Kein Lügner von abgemeldet (... und kein ehrlicher Mensch. (TR/HP)) ================================================================================ Kapitel 7: Der Alte Magier -------------------------- Nachdem Harry mit zusammengepressten Lippen den heißen Kakao auf den Wohnzimmertisch abstellte, wurde ihm sein Wohnungsschlüssel ohne Warnung zugeworfen. Wahrscheinlich wollte dieser Obdachlose sehen, ob Harry sich lächerlich machte. Würde Harry vielleicht aufschreien? Würde er den Schlüssel fallen lassen? Er schnaubte, als er mit der linken Hand das fliegende Objekt aus der Luft griff, und fühlte eine Genugtuung beim Anblick des erstaunten Dvills- auch wenn dieses Erstaunen nur aus erhobenen Augenbrauen bestand. Das Geräusch des Fernsehers ließ Harry wieder einmal die Lippen schürzen. Dvill hatte sich wohl die Freiheit genommen, diesen anzuschalten, als Harry sich in der Küche aufgehalten hatte. „Ich weiß wirklich nicht, was ich davon halten sollte“, fing Harry an. Er stand immer noch neben dem Sofa, in welchem sein ‚Gast‘ sich breit machte. Wenigstens hatte Dvill diesmal seine dreckigen Schuhe ausgezogen. „Ja, diese Morde sind schon sehr verwirrend...“, sagte der Mann, der sich auf die Nachrichten konzentrierte und nur geistesabwesend seinen Kakao schlürfte. „Äh, ja, das auch, aber ich meine-“ Harry konnte es nicht mehr ertragen. „Warum bist du hier!? Was willst du überhaupt! Das ist meine Wohnung und nicht deine, also benimm dich nicht so, als würde dir hier alles gehören- und ich bin hier nicht dein Hausmädchen, die für dich kocht und- hör auf zu lachen!“ Wütend funkelte er Dvill an, als dieser prustend Kakao auf Tisch und Boden verteilte. Auf wundersamer Weise blieb Dvill selbst unbefleckt, stellte Harry enttäuscht fest. „Natürlich bist du nicht mein Hausmädchen. Siehst auch nicht aus wie ein Mädchen-“ Die dunklen Augen wanderten über Harrys Körper. „Du bist auch kein Mädchen- oder vielleicht doch? Wer weiß-“ „Was willst du hier?“, presste Harry hervor und hielt sich davon ab die Zähne zu knirschen- das war ungesund. Dvills Aufmerksamkeit galt wieder dem Fernseher. Harry folgte widerwillig seiner stillen Anweisung. Die Nachrichtensprecher berichteten gerade, dass die Polizei noch kein Licht am Ende des tödlichen Tunnels sehen konnte. Sie stünde nun unter größerem Druck, da eine weitere Leiche gefunden wurde und immer noch keine Lösung in Aussicht stand. Wann und wo die Leichen gefunden wurde, wusste Harry nicht, da er den Anfang verpasst hatte und die Nachrichtensprecher nun zu anderen Themen über wechselten. „Sie wurde heute vor nur einer halben Stunde gefunden“, beantwortete Dvill die ungestellte Frage. „Der Mord geschah in dem selben Park, in dem wir uns aufgehalten haben.“ Harry riss die Augen auf. „Sie wurde unter einer Bank in der Nähe des Spielplatzes gefunden.“ „Spielplatz!“, rief Harry fassungslos. Die Stelle, an der er die Katze gerettet hatte lag nicht all zu weit entfernt vom Fundort. Dvill nickte. „Als ich dich in Richtung des Parks gehen sah, dachte ich mir ‚Hey, vielleicht sollte ich diesen Idioten vor einer unangenehmen Begegnung mit der Polizei- oder schlimmer!- mit dem Mörder bewahren!‘” Dvill grinste. „Du kannst dich gerne bedanken.“ Harry öffnete den Mund, dann schloss er ihn wieder. Vielleicht war der Obdachlose doch dankbar, dass Harry ihn vor einer tödlichen Erkältung gerettet hatte und wollte sich revanchieren? Vielleicht war dieser doch nicht so schlimm, wie er immer dachte... „Danke...“, sagte er schließlich. Das war auch alles, denn ihm viel nichts Einfallsreiches ein. „Kein Problem.“ Dvill trank seine Tasse aus und stand auf. „Vergiss nicht die Kakaoflecken wegzuputzen“, sagte er noch im Eingangsbereich. Harry grummelte. „H- Halt mal!“, rief Harry plötzlich aus und rannte Dvill hinterher. Der seltsame Mann war vielleicht ein guter Mensch... „Woher wusstest du, dass wieder ein Mord geschehen würde?“ Nachdem Dvill seine Schuhe anzog öffnete er die Eingangstür. „Auf der Straße kann man viel lernen.“ Aus der Tasche seiner abgenutzten Hose holte er ein zusammengefaltetes Zettelchen hervor. „Hier“ Harry nahm es verwirrt an. Er öffnete es und las. Ich habe dich schon öfters im Tropfenden Kessel gesehen. Frag den Wirt, ob er weiß wo sich der Alte Magier befindet. Sag ihm nicht, dass ich es war, der dich beauftragt hat. Harry hörte ein Klicken, als die Tür sich schloss. Der seltsame Obdachlose hatte ihn vielleicht gerettet, aber vielleicht war das nur eine Täuschung. Seine Augen durchleuchteten die Botschaft. Der Alte Magier. Aus irgendeinem Grund kam ihm dieser Name oder Titel- oder für was auch immer der Alte Magier stand- bekannt vor. Er wusste, es könnte höchstwahrscheinlich eine weitere dumme Entscheidung sein, die er fällte, aber er war so neugierig. Der Alte Magier. Oh, wie er diese Neugier verfluchte! Aber was sollte schon passieren? Im Tropfenden Kessel war er so oft gewesen und der Wirt war ein guter Freund, also warum nicht? Warum nicht... ◊◊◊◊◊◊◊ „So sieht man sich wieder!