Sasoris Kunst von astala7 (Leben eines Nuke-nin) ================================================================================ Kapitel 3: Wette ---------------- Als sie Ihr gemeinsames Zimmer betreten hatten, drehte sich der Schlüssel sofort ohne ersichtlichen Grund um – Deidara vermutete Chakrafäden. Der Mantel seines Dannas verwehte in einer nicht vorhandenen Windböe und mit einem leisen Rattern glitt Hirokus riesiger Rückenschild nach hinten. Sasori trat heraus, beachtete jedoch die neugierigen Blicke seines Partners nicht. „Un... Was ist das jetzt für eine Mission?“, fragte er irgendwann, um von seiner unangemessenen Aufmerksamkeit abzulenken. Sasori sah ihn aus seinen graubraunen Augen an, als würde er ihn zum ersten Mal sehen. Prüfend glitt sein Blick über ihn und Deidara fühlte sich zunehmend unwohl. „Was denn, hm?“ „Wenn ich es mir recht überlege... Es ist eine recht leichte Mission, ich kann sie auch alleine machen. Du bleibst hier und wartest, bis du deine Hand wieder benutzen kannst.“, sagte er plötzlich und der Explosionsfanatiker fiel aus allen Wolken. Es war lange her, das Sasori darauf bestand eine Mission allein durchzuführen. Mittlerweile hatten sie sich aneinander gewöhnt und er hatte eigentlich geglaubt, dass er seine Stärke nun respektierte. Pustekuchen. „Was, un!? Ich meine, das ist doch nicht nötig! Warum soll ich hierbleiben, un!?“ Sasori hob eine Augenbraue. „Angst vor Hidan?“ „Wa- So ein Quatsch, un! Was ist das für eine Mission, un, und warum wollt Ihr mich nicht dabei haben!?“, begehrte er auf und trat einen Schritt auf seinen Meister zu. Der Rothaarige sah ihn nur an und legte dabei den Kopf schief. „Ziel der Mission ist es, grundlegende Informationen über Sanbi, den dreischwänzigen Biju, zu sammeln. Akatsuki weiß überhaupt nichts über ihn, er verschwand nach dem letzten Ninja-Weltkrieg einfach. Weder du noch ich haben diesen Biju zugeteilt bekommen und es ist auch unwahrscheinlich, dass wir ihm persönlich begegnen. Es ist also wichtig, dass wir nicht als Akatsuki erkannt werden, wir müssen unsichtbar bleiben.“, erklärte er. „Schon klar, Informationsbeschaffung also, un.“, wiederholte Deidara. Klang nach einer langweiligen Anfängermisson. Trotzdem: „Warum kann ich denn da nicht mit, un!? Das ist ungerecht, yeah! Meiner Hand geht’s bestens, un, sie wird mich wohl kaum behindern, wenn wir nicht den Biju selbst jagen, un! Warum wollt Ihr allein gehen!?“ Sasori hob erneut eine Augenbraue. Er sah ihm direkt in die Augen und der Iwa-nin, auf eine Antwort wartend, bemerkte nicht, wie die Finger seines Dannas in kaum sichtbaren Bewegungen im Schatten seines Ärmels herumwirbelten, als spiele er auf einer unsichtbaren Flöte. Erst als ein scharfes Zischen ertönte, löste er den Blick von dem Rothaarigen. Hirokus Kopf hatte sich abgetrennt und flog genau auf ihn zu! Deidara wusste, dass die Puppe einen Hagel spitzer – und vor allem vergifteter – Senbon ausspucken konnte und war so für einen Augenblick gelähmt, zu überrascht, dass Sasori ihn so plötzlich angriff. Doch der Mund der Puppe blieb verschlossen, das Holz krachte gegen seine Brust und er wurde rücklings aufs Bett geworfen. Der Shinobi stieß ein schmerzerfülltes Zischen aus. Er war so unglücklich gefallen, dass sein rechter Arm unter seinem Körper begraben lag. Mit einem unterdrückten Keuchen holte er seine rechte Hand hervor. Der Verband hatte sich rot gefärbt. Die Wunde brannte ganz furchtbar. Es war schon erstaunlich, solange er die Verletzung mied und seine Hand nicht belastete, spürte er überhaupt nichts. Doch nur eine leise Berührung reichte aus, um ihm den Schmerz wieder vor Augen zu führen. Hirokus Kopf klapperte, erhob sich in die Luft und flog zu dem Körper zurück. Sasori trat vor ihn. „So, deiner Hand geht’s also bestens.