Like a crimson sunrise or a waterblue sky full of cherry blossoms von Aka_Tonbo (Tatsu-Yukke) ================================================================================ Prolog: Thinking of you makes me feel like... --------------------------------------------- Thinking of you makes me feel like... Zerschlissene Schatten tanzen im Spiel des Windes, verwoben mit den Stimmen eines Sommertages Wäre ich eines dieser singenden Insekten, würdest du mein Lied dann in dir aufbewahren? Doch es ist töricht Illusionen in einen trüben Himmel zu zeichnen, eine Zukunft gemalt in schmelzendem Aquarell Das Überleben meiner Hoffnung ist nur gebunden an die unsichtbaren Seiten einer fiktiven Geschichte von ersehntem, ewigem Glück Wenn ich versuche alles richtig zu machen, finde ich den Weg nicht mehr zurück Verloren wie ein welker Schauer aus Kirschblüten, treibend auf gezähmtem Wasser Wann ist Liebe wirklich? Der Geruch einer vergangenen Erinnerung, so wage wie die Zuversicht eines Ertrinkenden, nur einen Herzschlag von einem neuen Anfang entfernt, bringt meine Vernunft zum schlafen Gleich einem alten Spielzeug, liegt die Realität, vergessen unter unzähligen Fragmenten meiner Gier, hungernd nach aufrichtender Wärme Warum ist Einsamkeit so mitleidlos? Der müde Regen färbt den Horizont rot, folgt dem Instinkt eines neuen Morgen Wenn ich die Augen geschlossen halte, brauche ich nicht weiter zu gehen Jeder Schritt ist wie das Laufen auf zerbrochenen Gelegenheiten. Hat Wahrheit nicht einen seltsamen Humor? Wenn ich mutig wäre würdest du alles verstehen, doch ich bin genau so schwach wie der Wille dich gehen zu lassen Es bleibt nur ein Wunsch... Kapitel 1: It´s not the beginning --------------------------------- Der junge Musiker konnte auch trotz der fortgeschrittenen Dämmerung, die Röte auf den peinlich berührten Gesichtern der jungen Frauen erkennen. Welche sich nun eiligst von ihm entfernten und dabei tuschelnd immer wieder einen kurzen Blick über ihre Schultern warfen. Wohl aus Angst, er könnte sie verfolgen. Oder, weil sie meinten, dieser Anblick wäre so grauenhaft, dass man einfach nicht anders konnte, als immer wieder hinzuschauen. Er konnte wahrlich von Glück reden, dass sie ihn nicht zu kennen schienen. Wäre er zwei fanatischen Fans in die Hände gefallen, hätte sich ihre Band hundertprozentig einen neuen Bassisten suchen können. Solche Mädchen waren in ihrem Hormonrausch doch unberechenbar, selbst wenn ihr Idol weniger freizügig daher kam. Yukke hörte das laute und mehr als belustigte Lachen Tatsuros, einige Meter über sich, welchem er diese Schmach auch schließlich wieder einmal zu verdanken hatte. Und als wäre dem nicht schon genug, musste er sich dabei auch noch gefallen lassen, das Satochi ihn ebenfalls aus sicherer Entfernung, mit seiner neu erstandenen Digitalkamera, fokussierte. Diese beiden Kerle waren doch einfach nur gestört! Er sollte doch langsam einmal verstanden haben, dass ein Abend, bei dem der Alkohol seinen festen Platz in ihrer Runde fand, immer irgendwie damit sein Ende fand, dass etwas unsagbar Peinliches den Ausklang ihrer Zusammenkunft einläutete. An die letzte Begebenheit, konnte er sich wirklich noch recht deutlich erinnern. Auch wenn ihm der Gedanke, trotz seiner nun eigenen unschönen Situation, ein leichtes Grinsen auf die Lippen legte. So hatte ihm ihr Leader damals schon etwas leidgetan. Als sich Tatsuro und Satochi, in einem Wahn aus allgegenwärtiger Stumpfsinnigkeit, dazu entschlossen hatten, ihren schlafenden und recht berauschten Gitarristen etwas herauszuputzen. Am Ende hatte dieser sich nett geschminkt und hübsch gestylt auf einem Foto wiedergefunden. Welches ihm seine empörte Mutter, auf ihrem Mobiltelefon, unter die Nase gehalten hatte, mit dem Wunsch ihr zu erklären, ob dies wirklich das geheime Hobby ihres Sprosses wäre. So, wie es in der dazu gehörigen SMS zu lesen gewesen war. Eigentlich, so fand Yukke, stand Miya der blaue Lidschatten und der verrucht rote Lippenstift doch ganz gut. Auch die Perücke mit den goldenen Locken, die sich so liebreizend um dessen bärtiges Gesicht legten, hatte diesen doch gleich noch viel entzückender erscheinen lassen. Die völlig fassungslose Mimik ihres, sonst so beherrschten, Leaders, als er Stellungnahme zu diesem Beweisen abgeben sollte, da Yaguchi-san es sich nicht hatte nehmen lassen, höchst persönlich ihren, wie sie so schön sagte, in seiner Neigung unschlüssigen Erben, aufzusuchen, war wirklich mit nichts zu bezahlen und eigentlich gleich noch einen Schnappschuss wert gewesen. Der sich auch nur kurze Zeit später, auf dem Handy ihres mehr als belustigten Sängers befand. Vielleicht hätten die beiden auch Miya, statt seiner, vor die Tür gesetzt, wenn dieser nicht schon seine Schmach für den heutigen Tag hinter sich gehabt, und somit versprochene Immunität besessen hätte. Es ging doch wirklich nichts über gute Freunde! Bei diesem letzten Gedanken, musste er jedoch feststellen, dass er noch immer hier draußen stand. Mit nichts weiter an, als seiner nachtschwarzen Shorts und den, im Farbton harmonierenden, Socken. Wenigstens in dieser Hinsicht, konnte man ihm nichts nachsagen. Doch modischer Kombinationsgeist hin oder her, langsam wurde es doch etwas frisch. Und er hatte keine Lust, hier noch länger, wie ein falsch platziertes Unterwäschemodel herumzustehen. Abermals, betätigte er den kleinen runden Knopf neben dem Namensschild, das mit schwungvoll, arrangierten Kanji auf den Bewohner -Iwagami- hinwies. Der noch immer aus seinem Wohnzimmerfenster schaute und nicht den Anschein erweckte, als würde er ihren Bassisten wieder herein und herauf lassen wollen. Tatsuros sadistische Ader, war wirklich unheimlich stark ausgeprägt. Yusuke fragte sich noch immer, wie sie es eigentlich geschafft hatten, ihn unbemerkt hierher zu befördern? So betrunken fühlte er sich momentan gar nickt, als dass er es nicht hätte mitbekommen sollen, wie man ihn fast vollständig entkleidet und letztendlich vor die Tür gesetzt hatte. Aber vielleicht hatte er das auch der abendlichen Luft zu verdanken, dass sein Geist nun weniger benebelt schien, als noch vor 10 Minuten. Und bei genauerer Betrachtung des Ganzen, wäre er jetzt auch viel lieber angeheitert. Somit würde er nicht die komplette Verlegenheit über sich ergehen lassen müssen, die sich so beharrlich in ihm ausbreitete. "Hey Yukke-chan...", hörte er plötzlich die wohl bekannte und leicht lallende Stimme Tatsuros, der sich ein Stück weit mehr aus dem Fenster gelehnt hatte, um einen besseren Blick auf seinen Freund, mit der eigenwilligen Frisur haben zu können. "...du darfst erst wieder rein, wenn du für uns tanzt… aber es muss sexy aussehen..." "HAST DU SIE NOCH ALLE!?", hallte es daraufhin durch die Nacht. Etwas erschrocken über die Lautstärke, die er hier angeschlagen hatte, drehte sich Yukke nun nach allen Seiten um, mit der gedanklichen Bitte, dass es hoffentlich niemand vernommen, oder er sonst irgendeine Art von Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte. Doch allem Anschein nach, interessierte sich niemand für das späte Gebrüllt. Die Nachbarn waren solche Szenarien, in der Umgebung Tatsuros, wohl schon mehr als gewohnt und registrierten es gar nicht mehr, wenn eine halbnackte Person hier ihren Frust kundtat. "Ach, nun sei nicht so verklemmt...", leierte es erneut, worauf sich auch Satochi zu Wort meldete. Mit dem Hinweis, er solle sich gefälligst mit seinem Auftritt beeilen, da auch der leistungsfähigste Akku nicht von unendlicher Energie gespeist werden würde. Ohne sich noch einmal akustisch, an die beiden Männer im zweiten Stock zu wenden, hob Yukke einfach nur seine Hand, zeigte daraufhin freundlich den Mittelfinger und fand sich damit ab, hier wohl noch eine ganze Weile stehen zu dürfen. Oder aber er würde in seiner jetzigen Aufmachung einfach nach Hause gehen. Doch er bezweifelte stark, dass er dort auch ankommen würde. Diese Stadt war groß und in manchen Fällen genau so unberechenbar, wie ein gewisser Sänger mit langen, dunklen Haaren und einem viel zu ausgeprägten Ego. Und selbst wenn er nicht einem durchgedrehten Irren zum Opfer fallen würde, dann würde ihn sicherlich die Polizei einsammeln und ihn wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses anzeigen. Nachdem er somit aufgegeben hatte zu hoffen, dass der Verstand seiner Freunde, vielleicht doch noch den Weg durch die scheinbar pürierte Hirnmasse an die Oberfläche finden würde, hatte sich Yukke auf einer der Stufen, der mit einem Schauer überdachten Treppe, niedergelassen, die zum Eingang des Wohnhauses führte, in welches man ihm noch immer den Zutritt verweigerte. Das abrupte Klicken, das er kurzdarauf hinter sich wahrnahm, ließ allerdings darauf schließen, dass jemand im Begriff war, eben diese Tür öffnen zu wollen. Und noch bevor er sich hätte irgendwo verstecken können, trat eine ältere Frau aus dem Gebäude und musterte die Erscheinung, die sich so unerwartet und freizügig vor ihr präsentierte, mit überraschtem Blick. Hatte es ihn vor wenigen Augenblicken noch etwas gefroren, so überrollte Yukke nun eine unangenehme Hitzewelle, im Wissen dieser Blamage schutzlos ausgeliefert zu sein. Fehlte nur noch der plötzliche, schrille Aufschrei des Entsetzens, dass hier ein Perverser sein Unwesen trieb. Was folglich doch noch sämtliche Nachbarn alarmieren und seiner Erniedrigung die Krone aufsetzen würde. Prüfend rückte die greise Dame ihre Brille etwas zurecht, bevor sie dem jungen Mann schließlich ein freundliches Lächeln schenkte und ihn fragte, ob er der Überraschungsgast sei, den ihre Freundin zu ihrer heutigen Feier geordert hatte, um ihren achtzigsten Geburtstag gebührend zu zelebrieren. Bei dieser Frage, wurde Yukke leicht flau. Denn irgendwie war die Vorstellung, von einer Herde alter, nach jungem Fleisch lüsterner Senioren angestiert zu werden, etwas, das ihn erschaudern ließ. Doch es war die Gelegenheit, wenigstens erst einmal wieder ins Haus zu kommen. Also nickte er leicht und bei dem Hinweis, dass er nicht eher mit seiner Nummer anfangen solle, bis sie wieder von ihrer Besorgung zurückgekommen sei, um dessen Auftritt beizuwohnen zu können, schüttelte es ihn abermals. Hier war Iwagami auf jeden Fall nicht alleine, mit seinen verqueren Ambitionen. Kurz überlegte Yukke, ob es überhaupt Sinn machen würde, sich an der Wohnungstür Tatsuros bemerkbar zu machen. Denn wenn dieser verfolgt haben sollte, wie jemand das Haus verlassen hatte, so konnte er sich vielleicht auch denken, wer hier um Einlass bat. Aber denken war nicht unbedingt eine Eigenschaft, von der Tatsuro oft gebraucht machte. Schon gar nicht in seinem derzeitigen Zustand. Also war es durchaus einen Versuch wert. Er hatte ja schließlich nichts zu verlieren. Und tatsächlich machte man ihm auf. Nachdem er nur sechs Mal hatte klopfen und klingeln müssen. Doch war es nicht der Mieter, der Erbarmen mit ihm zeigte, sondern ein ziemlich zerzauster Miya, der sich wohl nur dazu hatte durchringen können, ihm die Tür zu öffnen, weil ihn das anhaltende Gelärme nicht hatte schlafen lassen. Nachdem Miya dann auch erkannt hatte, wem er die Störung seiner Träume zu verdanken hatte, schlurfte er unter unverständlichen Gemurmel wieder zurück ins Wohnzimmer und nahm seinen Platz auf der zerwühlten Couch wieder ein. Nur um keine Minute später, wieder seelenruhig zu schlummern. Etwas verwundert, keinen der anderen Beiden hier vorzufinden, suchte sich Yukke rasch seine Kleidung wieder zusammen und hüllte sich in einer fast Rekordverdächtigen Geschwindigkeit wieder ein. Für heute hatte er eindeutig genug Zeit damit verbracht, Freikörperkultur zu betreiben. Als er sich daraufhin davon überzeugt hatte, dass sich weder Tatsuro noch Satochi in dem Apartment befanden, war Yukke nicht ganz sicher, ob er nun nach Hause gehen oder doch lieber hier bleiben sollte, damit sich keiner fragen musste, wo er abgeblieben sei. Auch wenn er sich letztendlich auch nicht erklären konnte, wo sich die zwei Verrückten befinden sollten. War vielleicht etwas passiert? In dem Zustand, in dem sich ihr Drummer samt Sänger befand, wäre das durchaus eine Möglichkeit. Nur wann und wo sollte dies geschehen sein? Nirgendwo war eine Spur, die auf ein dramatisches Ereignis schließen ließ. Mal abgesehen von den unzähligen Flaschen, welche sich nett, nach dem Chaosprinzip, im gesamten Wohnzimmer arrangiert befanden. Sein Blick richtete sich auf das Fenster, welches noch immer sperrangelweit geöffnet war und somit einigen Motten als Einladung galt, einzufliegen, um sich um das Licht des Deckenfluters zu versammeln, der als einzige Lichtquelle den Raum erhellte. Auch wenn Yukke sich nicht vorstellen konnte, dass das plötzliche Verschwinden seiner Kollegen etwas mit dem Fenster zu tun haben könnte, so ging er die wenigen Meter hinüber und blickte etwas zögerlich auf den unterhalb liegenden Gehweg und die Nische, wo sich einige der Fahrräder der Hausbewohner befanden. Aber nichts war von den Vermissten zu sehen. Selbst wenn es albern war, aber die Option zweier, zermatschter Musiker auf dem Bordstein, konnte er schon einmal abhaken. Also wandte er sich wieder dem Inneren des Raumes zu, als plötzlich ein Schatten den Weg auf die Fensterbank fand und Yukke mit großen, gelben Augen musterte. "Te...,Teto…, wo kommst du denn her?" Der Kater maunzte etwas heißer. Als wolle er ihm dies tatsächlich erklären. Bis Yukke einfiel, dass Tatsuro diesen meist im Schlafzimmer einquartierte, wenn seine Kollegen bzw. ER bei ihm vorbeischauten. Er wusste, dass sein rotblonder Freund nicht so recht mit Katzen klarkam, seit ihm als Kind mal eine, ein paar reichlich schmerzhafte Kratzer verpasst hatte, weil er sie in seiner Unverdrossenheit geärgert hatte. Nun war es nicht so, dass er Katzen hasste. Er würde es eher als Respekt bezeichnen. Der sich trotz Tatsuros unzähliger Versuche, ihn mit den wuscheligen Vierbeinern doch noch anzufreunden, kontinuierlich in ihm gehalten hatte. Also musste der Stubentiger die Gelegenheit genutzt haben zu entkommen, als er bei seiner Suche in alle Räumlichkeiten geblickt hatte. Erneut drang ein Miauen an seine Ohren, wie zur Bestätigung seiner Gedanken, und kurz war Yukke dazu verleitet versöhnlich zu schmunzeln. Nur wo waren nun diese beiden Idioten abgeblieben? Aber bevor er sich weiter umschauen würde, schien es ihm sicherer das Fenster zu schließen. Nicht das sich Teto, in einem Akt der Selbstüberschätzung, die in diesem Haushalt vielleicht zur Grundausstattung gehörte, in den Abgrund stürzte. Einzig wegen dem Versuch die nachtschwärmerische Insektenwelt in Aufruhr zu versetzen. Doch machte sich der Kater anscheinend einen Spaß daraus, zu bleiben wo er war. Anstatt Yukke den Gefallen zu tun, von selbst seinen Platz zu verlassen, damit er sein Vorhaben auch umsetzen konnte. "Sei ein liebes Kätzchen", zirpte Yukke nun etwas unbeholfen und wurde das Gefühl nicht los, dass dieses Tier sehr wohl verstand, was er von ihm wollte, als er mit einer Hand auf die Couch klopfte, um ihm deutlich zu machen, dass es dort doch viel bequemer wäre. Teto musterte ihn folglich mit einem Blick, der in darauf verweisen sollte, dass er sich da schon was Besseres einfallen lassen müsste. Aber weil er nun mal keine Ahnung im Umgang mit Katzen hatte, wusste er den Ausdruck nicht zu deuten und versuchte es abermals mit Polsterklopfen. Dem einzig und allein ein schlafender Miya folgte, indem er sich in dessen Richtung rollte. Wüsste Yukke nicht, dass es Tieren unmöglich war zu grinsen, hätte er glatt angenommen, Teto hätte gerade eben dies getan. Tatsuro schien wirklich prägend für den Charakter dieses Fellträgers gewesen zu sein. Unschlüssig, was er nun tun sollte, da er die Alternative, den Vierbeiner einfach zu packen und ihn woanders zu platzieren, vehement ausblendete, tauschte er noch eine Weile zweifelnde Blicke mit dem Kater, bis ihm ein grandioser Plan durch seine Gehirnwindungen preschte. Wenn Teto nur halb so viel von Tatsuro in sich vereinte, wie angenommen, würde dies auf jeden Fall funktionieren. Flugs huschte er in die Küche und nachdem er einige Schränke und deren minimalistischen Inhalt observiert hatte, fand er schließlich das Gesuchte. Stolz, das wilde Tier doch noch dazu gebracht zu haben, seine Position am Fenster, mit der vor einem reich gefüllten Futternapf zu tauschen, ließ Yukke sich auf die Couch sinken. Und bewirkte durch das Nachgeben des Polsters, dass der neben ihm ruhende Gitarrist, ein Stück zur Seite kippte und dessen Gesicht nun gänzlich in einem der Kissen versank, welches dieses Möbelstück zierte. Dies brachte Yukke dazu, sich vorsichtig über seinen alten Freund zu beugen, um sicher zu gehen, dass dieser noch genügend Sauerstoff zu sich würde nehmen können. Noch einmal ging er die Möglichkeiten durch, wo sich die beiden Vermissten ausfindig machen lassen könnten, als ihn unerwartet lautes Geschwätz aus Richtung des Hausflures aufmerksam werden ließ. Schließlich ging er zurück zur Wohnungstür und öffnete diese kurzerhand, worauf sein Gehör gleich von einem schräg geschmetterten Enka-Klassiker und dazugehöriger Musik in Besitz genommen wurde. Wie oft hatte er dies schon miterleben dürfen? Diese Stimme war einfach unverwechselbar und somit war es auch eindeutig, wer sich da so inbrünstig die Ehre gab. Mit wenigen Schritten stieg er die Absätze hinauf, bis in den dritten Stock. Der Flur brachte insgesamt sechs Türen unter, von denen eine nicht geschlossen war und somit die Quelle der wohl anstehenden Feierlichkeiten darstellte. Doch warum um alles in der Welt, war jemand scharf darauf, das wortwörtliche Gejammer eines ziemlich angeheiterten Satoschis hören zu wollen? Da hatte ja eine Katze, der man auf den Schwanz trat, mehr Tongefühl. Langsam näherte er sich dem ausgelassenen Treiben, war sich jedoch nicht sicher, ob er nun so einfach eintreten oder sich doch erst einmal, anstandshalber mit Klingeln oder Klopfen, bemerkbar machen solle. Doch er war sich sicher, dass es eh nicht wirklich viel Sinn machen würde, denn bei dem Radau, bekäme das wohl kaum einer mit. Immer noch am Abwägen, was er nun tun solle, näherte sich ihm unbemerkt eine Person. "Na junger Mann, warten sie bis sie aufgerufen werden?" Erschrocken wandte sich Yukke der Stimme zu und erkannte die Dame, der er es zu verdanken hatte, wieder zu seiner Kleidung gefunden zu haben. Also handelte es sich hier wohl um besagte Geburtstagsfeier. Aber war nicht die Rede davon, dass hier jemand 80 geworden war? Dem Tumult nach zu urteilen, hätte er vermutet, dass hier jemand eine Party zu dem Erreichen seines 20. Lebensjahres schmeißen würde. Aber wenn er so recht darüber nachdachte, war es auch nicht gerade üblich, dass sich eine betagte Achtzigjährige einen Kerl einlud, der vor ihr und anderen Gästen die Hüllen fallen ließ. In diesem Haus war wohl jeder etwas neben der Spur? Noch immer blickte er die kleine Frau mit den ergrauten Haaren an, ohne auf deren Frage geantwortet zu haben. Diese ließ sich von der Schweigsamkeit der Jugend jedoch nicht irritieren und packte diesen kurzerhand am Arm und zog ihn mit sich, hinein in das Getümmel. Es schien, als wären sämtliche Bewohner hier zu Gange. Freundlich begrüßte man Tsukahara-san, als sich diese mit ihrem etwas verschüchterten Anhängsel an den Gästen vorbei bewegte, in Richtung...? Yukke hatte keine Ahnung, wohin er gelotst wurde, bis er schließlich eine Gestalt ausmachen konnte, die durch ihre Größe und ihr dunkles Lachen ziemlich aus der Masse hervor stach. "Hey Ta-kun, ich hab hier was für dich." Und ehe er sich versah, wurde Yukke in Richtung ihres Sängers dirigiert und Tsukahara-san verabschiedete sich vorerst mit einem kecken Zwinkern von ihrer neuen Bekanntschaft. "AHHHHHHHHHHHHH Yukke, da bist du ja..." Das Gewicht, mit dem ihm Tatsuro nun auf die Schultern drückte, ließ Yusuke ein Stück in die Knie gehen. "Wo warst du denn die ganze Zeit?", erkundigte sich Tatsuro, wobei Yukke Mühe hatte diesen Text zu entschlüsseln, da sich der Alkoholpegel seines Freundes recht deutlich auf dessen Sprachzentrum ausgewirkt hatte. "Und warum hast du überhaupt schon wieder so viel an?" Bei dieser Feststellung zerrte Tatsuro recht unkoordiniert an der Kleidung seines Freundes herum, als wolle er diesen erneut davon befreien. Genervt versuchte dieser sich von dieser Attacke zu befreien, was zwar nicht so einfach, aber schließlich doch erfolgreich war. "Ich finde es wirklich nett, dass dir aufgefallen ist, dass ich wieder Stoff auf meiner Haut trage. Und noch netter finde ich es, dass du mich hättest bis morgen früh vor der Türe stehen lassen, weil dir in deinem Tran entgangen wäre, dass ich noch dort unten stehe! Fast NACKT!! Das letzte Wort sprach er so energisch aus, dass mit einem Male etliche Augenpaare auf ihnen ruhten. Wo war er denn hier nur gelandet. Man hätte meinen können, dass keiner der hier Anwesenden es mitbekommen hätte, wenn der Tenno höchst selbst vor dieser Wohnung ein Orchester hätte aufspielen lassen. Doch kaum erwähnt jemand das Wort -nackt- wurden alle hellhörig. Das sah Tatsuro wohl auch als Aufforderung, sich ebenfalls zu diesem Thema zu äußern. Aber Tatsuro wäre nicht Tatsuro, wenn er nicht etwas zum Besten gegeben hätte, das völlig sinnfrei gewesen wäre. Lasziv legte er nun einen Arm um die Hüfte seines Freundes und zog diesen zu sich heran. Mit einen schmutzigen Grinsen meinte er schließlich, dass es sein lieber Freund hier bevorzuge, nachts nackt durch die Gegend zu laufen, da es sich dabei um seinen ganz persönlichen Spleen handelte, um seine sexuelle Fantasie besser ausleben zu können. Bei jedem Wort, das über die Lippen Tatsuros kam, hatte sich Yukke auf etwas durchaus Dämliches gefasst gemacht, aber das, was er schließlich hier so selbstverständlich kundtat, war dann doch zu viel. Es lief definitiv immer darauf hinaus, dass Tatsuro irgendjemanden lächerlich machen musste, nur um sich selbst ins Rampenlicht zu rücken. Und nur weil er betrunken war, hieß das nicht, dass er es im nüchternen Zustand nicht genau so gehandhabt hätte. Wutendbrand verpasste Yukke Tatsuro einen kräftigen Fausthieb auf den Brustkorb, worauf dieser vor Schmerz aufjapste und somit auch von ihm abließ. Sogleich entfernte er sich von diesem und beschloss, den Abend nun gänzlich für sich zu beenden. Für ihn hatte es sich erledigt. Er wollte einfach nur noch nach Hause. Kapitel 2: It´s always the same ------------------------------- Immer noch aufgebracht über die Vorführung, die Tatsuro auf seine Kosten hatte gehen lassen, lag Yukke in seinem Bett und starrte in die Dunkelheit seines Schlafzimmers. Auch wenn er spürte, dass sein Körper müde war, so konnte er keinen Schlaf finden, da ihn seine Gedanken einfach nicht über die Grenze gehen lassen wollten. "Verdammter Idiot!", knirschte er zwischen seinen Zähnen hervor und drehte sich energisch auf die Seite, nur um weiter vor sich hin zu stieren. Er kannte diesen großen, schmalen Kerl nun schon so lange und sie hatten so viele Dinge zusammen erlebt und überstanden, die doch ein jeder als Basis für eine stabile Freundschaft legen würde. Doch in ihrem Falle schien nur er daran zu glauben, dass zu einer richtigen Freundschaft auch Respekt gehörte. Nie würde er einen Freund, nur zur Belustigung Anderer bloßstellen, kannte er das Gefühl, das sich damit verband, doch leider nur zu gut. Und das Traurige war, dass es sich nicht um irgendeine Person handelte, die ihm ein um das andere Mal zu schaffen machte, und die ihm letztendlich hätte egal sein können. Nein, es war ausgerechnet einer der Menschen, von dem er sich wünschen würde, dass er sich wenigstens ab und zu einmal darüber Gedanken machte, was er mit seinem Verhalten Anderen und speziell seinen Freunden antat. Yukke war sich sicher, dass niemand sonst, das Wort Freund mit solch einer selbstbezogenen Person in Verbindung bringen würde. Bestimmt würde jeder Außenstehende ihm sagen, dass er sich das nicht bieten lassen und er die Beziehung, um seiner selbst Willen, beenden sollte. Doch es hing so viel mehr an so einer Entscheidung, als dass er sich einfach hätte lossagen können. Doch dass er nun hier in seiner Wohnung, in seinen Schlafzimmer, in seinem Bett lag und sich schlecht fühlte, weil er nicht sagen konnte, was genau ihn überhaupt noch daran glauben ließ, er und Iwagami wären richtige Freunde, zeigte, dass es ihm immer wieder zu schaffen machen würde. Und nur ihm. Tatsuro lag wohl schon unter irgendeinem Möbelstück und träumte nun dümmlich grinsend irgendeinen schmierigen Unsinn, ohne nur einen Gedanken daran verschwendet zu haben, dass er wieder jemanden ziemlich vor den Kopf gestoßen hatte. Das war die Leichtigkeit des Seins, wie sie so typisch für Tatsuro war. Vielleicht sollte er einfach mal auf die gleiche Art agieren. Ohne Rücksicht auf Verluste einfach tun, was ihm in den Sinn kam. Doch würde das seine Probleme und Zweifel auf die Dauer auch nicht auflösen können. Im Gegenteil. Es würde wohl alles nur noch schlimmer machen. Zwei Charaktere mit solch einem Gebaren, die aufeinander losgehen, wäre gleichzusetzen mit dem Kampf Godzilla gegen King Kong. Auch wenn die Vorstellung etwas skurril daherkam, so traf es dieser Vergleich doch ganz gut. Yukke hatte dieses Streifen schon oft genug gesehen und wusste daher um den Ausgang dieses 50iger Jahre Horrormachwerkes. Und auch wenn er letztendlich wohl kaum mit Tatsuro zusammen ins Meer stürzen würde, so war der Ausgang doch gewiss und zurückbleiben würde nur ein Schlachtfeld aus unüberlegten Worten und verletzenden Behauptungen. Er wusste, wie engstirnig Tatsuro sein konnte. Dass er sich in manchen Dingen, und seien sie noch so belanglos, so festbeißen konnte, um seine Meinung zu vertreten, dass er darüber völlig das Wesentliche vergaß. In solch einem Fall braucht es immer jemanden, der bereit war nachzugeben. Jemanden, der es gewohnt war zurück zu stecken. Jemanden wie ihn. Am Ende war auch das der Grund, warum eine Freundschaft, wie ihre überhaupt erst funktionierte. Weil er, Fukuno Yusuke, seinen eigenen Stolz immer zu zügeln wusste? Nur war das nicht fast schon gleichzusetzten mit Selbstaufgabe? Wenn er keinen eigenen Willen mehr verkörperte, wer war er denn dann schon? Das plötzliche Läuten seines Handys, riss ihn kurzerhand aus seinen Überlegungen. Das Display verriet, dass es sich bei dem Anrufer um Miya handelte und so nahm er schließlich ab. "Ah Miya-kun, was gibt es denn?" "Yukke, wo bist du denn jetzt?", wollte dieser wissen und schickte ein gequältes Stöhnen in den Hörer, da sein dröhnender Kopf wohl ziemlich deutlicher auf sich aufmerksam machte. Yukke ging demzufolge davon aus, dass Miya wohl gerade erst zurück zu den Lebenden gefunden hatte, da dessen Stimme recht belegt klang und er noch etwas mit der korrekten Aussprache seines Textes zu kämpfen hatte. "Ich bin zu Hause. Ich hatte keine Lust mehr für Tatsuro den Clown zu spielen." Kurz trat Stille ein und Yukke war sich nicht sicher, ob sich Miya überhaupt noch am anderen Ende der Leitung befand. "Hat er es also mal wieder geschafft?", entgegnete dieser schließlich doch noch mit einem leichten Seufzen und Yukke konnte sich seinen Gesichtsausdruck dazu recht gut vorstellen. "Ich bin einfach unbelehrbar was ihn angeht. Dabei müsste ich es doch besser wissen. Aber in dieser Hinsicht bin ich wohl einfach zu naiv." "Ach, nun lass dich deswegen nicht fertig machen, ", versuchte es Miya mit aufbauenden Worten, "...wir sind schließlich alle schon Opfer seiner Eigenheiten geworden. Tatsuro ist halt eine Einheit für sich." Kurz schloss Yukke seine Augen, um sich das Gesagte zu verinnerlichen. Selbst wenn Miya Recht hatte, so war er doch um einiges sensibler, als seine beiden anderen Kollegen, als dass er es einfach immer nur abtun könnte, wenn Tatsuro über die Stränge schlug und das auf seine Kosten. "Ich weiß Miya, ...ich weiß... Ich werde drüber schlafen und morgen hab ich es dann auch schon wieder überwunden.", gab er diesem schließlich Recht und nachdem man noch ein paar wenige Worte gewechselt hatte, beendete Yukke das Gespräch. Er hatte seine Lider gesenkt, aber auch die Unterhaltung mit Miya hatte ihm seine Anspannung nicht nehmen können. So öffnete er sie wieder, um daraufhin mit dem fortzufahren, was er vor dem Anruf getan hatte. * Ein leises Murren entwisch Yukke, als er auf die mechanische Anzeige seines Weckers blickte, die ihn wissen ließ, dass er nun schon seit zwei Stunden darum bemüht war Ruhe zu finden. Kurzerhand schlug er seine Bettdecke zur Seite und erhob sich von seinem Schlafplatz, um daraufhin in Richtung Wohnzimmer zu tapsen, wo er sich schließlich in dem großen, orangenfarbenen Sessel nieder ließ. Dieser Platz verschaffte ihm immer eine gewisse Ausgeglichenheit. Schon allein der sonnige Ton verhalf ihm, sich ein stückweit entspannter zu fühlen. Eigentlich passte dieser so überhaupt nicht zu seiner restlichen Einrichtung, doch er hatte sich damals einfach in dieses Stück verguckt. Ein sinnierendes Lächeln umspielte sein Lippen, als er über den weichen Stoff der Armlehne strich und daran dachte, mit was für einem Aufwand er und die anderen drei Jungs dieses Teil zu ihm nach Hause und schließlich hier hoch befördert hatten. Er konnte gar nicht zählen, wie oft Tatsuro ihn dafür verflucht hatte, ihn dazu genötigt zu haben, seinen Rücken mit dieser Aktion so zu strapazieren. Allein den Sessel durch das enge Treppenhaus und die schmalen Türen zu manövrieren, war eine Kunst für sich gewesen. Aber es war die Mühe wert, zumindest aus seiner Sicht. Mit einem zielsicheren Griff zur rechten Seite, schnappte er sich die Fernbedienung. Vielleicht würde ja im TV etwas laufen, das ihn einzulullen wusste. Nach etlichem Hin- und Her gezappe befand er aber, dass nichts seine Aufmerksamkeit in dem Masse verdient hatte, als das es den Bildschirm seines Fernsehgerätes hätte zieren dürfen und schaltete diesen kurzerhand wieder aus. Etwas unschlüssig, mit welcher Tat er sich nun beschäftigen sollte, fiel sein Blick auf den beachtlichen Stapel an Zeitschriften und Broschüren, die er in einer Ecke des Raumes angehäuft hatte. Immer mit dem Gedanken, diesen früher oder später einmal durchschauen zu wollen. Also erhob er sich wieder, schlang sich seine rote Kuscheldecke um und hievte die erste Hälfte des Papierturmes auf den Tisch, neben seinem eben verlassenen Sitzplatz, um diesen auch gleich wieder auszufüllen. Mal mehr, mal weniger interessiert überflog er Flyer, Magazine und Werbezettel. Schüttelte manchmal seinen Kopf, wenn es darum ging die unnötigsten Dinge an den Mann oder die Frau bringen zu wollen. Und studierte neugierig die neusten Analyse über das Einkaufsverhalten von Singlemännern in Großstädten zum Frühlingsbeginn. "Wer hätte das gedacht?", meinte er nach einiger Zeit recht fasziniert und wandte sich darauf dem nächsten Heft zu. "Holidays on the beach", las er die einladende Überschrift, in etwas