Farbtopf von Fujouri (OneShot-Sammlung [Various]) ================================================================================ Die erste Schneeflocke [Ichigo x Rukia] --------------------------------------- Living in a world without you Is living in a worthless world 【Freitag, 22. Dezember 2006, 13:00Uhr, Karakura-Town - bewölkt】 »Frohe Ferien, meine Lieben! Und hey: Lernt nicht zu viel, sonst versaut ihr euch nur die Festtage!« Mit einem Lächeln entließ die Lehrerin die dritte Parallelklasse der Karakura-Highschool in die Weihnachtsferien. »Und guten Rutsch!«, fügte sie hinzu. Dann schlug sie ein Schulbuch, auf dessen Cover ‚Modernes Japanisch’ zu lesen war, zwischen den Händen zu. »Iiichigooo!!« Keigo rannte seinem Kumpel hinterher, nachdem alle aus dem Klassenraum gegangen waren. Ichigo ignorierte ihn gekonnt - wie immer - und lief weiter stur geradeaus. »Jetzt warte doch auf deinen besten Freund!!« Keigo wollte nicht nachgeben. »Was ist?!«, raunte Ichigo, blieb abrupt stehen und drehte sich um. »Du fährst doch in den Ferien nicht weg, oder? Lass uns mal was unternehmen! Boah, und hast du schon Pläne für Silvester? Wir könnten zusammen-« »Lass ihn doch einfach in Ruhe, Asano-san«, unterbrach Mizuiro ihn, als er auf die beiden stieß, »Ichigo hat in den Ferien bestimmt was Besseres zu tun. Oder, Ichigo?« Keigo sah deutlich gekränkt aus. »Warum so formal? Sag ‚Keigo‘! ‚K-E-I-G-O‘!« Sein Klassenkamerad ging darauf nicht ein und wandte sich stattdessen Ichigo zu, der inmitten dieses Szenarios nur schwer zu Wort kam. »Naja, ich werd‘ viel mit meiner Familie machen. Mein Vater ist total verrückt nach Weihnachten. Er kann es kaum abwarten, mit meinen Schwestern den Baum zu schmücken…« Er rollte mit den Augen. »Naja, schöne Ferien, Leute!« Bevor Mizuiro und Keigo etwas entgegnen konnten, hatte Ichigo ihnen den Rücken gekehrt und sich davongestohlen. Sein Heimweg war nicht lang. Er bestand lediglich aus einem Geradeauslaufen mitten durch die Stadt, vorbei an einem Blumengeschäft, einer Eisdiele, einem Antiquitäten- oder, wie Ichigo ihn zu nennen pflegte, Ramschladen und einigen weihnachtlich dekorierten Kaufhäusern. Dann musste er nur noch in der Straße links abbiegen und zur Hausnummer 21 laufen. Während er diesen gewohnten Weg ging, hatte er die Hände in den Hosentaschen vergraben und den Blick in den wolkenverhangenen Himmel emporgerichtet. Gäbe es keinen Kalender, der einen darauf hinweisen würde, würde man niemals in Erwägung ziehen, dass der Winter begonnen hatte. Zwar ging die Sonne bereits sehr früh unter und die Temperaturen bewegten sich - je nach Tageszeit - zwischen fünf und zehn Grad, jedoch hatten die Wolken noch keinerlei Anstalten gemacht, auch nur eine Schneeflocke auf Karakura fallen zu lassen. Stattdessen ergossen sie sich beinahe täglich über der kleinen Stadt und verdunkelten den Himmel mit ihrer klumpig-grauen Erscheinung. Wie konnte Ichigos Vater unter diesen Umständen in Weihnachtsstimmung sein? Sonderbar. »Oi, Ichigo, warte!« Ichigo blieb wie ertappt stehen und drehte sich um. Ein Mädchen, ein paar Köpfe kleiner als er, starrte ihn unter dunklen Augen an. Über der Karakura-High-Schuluniform trug sie eine magentafarbene Winterjacke, an deren Vorderseite große Knöpfe angebracht waren. Die mit Plüsch verzierten Winterboots gingen ihr fast bis zu den Knien, als würden sie ihr nicht passen. Ichigo besah sie stumm und wartete auf die tägliche Standpauke. »Da geht man schon auf dieselbe Schule und wohnt im selben Haus und trotzdem läufst du einfach weg, ohne auf mich zu warten!