“, flüsterte er. Seine trüben, graubraunen Augen hatten nun etwas Drohendes. Sie waren kalt wie Wintersterne. „Ja, un!“, sagte Deidara trotzig. Er wollte auf diese Mission! Seine Kämpfe führte er ohnehin hoch oben in der Luft aus, und bis es überhaupt zu einem kam, war die Wunde auch garantiert wieder verheilt. „Warum wollt Ihr mich nicht mitnehmen, un!?“, wiederholte er. Wieder dieser skeptische Blick. „Soll das eine ernst gemeinte Frage sein?“ „Ja, un! Ich find das total unfair, nur weil-“ „Du hast sie dir soeben selbst beantwortet.“ „Was?“ Der Blonde blinzelte. Sasori seufzte leise und die Anspannung schien von ihm abzufallen. „Deidara...“ Und wieder dieser Ton, doch diesmal klang es ein wenig erschöpft. „Du bist einfach viel zu auffällig. Deine Techniken erregen zu viel Aufsehen und du kommst nicht ohne sie klar, weil du so schnell ausrastest. Auf dieser Mission erkennt man uns am Besten nicht einmal als Ninja. Keine Explosionen. Keine Schlägereien. Keine Kämpfe.“ Er zuckte mir den Schultern. „Das hältst du nicht aus.“ Der Iwa-nin starrte ihn eine Weile an und biss sich auf die Lippen um nicht laut loszubrüllen, denn er wusste, damit hätte er ihn nur bestätigt. „Du bist zu auffällig und somit für eine Undercover-Mission gänzlich ungeeignet. Du kannst dich sehr gut an wechselnde Kampfbedingungen anpassen und entsprechend umplanen, improvisieren – was zweifellos nötig ist, wenn man sich überhaupt nicht vorbereitet. Aber du kannst nicht unter Menschen, du kannst dich nicht einschleichen, spionieren, dich verstellen... Du bist zu emotional, ständig gewinnen deine Gefühle die Oberhand über dich und du willst nur noch alles zerstören. So geht das nicht.“ Diese Erklärung war fast sanft gewesen, gleichzeitig aber neutral und so ernst, dass es deutlich war, mit welcher Standhaftigkeit er diese Meinung vertrat. Deidara hatte den Kopf gesenkt und zitterte vor Wut. Seine langen, blonden Haare verbargen die zornige Miene, aber er konnte nicht verhindern, dass seine Stimme ein wenig schwankte, als er sagte: „Ihr glaubt also, dass ich kein guter Shinobi bin, un? Weil ich meine Gefühle nicht im Zaum halten kann, so ist es doch, yeah.“ „...Ja.“, sagte Sasori nur. Deidaras Kopf ruckte wieder nach oben und er sah den Suna-nin hasserfüllt an. „Ich werde es Euch beweisen, un! Ich werde Euch beweisen, dass ich mich sehr wohl beherrschen kann, un!“ Dann flackerte sein Blick und er sagte: „Geben sie mir diese Chance, ich werde sie nicht noch einmal enttäuschen, un! Nur diese eine Mission... Dann können sie bezüglich Spionage über mich sagen was sie wollen, un, ich werde nicht widersprechen.“ Sasori sah ihn nur an. Der Blick erinnerte ihn an diesen Moment, als er, gelähmt von dem Gift seines Meisters, ihn um einen Versuch gebeten hatten, der Versuch, dass sie es als Partner zusammen probieren wollten. Er hatte jegliche Chance auf Gleichberechtigung in diesem Moment aufgegeben und hatte sich untergeordnet. Auch jetzt setzte er wieder alles auf eine Karte. Es hatte seinen Preis. Aber er gewann. „Also gut, aber noch eine weitere Chance werde ich dir nicht geben. Ich war schon viel zu nachsichtig mit dir. Wenn es nicht Pains eindeutiger Befehl ist, werde ich solche Missionen in Zukunft allein erledigen und du beschwerst dich nicht.