aus verständlichen Gründen angesprochen fühlte, begannen zu glänzen, als er diese Worte hörte. Das war doch ganz offensichtlich ein indirektes Lob an ihn! „Nun“, ertönte auf einmal die wütende Stimme des Führers hinter ihnen, „über Geschmäcker lässt sich streiten. Doch dieses Bild ist sehr wertvoll und-“ Doch Sasori, jetzt offenbar in Fahrt, unterbrach den alten Greis: „Das soll viel wert sein? Ich kenne Kunstwerke, für die manche Leute sterben würden! Und wenn Sie einmal alle hier anwesenden Personen nach ihrer ehrlichen Meinung fragen würden, ließe sich sehr schnell feststellen, dass dieses Bild von nicht einem hier wirklich den Geschmack trifft.“ Die beiden Akatsuki hatten jetzt die ungeteilte Aufmerksamkeit aller Schüler, doch das kümmerte sie nicht. Für beide war das Thema abgehakt. Ihr Führer schien aufs Höchste beleidigt. Bemüht, die Ehre des Museums doch noch zu retten, sagte er: „Wenn Ihnen die Bilder in diesem Raum nicht gefallen, interessieren Sie sich vielleicht eher für einen anderen Stil. Ich werde Ihnen nun das Herzstück unserer Sammlung zeigen.“ Der alte Mann ging voraus, wieder durch eine Tür, und sie betraten ein weiteres Ausstellungszimmer. Was sie nun sahen, war tatsächlich einen Blick wert. „Ich präsentiere: Das Ungeheuer des Sees von Moemito, das dreischwänzige Monster!“ In dem Raum waren eine Reihe zerstörter Boote, vielen Gemälden und mehr oder weniger gelungenen Fotografien zu sehen. Sie zeigten schwere Verletzungen von großen Seetieren und einzelne, schuppenbesetzte Gliedmaßen, die aus den Wellen ragten. Am imponierensten war jedoch das riesige Gemälde in der Mitte des Zimmers. Sasori und Deidara traten davor und beäugten jede Kleinigkeit. Das Bild zeigte einen stürmischen See, aus dessen Fluten eine riesige Schildkröte mit drei stachelbesetzten Schwänzen auftauchte. Isonade, der dreischwänzige Bijuu. „Na, ist das keine Kunst?“, fragte der alte Mann, nun mit sichtlich besserer Laune. „Unsinn“, erwiderte Deidara, „das ist genauso ein Schrott wie der andere Müll, un. Aber das Motiv ist interessant, yeah. Erzählen sie uns etwas mehr darüber, un?“ ~ Eine Stunde später verließ die große Gruppe die Räume wieder. Die beiden selbsternannten Spione hatten sich ein wenig zurückfallen lassen und diskutierten das Erfahrene. „Hm, dann fass ich nochmal zusammen. Der Dämon hält sich also selten in der Nähe der Ufer auf. Er überfällt Fischer und manchmal auch größere Schiffe und frisst dann die Menschen, un. Man hat mehrmals versucht ihn zu töten, doch sämtliche Attacken prallen an seinem Panzer ab. Eine Versiegelung wurde noch nicht probiert, es gibt also keinen Jinchuuriki. Vermutlich täten wir der Bevölkerung sogar einen Gefallen, wenn wir Isonade mitnehmen, un.“, meinte der blonde Shinobi. „Überstürz es nicht, Deidara. Jeder von uns bekommt einen Biju zu fangen. Doch welcher es ist, entscheidet der Leader.“, erwiderte Sasori flüsternd. „Ach was, un. Solange wir nur einen mitbringen ist es doch egal, welcher es ist.“ Sein Danna schnaubte nur und ging nicht weiter darauf ein. „Wenn wir uns nicht auf die Jagt machen, ist unsere Mission ja schon beendet.“, maulte der Blonde. „Ist sie nicht. Wir bleiben noch wenigstens einen Tag.“ „Ja, klar, un! Ihr habt ja den Mädchen versprochen, mit ihnen zu spielen!“ Er konnte nicht verhindern, dass dies verächtlich, oder zumindest missbilligend klang. Der Suna-nin blieb stehen und als sich der Explosionsfanatiker umdrehte, sah er in Sasoris halb amüsierte, halb verächtliche Miene. „Was denn?“, fragte er leise lächelnd, „Bist du etwa eifersüchtig?“ Augenblicklich wurde Deidara puterrot. „I-Ich... Na-Natürlich nicht, un! I-Ist mir doch vollkommen egal, un!