Digimon Memorials von Alaiya (Neuster One-Shot: "Vierzehn Jahre" [Adventure/02 - Memorial Day Special]) ================================================================================ [Digimon Tamers] Mutter & Tochter --------------------------------- Stichwort: Make-Up Mutter & Tochter „Es ist schon in Ordnung“, blockte Ruki eine weitere Entschuldigung ab, noch ehe ihre Mutter diese aussprechen konnte. Makino Rumiko stand mit zwei Taschen im Flur des im altjapanischen Stil gebauten Hauses und sah besorgt zu ihrer Tochter, die mittlerweile beinahe so groß war, wie sie selbst. „Aber ich hatte dir doch versprochen, dass ich dieses Jahr mal wieder zuhause bin“, meinte sie besorgt. „Und ich habe schon mehrfach gesagt, dass es mir ohnehin egal ist, ob du da bist oder nicht“, erwiderte ihre Tochter kühl. „Jetzt mach deswegen doch keinen Aufstand.“ „Du bist immer so kühl, Ruki-chan“, seufzte Rumiko und atmete tief durch. Sie hatte kurzzeitig eine Einladung zu einem Fotoshooting auf Hawaii bekommen und unüberlegt angenommen, obwohl Rukis 16ter Geburtstag in der Woche lag, die sie nun auf Hawaii verbringen würde. Damit war sie, schon das dritte Jahr in Folge nicht an Rukis Geburtstag bei ihrer Tochter, was sie jedoch offenkundig mehr störte, als die beinahe 16 Jahre alte Tochter. „Ich sage nur die Wahrheit“, erwiderte diese nun trotzig. „Also mach nicht schon wieder ein Drama daraus.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Es ist ja nicht so, als würde ich jetzt allein sein. O-baa-chan und Renamon sind da und außerdem...“ Sie brach ab, da sie wusste, dass es nicht unbedingt das klügste war, den Satz gegenüber ihrer Mutter zu Ende zu bringen. Dies schien allerdings auch gar nicht, da ihre Mutter bereits bestens informiert zu sein schien. „Ja, ich weiß. Du hast ein Date.“ „Das geht dich nichts an“, grummelte das Mädchen. „Ach, ich freue mich, dass du endlich einen Freund hast“, meinte Rumiko unbeirrt, woraufhin Ruki nur seufzte. Sie verstand ihre Mutter nicht. Sie tat geradezu so, als wäre 15 ein sehr spätes Alter, um einen Freund zu haben. Dachte sie etwa, dass Ruki so enden wollte, wie sie? Mit 18 schwanger, deswegen verheiratet und nicht minder schnell geschieden? Nein, Ruki konnte darauf verzichten. Dennoch hielt sie sich zurück und sagte dies nicht, denn sie bemühte sich, ihrer Mutter gegenüber zumindest etwas Respekt zu zeigen - selbst wenn sich diese selten, wie eine Mutter und wesentlich öfter wie eine ältere Schwester verhielt. „Du siehst also“, begann sie stattdessen, „ich werde ohnehin nicht da sein. Und am Tag nach meinem Geburtstag bin ich mit Takato und den anderen weg. Du würdest mich ohnehin nicht sehen, okay? Also fahr' du zu deinem Fotoshooting und hör' auf dich ständig deswegen zu entschuldigen. Das nervt.“ Ihre Mutter seufzte. „Ich ja gut, Ruki-chan, ich habe schon verstanden...“ In dem Moment klingelte es an der Tür zum Grundstück. „Dein Taxi“, meinte Ruki und wurde kurz darauf von ihrer Großmutter bestätigt, die vom Eingang des Hauses aus rief: „Rumiko-chan, dein Taxi ist da.“ Rumiko seufzte und griff dann in ihre Tasche, um ein kleines, rundes Päckchen aus dieser heraus zu holen. „Ich wünsche dir einen schönen Geburtstag.