holprigem englisch, laut und überflog das Südseeflair vermittelnde Cover dieses Reiseprospektes. Auf welchem man türkisblaues Wasser gesäumt von einem weißen Strand ausmachen konnte, an dem sich ein einsames Pärchen von der Sonne verwöhnen ließ und dabei strahlten, als wären dies die Erfüllung all ihrer Träume. Wie lange war es eigentlich her, dass er davon sprechen konnte Urlaub gemacht zu haben? Und damit meinte er nicht die wenigen Tage, die man ihnen ließ, wenn mal eine Tour zu Ende gegangen war. Oder die Aufnahmen für ein Album ihren Abschluss gefunden hatten. Er konnte sich gar nicht mehr so recht daran erinnern. Schließlich landete das Heft, mit seinen freudig lächelnden Darstellern, wieder in der Ecke, aus welcher es kurz zuvor heraufbefördert worden war. Nun hatte ihn doch das Gefühl eingeholt, sich hinlegen zu wollen. Damit er wenigstens die letzten paar Stunden noch etwas Schlaf fand, bevor es wieder hieß, mit vollem Elan einen Tag ihrer Bandgeschichte zu füllen. *** Nachdenklich verfolgte Yukke den blauen Dunst mit seinen braunen Augen, welchen er gerade aus seinen Lungen entlassen hatte, bevor er den letzten Rest seiner glimmenden Zigarette ausdrückte und in dem dafür vorgesehen Behälter entsorgte. Dem bitteren Geschmack, der sich nun in seinem Mund ausgebreitet hatte, wirkte er mit einem dieser neumodischen Pfefferminzdrops entgegen. Welche, laut Hersteller, auch das Wunder vermochten ihm gleichzeitig die Zähne zu säubern. Doch Yukke zog es dennoch vor, dies auf die gute altmodische Art und Weise zu betreiben und verlangte der kleinen, weißen Erfrischungspasstille nur ab, dass diese dem herben Tabakaroma auf seiner Zunge entgegenwirkte. Eigentlich war es wirklich eine unschöne Angewohnheit. Aber bis jetzt hatte jeglicher Versuch, mit dem Rauchen aufzuhören, damit geendet, dass ihn eine Stresssituation nach der anderen heimgesucht hatte. So als würde das Chaos nur darauf gewartet haben ihn quälen zu können, bis seine Selbstbeherrschung völlig am Boden war und er schließlich wieder zu einem dieser Nervenberuhiger gegriffen hatte. In dieser Hinsicht bewunderte er Tatsuro schon für seine Entschlossenheit. Dieser hatte es wirklich geschafft dem Rauschen zu entsagen. Auch wenn dies keine leichte Zeit für ihn gewesen war. Immerhin war er fast ständig von Leuten umgeben, die mit Vorliebe dieser Sucht frönten und es sich auch nicht dadurch verderben ließen, weil einer meinte, er müsse jetzt plötzlich aus der Reihe tanzen . Doch Tatsuro hatte es durchgezogen und hielt bis heute daran fest. Manchmal war dessen Willensstärke wirklich beeindruckend. Ein letztes Mal genoss Yusuke die Ruhe, die sich um ihn herum befand, bevor er den Hinterhof durch die schwere Metalltür wieder verließ und zurück in das Gebäude kehrte, wo sie zu proben pflegten. Auch wenn er die halbe Nacht nicht zu ihrem eigentlichen Zwecke genutzt hatte, so war er doch wieder recht zeitig munter geworden und hatte den Tag ohne Hektik in Angriff genommen. Dieser Montagmorgen hatte sich auch wirklich von seiner schönsten Seite gezeigt. Als er das Haus verlassen hatte, war die Sonne schon vor einiger Zeit aufgegangen, doch konnte man noch etwas von dem Farbenspiel erhaschen, welches sich beim Anbruch des Tages am Firmament ereignet hatte. Auch die Luft war angenehm frisch gewesen, wie sie es nur am frühen Morgen zu sein vermochte, bevor sich die Massen von Menschen und Verkehrsmitteln erneut durch die Stadt wälzten und diese in ihren typischen, ungesunden Smog hüllten. Wenn er sich seiner guten Laune auf Grund eines simplem, klaren Tagesbeginn so bewusst wurde, sollte er wohl doch mal wieder einen Versuch in Angriff nehmen mit dem Rauchen aufzuhören. Als er den etwas unordentlich erscheinenden Raum, in welchem schon so einige musikalische Glanzlichter ihres Schaffens geboren worden waren, betrat, war es noch immer still. Keiner der Anderen war in der Zwischenzeit eingetroffen und so beschloss er, es sich noch etwas auf der Couch in der Ecke bequem zu machen. Vielleicht um auch noch etwas vor sich hin zu dämmern. zzZZ Wie vom Blitz getroffen schreckte Yukke auf und ehe er sich versah, fand er sich auf dem Fußboden zwischen Couch und dem davor aufgestellten Tisch wieder, welchen er bei seinem Sturz kurz aber merklich mit dem Kopf gestreift hatte. Überrascht blickte er sich um, während er mit einer Hand über die schmerzende Stelle an seiner Stirn fuhr. Doch niemand war zu sehen, bis er sein Haupt um ein paar wenige Grad nach oben bewegte und in das Gesicht Tatsuros schaute. "Hab ich dich geweckt?", folgte die Frage, dessen Beantwortung sich wahrlich erübrigt hatte. "Hättest du diese verdammte Tür nicht leiser schließe können?!", kam es recht barsch von Yukke, der keinen Hehl daraus machte, seinem Unmut auch Ausdruck zu verleihen. Anscheinend war er doch noch einmal eingeschlafen und hatte somit gar nicht mitbekommen, wie Tatsuro ins Zimmer gekommen war. Und wohl seinen Spaß daran gehabt hatte, ihn unter Beihilfe von akustischen Eindrücken aus seinem Nickerchen zu reißen. Erneut fuhr sich Yukke mit seinen Fingern über die malträtierte Stelle. Zum Glück war seine Frisur so günstig angelegt, dass niemand diese Blessur wahrnehmen würde. "Was bist du auch so schreckhaft?", meinte die Stimme neben ihm darauf und ließ es sich nicht nehmen, mit den Zeigefinger, eben gegen diese eine Stelle an seiner Stirn zu tippen, was ihn dazu veranlasste kurz aufzujammern und sich von Tatsuro zu entfernen. "Wenn du nicht so ein verdammter Kindskopf wärst, wäre meine Schreckhaftigkeit wohl mein kleinstes Problem!" Irgendwie war die Gelassenheit der frühen Stunden nun gänzlich verschwunden. Dieser Kerl war wirklich nicht zu fassen! Erst gestern hatte er vor lauter Groll über diesen nicht schlafen können und nun war Tatsuro noch keine zehn Minuten in ein und demselben Raum wie er und schon wurde er Opfer von dessen Albernheiten. Doch viel mehr Zeit sich noch mehr darüber in Rage zu bringen blieb ihm nicht, da sich erneut die Tür öffnete und nun auch der Rest der Band den Weg zu ihnen fand. Ein recht schwunglosen "Ohaiyo...", gab es von Satochi zur Begrüßung, und auch Miya zeigte sich nicht weniger überschwänglich. Tatsuro wandte daraufhin seine Blick von Yukke ab und begann stattdessen ihren Drummer zu nerven, der doch noch recht zerknautscht wirkte. Es war aber auch kein Wunder, nach der Show, die dieser gestern hatte steigen lassen. Eigentlich war es schon mehr als erstaunlich, dass Tatsuro sich so rasch erholt hatte, dachte sich Yukke, war er doch nicht minder angeheitert gewesen, als er die Feierlichkeiten verlassen hatte. Aber vielleicht lag es auch daran, dass dieser sich solchen Ausschweifungen schon so oft hingegeben hatte, dass sein Körper es nun vermochte, ihn in nur wenigen Stunden wieder zu rehabilitieren. * Aus sicherer Entfernung beobachte Yukke die Szenerie, die sich vor ihm und zwischen Satochi und Tatsuro ereignete. Das Gesicht Satochis verriet einiges darüber, wie erfreut er über den Umstand war, dass sich ihr Sänger ausgerechnet ihn hatte aussuchen müssen, um seine morgendliche Energie umzusetzen. Doch war Sato niemand, der durch brüskes Auftreten seinen Mitmenschen mitteilte, dass ihn etwas störte. Stattdessen versuchte er es einfach zu ignorieren. Es war ihm auch anzusehen, dass er sich, selbst wenn er es gewollt hätte, für großartigen Ereiferungen momentan gar nicht in der Verfassung befand. Schließlich mischte sich Miya mit in das Geschehen ein und erlöste somit Satochi aus seiner anstrengenden Nichtbeteiligung, die er auf Grund der Anschauungen Tatsuros, zu seiner unattraktiven Erscheinung an diesem Morgen, vorgegeben hatte. "Jungs wir haben in zwei Wochen einen Photoshooting Termin in Odaiba.", meinte Miya in gewohnt ernster Manier und blätterte dabei in dem Schwung an Papier, welchen er vor sich auf dem Tisch platziert hatte. "Wir treffen uns an der Yurikamome und fahren dann zusammen rüber. Um neun soll es losgehen und auch wenn es noch etwas hin ist, wollte ich das schon mal angesprochen haben. Nicht dass mir dann wieder vorgeheult wird, ich hätte es euch zu kurzfristig wissen lassen." Darauf schickte er noch einmal einen Blick in die Runde, um auch sicher zu gehen, dass ihn auch jeder der Anwesenden verstanden hatte. Es wäre nicht das erste Mal, dass es dann wieder heißen würde, er hätte sich ja mal etwas genauer Ausdrücken können. Da ein bis zwei Personen, abermals nicht im gewünschten Zeitraum zu erscheinen im Stande waren, weil sie ohne einen Abstecher in einen dieser amerikanischen Kaffeetempel nicht in Gang kamen. Als er davon ausgehen konnte, dass die Botschaft ihr Ziel erreicht hatte, ging man zum eigentlichen Teil ihrer heutigen Arbeit über. Yukke hatte sich schon zu Beginn von Miyas Mitteilung seinen Bass zur Hand genommen, um diesen zu seinem perfekten Klangpotenzial zu verhelfen. Wenn es etwas gab, das ihn seine Sorgen gänzlich vergessen lassen konnte, dann war es die Musik. Mit dieser konnte er sich vor all den Dingen abschirmen, die so vehement gegen seine Nervenfassade hämmerten. Er konnte wirklich nicht sagen, was er tun würde, hätte er sich damals nicht für den Weg entschieden, auf welchem er sich heute befand. Vielleicht wäre er ein völlig anderer Charakter geworden. Würde einem Job nachgehen, in dem er kaum noch Luft zum Atmen fand und welcher ihm das Gefühl gab, dass das Ende seiner Möglichkeiten, im Leben etwas zu erreichen, schon längst gekommen war. Doch er saß hier, in einem Studio mitten in Tokyo, in der Gewissheit, dass er nichts falsch gemacht hatte. Auch wenn der Preis manches Mal zu hoch erschien, so gab es doch diese Momente, die mit ihrer unglaublichen Intensität alles Entbehren in den Hintergrund rücken konnten. Man einfach nur spürte, dass die Entscheidung, sein Leben der Musik gewidmet zu haben, richtig gewesen war. Mit einer letzten liebevollen Bewegung über die stählernen Saiten seines Instrumentes, sah Yukke das Stimmen als beendet an und wartete nur noch darauf, dass auch der Rest mit ihren Vorbereitungen fertig wurde. Doch als er aufsah, musste er feststellen, dass er wohl der Letzte im Bunde war, und alle nur auf ihn wartete. “Sind wir dann soweit?”, erkundigte sich Miya, dessen Arbeitseifer ihn schnell wieder in seine gewohnte Form zurück gebracht hatte. * “Sag mal Miya-kun, in Odaiba, da ist doch auch das Oedo Onsen?” Bei dieser Frage, von der Tatsuro wohl hoffte, sie würde als so zufällig gestellt erscheinen, wie geplant, rollte Miya schon vorahnend mit den Augen. “Soweit ich mich erinnere, ja”, meinte dieser knapp, worauf er sich seine Wasserflasche an die Lippen setzte, um den wenigen Inhalt, der sich in dieser befand, auch noch zu verbrauchen. Er und auch die anderen beiden wussten, was jetzt folgen würde und sie sollten in ihrer Annahme auch nicht enttäuscht werden. “Also..., da könnten wir doch nach dem Shooting mal vorbei schauen. So als Belohnung!” Irgendwie musste Yukke bei diesem Versuch, Miya einzuwickeln, schon etwas schmunzeln. Ein Blick auf dessen emotionsloses Gesicht, und die demonstrativ vor der Brust verschränkt Arme, zeigte schon deutlich, was dieser von der Idee hielt. Jeder andere hätte diese Zeichen auch dementsprechend gedeutet und sich weitere Worte gespart. Doch an Tatsuro gingen solche evidenten Gesten einfach spurlos vorbei. Was auch Miya wieder einmal feststellen musste, als Tatsuro sein Ziel, ihn davon zu überzeugen, dass sie doch durchaus dort ein, zwei Stunden relaxen könnten, wenn sie schon mal in der Nähe sein würden, unbeirrt weiter verfolgte. Es war wieder einmal eine dieser Sachen, wo Tatsuro nicht locker lassen wollte, egal ob er damit riskierte von Miya angeblafft zu werden und dieser dann letztendlich mit wütender Miene das Thema für beendet erklärte. Tatsuro wusste um dessen aufbrausendes Gemüt, doch konnte er sich einfach nicht bremsen, wenn er etwas durchsetzten wollte. Mit einem Seufzen bereitete sich Yukke schon darauf vor, das gleich gewaltig die Fetzten fliegen würden. So wie jedes Mal, wenn sich die Beiden einfach nicht einigen konnten. “Mensch Miya, nun sei doch nicht immer so verbohrt! Was ist denn schon dabei, wenn wir uns mal ne kleine Pause gönnen?!” Jetzt war wohl das Level erreicht, und synchron rutschten Satochi und Yukke ein stückweit aus dem Gefahrenbereich, als Tatsuro von seinem Platz aufsprang und sich in so etwas wie eine Kampfposition brachte. Miya hingegen saß noch immer, anscheinend völlig unberührt von der Aufführung Tatsuros, auf seinem Stuhl. Doch die geschlossenen Augen und das leichte Zucken der linken Augenbraue, verrieten, dass dieser innerlich nun doch schon mit sich zu ringen hatte. Und als Miya einen seiner patentierten -Tödlichen Blicke- in Richtung Tatsuro schickte, zählte Yukke schon den Countdown runter. Doch wider Erwarten blieb die Explosion aus. Stattdessen schaute Miya zu ihm und Satochi hinüber, doch mit weitaus gelasseneren Gesichtszügen als noch vor wenigen Sekunden. “Was sagt ihr dazu?”, kam die überraschende Nachfrage, worauf Miya in zwei recht dümmlich anmutende Gesichter blickte, da Sato und Yukke den Anschein erweckten, mit ihren seltsam, tonlosen Mundbewegungen Fische imitieren zu wollen. Zu unerwartet traf sie die Tatsache, dass Miya hier wohl wirklich nach einem Kompromiss suchte, um jeglichem Streit aus dem Wege zu gehen. “Also... ”, schaffte es Yukke, sich doch noch aus seiner Starre zu befreien, “...mir wäre es eigentlich egal.” “Und wie sieht es bei dir aus, Sato? Ja, Nein, Vielleicht?”, erkundigte sich nun Tatsuro, der für einige Augenblicke, selbst etwas aus der Bahn geworfen schien, als der fast schon vorprogrammierte Disput diese unerwartete Wendung gefunden hatte. Aber nun sah er in seinem alten Freund aus Jugendtagen die Chance sein Vorhaben durchgesetzt zu bekommen und machte diesem das auch deutlich, indem er ihm durch kleine Gesten anzeigte, doch dem Ganzen sein Zustimmung zu geben. “Hm..., ich gebe zu, dass ich nichts dagegen hätte, wenn ich mal wieder etwas abschalten könnte.” Miya konnte das breite Grinsen Tatsuros förmlich in seinem Nacken spüren, aber eigentlich stand es ja immer noch unentschieden. Yukke hatte sich neutral gehalten, also konnte er genauso gut auch -Nein- meinen und so stände es fünfzig- fünfzig. Aber darauf zu beharren, hätte nur die gleiche Situation heraufbeschworen, die er mit seinem Vorhaben, sich nicht ständig mit Tatsuro in die Wolle zu bekommen, verhindern wollte. Und außerdem wollte er Yukke nicht auch noch die Last aufdrücken, nun das Zünglein an der Waage sein zu müssen. “Gut, dann gehen wir also ins Monogatari, aber eines sag ich euch, wenn in den nächsten zwei Wochen nicht alles perfekt läuft, dann hat sich dieser Abstecher gleich wieder erledigt!” Überglücklich, einen Erfolg erzielt zu haben, warfen sich Tatsuro und Satochi in eine militärisch anmutende Pose. “Aye Aye Leader-sama!”, salutierten sie und Miya wünschte sich wirklich, dass diese beiden Helden, auch außerhalb ihres Schaffens, ruhig etwas öfter solch eine Disziplin an den Tag legen könnten. *** Nur am Rande nahm Miya das erheiterte Glucksen Tatsuros wahr, welches wohl durch die soeben erhaltene SMS ausgelöst wurde und sicherlich nichts pädagogisch Wertvolles vermittelt hatte. Er musste zugeben, dass sich dieser doch recht wacker schlug, was seine Selbstkontrolle anging. Eine Woche hatte er nun schon ohne nennenswerte Aussetzer gemeistert, was Miya zu dem Gedanken veranlasste, vielleicht öfter eine Belohnung auszustreuen, wenn Tatsuro sich daraufhin so ins Zeug legte. Ein hoffnungsvolles Seufzen entwisch ihm bei der Vorstellung dieser möglichen Harmonie. Kein Gemecker, das sie schon zu lange im Studio standen. Kein Gejammer, weil sie nicht erst um 10 mit ihrem Job anfingen. Kein Gezeter, wenn Tatsuro mal wieder der Meinung war, dass jemand ungefragt seine Kosmetika benutz hatte. Das perfekte Arbeitsklima eben. "Wie sieht's aus Jungs, hab ihr Lust noch mit in den -Games Dungeon- zu kommen? Hab gehört, dass die das neue -Crimsen Soldiers- rein bekommen haben." Das fast schon atomare Grinsen, das Satochi bei der Erwähnung dieses Spieles Yukke und Miya entgegen brachte, welche gerade ansetzten den Proberaum für heute hinter sich zu lassen, sprach nicht nur Bände, sondern hätte eine Enzyklopädie füllen können. Kurz teilte Yukke einen bedeutungsschwangeren Blick gefolgt von einem verschwörerisch anmutenden Nicken mit Miya, der ein Stück von ihm entfernt stand, nur um nun parallel mit diesem, in ehrlichem Bedauern, dankend abzulehnen. "Ihr habt Schiss, hab ich recht?", meldete sich nun auch Tatsuro zu Wort, der gerade seine Jacke von der Couchlehne fischte, um sie sich überzuziehen. Die folgende Stille und das mehr als leidliche Lächeln auf Yukkes Lippen, ließen darauf schließen, dass er genau ins Schwarze getroffen hatte. "Also eigentlich hab ich noch was Dringendes zu erledigen und..." "...und ich muss ihm dabei helfen." Nun war es an Miya etwas verplant dreinzuschauen, als sich Yukke so einfach in seine Ausrede mit eingeschlichen hatte, aber er konnte auch nachvollziehen, warum er fast schon verzweifelt versuchte, diesen Abend nicht mit Videospielen verbringen zu müssen. Das Letzte Mal, als sie alle vier in besagtem -Games Dungeon- ihren Feierabend hatten ausklingen lassen wollen, war dieser in einem Debakel der nervigsten Sorte geendet. Weder Tatsuro noch Satochi hatten sich ihren Spaß nehmen lassen, die anderen Beiden über Tage hinweg mit ihrer zerschmetternden Niederlage auf dem virtuellen Schlachtfeld aufzuziehen. Da Yukke einfach zu pazifistisch veranlagt gewesen war und Miya den größten Teil des Spieles damit zugebracht hatte, sich über den Sinn dieser seiner Mission, die ihm zugeteilt worden war, zu erkundigen, das er darüber völlig vergessen hatte, seine Gegner im Auge zu behalten. Alles im allem war dies für 50 Prozent der Band eine Erfahrung gewesen, die sie veranlasst hatte, sich in Zukunft von solchen Aktivitäten im Quartettmodus fern zu halten. "Ach nun kommt schon!" Tatsuro schob sich nun zwischen die beiden Unwilligen, legte ihnen wohlwollend seine Arme auf die Schultern und zog sie etwas näher an sich heran. "Ich geb auch einen aus." Doch auch dieses so selbstlose Angebot schien nicht die gewünschte Zustimmung bewirken zu können, sodass Tatsuros nun sinkender Kopf schon als Zeichen hätte gedeutet werden können, dass er sich damit abgefunden hatte mit Satochi alleine losziehen zu müssen. "Jetzt sein nicht gleich so geknickt, Tats..." Doch noch bevor Yukke mit seiner Ansprache schließen konnte, hob sich das Haupt des Angesprochenen rasch wieder, worauf zwei große dunkle Hundeaugen in die von Yukke blickten. Und dieser ohrfeigte sich gedanklich dafür, dass diese Masche ihn doch tatsächlich immer wieder weich werden ließ. "...das ist echt unfair!", murmelte er kaum hörbar, doch ausreichend genug für Tatsuro, um dies als Zustimmung aufzufassen. "Vergiss es, das zieht bei mir nicht!", murrte Miya noch bevor Tatsuro versucht war, diese Taktik auch bei ihm anwenden zu wollen. Stattdessen befreite er sich aus der noch immer anhaltenden Umklammerung ihres Sängers, und ließ der Uhr auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes noch einmal kurz seine Aufmerksamkeit zukommen. Und als er sich schließlich der Tür zudrehte, durch die er zu gehen gedachte, fand er sich nunmehr mit zwei weiteren Welpenblicken konfrontiert, von denen einer zu Satochi und der andere, schmählicher Weise, zu Yukke gehörte. Und beide nun ebenfalls versuchten so treuherzig wie möglich aus ihrer Wäsche zu blicken, um folglich ein synchrones "BITTE MIYA-kun!!!" zu jauchzen. "Idioten!" War dann auch alles, was dieser wissen ließ und das wohlbekannte Zucken einer Augenbraue unterstrich dessen Aussage in ihrer Ernsthaftigkeit noch um ein weiteres, bevor er an den drei fehlplazierten Dorama- Schauspielern, in Richtung Hinterausgang, vorbeizog. Kapitel 3: Cosy Evening? ------------------------ Mit einem etwas mürben Stöhnen, ließ sich Yukke wieder neben Miya auf die, nicht mehr ganz so ansehnliche, Sitzbank sinken, nachdem er sein Handy wieder in seiner Jackentasche verstaut hatte. Auch wenn sich Miya schon etwas gewundert hatte, wo Yukke bleiben würde, als dieser auch nach 15 Minuten noch nicht wieder von seinem Vorhaben, sich etwas Neues zu trinken besorgen zu wollen, zurück gekehrt war. So maß er sich nicht an, diesen nun nach seinem viertelstündigen Verbleib zu befragen, zudem dieser nun mit völlig leeren Händen wieder an ihrem Tisch aufgetaucht war. Auch wenn man in diesem Umfeld nicht davon sprechen konnte, dass sich Stille ausbreitete, so blieb es dennoch vorerst ruhig zwischen den beiden Musikern. Miya beschäftigte sich derweil damit, seinen anderen beiden Kollegen bei ihrem verbitterten Kampf in einer virtuellen Arena zu beobachten, wobei ihn das ein oder andere fassungslose Kopfschütteln übermannte. Warum um alles in der Welt hatte er sich doch noch breitschlagen lassen, die wenigen Stunden freier Zeit, die ihm der Tag oder besser gesagt der Abend brachte, damit zu verbringen sich in eine schummrige Spielhölle zu setzen und Menschen dabei zuzuschauen, wie diese ihre überschüssige Energie mit solch elementaren Beschäftigungen abzubauen versuchten? Dabei gäbe es wahrlich sinnvollere Dinge, die man ausüben konnte. Wie seinen Bonsai wieder einmal verschneiden oder das Flusensieb seiner Waschmaschine säubern oder... "Sag mal Miya, als deine Schwester geheiratet hat, hat sie dich da vorher gefragt, ob es das Richtige wäre?" Etwas irritiert schaute der Angesprochene nun zu seiner Rechten, wo sein Blick auf Yukke traf, der versonnen mit dem Strohhalm in seinem leeren Glas herumrührte. "Warum fragst du?", erkundigte er sich, da er mit dem Grund dieser Frage nichts so recht anzufangen wusste. Yukke ließ nun davon ab das Plastikröhrchen zwischen seinen Finger hin und her zu rollen und lehnte sich gegen das spärliche Polster der Rückenlehne ihrer Bank. "Mein Bruder hat mich vorhin angerufen und mir mitgeteilt, dass er vorhabe seiner Herzdame einen Antrag zu machen. Aber er war sich in einigen Belangen nicht sicher und wollte meinen Rat. Ich meine es freut mich ja, das er diesen Schritt nun wagen will, aber ich bin da nicht wirklich die geeignete Person, um ihm Hinweise zu geben." Miya nickte verstehend, wusste er doch, dass sich sein Freund trotzdem so seine Gedanken darüber machte, da es einfach an seinem fürsorglichen Wesen lag immer behilflich sein zu wollen. Aber noch bevor er dazu kam, seine Ansicht zu der Thematik anzubringen, polterten auch schon die Abkömmlinge ihres Quartetts heran, und noch bevor er wusste, wie ihm geschah, wurde Yukke von Tatsuro aus seiner Nische gezogen und zu einem der umliegenden Spielkisten geschleppt. Satochi nahm nun an Miyas Seite Platz, gähnte einmal herzhaft, raffte sich nach einer Sekunde der Besinnung jedoch wieder auf und nachdem er sich erkundigt hatte, ob er ihm auch noch etwas zu trinken mitbringen sollte, eilte er auch schon wieder davon. Es sollte wohl noch ein langer Abend werden. *** Eher unbeteiligt blickte Yusuke auf das Treiben, das sich auf der anderen Seite der Kreuzung angestaut hatte und welches nur darauf wartete, in erneute Eile übergehen zu können, sobald es ihnen die Ampel erlauben würde. Etwas mehr vertiefte er sein Gesicht in dem eher dünnen Kragen seiner Jacke, als eine recht kühle Windböe durch die Straßen jagte und ihn leicht frösteln ließ. Bald würde der Herbst Einzug halten, welcher schon jetzt ab und an seine Boten ausschickte, um auch jeden daran zu erinnern. Der Sommer war so rasch vorbei gegangen, als hätte er sich der Schnelllebigkeit, die dieser Stadt inne wohnte, angepasst. Nachdenklich schickte er seinen Blick in den abendlichen Himmel, der einer orangefarbenen Wand glich, durch die man nur erahnen konnte, ob schon ein paar Sterne mit ihrem Glanz das Firmament zierten. Schließlich lenkte er seine Aufmerksamkeit wieder zurück auf die Straße vor sich, da das Drängeln und Schieben der Passanten, die sich um ihn herum befanden, kaum zu ignorieren war. Grün gab die Kreuzung frei und der Drang, noch ein bestimmtes Ziel erreichen zu wollen, ließ die Menschenflut sich auf diese ergießen. Und auch wenn Yukke eigentlich ohne einen Zeitzwang den Weg nach Hause suchte, so folgte er der Masse, die sich gerade auf der Mitte der Kreuzung zu einen noch größeren Schwall vereinigte und ihn widerstandslos auf die angestrebte Seite dirigierte, bis sie ihn wieder frei gab. Gemächlich legte er nun seinen Weg weiter fort, vorbei an den wartenden Autoschlagen und deren ebenso geschäftig dreinblickenden Insassen. Aus einem der unzähligen Wagen vernahm er die sympathische Stimme einer Radiosprecherin, die nun mitteilte, dass es bereits 20 Uhr war, das Wetter in den kommenden Tagen recht wechselhaft werden würde und zum Abschluss allseits noch einen angenehmen Abend wünschte. Würde sein Wagen nicht in der Werkstatt stehen, stände er jetzt hier, versucht Geduld in der sich alltäglich abspielenden Hektik des Feierabendverkehrs walten zu lassen. Oder besser gesagt, er würde jetzt mit Sato hier stehen, der sich ihm für die autolose Zeit als Chauffeur angeboten hatte. Aber der Abend war angenehm und er wollte eh noch etwas erledigen, und so ein kleiner Fußmarsch war nichts, dass er nicht bewältigen konnte. Eigentlich hätten sie jetzt noch im Studio gestanden, aber Miya hatte sie vorzeitig entlassen, damit sich ein jeder von ihnen noch etwas erholen konnte, bevor sie morgen ihr Photoshooting angehen würden. Nicht nur einmal war es vorgekommen, dass sie bei solchen Terminen so geschafft aufgetaucht waren, dass die Visagisten alle Hände voll zu tun gehabt hatten die Spuren eines arbeitsreichen Tages und einer weniger erholsamen Nacht zu retuschieren. Also legte man es seid daher immer so an, dass man sich am Tage zuvor so weit wie möglich noch entspannen konnte, um dann frisch und fröhlich für die angesetzten Aufnahmen posieren zu können. Und genau das hatte Yukke auch vor. Er würde es sich nach seiner Ankunft zu Hause noch etwas gemütlich machen und den Tag mit einer schönen Tasse Tee ausklingen lassen. Und soweit er sich erinnerte, sollte heute Abend auch noch einer seiner Lieblingsfilme im Fernsehen laufen. Also perfekt um die Seele baumeln zu lassen. Das leichte Knurren seines Magens verwies ihn jedoch darauf, dass er sich mit dem Sud aus aufgebrühten Grünzeugs nicht würde abspeisen lassen und es ihm nach etwas Ausgewogenerem gelüstete. Kurz überlegte Yukke, was er sich denn zur Abrundung seines Wellnessplanes an Kulinarischen leisten könnte, als ihm plötzlich ein junger Mann einen Werbeflyer in die Hand drückte, worauf auf eine neue Sushibar ganz in der Nähe aufmerksam gemacht wurde. Warum eigentlich nicht? , dachte er und folgte der Beschreibung des Weges, die er auf dem Papier vorfand. Das Lokal lag etwas abseits des großen Troubles, in einer der Seitenstraßen. Gut zu erkennen an den erleuchteten Papierlampions, die auf die Spezialität des Hauses hinwiesen. Es war eine dieser kleinen, früher so typisch eingerichteten Sushibars, die man nur noch selten in diesem Stile vorfand, da das moderne Aufziehen solche Gastlichkeiten die traditionellen Geschäfte immer mehr ins Abseits gedrängt hatte. Doch er liebte eben gerade dieses Ambiente, wo man noch diese klassische, so typisch japanische Lebensart vorfand, ohne dass einem eine Herde überhipper Teenager im Nacken saß und in einem Slang kommunizierte, das einem die Ohren davon wehtaten. Nachdem er eingetreten war und sich etwas genauer durch das Angebot gelesen hatte, orderte er bei der alten Dame, die ihn die ganze Zeit über mit einem schmalen Lächeln bedacht hatte. Er nutzte die Zeit, die er auf seine Bestellung warten musste, um den volkstümlichen Klängen, die im Hintergrund des Geschäftes zu vernehmen waren, zu lauschen. Ab und zu summte er sogar einige Absätze mit, da er diese Lieder noch aus der Zeit kannte, als seine Großmutter solche Weisen noch selbst zu singen gewusst hatte, wenn sie bei der Arbeit etwas Unterhaltung suchte. Würde Tatsuro nun in seiner Nähe sein, hätte er ihn sicherlich schon längst damit aufgezogen. Aber zum Glück hatte sich dieser nach Miyas Androhung, sich zusammen zu reißen, wirklich daran gehalten und sich jegliche Art von Ulk verkniffen. War nur zu hoffen, dass er dafür nicht alles doppelt und dreifach ausleben würde, hätten sie den Besuch in den heißen Quellen erst einmal hinter sich gebracht. Mit einem Kopfschütteln verdrängte Yukke den Gedanken an einen außer Rand und Band geratenen Späßetsunami der Marke Iwagami. Keine fünf Minuten später hatte er sein Päckchen Sushi, verstaut in einer nett anzuschauenden Papiertragetasche, in der Hand und konnte sich schließlich auf den Heimweg begeben. Mit einem vorfreudigen Lächeln und einer Melodie, die ihm seit dem Besuch der Bar nicht mehr aus dem Kopf ging, auf den Lippen, erreichte er die Straße, wo sich seine Wohnung befand. Schon von Weiten konnte er eine Gestalt ausmachen, die sich vor dem Eingang seines Hauses, jedoch mit dem Rücken zu ihm befand. Der Lichtkreis der Straßenlaterne vor dem Gebäude, endete knapp vor dieser unbekannten Person und ließ somit keine wesentlichen Details an dieser erkennen. Mit einem etwas flauen Gefühl, legte Yukke die restlichen Meter zum Eingang zurück. Hoffentlich war das keiner dieser lästigen Kerle, die einem sogar vor der eigenen Haustür abfingen, um einen was andrehen zu wollen. Diese Leute schreckten nicht einmal vor später Stunde zurück, selbst wenn dieser Umstand ihre Zwielichtigkeit nur noch mehr unterstrich. Mit gesenktem Haupt, das dem Anderen deutlich machen sollte, dass er zu keiner Konversation bereit wäre, überwand er den letzten Abstand, sodass er nun gänzlich davon ausgehen konnte, dass man ihn sicherlich gleich bemerken würde. Rasch zückte er seinen Schlüssel und war schon fast dem Glauben erlegen, es doch noch unbemerkt ins Innere des Hauses schaffen zu können, als ihm eine Stimme eines Besseren belehrte. "Fukuno Yusuke..." Verdammt! , war sein erster Gedanke, als er sich ertappt sah und beim Nennen seines Namens kurz zusammen zuckte. "Wo kommen wir den bitte schön jetzt erst her?" Dieser Satz allerdings ließ ihn doch etwas stutzen. "Baka, hast du ne Ahnung wie lange ich hier schon stehe? Du könntest ja ruhig mal an dein Handy gehn, wenn man versucht dich zu erreichen." OK, nun war eindeutig, wer ihm hier aufgelauert hatte und irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, dass sich sein gemütlicher Abend gerade in das gesamte Gegenteil zu verwandeln schien. "Tatsuro, nett, dass du mich um diese Zeit noch besuchen kommst." Yukke hatte leichte Mühe die Bissigkeit seiner Aussage zu verbergen. Tatsuro hatte sich nun zu ihm begeben und stand direkt neben seinem Kollegen mit der etwas mürrischen Miene. "Etwas mehr Begeisterung, wenn ich bitten darf", ließ dieser nun verlauten und wuschelte seinem