“ Wieder einmal fragte Deidara sich, ob Sasori vielleicht seine Gedanken lesen konnte. Gezielt hatte er ihn darauf hingewiesen, dass er eigentlich schon alle seine Chancen verspielt hatte. Davon unabhängig musste er sich doch als recht nützlich erwiesen haben, wenn er immer noch lebte. „Vorausgesetzt, Ihr seid mit mir nicht zufrieden.“, fügte er mit einem Nicken hinzu. Der Rothaarige deutete ebenfalls eines an und damit war Ihre kleine Wette besiegelt. „Also schön, un!“, sagte Deidara mit neuem Enthusiasmus und klatschte in die Hände. „Was ist der Plan?“ Sasori blinzelte. „Bitte?“ „Ihr habt doch was von Vorbereitungen gesagt, yeah.“ Wieder erntete er einen mehr als skeptischen Blick: „Du willst an der Planung teilhaben!?“ „Ja, was denn sonst?“ Okay, er gab zu, normalerweise kümmerte ihn so etwas nicht besonders. Für Vorbereitungen – die sich meist als vollkommen überflüssig, in seltenen Fällen jedoch auch als lebensrettend erwiesen hatten – kümmerte sich der Suna-nin sonst immer allein. Aber wenn er seinem Partner je wieder ins Gesicht sehen wollte, musste diese Mission absolut fehlerfrei über die Bühne gehen. „Na schön...“, meinte der Rothaarige widerstrebend und zauberte ein großes Blatt Papier aus seinem Ärmel hervor. Es war zu groß für den Schreibtisch und so setzten sie sich beide auf den Boden und breiteten das Papier aus, welches sich als eine detaillierte Karte aller großen Ninja-Nationen und der umliegenden Ländern herausstellte. „Wir befinden uns zur Zeit hier“, er deutete auf einen Punkt im Land des Tees, „und soweit ich weiß, haben alle Teams, die nicht gerade anderweitig beschäftigt sind, den selben Auftrag wie wir. Das Einzige, was über Sanbi bekannt ist, ist die Tatsache, dass er drei Schwänze hat und im Wasser lebt. Wir werden uns also auf Legenden und Gerüchte stützen müssen. Seeungeheuer, verschollene Schiffe, gefährliche Gewässer, alles kann von Bedeutung sein. Kisame und Itachi untersuchen den gesamten Bereich um das Mizu-no-kuni, sie sind schon eine Weile länger bei der Suche. Kurz nachdem Hidan begonnen hat, dich durch das halbe Quartier zu jagen, habe ich Kakuzu getroffen. Er wird vermutlich auch bald mit ihm aufbrechen, um den Ozean nordöstlich zu erkunden.“, klärte Sasori ihn auf und zeigte die jeweiligen Stellen auf der Karte. „Hm...“, machte Deidara, „aber dann ist ja fast das gesamte Meer schon abgedeckt! Was sollen wir dann noch machen?!“ „Dummkopf!“, schalt ihn der Marionettenspieler, „Wer sagt denn, dass sich Sanbi tatsächlich im Meer befindet? Es ist unwahrscheinlich, dass ein Monster dieser Größenordung unbekannt bleibt, wenn es in einem Fluss haust, selbst über die Grenzen des Landes. Doch es ist durchaus möglich, dass sich der Dreischwänzige in einem Binnengewässer oder See aufhält.“ „Soll das etwa heißen, un, wir klappern die ganze Welt ab und fragen an jedem Tümpel nach, ob es da einen Riesenkraken gibt, un!?“, fragte Deidara und war schon wieder kurz davor, laut zu werden. Aber mal ehrlich, was war denn das für eine beschissene Mission!? Sasoris Augenbraue wanderte wieder gefährlich Richtung Stirn. „Wenn du ein Problem damit hast, brauch ich dir nichts weiter zu erklären.“ „Nein, nein, un!