“, rief er aus, während er hilflos mit den Armen ruderte. Wie schaffte es sein Danna nur, ihn immer wieder so aus der Fassung zu bringen?! „Es interessiert dich nicht?“, fragte der Rothaarige gespielt überrascht, „Das sollte es aber. Eines der Mädchen erwiderte auf meine Nachfrage hin, sie wüsste mehr über den Biju. Ich werde mit zum Strand gehen, um das zu überprüfen.“ „Ja, ja, sicher, un! Das ist natürlich der einzige Grund!“, entgegnete Deidara sarkastisch. „Nein, das ist nicht der einzige Grund“, widersprach Sasori ihm, als müsste er einem kleinem Kind erklären, dass eins plus eins zwei ergibt. „Es wäre nämlich auffällig, wenn wir, zwei normale Studenten, nach einem langweiligen Museumsbesuch auf den Strand verzichten.“ „Pah“, machte der Iwa-nin, „als wenn uns das kümmern würde. Gebt‘s zu, die Mission ist Euch gar nicht so wichtig, wir Ihr immer tut, un. Dabei hätte ich eigentlich nicht gedacht, dass Ihr so unbedingt ein paar Frauenröcken hinterherrennen müsst.“ Er hatte es gesagt, ohne groß darüber nachzudenken. Eine unbedachte Bemerkung, die sein Danna wie üblich mit Gleichgültigkeit strafen würde. Sasori stand über solchem primitiven Geplänkel. Hatte er gedacht. „Pass auf, Deidara.“, entgegnete der Suna-nin drohend, „Du vergisst deinen Platz.“ Aber der Explosionsfanatiker konnte es nicht lassen: „Wisst Ihr, no Danna, es fällt mir verdammt schwer, höflich zu jemandem zu sein, der einen halben Kopf kleiner ist als ich, un.“ Und so primitiv Deidaras spitze Bemerkungen auch waren, so knapp bemessen war Sasoris Geduld, wenn es um Fragen gegenseitigen Respekts ging. Da kannte er keine Kompromisse. Der Marionettenspieler holte aus, um seinen Arm mit voller Wucht in Deidaras Magen zu rammen. Aber diesmal hatte der Blonde schon halb mit einem Angriff gerechnet und ließ sich blitzschnell zu Boden fallen. Sein Plan war, sich den Knöchel seines Partners zu schnappen und ihn, während er den Schwung seines Sturzes nutzte, um selbst wieder auf die Beine zu kommen, auf den Boden zu werfen. In der Theorie ja ganz schön. Nicht damit gerechnet hatte er, dass Sasori ihm mit dem angepeilten Fuß einen gezielten Tritt vor die Brust verpassen würde, welcher ihn gegen die Wand des Flures krachen ließ. Obwohl das Geräusch nicht laut genug war, um die Schülerschar zurück zu locken und er sich wohl auch nichts gebrochen hatte, durchzogen plötzlich feine Risse das Mauerwerk und der Putz bröckelte herab. Sofort wollte der Explosionsfanatiker sich aufrappeln und in Verteidigungsposition gehen, doch dazu kam er gar nicht erst. Schon war Sasori über ihm. Ein helles Klingen ertönte und wieder war da dieses reißende Geräusch. Deidara hatte nur einmal geblinzelt, doch schon hatte sich die Situation – eindeutig zu seinem Nachteil - verändert. Der Iwa-nin saß zusammengesunken an der Mauer und vor ihm, zwischen seinen Beinen, hockte sein Danna. Fünf dünne, lange Nadeln hatten sich links und rechts vom Hals des Blonden in das Mauerwerk gebohrt. Erst auf den zweiten Blick erkannte er Senbon, die tatsächlich direkt aus den winzigen Löchern an Sasoris Fingerspitzen gekommen waren. „Das war deine letzte Beleidigung, Deidara. Noch so ein Spruch und ich werde dafür sorgen, dass du dir nichts sehnlicher wünscht als den Tod!", flüsterte der Rothaarige. Der Bedrohte nickte mechanisch. Trotz der besorgniserregenden Worte hatte er aber nicht wirklich so genau zugehört. Viel mehr galt seine Aufmerksamkeit den langen Wurfnadeln, die sich jetzt in die hohlen Finger seines Meisters zurückzogen. An jeder der fünf Fingerspitzen leuchtete ein winziger Blutstropfen. Der Suna-nin wollte seine Hand, von Deidaras Reaktion nur milde befriedigt, zurückziehen und aufstehen. Doch ehe der Explosionsfanatiker über die Folgen seines Handelns nachdenken konnte, hielt er auch schon das