etwas kleineren Freund strafend durch die rotblonde Haarpracht. "Warum bist du denn nicht ans Telefon gegangen, als ich versucht hab dich anzurufen?", kam es nun eher etwas schmollend als anklagend von Tatsuro. Irgendwie war diese kindliche Art sich auszudrücken etwas, das Yukke Tatsuro gegenüber immer friedlich zu stimmen wusste, da er in diesen kurzen Momenten, in denen er so agierte, einfach jemand war, dem man nichts Schlechtes zutrauen mochte. "Hey, hörst du mir überhaupt zu?", empörte sich Tatsuro nun merklich und holte seinen Freund durch das Zwicken, in dessen rechte Wange, zurück aus seinen Gedanken und der Vorstellung dieser besäße wirklich so etwas wie Feingefühl. "AAAAHHHH TATSURO, das tat weh, verdammt noch mal!!!", knurrte Yukke, worauf er diesem beinahe gegen sein Schienbein getreten hätte. Aber er war kein Freund von ‚Gleiches mit Gleichem vergelten‘ und so beließ er es dabei, sich unter leisem Fluchen von diesem abzuwenden und endlich die Haustür aufzuschließen. Und auch wenn ihm momentan danach gewesen wäre, diese vor der Nase seines quengeligen Kollegen wieder zuzuwerfen, ließ er diesen ebenfalls passieren. "Du hast mir noch immer nicht geantwortet, Yukke.", hörte er es abermals hinter sich nachhacken und erst jetzt nahm er sich die Zeit, überhaupt erst einmal richtig über die Anschuldigung des Anderen nachzudenken. Tatsuro hatte ihn angerufen? Mit einem zielsicheren Griff in seine Jackentasche, beförderte Yukke das kleine weiße Mobiltelefon ans Licht der dämmrigen Hausflurbeleuchtung. Und tatsächlich teilte dieses ihm mit, dass er drei verpasste Anrufe von seinem Kumpel erhalten und dieser ihm sogar noch eine SMS geschickt hatte. Ein kurzer Wechsel in das Menü zeige, das jemand sämtliche Ruftöne ausgeschaltet hatte und es somit kein Wunder darstellte, dass er nichts von den Behelligungen Seitens Tatsuros mitbekommen hatte. "Warst du wieder an meinem Handy?" Yukke konnte recht gut an dem Gesicht des Anderen ablesen, dass dieser wohl gerade registriert hatte, dass es letztendlich ihm selbst zuzuschreiben war, dass die Anrufe unbemerkt an seinem rotblonden Freund vorbei gegangen waren. Tatsuro hatte die Angewohnheit, bei Langeweile in den Probepausen, sich das Mobiltelefon seines Kollegen zu greifen und die Zeit damit zu überbrücken, indem er sich mit seinem Lieblingsgame beschäftigte. Das war auch einer der Gründe, warum Yukke es schon nach kurzer Zeit bereut hatte, sich gerade dieses Model zugelegt zu haben. Auch der Versuch Tatsuro davon zu überzeugen, sich doch dieses Spiel selbst auf sein Telefon senden zu lassen trug keinen Erfolg davon, da dieser der Meinung war, dass es doch reichte, wenn einer diesen Zeitvertreib besaß. Damit war das Thema für ihn auch schon erledigt gewesen. Seither fiel er Yukke nun ständig auf die Nerven, wenn er etwas zu tun brauchte und dieser nicht gleich von selbst sein Handy an ihn weiterleitete. Auch wenn er wusste, dass Tatsuro nie in seine privaten Dateien hineinschnüffeln würde, so hatte der Sänger schon das ein oder andere Mal etwas an den Einstellungen herumhantiert und heute hatte er es wohl einmal an den Ruftönen ausgelassen. "Uhm, da hab ich doch glatt vergessen, dass wieder in den Originalzustand zu versetzten", gab er schließlich seine Schuld zu, während er sich etwas verlegen über den Hinterkopf strich und sein breites Grinsen wohl als einen Versuch der Entschuldigung gelten machen wollte. "Alles andere hätte mich auch irgendwie gewundert." Damit legte Yukke die letzten drei Stufen, die ihn noch von seiner Wohnung trennten zurück, gefolgt von einen etwas betreten dreinschauenden Tatsuro. "Sag mal, warum hattest du mich denn überhaupt anrufen wollen? Gibt es etwas so wichtiges, dass du dir gleich noch die Mühe machen musstest, dich persönlich hierher zu begeben?" Es war schon recht ungewöhnlich, dass Tatsuro so dringend jemandes Antwort ersuchte, das er sogar höchst selbst in Erscheinung trat. Denn jeder, der ihn recht gut kannte wusste, dass er, wenn er die Möglichkeit für einen ausgedehnten Feierabend hatte, viel lieber zu Hause auf seiner Couch lümmelte und sich eine schräge TV-Show nach der anderen antat. Ausgestattet mit ein paar Dosen Bier und Fast Food vom Diner um die Ecke. Ja, so in etwa hätte auch sein Abend aussehen sollen, nur nicht ganz so rustikal, was Speis und Trank betraf, und auch etwas gehobener, wenn man von der Unterhaltung ausging. "Ach Yu-chan, kann ich nicht einfach mal einen guten Freund besuchen kommen, wenn mir danach ist?" Yukke hatte inzwischen seine Schuhe ausgezogen und war gerade im Begriff seine Jacke ordnungsgemäß aufzuhängen, als ihm die Anrede, die ihm sein Freund gerade anhaftete, ein merkliches Seufzen entlockte. Diese Niedlichkeitsform wandte Tatsuro nur an, wenn er etwas ganz Bestimmtes wollte oder er betrunken war. Und Letzteres schien momentan noch nicht der Fall zu sein. "Was willst du, Tatsuro?", erkundigte er sich und ließ diesen vorerst im Flur stehen, um sein mitgebrachtes Abendbrot in der kleinen Küche zu verstauen. Noch bestand ja die Möglichkeit, dass sein unerwarteter Gast, nachdem er sein Anliegen vorgebracht hatte, sich vielleicht wieder verabschiedete. Doch sollte dieser sehen, was er sich hier Feines geleistet hatte, konnte er hundertprozentig davon ausgehen, dass Tatsuro sich mal wieder selbst zum Essen einlud und er am Ende, statt der gesuchten Entspannung, mit unschöner Verspannung zu kämpfen haben würde. "Also..., na ja... ich wollte fragen, ob ich heute vielleicht bei dir bleiben kann?" Die weit geöffneten Augen, die Yukke nun demonstrierte, ließen darauf schließen, dass er zwar mit allem aber nicht mit dieser Bitte gerechnet hatte. Zum Glück stand Tatsuro noch immer im Flur und konnte somit die unwillige Miene seines Freundes nicht sehen. "Ist... das OK für dich?", hörte er Tatsuros unerwartet nahe Stimme hinter sich und zuckte zum zweiten Male an diesem Abend leicht zusammen. Er hatte gar nicht bemerkt, dass sich Tatsuro zu ihm gesellt hatte. Und auf diese fast schon zögerliche Nachfrage hin, tat es ihm plötzlich Leid, dass er den Gedanke, ihn eigentlich wieder loswerden zu wollen, überhaupt erst hatte aufkommen lassen. Es war seltsam, aber mit einem ganz bestimmten Tonfall in seiner Stimme, hatte Tatsuro eine gewisse Macht über ihn. Was etwas beängstigend war, wenn er daran dachte, was passieren könnte, würde Tatsuro dies jemals mitbekommen. Wahrscheinlich würde er ihn dann gar nicht mehr in Ruhe lassen und ihn ständig zusäuseln, bis er es schließlich nicht mehr erhören und nur noch ein Knebel Schlimmeres verhindern konnte. Tatsuro hatte wirklich ein einzigartiges Potenzial, was das Manipulieren seiner Mitmenschen durch seine Stimme betraf. Auch wenn es ihm durch Tausende von Fans immer deutlich vor Augen geführt wurde, so war er froh, dass Tatsuro, was ihn betraf, keine Ahnung davon hatte. Das merkwürdige Schweigen, das sich nun im Raum befand, erinnerte ihn wieder daran, dass er noch immer nichts gesagt hatte und Tatsuro sein Nachdenken vielleicht schon falsch gedeutet hatte, da dieser gerade ansetzte sich wieder aus dem Raum entfernen zu wollen. "Aber denke nicht, dass ich bis in die Morgenstunden mit dir vor der Glotze zubringe. Wir müssen morgen schließlich ausgeschlafen sein", verkündete Yukke mit etwas übertriebener Strenge in seinen Worten und wandte sich zu seinem Übernachtungsgast um, um ihm gleich den Befehl zu erteilen endlich seine Jacke und seine Tasche abzulegen. Es sei denn er hätte es sich doch noch einmal anders überlegt. "Das war's dann wohl mit meinem Dinner for one", meinte er mehr an sich selbst gerichtet, jedoch ohne eine Spur von Missmut in seinen Gedanken. Eigentlich war es schon ziemlich lange her, dass sie nur zu zweit etwas Zeit miteinander verbracht hatten. Vielleicht würde sich dieser Abend ja auch recht angenehm gestalten, wenn es kein Umfeld gab, vor dem sich Tatsuro auf irgendeine Art beweisen musste. Dieser hatte sich in der Zwischenzeit schon im Wohnzimmer niedergelassen und sich die Freiheit genommen den Fernseher einzuschalten. Und schon nach wenigen Minuten konnte er Stimmenwirrwahr vernehmen, das eindeutig darauf schließen ließ, dass es sich dabei um eine von Tatsuros heiß geliebten Abendshow handelte, welche wenig mit kultureller oder überhaupt einer Art von Bildung zu tun hatte. Somit war wohl schon festgelegt, was den restlichen Abend über den Bildschirm flimmern würde. Aber das würde er nun auch noch überleben. Doch jetzt wollte er sich erst einmal um das Essen kümmern, was sein leerer Bauch auch gleich mit einem deutlichen Knurren befürwortete. Nur würde das, was sich in der kürzlich abgestellten Tüte befand, kaum für sie beide reichen, nicht bei dem was Tatsuro ansonsten zu vertilgen vermochte. Nach einem suchenden Blick in den großen Schrank neben der Tür, fand er schließlich noch zwei Beutel mit Instand Ramen und wenn er richtig lag, dann würde er sogar noch eine Tiefkühlpizza in seinem Gefrierfach parat haben. Dies sollte dann doch schon dafür sorgen, dass sie halbwegs satt werden würden. Während Tatsuro seine Aufmerksamkeit noch immer dem bunten Unterhaltungszirkus im Nebenraum widmete, saß Yukke auf einem Stuhl an seinem Küchenfenster und blickte abwartend auf die Reflektion, die sich in der Scheibe vor ihm widerspiegelte. Seinen Kopf hatte er auf die Handfläche seines aufgestützten Armes gelegt und nun wartete er nur darauf, dass der Wasserkocher seinen Dienst tat. Irgendwie war er nun doch ein wenig müde geworden und würde wohl nach ihrem Mahl nicht mehr allzu lange wach bleiben, was ein ausgedehntes Gähnen bekräftigte. Routiniert verteilte er nun das heiße Wasser in die zwei Keramikschalen, in die er zuvor schon die Nudelquadrate, samt Würzpaste, gegeben hatte und platzierte sie dann auf einem Tablett. Genau wie das Sushi. Nur die Pizza würde noch ein wenig Zeit brauchen. Doch bis dahin wären sie erst einmal versorgt. Tatsuro hob seinen Kopf ein wenig und schaute von dem eben noch so eindringlich studierten TV-Guide zu seinem Freund, der gerade dabei war ein Tablett in Richtung Tisch zu balancieren, von welchem er schon den unverkennbaren Geruch einer seiner Lieblings Fastfood Erfindungen erhaschen konnte. Sicher erreichte Yukke sein Ziel und stellte eine der Schüsseln vor einen dankbar nickenden Tatsuro ab, der sich auch gleich die dazu gereichten Stäbchen schnappte und ohne Umschweife ansetzte seinem Hunger den Kampf anzusagen. Yukke nahm seinen favorisierten Platz ein und hätte er es nicht besser gewusst, dann hätte er gemeint, dass sein Gegenüber schon seit Tagen nichts mehr zu essen bekommen hatte. So wie dieser schlang und das auch noch, wenn das Ganze so heiß war. Ein Wunder, dass.... Doch noch ehe er seinen Gedanken zu Ende bringen konnte, hörte er auch schon ein Japsen, welches darauf hindeutete, dass sich Tatsuro wohl gerade eben verschluckt hatte. Schon im Begriff ihm helfen zu wollen, fing sich dieser wieder und schon verschwand die nächste Nudelbahn in dessen Mund. Trotzdem erhob sich Yukke, um erneut in seiner Küche zu verschwinden. Mit dem Rest ihrer Mahlzeit und zwei Dosen eines alkoholfreien Getränks kehrte er kurze Zeit später wieder zurück. Eines der Behältnisse leitete er sogleich an Tatsuro weiter und öffnete sich selbst das Verbliebe. "Sag mal, hat es eigentlich einen bestimmten Grund, warum du heute hier bleiben willst?", erkundigte er sich zwischen zwei Schlucken, wobei er direkt zu seinem Freund schaute, der gerade damit beschäftig war, sich ein Stück der italienischen Teigspezialität zu angeln. "Also, da wir ja morgen nach Odaiba wollen und der Weg zur Stadion von dir aus doch etwas kürzer ist, dachte ich mir, ich könnte etwas Zeit sparen, wenn ich gleich bei dir übernachten würde." Ja, das klang durchaus logisch, was Tatsuro da von sich gab. Was ihn Yukke auch mit einer Geste des Verstehens wissen ließ. "Und außerdem steh ich auf den Kaffee, den es bei dir immer zum Frühstück gibt“, fügte Tatsuro noch an, bevor er sich dem nun leicht erkalteten Stück Pizza in seiner Hand zuwandte. Yukke konnte sich ein -das war ja klar- Schmunzeln nicht verkneifen, da er wusste, wie der selbst gekochten Kaffee, den Tatsuro sonst zu trinken pflegte, schmeckte. Es war eh schon erstaunlich, dass dieser dieses teerähnliche Zeug überhaupt zu sich nehmen konnte, ohne das es irgendwelche Merkwürdigkeiten in seinem Verhalten mit sich brachte, die nicht auch sonst an Tatsuro auszumachen waren. Yukke konnte verfolgen, wie Tatsuro einen prüfenden Blick auf die digitale Zeitanzeige von seinem DVD Rekorder warf und sich folglich die Fernbedienung griff, um das Programm zu wechseln. Ohne dem große Beachtung zu schenken, räumte er schon einmal die Sachen wieder zusammen, die nicht mehr gebraucht wurden. Gerade als er das Tablett in seine Hände zu nehmen gedachte, richtete sich Tatsuro ebenfalls auf und wies ihn an, sich wieder zu setzen und ihn das erledigen zu lassen. Ziemlich perplex über diese unerwartete Geste, blinzelte Yukke seinen Freund an und wurde folglich ohne Erklärung aber dafür umso nachdrücklich wieder in die Polster seines Sessels dirigiert. Als Tatsuro sich dann auch noch aus der Sicht zum Fernseher begab, staunte er nicht schlecht, als er den Vorspann erkannte, der soeben anlief. "Das wolltest du dir doch ansehen, oder? Zumindest, wenn ich das mit der Markierung in deiner Fernsehzeitung richtig gedeutet habe." Abermals fehlten Yukke die Worte, als er sich der so ungewohnt zuvorkommenden Art Tatsuros bewusst wurde und er sich fragen musste, ob da nicht doch noch etwas mehr dahinter steckte, als es dieser zugeben wollte. "Sieh es als Dankeschön, dass du mich hier übernachten lässt", gab er schließlich zurück, als er die skeptische Miene seines Freundes einfing, der statt des Fernsehens noch immer ihn anstarrte. Auch wenn ihm diese Begründung noch immer nicht ganz glauben lassen wollte, dass es sich wirklich nur um einen Akt der Dankbarkeit handelte, nickte Yukke kurz und zustimmend. Nachdem sich Tatsuro schließlich aus dem Raum begeben hatte und er wenig später das geschäftige Klappern von Geschirr, welches man in das Spülbecken stapelte, vernahm, wandte er sich schließlich doch dem Fernsehgerät zu und fand tatsächlich das Gefühl der Entspannung in sich aufkommen. Kapitel 4: Hurry up! -------------------- Ausgiebig streckte Yukke alle Viere von sich, als die nun eingeschobene Werbepause seine Aufmerksamkeit weg vom Bildschirm lenkte, und er schließlich dem Bedürfnis nachging, sich noch etwas zu trinken holen zu wollen. Ein Blick auf die Couch verriet, dass sich die Nachfrage, ob er Tatsuro ebenfalls noch etwas reichen sollte, erübrigt hatte. Dieser hatte sich, der Länge lang, auf den Polstern ausgebreitet, und schien schon seit geraumer Zeit zu schlafen. Er wusste, dass Tatsuro mit dieser Art von Filmen so gar nichts anfangen konnte, sodass sich ihm erneut die Frage aufdrängelte, warum dieser trotzdem dazu übergegangen war, ihn sein Programm schauen zu lassen. Das leichte Murmeln, dass er nun aus der Richtung seines Freundes vernahm, ließ ihn jedoch seine Gedankengänge unterbrechen. Er konnte beobachten, wie sich Tatsuro nun in eine andere Ruheposition begab, wobei er sich auf die Seite rollte, und seine Beine soweit anwinkelte, dass er seine Arme darum schließe konnte. Der Anblick erinnerte Yukke irgendwie an eine Katze. Und wahrlich, bei einigen Charaktermerkmalen dieser eigensinnigen Tiere, konnte Tatsuro durchaus mithalten. Doch nun wirkte er eher unschuldig, und Yukke konnte sich einen Anflug von mütterlicher Führsorge nicht verkneifen. Darauf bedacht, Tatsuro nicht aufzuwecken, breitete er sorgfältig seine Kuscheldecke über ihm aus, worauf dieser sich auch gleich zufrieden in diese einwühlte. Auch auf die Gefahr hin, dass er am folgenden Morgen durchaus mit dem Gemaule Tatsuros rechnen konnte, weil er ihn hatte in seinen Klamotten schlafen lassen, so wollte er dieses Bild, das der Andere gerade bot, einfach nicht zerstören. Und außerdem, würde die Aussicht auf ein ordentliches Frühstück, dessen Laune auch schnell wieder ansteigen lassen. Wenn es um etwas zu Essen ging, dann war dieser doch recht berechenbar. * Dunkel drängten Geräusche in seinen Traum, und entzogen diesem nach und nach immer mehr von seiner Farbe, bis er nur noch eine schwammige Leere in seinem Kopf ausmachen konnte, welche ihn schließlich dazu brachte langsam seine Lider zu heben. Etwas orientierungslos blickte sich Tatsuro für einen Augenblick um, bis ihm wieder einfiel, dass er sich ja bei Yukke befand, dem er es wohl auch zu verdanken hatte, dass er soeben aufgewacht war. Doch wurde ihm der Grund für diese Störung auch augenblicklich deutlich, als er den angenehmen Duft seines favorisierten Muntermachers vernahm, der ihn gekonnt dazu zu animieren wusste, sich gänzlich zu sammeln, und sein Lager zu verlassen. Noch etwas träge, von der Müdigkeit, die noch in seinen Gliedern steckte, tat er die wenigen Schritte in Richtung Küche, in welcher sein Freund wohl schon seit geraumer Zeit zu Gange war. Und auch wenn sich Yukke extra darum bemüht hatte, so geräuschlos wie möglich seinem Tun nachzugehen, so konnte er trotzdem schon erahnen, warum sich sein sonst so langschläfriger Freund, nun im Türrahmen postierte, und sich nebenbei durch die verstuppelte Mähne fuhr, die ihm etwas die Sicht verhängte. "Ohayou", begrüßte er Tatsuro darauf mit gedämpfter Stimme, bevor ihm deutlich wurde, dass es nun keinen Grund mehr gab, sich gezwungen leise verhalten zu müssen. "Tut mir leid, wenn ich dich aufgeweckt habe..." Und wie es so in der Art von Yukke lag, maß er dieser Situation doch wieder mehr bei, als es eigentlich nötig gewesen wäre, indem er sich sogar leicht, aber sichtlich entschuldigend vor seinem noch immer etwas tranigen Freund verbeugte. Tatsuro sagte dazu nichts, stattdessen winkte er das Thema nur kurz mit der Hand ab. Da er nun schon einmal wach war, war eh nichts mehr daran zu ändern. Und Yukke wusste um die morgendliche Wortkargheit seines Freundes, so kurz nach dem Erwachen, sodass er sich auch nicht daran störte, dass dieser sich bis jetzt auch ziemlich stumm präsentierte. Denn genau so gut wusste er, dass dieser Zustand im Laufe des Tages ins genaue Gegenteil umschlagen würde. So genoss er es eigentlich, dass er nicht schon am frühen Morgen mit einem Redeschwall bedacht wurde. "Wenn du duschen möchtest, ich habe dir schon ein Handtuch ins Bad gelegt." Kurz musste Tatsuro über den Gedanken, das Yukke eine super Ehefrau abgeben würde, grinsen. Dieser war wirklich immer darum bemüht, es seinen Freunden und Gästen zu komfortabel wie möglich, in seiner kleinen Behausung, zu gestalten. Das war auch einer der Gründe, warum er sich immer sehr wohl in diesen vier Wänden fühlte, und gerne mal einen Besuch bei ihm einlegte. Mit einem knappen Nicken, folgte er schließlich der Idee sich vor dem Frühstück eine Dusche zu gönnen, und verschwand nur wenige Augenblicke später, mit seinen eigenst mitgebrachten Pflegeutensilien, im angrenzenden Badezimmer. Diese Zeit nutze Yusuke, um alles was es zu einem angenehmen Start in den Tag bedurfte auf den kleinen Tisch, unter dem Fenster seiner Küche zu platzieren, durch welches einige der matt gelben Strahlen der Sonne fielen, die auf einen angenehmen Tag schließen ließen. Das Abklingen vom Rauschen des Wassers im Nebenraum, verriet das Tatsuro wohl nicht mehr lange auf sich warten lassen würde, und keine fünf Minuten später, vernahm er auch schon das Tapsen von nackten Füßen auf dem Boden des Flures, welche sich kontinuierlich in Richtung Frühstück bewegten. Yukke hatte sich vor der Kaffeemaschine postiert, und wartete geduldig, die wenigen Momente ab, bis diese mit ihrer Arbeit fertig werden würde. Dabei summte er abermals die Melodie dieses alten Volksliedes vor sich hin, das ihn schon gestern nicht mehr aus dem Sinn gegangen war. Der Geruch von tropischen Früchten, den er eindeutig seinem Duschgel zuordnen konnte, ließ ihn wissen, das sich sein Gast nun ebenfalls im Raum befand, und ehe er zuordnen konnte, wo sich dieser hinbewegte, spürte er die Nähe seines Freundes neben sich, und dessen neckende Lippen auf seiner Wange. "Guten Morgen mein Schatz!", meinte Tatsuro überschwänglich, was bedeutete das er nun gänzlich munter war, und das mit jener scherzende Geste recht deutlich zu übermitteln wusste. "Setz dich lieber schon mal hin, es dauert nicht mehr lange." War das Einzige was Yukke dazu zum Besten gab, da er solche Albernheiten schon des Öfteren erleben dürfen, welche eigentlich nur dazu dienten, ihn auf Grund seiner hausmännischen Ader, etwas aufzuziehen. Doch er hatte gelernt damit umzugehen. Immerhin brauchte er sich nicht zu beschweren, dass es bei ihm in der Wohnung immer chaotisch aussah. Oder er kein Geschirr mehr zur Hand hatte, weil dies nicht im Stande war sich allein zu säubern, und demzufolge in abstrakt anmutenden Türmen auf seine Reinigung wartete. So, wie es bei Tatsuro meist der Fall war. Mit einem überaus zufriedenem Gesichtsausdruck, nahm dieser dann auch auf einem der zwei Stühle, die sich am Tisch befanden, platz, und legte seinen Grinsen auch nicht ab, als sich kurze Zeit später Yukke ihm gegenüber gesellte. "Du scheinst ja heute richtig gut drauf zu sein? Hattest wohl einen anregenden Traum, was?" "Vielleicht?", bekam er daraufhin nur als Antwort, und begnügte sich auch mit dieser Aussage. "Ich finde es übrigens nett, dass du meine Wäsche gewaschen hast, die ich bei meinem letzten Besuch hier in etwas unschönem Zustand zurückgelassen hatte.", teilte Tatsuro sich mit, der auch ganz froh darüber war, das sich sein Freund seiner Sachen angenommen hatte. Jene Sachen, die er bei ihrem letzten Gelage, welches sie hier abgehalten hatten, mit diversen Dingen eingesaut hatte, und welche er heute frisch und wohlriechend neben dem zugeteilten Handtuch im Bad hatte vorfinden dürfen. "Tja vielleicht wärst du dann auch mal so freundlich, mir die Sachen wieder zu bringen, die ich dir dafür ausgeliehen hatte. Wenn das nämlich so weiter geht, hab ich bald selbst nichts mehr im Schrank außer dem Zeug von dir. Und du willst doch nicht, das ich deine Klamotten alle einkürzen lasse, oder?" Auch wenn klar war, das sich ihre Kleidung in Style und Größe unterschied, und Tatsuro nur an die Sachen des anderen kam, um nicht nackt oder völlig versüfft nach Hause gehen zu müssen, so hielt er es nicht für so eilig diese Stücke seinem eigentlichen Besitzer wiederzugeben. Und wie immer, wenn er mit diesen Thema anfing, konnte Yukke davon ausgehen, dass der Andere ihm so gut wie gar nicht zugehört hatte, was er durch das dumpfe "Hm..." welches Tatsuro zwischen einem Bissen von seinem Toast, und dem darauf folgenden Schluck Kaffee, wieder einmal bestätigt sah. Etwas ungeduldig verfolgte Yukke Tatsuro mit seinem Blick, der sich gerade eben dazu aufbemüht hatte, seinen Platz am Küchentisch zu verlassen, um nun gemächlich in den Flur zu treten. In welchem er schon seit geraumer Zeit darauf wartete, dass dieser sich nun endlich in seinen Schuhe und Jacke schwang, damit das bestellte Taxi, nicht noch länger auf sie zu warten hatte. Aber es war durchaus typisch für Tatsuro, sich über solche Dinge einfach keine Gedanken zu machen. Er hörte ihn quasi schon sagen, dass es doch auch kein Weltuntergang wäre, wenn sie ein paar Yen mehr für die Fahrt zu bezahlen hätten. Schließlich brauchten sie ja nun wirklich nicht so knauserig sein. Und außerdem hieß es doch immer so schön -in der Ruhe liegt die Kraft- Und das demonstrierte Tatsuro, in einer für Yukke fast unerträglichen Gelassenheit, das dieser am liebsten selbst in das Ankleideverfahren seines Gegenübers eingegriffen hätte, nur damit sie endlich die Wohnung verlassen konnten. Denn auch wenn kein Grund zu übereilter Hektik bestand, so musste man doch immer davon ausgehen, dass auch auf dem Weg zu besagten Treffpunkt, noch einiges passieren konnte, was sie schließlich doch noch zu spät erscheinen ließ. Und gerade heute würden die zu erwartenden Folgen eine ganz bestimmte Person dazu veranlassen, den restlichen Tag damit auszulasten sich anstrengend widerspenstig zu geben. Und damit meinte er weder Satochi und schon gar nicht Miya. Dieser würde sich wohl ein breites Grinsen nicht verkneifen können, wenn Tatsuro, letztendlich, doch noch so leichtfertig die Zustimmung zu ihrem Besuch im Oedo Onsen aufs Spiel gesetzt hatte. Denn wenn Miya von einem problemlosen Ablauf sprach, dann bezog dieser auch wirklich alle Umstände mit ein. Auch das zu späte Erscheinen an besagter Bahnstation. Aber wie es aussah, war genau das Tatsuro nun gar nicht mehr präsent, da dieser noch immer vor sich hin trödelte, als hätte sie heute einen freien Tag. "Tatsuro jetzt mach endlich hin, sonst kommen wir wirklich nicht mehr pünktlich!", mahnte Yukke ihn eindringlich, worauf er schon seine linke Hand auf die Klinke der Wohnungstür legte, in der Hoffnung, der Andere würde diesen Wink, sich zu sputen, auch als solchen wahrnehmen. Erneut warf Yukke einen Blick auf seine Uhr, worauf er leicht den Kopf schüttelte. Nun war genau das eingetreten, was er mit seinem etwas früher geplanten Aufbrechen, hatte vermeiden wollen. Nun saßen sie gerade mal 10 Minuten in diesem Taxi, und schon hatte sie der all morgendliche Verkehr zum Stehen gebracht. Wenn dies so weiter gehen würde, würden sie definitiv nicht mehr pünktlich sein können, was Tatsuro aber nicht wirklich zu interessieren schien. Dieser hatte sich stattdessen mit seinem Ipod bewaffnet, und trommelte, zu undefinierbaren Klängen, rhythmisch auf seinen Oberschenkeln herum. Weitere 10 Minuten vergingen, in denen sich der Wagen nur gefühlte Zentimeter vorwärts bewegte, und Yukke, beim abermaligen Stillstand des Taxis, fast schon das Bedürfnis übermannte, einfach auszusteigen, und den Rest des Weges zu Fuß zurück legen zu wollen. So hätte sie vielleicht noch das Minimum einer Chance, es noch im vorgegebenen Zeitrahmen zu schaffen. Ein kurzer, prüfender Blick über den vor ihm befindlichen Beifahrersitz, durch die Frontscheibe, bekräftigte seine Überlegung nur noch mehr, und ohne das er noch länger über das für und wider nachdachte, zog er seine Geldbörse, und deutete dem Fahrer an, das sie seine Dienste nicht länger beanspruchen würden. Dieser nickte darauf verstehend, und ließ sich den fälligen Betrag bereitwillig auszahlen. Tatsuro hatte das Ganze gar nicht für voll genommen, und war nun sichtlich verwundert, als ihm Yukke einen seiner Kopfhörer entfernte, und ihm mitteilte, das sie ihren Weg auf andere Art und Weise bewältigen würden. Und ohne darauf zu warten, ob dieser mit seinem Plan einverstanden wäre, stieg Yukke daraufhin aus, wohl wissend das Tatsuro ihm dies nicht unbedingt gleich tun würde, und ließ seinen Blick schweifen, um sich erst einmal die nötige Orientierung zu verschaffen. Und wirklich, Tatsuro zeigte nicht den geringsten Ansatz einer Bemühung seinen Platz aufgeben zu wollen, da ihm die sichtliche Unruhe seines Freundes einfach nur übertrieben erschien. "Was ist nun? Kommst du mit, oder willst du weiter hier warten?", erkundigte sich Yukke, indem er sich wieder etwas in den Wagen hineinlehnte. "Wir können mit der U-Bahn fahren. Die Station ist ganz in der Nähe." Doch Tatsuros Gesicht verriet, das er dies für eine überaus unsinnige Idee hielt. "Du weißt schon, dass es um diese Zeit, dort unten zugeht, wie auf ner Range beim Kühe treiben, und ich habe ehrlich nicht die Lust, mir das anzutun mein Lieber! Außerdem, was ist schon dabei, wenn wir etwas später eintreffen? Miya wird es überleben. So wie ich ihn kenne, setzt er das ja quasi schon voraus." Yukke zog die Stirn in Falten. Tatsuro hatte anscheinend wirklich vergessen, was der Lohn für seine zweiwöchige Ausdauer, sich nicht daneben zu benehmen, war, und das dieser heute hätte eingelöst werden können. Konnte es sein, und Tatsuro hatte sich gar daran gewöhnt, sich vernünftig zu verhalten, und betrachtete es womöglich schon als normal? "Na ja...", setzte Yukke wieder an und versuchte dabei recht belanglos zu klingen, "... wenn du keine Lust mehr auf Entspannung nach dem Shooting hast, kann ich dich ja nicht dazu zwingen mir zu folgen." Mit diesem Satz wendete er sich ab, und setzte sich, Richtung U-Bahn Station, in Bewegung. drei..., zwei..., ein... "Yuuuuuukke!!! Hättest du mir das nicht eher sagen können!", ertönte es nun dicht hinter ihm, und ehe er sich seinem Freund zuwenden konnte, rauschte der auch schon an ihm vorbei. Trabte aber kurzerhand wieder zu ihm zurück, um ihm folglich am Arm zu packen, und mit sich zu schleifen. Kurz bevor sie die Stufen der Treppe in den Untergrund erreichten, zog sich Yukke seine dunkelgrüne Mütze noch etwas tiefer ins Gesicht, und auch Tatsuro richtete den Kragen seiner Jacke, und stülpte sich die Kapuze des darunter befindlichen Sweaters über sein Haupt, um ebenfalls noch etwas mehr Anonymität zu seiner Person zu erzeugen. Der typische morgendliche Strom aus Menschen, floss durch die Fahrkartensperre, an den Bahnsteig, und nur wenige Minuten später, schwappte er weiter in die eben eingetroffene Bahn. Und trotz der unzähligen Augen, die sich um sie herum befanden, waren sie doch nur ein Teil des Ganzen, und niemand einen Grund sah, ihnen mehr Beachtung zu schenken, als angebracht. Immer mehr Körper drängten sich in das Abteil, in dem auch Yukke und Tatsuro sich befanden, worauf sie allmählich in ein der Ecken des Wagons gedrückt wurde. "Das war vielleicht doch keine so gute Idee.", brachte Yukke seinen Gedanken nun etwas gequält hervor, als er spürte, wie nahe ihm sein Umfeld schon gerückt war. Er stemmte seine Hände gegen das Fenster, an welchem er sich befand, und er fühlte, wie die im Glas gefangene Kälte daraufhin langsam begann in seine Fingerspitzen zu ziehen. In der Reflektion der Scheibe erkannte er, das sich Tatsuro genau hinter ihm befand, und nun ebenfalls seine Handflächen auf die Scheibe legte, um durch abstützen seines Körpers, etwas Distanz zwischen ihnen aufbauen zu können. "Tja, ich hatte dich gewarnt.", entgegnete dieser, als er plötzlich unsanft zur Seite gedrängelt, und somit unweigerlich gegen Yukke geschoben wurde, der der Last in seinem Rücken, nur mit einem überraschten Keuchten entgegnen konnte. Zum Glück war es Tatsuro, der ihm hier so nahe kam, und nicht irgendeine wildfremde Person, der dies womöglich auch noch übermäßige Freude verschaffte. Diese Stadt beherbergte ja alles Mögliche an verqueren Geistern. Ein unweigerliches Schaudern durchzog ihn bei diesem Gedanken. Etwa 15 Minuten später, hatten sie schließlich ihr Ziel erreicht. Erleichtert, sich endlich wieder uneingeschränkt bewegen zu können, machten sie sich ohne weitere Umschweife auf den Weg zu dem Punkt, wo sie auch auf den Rest ihres Trupps treffen sollten. Ein erneuter Blick auf die Uhr sagte allerdings, dass sie schon über die Zeit waren, und auch wenn es sich dabei nur