“, sagte er sofort. Schließlich wollte der Iwa-nin es sich nicht schon jetzt mit seinem Meister verscherzen, wo die Mission doch noch gar nicht angefangen hatte. „Erzählen Sie bitte weiter, Sasori no Danna.“ Er hatte da bestimmt etwas falsch verstanden. Sie würden ganz bestimmt nicht zu Fuß um die ganze Welt marschieren… oder? „Nun“, begann er von Neuem, „wie ich bereits sagte, der Biju könnte sich auch im Süßwasser aufhalten. Die beiden anderen Teams haben ein größeres Gebiet zu durchsuchen. Unsere Ziele sind klein, aber weit verstreut. Wir werden uns von hier aus über das Feuerland und die kleineren Zwischenländer ins Reich des Windes aufmachen. Wenn keines der Teams fündig wird, werden eventuell Zetsu und Tobi, die gerade zu einer Mission nach Getsugakure aufgebrochen sind, das Land der Blitze und das der Erde übernehmen. Letzteres könnten wir jedoch auch noch mitnehmen, Kaze-no-kuni besteht ja fast ausschließlich aus Wüste und hat vielleicht ein oder zwei Seen ausreichender Größe. Wir werden schnell damit durch sein.“ Deidara ließ sich diese Fülle an Informationen durch den Kopf gehen. Es war mehr als ungewöhnlich, dass die so verschiedenen Teams der Akatsuki in gewisser Weise „zusammenarbeiteten“. Früher hatten sie geheime Schriftrollen, die Körper bestimmter Ninja, Jutsus und immer wieder Informationen besorgen müssen. Jetzt aber schien die Jagt auf die Biju eröffnet zu sein. Erst ein Mal war der Explosionsninja dabei gewesen, als solch ein Ungetüm versiegelt wurde. Alles hatte reibungslos funktioniert. Scheinbar war dieser Erfolg für Pain der Auslöser, die Vorbereitungen waren abgeschlossen und es ging endlich los. Und was war Ihre erste Mission? Informationen sammeln. „Also gut, un, wir müssen also die Seen abklappern. Wohin geht es zuerst und wie genau soll das ablaufen?“, fragte der blonde Shinobi und betrachtete mit einem mulmigen Gefühl im Bauch die vielen blauen Flecken, die in dem Gebiet, für das sie abgeordert waren, auf der Karte eingezeichnet waren. „Den ersten Halt werden wir hier machen, in Moemito. Dort liegt ein relativ großer See, der sehr tief ist. Ein großes... Wesen könnte sich leicht dort unten verstecken. Der See hat keine Verbindung zum Meer, liegt aber nahe der Küste des Feuerlandes. Die Stadt selbst lebt vom Handel. Dort gehen täglich so viele Leute ein und aus, dass es ein Leichtes sein wird, uns unter das Volk zu mischen. Vorausgesetzt“, Sasori sah Deidara scharf an, „Vorausgesetzt, es fliegt nichts in die Luft.“ Der Explosionsfanatiker verschränkte die Arme und tat, als hätte er nichts gehört. „Wir werden uns dort umhören. In Kneipen, Bordells und Kasinos trifft man auf die unglaublichsten Geschichten. Nach denen suchen wir.“, sagte der Suna-nin weiter. „Wie bitte, un!?“, fragte Deidara entsetzt, „Wir sollen unsere Informationen von spielsüchtigen Alkoholikern und sexbesessenen Schlampen bekommen, un!?“ Der Puppenspieler sah ihn ärgerlich an. „Mir gefällt das auch nicht, aber es ist der gängige Weg. Reiß dich mal zusammen. Wenn wir Glück haben und es die richtige Stadt ist, werden wir auch vom einfachen Volk Informationen bekommen.“ „Also schön“, grummelte der Akatsuki beleidigt. Nur mühsam schluckte er seine Wut hinunter. Fast glaubte der Blonde, sein Partner hatte absichtlich einen so dämlichen Plan entwickelt, um die „Wette“ zu gewinnen. Er konnte es sich nicht leisten, einen Streit anzufangen, aber begeistert war er nicht. „Es geht also ins Feuerland, un. Gibt es im Land des Tees nicht auch irgendwelche Seen, die wir überprüfen müssen?