« Mit einem gespielt bösen Blick funkelte sie ihr Gegenüber an. »Ach, motz nicht rum, du hast dich doch noch mit Inoue und Arisawa unterhalten. Und außerdem: Was sollen die anderen denken, wenn wir auch noch denselben Nachhauseweg nehmen? Stell dir mal vor, die kriegen raus, dass du bei mir wohnst!« Ichigo zog die Hände aus den Hosentaschen und verschränkte sie vor der Brust. Rukia verbot sich, zu grinsen. »Ach, ich bin dir also peinlich?« »Allerdings!«, raunte Ichigo, aber sie wusste, dass er es nicht so meinte. Es waren die üblichen Späße, die sie miteinander trieben, und sich gegenseitig aufzogen, bis sie sich nur noch schweigend ansahen. Dann begannen sie gleichzeitig über ihr Verhalten zu schmunzeln oder brachen gar in schallendes Gelächter aus. »Tja, wie du unschwer feststellen kannst, ist mir das egal.« Ein Grinsen, das man vor einigen Monaten nur selten von Rukia zu sehen bekommen hatte. Sie lief weiter, in dem Wissen, dass Ichigo ihr nachkommen würde. An der Klinik der Kurosakis angekommen, betraten die beiden das Haus durch die Vordertür. Vor einiger Zeit hatte Rukia von einem Baum aus direkt durch das gegenüberliegende Fenster hindurch in Ichigos Zimmer klettern müssen, da sie damals geheim gehalten hatten, dass sie sich in seinem Kleiderschrank einquartiert hatte. Mittlerweile war dieser Umstand beseitigt worden; Rukia hatte Isshin eine ihrer weltberühmten, dramatischen Geschichten über ihr noch dramatischeres, erlogenes Lebens erzählt. Ichigos Vater hatte sie daraufhin mit offenen Armen und Freudentränen bei sich aufgenommen. Er hatte ihr - womit sie alles andere als einverstanden gewesen war - ein Bett in das Zimmer seiner Töchter gestellt. Um diesem Problem Abhilfe zu schaffen, wartete sie immer ab, bis die beiden Mädchen eingeschlafen waren. Dann stand sie auf, verließ das Zimmer und wanderte rüber zu Ichigo, um es sich dort in seinem oder viel mehr ihrem geliebten Kleiderschrank gemütlich zu machen. Auf diesen konnte und wollte sie einfach nicht verzichten. »ICHIGOO!!« Voller Freude stieß Isshin seinem Sohn den Ellenbogen ins Gesicht - oder war zumindest im Begriff, dies zu tun. Ichigo wehrte den Schlag mit einer schnellen Handbewegung ab und starrte entgeistert in das unrasierte Gesicht. »Wie wär’s, wenn du endlich mal erwachsen wirst und vor allem aufhörst, deine Kinder zu schlagen?!« »Hey, ich schlage dich nicht, ich teste nur deine Fähigkeiten…. und heute hast du BESTANDEN!«, verkündete sein Vater, begleitet von einem viel zu lauten und brummigen Kichern. Er besah seinen Sohn triumphal und stemmte die Hände in die Hüfte. Rukia reagierte darauf mit einem etwas schrillen Lachen, das für sie im Haus der Kurosakis zur Gewohnheit geworden war. ‚Wenn man nicht weiß, was man sagen soll, antwortet man am besten mit einem Lächeln‘ rief sie sich dabei immer wieder ins Gedächtnis, nur dass besagtes Lächeln in den meisten Fällen durch ein seltsam klingendes Lachen ersetzt wurde. »Bist du jetzt fertig?«, stöhnte Ichigo und wollte in sein Zimmer verschwinden. Sein Vater hielt ihn - wer hätte es gedacht - auf. »Warte, Ichigo! Wollen du und Rukia uns morgen nicht beim Baumschmücken helfen?« Er wollte bereits antworten, aber Rukia kam ihm zuvor. »Baumschmücken?«, wiederholte sie und wartete auf eine Erklärung. Vater und Sohn sahen einander verständnislos an. »Naja, den Weihnachtsbaum schmücken, meine ich. Hast du Lust darauf?« Ein erwartungsvoller Blick. Rukia erhoffte sich, durch Ichigo aus der Sache schlau zu werden, aber als sie ihn ansah, schüttelte er nur heftig den Kopf. Rukia grinste schelmisch. »Natürlich, liebend gern würden wir das tun!« Sie wandte sich Ichigo zu. »Das wird sicher lustig!