“, grüßte ihn Tom, der Wirt des Tropfenden Kessels. „Und du bist noch am Leben!“ Harry lachte und setzte sich auf einen Barhocker. „Vielleicht bin ich nur ein Geist, der keine Ruhe findet.“ „Das ist traurig. Dann kannst du gar kein Butterbier trinken...“ „Oh- ich glaube, ich wurde wieder zum Leben erweckt!“ Beide lachten. „Irgendwas Neues da draußen?“, fragte der Wirt und stellte ein Krug Butterbier vor Harrys Nase. „Nicht wirklich. Die Leichen häufen sich, die Menschen werden paranoider und mehr und mehr Läden kürzen ihre Öffnungszeiten, aber ansonsten habe ich keine große Veränderung mehr gesehen.“ Harry nahm einen Schluck aus seinem Trinkkrug. „Stimmt. Diese dunkle Zeit bessert sich kein Stück. Hab‘ gehört, dass nun alle möglichen Leute hinter Gittern kommen sobald sie auch nur eine Kaugummipackung stehlen“, sagte der Wirt während er benutzte Gläser putzte. „So verzweifelt sind sie schon?“ Harry seufzte. „Bei solchen sinnlosen Morden ist das kein Wunder. Es gibt keinen hilfreichen Hinweis auf den Täter oder Täterin oder wer auch immer es war.“ „Naja. Spätestens wenn die ganze Stadt leergefegt ist, wird hier keine Morde mehr stattfinden können“, meinte der Wirt trocken. Harry lächelte freudlos und nickte. Er nahm noch einen Schluck von seinem Getränk, dann noch einen. Seine Gedanken schweiften zum Obdachlosen. Der Alte Magier. Was hatte Dvill nur vor? Warum musste Harry nur so neugierig sein? Und wie sollte er den Wirt fragen ohne das dieser misstrauisch wurde? Sein Kopf war voll von Fragen und keine Antwort erschien, aber er musste seine Neugier stillen. ‚Du hast deine genialen Momente, Harry- aber warum zum Teufel überwiegt jedesmal dein Wahnsinn!?‘, hörte er Hermine in seinen Gedanken. Es tut mir leid, Hermine, dachte Harry mit Schuldgefühlen. „Kennst du eigentlich den... Alten Magier?“, fragte er ganz direkt und versuchte so zu klingen, als sei es das nebensächlichste auf der Welt. „Der Alte Magier?“, fragte der Wirt verdutzt und hielt bei seinem Putzen inne. Er runzelte die Stirn. „Du hast von ihm gehört? Dabei hat er seine Zaubervorführungen schon vor Jahren beendet...“ Zaubervorführungen. Der Alte Magier. Der Alte- Harry ging ein Licht auf. Jetzt wusste er woher ihm dieser Titel bekannt vorkam. „Du kennst ihn also auch“, schlussfolgerte er. „Als kleines Kind habe ich seine Vorstellungen immer besucht. Seine Art war etwas... anders, als bei den anderen Magiern. Ein exzentrischer alter Kauz, aber seine Vorführungen kamen mir immer so echt vor. Als wäre er ein echter Magier...“ Der Wirt lachte. „Da hast du recht. Albus Dumbledore, der Alte Magier, war etwas Besonderes.“ „War?“ „Nun... Niemand weiß, was aus ihm geworden ist. Nach seiner letzten Vorführung verschwand er spurlos. Da er nur in einem unbedeutenden Zirkus arbeitete und keine Verwandten hat, vergaß man ihn recht schnell... Er war so ein lustiger Geselle. Wusste alles mögliche. So einen Kopf hätte er irgendwo anders benutzen können, aber er wollte lieber Zaubertricks vor Kindern vorführen.“ Der Wirt schüttelte traurig den Kopf. „Übrigens steht sein Haus immer noch leer. Eigentlich hätte es schon längst verkauft werden sollen, aber.... Tja. Manche behaupten es sei verflucht.“ „Oh....“ Harry blinzelte. Albus Dumbledore. Der Alte Magier war noch mysteriöser, als er es schon als kleines Kind gedacht hatte. „Wo steht sein Haus?“ „Liegt außerhalb Londons im Dörfchen Godric‘s Hollow. Du willst es doch nicht kaufen, oder? Früher war dieses Örtchen vielleicht ganz schön gewesen sein, aber heutzutage sind die meisten Häuser dort verlassen und die Wege sind furchtbar holprig. Die ganze Gegend scheint von der Natur längst zurückerobert worden zu sein.“ „Nein, nein. Mich hat‘s nur interessiert. Eigentlich wollte ich Dumbledore aufsuchen, um ihn wegen seinen Zaubertricks auszufragen und so- wegen.... wegen mein Buch“, redete sich Harry heraus. „Ach so! Schreibst du schon ein neues? Ich dachte, du würdest länger Pause machen? Kannst wohl auch nicht stillsitzen, was? So viel Hektik in unserer Zeit!“ Der Wirt lachte. „Ja...“ Harry lachte mit Unbehagen mit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)