“ Sie gab ihr das Päckchen. „Das ist mein Geschenk. Ich dachte, du kannst es an deinem Geburtstag gebrauchen.“ Sie zwinkerte ihrer Tochter zu und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Rumiko-chan!“, rief Hata Seiko von der Tür des Hauses zu ihnen hinüber. „Ich komme schon“, erwiderte Rukis Mutter, nahm ihre Taschen und lief zur Tür. Derweil sah Ruki auf das Geschenk in ihrer Hand und seufzte. Sie ahnte, dass es nichts sein würde, was sie gebrauchen könnte, denn die meisten Geschenke ihrer Mutter waren dafür zu unpraktisch und „mädchenhaft“. Es war ja nicht so, als würde sie nicht ab und an etwas weiblichere Oberteile tragen, aber auf Rüschen und alles was rosa oder gar pink war, konnte sie getrost verzichten. Während sie das dachte, kam ihre Großmutter den Flur entlang auf sie zu und brachte sie dazu aufzusehen. „Musstest du ihr sagen, dass ich mich an meinem Geburtstag mit Ryou treffe?“ Sie weigerte sich, es als Date zu bezeichnen. Seiko lächelte nur besonnen und zuckte mit den Schultern. „Ach, sie hätte es sowieso herausgefunden.“ Daraufhin seufzte Ruki erneut. Zwar wusste sie, dass ihre Großmutter recht hatte, aber ihr gefiel es dennoch nicht, dass sie sich bereits jetzt darauf freuen konnte, im Nachhinein ausgefragt zu werden. „Und“, fragte Seiko nun. „Was hat sie dir dieses Jahr geschenkt?“ Das Mädchen zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich irgendetwas unnützes“, seufzte sie. „Ich gehe auf mein Zimmer.“ Und ohne Auf eine Antwort ihrer Großmutter zu warten, tat sie das auch. Dort legte sie das Päckchen auf den Tisch und setzte sich dann auf den Boden. Für einen Moment überlegte sie, was sie tun sollte, entschied sich dann jedoch an einem Buch weiter zu lesen, dass sie letzte Woche angefangen hatte. Ihre Prüfungen für dieses Schuljahr waren bereits vorbei, so dass sie mehr als genug Zeit hatte. Im Moment machten nur selten wilde Digimon die Stadt unsicher und Takato und die anderen waren Ihrerseits selbst mit der Schule beschäftigt. Sie sah sie in letzter Zeit meist nur am Wochenende, auch wenn es in den Ferien, die in zwei Tagen begannen, anders aussehen würde. So schlug sie das Buch auf und lehnte sich gegen die Wand ihres Zimmers. Jedoch kam sie nicht sehr weit, ehe die Tür zu ihrem Zimmer aufgeschoben wurde und Renamon hereinkam. „Ich bin wieder da“, kündigte es formal an. „Hey“, erwiderte sein Tamer vom Buch aufsehend. „Wo warst du?“ „Ich habe mich etwas umgeschaut“, erwiderte Renamon. „Habe nach wilden Digimon ausschau gehalten. Aber es ist alles ruhig.“ Damit zog es die Tür hinter sich zu. „Kann man nichts machen.“ Ruki wollte sich wieder ihrem Buch zuwenden, als Renamon das Päckchen auf dem Tisch entdeckte. „Was ist das?“ Erneut ließ Ruki das Buch senken und folgte dem Blick ihres Digimon. „Ein Geschenk meiner Mutter, weil sie an meinem Geburtstag nicht da ist.“ „Und was ist es?“, fragte das Digimon, obwohl ihm sehr wahrscheinlich klar war, dass sie es noch nicht geöffnet hätte. „Ich weiß es nicht“, antwortete sie daher. „Aber wahrscheinlich nichts, was ich gebrauchen kann... Wäre jedenfalls was neues.