“ Sasori schüttelte den Kopf. „So viele sind es nicht und Zetsu ist schon eine ganze Weile hier gewesen und hat die Arbeit erledigt, bevor er diese Extra-Mission bekommen hat.“ „Alles klar, un.“, sagte Deidara, dem plötzlich ein Gedanke, welcher ihm seine gute Laune zurückholte, gekommen war. „Bis zur Grenze besteht also kein Grund zur Unauffälligkeit, stimmt's?“ Wieder dieser misstrauische Blick: „Nein... wieso?“ „Dann können wir ja fliegen, yeah!“ Augenblicklich ließ der Iwa-nin seine unverletzte Hand in seine Lehmtasche gleiten und holte sie fast im selben Moment wieder hervor. Seine Handfläche spuckte einen kleinen, weißen Vogel aus. „Deidara.“ Irgendwie fand er Gefallen an der Art, wie Sasori seinen Namen aussprach, „Soll das vielleicht ein Witz sein? Ich werde garantiert nicht auf einem deiner so genannten Kunstwerke fliegen, in dem Wissen, dass dieses jeden Moment explodieren kann. Abgesehen davon habe ich Hiroku nicht für solche Höhen erschaffen.“ Doch darauf war der Blonde vorbereitet: „Auf dem Weg dorthin wird uns ja wohl kaum jemand angreifen, wahrscheinlich werden wir nicht einmal bemerkt werden, un, hoch über den Wolken. Und in den Städten selbst könnt Ihr Euch ohnehin nicht in Hiroku verstecken, Sasori no Danna, denn diese Puppe ist fast so auffällig wie meine Kunstwerke. Un! Ihr braucht sie gar nicht erst mitnehmen.“ Deidara gratulierte sich selbst, als er das kurze Aufflackern in den graubraunen Augen seines Meisters sah. Er wusste, wäre er keine Puppe, wären ihm jetzt sämtliche Gesichtszüge entglitten. „Per Luftlinie würden wir unser Ziel sehr viel schneller erreichen, un! Selbstverständlich landen wir dann in Entfernung, damit man uns von der Stadt aus nicht sieht, yeah.“, fügte er noch hinzu. Und als der Rothaarige nachdenklich mit dem Finger die Strecke auf der Karte nachfuhr, über Flüsse, Wälder und sogar ein kleines Gebirge, da wusste er, dass er gewonnen hatte. „Na schön.“, sagte der Suna-nin und es klang wie eine Beleidigung, „Dann fliegen wir halt. Dann bist du auf dieser Mission wenigstens zu etwas gut.“ Deidara spürte ein Glücksgefühl in sich aufsteigen. Eine Mission mit Sasori, ohne Hiroku! Und sie würden fliegen! Mit seiner Kunst! Auf eine so billige Anfängermission! Das würde der reinste Urlaub werden. ~ „Also, denk dran: Wir müssen Richtung Norden, bis wir den Fluss passiert haben. Dann halten wir uns nach Nordwesten.“, sagte Sasori. „Ja ja, schon klar, un.“, ein lautes Gähnen ertönte, „Aber warum müssen wir unbedingt mitten in der Nacht starten?“ Sasoris dreimal verfluchter, strohdummer Partner gähnte noch einmal und fischte dann den kreisrunden Binsenhut aus seinem gering gehaltenen Reisegepäck. „Natürlich damit uns niemand sieht. Morgen wird hier klarer Himmel sein. Wir sollten bis dahin schon eine gewissen Strecke geschafft haben, damit wir im Schutz der Wolken fliegen können.