« Die pseudo-braves-Mädchen-Stimme hatte aus ihr gesprochen. Ichigo zuckte mit den Schultern und zog eine verbitterte Miene. Jetzt konnte er die wertvollen Stunden des morgigen Tages auch noch damit verschwenden, mit seiner Familie und Rukia, die ihm das alles eingebrockt hatte, einen blöden Nadelbaum mit roten Plastikkugeln und Lichterketten zu belasten. Weihnachten war nicht das Fest der Liebe, sondern das Fest des gebrochenen Willens. Zumindest für ihn. Ichigo stampfte in sein Zimmer, dicht gefolgt von Rukia. Erbost warf er sich aufs Bett. »Du hast dich soeben verdammt unbeliebt bei mir gemacht!«, betonte er und starrte an die Decke. »Warum? Ist dieses ‚Baumschmücken‘ denn etwa so schlimm?« Ichigo blinzelte. »Moment. Du weißt nicht mal, was das bedeutet?!« Sie fuhr sich durchs schwarze Haar und wickelte eine Strähne um den Finger. Sie sah verlegen auf. »Naja, in der Soul Society feiern nur wenige Seelen Weihnachten…« »Und dein obercooler Bruder gehört natürlich nicht dazu«, gab Ichigo ab und musste über seine eigene Bemerkung schmunzeln. Ein Byakuya mit einer Nikolausmütze auf dem Kopf, der einen Weihnachtsbaum schmückt und dabei Weihnachtslieder vor sich hinsummt - nein, diese Vorstellung war fast so obszön, wie sie komisch war! »Nicht nur Nii-sama! Es wird von kaum jemandem gefeiert, und von den ganzen Bräuchen, die mit Weihnachten verbunden sind, haben auch nur die Wenigsten eine Ahnung. Dieses Fest ist bei uns schon lange in Vergessenheit geraten.« Das konnte Ichigo sich nur schwer vorstellen. Ein Ort, an dem Weihnachten vergessen oder - wie er vermutete - einfach ignoriert wurde? Beinahe gruselig. »Dann schenkt ihr euch auch nichts oder wie?« »Nein, ich hab‘ noch nie was zu Weihnachten geschenkt bekommen.« Rukia ertappte sich dabei, einen Hauch von Sehnsucht in der Brust zu spüren. Sie lächelte schief. »Aber naja, ich hab das eh noch nie gefeiert, von daher hat das keinen Belang!« Sie winkte ab, griff schnell nach einem Modemagazin, das auf dem Schreibtisch lag, und blätterte eifrig darin herum. »Der Geschmack hier in der realen Welt ist wirklich erschreckend schlecht!« Sie schüttelte den Kopf, als sie zufällig die Seite der Unterwäsche für Männer erwischte und konzentriert betrachtete. Ichigo sah verdutzt drein. Er glaubte zu bemerken, dass mit Rukia etwas nicht stimmte. Jetzt wurde ihm zumindest klar, warum dieses Mädchen so seltsam war. Es hatte ja noch nicht einmal den blassesten Schimmer von Weihnachten, geschweige denn von der Bescherung, die traditionell dazu stattfand. Er selbst hatte Weihachten seit dem Tod seiner Mutter nicht mehr ausstehen können, da seitdem eine wichtige Person fehlte, die den Kreis der Familie schloss. Dennoch gehörte es zum Winteranfang dazu. Und irgendwie stimmte es ihn auch jedes Jahr glücklich, wenn er Yuzus und Karins (und Isshins…) vor Freude strahlende Augen zu Gesicht bekam, während sie ihre Geschenke auspackten. Ein Gefühl der Verbundenheit und Harmonie. Ob Rukia die Bedeutung dieser Worte überhaupt kannte? Das mochte er stark anzweifeln. Feeling scared, she's prepared to give up everything She can't stand to feel like half of her is fading 【Samstag, 23. Dezember 2006, 14:30Uhr, Karakura-Town - Regen】 »Das wird noch ein Nachspiel geben… darauf kannst du Gift nehmen!«, zischte Ichigo, während er eine dunkelrote Weihnachtskugel an der - wie er fand - viel zu großen Tanne anbrachte. »Selbst schuld, du hättest ja auch ‚nein‘ sagen können«, flötete Rukia, »Außerdem macht das doch Spaß, oder etwa nicht?« Das Wort ‚Spaß‘ hob sie absichtlich laut hervor. »Das ist meine Tochter!« Isshin legte eine Hand auf Rukias schmale Schulter. »Sie ist nicht deine Tochter«, betonte Ichigo augenrollend, während er einen geeigneten Platz für die nächste Kugel suchte. Sein Vater machte erst ein gekränktes Gesicht, fand seine gute Laune aber schnell wieder. »Aber sie ist wie eine Tochter für mich! Nicht wahr, Rukia?