“ Renamon schien darüber etwas amüsiert. „Zumindest scheint es kein Kleid zu sein.“ Dies ließ Ruki leicht lächeln. „Zumindest das“, meinte sie und legte nun das Buch ganz zur Seite. Sie rückte wieder näher an den Tisch und nahm das Päckchen von ihm herunter. Sich dessen bewusst, dass Renamon sie beobachtete, öffnete sie die Verpackung und holte ein kleines Döschen daraus hervor. Als sie erkannte, was es war, seufzte sie. „Irgendwie hätte ich ein Kleid bevorzugt“, murmelte sie geistesabwesend. „Was ist es?“, fragte ihr Partner. Daraufhin stellte sie die Dose auf den Tisch. „Make-Up.“ Drei Tage später ging Ruki schweigend neben Ryou her, während Namiko, die Tochter von Reika und Yamaki, unbeholfen hinter einigen Tauben herjagte. Es war der erste Sonntag in den Frühjahrsferien und gleichzeitig der Tag vor Rukis Geburtstag. Ryou hatte heute frei, doch obwohl er von sich aus angeboten hatte, Ruki Gesellschaft zu leisten, während sie auf Namiko aufpasste, schien er langsam etwas genervt. Er seufzte, als die Dreijährige hinfiel und anfing zu weinen. Noch bevor Ruki das Kind erreichen konnte, war Renamon bei ihm und half ihm aufzustehen, ehe auch das Mädchen bei ihnen war. „Alles in Ordnung?“, fragte Ruki und klopfte die Hose des kleinen Mädchens ab, das sich einzelne Tränen aus den Augen rieb. Namiko schluckte schwer und schien offenbar zu versuchen, mit dem Weinen aufzuhören. Sie nickte. „Dann ist ja gut“, meinte Ruki und strich ihr über den Kopf, ehe sie sich aufrichtete. „Komm“, sagte sie und hielt dem Kind die Hand hin. Noch immer mit feuchten Wangen nahm Namiko die Hand und lief nun neben Ruki her, ehe Ryou auf ihrer anderen Seite erschien. „Wer hätte gedacht, dass du dich so gut um Kinder kümmern kannst“, murmelte er und verschränkte seine Arme hinter dem Kopf. „Ach, sei ruhig“, erwiderte Ruki gereizt und sah ihn böse an. „Ich mein doch nur...“ Er wich ihrem Blick aus. „Ich finde es ganz niedlich. Auch wenn ich natürlich etwas eifersüchtig werde.“ „Ruki ist nicht niedlich“, murmelte nun das Kind und warf ihm ebenfalls einen empörten Blick zu. „Ruki ist cool.“ „Ja, ja...“ Er seufzte nur und zog eine Augenbraue hoch. „Jetzt wirst du auch noch von dem Kind verteidigt... Ich frage mich...“ Er ließ den Satz ausschweifen, doch Ruki ahnte, worauf er hinaus wollte. „Komm nicht mal auf solche Gedanken“, murmelte sie und sah nun selbst zu Boden. Zugegebener Maßen überraschte es sie selbst, dass sie nicht nur gut mit dem Kind auskam, sondern auch eine Art Superstar in den Augen Namikos zu sein schien, die bei jeder Möglichkeit förmlich an ihr klebte. Außerdem war das Mädchen von Renamon begeistert, was dieses Verhalten noch verstärkte. Und beinahe jeder - vor allem ihre Mutter, ihre Großmutter, Takato, Jenrya, Juri, Hirokazu und Ryou - musste bei jeder Möglichkeit anmerken, wie niedlich dies doch war. Eventuell wurden diese Aussagen mit Sätzen, die meist mit „Ich hätte ja nie gedacht“ anfingen ergänzt. Tatsächlich schwieg Ryou nun für eine Weile. Erst, als Namiko sich wieder etwas entfernte - dieses Mal, um mit dem Wasser an einem der vielen Brunnen zu spielen - wandte er sich zu Ruki, die ihrerseits das Kind nicht aus den Augen ließ. „Du scheinst schlecht gelaunt zu sein, ist irgendwas?