“, erklärte Sasori. Bei Kami, warum hatte er sich nur darauf eingelassen? Er und fliegen! Ein Puppenspieler blieb im Kampf immer am Boden. Seine Marionetten mochten sich auch mal in die Lüfte erheben, aber generell hatte er in Höhen, die mehr als zehn Meter über dem Erdboden lagen, nichts verloren. Es war nicht so, dass der Suna-nin Höhenangst hatte. Das wäre ja auch lächerlich. Er fühlte sich nur einfach ein wenig unwohl dabei, auf einem explosionsbereiten Steinklotz, der es wagte den Gesetzten der Schwerkraft zu trotzen und zu allem Überfluss auch noch von einem wahnsinnigen Terroristen, der sich seinen Partner schimpfte, gelenkt wurde, über reißende Gewässer und scharfkantige Berge zu fliegen. Das war alles. Und seiner Meinung nach, war das genug. Deidaras Hand spukte eine kleine Figur aus, die mit einem Knall in einer Rauchwolke verschwand. Wenig später stand dort ein schmal geschnittener Vogel, der entfernt an eine Schwalbe erinnerte. Sehr entfernt, wie er fand. Ihr Transportmittel für die nächsten paar Tage. Seufzend sprang Sasori – der Hirokus Schutz schon jetzt fast schmerzlich vermisste – mit einiger Überwindung auf den Rücken der drei Meter großen Schwalbe und dankte seinem Schicksal aus tiefstem Herzen, dass statt einem Magen ein Stahlseil in seiner Bauchhöhle ruhte. Andernfalls hätte er ernsthafte Bedenken gehabt, sich auf der Reise übergeben zu müssen. Auf der glatten Oberfläche der Skulptur fand er keinen Halt. Der Rothaarige hatte sich im Schneidersitz niedergelassen und fragte sich, wie zum Geier er sich hier halten sollte. Er überlegte, ob er die versteckten Klingen in seinen Knie- und Fußgelenken ausfahren sollte, um sich festzukrallen. Aber wer wusste schon, ob eine solche Beschädigung dieses Tonvieh explodieren lassen würde? Noch bevor er diese Angelegenheit klären konnte, kam Deidara mit einem eleganten Sprung zu ihm herauf. Er hatte das Gepäck bei sich und warf es achtlos in eine Mulde direkt hinter dem Kopf der Schwalbe. Der vermeintliche Vogel breitete die Flügel aus. Die Vorfreude bezüglich des Fluges vertrieb den Groll über das frühe Aufstehen sichtabr aus Deidaras Gemüt und der Ninja schloss sein Fingerzeichen. Ein Ruck ging durch den Leib des Vogels, als er sich in die Lüfte erhob. Sasori wäre beinahe von seinem Rücken gefallen. Dann flogen sie los. Das ständige Auf- und Abwippen, wenn das Vieh mit den Flügeln schlug, zerrte an den Nerven des Puppenspielers. Und dass sein Partner vollkommen ruhig aufrecht auf dem schmalen Rücken stand und sich noch verschlafen die Augen rieb, machte es auch nicht gerade besser. Wie hielt sich der Kerl nur immer auf diesen verfluchten Dingern? Es musste die jahrelange Übung sein. „Sasori no Danna, wie findet Ihr mein Kunstwerk, un?“, fragte Deidara und sah zu ihm nach hinten. Noch immer hielt er sein Fingerzeichen aufrecht, wahrscheinlich lenkte er die Schwalbe auf den richtigen Kurs. „Ich habe extra ein schnelles Exemplar ausgewählt, damit wir rascher voran kommen, yeah.“ „Das will ich dir auch geraten haben.“, murmelte er angriffslustig, „Ich habe keine Lust, hier tagelang auf dieser wandelnden Bombe zu verweilen.“ Deidara verzog beleidigt das Gesicht. „Kein Sorge, un. Wir werden zur Nacht hin Halt machen.“ Das war jetzt aber nicht beabsichtigt gewesen. Je schneller die Mission vorbei war, desto schneller sah er Hiroku wieder. „Wir fliegen die Nacht durch, bis zur Stadt ist es nicht so weit.“ „Aber no Danna, un! Diese Kunst braucht auch Ihr Chakra. Wir haben Zeit, wenn ich den ganzen Tag fliegen soll, muss ich mich auch mal ausruhen.“, meinte der Shinobi und er sah ihm deutlich an, dass er schon wieder kurz davor war laut zu werden. „Wir können ja auch zu Fuß gehen…“ „Ihr wisst genau, dass das länger dauern würde, un! So sind wir immer noch schneller, un!“, beschwerte der Ninja sich. Meine Güte, was für ein Sensibelchen! Und das musste er jetzt noch die ganze Mission über ertragen! ~ „Warum landen wir?