« Ein erwartungsvoller Blick. Rukia gab sich schwelgerisch. »Diese Worte rühren mich zutiefst…!« Ihre schauspielerischen Fähigkeiten wurden von Tag zu Tag besser, was nicht verwundernd war, da diese täglich auf die Probe gestellt wurden. Das Lächeln, das sie dabei aufsetzte, war süßer als das eines Honigkuchenpferdes, wofür Isshin sie am liebsten in die Arme geschlossen hätte. Glücklicherweise konnte er sich zurückhalten. Während Karin, Yuzu und ihr großer Bruder sich den Weihnachtskugeln und anderen kleinen Verzierungen widmeten, kümmerten sich Rukia und Isshin um das Anbringen der Lichterkette. Da sie alle sehr konzentriert bei der Sache waren, kamen sie sichtlich schnell voran. Nach nur wenigen Stunden war der Baum zur Zufriedenheit aller (außer zu der Ichigos, der nichts vom Anheften unnützer Dekoration an arme Nadelbäume, die eigentlich in den Wald gehörten, hielt) mit kleinen goldenen Glöckchen, ein paar weinroten Kugeln, einer Lichterkette, die auf den einzelnen Ästen gleichmäßig verteilt war, und samtigen Schleifen geschmückt. Nun fehlte lediglich der Stern auf der Spitze. Diese besondere Ehre wurde, wie jedes Jahr, der kleinen Yuzu zugeteilt, die von ihrem Vater hochgehoben wurde und das Himmelsgestirn auf der höchsten Stelle der Tanne platzierte. Fertig! Jetzt stand dem morgigen Fest nichts mehr im Wege. »Also, ich weiß gar nicht, was daran jetzt so schlimm war.« Rukia hatte sich auf Ichigos Bett gesetzt und baumelte mit den Füßen. »Ach, wenn man es jedes Jahr machen muss, ist es schlimm!«, versicherte Ichigo. Er lukte über die Lehne des Bürostuhles, auf dem er verkehrtherum saß, und warf Rukia den berühmt berüchtigten »Geh gefälligst von meinem Bett runter!«-Blick zu. Natürlich ging sie der Aufforderung nicht nach und sah stattdessen aus dem Fenster, an dem Regentropfen hafteten und nach unten glitten. »Warum muss das Wetter in der realen Welt nur immer so schlecht sein? In der Soul Society liegt jetzt bestimmt schon zentimeterdick Schnee.« »Es ist nicht immer schlecht, nur dieses Jahr. Außerdem sind wir hier nicht in deiner heißgeliebten Soul Society!«, fauchte Ichigo und legte die verschränkten Arme auf die Stuhllehne. »So hatte ich das nicht gemeint«, beteuerte Rukia und starrte versonnen auf die Regentropfenperlen, die sich am Glas anhäuften und bei jedem Windzug, der sich draußen tat, einen wilden Tanz vorführten. Es wurde still im Zimmer; keiner der beiden verlor ein einziges Wort. Ichigo beäugte seine Mitbewohnerin unter geschmälerten Lidern. Zwar benahm sie sich generell ziemlich seltsam, nur hatte sich dieses Verhalten seit dem ganzen Tumult um Weihnachten verstärkt. Es schien, als sei ihre gute Laune seit zwei Tagen nichts weiter als Fassade. Und in schweigsamen Momenten, wie es dieser gerade war, legte sie jene Fassade völlig unbewusst ab und die bloße Wahrheit spiegelte sich in ihrem Gesicht. Und obwohl Ichigos Menschenkenntnis sich stark in Grenzen hielt, so konnte er sich dennoch zusammenreimen, was mit Rukia los war. Seit gestern wusste sie, dass Weihnachten das Fest der Liebe -, das Fest der Familie war, bei dem alle fröhlich beisammen waren, miteinander lachten und feierten. Doch Rukia kannte so etwas nicht. Sie hatte nicht einmal eine richtige Familie (zumindest konnte er den Eisklotz Byakuya nicht mit dem Wort ‚Familie‘ assoziieren). Als ihm das bewusst wurde, kam auf einmal das Gefühl von Mitleid in ihm auf. Und zugleich das Gefühl, ihr irgendwie helfen zu wollen. Nur wie? »Ach, Rukia«, brach er die Stille, »mir ist eingefallen, ich hab‘ noch was Wichtiges in der Stadt zu erledigen! Außerdem wollte ich noch mal schnell bei Keigo vorbeischauen, weil er ansonsten noch in Tränen ausbrechen wird.