Handgelenk seines Partners umklammert. Er wollte nicht, dass er ging. Er wollte, dass er bei ihm blieb. Sasori starrte ihn an. Deidara starrte zurück. Die Situation war merkwürdig bizarr und doch wagte keiner von ihnen, die Zeit wieder zum Laufen zu bringen. Fast zehn Sekunden lang sahen sie sich einfach nur in die Augen. Dann brach Deidara das Schweigen: „Ihr... blutet, un." Damit war der Bann gebrochen. "Ich... was - Ich blute doch nicht!", empörte sich Sasori. „Doch, tut ihr, un! Da!" Der Marionettenspieler riss sich los und richtete sich ein wenig auf. Nun stand echter Ärger in seinem Gesicht. „Deidara!" Er seufzte genervt und strich sich mit der Hand durch das Haar. „Du hast mir überhaupt nicht zugehört, nicht wahr?" „Nein!", rief der Blonde aus und richtete sich ebenfalls ein wenig mehr auf. Der Rothaarige sah ihn verwirrt an, doch der Iwa-nin sprach bereits weiter: „Ach, jetzt ist es zu spät un." „Was...?" „Jetzt habt Ihr das Blut auf eurer Stirn verteilt, un." Deidara hob die Hand bedacht langsam und auf eine weitere Zurückweisung gefasst. Vorsichtig strich er über die roten Striemen auf der Stirn seines Dannas Es ging nicht ab. Plötzlich öffnete sich wie von selbst der Mund auf seiner Handfläche und vorsichtig glitt die lange Zunge über die Haut des Puppenspielers. Das Blut schmeckte seltsam. Den metallischen Geschmack konnte man nur erahnen. Es war eher... würzig. Erst als er fertig war und seinen Arm zurückgezogen hatte, wagte Deidara seinem Meister wieder in die Augen zu sehen. Der sah ihn an, als wäre er ein besonders seltsames Insekt. Der Iwa-nin wagte sich nicht zu rühren und wartete wie ein Verbrecher auf seinen Urteilsspruch, auf eine Reaktion seines Dannas. „...bist du jetzt fertig?" Deidara nickte kaum merklich. „Schön." Sasori wandte sich abrupt um. „Dann können wir ja jetzt zum Strand gehen. Ich hoffe, du hast deine Badesachen nicht vergessen." Und damit war die Sache vorbei. Der Akatsuki wandte ihm einfach den Rücken zu, als wäre nichts gewesen. Deidara wusste nicht, was er erwartet hatte, aber das war es bestimmt nicht gewesen. Und obwohl er wusste, dass es eigentlich er selbst war, der sich vollkommen absurd benommen, sich wieder einmal von Gefühlen - die eindeutig mal einer genauen Analyse bedurften - hatte leiten lassen, war er enttäuscht von Sasoris eisiger Reaktion. Irgendwie war dem Nuke-nin doch jetzt glatt zum Heulen zu mute. Gab es denn keine Möglichkeit, Sasori einmal aus dem Konzept zu bringen? Denn genau das war es, wie Deidara jetzt erkannte, was er die ganze Zeit über versucht hatte. Meist durch Spott und Beleidigungen, doch wie er gerade bemerkt hatte, funktionierte das bei diesem arroganten Kerl nicht. Eben aber, bei seiner Bemerkung über das Blut, hatte der Suna-nin für einen Moment einen kleinen Teil seiner Fassung verloren. Ein Lächeln stahl sich auf Deidaras Lippen. Er sollte Sasori tatsächlich noch einmal auf dessen künstliche Haut ansprechen... ~ Sasori presste sich mit dem Rücken an die Wand und atmete ein paar Mal tief ein und aus. Zum wiederholtem Male vergewisserte er sich, dass weder sein Partner noch irgendeiner der Schüler in der Nähe war. Nein, er war allein. Alle anderen, so wahrscheinlich auch der Iwa-nin, waren schon zum Strand gegangen. Einzig er saß jetzt hier, in irgendeiner dunklen Ecke an eine Hauswand gelehnt und versuchte seinen verdammten Puls zu beruhigen. Langsam hob er die Hand und betrachtete seine Fingerspitzen. Als er die „Senbon" ausgefahren hatte, war natürlich die dort befindliche Haut aufgerissen. Aber seine Haut war generell nur äußerst wenig durchblutet und so spürte er auch den Schmerz nicht. Diese albernen Kratzer waren wirklich nicht der Rede wert. Ganz anders sah es da seltsamerweise