“, fragte Sasori schlecht gelaunt, als der große Tonvogel der Erde entgegen steuerte. „Ich sagte doch schon: Diese Kunst braucht eine Menge Chakra, un. Vielleicht braucht Ihr mit Eurem perfekten Körper keinen Schlaf, no Danna, un. Ich aber brauche jetzt eine Pause.“, erwiderte Deidara. Sasoris Miene verfinsterte sich. Noch mehr Zeitverschwendung. Der Marionettenspieler hasste es neben seinem schlafenden Partner zu sitzen und nichts anderes zu tun zu haben, als auf den nächsten Morgen zu warten. „Wir haben doch Zeit, un... Morgen könnt Ihr die Landschaft schon wieder von oben bewundern, yeah!“, meinte der Blonde. Oh Freude. Als Sasori und er abgestiegen waren, schrumpfte der Vogel zusammen und hüpfte in Deidaras Tasche. „Bewundern kann man da gar nichts... Es ist grauenvoll, mit dir zu fliegen.“, knurrte der Puppenmacher, während er sich nach einem Unterschlupf für die Nacht umsah. Um sie herum waren nichts als Bäume. Super Landeplatz. „Was, un!? Warum denn das!?“, schimpfte sein Partner und stapfte auf ihn zu. Wahrscheinlich nahm er das als persönliche Beleidigung. „Deidara.“, erwiderte der Suna-nin, „Hätte ich einen Magen, müsste ich mich jetzt übergeben.“ Er nahm einen umgestürzten Baum in Augenschein, an dessen Wurzel sich eine verlassene Tierhöhle befand. Nein... Da würde er bestimmt nicht reingehen. Es sah nicht nach Regen aus, da könnten sie Ihre Futons auch im Freien aufschlagen. „Was kann ich dafür, dass Ihr so empfindlich seid, no Danna, un!“, schimpfte Deidara, der sich wohl ignoriert vor kam. Wie war das mit dem 'Gefühle im Zaum halten'? Er hätte es wissen müssen. Sein Partner war einfach unfähig. Sasoris Laune hatte Ihren Tiefpunkt erreicht. Eine Sekunde später stand er hinter dem Iwa-nin. Er griff in dessen Pferdeschwanz und zog ihn mit aller Kraft nach hinten. Deidara schrie auf und verlor das Gleichgewicht. Sein Kopf lag jetzt so, dass er Sasoris Gesicht direkt über seinem schweben sah. „Du redest in letzter Zeit viel zu unhöflich mit mir. Wenn dir dein Leben lieb ist, gewöhnst du dir einen anderen Umgangston an.“, flüsterte er in Deidaras Ohr. Der Rothaarige konnte spüren, wie sich die Härchen auf der Haut des Anderen aufrichteten, als sein Atem über sie streifte, während der Blonde den seinigen anhielt. Ein Zittern durchlief seinen Körper. Mit einem zufriedenem Grinsen ließ er seinen Partner los, nicht ohne ihm vorher noch einen gezielten Stoß in die Seite zu verpassen. Der Blonde keuchte gepeinigt auf. Er hatte seine verletzte Hand getroffen. Ohne den sich krümmenden Ninja weiter zu beachten, holte er seinen Futon aus dem wenigen Gepäck, das sie mitgenommen hatten. Er würde nicht darauf schlafen, aber es war gemütlicher zum Sitzen. Deidara verzichtete erstaunlicherweise auf ein weiteres Kommentar und tat es ihm gleich. Zum Glück war es schon Sommer und damit warm genug, sodass ein Feuer unnötig war. Deidara, der ihm noch einen zutiefst hasserfüllten Blick zuwarf, legte seinen Futon demonstrativ besonders weit von ihm weg. Er zog sich den Akatsukimantel über den Kopf und feuerte ihn auf die Erde. Dann legte er sich mit dem Rücken zu ihm hin. Das Kleidungsstück missbrauchte er als Kopfkissen. Sasori kümmerte sich nicht um diese kindische Geste, sondern holte stattdessen sein Schnitzwerkzeug raus. Obwohl er die meisten Teile seiner Kampfpuppen kaufte oder von anderen Marionetten herstellen ließ, war es sein Hobby, kleinere