« Er stand auf und setzte zu gehen an, als Rukia fragte: »Und ich darf nicht mitkommen, oder wie soll ich das verstehen?« »Nein, darfst du nicht. Deine Anwesenheit stört mich sowieso nur!«, entgegnete er barsch. Für einen kurzen Moment glaubte Rukia , er hätte diese Bemerkung ernst gemeint - so überzeugend hatte sie geklungen. »Pah, mach doch, was du willst.« Sie wandte sich von ihm ab. Ohne darauf einzugehen, verließ er sein Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Beim Herunterlaufen der Treppe und dem Verlassen des Hauses zweifelte er über sein Vorhaben. Jetzt, wo er Rukias Gesicht nicht mehr vor Augen hatte, kam ihm die Idee völlig absurd vor. Nein, er würde sie doch nicht in die Tat umsetzen. Das wäre ja peinlich; sicher würde sie ihn sogar auslachen! Also entschloss er sich, das zu tun, was er für Rukia eigentlich als Lüge vorgesehen hatte: Keigo einen Besuch abstatten. Da hatte er sich ja etwas aufgebürdet. He will choose the only way to rid her of her pain Take her soul now, the decision has been made 【Sonntag, 24. Dezember 2006, 21:00Uhr, Karakura-Town - kalt und regnerisch】 »Immer noch so ein mieses Wetter…« Yuzu starrte enttäuscht aus dem Fenster im Wohnzimmer. »Papa, wird es denn heute nicht mehr schneien?« Isshin streichelte seiner Tochter über den Kopf. »Vielleicht schneit es ja noch, du musst nur fest dran glauben!« »Quatsch«, fiel ihm Karin sofort ins Wort, »jeder Blinde würde erkennen, dass es heute nicht schneien wird. Und morgen nicht und übermorgen auch nicht. Lass dir nichts erzählen, Yuzu!« Und obwohl sie sehr überzeugt von ihren Worten klang, erhoffte auch sie sich ein paar Schneeflocken, die den grauen Himmel kontrastierten. Zumindest sprach die Temperatur, die heute ihre Minusgrade erreicht hatte, für ein solches Wunder. Trotzdem bestand die Hoffnung nur aus einem kleinen Schimmer, der bei einem Blick aus dem Fenster sofort erlisch. Rukia hatte ihre Aufmerksamkeit auf den Weihnachtsbaum gerichtet. Zusammen mit einer kleinen Wandlampe war er das Einzige, das den Raum erhellte. Die Kugeln spiegelten das Leuchten der Lichterkette wider und nahmen einen orangeroten Glanz an, der dem einer lodernden Flamme glich. Der Stern saß mächtig auf der Spitze des Baumes und wirkte wegen seiner hohen Position beinahe wie ein echter - zumindest für Ichigos Schwestern, die den Baum noch größer wahrnahmen, als er eigentlich war. Unter der Tanne standen ein paar hübsch verzierte Päckchen, die einen größer, die anderen kleiner. Waren das etwa diese ‚Geschenke', die man an Weihnachten austauschte? Aber warum standen sie unter dem Baum? Und warum war da überhaupt ein Baum? Rukia konnte sich keinen Reim aus diesen seltsamen Traditionen machen - obwohl sie zugeben musste, dass das Gesamtbild wunderschön war. »Okay, ich glaube, wenn wir noch länger auf Schnee warten, öffnen sich die Geschenke von alleine!«, warf Isshin plötzlich in den Raum, »Seid ihr nicht dafür, dass wir das verhindern sollten?!« Wie aus dem Nichts zauberte sich ein Lächeln auf Yuzus Lippen. »Ja, bitte lass uns die Geschenke aufmachen, Ichi!