um wenige Minuten handelte, so war es nun an Miya, wie er dies bewerten würde. Und es war kein Geheimnis, das auch er es immer wieder genoss, wenn er ihrem aufmüpfigen Sänger mal einen Dämpfer verpassen konnte, welchen sich dieser am Ende sogar selbst zuschreiben musste. Ganz im Gegensatz zu ihrer ersten Strecke, verlief die Route der Yurikamome(1) überirdisch, was die Möglichkeit bot, sich während der Fahrt an der Umgebung zu erfreuen. Doch daran verschwendete weder Tatsuro, noch ein recht außer Puste geratener Yukke, einen Gedanken, als sie sich schließlich mit Miya höchst selbst konfrontiert sahen. Abwechselte schaute Yukke zwischen diesem und Tatsuro hin und her, doch nur im Gesicht ihres Sängers, konnte man so etwas wie einen emotionalen Ausdruck vorfinden, während Miya seine gewohnt nichtsagende Maske präsentierte, die er mit einer Zigarette im Mundwinkel verziert hatte. Fragend schaute Yukke zu Satochi, der seinen Blick auch sogleich einfing, diesen aber nur mit einem leichten Schulterzucken quittierte, welches sein Unwissen, über die momentane Lage, verdeutlichte. Nach einem letzten Zug, entledigte sich Miya von seinem Ruhespender, indem er diesen in dem neben ihm befindlichen, und dafür vorgesehenen Behältnis entsorgte, um sich daraufhin wieder Tatsuro zuzuwenden. "Und...?", erkundigte sich Miya, und die leichte, aber deutliche Überlegenheit, die er schon nur in dieses eine Wort zu packen wusste, ließ Tatsuro sich noch etwas mehr verspannen. Natürlich war diese Situation, es der gerade aufwogenden Energie, die von den beiden Hauptakteuren ausging, nicht wirklich wert. Schließlich würde keiner von ihnen, mit unbehebbaren Folgeschäden davonziehen müssen, sollten sie nicht zu den heißen Quellen gehen. Doch Yukke und auch Satochi wussten, dass dieser Grund, nur als erneuter Vorwand genutzt wurde, damit sich ihre beiden Superhelden, abermals darin messen konnten, wer hier wen am besten vorführen konnte. Wäre Yukke an Tatsuros Stelle gewesen, hätte er sich eigentlich schon geschlagen gegeben, immerhin waren die Regeln klar gewesen, und das Miya, in manchen Dingen, einfach übertrieben penibel war, war auch kein großes Geheimnis. Doch auch das überdimensionale Ego Tatsuros, bei dem man sich fragte, wo er dies nur zu verstauen wusste, war nicht minder gruselig, als die Eigenschaft ihres Leaders alles in Perfektion ertränken zu wollen. Noch immer hatte Tatsuro sich nicht geäußert, wohl weil er eigentlich genau wusste, dass es nichts zu diskutieren gab, da er eindeutig zu spät hier aufgetaucht, und ihr unsichtbarer Vertrag somit null und nicht geworden war. Doch so wie er Tatsuro einschätzte, war dies dennoch kein Grund, es nicht wenigstens, noch mal mit unsinnigen Argumenten zu versuchen, welche er wohl grade in seinen Kopf zusammen suchte. "Es war meine Schuld!" Simultan wanden sich drei Köpfe in Yukkes Richtung, und er sah sich sechs fragenden Augen gegenüber, worauf ihm ein schiefes Lächeln über die Lippen rutschte, und er seine Aussage noch einmal wiederholte. "Es war meine Schuld, dass wir zu spät gekommen sind. Tatsuro kann nichts dafür." Miyas Blick ruhte einen momentlang auf Yusuke, der nicht so recht wusste, wie er unter dieser Abmessung seiner Person am unauffälligsten agieren sollte. Schließlich war er nicht wirklich gut darin, jemand ein X für ein U vorzumachen. Und gerade als er dabei war, sich einzubilden, das seine Geständnis von Miyas Glaubwürdigkeitsradar als profane Lüge enttarnt wurde, wurden dessen Gesichtszüge etwas entspannter. Mit der Feststellung, dass er in diesem Falle, mal Gnade vor Recht ergehen lasse würde, angelte dieser sich erneut ein Tabakröllchen aus der Verpackung in seiner Jackeninnentasche, und ließ damit von Tatsuro ab. Die Verwirrung, die Miya mit dieser Tat in Yusuke und Satochi ausgelöst hatte, war so deutlich, dass man sie fast hätte greifen können. Nur Tatsuro machte keine Anstalten in Verwunderung auszubrechen, da er seiner Meinung nach, auch seinen Teil dazu beigetragen hatte, ihren stieseligen Leader doch noch zu erweichen. Und wenn man es genauer nahm ,dann hatte Yukke ja auch gar nicht so unrecht gehabt mit dem was er gesagt hatte, immer hin hätte dieser ihn ja auch früher wecken können, dann wären sie gar nicht erst zu spät gekommen; jawohl! Ein leichtes Grinsen schlich sich auf die Gesichtszüge Satochis, als er sich mit Yukke, neben dem ein selig vor sich hin schlummernden Tatsuro schniefte, alleine sah. Tatsuro war keine fünf Minuten, nachdem er sich platziert hatte, eingeschlafen. Und da Miya noch immer in ein Gespräch mit einem der Schaffner, über die Eigenheiten dieses Transportmittels, ein Abteil weiter vorn, vertieft war, nahm er die Gelegenheit gleich einmal wahr etwas Konversation zu betreiben. "Sei mal ehrlich Yukke, das ihr es nicht rechtzeitig geschafft habt, war doch bestimmt wieder die Schuld von unserem -Mister Fantastic- hier, stimmt´s?”, erkundigte er sich, und knuffte dabei gegen Tatsuros linken Fuß, der daraufhin zwar nicht erwachte, aber ein unverständliches Murmeln von sich gab, um darauf etwas seine Position zu verändern. Satochi sah sich in seiner Vermutung auch mehr als bestätigt, als ihm Yukke sein Aufmerksamkeit, nur in Form eines gedämpften Seufzten zuteilwerden ließ. "Du bist wirklich zu gut für diese Truppe mein lieber Yusuke!", meinte Satochi darauf in einem leicht theatralischen Ton, und tätschelte dabei wohlwollend dessen Knie. "Nur durch deinen heldenhaften Einsatz, ist es uns doch noch vergönnt, nach der uns erwartenden Mühsal etwas für unser aller Rekreation zu tun!" "Aber sonst geht es dir gut?", erkundigte sich Yukke mit hochgezogener Augenbraue, der den Monolog seines Kollegen, auf zu viel Konsum europäischer Mittelalterfilme zurückführte, welche sich dieser seit Neusten mit großer Begeisterung einverleibte. Dabei empfand er es schon mehr als erstaunlich, dass er das Wort -Rekreation- überhaupt fehlerfrei über die Lippen gebracht hatte, beziehungsweise sich der Bedeutung so genau bewusst war. Nun hatte auch Miya wieder zu ihnen zurück gefunden, dem zu seinem Wiedererscheinen ein undefinierbares Gemurmel seitens Tatsuros geschenkt wurde, der nun langsam, aber sicher, immer mehr in Richtung Gang abdriftete. Es war den dynamischen Reflexen seines Sitznachbar zu verdanken, dass er nicht gänzlich aus dem Sitz glitt, um folglich den Boden mit seiner Präsenz zu beehren. Yukke hatte ihn noch rechtzeitig an seiner Jacke packen können, und ihn in seine Richtung bugsierte. Mit dem Erfolg das jener, dieser Geste wohl die Bedeutung inne legte, sich an ihn anlehnen zu dürfen, um dort in wesentlich bequemerer Position weiter zu ruhen. Garniert mit einem ergebenen Kopfschütteln, das sich Miya nicht verkneifen konnte, und einem weiteren seltsamen Spruch aus Satochis Richtung, lenkte Yukke seinen Blick auf seinen schlummernden Freund, den anscheinend nicht einmal ein Vulkanausbruch aus seinen Träumen geholt hätte. Er musste kurzerhand darüber schmunzeln. "In Kürze erreichen wir die Haltestelle U-09 - Telecom Center", teile ihnen eine liebliche Frauenstimme, aus den Lautsprechern mit. Und hatte man vor wenigen Sekunden noch angenommen, das man ihren schlafender Kumpan, selbst durch sämtlichen Naturgewalten nicht dazu hätte bewegen können zu erwachen, so brauchte es nur die süße Stimme einer Kaori Mizuhashi(2), um alle Lebensgeister wieder in Tatsuro hervorzurufen, und ihn etwas konfus um sich schauen zu lassen. "Na das nenn ich aber mal effektiv!“, stellte Satochi belustig fest, der aus irgendeinem Grund heute zu besonders prächtiger Laune neigte. "Vielleicht sollten wir sie mal fragen, ob sie uns nicht auch ein Band mit ein paar anderen, netten Aufforderungen bespricht. Zum Beispiel, “Tatsuro nimm die Füße vom Tisch!” oder “Iwagami mach gefälligst den Mund zu beim Kauen!” Es wäre doch genial, wenn er da auch so folgsam wäre, oder was meint ihr?" Diesmal konnte sich auch Miya ein seichtes Schmunzeln nicht verkneifen, als er sich bei der Vorstellung erwischte, wie man durch diese Methode, vielleicht doch noch einen gesellschaftsfähigen Menschen aus ihrem Sänger zaubern konnte. Auch wenn ihm in dieser Hinsicht, der Glaube an Wunder schon frühzeitig abhanden gekommen war. Iwagami Tatsuro und gute Manieren, war gleich zu setzten mit einer prächtigen Blumenwiese, und einem Rasenmäher. Wenn man einmal davon ausging, mit welcher Leichtigkeit dieser auch das harmonischste Bild mit seinen Attitüden zerschrettern konnte. Na, wenn das mal nicht eine gelungene Metapher war., dachte sich Miya, und ein erneutes Kopfschütteln, suchte ihn über diesen Gedanken, heim. Schließlich schloss er sich seinen Kollegen an, die sich gerade dazu bereit machten, das Abteil beim nächsten Halt verlassen zu wollen. Ein scharfes Zischen, ließ ihn allerdings inne halten, worauf er sich noch einmal umdrehte, und Yukke erblickte der sich gerade seine Wange rieb, und einen 1,83m großen Idioten dem er seine Pein augenscheinlich zu verdanken hatte. "Was musst du auch gerade an mir vorbei wollen, wenn ich mich noch mal strecken will?!", war daraufhin alles was Miya brauchte, um eins und eins zusammen zählen zu können. Und plötzlich kam ihm die Idee, dass ein Tatsuro-Frühwarnsystem vielleicht eine ganz gute Erfindung wäre. Anm.: (1)Die Yurikamome-Linie, ist eine automatisierte Bahnlinie in Tokio, Japan. Betrieben wird sie von der Tokyo Waterfront New Transit Corporation und verbindet Shimbashi mit Toyosu und überquert auf ihrem Weg die künstliche Insel Odaiba in der Bucht von Tokio. Namensgeberin der Linie ist die Lachmöwe (japanisch yurikamome), welche auch der Präfekturvogel der Präfektur Tokio ist. (2)Kaori Mizuhashi ist eine ziemlich bekannte Synchronsprecherin für Animes und Computerspiele in Japan. Alle Haltestellen der Yurikamome werden durch verschiedene, bekannte jap. Personen angekündigt und Kaori Mizuhashi ist für die U9 (Telecom Center) zuständig ^_^ Kapitel 5: Roots of this feeling -------------------------------- "Hey Yukke, sind das neue Schuhe?“, erkundigte sich Satochi, als er, in einem Anflug der Langeweile, die ihn beim Warten auf ihr persönliches Band-Taxi ereilte hatte, zufällig auf das noch jungfräuliche, weiße Synthetikleder schielte. Prompt hockte dieser sich daraufhin vor seinen Freund, um nun recht interessiert dessen Fußbekleidung zu mustern. Und es dann ebenfalls als seine Pflicht ansah, ihn darüber zu informieren, das er eine recht gute Wahl getroffen habe, mit dem neusten Model dieser Ausführung, aber noch wesentlich stylischer ausgesehen hätte. Das man bei solch einem Akt des sinnfreien Zeitvertreibs eine zweite unnötige Meinung regelrecht heraufbeschwor, dämmerte Yukke leider erst, als er nun auch noch Tatsuro vor sich zählen konnte. Der mit Satochi augenblicklich in eine angeregte Diskussion über Schnürsenkel verfiel. Yusuke fragte sich ernsthaft, womit er es verdient hatte einem Gespräch über die ergonomische Bedeutung dieser Schnüre lauschen zu müssen. "Ist ja mal wieder gut ihr Freaks!", grollte er schließlich, als es im eindeutig zu bunt wurde, da man ihn fast in die hinter ihm befindliche Rabatte gekippt hätte. Nur weil es Satochi plötzlich für nötig befunden hatte, seinem Kollegen neben sich, auch noch das Profil der Sohle zeigen zu wollen, und ihn damit arg ins Schwangen gebrachte hatte. "Wenn ihr dann mit euren Weltverbesserungstheorien fertig seid, könnten wir dann auch mal los?" Miya hatte dem Schauspiel aus sicherer Distanz zugesehen, und somit auch als Erster und vorerst Einziger mitbekommen, das ihr Gefährt eingetroffen war. Er hatte schon auf dem Beifahrersitz Platz genommen, bevor er nun den Rest seiner Herde darüber informierte, es ihm gefälligst gleich zu tun und sie endlich einsteigen sollten. Immer diese Kindereien! Ein reichlich kühler Wind zerrte an den vier Männern, als sie ihr Ziel erreicht hatten, und aus dem Wagen ausgestiegen waren. Auch wenn es laut Kalender eigentlich noch Sommer war, so konnte man in den vergangenen Tagen deutlich spüren, dass dieser das Feld schon geräumt hatte, um der nachfolgenden Jahreszeit Platz zu machen. Und hier in der Nähe der Bucht, waren die Winde auch um einiges aggressiver, als im verbauten Kern der Stadt. Eilig schloss Tatsuro seine Jacke, die er während der Fahrt geöffnet hatte, wieder und schlang sich seine langen Arme um seinen leicht fröstelnden Körper. Als sie vom Parkplatz aus, auf das Gebäude zusteuerten, in welchem sie schon erwartet werden würden. "Zum Glück müssen wir nicht draußen arbeiten." Und genau diese nichts ahnende Äußerung Tatsuros, hellte das Gesicht Miyas, mit einem Male, auf eine fast unheimliche Art und Weise auf. Irgendwie hatte er das Gefühl, das er heute wenigstens einen Sieg davon tragen würde. Mahnend blickte Miya auf Tatsuro, der sich im Eingangsbereich vor einer der dort aufgehängten Fotographie postiert hatte, und diese nun recht eindringlich begutachtete. Auch als man ihn ein zweites Mal dazu aufforderte, sich endlich davon loszureißen, da der Fahrstuhl schon auf dem Wege zu ihnen sei, rührte sich dieser keinen Zentimeter von der Stelle. Das Tatsuro sich solchermaßen an einem Kunstobjekt festsetzten konnte, befand Miya schon mehr als ungewöhnlich, war dieser doch der Erste, der bei dem Wort -Museum- in eine Art von Paralyse verfiel. So blieb ihm also nichts anderes übrig, als sich ebenfalls von der Außergewöhnlichkeit dieses Bildes zu überzeugen, und ihren Nachzügler persönlich aus dessen Bann zu befreien. Und als er sich schließlich selbst mit dem Motiv zweier nackter Frauentorsos konfrontiert sah, wischte er den Gedanken, das Tatsuro sich auf unerklärlichem Wege, vielleicht doch noch zu einem Feingeist gewandelt hätte, vehement aus seinem Kopf. Fast wäre er der Versuchung erlegen gewesen, diesem einen Tritt zu verpassen, entschied sich aber lediglich dafür, ihn am Ärmel seiner Jacke zu packen, und in Richtung Aufzug zu zerren, dessen Türen sich gerade öffneten. “Was gab es denn zu sehn?" Man konnte mehr die Belustigung, als die Neugier in der Frage Satochis erkennen. “So wie Tatsu drauf gestarrt hat, war es entweder was zu Essen, oder was unbekleidetes.” Und auch ohne einen Kommentar, verriet ein Blick auf Miya, das es sich nicht um die erste Variante gehandelt haben konnte. Da er bis dato noch nicht Zeuge davon werden durfte, wie ihr Leader, beim Anblick von Nahrungsmitteln, sich mit dem Ausdruck purer Entnervtheit geschmückt hätte. Und als er aus Miyas Richtung ein leises, "hormongesteuerter Spinner" grummeln hörte, beglückwünschte sich Satochi innerlich, das er solch eine gute Menschenkenntnis sein Eigen nennen konnte. Kaum hatte Miya die Klinge der Tür zu der Räumlichkeit, in die man sie geordert hatte, berührt wurde diese auch schon von anderer Seite her aufgetan. Eine junge Frau blickte ihnen etwas überrascht entgegen, besann sich aber schnell wieder. Sie begrüßte die vier jungen Männer freundlich, bevor sie einen Schritt zur Seite tat, um diese eintreten zu lassen, und darauf selbst das Zimmer zu verlassen. Etwas nachdenklich schaute ihr Yukke hinter her. Irgendwie kam sie ihm bekannt vor. "Oi Yukke du alter Schwerenöter, noch keine 10 Minute vor Ort und schon den hübschen Mädels hinter her schaun!" Dieser winkte die Feststellung Satochis lediglich ab, und fuhr damit fort erst einmal das Team um sie herum zu begrüßen. Bis seine Aufmerksamkeit auf Tatsuro gezogen wurde, der sich gerade im Wortwechsel mit einem Herr befand, den er als Shimoyama-san, ihren Photographen identifizieren konnte. Anscheinend gab es etwas, das Tatsuro nicht so ganz zusagen wollte, da dieser erst etwas ungläubig auf Shimoyama-san schaute, und dann einen vernichtenden Blick zu Miya sandte, der nun recht guter Laune zu sein schien. Ein zaghaftes Räuspern ließ Yukke allerdings von dem Szenario abweichen, und er entdeckte die junge Frau von eben hinter sich, die mit einem Karton beladen, wohl darauf aufmerksam machen wollte, dass er ihr im Wege stand. Mit einer kurzen Entschuldigung trat dieser dann auch zur Seite, und erhielt dafür ein überaus nettes Lächeln, das er automatisch erwiderte. Erneut verfiel er in eine Überlegung, woher er dieses Gesicht zu kennen schien, und merkte somit nicht wie sich Tatsuro neben ihn gestellte hatte, und ihn interessiert musterte. "Die Kleine gefällt dir, was?", drang es schließlich an Yukkes Ohr, und etwas verwirrt registrierte er seinen Freund neben sich. "Uhm...was?" "Die Kleine da..." Mit einer Kopfbewegung, deutete Tatsuro auf die junge Frau, die gerade an einem der Stylingtische ein paar Utensilien in Position rückte, "...die hat es dir wohl angetan?" "Nun fang du nicht auch noch damit an!", meinte Yukke darauf hin nur, und kam nicht umhin sich zu wunder, dass diese Helden immer nur dann von einer überaus ausgeprägten Auffassungsgabe beseelt waren, wenn es um Frauen, Party und Selbstdarstellung ging. Wo waren die, wenn es mal hieß -der Proberaum müsste mal wieder aufgeräumt werden- oder -könnte mal jemand dabei behilflich sein, die Instrumente für den nächsten Auftritt zu verladen- Wenn er so über seine Sorgen bezüglich der typisch, männlichen Attitüden seiner Kollegen nachdachte, musste er sich ja fast schon eingestehen, dass er mit seinem Testosterongehalt wohl nicht mal einen -Mister Provinznest- Contest gewinnen würde. Er wohl eher bei einem Wettbewerb zur perfekten Hausfrau ne Chance hätte. Da machte es schon irgendwie Sinn, wenn ihn seine Freunde manchmal vorwarfen, dass er etwas zu -girlish- rüber käme. "Na, die muss es dir aber wirklich angetan haben!" Dieser Satz, gepaart mit der wild vor seinem Gesicht rumwedelten Hand Tatsuros, holte Yukke schließlich wieder zurück in die Realität, wo der Ausdruck in Tatsuros Gesicht ihn erneut etwas irritierte. "Ach Unsinn! Ich hab gerade an etwas völlig anderes gedacht.", versuchte er seine geistige Abwesenheit zu kaschieren, was Tatsuros Miene jedoch nicht im Geringsten veränderte, und Yukke fast dazu verleitete, sich zu erkundigen, ob es diesem auch gut ginge. Doch noch bevor er dazu ansetzten konnte, wies Miyas Stimme an, das sie sich nun langsam mal zum Make up bequemen sollten, da sich die Arbeit bekanntlich nicht von selbst erledigen würde. Schließlich trabten drei brave Musiker in Richtung Styling, und bevor er sich dessen so richtig bewusste geworden war, hatte sich Yukke auch schon genau an den Tisch begeben, wo ihn die bekannte Unbekannte erneut anlächelte. "Ah Fukuno-san, bitte nehmen sie Platz.“, wies sie ihn etwas zaghaft an. Yukke merkte, dass sie reichlich nervös zu sein schien. Somit folgte er der Aufforderung auch ohne Umschweife und ließ sich in den komfortablen Sitz sinken, von welchem ihm sein Konterfei entgegen blickte. Er folgte der zierlichen Gestalt, die sich neben ihm befand über den Spiegel. Er musste etwas Schmunzeln, als er sah, wie sie sich kurz zur Seite abwandte, noch einmal tief durchatmete, und sich anscheinend selbst noch etwas Mut zusprach. "Du bist ein verdammter Sadist!", knurrte Tatsuro zwischen seinen klappernden Zähnen hindurch, als sich erneut eine rüde Böe auf ihn stürzte, und ihm fast etwas verspielt durch die dunkle Mähne zauste. "Nun stell dich gefälligst nicht so an! Kann ich was dafür, dass du so ein dürres Windspiel bist und bei jedem kleinen Hauch gleich das große Frieren kriegst?" Tatsuro konnte die Schadenfreude in der Stimme Miyas nur allzu prägnant wahrnehmen. Hätte ein abruptes, sich auf ihn stürzen, nicht bedeutet, dass der Ausflug in die heißen Quellen damit passé gewesen wäre, hätte er genau das jetzt getan. So wäre ihm zumindest wieder etwas wärmer geworden. War er denn der Einzigen, der sich hier auf diesem gottverdammten Dach, in diesen viel zu dünnen Stoffen, den Allerwertesten abfror? Oder hatte Miya wahrscheinlich noch Recht, und er war wirklich ein Weichei? Ein Blick auf Sato zeigte ihm allerdings, dass es diesem nicht wirklich besser ging als ihm, und dass obwohl ihm der Titel -schlank wie eine Tanne- nicht unbedingt zugesprochen werden konnte. Wenn es jetzt auch noch Yukke ähnlich erging, dann hätte er vielleicht eine Chance, ihren anscheinend kälteresistenten Leader, davon überzeugen zu können, das Shooting wenigstens nicht allzu sehr in die Länge zu ziehen. Mit wenigen Schritten überbrückte er also die Distanz ,die sich zwischen ihm und Yukke befand, und als er diesem schließlich gegenüber stand, fand er ihn abermals in abwesender Verfassung vor. Irgendwie konnte er sich schon denken, was seinen rotblonden Freund da so beschäftigte. Doch mit einem Male erwachte dieser wieder aus seiner Starre, und fixierte ihn aus großen Augen. "Hanazawa Mariko", war dann auch das Einzige, was ihm Yukke entgegen brachte, und ihm damit einen überforderten Gesichtsausdruck bescherte. "Wie bitte?" Fast wäre Tatsuro über die Tatsache, sich nicht nur mit einer Silbe, über diese kryptische Äußerung erkundigt zu haben, stolz gewesen, wäre da nicht dieser herbe Beigeschmack der dieser Frage anhaftete. "Die Stylistin meine ich. Ich wusste doch, das ich sie irgendwo her kannte!", informierte er Tatsuro und dieser war sich nun nicht ganz sicher, ob Yukke sich nun so über des Rätsels Lösung freute, oder weil er damit eine andere positive Gefühlsregung in Verbindung brachte. "Tatsu du kennst sie doch auch. Eigentlich hätte es dir auffallen müssen und nicht mir. Aber bei deinem flatterhaften Sympathien, was das schöne Geschlecht angeht, ist es doch wieder nicht verwunderlich." "Ich, sie kennen...?" Gut er musste zugeben, dass er sich nun nicht jedes hübsche Gesicht, dem er bis dato begegnet war, in seinem Kopf gespeichert hatte, aber.... "Sie sieht jetzt etwas anders aus.", unterbrach Yukke seine Überlegungen, gefolgt von einem breiten Grinsen, das sich auf seinen Lippen widerspiegelte. "Du warst mal scharf auf sie!", feixte er dann, in der für ihn typischen Art, und klopfte seinem Freund dabei kumpelhaft auf die Schulter. "WAS???" "Mensch du bist echt nicht der Schnellste, wie? Es dürfte jetzt ungefähr eineinhalb Jahre her sein, da war sie schon einmal als Stylistin bei uns, und sie hatte dir auf Anhieb gefallen. Ich weiß noch, wie du mich auf sie angesetzt hattest, um etwas mehr über sie in Erfahrung zu bringen. Deshalb war mir ihr Name auch noch irgendwo ein Begriff." Hanazawa Mariko... Natürlich, jetzt wo Yukke ihm ein paar Details mehr genannt hatte, strömte die Erinnerung mit einer Vehemenz in sein Gedanken zurück, von der er ausgehen konnte, das ihre Gewalt der Grund dafür war, das dieser ihn nun mit besorgter Miene bedachte, da er seine Fassungslosigkeit sicherlich nicht so recht zu deuten wusste. Hanazawa Mariko Mit ihr hatte alles angefangen. Damals… vor über einem Jahr! /*/*/*/*/ "Ach nun komm schon Yukke, dafür musst du mir auch nichts zum Geburtstag schenken!" Dieser rollte erneut mit seinen braunen Augen, und strich sich resigniert durch seine scheckige Mähne. Als er schließlich die Zeitschrift, in welcher er so eben noch versucht hatte zu lesen, beiseitelegte, und nun ebenfalls den Grund für die Quengelei Tatsuros begutachtete. Ungefähr zehn Meter von ihnen entfernt stand sie nun, und war in ein Gespräch mit einer der anderen Mitarbeiterinnen ihres Visagisten Teams vertieft. Ließ dabei ab und an ein nettes Lächeln über ihre leicht rosé farbenen Lippen huschen, welches wohl auch der Anlass dafür war, das Tatsuro wie ein verschüchterter Teenager neben ihm stand, und gerade ziemlich dümmlich vor sich hin grinste. "Wenn ich sie für dich anspreche, dann will ich noch einen Bonus haben!", teile Yukke seinem Freund daraufhin mit, und machte sich auf seine Mission, sobald sich die beiden Frauen wieder getrennt, und jede ihrer eigenen Tätigkeit nachging. Mit Argusaugen verfolgte Tatsuro das Geschehen, als Yukke nun vor seiner Entdeckung zum Stehen kam, und sich mit einer leichten Verbeugung dieser nun vorstellte, was ein unsicheres Dreinblicken der jungen Dame mit sich brachte. Immerhin war dies ihr erster Tag in diesem Kreis, und sie schien leicht überfordert, dass sie von einem der Bandmitglieder auch gleich persönlich kontaktiert wurde. Natürlich hatte ihm Tatsuro aufgetragen, sich einfach mal ganz unverbindlich dieser vorzustellen, um ein paar Informationen über diese einzuholen, damit er auch wusste, ob ein Versuch sich vor der Unbekannten in Szene zu setzten, auch der Mühe wert sein würde. Und als Yukke dann nach über 10 Minuten wieder zu ihm zurück kehrte, um ihm mitzuteilen, dass sie auf den ersten Eindruck durch aus eine sympathische Person zu sein schien, und sogar ungebunden war, stand seinem Vorhaben, sie etwas näher kennen lernen zu wollen, nichts mehr im Wege. "Gern geschehen.", meinte Yukke, als sich Tatsuro folglich, ohne ein Wort, aber mit einen breiten Grinsen davon machte, und ihn einfach stehen ließ. Diejenigen die ein geschultes Auge und ein geübtes -Chaot on a mission- Gespür hatten, konnten in den darauf folgenden Wochen des Öfteren daran teilhaben, wie Tatsuro sich dem Versuch hin gab sich besonders interessant zu gestalten. Ob man es nun wollte oder nicht. Es war schon erstaunlich, was dieser Kerl für ein Ego besaß, und das wohl gerade dies so anziehend auf das schöne Geschlecht wirkte. Mehr als einmal hatte Miya, bei der Aufführung dieses Stückes, dem man nun nicht ganz zuschreiben konnte, ob es sich dabei um ein Drama, oder doch eher um eine Komödie handeln sollte, gottergeben seine Hände gen Himmel gehoben. Bis zu diesem einen Abend jedenfalls, als Tatsuro mit mürrischer Miene vor Yukkes Wohnungstür aufgetaucht war, und dieser irgendwie schon ahnte, was vorgefallen sein musste. Denn eigentlich war Tatsuro ja zu einem Date verabredet gewesen, nachdem sich das Ziel seiner Anstrengungen schließlich dazu hatte erweichen lassen, doch einmal mit ihm ausgehen zu wollen. Und für gewöhnlich war Tatsuro, nach solchen Ereignissen, immer mehr als nur mitteilungsbedürftig und energiegeladen, was Yukke von dem Mann in seinem Flur, nun aber wirklich nicht behaupten konnte. Er kannte Tatsuro nun schon lange genug um zu wissen, dass dieser seine Bestätigung, zu seiner fabulösen Person, in regelmäßigen Abständen bestätigt sehen musste. Und wer eignete sich dazu besser, als eine attraktive Frau. Er konnte sich auch nicht daran erinnern, dass jemals eine dieser Offerte nicht gefolgt wäre. Immerhin war ihr Sänger ein ziemlich faszinierender Charakter, und keineswegs unansehnlich. Und doch hatte es sich wohl jemand erdreistet, ihn von dieser Annahme zu befreien, und somit dessen Weltbild zum Wanken gebracht. Das solch eine Zurückweisung, für einen Mann von Tatsuros Format, nicht einfach zurückgesteckt werden konnte, war also denkbar. Und auch wenn dieser selbst so tat, als wäre es ihm egal, verriet Yukke sein gut ausgeprägtes Feingefühl, das dem ganz und gar nicht so war. Denn wenn Tatsuro etwas nicht passte, dann schüttete er meist einen Schwall aus sinnlosen Erklärungen und nervigen Vergleichen darüber, bis die Sache nicht mehr zu sehen war. Doch nun saß dieser mit einer finsteren Aura, auf dem dunklen Sessel in seinem Wohnzimmer, und alles was er zu sagen hatte war, das er sich gefälligst mal eine neue Sitzgelegenheit zulegen sollte, da das alte Ding ja nun wirklich schon längst ausgedient hatte. Trotzdem blieb er auf dem antiquarisch wirkenden Möbelstück hocken, und starrte weiter missmutig vor sich hin. Yukke hielt vorerst Abstand, seinen Freund nun mit der Ursache seiner verdrießlichen Laune zu belagern, und setzte erst einmal Kaffee an. Tatsuro hatte indes gar nicht mitbekommen, wie abwesend er war, bis ihm Yukke eine Tasse röstfeinsten Bohnenkaffe unter die Nase hielt, und ihm mit einem Lächeln noch einen Teller Kekse in die Hand drückte. "Vielleicht muntert dich das wieder etwas auf." Für einen Moment hing das Bild von Yusukes warmen Gesichtsausdruck im seinem Kopf fest, und schaffte es tatsächlich, ihn ein wenig wohlgesinnter zu stimmen. Eigentlich war er ja hier her gekommen, um seinen Frust darüber Luft zu machen, das er heute abserviert wurde, weil ihm Mariko nach einigem Zögern mitgeteilt hatte, dass sie ihn zwar nett finden, aber ihr Interesse sich doch auf jemand anderen aus ihrer Mitte beziehen würde. Und als er sie nach dem Namen des Anderen fragte, und er sich bei der Aufzählung von Yusuke mit den abrupt errötenden Wangen von Mariko konfrontiert sah, war es ihm auch ohne deren wörtliche Bestätigung klar. Aber was konnte Yukke schon dafür? Nie hatte er sich dazwischen gedrängelt, oder etwas zu seinen Gunsten bei ihr versucht. Er hatte ja sogar für ihn den ersten Schritt gemacht. Und jeder der Yukke kannte, wusste dass er seinen Freunden nie in den Rücken fallen würde. Er hatte nicht einmal diesen ominösen Bonus eingefordert, welchen er ihm aber trotzdem immer noch einräumte. Wenn er so darüber nachdachte, war es wirklich nur sein gekränkter Stolz, der ihn hier so mitnahm. Und es brauchte erst wieder einen Freund wie Yukke, das er sich dessen auch ohne großes Theater bewusst werden konnte. Den seichte Druck den Tatsuro nun auf seinen Schultern spürte, brachte ihn wieder dazu sich von seinen Gedanken loszureißen, worauf er in die besorgten Augen seines Freundes blicken konnte, der ihm gegenüberstand. "Alles OK Tatsu?" Wiederholt umspannte ihn diese tröstende Wärme, von der er nicht genau sagen konnte, wie er sie zu deuten hatte. Yukke war in solchen Dingen wirklich ein Meister. Selbst wenn er einem keinen direkten Rat zur Lösung seiner Sorgen geben konnte, so wohnten den Worten die er sagte einen Kraft inne, die einem irgendwie immer ein Stück von der Last befreite, die sich auf einen gelegt hatte. Doch diesmal war da noch etwas anderes das ihn umfing, und je mehr er dieses Gefühl demontierten, umso mehr schob er dessen Ursprung darauf zurück, das sein Ego, in seinem Selbstmitleid einfach einen Ersatz herbei ersann. Und da Yukke der Einzige war, auf den er diese plötzlich auftretende intensive Zuneigung projizieren konnte, zwang er sich dazu sie zu ignorieren. /*/*/*/*/ Nie hätte er zu diesem Zeitpunkt angenommen, dass die feinen Wurzeln dieser Empfindung, sich mit der Zeit derart in ihm verankern würden. Das der Spross den sie nährten, eines Tages die Mauern der Nichtbeachtung, die er darum gezogen hatte, nach und nach überwuchern würde. Doch genau das, war geschehen. Er konnte nun nicht mehr sagen, ob es nur durch sie dazu gekommen war, oder ob auch ein anderer Umstand ihn irgendwann zu dieser Geneigtheit bewogen hätte. Aber seit dem Tag, als diese Frau ihm freundlich, aber bestimmt hatte wissen lassen, dass er keine Chance bei ihr hätte, hatte sich etwas in ihm verändert. Etwas von dem nur er wusste, und das er gelernt hatte so gut hinter einer Kulisse aus Oberflächlichkeit und Unbedachtheit zu verstecken, das es einfach nicht von seinen üblichen Gebärden zu unterscheiden war. Aber wie sollte er nun mit der Tatsache umgehen, dass sie wieder hier war? Dass sie ihn hatte abblitzen lassen, war längst überwunden, doch wie sah