“, fragte er vorsichtig. „Was sollte sein?“, grummelte sie. Er zuckte mit den Schultern. „Weiß ich nicht. Deswegen frage ich dich ja.“ „Es ist nichts“, antwortete sie. „Gar nichts...“ Daraufhin seufzte Ryou noch einmal. „Ich hoffe, du bist morgen besser gelaunt“, meinte er und legte beiläufig einen Arm um sie. „Es sei denn, du fängst jetzt schon an, dass du über jeden Geburtstag verzweifelst“, fügte er dann Scherzhaft hinzu. „Dafür wäre es allerdings wirklich etwas früh.“ „Quatsch“, meinte sie. „Na dann...“ Ryou ließ es dabei beruhen und drückte ihr einen kurzen Kuss auf die Wange, ehe Ruki sich von ihm löste. Sie sah auf die Uhr. „Ich treffe mich gleich mit Reika-san“, meinte sie, „um Namiko zurück zu bringen.“ Für einen Moment zögerte sie. „Kommst du mit?“ Daraufhin sah Ryou zu dem kleinen Mädchen, das auf Knien vor dem Brunnen saß und planschte. Dann schüttelte er den Kopf und streckte sich. „Nein“, erwiderte er. „Ich lasse euch Frauen einmal Frauen sein. Und freue mich, dich morgen mal wieder für mich allein zu haben.“ Damit grinste er neckisch. „Ich habe dich morgen ja für mich allein.“ Ruki nickte nur knapp. „Namiko, komm“, rief sie dann zu dem Kind hinüber. Doch während das Kind zu ihr hinüber lief, nahm Ryou sie bei den Schultern und küsste sie noch einmal auf die Lippen. Während Ruki ihn für einen Moment gewähren ließ, riss sie sich dann los. Ihre Wangen brannten. „Lass das“, murmelte sie. „Nicht hier.“ Immerhin schauten sich schon einige Leute, zu ihnen um, während Namiko ein langgezogenen „Bäh“ hören ließ. „Ja ja“, murmelte Ryou und verdrehte die Augen. Er grinste sie an und wandte sich ab. „Wir sehen uns morgen!“ Damit entfernte er sich. Derweil sah Namiko zu Ruki. „Ryou-san ist blöd“, meinte sie, was Ruki unwillkürlich etwas lächeln ließ. „Ja. Manchmal schon.“ Eine dreiviertel Stunde später saß Ruki zusammen mit Reika und Namiko in einem kleinen Café nicht weit vom Shinjuku Central Park entfernt. Reika hatte sie auf einen Kakao eingeladen und da Ruki es nicht sonderlich eilig hatte, nach Hause zu kommen, und es auch sonst nichts gab, was sie noch tun sollte, hatte sie angenommen, auch wenn sie nun schweigend die Eisschokolade durch ihren Strohhalm trank und dabei am Café vorbeigehende Leute durch das Fenster beobachtete. Namiko war währenddessen begeistert damit beschäftigt, selbst einen kalten Kakao zu trinken und ein Stück Kuchen zu essen, was freilich nicht möglich war, ohne die Hälfte des Kuchens über ihre Finger und ihr Gesicht zu verschmieren. Während Reika ihrer Tochter das Gesicht mit einer Servierte abwischte, sah sie zu Ruki. „Du wirkst etwas niedergeschlagen“, stellte sie schließlich in einem beiläufigen Ton fest. „Hmm“, machte das Mädchen nur anstatt zu antworten. Für einen Moment schwieg die erwachsene Frau. „Ist etwas mit Ryou?“ Nun sah Ruki sie missmutig an. „Davon abgesehen, dass er ein Idiot ist? Nicht wirklich...“ „Das kann man über viele Männer sagen“, meinte Reika nur und lächelte. Daraufhin seufzte Ruki. „Wahrscheinlich.“ „Heißt das, Papa ist auch ein Idiot?