« Ichigo seufzte und lächelte matt. »Paps wird wohl kaum noch länger warten können…« Alle standen auf. Ichigo machte, zu Rukia gewandt, eine Handbewegung, die sie dazu auffordern sollte, es ihnen gleichzutun. Sie ging der Geste irritiert nach und alle versammelten sich um den Tannenbaum, der, obwohl er nicht in der Mitte des Raumes stand, wirkte, als stünde er im Zentrum. Karin und ihre Schwester gingen auf die Knie und musterten die Päckchen. Auf jedem war ein Zettel angebracht, auf dem der Name der Person stand, an die es gerichtet war. Karin machte sich an dem großen Rundlichen zu schaffen, das auch Rukia aufgefallen war. Selbst während dem Öffnen strahlte ihr Gesicht - als wüsste sie bereits, was sich im Päckchen verbarg. Nachdem sie es vom Papier befreit hatte und sich ein neuer Fußball in ihren kleinen Händen fand, war sie hellauf begeistert. »Der ist von mir, Schatz! Ich dachte, es müsste mal ein Neuer her, da aus dem Alten so schnell die Luft rausgeht«, bemerkte ihr Vater mit einem Grinsen. »Boah, vielen Dank, Papa!« Währenddessen machte Yuzu sich an dem Geschenk zu schaffen, das von ihrem Bruder war. Zuerst tastete sie es ab, als wollte sie so erraten, um was es sich handeln könnte. Dann zerriss sie das Papier und holte zwei recht große, hellblaue Haarspangen hervor. Als hätte sie geahnt, dass Ichigo es ihr geschenkt hatte, wandte sie sich um und umarmte ihn - oder zumindest seine Beine, denn höher kam sie nicht. »Danke Ichi! Die sind wunderschön!« Er streichelte seiner kleinen Schwester liebevoll durchs Haar. »Du willst nicht wissen, wie mich die Verkäuferin angestarrt hat, als ich das gekauft habe.« Vor wenigen Tagen war er nach der Schule mit Rukia in die Kinderabteilung eines Einkaufszentrums gegangen und hatte diese Haarspangen für seine Schwester ausgesucht. Als er sie an der Kasse bezahlt hatte, hatten er und Rukia einen allessagenden Blick von der Verkäuferin geerntet. Nachdem er bezahlt und sie sich in Richtung Ausgang begeben hatten, hatte die Dame noch etwas vor sich hergemurmelt. Lediglich Fetzen wie »so jung« und »Eltern« hatten sie verstehen können. Daraus ließ sich aber schon einiges zusammenbasteln. Doch so genau wollte Ichigo es Yuzu nun doch nicht wissen lassen. Stattdessen meinte er: »Du kannst Ko-… äh, Bosstuff ja eine schenken!« Rukia musste sich die Hand vor den Mund halten, um nicht auf der Stelle loszuprusten. Kon würde sich mit großer Sicherheit sehr darüber freuen. Das Auspacken der Geschenke dauerte nicht allzu lang. Nachdem die beiden Mädchen fertig gewesen waren und sich für jede einzelne noch so kleine Kleinigkeit riesig gefreut hatten, machten Ichigo und sein Vater sich ans Werk. Letzterer bekam von seinen Töchtern einen neuen Rasierapparat geschenkt, mit Karins barscher Begründung, er solle öfter etwas gegen seinen Dreitagebart unternehmen, da einige Mädchen aus ihrer Klasse sie bereits gefragt hatten, ob ihr Vater denn in einer Krise stecke. Von seinem Sohn bekam er ein teures Aftershave. Die Begründung dafür hatte gewisse Parallelen mit der Karins, weshalb Isshin ein schmollendes Gesicht machte. Auf Ichigo wartete ein für ihr Alter äußerst gelungenes, selbstgemaltes Bild von Yuzu, auf dem die ganze Familie Kurosaki zu sehen war. Auch Rukia befand sich - zu ihrem Verwundern - darauf. Von seiner anderen Schwester bekam er einen Schlüsselanhänger und von seinem Vater ein Anmeldeformular für ein Fitnessstudio. »Ich will, dass mein Sohn in Form bleibt!«, verkündete er mit erwartungsvollem Blick. Ichigo sah nur verständnislos drein, begleitet von einem zischenden »Danke...«. Nun befanden sich aber noch zwei weitere Geschenke unter der Tanne. Ichigo dachte für einen Augenblick, dass Rukia ihm etwas geschenkt hatte. Aber nachdem er die beiden Schilder an den Päckchen gelesen hatte, stellte er fest, dass sie nicht von ihr, sondern für sie waren. Dies trug allerdings ebenso wenig zu seiner Erleichterung bei. »Die sind für dich, Rukia«, bemerkte er resigniert, obwohl er es sich eigentlich hatte denken können. Schließlich wusste seine Familie schon seit über zwei Monaten von ihrem Aufenthalt, und bei der ganzen Sympathie, die man ihr entgegenbrachte, wäre es eher verwundernd, hätten sie ihr nichts geschenkt. »F-Für mich…?