es mit ihrem Interesse Yusuke gegenüber aus? Tatsuro hatte ihm nie den wahren Grund genannt, warum sie ihn abgewiesen hatte, und als sie dann urplötzlich nicht mehr erschien war, wegen, wie er gehört hatte, familiären Problemen, war dies Anlass genug Yukke auch weiter darüber in Unkenntnis zu lassen. "Tatsuro alles in Ordnung?", hörte er eine allzu vertraute Stimme fragen, und als er sich der Situation wieder gewahr wurde, fand er sich in einem Déjà-vu wieder, als er Yusuke in die dunklen, sorgenvollen Augen schaute, und dessen Hände auf seinen Schultern spürte. "Tut mir leid...", riss es Tatsuro dann gänzlich zurück ins jetzt, worauf ihm ein leicht verdutztes "Huh?" entkam, als sich das Haupt Yukkes plötzlich senkte. "Ich hatte vergessen, dass es eine eher negative Erinnerung für dich ist." Der belegte Klang mit dem Yukkes Stimme angefüllt war, verursachte etwas in Tatsuro, das er irgendwo mit Rührung in Verbindung brachte, und war fast der Versuchung erlegen, diesen darauf einfach einmal in den Arm zu nehmen. Er hielt jedoch abstand davon, als er sich der Präsenz einer weiteren Person bewusst wurde, die nun neben ihnen zum Stehen gekommen war, um mit einem leicht drängenden Räuspern auf sich und den Grund ihres hier seins aufmerksam zu machen. “Seit ihr dann so weit?” Miya wartete keine Antwort ab, als er auch schon wieder abzog, um deutlich zu mache, das sie ihm ohne Umschweife zu folgen hatten, damit sie dieses Shooting auch heute noch zu Ende bringen konnten. Folgsam setzten sich die beiden Musiker daraufhin in Bewegung. Und hatte Tatsuro kurz zuvor, nur mit den kalten Winden, die noch immer deutlich spürbar um sie herum tanzten, zu kämpfen, so schienen sie nun auch in seinem Inneren zu toben, wenn er daran dachte, dass es jemanden wagen könnte, sich zwischen ihn und Yukke zu drängeln. Denn eines wusste er nur zu gut. Dass er auf jeden Fall verlieren würde, wenn es darum ging mehr für diesen zu sein, als nur ein Kollege. Ein Freund. Kapitel 6: Already lost? ------------------------ Nachdem Tatsuro sich wieder umgezogen hatte, blickte er suchend in der Garderobe umher. Solange sie sich hier in diesen vier Wänden aufhalten würden, wurde er das Gefühl nicht los, das ihm etwas aus den Händen zu gleiten drohte. Abermals streifte sein Blick über das vor ihm befindliche Treiben, aus Mitwirkenden, an diesem Set, doch ausgerechnet Yukke konnte er nirgendwo ausfindig machen. Wo steckst du nur? Tatsuro wollte einfach nur noch weg, und mit den Jungs zu ihrer wohlverdienten Entspannung. Diese Frau hatte etwas in ihm ausgelöst, das eine Nervosität in ihm schürte, die in zusehends unruhiger werden ließ. Und als seine Aufmerksamkeit dann doch noch Yusuke erspähte, kam es einem Faustschlag in den Magen gleich. Er konnte verfolgen, wie dieser neben Mariko stand und augenscheinlich etwas in sein Handy eintippte, was höchstwahrscheinlich deren Telefonnummer war. Das herzliche Lächeln, was nun auf beiden Gesichtern vorzufinden war, bestätigte diese Ahnung nur noch mehr. Hätte er jetzt nicht einen Stuhl in greifbarer Nähe gehabt, wäre er wohl einfach auf den Boden gesunken und hätte von dort aus endgeistert vor sich hin geblickt. Das durfte doch nicht wahr sein! Kaum hatte ihn die Verlustangst, mit marternden Szenen in seinen Kopf, direkt ins eisige Wasser geworfen, wurde diese auch sogleich Realität, ohne dass er auch nur die Chance gehabt hätte, etwas daran zu ändern. Oder vielleicht doch? Immerhin hatte er den Vorteil, Yukke weitaus besser zu kennen, und wesentlich mehr Zeit mit ihm verbringen zu können, als diese..., diese Person. Er würde jetzt nicht einfach aufgeben und zusehen, wie dieser in sein Unglück rannte. Frauen konnten so zwielichtig sein. Am Ende wollte sie ihn nur um den Finger wickeln, um etwas von seiner Popularität abzubekommen. Aber davor würde er ihn schon bewahren. Schließlich waren sie ja Freunde. Beste Freunde! Mit neu gefasstem Mut, richtete sich Tatsuro wieder auf, und gerade als er zu Yukke hinüber gehen wollte, musste er feststellen, dass dieser nicht mehr dort vorzufinden war, wo er ihn zuletzt ausgemacht hatte. “Also Tatsu, können wir dann los?” Er registrierte, wie sich Miya und Satochi an ihm vorbei manövrierten und Letzterer ihm kurz vor Verlassen des Raumes, noch einmal mit der Hand bedeutete das er sich von, was auch immer, losreißen sollte, da sie sonst ohne ihn gehen würden. Mit dem Gedanken, das Yukke wohl schon vorgegangen sein musste, legte er die paar Meter bis zu Satochi zurück, worauf sie sich wenig später auch schon wieder vor dem Eingang des Gebäudes wieder fanden. Nur musste Tatsuro auch dort zur Kenntnis nehmen, das auch hier von ihrem Bassisten weit und breit nichts zu sehen war. Schnell konnte ein Taxi herangewunken werden, welches daraufhin vor den drei jungen Männern anhielt, um auf deren Einsteigen zu warten. "Yukke fehlt noch!", unterbrach Tatsuro den Versuch Satochis, ihn in den Wagen zu schieben, bis dieser ihm mitteilte, das Yukke nicht mitkommen würde, da er kurzfristig etwas anderes zu erledigen hätte. Bei diese Durchsage schwand Tatsuros gerade noch bestehender Widerstand abrupt, so das Satochi ihn mit einem leichten Schupps doch noch auf den Rücksitz des Taxis dirigieren konnte, das sich, mit dem Schließen der Hintertür, dann auch sofort wieder in Bewegung setzte. "Hat er gesagt, warum genau er nicht mitkommen könne?", versuchte Tatsuro eilig in Erfahrung zu bringen, doch auch Satochi konnte ihm nur ein Schulterzucken demonstrieren. Auch Miya gab keine Antwort zu dieser Frage von sich, was wohl heißen sollte, das er es genau so wenig wusste. "Ach, es wird schon nicht langweilig werden mein Großer.", meinte Satochi darauf verschmitzt und wuschelte Tatsuro dabei vergnügt durch dessen Haare, die ihm folglich wild ins Gesicht hingen. Wenigstens konnte Satochis Laune Nichts verderben. Dessen Ausgelassenheit, man sicherlich, mit der Vorfreude auf das Onsen erklären konnte. Und eigentlich würde Tatsuro sich diesem nur allzu gern anschließen, doch mit Yukkes jäher Absagen, war auch seine Elan auf und davon. "Sag mal irre ich mich, oder war es nicht deine Idee hier her gehe zu wollen?" Miya war doch etwas überfordert, mit der momentanen Verfassung die ihnen Tatsuro hier offenbarte. Dieser verbreitete den Eindruck, als hätte man ihn gegen seinen Willen hier her gezwungen, als er ihm abermals eine Frage gestellt hatte, und ein weiteres Mal ignoriert wurde. Seit sie hier angekommen waren, schien dieser völlig neben der Spur zu stehen. Zum Glück hatte er vorhin noch restzeitig verhindern können, das ihr halbnackter Sänger in seiner Trance den Damenwaschraum mit seiner Person in helle Panik versetzen konnte. Selbst wenn dieser, das wahrscheinlich nicht einmal registriert hätte. Obwohl das Bild, eines von dutzenden Frauenfäusten niedergestreckten Tatsuros, schon etwas Erheiterndes hatte. Dieser gab jedoch nur eine weitere Silbe des Desinteresses von sich, und rutschte noch etwas tiefer in das dampfende Wasser, bis nur noch sein Kopf heraus schaute. "Aus dem werd ich nicht schlau!“, wisperte Miya Satochi zu, der ein zustimmendes Nicken von sich gab, da er sich auf dieses seltsame Verhalten auch keinen sinnvollen Reim machen konnte. Weitere fünf Minuten verstrichen, in denen sich Tatsuro noch immer recht teilnahmslos zeigte und sich seine beiden Kollegen schließlich damit abfanden, dass dieser es vorzog, sie als nicht beachtenswert zu betrachten. Mit einem leisen Gluckern, versank Tatsuros Haupt nun ebenfalls in dem grünlich schimmernden Element, bis nur noch ein paar verwaiste Luftbläschen auf seine einstige, optische Präsenz hindeuteten. So sehr er sich auch bemühte sich einzureden, das es X-verschiedene Gründe gewesen sein konnten, die Yukke dazu bewegt hatte, ihrem Ausflug nicht beizuwohnen, so drängelte sich der unbestätigte Verdacht, es könnte etwas mit dieser Frau zu tun haben ,doch immer wieder dazwischen und steigerte somit seinen Frust um ein weiteres Level. Ein wohliges Seufzen ran Satochi über die feuchten Lippen, als er gerade den Punkt völliger Zufriedenheit in seinem Geist ausfindig gemacht hatte, und auch Miya musste zugeben, dass der Vorschlag sich diesen Ausflug zu gönnen, doch keine so schlechte Idee gewesen war. Eher unbewusst, ließ er seinen Blick darauf in Richtung Tatsuro schweifen, doch statt seiner konnte er nur das kontinuierlich, energischer werdende Blubbern beobachten, das dieser unter Wasser zu bewirkte schien. Nur um Sekunden darauf, wie von Donner gerührt, aus den Fluten empor zuschießen. Um mit dem mehrdeutigen Hinweis, dass es nicht auszuhalten wäre, das Becken und die ebenfalls darin befindlichen Personen mit fragenden Mienen hinter sich zu lassen. "Sollte man sich jetzt darüber Gedanken machen?", hörte Miya Satochi neben sich fragen, doch wusste er selbst nicht so genau, wie er diesen Auftritt gerade deuten sollte. Tatsuros Verhalten war manchmal einfach nicht nachzuvollziehen. Von einer Sekunde auf die andere, konnte diesem etwas einkommen, womit er sein Umfeld meist ziemlich überrumpelte. Diese meist emotional bedingten Anwandlungen, hatten im Laufe der Zeit jeden ihrer Band schon einmal in ausgiebiges Nachgrübeln gestürzt. Wenn Tatsuros orkanartige Ausbrüche, sie wie ein Keulenschlag getroffen hatte, und man annahm man hätte etwas gesagt oder getan, was solch einen Blow-out rechtfertigte. Es war irgendwo schon paradox. Wenn es um die Musik ging, wenn es darum ging Gefühle mit den ergriffensten Worten zu einem Songtext zu formen, konnte Tatsuro so unglaublich tiefgründig sein, das man meinte ein völlig anderer Charakter hätte diese zu Papier gebracht. Doch ging es darum sich in Persona mitzuteilen, war dieser so kantig und unbeholfen, das man, kannte man ihn nicht besser, davon ausging, das Tatsuro die Oberflächlichkeit schlecht hin verkörperte. "Vielleicht sollte wir mal nach ihm schauen." Auch wenn Miya nicht sagen konnte, ob der Versuch ihren exaltierten Nonkonformisten über ihre Führsorge zu informieren, auch auf dessen Wohlwolle treffen würde, sah er es schon als Pflicht, ihrer mehr oder weniger harmonischen Freundschaft an, wenigstens mal nach diesem zu sehen. Am Ende hatte ihm die Hitze doch zu sehr zugesetzt, und nun lag dieser irgendwo von einem Kreislaufzusammenbruch gebeutelt. Und Gott weiß, was bei solch einem Sturz alles passieren konnte. Mit gezügelter Eile verließen beide Musiker nun ebenfalls das Becken, bevor Miya die Schiebetür die den Badebereich von den Umkleiden trennte zurückschob, und sich sogleich prüfend in dieser umblickte. Während Satochi die Tür wieder schloss und es diesem dann augenblicklich gleich tat. Doch von Tatsuro keine Spur. In der Eingebung, das dieser vielleicht schon gegangen sein könnte, patschte Satochi hinüber zu ihren Schließfächern und sah sich, beim Anblick eines leeren Schrankes, in seiner Annahme nur bestätigt. "Er ist schon abgehauen.", teile er seine Entdeckung Miya mit, der bei dieser Information seine Stirn in nachdenkliche Falten legte, und sich unwillkürlich fragte, was Tatsuro dazu veranlasst hatte, Hals über Kopf zu verschwinden. Daraufhin richtete er sich wieder an Satochi, der sich mit einer Hand überlegend das Kien hielt und somit den Eindruck vermittelte, als wolle er hier einem mysteriösen Fall zu seiner Auflösung verhelfen. "Also ich weiß ja nicht wie du das siehst, aber ich werd mich auch verabschieden." Mit einem etwas enttäuschten Seufzen befand auch Satochi, das der Erfolg, das Gefühl von Entspannung erneut heraufzubeschwören, eher kläglich ausfallen würde und machte sich gleichermaßen daran, sich abzutrocknen und folglich wieder anzukleiden. So hatte er sich das Ganze eigentlich nicht vorgestellt. Er hatte sich wirklich darauf gefreut einmal wieder etwas außer der Reihe mit seinen Jungs unternehmen zu können, doch das hier war ja wohl ein mehr als rauchiger Schuss in den Ofen gewesen. Seinen Gedanken nachhängend, lief Tatsuro durch die erleuchtete Dämmerung von Odaiba, ohne ein bestimmtes Ziel vor Augen zu haben. Als er das Badehaus verlassen hatte, war der erste Impuls der gewesen, sich sein Handy zu suchen und Yusuke anrufen zu wollen. Doch irgendetwas in ihm, hielt ihn davon zurück. Nur zu gern hätte er gewusst, was dieser gerade tat. Ob jemand bei ihm war, der nicht bei ihm hätte sein sollen. Und je länger er damit haderte, Yukke doch endlich anzurufen, umso mehr wurde ihm klar, dass es Angst war die ihn so zögern ließ. Es war die Vorstellung, dass er Yukke anrief, und dieser seine Vermutung auch noch bestätigte. Ihm mit einem freudigen Ton in der Stimme erzählte, wie gut er sich unterhielt, und das er ihm beim nächsten Mal alles darüber erzählen würde. Es hätte nichts gegeben, was den Abgrund, in welchen er dabei gefallen wäre, minimiert hätte. Es war eine zermürbende doch invariable Tatsache, die ihm zuvor noch nie so klar vor Augen geführt wurde, wie zu diesem Zeitpunkt. Bis heute, war Yukke für ihn eine Konstante, die immer in gleicher Position, in seinem Leben vorhanden war. In all den Monate, in denen er sich durch eine Vielzahl von Begebenheiten, mehr und mehr zu diesem hingezogen gefühlte hatte, gab es nie etwas, oder jemanden, der ihn darauf verwiesen hatte, das diese Idylle schneller zu Staub zerfallen konnte, als einem zu begreifen möglich war. Er hatte nie auch nur einen Gedanken daran verschwendet, irgendetwas könnte sich daran ändern. Doch nun war das Gemälde seiner kleinen, mit den Empfindungen für Yukke kolorierten Welt, in Flammen aufgegangen, und die Asche brannte in seinen Augen. Egal wie intensiv er sich auch einzureden versuchte, dass er sich vielleicht auch völlig umsonst so verrückt machte, so konnte er dieses Gefühl, plötzlich auf verlorenen Posten zu stehen, einfach nicht ersticken. Früher oder später, würde er Yukke wieder gegenüberstehen müssen, und dann hatte er zu entscheiden, was ihm wichtiger war. Die Aufrechterhaltung seiner kleinen Fantasiedimension, oder das Glück von Yusuke. Als Tatsuro dann schließlich zum ersten Mal seinen Kopf hob, um sich zu orientieren, fand er sich auf einer recht belebten Einkaufsstraße wieder, die in ihrer Aufmachung zuerst etwas befremdlich wirkte. Doch dann fiel ihm ein, was ihm Yukke einmal über die Attraktionen dieses Stadtteils mitgeteilt hatte, und Venus Fort war definitiv eine ungewöhnliche, wie interessante Art den Shoppingdrang kaufwilliger Japaner zu umrahmen. Seine Schritte führten ihn vorbei an diversen Modeboutiquen, mit den großen und preisintensiven Namen ausländischer Labels. Vorbei an Geschäften, vor deren Schaufenstern sich junge Mädchen fast die Nasen platt drückten, und ihre Verzückung über die Auslagen mit allerlei Frohlocken kundtaten. Und irgendwann führte ihn sein Weg an einen Ort, der etwas außerhalb des rauschenden Storms lag. Wo das Werben um Kunden, nicht mit der standardisierten Reizüberflutung aus grellen Lichtern und verschwimmenden Geräuschen einherging. Einige Meter von all dem entfernt fand er eine Atmosphäre vor, die ihn unweigerlich an das erinnerte, was man sich unter südlich, europäische Romantik so vorstellte. Hier hatten die kleinen, gemütlichen Läden ihren Platz, die allerlei Handwerkskunst dar boten, und zum Betrachten einluden. Ein kleines Café, vor dem an wärmeren Abenden sicherlich Tische und Stühle zum Verweilen aufforderten, zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Interessiert trat er an das Schaufenster heran, und musste unweigerlich schmunzeln, als er die Tafel erblickte die auf die Spezialitäten des Hauses hindeutete. Vielleicht, so kam ihm der Gedanke, würde sich irgendwann einmal die Gelegenheit ergeben, hier wieder herzukommen. Und dann womöglich sogar mit Yukke gemeinsam. *** Mit einem Griff in seine Tasche, welche er gerade auf dem Tisch ihres Proberaumes abgestellt hatte, beförderte Miya eine Packung Taschentücher ans Tageslicht, die er auch sogleich an Tatsuro weiterreicht, da ihm das anhaltende Schniefen, nach dessen herzhafter Niestirade, reichlich auf die Nerven schlug. Dankend nahm Tatsuro die kleine rechteckige Zellstoffansammlung entgegen, worauf er sich auch gleich eines der weißen Tücher herauszog, um dieses seinem Zweck zu zuführen. "Du siehst ziemlich mitgenommen aus mein Lieber." Eigentlich kam es nur selten vor, das Tatsuro Miya sofort in einer Sache zustimmte, aber nach einem prüfenden Blick in den überdimensionalen Spiegel an der Wand in seinem Rücken, hätte es wahrlich keinen Sinn gemacht, ihm in diesem ersichtlichen Fakt widersprechen zu wollen. Im Nachhinein war es auch nicht gerade eine seiner besten Ideen gewesen, nach seinem gestrigen Blitzabgang, noch mit feuchten Haaren stundenlang durch die Gegend zu ziehen, da er den Drang verspürte hatte sich irgendwie beschäftigen zu müssen. Bis vier Uhr in der Früh, hatte er dann auch noch wach gelegen, da ihm zum einen unzählige Gedanken, und zum anderen leichte Schmerzen durch den Kopf gegangen waren, die auch jetzt noch durch ein beharrlichen Pochen hinter seiner Stirn auf sich aufmerksam machten. "Ich brauch nen Kaffee...", raunte er schließlich etwas heißer, und schlich kurzerhand aus dem Zimmer, in Richtung des Getränkeautomaten. Für Miya war es indes fraglich, ob es heute überhaupt noch möglich sein würde, mit der Arbeit an ihrem neusten Projekt fortzufahren, wenn ihr Sänger gerade dabei war eine Erkältung oder gar Grippe auszubrüten. Vielleicht sollte er diesen wieder nach Hause schicken, und mit den anderen beiden die Dinge in Angriff nehmen, für die die Anwesenheit Tatsuros nicht zwingend erforderlich war. Es wäre letztendlich für beide Seiten produktiver, wenn dieser so schnell wie möglich wieder fit werden würde, anstatt sich so lange zu schinden bis gar nichts mehr ging. Entschlossen Tatsuro, nach der Rückkehr von seiner Koffeinsuche, sofort wieder nach Hause zu dirigieren, wendete er sich erneut seiner Tasche zu, um dieser eine Flasche Wasser zu entnehmen. Und nach einem Schluck, der kalten Flüssigkeit, sich gedanklich eine Notiz zu machen, das warmer Tee durchaus seine Berechtigung in dieser aufkommenden Jahreszeit hatte. Fünf Minuten stand Tatsuro nun schon vor der Rettung eines jeden Durstigen mit passendem Kleingeld, und starrte selbstversunken auf die Vielzahl von Tasten, dass er für einen Außenstehenden sicherlich den Eindruck erweckte, dass er sich wohl einfach nicht entscheiden konnte. In wenigen Minuten würden auch Satochi und Yukke eintreffen, und dann würde er vielleicht sogar erfahren, was der Grund der plötzlichen Abstinenz seines rotblonden Freundes, nach dem gestrigen Shooting, gewesen war. Aber wollte er das überhaupt? Egal wie lange er sich den Kopf darüber zerbrach, was passiert sein könnte, so war ihm eigentlich auch klar das, sollte sich dieser eine nagende Verdacht bewahrheiten, er es wohl oder übel hinnehmen musste. Er hatte nicht das Recht Yukke etwas vorzuschreiben, und er hatte nicht den Mut ihm zu sagen, dass er ihm wichtig war. So wichtig das er es einfach nicht ertragen könnte, ihn an jemanden anderen zu verlieren. Die erste Stimme die Tatsuro bei seiner Wiederkehr in den Proberaumes entgegen kam, war die von Satochi, der gerade etwas von Zwiebeln und Zucker erzählte. In seiner Ausführung aber inne hielt, als er ihn in der Tür stehen sah. Mit musternder Mine trat Satochi nun an diesen heran, und nickte dann leicht mit seinem Haupt, wobei einige seiner Haarsträhne rhythmisch mitwippten. "Ja, du siehst wirklich nicht gerade zum Verlieben aus.", stellte dieser dann ebenfalls fest und nahm Miya die Überbringung der Nachricht, dass er sich gefälligst wieder nach Hause scheren sollte, um sich auszukurieren, gleich noch mit vorweg. Gerade im Ansatz dieses Angebot nicht beanspruchen zu wollen, war auch Miya näher gekommen und schaute ihn mit ernstem Ausdruck an. "Das ist keine Bitte, das ist ein Befehl!" Satochi schmunzelte erheitert, ob dem wortlosen Austausch von Information, via bohrender Blicke, der sich nun zwischen den beiden Männern, die vor ihm standen, abzeichnete. Es war doch immer wieder das gleiche Schauspiel... Als er sich vorhin bei seiner Ankunft nach ihrem singenden Überraschungsei erkundigt hatte, hatte ihm Miya mitgeteilt, dass es diesem nicht sonderlich gut ginge, und er ihn wieder nach Hause schicken würde, sobald er wieder anwesend wäre. Das leise aber nicht unhörbare Zugeständnis, das der Grund, warum sich Tatsuro erkältet hatte, etwas mit ihrem gestrigen Job zu tun haben könnte, hatte Satochi abermals gezeigt, das sich ihr kleiner, sonst so reservierter Leader, eine gewisse Mitschuld am derzeitigen Zustand Tatsuros zuschrieb. Jedoch Welten davon entfernt war, diesem das auch wissen zu lassen. Stattdessen starrten sie einander fast nieder, wobei es natürlich den Anschein machte, das Tatsuro diesen Kampf für sich entscheiden würde, da Miya ihm vom Längenwachstum eindeutig unterlegen war. Und da diese Darbietung noch ewig so hätte weitergehen können, war es an Satochi dem Ganzen ein Ende zu setzten, indem er Tatsuro eine Hand auf die Schulter legte, und ihm einen auffordernden Blick schenkte. "Miya hat Recht! Du tust dir keinen Gefallen, wenn du dich hier rumquälst. Und uns tust du keinen Gefallen, wenn du uns alle noch mit deinem Virus ansteckst." Eine Weile noch hielt die Spannung im Körper Tatsuros an, bevor er seine Schultern resigniert erschlaffen und seinen Blick sinken ließ. Ja, Miya hatte Recht. Aber er wollte nicht nach Hause, wo er alleine war, und wo ihm wieder dieses ungute Gefühl, er könnte etwas verpassen, umgab. Außerdem war Yukke noch gar nicht da, und wegen ihm war er doch vorrangig hier erschienen. Ein Blick auf die Uhr verriet, dass dieser eigentlich schon längst hätte hier sein müssen. Es war doch hoffentlich nichts passiert?! "Yukke kommt später.", teilte Miya daraufhin mit und Tatsuro wusste nicht, ob er Miya die Fähigkeit Gedanken zu lesen zuteilen sollte, oder ob dieser schlicht und einfach mitteilen wollte, dass er über den Verbleib ihres Jüngsten in Kenntnisse gesetzt wurde. Eher unbeabsichtigt und wieder seines Unwohlseins, musste er bei dem Gedanken, an einen Miya, mit übernatürlichen Fähigkeiten, anfangen zu grinsen. Vielleicht war ihr Gitarrist ja auch auserkoren die Welt zu retten, und unter dem Deckmantel seiner antreibenden und besserwisserischen Art, versuchte er nur so normal wie möglich zu wirken, um nicht aufzufallen? Tatsuros Mundwinkel hoben sich noch ein Stück weiter. Das würde so einige Macken, an ihrem Leader-sama, verständlich machen! "Du stehst doch noch immer hier rum!" Er zuckte unweigerlich, bei dieser Schelte, zusammen. Zum Glück, konnte Miya nicht auch noch mit vernichtenden Energien um sich werfen. Gott, er hatte eindeutig zu viel von diesem Sci-Fi Kram gesehen. Kapitel 7: Things should be easier ---------------------------------- Tatsuro hatte etwas Mühe, die bittere Tablette nicht gleich wieder hoch zu würgen, deren penetranter Geschmack auch durch einen großzügigen Schluck Cola nicht zu übertünchen war. Heute Morgen hatte er ja noch gehofft, dass es sich lediglich um einen Schnupfen handeln würde, doch seit er wieder zu Hause war, hatte sich sein Befinden weiter zum Negativen entwickelt, und er war zusehends froh, dass er nicht doch darauf bestanden hatte, im Studio zu bleiben. Erneut setzte er die Flasche, mit der braunen Brause, an seine Lippen, leerte diese fast vollständig, und schlurfte dann in sein Schlafzimmer, wo er sich müde auf seinem Bett nieder ließ. Schlaf war jetzt genau das, was er brauchte. zzZZ Langsam driftete Tatsuro aus seiner Traumwelt zurück, da ihm ständig etwas über seine Wange fuhr und dadurch ein nerviges Kitzeln verursachte. Als er kurz darauf seine Augen aufschlug, war es fast vollständig dunkel im Zimmer, doch der Auslöser seines Erwachens machte mit der grünlichen Reflektion seiner Tapetien (1) auf sich aufmerksam. „Uhh...Teto-chan...", begrüßte er den Kater mit schlaftrunkener Stimme, und streichelte ihm leicht über den Kopf, worauf dieser sogleich in ein zufriedenes Schnurren ausbrach. Tatsuro versuchte nun einen Blick auf seinen Digitalwecker zu erhaschen, musste jedoch feststellen, das ihm irgendetwas die Sicht auf dessen Anzeige verwehrte. Folglich griff er nach dem Objekt, das sich, soweit er das bei diesen Lichtverhältnissen erkennen konnte, als eine quadratische Pappschachtel vorstellte, von der er sich nicht erinnern konnte, sie dort platziert zu haben. Nachdem das kleine, elektronische Chronometer ihn darüber informiert hatte, das es bereits nach 20 Uhr war, richtete er sich mit einem leidlichen Stöhnen auf, und befand das es ihm nicht viel besser ginge, als die Stunden zuvor. Er würde wohl auch morgen noch der Arbeit fern bleiben müssen. Die Schachtel noch immer in seiner Hand haltend, stieg er aus dem Bett, und als das Licht, seiner Schlafzimmerbeleuchtung, ihm das Gefühl vermittelt, jemand würde seine Netzhaut mit Nadeln perforieren, konnte er sich ein scharfes Zischen nicht verkneifen. Was ihn sich auch gleich mit der freien Hand über seine gepeinigten Augen fahren ließ. Etwas erschreckt von dem Laut, den sein Herrchen von sich gegeben hatte, sprang der gescheckte Vierbeiner vom Bett und versteckte sich sogleich darunter, um die Lage aus einer sicheren Ecke überprüfen zu können. Als es Tatsuro kurz darauf wieder möglich war, sein Umfeld ohne Probleme zu betrachten, fiel seine Aufmerksamkeit sofort auf den mysteriösen Karton zurück, der in schnörkelloser weiß-grüner Optik darauf verwies, das sein Inhalt aus einem Sirup gegen grippale Infekte bestände und rein biologischen Uhrsprunges wäre. Das unangenehme Kratzen in seinem Hals, ließ ihn allerdings vorerst von der Überlegung abkommen, woher dieser stammte, da ihm der Drang, etwas trinken zu müssen, bei jedem Schlucken dringender erschien. In seiner Küche angekommen, nahm er den letzten Rest der koffeinhaltigen Limonade zu sich. Beförderte anschließend das leere Behältnis in Richtung Abfallbehälter, an welchem dieses jedoch abprallte, und für einen momentlang auf dem schwarz-weiß gefliesten Küchenfußboden kunstvoll vor sich hin rotierte. Dies hatte auch gleich die Aufmerksamkeit von Teto erweckte, der gerade im Türstock aufgetaucht war, wohl in der Hoffnung etwas zu Fressen zu bekommen. Da das, was ihm der seltsame andere Mensch, vor ein paar Stunden gegeben hatte, schon verputz worden war. Mit einem Schulterzucken ließ Tatsuro die Flasche wo sie war, und schaute dafür etwas überrascht auf den runden, hölzernen Tisch in einer Ecke des Raumes, auf den er für gewöhnlich all die Dinge ablegte, von denen er der Meinung war, sie irgendwann noch einmal gebrauchen zu können. Doch war eben der von diesen Sammelsurium befreit, und mit zwei darauf thronenden weißen Plastiktüten versehen worden. Er ging die wenigen Schritte darauf zu und fand einen Zettel vor, der neben den Tüten auf der Platte lag, und wohl als Erklärung zum Inhalt dienen sollte. Lieber Tatsu, Miya und Sato haben mir erzählt, das du dir eine Erkältung eingefangen hast, und da ich weiß, das du für so einen Umstand immer recht dürftig ausgerüstet bist, habe ich dir einige Dinge besorgt, die dir helfen sollen schnell wieder auf die Beine zu kommen. Außerdem hab ich noch ein paar Ratschläge für dich die, wenn du dich daran hältst, dir auch von Vorteil sein werden. 1. Ruh dich genügend aus und schlaf so viel wie möglich. 2. Nimm deine Medizin regelmäßig und Tabletten, wenn möglich, mit etwas zu Essen ein, so wirken sie schneller. 