Teile wie Verbindungsstreben, Finger oder Ähnliches selbst zu schnitzen. Während er die Klinge seines Kunais gleichmäßig über das Holz schaben ließ (es sollte einmal eine Hand werden, aus dessen Fingerspitzen vergiftete Senbon hervorschossen) und gleichzeitig den Geräuschen der Nacht lauschte, konnte er nicht umhin, auch über Deidara nachzudenken. Dieser hatte ihn tatsächlich recht persönlich behandelt, fast als... als hätte ihn sein Spott über seine Kunst wirklich verletzt. Als wären sie Freunde. Das störte ihn. Täte er das im Beisein Anderer, schlimmstenfalls wenn Mitglieder der Akatsuki es bemerkten, verlor er bestimmt etwas von seinem Ansehen – und solches war in einer derartigen Organisation lebenswichtig, wie der morgendliche Vorfall mit Hidan nur zu Genüge gezeigt hatte. Nicht, dass es etwas Schlechtes gewesen wäre, mit Deidara befreundet zu sein. Doch wer so laut und unüberlegt wie sein Partner handelte, wurde allgemein weniger geschätzt als jemand, der ruhiger seine Pläne schmiedete. Sasori hatte mehr Erfahrung als der Blonde. Er hatte einfach diese Ausstrahlung, die ihn auf seine Feinde, die um seine Fähigkeiten wussten, gefährlich wirken ließ. Deidara wirkte einfach nur verrückt. Der Rothaarige war der Stärkere von ihnen und dementsprechend wollte er auch behandelt werden. Freunde zu haben, überhaupt eine zwischenmenschliche Beziehung, bedeutete gleichzeitig eine Schwäche. Wäre Deidara sein Freund, würde er schneller gereizt werden, sobald es um ihn ging. Er müsste auf ihn Acht geben und wäre vielleicht sogar erpressbar. Alles recht unangenehme Vorstellungen. Deswegen hatte Sasori sich ja auch sämtlicher Bindungen entledigt, als er Sunagakure verlassen hatte. Er würde jetzt, wo er ein Mitglied der Akatsuki, und sein Leben somit noch gefährlicher – zugegebenermaßen aber auch reizvoller – war, nicht wieder eine solche Bindung eingehen. Gutes Teamwork hin oder her. Andererseits nervte es ihn einfach tierisch, dass er sich ständig Deidaras Gejammer anhören musste, wenn diesem etwas nicht passte. Man hatte ja gesehen, wozu das führen konnte: Der Iwa-nin konnte seine Hand immer noch nicht benutzen. Der Schmerz mochte betäubt sein, aber hätte sich der Shinobi eine Schlägerei mit dem Unsterblichen geliefert, hätte er sich die ganze Mission über sein Rumgeheule anhören müssen. Um das zu verhindern, war er ja auch eingeschritten. Doch selbst er war überrascht gewesen, wie gut das Ganze funktioniert hatte. Deidara hatte nicht ein Wort über den Vorfall verloren. Eigentlich hätte er seinen Partner wirklich gern zurückgelassen. Schon allein um dessen Hand zu schonen. Aber das hier war eine eindeutige Partnermission – was er dem Anderen natürlich nicht gesagt hatte. Immerhin, vielleicht schaffte er es tatsächlich, sich ein wenig Selbstbeherrschung anzueignen. Vielleicht sollte er tatsächlich etwas freundlicher zu Deidara sein – selbstverständlich nur, wenn ihm das selbst keinen Nachteil einbrachte. Dann würde es sich leichter mit ihm leben lassen. Damals, als er noch mit Orochimaru ein Team bildete, war so etwas nicht nötig, ja undenkbar gewesen. Aber bei dem Explosionsfanatiker wäre es eventuell... praktisch. Ein anderer Umgangston, Streitens ausweichen statt sie zu provozieren, ihm das Gefühl geben, dass er respektiert wurde – ohne ihm dabei zu viel Macht zuzusprechen. Hoffentlich würde er dann endlich Ruhe geben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)