« Ihre Augen weiteten sich. Sie starrte Ichigo ungläubig an. »Natürlich, denkst du etwa, du gehst leer aus? Du gehörst doch praktisch zur Familie!«, sagte Isshin, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt. »Aber… das wäre wirklich nicht nötig gewesen. Ich hab‘ ja nicht mal etwas für euch…« Rukia klang so gerührt und betroffen, dass man hätte meinen können, sie wäre den Tränen nahe. Ichigo sah sie schief von der Seite an. Er meinte zu glauben, sie noch nie so gesehen zu haben. Er legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Jetzt nimm sie schon an… schließlich sind sie für dich«, sagte er ruhig und wunderte sich im nächsten Moment über seine eigenen Worte. Rukia nickte zögernd, kniete sich unter die Tanne und holte die beiden Geschenke hervor. Das traurige, aber dennoch wunderschöne und - vor allem - ehrliche Lächeln, das auf Rukias Antlitz lag, würde Ichigo noch lange im Gedächtnis bleiben. Er freute sich für sie und war dankbar, dass seine Familie ihr diese Freude machte. Und das mit einer Mischung aus Schuldgefühlen, da keines der beiden Päckchen von ihm war. It's time I release you from this life Don't turn your back on paradise 【Sonntag, 24. Dezember 2006, 22:30Uhr, Karakura-Town - kalt und windig】 Rukia saß im Schneidersitz auf Ichigos Bett und musterte lächelnd das erdbeerrote Kleid mit der weißen Spitze, das sie von Isshin geschenkt bekommen hatte. Sie hielt es mit ausgestreckten Armen vor sich. »Dein Vater hat einen besseren Geschmack als diese Modemagazine!«, musste sie feststellen, während sie zu dem Heftchen auf dem Schreibtisch schielte. Aber sie bekam keine Antwort. Ichigo saß - wie sonst auch - verkehrtherum auf seinem Bürostuhl und streckte den Kopf hinter der Lehne hervor, während er sich mit verschränkten Armen darauf abstützte. Er starrte aus dem Fenster. Draußen beherrschte eine eisig windige Nacht die Welt. Zumindest hatte es endlich zu regnen aufgehört. »Ist irgendwas?« Er erschrak, als er ihre Frage hörte, und sah abrupt zu ihr auf. Dann verlor er sich wieder in seinen Gedanken. Eigentlich war daran überhaupt nichts peinlich. Und sie würde ihn sicher nicht dafür auslachen. Außerdem war es nur eine kleine Sache. Nichts Bedeutendes. Und dennoch etwas, das seinem Gewissen (und einem völlig anderen Gefühl) mit Sicherheit gut tun würde. Also fasste er sich ans Herz, nahm seinen Mut zusammen und sagte schließlich: »Also, eigentlich… ich hab‘ gestern nur gesagt, dass du nicht mitkommen darfst, weil…« Er wusste nicht, wie er es formulieren sollte. Reden - und vor allem über solche Dinge - war noch nie seine Stärke gewesen. Er brach den Satz ab, stand auf und bewegte sich auf die Kommode seines Bettes zu. Er schloss die Hand, die jetzt leicht zu zittern begann, um den Knauf der Schublade. Nach kurzem Zögern öffnete er sie, griff hinein und holte etwas hervor, das Rukia nicht sehen konnte, weil er ihr die Sicht versperrte. Nachdem er die Schublade wieder geschlossen und beide Hände um den Gegenstand gelegt hatte, hielt er in seiner Bewegung inne. Warum begann sein Herz auf einmal so seltsam unrhythmisch zu schlagen? Es war doch nichts weiter als ein blödes kleines Ding. Aber die Blicke, die Rukia ihm gerade in den Rücken bohrte, machten die Sache nicht gerade leichter. »Was hast du da, Ichigo?« Sein Verhalten wunderte sie sichtlich. Er war zwar ein Idiot, aber so trottelig wie jetzt hatte er sich bisher noch nie verhalten. Als wären ihre Worte eine Art Aufforderung gewesen, drehte Ichigo sich prompt um und hielt ihr ein ziemlich schlecht verpacktes und merkwürdig geformtes Geschenk vor die Nase. »Hier!