3. Trink viel, aber keine Cola, keine Energiedrinks und KEIN Bier sondern Wasser und Tee, der tut deinem Magen gut. 4. Das Essen nicht gänzlich außer Acht lassen, selbst wenn du keinen großen Hunger haben solltest. Aber keine schweren Sachen wie Pizza oder ähnliches Fastfood. Suppe ist immer gut, genau wie Obst. Die Vitamine werden deine Genesung fördern (und NEIN Fruchtgummibärchen sind keine Alternative) 5. Keine heißen Bäder, wenn du zu angeschlagen bist, da sonst dein Kreislauf kollabieren kann! 6. Dich immer schön warm halten, vielleicht opfert sich Teto ja auch als Wärmflasche ^_- Wenn Du dich daran hältst, sollte es schon etwas einfach auszuhalten sein. Alles was du brauchst, befindet sich in den Beuteln, und sollte er dir noch schlechter gehen, dann ruf mich an. Morgen wird Sato mal bei dir vorbei schauen, wenn er es nicht vergisst. Also Gute Besserung! Yukke Das Erste was Tatsuro durch den Kopf ging, als er die Zeilen zu Ende gelesen hatte, war die Frage, warum Yukke ihn nicht geweckt hatte, als er hier war? Doch selbst, wenn es ihn irgendwo ärgerte, so war ihm die Antwort eigentlich klar. Yukke war einfach die Fürsorge in Person, und ein Blick auf den ersten Punkt, auf dem Blatt Papier, in seinen Händen, gab Auskunft genug. Dabei hätte er ihn gerade heute, gerade jetzt, so gerne sehe wollen. Schon das Wissen, das er hier gewesen war, und er es verschlafen hatte, stimmte ihn traurig. Natürlich war es eine ungemein liebenswerte Geste, ihn mit allen möglichen Dingen zu versorgen, damit er bald wieder wohl auf sein würde, doch wusste er auch, das Yukke es auch für jeden anderen ihrer Band getan hätte. Dass es nicht daran lag, das er in ihm etwas ganz Besonders sah, oder ihn gar mehr entgegen brachte als Satochi oder Miya. Der einzige Grund, warum Yukke sich so hingebungsvoll um ihn kümmerte, bestand einfach nur darin, das er, Tatsuro, trotz seiner Anfang Dreißig in manchen, alltäglichen Dingen einfach zu unselbständig war, oder sie einfach als zu irrelevant betrachtete. Es gab eine Zeit, wo er damit ganz gut zu Recht kam, da er es gewohnt war, nur für sich selbst zu entscheiden. Auch wenn es schon damals Menschen gab, die sich durch dieses Denken belästig fühlten, schenkte er dem keinerlei Beachtung. Bis irgendwann Yusuke Fukuno ihren..., seinen Weg kreuzte und langsam alles in eine andere Verlauf lenkte. Anstatt den groß gewachsen Chaoten, der er nun mal war, ständig mit bissigen Hinweisen zu seinen Fehlern und Macken zu belangen, hatte er versucht durch kleine, freundliche Winks seine raue Oberfläche zu glätten. Und ließ sich auch nicht entmutigen, wenn er ihn gerade wegen dieser Einfühlsamen Art, nur zu gern auf die Schippe nahm. Und über die Jahre hatte Yukke wirklich etwas in ihm verändern können. Nicht alles. Aber einiges. Und dadurch auch das Klima, innerhalb ihrer Band, etwas gereinigt. Yukke war, auch wenn der Vergleich etwas kindlich erschien, so etwas wie sein guter Geist. Jemand der immer auf ihn Acht gab. Fast wie eine gottgegebene Aufgabe. Und er tat dies, ohne dass er jemals etwas dafür verlangte, oder sich damit rühmte. Alles was er tat, war einfach Yukke. Und er wusste das, wenn er ihn jetzt sofort anrufen, er alles steh und liegen lassen würde, um hier her zu kommen. Selbst wenn das bedeuten würde, ihre Arbeit zu unterbrechen. Miya würde ihm später sicherlich die Leviten lesen, das er sich so wehleidig zeigen musste. Aber er würde letztendlich nichts weiter dagegen sagen, sondern nur genervt die Augen verdrehen und Yukke dann gehen lassen. Yukke musste diese Einkäufe für ihn auch in einer Pause erledigt haben, da sie ja meist nicht vor 22 Uhr aus dem Studio kamen. Es wäre also schon etwas egoistisch, jetzt anzufangen zu jammern und damit die eh schon ins Stocken gerate Arbeit noch weiter zu untergraben. Er durfte Yukke auch nicht als seinen persönlichen Laufburschen betrachten. Dieser tat schon genug für ihn, ohne dass er dazu aufgefordert wurde. Er würde ihm jetzt einfach mal eine Pause von seiner Person gönnen. Auch wenn dies noch so schwer fallen würde. Die Zeit die seine Infekt andauern konnte, würde er schon alleine überstehen. Er war ja schließlich schon ein ziemlich großer Junge. *** Die folgenden Tage, verbrachte Tatsuro also damit, sich brav nach den Tipps von Schwester Fukuno zu richten, und damit sich zu langweilen, wenn er nicht gerade schlief. Der Versuch sich etwas mit Fernsehen oder Videospielen zu beschäftigen hatte er aufgegeben, da sich nach spätestens einer Stunde stets wieder Kopfschmerzen einstellten, und er zog es vor, diesen Umstand, in einem besseren Wissen, lieber zu vermeiden. Auch Tsukahara-san hatte schon bei ihm vorbeigeschaut, da sie, wie sie sagte, die Information über sein Befinden von seinem kleinen, schnuckeligen Freund bekommen hatte, als sie ihm vor wenigen Tagen im Hausflur begegnet sei. Die alte Dame hatte ihm ebenfalls angeboten ihm behilflich zu sein, wenn es mal etwas zu besorgen gäbe, oder sich jemand um Teto kümmern sollte. Und sie hatte ihn mit reichlich gesunder Hausmannskost versorgt, so dass er sich in diesem Punkt keine eigene Mühe machen musste. Satochi hatte ihn ebenfalls schon besucht, aber einen Tag später, als es Yukke angekündigt hatte, da dieser es doch tatsächlich vergessen hatte. Als Wiedergutmachung hatte er ihm einen kleinen, aber dafür exquisiten Kuchen mitgebracht. Und beinahe wäre Satochi noch einem etwas verspäteten Geistesblitz erlegen gewesen, der ihn darauf hinwies, dass dies vielleicht doch nicht so das ideale Mitbringsel für seinen Krankenbesuch war. Aber Tatsuro hatte ihn überzeugen können, das er dieses liebevoll geschaffene Backwerk durchaus essen konnte, da es ja mit reichlich Früchten dekoriert war und Yukke ihm ausdrücklich dazu geraten hatte Obst zu essen. Tatsuro hatte sich bei der Gelegenheit auch bei seinem Freund erkundigen können, ob Yusuke denn hatte verlauten lassen, warum er vor drei Tage nicht mit ihnen in das Onsen gehen konnte. Die Antwort die er darauf bekam, war jedoch mehr als unbefriedigend gewesen. Yukke hatte lediglich verlauten lassen, das es eine private Angelegenheit gewesen wäre, und somit hatte auch keiner weiter nachgehakt. Es besaß schließlich nicht jeder eine dermaßen taube Dreistigkeit, wie er sie sein eigen nennen konnte. Da es mitten in der Woche war und seine Kollegen tagsüber ja recht beschäftig waren, kam sein Besuch indes immer erst in den Abendstunden und blieb auch nicht all zu lange. Aber auch das war schon eine willkommene Abwechslung, auf die er sich freute. Und heute hatte sich, zu seinem Erstaunen, sogar Miya angekündigt. Das dieser das aus einem schlechten Gewissen heraus tat, war etwas das ihm selbst beim besten Willen nicht in den Sinn kam. Yukke hatte sich öfter per SMS beim ihm gemeldet und er hatte ihn manchmal daraufhin angerufen, um sich von diesem auf dem Laufenden halten zu lassen, was ihre Arbeit betraf. Trotzdem hatte er immer irgendwie das Gefühl, etwas zu verpassen. Und nicht nur was ihr Projekt anging. Dennoch versicherte er Yusuke stets, das es ihm von Tag zu Tag besser ginge, und dieser sich nicht unnötige Sorgen um ihn machen müsse. Schließlich hatte er sich vorgenommen, sich nicht unnötig sensibel zu benehmen, auch wenn er den anderen vermisste und ihn nur zu gerne um sich gehabt hätte. *** Nach einem zufrieden Blick in seinen Badezimmerspiegel, der ihm den Befund lieferte, das er zu seinem alten, unwiderstehlichen Ich zurückgefunden hat und einem Blick auf die Uhr, die ihm sagte, das er eindeutig zu spät ins Studio kam, verließ Tatsuro seine Wohnung. Jedoch nicht ohne seinem verschmusten Kater noch einmal hinter den Ohren zu graulen. Die Welt draußen empfing ihn mit einem blassblauen Himmel, an welchem sich ein paar vereinzelte Wolkenfetzen entlang zogen, in denen sich der weißgelbe Schein der Sonne verfangen hatte, der auch die Stadt überzog. Der November rückte immer näher, und somit auch die Frage, was er Yukke diesmal zu seinem Jahrestag schenken könnte. Er hatte sich schon seit geraumer Zeit Gedanken darüber gemacht, da dieser nie wirklich etwas verlauten ließ. Beziehungsweise immer sagte, dass er nichts geschenkt haben wolle, da es ihm schon ausreichen würde, wenn sie alle zusammen, zur Feier des Tages, einfach einen drauf machen würden. Doch bis jetzt hatte sich noch niemand von ihnen davon abhalten lassen, ihm wenigstens etwas Kleines, wenn auch nicht immer Sinnvolles, zu überreichen. Und er wollte garantiert nicht der Erste sein, der nun damit anfing, auf den unspektakulären Wunsch Yusukes, Nichts haben zu wollen, einging. Wenn jemand es verdient hatte, mit liebevoll, ausgesuchtem Krimskrams beglückt zu werden, dann Yukke. Doch dazu musste ihm erst einmal eine passende Idee einfallen, und wenn ihm nicht bald die Erleuchtung kam, dann würde er wohl doch als Einziger mit leeren Händen dastehen, und das wäre in der Tat schon etwas schändlich. Wenn auch nicht gerade untypisch für ihn und nicht unerwartet für die die ihn kannten. Aber hier ging es ja schließlich nicht um irgendwen. Als Tatsuro, die Tür des Proberaumes, in aller Eile, aufriss, überkam ihn kitschiger Weise, das Gefühl von wieder gewonnener, familiärer Vertrautheit. Miya saß wie immer vor einem gut sortierten Chaos an Papieren, und warf mit verdunkelter Miene einen hinweisenden Blick auf seine Armbanduhr. Satochi versuchte indes, mit einem seiner Drumsticks eine Stelle auf seinem Rücken zu erreichen, die ihn anscheinend juckte. Ihm aber dennoch ein kurzes "Oi" zukommen ließ. Und Yukke... Yukke lächelte ihn einfach nur herzlich an, und ließ ihn dann wissen, dass es schön sei, das er wieder da wäre. "Somit wäre dann ja alles wieder beim Alten.", hörte er auch Miya nuscheln, was in dessen Sprache wohl so viel wie „ Willkommen zurück“ zu bedeuten hatte. Und wirklich, Tatsuro fühlte sich ungemein gut und energiegeladen, was im Zusammenhang mit Arbeit, fast schon einen historischen Event gleich kam. So hätte es zumindest Miya ausgedrückt. Aber auch ihr passionierter Leader wusste, dass er seinen Job, in der Regel, ziemlich ernst nahm, auch wenn sich dies meist nicht so darstellte, wie bei dem normal, tickenden Teil der Bevölkerung. Aber er tat es und das letztendlich auch mit Bravur, wie man am Verlauf ihrer Karriere ermessen konnte. Zum wiederholten Male konnte Tatsuro beobachten, wie sich Yukke mit seinem Handy entschuldigte, und dann auf dem Flur verschwand, so dass kaum die Chance bestand, ein länger anhaltendes Gespräch mit diesem führen zu können. Auch wenn sie sich meist nur über Banalitäten austauchten, so war doch genau das etwas, worauf er sich die letzten Tage irgendwie gefreut hatte. Und nun rannte dieser, in fast jeder Pause, davon, und ließ nicht einen Hinweis durch, mit wem er so intensiven Kontakt pflegte. Was Tatsuro, unglücklicherweise, wieder mit dieser inneren Unruhe ausfüllte. Sollte sich in der Zeit, in der er unpässlich gewesen war, doch so viel ereignet haben? Jedenfalls wirkten die anderen beiden recht teilnahmslos, auf das ständige hin und her Yusukes. Vielleicht, weil sie sich in der vergangenen Woche schon daran gewöhnen konnten und es sie nun nicht mehr wunderte. "Hey Tatsuro!" Miya, der gerade über einen paar Notenblättern grübelte, winkte ihn zu sich heran. Und Tatsuro folgte dieser Aufforderung sofort, nachdem er noch einmal einen nachdenklichen Blick in Richtung ihres verschwunden Bassisten geschickt hatte. "Was kann ich für dich tun Masaaki?" Der deutlich skeptische Blick von Seiten Miyas, auf Grund dieser anstandslos wirkenden Art ihres Sängers, ließ Tatsuro fragend die Augenbrauen heben. Irgendwie hatte es sich ihm entzogen, warum dieser ihn so schräg anschaute. Das er einfach davon ausging, das es etwas mit dem Zettelwirrwarr vor ihm zu tun haben musste und warf nun ebenfalls einen Blick darauf. Und da Miya nun schon einmal dessen ungeteilte Aufmerksamkeit auf seiner Seite hatte, nahm er auch gleich eines der Blätter auf und deute dann mit dem schwarzen Stift, in seiner Hand, auf eine bestimmte Stelle. "Hier habe ich noch einmal etwas verändert, damit es nicht so flach klingt und demzufolge müsstest du im Gesang nun auch in einen etwas volleren Ton übergehen." Darauf richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf Tatsuro, um auszumachen, ob dieser ihn auch verstanden hatte. Und tatsächlich brachte ihm dieser ein nachvollziehendes Nicken entgegen. "Gut, dann versuchen wir das gleich einmal." Mit diesen Worten richtete sich Miya auf, was auch gleichzeitig das Ende ihrer Pause einleitete. Wie auf Befehl, kam nun auch Yukke wieder in die Räumlichkeit zurück. Nachdem auch Sato und er über die Neuerung informiert wurden waren, nahm ein jeder wieder seine Position ein. Nur wenige Momente später leitete der tiefe Klang des Bass, das Spiel ein und verband sich nach und nach mit den drei anderen Elementen zu einem melodischen Ganzen. *** "Und wie sieht es heute aus Yukke? Hast du Lust noch etwas zu unternehmen?" Tatsuro hatte sich auf die, für seine Größe, etwas zu kleine Couch gelegt und streckte seine verspannten Glieder ausgiebig, bis ihn ein unschönes Knacken, in seiner Schulter, wieder zusammenfahren ließ. "Du solltest vielleicht mal mehr Calcium zu dir nehmen.", riet ihm Yusuke, der sich gerade seine Mütze über die rotblonde Mähne zog. Tatsuro musterte ihn von seinem Platz aus, da er ihm noch immer keine Antwort auf seine Frage gegeben hatte. Und es auch irgendwie den Eindruck machte, als könne er darauf auch noch ewig warten. Yukke hüllte sich stattdessen in seine Jacke und knöpfte diese zu, bevor er zu seiner Tasche griff und sich mit einem kurz angebundenem “Bis morgen” aus dem Staub machte. Entweder Yukke hatte ihn gerade gekonnt ignoriert, oder aber er hatte seine Anfrage gar nicht erst mitbekommen. Was irgendwo mehr Sinn ergab, und sich auch weit weniger negativ anfühlte. Auch Gestern schon, hatte Yukke ihm quasi einen Korb gegeben, und es war ja nun mehr als offensichtlich, dass hier etwas vor sich ging, weshalb dieser in der letzten Zeit immer so auf dem Sprung war. Das einfachste wäre natürlich sich einmal ganz unverbindlich zu erkundigen, aber die Angst etwas zu erfahren, was er nicht hören beziehungsweise akzeptieren wollte, war noch immer präsent. Es war nun mal um einiges einfach, sich seine eigne, sympathischere Wahrheit zu spinnen, als etwas vor Augen geführt zu bekommen, das einfach nur schmerzte. Mit einem enttäuschten Grummeln richtete sich Tatsuro folglich auf, um nun ebenfalls verschwinden zu wollen, als ihm plötzlich Satochi einen Arm um die Schulter legte und ihn verschmitzt angrinste. "Na, hast du schon was für unseren Yu-chan?" Für einen Augenblick starrte Angesprochener seinen Freund etwas überfordert an, was Sato auch zu deuten schien, und strubbelte Tatsuro, wie so oft, neckend durch die Haare. Er konnte sich wahrlich nicht erklären, warum sich Satochi diesen Spleen zugezogen hatte. Das Einzige was er wusste war, das er es anscheinend immer nur auf ihn abgesehen hatte. Die Haare von Yukke waren ihm vielleicht zu kurz und deshalb nicht wert Ziel eines Hairstylemassaker zu werden? Und bei Miya, hätte er mit so einer Aktion, ganz sicher sein Todesurteil unterschrieben. Dabei hatte dieser doch das üppigste Haar von ihnen allen. Und so schon die eine oder andere Stylistin in Verzückung oder auch Resignation versetzt, da man sich an dieser Pracht wunderbar austoben, beziehungsweise völlig den Überblick darüber verlieren konnte. "...hörst du mir eigentlich zu?" Mit einem Kniff in dessen Nase, holte Sato Tatsuro wieder zu sich, der sich mit einem gedämpften Laut des Missfallens nun ein Stück von diesen entfernte. "Was sollte den das?!", knurrte er, sich noch immer sein gepeinigtes Näschen reibend. "Ich hatte dich was gefragt, du Traumtänzer." /.../ "...Haare...", griff Tatsuro nun ein Wort aus seinen letzten Gedanken wieder auf, und verursachte damit, das sich sämtliche Gesichtszüge Satochis auf abstrakteste Weise verzogen, das er von einem Picasso nicht mehr weit entfernt war. "Haare!", echote er schließlich, um sein Ungemach auch noch akustisch auszudrücken. "Glaubst du, das Yukke sich darüber freuen wird? Oder hast du Information über einen neuen bizarren Fetisch von ihm?" Tatsuro konnte der ganzen Unterhaltung irgendwie nicht mehr so recht folgen. Was redete Satochi den da für einen Unsinn? "Huh...?", war alles was er darauf noch zu erwidern wusste, was zu Folge hatte, das nun beide Männer etwas dümmlich aus ihrer Wäsche blickten. Miya, der das Ganze am Rande mit verfolgt hatte, konnte sich auf Grund des geführten Dialogs, seiner Kollegen, ein entgeistertes Seufzen nicht verkneifen. Trotzdem musste er über den Gedanken dieser Schwachsinnigkeit kurz glucksen, bevor er endlich zum Ende seines Tuns kam, und ebenfalls seine Sachen zusammen räumte. *** Geschafft ließ sich Yukke in seinem Lieblingssessel sinken, und schloss einen Moment lang die Augen. Seit ihm sein Bruder mitgeteilt hatte, dass er heiraten wolle, war irgendwie keine richtige Ruhe mehr in sein Leben zu bekommen. Er freute sich ja für Taro, dass er die Frau gefunden zu haben schien, mit der er sein restliches Leben zu verbringen gedachte. Aber das seine Familie jetzt so dermaßen durch den Wind deswegen war, schien ihm doch etwas übertrieben. Und das er so ganz nebenbei auch noch mit in dieses ganze Chaos eingespannt wurde, zerrte nun doch etwas an seiner Ausdauer. Aber er war ja selbst schuld! Wenn er ihnen von vorn herein klipp und klar gesagt hätte, das er für so etwas eigentlich gar keine Zeit hatte, da es für ihn ja schließlich auch immer mehr als genug zu tun gab, dann hätte sie ihn sicherlich auch verstanden. Wer hätte den auch ahnen können, das so ein kleiner Satz wie „sagt Bescheid, wenn ich euch bei etwas helfen kann“ mit solch einem Nachdruck aufgenommen werden würde? Seine Gutmüdigkeit und seine Aufopferungsdrang schafften es, ihn in regelmäßigen Abständen in etwas hinein zu befördern, so dass er seine eigenen Bedürfnisse immer in den Schatten stellen musste. Manchmal wünschte er sich wirklich, er wäre ein Stück nur wie Tatsuro. Wenn diesem etwas nicht passte, oder ihm etwas zu viel wurde, dann machte er daraus auch keinen Hehl. Nur wie dieser es dann immer zur Schau stellen musste, war eine Sache, die er so nicht durchziehen könnte. Dafür fehlte es ihm deutlich an Temperament und Gleichgültigkeit. Schon bei dem Gedanken sich so aufzuführen, stieg ein leichtes Gefühl von Scham in Yukke auf. Er würde wohl Tage damit zubringen, sich bei aller Welt für sein Verhalten zu endschuldigen, weil ihn das schlechte Gewissen im Nacken saß. Nein, da blieb er doch lieber auf seinem eigenen Weg. Auf eine gewisse Art und Weise ehrte es ihn ja auch, das seine Familie ihm so viel Vertrauen entgegen brachten, und ihn gern und vor allem oft nach seiner Meinung zu diesem und jenen befragten, was die Hochzeitsvorbereitungen anging. Wenn die Jungs wüssten, das er deshalb in letzter Zeit so beschäftig war, dann könnte er auch gleich mit einem rosa Chiffonkleid zu ihren Proben erscheinen. Und damit sicherlich denselben Effekt erzielen, als wenn er es erwähnen würde, und ihnen schon mal einen Witz auf seine Kosten vorwegnehmen. Womit er wieder beim der Aufwiegung seiner maskulinen Seite angekommen wäre. Aber noch wusste keiner etwas davon, und somit konnte er auch weiter hin durch Tokios Konsumtempel schlendern, um sich für seine Liebe nach Preisen für Hochzeitgeschenke zu erkundigen, und um selbst die eine oder andere Idee einzuholen. Wenn er jemals heiraten sollte, dann aber bestimmt nicht mit so viel Trouble drum herum. Aber bis jetzt gab es ja noch nicht einmal eine Auserwählte für ihn. Wieder so ein Punkt, in welchem er Tatsuro um seine Art beneidete. Mit dessen Charisma, konnte er ebenso wenig mithalten, wie mit dessen Selbstbewusstsein. Und auch wenn es tausende Fans gab, die ihm nur allzu gerne ihre Zuneigung bestätigten, so zweifelte er daran, dass er seine Traumfrau gerade unter diesen auffinden würde. Außerdem müsste es eine Frau sein, die damit umgehen konnte, nicht an erster Stelle in seinem Leben zu stehen. Den mit der Musik aufhören kam für ihn einfach nicht in Frage. Am besten, er legte diese Gedanken wieder bei Seite, bis sie wirklich einmal relevant werden würden. So ins Blaue hinein zu sinnieren, hatte letztendlich auch keinen Sinn. Und die paar Wochen, bis zu diesem großen Event, würde er auch noch überstehen, und wenn er sich nicht allzu ungeschickt anstellte, dann auch ohne, dass, vorrangig Tatsuro und Satochi, etwas davon mitbekamen. Bei Miya hatte er zwar keine Bedenken, ihn davon wissen zu lassen. Doch er kannte auch die Taktik, der beiden unnachgiebigen Quälgeister, wenn sie Verdacht schöpften, dass jemand etwas zu wissen schien, dass sie nicht wissen sollten. Das wollte er ihrem armen, leicht aufbrausenden Leader-sama nicht zumuten. Sollte ihn der Umhang der Unwissenheit davor behüten. Er würde sie erst einweihen, wenn er den Stress hinter sich gebracht hätte, und somit auch wieder mehr Ausgeglichenheit sein eigen nennen konnte, um etwaige Sticheleien routiniert überhören zu können. Doch für heute, hatte er erst einmal genug. *** (1) Als Tapetum cellulosum lucidum, kurz Tapetum lucidum (lat. „leuchtender Teppich“), noch kürzer Tapetum, wird eine reflektierende Schicht bezeichnet, die sich hinter der Netzhaut des Auges vieler nachtaktiver Tiere (z. B. bei Katzen und Hunden) aber auch Rindern und Pferden befindet. Die Schicht spiegelt das Licht, das die Netzhaut bereits passiert hat, nochmals zurück. Kapitel 8: What´s going on in your mind? ---------------------------------------- Die folgenden Tage wurden damit zugebracht, die Songs für ihre nächste Single zu perfektionieren, um sie schließlich aufnehmen zu können, damit ihr Werk dann auch, wie geplant, in den Handel gebracht werden konnte. Die Zeit verging manchmal so schnell. Yukke waren noch so viele verschiedene Ereignisse im Gedächtnis, die schon lange zurück lagen und dennoch so deutlich in seinen Erinnerungen zu erkennen waren, als wären seit dem nur wenige Tage verstrichen. Sie hatten aus guten und negativen Erlebnissen geschöpft, und all ihre Empfindungen zu verbinden gewusst. Diese CD wäre ein weiterer Schritt auf ihrem Weg, dessen Verlauf so unvorhersehbar war. Sie hatte schon viel erreicht. Viele Dinge hinter sich gelassen, im Streben nach ihrem ganz persönlichen Ziel. Es wäre ein leichtes gewesen, sich von ihrem schon erarbeiteten Erfolg tragen zu lassen. Doch gab es noch so viel mehr, das ihnen inne wohnte. Es war nie genug! Es war nie schon alles versucht. Und genau das, machte die Leidenschaft für ihre Musik aus. Bei ihrem Schaffen ging es nicht darum, sich nach dem zu richten, was sicher war. Denn die daraus resultierenden Erfolge wurden irgendwann wie Wasser. Farblos und fade. Und ihr Name sollte für Individualität stehen. Der Beweis dafür sein, das man sich nicht in eine Richtung zwingen lassen sollte, nur weil sie einfacher erschien. Der Mut etwas zu riskieren, hatte sie weit gebracht. Hatte sie beständig wachsen lassen und gezeigt, dass vieles möglich war, wenn man selbst nur fest genug daran glaubte. Zweifel bedeuteten, dass man nicht mit ganzen Herzen dabei war. Und solch ein Denken, hatte bei ihnen keinen Platz. Nur wenn man sich ständig neu forderte, konnte man Grenzen überwinden. Seien sie noch so hoch und noch so schroff. Sie hatten es sich wahrlich nicht immer leicht gemacht. Es braucht auch bei ihnen die Zeit, sich als Ganzes zu erkennen. Doch nun sah man ausschließlich nach vorn, selbst wenn der Blick nicht immer in die Ferne schweifen konnte. Für sie stand trotzdem außer Frage, das das was sie von sich verlangten, stets das ihnen bestmögliche sein musste. Entweder sie gewannen, oder verloren. Es war ihr ganz persönliches Spiel, mit dem Schicksal. "Alles OK mit dir?" Die Stimme Tatsuros, ließ Yukke fragend aufblicken. Dieser stand vor ihm mit einem dieser Pappbecher in der Hand, der höchstwahrscheinlich mit Kaffee gefüllt war, und musterte ihn aus seinen dunklen Augen. Yukke schaute diesen einen momentlang an, bis er ihm schließlich versicherte, dass alles in Ordnung sei und er nur etwas vor sich hin sinniert hatte. Daraufhin gab sein Gegenüber nur ein kühles "So so…" von sich. Wendete sich, während er einen Schluck aus seinen Becher nahm, wieder von ihm ab, um kurz darauf den Raum zu verlassen. Yukke sah ihm noch eine Weile nach. Er konnte sich nicht helfen, aber irgendwie war Tatsuro seit geraumer Zeit etwas merkwürdig. Oder bildete er sich das nur ein? Es war kein Geheimnis, das dieser ein recht dramatischer Charakter sein konnte. Auch wenn die Ursache, für dieses Verhalten, nicht immer für alle plausibel erschien, so hielt es Yukke lieber damit, sich Sorgen zu machen, als es einfach abzutun. Vielleicht sollte er ihn einmal darauf ansprechen. Mehr als ihn abwimmeln, konnte er ja auch nicht. Schon im Begriff Tatsuro hinterher gehen zu wollen, verkündete Miya das Ende ihrer Pause und so musste er sein Vorhaben noch etwas aufschieben. "Sato holst du mal Tatsuro wieder herzu?", bat Miya, worauf sich Angesprochener mit einem kurzen Nicken erhob und ebenfalls das Zimmer verließ. * "Also Jungs, morgen um neun wieder hier. Und das mir keiner, durch irgendeinen Unsinn, über Nacht ausfällt! Wir sind eh schon etwas hinterher!" Nach diesen Worten schickte Miya noch einen strafenden Blick zu Satochi, der augenblicklich etwas zu schrumpfen schien. Zum Glück schien diesem durchaus klar zu sein, warum er diese Warnung hatte verlauten lassen. Zwar hatte er seinen Part heut, trotz erheblichen Schlafmangels, bedingt durch exzessives Videospielen, bis in die frühen Morgenstunden, wie gewünscht zu Stande bekommen, aber es hätte durch aus, auch anders kommen können. Schließlich verabschiedete sich Miya gänzlich von seinen Kollegen und trat folglich seinen Heimweg an. Yukke hatte seine Hände in den Taschen seiner Jacke vergraben, da er noch mit den restlichen zwei Musikern vor dem Gebäude stand, aus welchem sie gerade gekommen waren. Holte aber eine wieder hervor, als ihm Satochi eine Zigarette anbot, indem er ihm die Schachtel entgegenhielt. Bis jetzt hatte sich noch keine Gelegenheit ergeben, mit Tatsuro einmal unter vier Augen zu sprechen. Auch jetzt wollte er diesen nicht einfach, mit seiner Beobachtung, überrumpeln, wenn Satochi noch bei ihnen war. Die Chance, dass Tatsuro sich ihm eher mitteilen würde, wenn sie allein waren, war doch um einiges höher, als wenn er sich vor zwei Person erklären sollte. Noch einmal sog Satochi an seinem Tabak, bevor er dies zu Boden fallen ließ und den letzten Rest des glimmenden Zylinders mit seinem Fuß austrat. "Also dann Jungs, wir sehen uns morgen in alter Frische!" Damit setzte sich nun auch ihr Drummer in Gang, der sich, kurz bevor er um eine Ecke bog, noch einmal zu ihnen umwandte und mit dem Heben seines rechten Armes schließlich gänzlich verabschiedete. Nun entledigte sich auch Yukke seiner Zigarette und richte seine Aufmerksamkeit auf Tatsuro. "Sag mal, wie geht es dir eigentlich so?" Leicht überrascht über diese unerwartete Frage, schaute dieser Yukke etwas verwirrt an, der augenscheinlich wirklich auf eine Antwort zu warten schien. "Wie soll es mir den gehen?" Der verwunderte Ton mit welchem Tatsuro dies fragte, hatte Yukke nachdenklich die Stirn in Falten legen lassen. "Na ja, ich habe das Gefühl, das dich etwas beschäftigt und vielleicht möchtest du darüber reden. Du weißt ich bin immer für dich da." Schweigen folgte diesem Angebot und Yukke wusste nicht so recht, wie er das deuten sollte. Hatte sein Freund nun ein Problem und wollte einfach nicht darüber sprechen, oder hatte er es sich doch nur eingebildet und Tatsuro sagte deshalb nichts, weil er mit der Hinterfragung, zu seinem Gemütszustand, einfach nichts anzufangen wusste? Noch immer schaute dieser mit einem undefinierbaren Ausdruck auf ihn, den er so noch nie bei ihm wahrgenommen hatte. "Tatsu?" Dieser hatte sich gerade dazu entschlossen, etwas sagen zu wollen, als ihn eine Melodie, die er eindeutig Yusukes Mobiltelefon zuordnen konnte, innehalten ließ. Kaum hatte dieser das Gerät aus seiner Tasche manövriert, schaute er kurz entschuldigend zu ihm und entfernte sich einige Meter, um den Anruf dann entgegen nehmen zu können. Tatsuro konnte nicht verstehen, was Yukke sprach, doch verriet dessen warmer Gesichtsausdruck, dass er sich mit jemanden unterhalten musste, der ihm nicht egal war. Ein missmutiges Schnauben entkam ihm bei diesem Anblick. Das musste er sich nun wirklich nicht antun. Und ohne sein Gehen bemerkbar zu machen, verschwand er. "Hai O kaza, ich werde sehen was ich machen kann." Nachdem er sich von seiner Mutter verabschiedet, und sein Telefon wieder verstaut hatte, schaute Yukke etwas ungläubig in die Richtung, in der er eigentlichen Tatsuro vermutet hatte. Doch von diesem war weit und breit nichts zu sehen. Vielleicht war dieser ja auch nur etwas vorweg gegangen, oder hatte aus irgendeinem Grund seine Position geändert. Womöglich wollte dieser ihn ja belauschen. Zuzutrauen wäre es ihm durchaus. Jedoch musste Yukke feststellen, dass dieser nirgends ausfindig zu machen war und das ließ ihn nun doch stutzig werden. Schließlich griff er erneut zum Handy und wählte dessen Nummer. Ein Freizeichen ertönte, auf dem ein zweites folgte, doch auch nach dem fünften nahm niemand ab. Tatsuro war doch hoffentlich nichts passiert? An so etwas wollte er lieber gar nicht denken. Dann doch lieber die Variante, dass dieser sich vielleicht gelangweilt haben könnte, oder Hunger bekommen hatte und deshalb schon verschwunden war. Aber warum ging er dann nicht ans Telefon? Gerade, als er es abermals bei ihm versuchen wollte, teilte ihm das kleine Technikwunder mit, das er soeben eine Nachricht bekommen hatte. Rasch öffnete Yukke sie, als er den Absender erkannt hatte, und ihm fiel buchstäblich ein Stein vom Herzen, als Tatsuro ihn wissen ließ, das er einfach zu müde gewesen war und deshalb schon gegangen sei. Gut, das war eine Antwort, die er nachvollziehen konnte. Er selbst, war auch nicht mehr zu viel zu gebrauchen. Zwar hatte er nicht wirklich etwas aus seinem Freund heraus bekommen, aber er hatte ihm wenigstens mitteilen können dass er, wenn er etwas auf dem Herzen hätte, sich jederzeit an ihn wenden könne, und dies verschaffte ihm schon ein etwas besseres Gefühl. **** Miyas Gesichtsausdruck war neutral, und trotzdem konnte sich ein jeder, der sich mit im Raum befand und die Szene verfolgte, denken, dass dies nur auf Grund von eiserner Selbstbeherrschung funktionierte. Anscheinend war Miya heute recht ausgeglichen. Wäre dies nicht der Fall, hätte sein Gesicht schon einen ungesunden Rot-Ton angenommen und seine linke Augenbraue gefährlich angefangen zu zucken. Und Tatsuro machte keine Anstalten, dieser Situation die Spannung zu nehmen, bevor sie wieder ganz zu eskalieren drohte. Yukke war etwas überfordert. Tatsuro hatte, seit sie heute Morgen wieder aufeinander getroffen waren, kaum ein Wort gesagt und wirkte auch sonst ungewöhnlich in sich gekehrt. Auf die Frage Satochis, was ihm den widerfahren sei, das er solch eine Trauermine zur Schau tragen müsse, hatte Tatsuro nur mit den Schultern gezuckt und ihn stehen lassen. Er war dieser Szene aufmerksam gefolgt, und wenn sein Verdacht, das mit Tatsuro etwas nicht zu stimmen schien, gestern noch eher als halbseiden ausgelegt werden konnte, so war das Verhalten seines groß gewachsenen Freundes heute umso bestätigender. Am liebsten hätte er ihn abermals zu Seite genommen, um ihm gut zu zureden. Aber er kannte auch die abweisende Art, die dieser an den Tag legen konnte, wenn man ihm zu sehr mit Führsorge bedrängte. Vor allem, wenn er sich partout nicht in seine Seele blicken lassen wollte. Also unterdrückte er seinen mütterlichen Drang, seinem Kollegen wieder zu etwas besserer Laune verhelfen zu wollen. Ließ sich jedoch nicht davon abhalten, Tatsuro im Auge zu behalten. Miya war indes aufgestanden, wohl im Versuch seinen Unmut über die Ignoranz, die Tatsuro seinen letzten Worten hatte zukommen lassen, noch etwas deutlich zu unterstreichen. “Würdest du dich freundlicherweise dazu bequemen, dich für deine Aufnahme fertig zu machen?!”, versuchte es Miya erneut. Und kurz bevor ihm auch noch der letzte Geduldsfaden riss, erhob sich Tatsuro, durchquerte den kleinen Raum und war augenblicklich an Miya vorbei und in angewiesenem Nebenraum verschwunden. Der stumme Austausch von fragenden Blicken, ließ deutlich werden, dass sich in dieser Sekunde wohl jeder die gleiche Frage stellte. Doch da sich niemand im Stande sah, diese auch zu beantworten, blieb es bei wortloser Unwissenheit. Dies war eine Tatsache die immer mehr an Yukkes Helferkomplex zu nagen begann, worauf er nun ebenfalls aufstand, um sich direkt neben Miya zu gesellen, der sich wieder vor dem Pult zum regeln diverser Frequenzen und neben Kawase-san ihrem Aufnahmeleiter, niedergelassen hatte . "Wenn du nichts dagegen hast...?" Yukke deute auf den freien Stuhl links vom Miya, welcher seinem alten Freund bejahend zunickte. Es war nicht das erste Mal, das er den Aufnahmen aus dieser Position beiwohnte, und Miya akzeptierte ihn bereitwillig, da er dessen Meinung, wenn ihm eine spontane Änderung einkam, doch sehr zu schätzen wusste. Und war es manchmal nur ein Akkord, der verändert werden sollte. Yukke schaute nun durch die Scheibe, die die beide Räumlichkeiten voneinander trennte und doch verband. Tatsuro hatte indes schon die Kopfhörer angelegt, blickte jedoch noch immer so emotionslos drein, das man nicht sagen konnte, ob dieser noch präsent war, oder sich wieder in seinen Gedanken befand. Doch kurz darauf hob dieser eine Hand an das Mikrofon vor sich und mit einem leichten Nicken, ließ er wissen, dass er bereit war. Er hielt seinen Blick weiterhin gesenkt, schloss seine Augen sobald er die Musik in seinen Ohren hörte und ging dazu über, seinen Kopf leicht zum Rhythmus der Melodie zu wiegen. So wie sich Tatsuro auf seine Aufgabe konzentrierte, schien mit einem Male wieder alles beim Alten zu sein. Yukke betrachtete den Mann hinter der transparenten Wand fasziniert, dessen Bewegungen und dessen Gesicht, das nun so merklich entspannter wirkte. Tatsuros Lippen formten nun die ersten Worte, die das gewünschte Flüstern ergaben und mit dem Wechsel der Klänge immer mehr an Volumen zunahm. Eine Eigenart