“, fragte Namiko, die neugierig, wie Kinder in ihrem Alter oftmals waren, gespannt lauschte. Ihre Mutter wandte sich ihr zu. „Manchmal schon“, antwortete sie und lächelte. „Wann denn?“ Das Kind sah sie fragend an. Für einen Moment überlegte Reika. „Zum Beispiel, wenn er versprochen hat, das Wohnzimmer aufzuräumen und es dann doch nicht tut.“ Dabei war es offensichtlich, dass sie ein Beispiel ausgesucht hatte, das ihre Tochter auch verstehen konnte. Diese verschränkte die Arme und zog die Augenbrauen zusammen. „Hmm.“ Da wandte sich Reika erneut zu Ruki. „Wenn es nicht an Ryou liegt, woran dann?“, fragte sie nun offen neugierig. „Immerhin bist du eindeutig noch zu jung, um wegen einem Geburtstag deprimiert zu sein.“ Für eine Weile schwieg Ruki eisern, seufzte aber dann. „Ich bin nicht deprimiert“, antwortete sie dann. „Ich bin nur sauer.“ Daraufhin erwiderte die Erwachsene nichts, sondern schien nur zu warten, dass das Mädchen weiter sprach. „Meine Mutter“, murmelte Ruki schließlich widerwillig, da sie es selbst als unfair ihrer Mutter gegenüber empfand, sich bei jemand anderem darüber zu beschweren. Als Reika sie jedoch weiterhin neugierig ansah, ergänzte sie: „Sie ist immer um mich besorgt, gibt sich aber keine Mühe...“ Sie brach ab. Es kam ihr eigentlich selbst albern vor. „Sie hat mir zum Geburtstag Make-Up geschenkt“, erklärte sie genervt. „Man sollte meinen, dass sie mich besser kennt.“ Bevor Reika dazu etwas sagen konnte, fügte Ruki hinzu: „Und es ist nicht das erste Mal, dass sie mir etwas so... So mädchenhaftes schenkt.“ Um nicht zu sagen, dass sie mir nie etwas anderes geschenkt hat, fügte sie in Gedanken hinzu. Es dauerte wieder einen Moment bis Reika antwortete, die offenbar wartete, bis sie sich sicher war, dass Ruki alles gesagt hatte, was sie sagen wollte. Sie lächelte noch immer, nun aber offenbar etwas amüsiert, was dafür sorgte, dass die 16Jährige etwas beschämt auf die Tischplatte sah. „Aber du bist doch ein Mädchen“, stellte sie schließlich nüchtern fest. „Aber nicht so ein Mädchen“, meinte Ruki. Zumindest Namiko schien, wenn auch nicht bewusst, zu verstehen, was sie meinte. „Ruki ist viel cooler als andere Mädchen!“, meinte sie und brachte damit das ältere Mädchen zum Lächeln. „Und was für ein Mädchen bist du dann?“, fragte Reika und stürzte ihr Kind auf den ineinander verschränkten Händen ab. Ruki zögerte. Sie fühlte sich gleichzeitig albern und ihrer Mutter gegenüber schuldig. Es ging ihr nicht um das Geschenk, denn ihr wäre es auch Recht gewesen, hätte ihre Mutter ihr gar nichts geschenkt. Viel mehr ging es um etwas ganz anderes. „Ich bin eben nicht wie meine Mutter“, murmelte sie schließlich leise und kaum hörbar. „Ich bin nicht wie sie und ich will auch gar nicht so sein. Aber manchmal glaube ich, dass sie immer noch will, dass ich werde wie sie.“ Für einen Moment schwieg sie. „Außerdem“, begann sie dann unsicher. „Außerdem...“ Noch immer glaubte sie, dass es falsch war darüber zu reden. Vor allem hier, vor allem mit Reika, vor allem wo Namiko dabei war. Doch sie konnte mit Renamon nicht darüber reden, da dass Digimon es nicht verstand, und auch ihre Großmutter tat es meist mit einem lachen ab. „Sie verhält sich nicht, als wäre sie meine Mutter, sondern mehr wie eine ältere Schwester. Sie verhält sich allgemein einfach... Einfach nicht erwachsen. Ich meine, meine Mutter ist genau so alt, wie Sie, Reika-san und...