«, rief er beinahe und sah sie mit einem hochroten Gesicht an. Sie verstand nur langsam, dass er ihr gerade etwas schenken wollte. Zögernd nahm sie das Päckchen an sich. Dabei behielt sie ihren Blick stets auf seinem Gesicht und wunderte sich, warum es diese Schamesröte angenommen hatte. Dann glitt sie mit ihren Fingern unter das Geschenkpapier und löste bedacht die Stellen, an denen schludrig angebrachtes Tesafilm haftete. Das tat sie mit einer solchen Behutsamkeit, dass es Ichigo fast schon wehtat. Jetzt konnte er seinen Blick nicht mehr von ihren geschmeidigen Händen richten. Und plötzlich, nur für einen Sekundenbruchteil, stellte er sich vor, wie diese Hände sein Gesicht berührten, zärtlich umschlossen und ihm Wärme spendeten. »…ohhh, Ichigo…!« Rukias Strahlen breitete sich über ihr ganzes Gesicht aus. Als Ichigo sah, dass sie den kleinen Plüschhasen aus dem Papier befreit hatte, wandte er sich ab und verschränkte die Arme. »…du magst doch Hasen…«, grummelte er etwas unverständlich in sich hinein. Rukia hielt das schneeweiße Stofftier vor sich und betrachtete es mit einem kindlichen Lächeln. Ihre Wangen nahmen einen sanften Rosaschimmer an. Für einen Moment schwiegen beide. Dann ergriff Rukia die Initiative, indem sie das Geschenk auf dem Bett ablegte, aufstand, und sich Ichigo gegenüberstellte. Ihre Augen strahlten eine ungewohnte Wärme aus, sodass man hätte meinen können, sie seien gerade zum Leben erwacht. »Vielen Dank, Ichigo… das ist wirklich schön« Ehrliche Worte und ein bezauberndes Lächeln. Bei dem Anblick verschlug es Ichigo glatt die Sprache. Er setzte sich stumm auf die Bettkannte und hoffte, die Hitze in seinen Wangen würde endlich verschwinden. Zu seiner Erleichterung ergriff Rukia wieder das Wort: »Ich hätte dir… und naja, deiner ganzen Familie auch sehr gerne etwas geschenkt, aber leider wusste ich nicht, was genau ich hätte holen sollen. Ich wusste ja nicht, was als Geschenk für Weihnachten angebracht gewesen wäre…« Sie kam einen Schritt näher auf ihn zu; zögernd, bedacht - ein bisschen ängstlich. »Aber jetzt, wo ich weiß, dass ein Geschenk praktisch alles sein kann…« Sie hielt kurz inne und nahm einen tiefen Atemzug. »…darf ich dir auch etwas schenken… Ichigo?« Ihre Augen schimmerten glasig - dennoch schien sie fest entschlossen. Ichigo wollte ihr eine Antwort geben, aber er konnte nicht. Wie gebannt starrte er in ihr Gesicht mit dem unbekannten, aber wunderschönen Ausdruck, der es zierte. Und als ob sie Gedanken lesen könnte, streckte sie eine ihrer Hände nach ihm aus, legte sie behutsam auf seine Wange, umschloss diese und spendete ihr Wärme. Dabei näherte sich ihr Gesicht dem seinen, bis sich ihre Lippen trafen und er ihren süßen Geschmack auf der Zunge schmecken konnte. Leider war es ein Moment von kurzer Dauer, auch wenn er sich anfühlte, als stünde die Zeit für wenige Sekunden still. Ihre Lippen lösten sich wieder voneinander, und dann umarmte sie ihn, herzlich und warm und liebevoll. »Frohe Weihnachten, Ichigo…« Wie von selbst umschlossen seine Arme den schmalen Körper. »Frohe Weihnachten…« Und hätten sie in genau diesem Moment aus dem Fenster gesehen, wäre das Wunder vollkommen gewesen. I wanted to deserve a place, a place beside you This time when I reached out my hand It reached all the way to heaven 【Sonntag, 24. Dezember 2006, 22:48Uhr, Karakura-Town - die erste Schneeflocke】 -:-:-:-:-:-:- e n d e --- Ganz doll fluffig und kitschig & nun ein bisschen überarbeitet, damit es sich schöner liest. Die Textpassagen stammen übrigens aus Dream Theaters Lied The Ministry of lost Souls. . Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)