von diesem war es, seine Gefühle, die er beim Singen in den Text legte, immer noch mit seinen Händen zu verstärken. Und manchmal sah es so aus, als würde er seine Hände nach einer unsichtbaren Person ausstrecken um diese, je nach den besungenen Emotion, von sich zu weisen, sie zu sich zu bitten oder sie einfach nur zu halten. Sich an ihr festzuhalten, als wäre diese Illusion etwas, das ihm Trost spenden konnte. Eine leichte Gänsehaut breitete sich auf Yukkes Haut aus, als er sich das Tun seines Freundes noch etwas mehr verinnerlichte und ließ ein elektrisierendes Kribbeln folgen, als dieser seine Stimme mit so viel Ausdruck in Szene setzte, das er für dieses Stück selbst seine Augen schloss, um es mit seiner ganzen Reichweite in sich aufnehmen zu können. Die Melancholie, die sich über dieses Lied legte, fand ihre Befreiung in der unglaublichen Stimme Tatsuros. Yukke meinte behaupten zu können, dass Tatsuro einer von wenigen Sängers ihrer Generation war, der es verstand, solche Emotionen wieder zu geben. Wenige schienen in der Lage, sich so von der erzählten Geschichte eines Songs einnehmen zu lassen und dies so beeindruckend reflektieren zu können, wie Tatsuro es tat. Und auch wenn es albern erschien solch einen Gedanken zu hegen, so gab er zu, dass er für Tatsuro in diesen Augenblicken eine gewisse Schwärmerei entwickelt hatte. Langsam verlor sich das Volumen von Tatsuros Stimme wieder und ließ nur noch die Klänge zurück, die auch im fertigen Songs Miyas Gitarre ausfüllen würde. Bis zum letzten Akkord hatte Tatsuro seine Augen geschlossen gehalten und hielt auch noch einen Moment in allem inne, als schon alles abgeklungen war, bevor er seinen Kopf leicht in die Richtung der Männer wendete, die ihn die gesamte Zeit über verfolgt hatte. Als er schließlich seine Lider wieder hob, wohnte den dunklen Pupillen eine so unglaublich, traurige Intensität inne, das Yukke für den Bruchteil einer Sekunde der Atem stockte. Doch schon mit dem nächsten Wimpernschlag, war es, als wäre dies nie passiert. Tatsuro hatte sich von den Kopfhörern befreit, auch wenn niemand mitgeteilt hatte, dass es zufrieden stellend war und entfernte sich kurzerhand. Für diesen einen unrealistisch wirkenden Augenblick, hatte Yukke das Gefühl gehabt, das Tatsuro damit etwas mitteilen wollte. Aber vielleicht interpretierte er da auch schon wieder zu viel hinein? Fakt war, dass es Tatsuro aus irgendeinem Grund nicht gut ging, und dass dieser sich keinem einfach so anvertrauen würde. **** Etwas orientierungslos, stand Yukke in einem der vielen Gänge des Gebäudes, in welches sie zu einem Interview für eine der gängigen Musikshows gebeten wurden waren, um etwas mehr über ihre anstehende Projekte mitzuteilen. Und somit ihre Fans wissen zu lassen, auf was sie sich demnächst freuen konnten. Eigentlich wollte er ja nur mal seine Hände waschen gehen, doch nun war er sich nicht ganz sicher, ob er der Wegbeschreibung, einer der hier Tätigen auch richtig gefolgt war. Irgendwie sah das doch alles gleich aus. Vielleicht sollte er einfach noch mal jemanden fragen. Sonst würde er selbst zu dem nachfolgenden Auftritt noch nicht wieder zurück sein. Und in solchen Dingen, verstand Miya wenig, bis keinen Spaß. Es reichte schon, wenn einer von ihnen so beunruhigend drauf war. Sie hatten ihre Aufnahmen schließlich noch zu Ende bringen können, ohne dass sich noch ein großartiges Spektakel ereignet hatte, aber die Atmosphäre war mehr als stickig gewesen. Tatsuro hatte sich zwar nach und nach wieder etwas lockerer gezeigt, aber trotzdem wirkte er immer auch ein wenig bedrückt. Er hatte sich noch immer nicht entlocken lassen, was ihm auf der Seele lag, und auch wenn er immer meinte es wäre nichts weiter, schien die Aussage, das er halt nur etwas gestresst wäre, zwar nicht unglaubwürdig, aber auch nicht komplett zu sein. Er kaufte es ihm einfach nicht ab. Das Tatsuro gewiss nicht nur ihre Arbeit zu schaffen machte, zeigte sich in so kleinen Dingen, wie das Ausbleiben von unangebrachten Kommentaren, in Situationen, in welchen er sonst nie ein Blatt vor den Mund genommen hätte. Auch ließ er seine stets präsenten Albernheiten ausbleiben, was zwar nicht unbedingt etwas Schlechtes war, aber dennoch zeigte, dass ihn etwas beschäftigte. Nachdem Yukke endlich gesuchte Einrichtung gefunden hatte, und seine Hände hatte säubern können, trocknete er sie unter der dafür vorgesehen Vorrichtung und verließ den Waschraum schließlich wieder. Seine Gedanken waren noch immer bei Tatsuro und seinem merkwürdigem Auftreten. Erst als er um die nächste Ecke bog und jäh mit etwas zusammen stieß, richtete sich seine Konzentration auf das soeben ereignete Geschehen. Das Erste was er ausmachen konnte, war ein dunkler Haarschopf, der sich bei genauerer Betrachtung einer recht zierlichen Frau zuordnen ließ, die ihren Kopf jedoch leicht gesenkt hielt, so dass er ihr Gesicht nicht genau erkennen konnte. "Oh, tut mir leid!", brachte er etwas verspätet hervor und setzte eine entschuldigende Verbeugung nach, da es auch seiner Unachtsamkeit zu verdanken war, das er sie bald über den Haufen gerannt hatte. "Schon OK Fukuno-san, es ist ja nicht passiert." Diese Stimme, sie kam ihm doch irgendwoher bekannt vor. Etwas verdutzt richtete er sich wieder auf und schaute nun in das freundlich, lächelte Gesicht von Hanasawa-san. Yukke musste zugeben, dass ihr Lächeln sie wirklich sehr schmückte. Er konnte gut nachvollziehen, was Tatsuro damals so an ihr fasziniert hatte. "Ist auch wirklich alles in Ordnung?", erkundigte er sich noch einmal höflich, was sie sogleich mit einem Nicken erwiderte. "Ich schätze wir haben denselben Weg.", meinte sie schließlich und trat an seine Seite, worauf sie sich gemeinsam zu den Anderen zurück begaben. Auch wenn Yusuke sie eher flüchtig kannte, so war sie ihm trotzdem recht sympathisch. Sie hatte eine ungezwungene Art an sich, was ihm ein entspanntes Umgehen mit ihr ermöglichte. Die wenigen Dinge, über die sie sich auf ihrem Wege austauschten, verrieten doch das ein oder andere von ihrem Charakter. "Wissen sie was Fukuno-san, mir gefällt die Jacke die sie da anhaben. Passt wirklich gut zu ihrer Haarfarbe." Indes waren sie auch wieder vor dem Raum angekommen, in welchem sich die Musiker, kurz vor ihrem Interview, noch etwas rausputzen ließen. Yukke musste, auf Grund dieses Kompliments, danken lachen, während er die Tür öffnete und der ebenfalls fröhlich dreinschauende Frau, ganz gentlemanlike den Vortritt andeutete. Hanasawa-san verschwand daraufhin in einem der Nebenräume und Yukke gesellte sich zu seinen drei Kollegen, die sich um einen Tisch in einer Ecke des Zimmers versammelt hatten. Miya und Satochi hatten sich in eine Unterhaltung vertieft, doch kaum das er nahe genug zu ihnen herausgetreten war, verstummte das Gespräch für einen Moment. Satochi musterte in kurzzeitig mit einem fragenden Blick, den er nicht so recht zu deuten vermochte. "Was ist dir den passiert?", wollte dieser daraufhin wissen, worauf sich auf seinen Gesicht nun die Ansätze eines Grinsens präsentierte. "Was?" Yukke war nun doch etwas ratlos, was diese Bemerkung anging. "Als du vorhin gegangen bist, hast du noch nicht so gestrahlt.", klärte ihn Satochi auf, dessen Grinsen sich nun völlig entfalten hatte. Und tatsächlich, nun bemerkte er es selbst. Er trug noch immer ein Lächeln auf den Lippen und hatte es gar nicht mitbekommen. Aber unangenehm war es ihm deshalb nicht, er hatte halt gute Laune und warum sollte man diese nicht auch zeigen. Mit einem geheimnisvollen "Wer weiß", ließ er sich schließlich neben Tatsuro auf die Couch fallen, was diesen aus irgendeinem Grund dazu animierte nun aufzustehen, sich recht grob an ihm vorbei zu drängeln und sich zu entfernen. "Renn aber nicht zu weit weg, verstanden!", rief Miya ihm noch hinterher, als dieser nun den Ausgang ansteuerte und durch diesen die anderen schließlich hinter sich ließ. Was war denn nun wieder los? Resigniert schüttelte Yukke sein rotblondes Haupt und damit auch seine Gute Laune von sich. "So ihr zwei Hübschen, ihr seid dran." Sato hatte seinen Platz von vorhin wieder eingenommen, nun da er das Make up hinter sich gebracht hatte um, auf Anweisungen von Miya, nun die anderen beiden darüber in Kenntnis zu setzten, das sie an der Reihe waren. Yukke legte das Hochglanzmagazin aus der Hand, in welchem er gerade etwas lustlos geblättert hatte und begab sich in Richtung Visagistin. Hanasawa-san lächelte erneut, als sie ihn sah und machte schon auf die Entfernung eine einladende Geste bei ihr Platz zu nehmen. Doch kurz bevor sich dieser hätte hinsetzten können, schob ihn jemand zur Seite und saß nun statt seiner vor der jungen Frau, die leicht überrumpelt wirkte. “Du hast doch nichts dagegen, oder?” Yusuke schaute auf Tatsuro, der sich bei seiner Frage nicht zu ihm umgewendet, sondern ihn durch die Reflektion des Spiegels angesprochen hatte. Die seltsame Art, wie Tatsuro ihn dabei fixierte und der kühle Ton seiner Stimme verschaffte ihm ein unwohles Gefühl. Jedoch verdrängte er dies sogleich wieder und nahm den Platz bei der Zweiten, für ihr Aussehen zuständigen, jungen Mitarbeiterin ein. Es war das erste Mal seit Tagen, das Tatsuro ihn wieder einmal von sich aus angeredet hatte, trotzdem war es kein Grund zur Annahme, dass sich dessen Gemütszustand wieder auf dem Weg der Besserung befände. Eher kam es ihm so vor, als hätte dieser sich noch um eine Spur verschlechtert. Keine 15 Minuten später, saßen sie dann auch schon auf den bunten Schaumstoffwürfeln der Studiokulisse und ließen sich erst einmal vom Applaus, der anwesenden Menge, berieseln. Der junge Mann, der sich schlicht als Keita J. vorgestellte hatte, sortierte noch einmal seine Fragekarten, bevor er sich im Abklingen des Jubels, an die vier Musiker zurückwandte, und mit der ersten, spontanen Frage nach der Marke von Miyas Haarspray, das Interview eröffnete. Dessen Frisur schien ihn ziemlich zu beeindrucken. Das Eis war somit gebrochen. Mit einem Gemisch aus ehrlichem Interesse, zu ihrem Tun und ein paar weiteren, kleinem humoristischen Untermalungen, verstrichen die Minuten, die Yukke diesmal als unangenehm zähfließend empfand. Tatsuro saß vor ihm, und beantworte an ihn gerichtete Fragen in professioneller aber ungewohnt kühler Manier. Es war wahrlich keine Seltenheit, dass dieser sich auch bei solchen Gelegenheiten, gern mal einen Scherz auf Kosten seiner Kollegen erlaubte, aber heute war nicht einmal ein Ansatz von dieser Vorliebe zu entdecken. Miya war über diesem Umstand sicherlich erfreut. Aber ihm bereitete es erneutes Kopfzerbrechen. Nach einem weiteren, heiteren Wortduell mit Satochi, war ihre Aufgabe dann auch erfüllt und nachdem man sich von Keita J. verabschiedet hatte, bezogen sie ihre Positionen auf der kleinen Studiobühne. Schon kurz darauf, setzte der Bass ein, so wie sie es auch bis zur Perfektion geübt hatte. Yusuke strich mit seine geschickten Finger über die Saiten und ließ diese vibrieren. Er fühlte, wie diese Schwingungen seinen Körper ausfüllten und das ein wenig von seiner Unruhe dadurch von ihm abfiel. Er schloss seine Augen, konzentrierte sich einzig und allein auf das Spiel ihrer Musik und ein zaghaftes Lächeln erschien, als er die Stimme Tatsuros vernahm. In dieser Welt, die nur dann existierte, wenn ihre Elemente in Einklang miteinander verschmolzen, umgab ihn das Empfinden von äonenweiter Zufriedenheit. Warum war es nicht möglich, dieses Gefühl festzuhalten? Grenzte es an Egoismus, sich dies zu wünschen? Sollte er nicht einfach froh sein, das er überhaupt die Möglichkeit greifen konnte, diesen Zustand erleben zu dürfen? Wenn auch immer nur ein wenig. Er wusste, dass es den Anderen genau so erging. Das war der Schlüssel zu ihrer Passion. Ein Leben ohne dieses Gefühl? Undenkbar! Kapitel 9: It´s the only way ---------------------------- Satochi streckte seine müden Glieder und trat hinter seinem Drum-Set hervor, nachdem ihnen Miya eine Pause eingeräumte hatte. Am Ende der Woche würden sie ein Auftritt in einem kleinen Club in Shibuya bestreiten, der nur ausgewählten Fans zugutekommen würde, die das Glück gehabt hatten, bei einer besonderen Promotion Aktion, eines der Tickets gewonnen zu haben. Die Songliste war bereits aufgestellt worden und nun war es daran diese wunschgemäß einzustudieren. Satochi steuerte gradewegs auf die Couch zu, wo er auch Tatsuro vorfand, dessen Blick sich manifest auf etwas ganz Bestimmtes konzentrierte. Dieser wendete ihn auch nicht davon ab, als er sich letztendlich neben ihn gesellte. Interessierte folgte Satochi dem Verlauf der Richtung, in welche die Aufmerksamkeit Tatsuros ging. Als Objekt der Betrachtung, fand er schließlich ihren rotblonden Bassisten vor, der sich gerade mit Miya austauschte und die Blicke Tatsuros gar nicht zu registrieren schien. Satochi sparte sich die Neugier zu fragen, was an Yukke denn so interessant war, da er selbst schon gemerkt hatte, dass das Verhältnis zwischen den beiden vor irgendeinem Hindernis stand. Nur konnte er nicht sagen, was genau sich da dazwischen gedrängelt hatte. Tatsuro war um einiges ruhiger, als es für ihn üblich war. Auch wenn er seinen Part in der Band, wie sonst auch, zu meistern wusste, war es trotzdem ein Klima das Satochi anstrengte. Es fehlten ihm die kleinen unsinnigen Gespräche, die er sonst immer mit Tatsuro geführt hatte und die lockere Stimmung, die einem von dem ganzen Arbeitsstress abzulenken wusste. Denn so wie es sich jetzt verhielt, machte das Ganze einfach keinen richtigen Spaß mehr. Resigniert seufzte Satochi auf. Wenn Tatsuro sich doch wenigstens mal dazu äußern würde, was hier nicht stimmte. Aber dieser tat solche Nachfragen einfach immer ab, oder ignorierte sie gar geflissentlich. Und bei Yukke? Dieser machte nicht den Eindruck, dass er überhaupt eine Ahnung hatte, das sich dieses Thema, in irgendeiner Form, mit ihm in Verbindung bringen lassen könnte. Sonst wäre er sicherlich schon in seinen -was auch immer ich getan habe, es tut mir leid- Modus verfallen. Und der sah eindeutig anders aus, als das was er momentan an ihm ausmachen konnte. Aber so konnte es doch auch nicht weiter gehen! "Tatsu willst du auch nen Kaffee?" Mit dieser Frage erhob sich Satochi wieder und begab sich zur Tür, die er schon einmal öffnete und nur noch darauf wartete, dass Angesprochener sich äußerte. Doch dieser war noch immer in seinem Bannkreis gefangen und gab weder einen Laut noch eine Geste von sich, die ihm hätte sagen können, das er ihm etwas mitbringen sollte oder eben nicht. Letztendlich quittierte er die Starre Tatsuros lediglich mit einem Schulterzucken und verließ den Raum. "Was hältst du davon?" Yukke tippte mit seinem Finger auf ein Motiv, in dem aufgeschlagenen Hefter, der vor ihnen auf dem Tisch lag und erntete von Miya, für seinen Vorschlag, nur eine skeptisch geschwungen Augenbraue. "Ist das dein Ernst?" Miya war sich nicht ganz sicher, ob Yukke nur einen Scherz machen wollte oder er wirklich der Meinung war, das eine Katze die E-Gitarre spielte, als Thema für seine neue Plektrum-Serie doch ganz witzig wäre. "Ich denke du magst keine Katzen?" "Na, die hier wird mich ja wohl kaum anspringen, oder?", grinste Yusuke fröhlich und blätterte eine Seite weiter. "Das hier gefällt mir schon eher." Miya wies nun seinerseits auf ein Thema, das in der Mitte ihr Symbol beinhaltete, welches von dornigen Filigranen umrahmt war. Yukke schaute sich das Auserwählte nachdenklich an und musste zugeben, dass es wirklich ganz gut zu Miya passten würde. Das Zentrum des Ganzen war die Band und umfasst wurde es von der nicht immer einfach zu handhabenden Strenge ihres Leaders. Welcher stets versuchte, etwas Originelles in jedes ihrer Werke einzuflechten, um es zu etwas ganz Besonderen zu machen. Ja, dieses Motiv war eine gute Verbildlichung von Miyas Werten, was ihre Musik betraf. "Stimmt! Das würde gut zu dir passen." Erneut belegte Miya seinen Freund mit einem leicht schiefen Blick, als dieser ihn nach seiner Zustimmung noch etwas breiter als zuvor anstrahlte. Das Öffnen der Tür lenkte Yukkes Blick folglich in deren Richtung, blieb jedoch an Tatsuro hängen, der ihn aus dunklen Augen anschaute. Keine andere Regung zeigte sich auf dessen Zügen. Er schaute ihn einfach nur an. Dieser recht ausdruckslose Blick, ließ das Lächeln auf Yukkes Lippen versiegen und verschaffte ihm wieder dieses seltsam beklemmende Gefühl in seinem Inneren. Aber es würde nichts bringen, immer nur darüber nachzugrübeln. Also erhob er sich folglich, um der ganzen Sache nun endlich gänzlich auf den Grund gehen zu wollen. Er war einfach viel zu empfänglich für solch eine trübe Stimmung, als das er diesen Zustand noch länger im Raum hätte stehen lassen können. Ohne weitere Umschweife ging er auf Tatsuro zu und hockte sich unmittelbar vor ihn, um diesem nicht das Gefühl zu geben, er würde auf ihn herabschauen. Egal in welcher Hinsicht. Ahnungslos legte er seine Hände auf die schmalen Knie seines Freundes, dessen Augen sich genau in diesen Moment, doch für ihn kaum merklich, vor Verwunderung ein stückweit weiteten. Erneut trafen ihre Blicke aufeinander, doch diesmal konnte Yukke etwas in dem seines Gegenübers lesen. Es war derselbe Ausdruck, wie an dem Tag, als er den Aufnahmen des Gesangparts beigewohnt hatte. Und es traf ihn auch diesmal mitten ins Herz. "Tatsuro was ist los mit dir? Kann ich dir nicht irgendwie helfen?" Der einfühlsame Ton den Yusuke in seine Worte legte zeigte deutlich, wie sehr ihn das Verhalten seines Freundes beschäftigte. Miya und Satochi verfolgten das Szenario stillschweigend und in der Hoffnung, dass sich ihr Sänger vielleicht doch etwas öffnen würde. Denn wenn es Yukke nicht bewerkstelligen konnte, dann keiner von ihnen. Was Sturheit anging, hatte Tatsuro diese Attitüde fast schon perfektioniert. Wobei sich das -fast- scheinbar einzig und alleine an Yusuke festhielt. Tatsuros Herz schlug merklich schneller, als sich Yukke vor ihn hockte und legte noch an Tempo zu, als dieser daraufhin auch noch seine Hände auf seine Knie legte. All diese Gesten, ließen ihn nur noch mehr verzweifeln, da er immer damit zu kämpfen hatte, nicht darauf einzugehen. Es wäre jetzt ein Leichtes gewesen, mit seinen Händen die des Anderen zu berühren, diese zu nehmen und in seine zu legen und das Gefühl zu genießen, ihm wenigstens ein winziges Stück nahe sein zu können. Doch das Einzige was er tun konnte, war sich dafür zu verurteilen, dass er diese Empfindungen nicht abstellen konnte. Dass es überhaupt erst soweit gekommen war. Denn so war die seelenvolle Art, die ihm Yukke immer entgegen brachte, objektiv gesehen, einfach nur quälend. Je mehr sich dieser um ihn sorgte, umso schmerzlicher versuchte sich das Verlangen, ihn für sich haben zu wollen, nach außen zu kratzen. Warum nur musste diese Frau auch alles zerstört haben!? Auch wenn er vor ihrem Auftauchen nicht mehr Chancen auf seiner Seite gehabt hatte, Yukke deutlich näher kommen zu können, als nur durch etwaige Neckereien. Aber so hatte er wenigstens etwas gehabt. Es waren diese, von außen betrachteten, unschuldigen Berührungen und Aufmerksamkeiten, die er Yukke zukommen lassen konnte. Verpackt in seinem üblich anstrengenden Benehmen, das Niemand je auf die Idee gekommen war, das er dies nicht nur tat, um ihren Bassisten zur Verzweiflung zu treiben. Als er letztlich bei diesem Interview mitbekommen hatte, wie sich Yusuke so ausgelassen mit dieser Person gegeben hatte, hatte er es nicht glauben wollen. Und auch wenn er am liebsten seinem Unmut darüber Luft gemacht hätte, so blieb ihm nichts anderes übrig, als diese aufschäumende Emotion zu knebeln und zu fesseln und es hinzunehmen. So sehr es ihn auch leiden ließ, er hatte das Ringen um Yukke schon verloren, bevor es überhaupt begonnen hatte. Aber dieses Wissen hieß noch lange nicht, das alles in seinem Kopf bereit war, das auch zu akzeptieren. Eine Art Dämon hatte sich in ihm festgesetzt. Nährte sich von seinem Martyrium und wuchs beständig und unaufhaltsam. Es drohte alles zu zerbrechen, und dieser Punkt war es, der ihm den Umgang mit Yukke sichtliche erschwerte. Dieser schaute ihn noch immer aus großen, mitfühlenden Augen an und hatte keine Ahnung, was er damit in ihm verursachte. Er wollte ihm helfen, doch würde er den Grund seiner Veränderung kennen, würde er ihn wohl für verrückt erklären. Ihm letztendlich nie wieder solch ein Angebot unterbreiten, da er sicherlich annahm er wolle seine Hilfe einfach nicht und verstecke dies hinter solchen Erklärungen. Was also sollte er ihm sagen? Eine Lüge? Die Wahrheit? Oder weiter schweigen? Es würde am Ende doch alles auf dasselbe hinauslaufen. Tatsuro knirschte frustriert mit den Zähnen und bemerkte, dass es Yukke nicht verborgen geblieben war, da dieser nun dazu überging mit einer Hand beruhigend über sein Knie zu streicheln, was das Chaos in ihm nur noch mehr verstärkte. So ging das nicht! Barsch wischte er dessen Berührungen von sich und wies diesen mit selber brüsker Manier an, ihn nicht ständig wie ein kleines Kind zu behandeln. Durch diesen, aus heiterem Himmel auf ihn nieder gefahren Gefühlausbruch, fehlten Yukke erst einmal die Worte. Er blickte fragend in das Gesicht seines Gegenübers, doch war alles was er dort vorfand Verärgerung. Tatsuro Herzschlag setzte für einen Moment aus, als er beobachten konnte, dass etwas in Yukke zu zerbrechen schien und seine Lippen trotzdem versuchten ein Lächeln zu formen. "Du hast Recht und es tut mir leid." Damit erhob er sich wieder, drängte sich an ihrem, immer noch in der Tür stehenden, Drummer vorbei und verschwand. Tatsuro spürte deutlich die Blicke seiner anderen beiden Kollegen auf sich ruhen, sagte aber kein Wort. "War das jetzt wirklich nötig?", hörte er schließlich Miyas eindringliche Stimme fragen, unterließ jedoch weiterhin jegliche Anstalten sich dazu äußern zu wollen. Ein drückendes Schweigen lag nun über den drei Musikern, welches Satochi schließlich aufhob. "Ich geh mal nach ihm schauen.", meinte er und war daraufhin wieder aus der Tür. Er hatte schon so eine Ahnung, wo er Yusuke vorfinden würde. "Spar dir weitere Kommentare, ja!", zischte Tatsuro, sobald er mit Miya alleine im Zimmer war. Er wusste selbst, dass es nicht nötig gewesen war Yukke so vor den Kopf zu stoßen und eigentlich wollte er das auch gar nicht. Aber es schien der einzige Weg, sich aus der ganzen Affäre heraus zu manövrieren ohne etwas preisgeben zu müssen. Es tat ihm leid, doch vielleicht war es auch gut so und Yukke würde in Zukunft davon Abstand halten, ihn weiter zu behelligen. Es gab eben immer zwei Seiten einer Medaille. Und wenn er viel Glück hatte, dann würde sich diese ganze Angelegenheit irgendwann von selbst in Wohlgefallen auflösen und alles könnte wie früher sein. Vorausgesetzt, dass der Umstand einer günstigen Fügung auch noch Fräulein Hanasawa erfassen würde und sie in kürzester Zeit einen Job im Ausland annehmen würde. In Alaska vielleicht? Satochi öffnete die graue Metalltür zum Hinterhof und fand, wie erwartet, Yusuke vor der an dem Geländer lehnte, das zu zwei Seiten den Absatz umfasst, an welchem die wenigen Stufen zum Hof an lagen und eine rauchte. Zumindest wollte er den Anschein erwecken, doch hatte er wohl nicht mehr als einen Zug genommen und ließ den Rest nun beständig herunter glimmen, wie der Aschefortsatz vermuten ließ. Er konnte sich gut vorstellen, wie dieser sich jetzt fühlen musste, hatte er doch nur die Absicht verfolg für seinen Freund da sein zu wollen. Mit einer suchenden Geste klopfte sich Satochi an seine Hosen- und Sweatertaschen, musste jedoch feststellen, dass seine Zigaretten noch im Aufenthaltsraum lagen. "Du hast noch eine gut bei mir." Yukke hielt ihm seine Schachtel hin, welche er wieder verstaute, als sich Satochi ein Tabakröllchen daraus entnommen hatte und bot ihm daraufhin Feuer an. Eine Weile herrschte wieder Schweigen, auch wenn sich beide Männer wohl die gleichen Gedanken machten. "Ich hab's mal wieder übertrieben, hm?" Satochi schaute zu Yusuke. Würden sie nicht in Mitten einer Großstadt stehen, umgeben von diesen wohlbekannten Häuserschluchten, hätte man in einem Anflug poetischer Anwandlungen sicherlich gemeint, dass Yusukes Blick in die Ferne schweifte. Doch hier traf dieser allerdings, schon nach ein paar Metern, auf eine graue Wand. "Nimm es dir nicht zu sehr zu Herzen, du weißt doch, dass er ne richtige Zicke sein kann." Bei dieser recht passenden Umschreibung ihres Sängers, mussten beide unwillkürlich schmunzeln. "Es ist nicht zu übersehen, das ihn etwas beschäftig, aber wenn er nicht darüber reden will, können wir nichts machen. Du hast es versucht und bist an seinem Sturschädel gescheitert, aber das war ja nicht das erste Mal. Und wenn ich meinen hellseherischen Fähigkeiten Glauben schenken kann, wird es auch nicht das Letzte gewesen sein." Satochi wendete sich nun um, sodass er mit dem Rücken gegen das Geländer lehnte und nahm mit einem tiefen Zug den blauen Dunstes in seine Lungen auf, um ihn wenig später, im Versuch Rauchkringel zu erschaffen, wieder auszustoßen. "Du hast ja Recht, aber irgendwie ist es diesmal anders." Satochi legte seinen Kopf in den Nacken und blickte in den allmählich dunkler werdenden Himmel. Natürlich hatte es Yusuke auch bemerkt, wenn nicht sogar schon weit vor ihm. So wie er diesen kannte, hatte es ihm sicherlich von diesem Zeitpunkt an schon nicht mehr losgelassen. Der Grund Tatsuro anzubieten seine Probleme mit ihm teilen zu können, lag nicht nur in der Absicht, dass dieser sich dadurch vielleicht wieder besser fühlen könne. Sondern hatte auch den Hintergrund, das Yukke selbst eine Last genommen wurde, die das Unwohlsein, seines großgewachsenen Freundes auch bei ihm ausgelöst hatte. Er war nun einmal viel zu mitfühlend veranlagt. Eine Eigenschaft die nicht immer auf Verständnis traf. So wie es auch heute der Fall gewesen war. Trotzdem hatte Yukke so etwas nie wirklich aus der Fassung gebracht. Aber dieses Mal schien es ihm wirklich nahe zu gehen. Vielleicht, weil er doch mehr wusste oder ahnte, was Tatsuro beschäftigen könnte, als er wissen ließ. "Heute hatte ich das erste Mal, seit langem, wieder das Gefühl gehabt, dass er mich gänzlich aus seiner Welt ausschließen wolle. So wie zu der Zeit, als ich bei euch angefangen habe. Es hat ewig gedauert, bis er mich nur etwas an sich herabgelassen hatte. Damals war ich so dermaßen glücklich über diesen ersten, wenn auch winzigen Schritt und nun komme ich mir vor, als stände ich wieder am Anfang. Und ich könnte noch nicht einmal sagen, warum genau es mir so geht! Es ist einfach nur ein Gefühl ohne Halt und dennoch hat es einen so bitteren Geschmack." Wüsste Satochi nicht das diese Situation für seinen Freund keines Wegs zum Lachen war, hätte er vermutlich, mit dem Hinweis, dass dieser Geschmack wohl eher vom Tabak her stammte, versucht ihn wieder etwas aufzumuntern, behielt diese Bemerkung aber letztendlich doch für sich. Nur leider fand auch er keine anderen Worte, die Yukke dazu hätten bringen können, sich nicht so hängen zu lassen. Dieser tat es ihm nun gleich, indem er seine Position änderte und sein Augenmerk ebenfalls in den anthrazitfarbenen Himmel richtete. "Du hast nicht zufällig Lust mir als Opfer meiner hyperaktiven Fürsorge zu dienen?", witzelte Yukke, versucht so unbefangen wie möglich zu klingen. Doch Satochi blickte nur zu deutlich hinter diese Fassade. Er mochte es genau so wenig wie Yusuke, wenn die Atmosphäre innerhalb ihrer Band so unangenehm gereizt war. Doch konnte er damit auch etwas besser umgehen, als dieser. Ein fast hoffnungsloses Seufzen entwisch Yukke darauf und animierte Satochi dazu sich diesem zuzuwenden und ihn kurzerhand in eine Umarmung zu ziehen, da er das Gefühlt hatte, dass dieser einfach etwas Halt brauchte. Denn dafür waren Freunde schließlich da und Yukke schien dies auch bereitwillig zu begrüßen. "Arigato.", meinte dieser dann auch etwas matt und ließ sich auch nicht aufschrecken, als sich die schwere Tür erneut öffnete und er die Stimme von Miya vernahm, der sich erkundigte, ob alles in Ordnung sei. Satochi nickte daraufhin nur leicht, löste jedoch einen Arm den er um Yukke gelegt hatte und machte damit eine einladende Geste die Miya bedeuten sollte, das er gerne auch noch mit in ihren Kuschelkreis eintreten könne. Diese lehnte jedoch mit einem knappen "Ein andermal." ab und suchte seine Entspannung lieber im Verbrauch einer Zigarette. *** Yukke hatte den Vorfall von vor wenigen Tagen noch mehrere Mal in seinem Kopf, Revue passieren lassen und kam letztendlich zu dem Endschluss, dass er es wohl wirklich übertrieben hatte, was das Bedrängen Tatsuros anging. Also ließ er diesen jetzt einfach mal in Ruhe. Nicht das er ihm nun gänzlich aus dem Weg gehen, oder gar nicht mehr mit ihm sprechen wollte. Nein, er hielt einfach nur Abstand, um ihm nicht zu sehr auf die Nerven zu gehen und beschränkte ihre Kommunikation demzufolge nur auf Dinge, die mit ihrem Job zu tun hatten. Auch wenn dies eine Umstellung für ihn bedeutete, mit der er noch nicht so ganz klar kam. Er konnte einfach nur hoffen, dass sich das Ganze irgendwann von selbst regeln würde und sie dann wieder den Tatsuro vor sich haben würden, den sie kannten. Welcher zwar nicht immer zu verkraften war, aber trotzdem für jeden von ihnen eine Persönlichkeit darstellte, die man über die Zeit auch lernen konnte zu schätzen. Doch für heute Abend setzte er seine Gedanken diesbezüglich erst einmal zurück, da er nicht riskieren wollte, sich bei ihrem bevor stehenden Auftritt dadurch ablenken zu lassen und deshalb womöglich noch Fehler zu machen. Denn was seinen Part in der Band anging, da war auch er ein Perfektionist. "Noch fünf Minuten", ließ man die vier Musiker wissen und Yukke legte nun endgültig seine schweren Gedanken ab und erhob sich von seinem Platz. Als die Tür des Aufenthaltsraumes geöffnet wurde, hörte man schon das Intro, vermengt mit aufgeregten Fanstimmen. Sie folgten diesem Klang, bis sie sich schließlich hinter der Bühne befanden und nur noch darauf warten mussten, dass man ihnen das Zeichen gab sie betreten zu können. Kurz klopfte ihm Satochi aufmunternd auf die Schulter, bevor dieser als Erster in das schummrige Scheinwerferlicht ihrer Kulisse hinaustrat und die Rufe ihrer Fans die Luft daraufhin zum Vibrieren brachte. Nur wenig später folgte Miya, der nicht weniger euphorisch begrüßt wurde. Er wäre dann als Nächster dran. Eigentlich hatte er Tatsuro kurz vor einem Auftritt immer noch Erfolg gewünscht und dieser hatte ihn daraufhin stets breit angegrinst. Aber diesmal schien jedes vertraute Wort einfach nur unangebracht, auch wenn er sich nur hätte umdrehen müssen. Doch er riss sich zusammen und ließ Tatsuro ungeachtet hinter sich zurück. Es würde wahrlich kein Leichtes werden sich an diesen Umstand zu gewöhnen sollte Tatsuro auch weiterhin an seinem verstockten Wesen festhalten. Das Toben der Menschen vor ihm, als er