“ Sie sprach nicht weiter, sah die Frau nur vielsagend an. Für eine Weile schwieg Reika und sah sie - nun weitaus nachdenklicher als zuvor - an. „Hast du schon einmal versucht mit deiner Mutter darüber zu reden?“ Ruki seufzte. „Ja. Aber ich glaube, sie versteht es nicht einmal.“ Erneut wandte sie sich der Straße zu. „Ich sollte eigentlich gar nicht darüber reden.“ „Ach was“, erwiderte Reika und lächelte sie an. „Ich sage es schon niemanden weiter.“ Dann schwieg sie noch einmal kurz. „Man kann sich seine Eltern halt nicht aussuchen“, meinte sie. „Ich kann verstehen, dass du manchmal etwas sauer auf deine Mutter bist. Aber andere Mädchen sind auch sauer auf ihre Mütter.“ Sie sah zu ihrer eigenen Tochter. „Ich weiß“, murmelte Ruki. „Aber ich verstehe, dass es schwer ist, wenn du nicht mit deiner Mutter reden kannst“, fuhr Reika fort. „Was ist mit deiner Großmutter?“ „Sie ist meistens zu gutmütig“, seufzte das Mädchen und kam sich dabei vor, als hätte sie an allem etwas auszusetzen. Auch wenn die Wahrheit war, dass sich ihre Großmutter ihr gegenüber viel eher wie eine Mutter verhielt. „Ich meine, ich kann auch mit Renamon reden... Oder mit den anderen. Es wäre nur schön, würde meine Mutter zumindest versuchen mich zu verstehen... Anstatt so zu tun, als wäre ich sie.“ „Ich glaube nicht, dass sie das mit Absicht tut“, erwiderte Reika. „Ich weiß...“ Ruki seufzte. Dann fiel ihr Namiko auf, die mittlerweile nicht mehr neugierig, sondern viel mehr gelangweilt über den Tisch starrte. „Ich sollte wirklich nicht darüber reden“, meinte sie und schüttelte den Kopf. „Es tut mir leid.“ Daraufhin sah die Erwachsene ebenfalls zu Namiko und strich über den Kopf des Kindes. Sie schien zu verstehen. „Wir sollten vielleicht langsam nach Hause. Zumal ich Mitsuo nicht hungern lassen will“, meinte sie lächelnd und Ruki nickte nur. „Aber Ruki“, begann Reika, bevor sie das Café verließen, was das Mädchen dazu brachte, sich zu ihr umzudrehen. „Wenn du wirklich mal worüber reden willst, kannst du auch zu mir kommen.“ Das Mädchen merkte, wie sie etwas rot wurde. „Danke“, murmelte sie beiläufig und wollte schon gehen, als Reika ihr eine Hand auf die Schulter legte. „Noch etwas, Ruki“, meinte sie und zwinkerte. „Nicht nur solche Mädchen tragen Make-Up.“ Draußen war es bereits dunkel, als Ruki in ihrem Zimmer saß, das Döschen Make-Up in der Hand. Sie seufzte leise. „Was hast du, Ruki?“, hörte sie Renamons Stimme, als das Digimon aus dem Schatten zu ihr trat. Irgendwie stellte sie fest, dass sie ganz froh war, dass Renamon das Gespräch im Café nicht hatte belauschen können. Sie wusste, was Reika hatte sagen wollen, doch bei dem Gedanken fühlte sie sich dennoch nicht ganz wohl. Immerhin hatte sie noch nie Make-Up getragen und wusste auch so, dass sie sich damit albern fühlen würde. „Ruki?“, fragte Renamon. Mit einem matten Lächeln stellte sie das Döschen auf den Tisch. „Es ist nichts, Renamon“, meinte sie. „Meine Mutter ist nur manchmal etwas blöd.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)