mit seiner Stirn aus. Wie Feuer brannte die Spur auf seiner Haut, die Deidara mit seiner... mit seiner Zunge gezogen hatte. Es war eigentlich nur eine kurze Berührung gewesen, nur ein vorsichtiges Entlangstreichen. Und doch spürte er es immer noch so intensiv. Es war kein unangenehmes Gefühl, das musste er zugeben. Er hatte weder Ekel noch Abscheu empfunden. Aber es war unbestreitbar ein Gefühl. Eine Empfindung, die über das normale Wahrnehmen hinaus ging. Fast war es, als hätte Deidara mit diesem... ja, man konnte sagen indirektem Kuss, nicht nur seine Haut, sondern auch seine Seele berührt. Ausgerechnet Deidara! So konnte es definitiv nicht weitergehen. Er musste diese neuartigen Gefühle loswerden, bevor aus ihnen etwas hervorging, das er nicht kontrollieren konnte. Es wäre ja nicht das erste Mal. Schon früher, wenn er begann, ein ungesundes Interesse für eine Person zu entwickeln, hatte er die Notbremse ziehen müssen. Damals, als seine Eltern starben und er an dem Verlust zu zerbrechen drohte, weil sie ihm zu wichtig geworden waren. Oder später, als seine Verbundenheit zu Sunagakure ihm für seine Entscheidung, das Dorf zu verraten und zu verlassen, im Weg stand. Er hatte zu dieser Zeit mit dem Gedanken gespielt, das ganze Dorf dem Wüstenboden gleichzumachen. Schlussendlich hatte aber nur der Kazekage, stellvertretend für alle anderen, dran glauben müssen. Bisher hatte er es immer geschafft, sich aller lästiger Bindungen zu entledigen. Und das hatte ihn stark gemacht. Auch Deidara würde daran nichts ändern. Schließlich war er im Grunde genau wie alle anderen Menschen auch: ersetzbar. Entschlossen richtete Sasori sich wieder auf. Er wusste nun, was er tun musste, damit sein dummer, hinderlicher Teampartner endlich wieder auch wirklich nur das für ihn war. Damit nicht er das einzige Problem war, das in seinen Gedanken herum spukte. Damit er verschwand, spurlos und ohne mehr zu hinterlassen, als eine vage Erinnerung, die bald verblasste. Die er auslöschen würde. ~ „Shindo-kun, Tiranu-kun! Spielt ihr mit uns Volleyball?“, schallte ein nicht gerade leiser Ruf über den Strand. Es war Nachmittag und die Sonne brannte unbarmherzig auf die Köpfe der Schüler Moemitos, die den Museumsbesuch nun endlich hinter sich gebracht hatten. Deidara war versucht ihr zu sagen, sie könne sich ihren Volleyball sonst wo hin stecken, aber ihm kam jemand zuvor: „Ich bin dabei“, ertönte Sasoris Stimme direkt neben ihm. Der Explosionsfanatiker wäre vor Schreck beinahe von seinem Liegestuhl gefallen. Er hatte nicht bemerkt, dass sein Danna, dessen unerklärliche Verzögerung von den Mädchen der Klasse mit einigem Murren kommentiert wurde, wieder da war. Genau wie Deidara trug er eine Sportbadehose, doch im Gegensatz zu ihm lief er oben ohne rum, so wie die anderen Jugendlichen. Der Blonde hatte das Hemd, welches nur schmale Träger statt Ärmel hatte, anbehalten müssen um den riesigen, mit Reißzähnen ausgestatteten Mund auf seiner Brust zu verbergen. Er wäre wohl kaum als Muttermal durchgegangen. Zudem hatte er noch seinen Verband an der rechten, und einen von Sasoris Handschuhen an der linken Hand. Sasori aber sah... einfach geil aus. Im gleichen Moment, als er in seinem Kopf auftauchte, tadelte sich der Iwa-nin auch schon für diesen Gedanken. Aber es stimmte: Deidara hatte seinen Partner einmal per Zufall ohne seinen Akatsukimantel gesehen (er hatte heimlich dessen Schriftrollen versteckt und ihn dabei beobachtete, wie er seine Taschen danach durchwühlte) und war... naja, geschockt gewesen. Doch jetzt war nichts zu sehen von den Grenzen zwischen den hölzernen Einzelteilen seines künstlichen Körpers, von den eingerasteten Schriftrollen auf seinem Rücken, den fächerförmigen Klingen an seinen Seiten oder dem Stahlseil in der Magenhöhle. Nichts. Sasori sah aus wie ein stinknormaler Mensch. Ein verdammt süßer, stinknormaler Mensch, wie er zugeben musste. Keine übertriebenen Muskeln. Nicht zu dick und nicht zu mager. Er war nicht sonderlich groß und seine Schultern noch nicht so breit, wie sie es gewesen wären, wäre er jemals ausgewachsen. Dennoch wirkte er sportlich und durchtrainiert und keineswegs zierlich. Hinzu kam natürlich noch sein umwerfende Gesicht. Die grelle Farbe seiner blutroten Harre wurde etwas gemildert durch den scheinbar warmen, graubraunen Ton seiner Augen, die, wie immer, wenn er sich nicht gerade im Kampf befand, nur halb geöffnet waren. Dies verlieh ihm oft einen müden, gelangweilten Ausdruck, wenn man ihn nicht kannte. Für Deidara war er eher drohend und wachsam. Sein Lächeln wiederum war wohl sein größter Trumpf: Obwohl der Shinobi es eindeutig als ein Aufgesetztes identifizierte, bekamen die naiven Schüler sofort eine bedenklich gute Laune. Für einen Moment überlegte Deidara, ob er sie vielleicht mit einem seiner Tricks verhext hatte, wie er sie auch benutzte um das Spionagesystem der Organisation aufrechtzuerhalten. „Das ist super! Macht Shindo-kun auch mit?“, fragte eines der Mädchen, die einen Ball in der Hand hielt. Sie stand neben einem langgezogenen Netz, das über die ganze Breite des schmalen Strands am See gespannt war. Um sie herum waren locker die anderen Schüler gruppiert. Deidara wollte gerade zustimmen – man sollte nicht sagen, Sasori hätte alle Arbeit allein gemacht (was auch immer der denn vorhatte) – aber sein Meister unterbrach ihn erneut: „Es tut mir leid, aber Shindo-kun hat sich neulich beim Kochen die Hand verletzt. Er hat auf eine heiße Herdplatte gefasst und ich glaube nicht, dass er schon wieder in Top-Form ist.“ Für diese Worte hätte er ihn glatt erwürgen können. „Was redest du da für einen Blödsinn, un!?“ Oh, wie er es genoss, den Rothaarigen mal ungestraft duzen zu können! „Ach, deshalb geht er wohl auch nicht schwimmen, was? Aber wieso bist du nicht mit uns ins Wasser gekommen, Tiranu-kun?“, fragte ein Junge mit kurzen, schwarzen Haaren und ignorierte den Blonden komplett. Sasori lachte leise. „Mein Freund mag Schwimmen eigentlich sehr, es würde ihn deprimieren wenn er als Einziger draußen bleiben müsste.“ „Hörst du wohl auf, was erzählst du denn da für eine Scheiße, un?! Ich-“ Deidara stockte. Hatte Sasori gerade mein Freund gesagt? Plötzlich spürte er, wie Sasori, der noch immer hinter seinem Liegestuhl stand, ihm bestimmt die Hand auf den Kopf legte. „Deidara“, sagte er und lehnte sich mit einem so intensiven Blick zu ihm herunter, dass ihm ein prickelnder Schauer über den Rücken lief. „Sobald das Spiel vorbei ist, wird hier eine große Strandparty steigen, bei der auch Ältere dabei sein werden. Und es wird vermutlich eine Menge Sake fließen. Wer, glaubst du, wird sich an uns erinnern, wenn du hier allen die Stimmung versaust und vielleicht noch ein paar Schüler verprügelst?“ „Einige wohl, un...“, gab er knurrend zu. „Und wer wird sich an uns erinnern, wenn wir uns in ihre Reihen einfügen, höflich bleiben und all ihren kindischen, absolut unpraktischen Mist mitmachen und uns kurz nach Beginn der Party entschuldigen?“ „Keiner...“ „Na bitte. Und genau deswegen hältst du jetzt deine Klappe und widersprichst mir nicht. Sobald diese Kinder sich vollgesoffen haben, werde ich sie nach einigen Details über Sanbi ausfragen, die nur Einheimische wissen können.“ Das Gespräch war zu leise gewesen um von jemand anderen gehört zu werden und als Sasori sich der Mannschaft anschloss und lachend mit ihnen zum Feld zog, bemerkte niemand Deidaras geballte Fäuste. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)