sich in Position brachte, klang nie zuvor so dumpf in seinen Ohren, worauf er leicht seinen Kopf schüttelte. Er musste sich endlich konzentrieren. Die verlangenden Rufe der Fans wurden immer drängender, als nur noch Tatsuro in ihrer Mitte fehlte. Es war nicht ungewöhnlich, dass dieser sich gerne auch mal bitten ließ, aber heute erschien es etwas zu dramatisch. Yukke, der dem Bühnenaufstieg am nächsten Stand, warf einen unsicheren Blick in diese Richtung. Tatsuro hatte doch vorhin definitiv hinter ihm gestanden. Sollte er vielleicht noch mal nach ihm schauen? Yukke wandte seinen Kopf zu Miya, der ihm einen fragenden, aber auch leicht entnervten Blick zuwarf, der deutlich dessen Verdruss über diese Szene zum Ausdruck brachte. Doch gerade als er sich wieder von seinem Bass befreien wollte, tauchte Tatsuro neben ihm auf und für den Bruchteil einer Sekunde, schien es fast so, als wolle er bei ihm stehen bleiben, lenkte seinen Gang jedoch an ihm vorbei und zu seinem Mikrofon, das er sogleich ergriff und somit anzeigte, das er bereit war. Yukke hatte keine Ahnung, wie lange sie nun schon spielten, das einzige was ihm ständig präsent war, war das er sich nicht wohl fühlte und einfach nur froh sein würde, wenn sie es endlich hinter sich gebracht hatten. Jedes Mal, wenn er die Stimme Tatsuros vernahm, nahm dieses Empfinden zu und er konnte es einfach nicht übergehen. Warum vertraute ihm Tatsuro nicht mehr? Was war nur passiert, das er ihm gegenüber auf einmal so abweisend reagierte? Hatte er irgendwann etwas getan, was diesen so verärgert hatte und er war sich dessen gar nicht bewusst? Am liebsten hätte er geschrien, genau jetzt und ohne sich zu zügeln. Doch diese Befreiung konnte sich einzig und allein Tatsuro verschaffen. Und das tat dieser auch. Auch wenn es nur an seiner derzeit übersensibilisieren Auffassungsgabe liegen mochte, so fand er das Tatsuros Stimme heute etwas mehr Verzweiflung inne wohnte, als es sonst der Fall war. Etwas hastiger als üblich verabschiedete sich Yukke von der begeisterten Masse und steuerte als erstes Ziel den Waschraum an. Ihm war zu heiß, er schwitze unaufhörlich und ihm war schlecht - noch immer. Rasch drehte er den Wasserhahn auf, dass das Wasser mit vollem Druck in das weiße Keramikbecken und darüber hinaus schoss. Doch das war Yusuke reichlich egal. Er schob sein erhitztes Haupt unter den kalten Strom und genoss einfach nur die Abkühlung. Er würde es nicht schaffen, so viel stand fest. Nicht unter diesen Voraussetzungen. Er wollte sich einfach nicht zurückentwickeln was die Verbundenheit mit Tatsuro anging. Nach ein paar Minuten drehte er das Wasser schließlich wieder ab, verharrte jedoch noch ein wenig in der eingenommenen Position. Es war wirklich zum Verrückt werden! Langsam richtete er sich nun wieder auf und betrachtete sein Konterfei im Spiegel. Die triefend nassen Haare hingen ihm in das müde Gesicht und tropften nun auf seine eh schon feuchte Kleidung und auf den Boden. Yukke starrte sich an, verfolgte das kleine Rinnsal das sich über seine rechte Wange zog, gleich einer Spur aus Tränen. Es war lächerlich... "Yu-ket-su-ko...", betitelte er die Person ihm gegenüber und musste bitter auflachen Er war wirklich ein Schwächling und selbst schuld daran, dass er sich so Elend fühlte. Wäre er nur etwas taffer könnte er die ganze vorherrschende Situation sicherlich besser meistern und würde jetzt nicht hier stehen und sich selbst bemitleiden. Würde es ihm auch genauso gehen, wenn sich Satochi ihm gegenüber so verhalten würde? Das dieser das jemals auf solch eine Art und Weise tun würde, war zwar unwahrscheinlich, aber würde es ihn ebenso mitnehmen? Bei Miya war der Gedanke, dass dieser ihn nur ansatzweise in so eine Lage versetzten würde, noch weniger zu greifen. Sie waren eben alle viel zu verschieden und in seinem Falle machte es sich leider in einen negativen Sinn bemerkbar. Doch es brachte nichts sich verrückt zu philosophieren. Er würde keine Antwort finden, solange er nicht wusste was mit Tatsuro los war. Mit dieser Erkenntnis verließ er den Raum und ging zurück zu den Anderen. Er brauchte jetzt erst mal ein Handtuch und trockene Kleidung. Etwas überrascht musste er feststellen, dass sich außer Miya niemand sonst in der Garderobe befand. Nach kurzem Suchen erspähte Yukke schließlich ein gewünschtes Frotteestück, das über einem der Stühle hing. Und während er seine Haare zu trocknen begann, erkundigte er sich, wo denn die anderen beiden abgeblieben seien. "Sato versucht sein Verlangen nach Zuckerhaltigem irgendwo zu stillen und unsere Diva hat sich, ihren Allüren gemäß, nicht zu einer Mitteilung herabgelassen." Es war noch immer ein Hauch von Ärger in der Äußerung von Miya, zum Thema Tatsuro, zu spüren. Zum Glück war letztendlich doch noch alles nach Plan gelaufen und somit der Unmut ihres Leaders nicht ganz zur Entfaltung gekommen. Dieser setzte sich, nachdem er sich vollständig umgezogen hatte, in einen der beiden vorhandenen Sessel und fuhr sich mit einer Hand über sein müdes Gesicht. Ein wenig die Augen schließen und die vorherrschende Stille sollten doch etwas dazu beitragen sich ein wenig entspannen zu können. Mit einen leichten Knurren musste er jedoch feststellen, das ihm das nicht vergönnt schien, als sich, wie so oft in letzter Zeit, die Melodie von Yukkes Mobiltelefon in seinen Geist bahnte und ihn genervt seine Augenbrauen zusammen rücken ließ. Yukke könnte sich wirklich mal einen anderen Rufton zulegen, da er diesen langsam aber sicher nicht mehr hören konnte. Eilige löste sich Yusuke von seiner Tätigkeit und kramte in seiner Tasche nach dem eindringlich vor sich hin dudelten Telefon, bis er es schließlich zu fassen bekam und sogleich den Anruf entgegen nahm. Miya war keiner der Menschen die versuchten Gespräche andere zu belauschen und so startete er erneut einen Versuch etwas abzuschalten, was durch die Umsichtigkeit Yusukes, recht leise zu kommunizieren, sogar auf einen Erfolg zusteuerte. Es waren vielleicht geschätzte fünf Minuten vergangen, als es wieder gänzlich still im Raum wurde und dies Miya dazu veranlasste, seine Augen wieder zu öffnen und sich nach Yukke umzuschauen. Er fand ihn schließlich etwas frustriert wirkend an einem der Kleiderständer vor, wo er sich resigniert über seine Stirn fuhr. "Alles klar?" Miya kannte Yusuke lange genug, um sich bei solch einem Bild danach zu erkundigen, ob alles noch in Ordnung wäre, selbst wenn er nicht immer mit eine Antwort rechnen konnte. Und Yukke schien heute auch nicht besonders mitteilungsbedürftig zu sein. Stattdessen kam er zu ihm hinüber und setzte sich ihm gegenüber. Er schaut eine Weile überlegend auf den Stapel Zeitschriften, die sich auf dem Tisch vor ihm befanden und setzte schließlich doch noch zu einer Äußerung an. "Taro macht mir ganz schön zu schaffen!", war dann auch die deutlich entnervte Aussage und Miya schaute seinen Freund daraufhin etwas irritiert an. "Dein Bruder?" Yukke hatte jetzt irgendwie das dringende Bedürfnis seinem Frust etwas Luft zu machen und da er mit Miya gerade alleine war, beschloss er wenigstens ihm, von seinem Amt als Aushilfstherapeut für seinen kleinen Bruder, zu berichten. Kapitel 10: Misunderstanding ---------------------------- Beständiger Nieselregen durchschnitt die kühle Luft des vorgeschrittenen Abends und ließ Tatsuro leicht frösteln. Er brauchte etwas Ruhe und hatte sich nach dem Umziehen sofort wieder davon gemacht, auch weil er Yukke gerade nicht um sich haben wollte..., konnte. Er hatte gedacht, dass er nachdem er ihn zurechtgewiesen hatte, genügend Willensstärke aufbauen könne um, nicht wirklich unverletzt, aber vielleicht nur etwas zerkratzt aus der ganzen Sache herauszukommen. Doch nun hatte er feststellen müssen, dass er sich fühlte als wäre er auf eine Mine getreten. Und das, obwohl doch genau das passiert war, was er mit seiner schroffen Lektion Yusuke gegenüber erreichen wollte. Irgendetwas in ihm hatte sich nach wie vor gewünscht, dass dieser sich nicht abschrecken lassen würde, dass er auch weiterhin versuchen würde ihn mit kleinen Gesten aufbauen zu wollen. Aber Yukke hatte sich erschreckend schnell zur Räson rufen lassen und das hatte ihn dann doch schon verwundert und nicht zuletzt auch ziemlich geschmerzt. Sie alle waren Profi genug, um sich durch solche Dinge nicht aus dem Konzept bringen zu lassen, solange es um ihre Projekte ging. Doch vorhin, kurz vor ihrem Auftritt, da war ihm mit einem Male alles zu viel geworden. Die ganze Zeit hatte er sich einreden können, dass es gut so war, dass er nur auf diese Weise wieder von Yukke loskommen könne. Doch dann, als nur noch sie beide hinter der Bühne standen und Yukke sich nicht wie gewohnt noch einmal an ihn gewandt hatte, da brach etwas über ihm zusammen, das ihn mit einer Wucht nach unten gedrückt hatte, dass er für einen Moment einfach nicht mehr wollte. Nur ein Gefühl war stärker denn je in ihm aufgestoben. Yusuke wieder zurückzuziehen, ihn einfach in den Arm zu nehmen und festzuhalten. Er wollte wieder zurück. Zurück zu diesen Tagen, wo er sich hatte einreden können, dass Yukke auf abstrakte Art und Weise ihm gehörte, solange er nur das Schild das ihre Freundschaft umschloss aufrecht zu erhalten wusste. Und nun waren es tatsächlich seine Hände die genau diesen Schutz zum Einsturz brachten. Irgendwie hatte er dann doch noch den Weg auf die Bühne gefunden und war dankbar, dass er als Sänger die Möglichkeit hatte, seine Gefühle Quetschen für Quetschen über ihre Songs verteilen und sich somit wenigstens etwas befreien zu können. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, es auf die grobe Tour zu versuchen. Vielleicht würde ein Gespräch am Ende doch mehr bewirken können, als er es sich bis jetzt zugestehen wollte? Was hatte er denn schon zu verlieren? Wenn er sich weiter so abweisend gegenüber Yukke gab, würde dieser früher oder später sicherlich ganz darauf verzichten, privat noch etwas mit ihm zu tun haben zu wollen. Wenn er ihm nun einfach sagte, was ihn zu solch einen Verhalten bewogen hatte, konnte es mit dem gleichen Effekt enden, oder sich durch einen Wink des Himmels wieder zu etwas Positiven entwickeln. Es stand Fünfzig, Fünfzig. Er sollte es darauf ankommen lassen. Er müsste nur eine passende Gelegenheit finden, sich bei Yukke erklären zu können. Womöglich wäre dessen Geburtstag ein ganz guter Zeitpunkt dafür. Da war dieser meist in sehr guter Stimmung und das könnte ihm durchaus zum Vorteil geraten. Jedoch würde er mit seinem Geständnis bis zum Ende der Feierlichkeiten abwarten. Nicht, dass er ihn mit seiner Offenbarung letztendlich so verschreckte, oder verstörte, dass er an diesem Tag zu nichts mehr zu gebrauchen sein würde. Tatsuro fühle wie mit seiner Entschlossenheit, auch ein Stück Optimismus zu ihm zurück fand und er sich schon merklich besser fühlte, als noch vor wenigen Minuten. So ließ er das ungemütliche Wetter letztendlich dort wo es hingehörte und machte sich zurück zu ihrer Garderobe. Als er schließlich davor ankam stellte er fest, dass die Tür einem Spalt weit offen stand. Anscheinend hatte sie jemand bei heraus- oder hineingehen, versehentlich oder absichtlich nicht richtig geschlossen. Letztendlich trat er näher heran, doch ließ ihn Yukkes Stimme die er von drinnen her hörte inne halten. "...verstehst du was ich meine? Es zerrt an meinen Nerven! Ich weiß wirklich nicht, wie lange ich das noch mitmachen werde. Er ist doch nun wahrlich kein kleines Kind mehr, aber genauso kommt er mir vor! Ich glaube ich hätte mich nie darauf einlassen sollen... Außerdem hab ich wirklich andere Sorgen! Ich werde froh sein, wenn es vorbei ist und ich mich wieder nur um mich selbst kümmern muss. Irgendwann ist auch bei mir das Limit erreicht!" Dieser Aussage folgte ein frustriertes Stöhnen, bevor sich Miya als die Person herausstellte der Yusuke sich mitgeteilt hatte. "Ja das kann ich verstehen. Mir würde es da bestimmt nicht besser gehen. Aber Ausdauer hast du, dass muss man dir lassen mein lieber Yusuke.” Tatsuro konnte ein gedehntes Grummeln vernehmen, das eindeutig Yukke zuzuschreiben war. So verhielt es sich also bei diesem... Wie versteinert stand Tatsuro vor dem Eingang des Umkleideraumes und konnte gar nicht glauben, was er gerade gehört hatte. Yukke hatte sich nicht so rasch damit abgefunden ihm seine Ruhe zu lassen, weil er ihn nicht noch weiter strapazieren wollte, sondern weil er Yukke nur noch auf die Nerven ging! Und das anscheinend so sehr, dass er ihn am liebsten gar nicht mehr um sich haben wollte, wenn es nicht wirklich sein musste. Das restliche Gespräch der zwei Musiker ging ungehört an ihm vorbei, da er sich erst einmal mit dem auseinandersetzen musste, was er da vernommen hatte. Und dies war weit mehr, als er momentan zu verkraften im Stande war. Am liebsten wäre er auf der Stelle abgehauen, doch alles was ihm sein Körper noch gewährte, war sich an eine Wand des Flures zu lehnen und daran Richtung Linoleumboden zu rutschen. Er hatte es versaut! Wie konnte er auch nur davon ausgehen, dass Yukke sich ewig alles bieten lassen würde? Es war nur eine Frage der Zeit, bis es ihm reichen musste. Und wenn er so zurückrechnete, war dessen Geduld wirklich mehr als ausdauernd gewesen. Doch nun war das Maß für diesen voll und das mit gutem Recht. Er war doch wirklich ein verblendeter Egoist gewesen und es schien nur die gerecht Strafe zu sein, wenn sein Freund, sein bester Freund durch diese Ichbezogenheit so dermaßen missgestimmt auf seine Person zu spreche war, dass er ihn nur noch grade so ertragen konnte. "Tatsuro?" Etwas abwesend wendete er seinen Kopf in die Richtung aus der er seinen Namen vernommen hatte, doch hob er seinen Blick nicht an. Er wusste das es Satochi war der neben ihm stand und sich sicherlich über den Anblick den er hier bot, wunderte. "TATSURO?" Diesmal klang die Stimme seines Freundes weniger fragend, sondern recht besorgt. "Was ist denn passiert?" Satochi war nun vor ihm in die Hocke gegangen und musterte ihn seltsam unruhig. Erst als Tatsuro etwas auf seinen Handrücken tropften spürte, nahm er es war. Weinte er etwa? Der sorgenvolle Ausruf seines Gegenübers war auch zu den beiden Männern in der Garderobe gedrungen, welche jetzt ebenfalls in den Gang traten und nicht minder besorgt ausschauten, als es schon Satochi tat. Hier lief eindeutig etwas aus dem Ruder. Hektisch wischte sich Tatsuro die nassen Spuren aus dem Gesicht und erhob sich mit mehr Hast als Grazie wieder zu seiner vollen Größe. Mit wenigen Schritten war er in die Umkleide gestürmt und packte dort sein Hab und Gut zusammen. Er musste hier weg und zwar schnell. Unter den ahnungslosen Blicken seiner Kollegen, verließ er schließlich die Räumlichkeit wieder und ließ die anderen, ohne ein Wort zu verliere, stehen. “Probt der hier für ein Theaterstück, oder was soll dieses anhaltend, skurrile Verhalten?” Miya war ehrlich überfordert mit den Vorstellungen, die Tatsuro hier seit geraumer Zeit immer mal wieder zum Besten gab und die Verwunderung in den Gesichtern seiner beiden Freunde sagte ihm, dass er damit nicht alleine dastand. Der abgeklungene Regen hatte die Kälte wieder an Intensität zunehmen lassen, doch spürte das Tatsuro nur geringfügig. Seine Gedanken kreisten konstant um ein und dieselbe Materie. Als er in Folge dessen feststellen musste, dass er nun schon zum wiederholten Mal in den letzten Wochen, wie ein Idiot vor seinen Kollegen davongerannt war, hatte er für sich selbst nur ein abfälliges Schnauben übrig. Anstatt sich aufzuführen, als hätte man ihm verkündet, das seine Stimme dem Kratzen von Fingernägeln auf einer Tafel glich, hätte er eher darauf achten sollen, wie sehr er seine Mitmenschen mit seinen Allüren gegen sich brachte. Doch nun war es zu spät in Reue auszubrechen. Als er sich kurzfristig durch das Weinen eines kleinen Kindes abgelenkt sah, fand er sich am Bahnsteig der U-Bahnstation wieder und wunderte sich einen Augenblick lang, wie er überhaupt hier her gefunden hatte. Glücklicherweise waren zu dieser fortgeschrittenen Stunde fast keine Menschen mehr unterwegs. Nur vereinzelt standen Personen um ihn herum, die ebenfalls im Warten auf jenes Beförderungsmittel, ihren Gedanken nachzuhängen schienen. Es war kein Phänomen das, sobald es kälter und trüber wurde, die Menschen eine gewisse Melancholie mit sich herum trugen, welche sich am deutliches ausmachen ließ, wenn man sie als einzelnes Individuum betrachten konnte. So wie jetzt. Ohne den Schutz der Menge war jeder für sich und wirkte oft etwas verloren. Es war bizarr und nicht weniger eine Inspiration für die, die mit offenen Augen nach der Realität Ausschau hielten. Diese Erkenntnis war jedoch glatter Hohn, bezogen auf sich selbst. Er lief umher, fast am Ertrinken in einer Flut aus Bereuen und Bedauern, weil er nicht wahrgenommen hatte, wie die Menschen, wie dieser eine Mensch der ihm so erschreckend wichtig war, sich unter seinem Tun elend fühlte. Und nun stand er hier und philosophierte über die seelischen Abgründe wildfremder Leute, in der Maßlosigkeit einen Bruchteil davon deuten zu können. Er kannte weder den Geschäftsmann in seinem dunkelgrauen Trenchcoat und dem müden und ausgelaugten Blick. Noch die viel zu jung wirkende Mutter mit ihrem kleinen Sohn, der ihr durch verspielte Gesten, immer wieder ein Lächeln auf das schmale Gesicht zu zaubern wusste. Oft genug hatten sie über die dunkle Seite die ein jeder in sich beherbergt geschrieben und nicht minder oft hatte er darüber gesungen. Man hätte meinen sollen, dass jemand wie er, der in der Lage war diese Wahrheiten in solch einer Mannigfaltigkeit wiederzugeben, dass gerade er im Stande sein sollte, seine eigenen überschwänglichen Empfindungen so farbenreich vermitteln zu können, das die Person der diese zu Teil wurden gar nicht anders konnte, als von ihm angetan zu sein. Aber für sich selbst schien er einfach nicht in der Lage diese Kreativität richtig nutzen zu können. So paradox dies auch sein mochte. Die Stimme aus dem Lautsprecher erinnerte ihn daran, dass der Zug in wenigen Augenblicken eintreffen würde und er zurücktreten möge, falls er zu nahm am Bahnsteig stehen sollte. Nur wenig später rauschte das metallene Hightech Gefährt in die Haltestelle ein und öffnete seine Türen. Tatsuro zog es vor sich in eine der Ecken des Wagons zu verkriechen, denn er nur noch mit einem jungen Paar teilte, welches er ebenfalls schon beim Warten registriert hatte. Auch wenn er es nicht drauf anlegte, so vernahm er die Unterhaltung der beiden jungen Leute, die nicht weit von ihm entfernt Platz genommen hatten, recht deutlich. Die etwas unbeholfene Art des Jungen seine favorisierte Dame mit ein paar Anekdoten aus seinem täglichen Leben zu unterhalten und diese damit auch ein wenig zu beeindrucken, ließ ihn trotz seiner matten Laune etwas schmunzeln. Auch wenn er nicht zu ihnen schaute, so konnte er sich die Gestiken und Mimiken der beiden doch gut vorstellen. Verbundenheit konnte so viele Dinge in ein anderes Licht rücken. Dinge die einem bei jedem anderen vielleicht als störend erschienen, konnte man leicht akzeptieren, wenn andere Gefühle überwogen. Warum konnte es für ihn nicht auch etwas einfacher sein? Wäre Yusuke kein Mann, dann wüsste er genau wie er ihn, oder halt sie, für sich gewinnen könnte. Aber in seinem Fall würde er sicherlich nicht gerade auf Begeisterung stoßen, wenn er Yusuke so mir nichts dir nichts ein Kompliment zu seinem wirklich perfekt geformten Mund machen würde. Damals war es ihm nie wirklich aufgefallen. Warum auch? Nur dem Umstand von kalter und trockener Luft hatte er es zu verdanken, dass er so vehement auf diese Lippen aufmerksam gemacht wurde. An irgendeinem Tag im letzten Winter hatte Yukke eben mit diesen Elementen zu kämpfen gehabt und dadurch waren seine Lippen ziemlich strapaziert gewesen. Dieser hatte in Ermangelung, eines für solche Probleme zuständigen Pflegeproduktes, permanent versuchte durch das Befeuchten seiner Lippen mit seine Zunge etwas Abhilfe schaffen zu wollen und ihn damit ein kleines, aber ehrliches Stück um den Verstand gebracht. Über diese Erinnerung entrann Tatsuro ein betrübtes Seufzen. Dies lag nun schon so lange zurück. Die Dunkelheit in seiner Wohnung begrüßte Tatsuro mit geläufigem Schweigen und erinnerte ihn irgendwie an die Zukunft die ihm mit Yukke noch bevorstehen mochte. Doch mit dem Einschalten des Lichtes erinnerte man ihn daran, dass da ja noch jemand war der auf ihn wartete und die Freude über seine Rückkehr wirklich ehrlich meinte. Der gescheckte Kater blinzelte erst einmal, ob der prompten Erleuchtung die über ihn gekommen war, doch dann eilte er mit Lauten, gleich einer Begrüßung, auf Tatsuro zu und strich diesem fidel um seine Beine. "Hey mein Großer." Tatsuro beugte sich zu seinem kleinen Tiger und kraulte diesen zärtlich hinter den Ohren, was dieses zu einem inbrünstigen Schnurren animierte. "Hast du auch nichts angestellt?" Daraufhin schüttelte Teto kurz seinen Kopf, zwar deshalb, weil er in seinem Schmusewahn eines seiner Lauscher zum Umkrempeln gebracht hatte, als in der Absicht wirklich seinem Herrschen antworten zu wollen. Entlockte Tatsuro damit aber trotzdem ein Lächeln. Er war wirklich froh, nun nicht gänzlich allein hier hocken zu müssen, auch wenn ihm sein Kater keinen Rat zu seinem Problem geben konnte, so war dessen Anwesenheit schon etwas, dass ihn etwas abzulenken wusste. Nachdem er sich umgezogen hatte und seinen kleinen Wildfang mit ausreichend Futter versorgt sah, zog Tatsuro es vor es sich noch etwas auf seiner Couch gemütlich zu machen. Vielleicht würde ihm das televisionäre Unterhaltungsprogramm noch etwas anbieten können, dass sich zu verfolgen lohnte. Schließlich entschied er sich für eine Reportage über das Leben eines Asphaltcowboys namens John W. und wünschte er könne sich auch auf ein Motorrad setzten und einfach all seinen Sorgen davonfahren. Es wäre auf jeden Fall cooler, als ständig zu Fuß die Flucht zu ergreifen. Ein dumpfes Poltern ließ ihn allerdings aufschrecken, worauf ein etwas zu hektisch daher flitzender Vierbeiner den Raum betrat und sich unter dem Tisch platzierte. Mit einem mahnenden Blick in das unschuldig dreinschaute Gesicht seiner Fellkugel, erhob er sich schließlich, um der Störung auf den Grund zu gehen. Ein Blick in die Küche verriet, dass Teto es wohl als äußerst spannend empfunden haben musste, die Tasche seines Herren, die dieser auf einem der Stühle abgelegt hatte, zu inspizieren und war wohl beim Versuch in diese hineinklettern zu wollen, samt Tasche zu Boden gesegelt. Mit dem Erfolg, dass sich sämtlicher Inhalt aus dieser losgesagt hatte. Mit einen leicht genervten Seufzen sammelte Tatsuro das Chaos wieder zusammen und fand darunter auch sein Handy wieder. Ein Blick darauf zeigte, dass man ihn mehrmals versucht hatte zu kontaktieren. Genau aus diesem Grund hatte er es zuvor auch auf lautlos gestellt. “Sato..., Miya..., Sato..., Gara...”, murmelte er als er die Liste der verpassten Anrufe durchging und war erneut und trotz des Versuches es als -egal- abzustempeln, wieder Zusehens geknickt, als Yusukes Name nicht mit in seiner Aufzählung vorhanden war. Aber Gara stellte dann doch eine Überraschung dar. Es war doch schon eine Weile vergangen, als sie das letzte Mal miteinander telefoniert hatten. Die Frage, was den Merry Vokal dazu bewogen haben könnte sich nun bei ihm zu melden, ließ ihn folglich einen Rückruf starten. Es dauerte auch nicht lange, bis er die unverkennbare Stimme Garas in seinem Ohr vernehmen konnte, der ihn anstelle einer Begrüßung erst einmal einen Anpfiff verpasste, was er sich erdreisten würde seinen Anruf einfach so zu ignorieren. Aber da Tatsuro die Marotten des Älteren recht gut kannte, schenkte er dieser Zurechtweisung zwar Gehör, aber ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen, sondern hauchte stattdessen ein gespielt, reumütiges „Gomen ne Gara –san“ in die Leitung, worauf dieser ein ebenso ernst gemeintes, "Das möchte ich auch hoffen!" erwiderte. "Und was verschafft mir die Ehre?" Tatsuro hatte sich indes wieder in sein Wohnzimmer begeben und den Ton des Fernsehers auf stumm gestellt, um sich besser mit seinem alten Freund austauschen zu können. "Eigentlich wollte ich mal anfragen, was meine liebe Heulboje und der Rest eures Trupps an diesem Wochenende so in Planung haben." "Was heißt hier HEULBOJE?!", moserte Tatsuro bei diesem Vergleich entrüstet. "Hast du dir schon mal eure Songs angehört?!" Das Glucksen am anderen Ende der Leitung war nicht zu überhören und brachte auch Tatsuro ein wenig zum Lächeln. "Aber mal zurück zum Thema. Hab ihr am Samstag vielleicht Zeit? Ich und die Jungs sind mal wieder in der Gegend für nen kleinen Gig und da dachte ich mir, dass wir uns danach ja mal wieder etwas amüsieren könnten." Eigentlich hätte Tatsuro jetzt ohne Umschweife gesagt, das Yukke an diesem Tag Geburtstag habe und Gara und seine Jungs gleich angeboten doch den Feierlichkeiten beiwohnen zu können, wenn sie denn wollten. Yukke hätte sicherlich nichts dagegen einzuwenden. Doch nun lagen die Dinge ja etwas anders. Yukke wollte ihn sowieso nicht wirklich dabei haben und er würde ihm so nur einen Gefallen tun, wenn er von sich aus absagen würde. Dann hatte er auch gleich ein Geschenk über das dieser sich auch richtig freuen konnte. "Ignorierst du mich etwa schon wieder?!", grollte es nach einiger Zeit durch sein Handy, da Gara das anhaltende Schweigen seines Kollegen, als etwas zu ausgedehnt erschien. "Keine Angst eure Hoheit, ich war nur am überlegen.", beschwichtigte dieser schließlich den Anderen. "Samstag wäre für mich OK. Nur bei den anderen sieht es da schlecht aus. Also müsstest ihr euch nur mit meiner Wenigkeit zufriedengeben.“ Tatsuro konnte darauf Garas viel zu enttäuschtes Seufzen durch die Leitung vibrieren hören. „Na gut, da nehmen wir halt nur mit dir vorlieb.“, meinte dieser dann leicht schelmisch, worauf er Tatsuro die passende Zeit und den angestrebten Ort wissen ließ. Nachdenklich starrte Tatsuro auf das Mobiltelefon in seiner Hand. Gara hatte sich schon vor gut zehn Minuten von ihm verabschiedet, jedoch nicht ohne ihn noch einmal darauf hinzuweisen, dass er am Samstag auch ja aufzukreuzen hatte und das er die anderen Mal grüßen solle. Der Fernseher war noch immer zum Schweigen verurteilt und flimmerte emotionslos vor sich hin. Tatsuro hatte sich nun in seiner gesamten Größe auf seiner Couch ausgesteckt und wurde irgendwie das Gefühl nicht los, dass diese entweder immer kleiner, oder er immer größer wurde. Das Telefon hielt er noch immer fest, auch wenn er nicht genau wusste warum. Doch der kleine Teil der es wusste, hatte gegen die Gewissheit, dass Yusuke ihn bestimmt nicht auch noch anrufen würde am Ende keine Chance und Tatsuro legte es schließlich beiseite. Sein Ausbreiten hatte Teto dazu berufen es sich auf Tatsuros Bauch bequem zu machen, um vielleicht auch noch ein paar Streicheleinheiten zugedacht zu bekommen. Ein zufriedenes Grunzen war von dem Kater zu vernehmen, als Tatsuro sich dann auch seiner besann und ihn zu kraulen begann. Tatsuro Blick wanderte auf den Fernseher und verfolgte das Geschehen, das sich dort bot eher oberflächlich. John W. hatte sich schon längst zu anderen Abenteuern auf gemacht und statt seiner ging nun ein wild aussehender Samurai seiner Wege. Er kannte diese alten Klassiker und schaute sie sich ab und zu auch ganz gerne an, nur heute war ihm nicht so recht danach. Seine Aufmerksamkeit rutschte ein Stück weiter und blieb dann an einem kleinen, farbigen Briefumschlag hängen, welchen er selbst vor einiger Zeit auf diesem Regal platziert hatte, um ihn ja nicht zu verlegen. -YUKKE-, hatte er darauf geschrieben, nicht mehr. Als er dies getan hatte, hatte ihn diese kindliche Vorfreude überkommen bei dem Gedanken daran, was dieser wohl zu seinem Geschenk sagen würde. Aber nun war es vollkommen egal, ob das Kuvert dort und was darauf stand. Der Inhalt würde eh nicht mehr eingelöst werden. Zumindest nicht von der Person für die es gedacht war. Das stumm aufleuchtende Bitten seines Handys nach Zuwendung, vermochte es sein Herz urplötzlich schneller schlagen zu lassen. Vielleicht war es doch noch Yukke, der an ihn gedacht hatte und es einfach nicht ausgehalten hätte, wenn er nicht wenigstens anfragen würde, ob mit ihm alles in Ordnung sei. Doch wenn dem so wäre, konnte er denn noch davon ausgehen, dass dieser es auch ernsthaft meinte und es nicht nur tat, weil er sich irgendwo dazu verpflichtet fühlte? Die Worte die Yukke zu Miya gesagt hatte, waren ja eindeutig gewesen. Mit einem leicht unsicheren Gefühl griff er schließlich wieder zu seinen Telefon und war erneut sichtlich enttäuscht, als er sah, dass die Nachricht nur von ihrem Leader stammte. Die Mitteilung, dass der Rest der Woche für die, wie Miya es so schön formulierte, Regenerierung ihrer sozialen und mentalen Potenz genutzt werden solle, bereitete ihm einen Mix aus natürlicher menschlicher Freude nichts tun zu müssen und quengelnder Frustration zu, weil das hieße, das er Yukke über diesen Zeitraum nicht zu Gesicht bekommen würde. Und dieser war bestimmt mehr als froh, dass er nun endlich einmal seine Ruhe vor ihm hatte. Da Tatsuro aber nun keine Lust auf ausführlichere Erläuterungen verspürte, bestätigte er den Erhalt und seine zur Kenntnisnahme nur mit einem knappen OK Er wusste jedoch nur zu gut, dass die ihm nun zur Verfügung stehende Musestunden keineswegs ausreichen würden, um ihn zu rehabilitieren. In vier Tagen war er ja gerade mal mit dem ersten Level seines Wehklagens über diese ungerechte Welt fertig. Wenn überhaupt. Außerdem musste ihm nun auch noch eine gute Ausrede einfallen, warum er denn nicht zu Yusukes Geburtstag erscheinen konnte. Es musste ja auch glaubhaft genug sein, damit auch Miya nicht daran zweifeln konnte. In solchen Belangen war dieser nämlich erschreckend schnell im Enttarnen schwammiger Ausflüchte. Aber noch war besagter Samstag gute 48 Stunden entfernt und bis dahin würde ihm schon noch ein wasserdichtes Alibi in den Sinn kommen. Zumindest hoffte er das. *** Träge rollte sich Tatsuro aus seinem Bett, als ihm sein Wecker darüber informierte, dass es bereits kurz vor 12 Uhr und außerdem noch Samstag war. DER Samstag! Mit dem gleichen Elan, wie er sich schon aus seinem Nachlager bequemt hatte, steuerte Tatsuro sein Badzimmer an, stellte sich nach Entledigung seiner wenigen Kleidungstücke unter die Dusche und verfluchte nur Sekunden später seinen Tran auf äußerste, als ihm ein eiskalter Schwall über den schlanken Körper strömte, anstatt die angestrebte wohlig Wärme. Es machte schon Sinn das Wasser vor Benutzung erst einmal in Wallung kommen zu lassen. Aber nun war er wenigstens richtig munter. Der Griff zur Shampooflasche war ein erneuter Anstoß frustriert aufzustöhnen, als ihm der viel zu bekannte Geruch von tropischen Früchten in die Nase stieg und er sich wünschte, das er Yukke nie mitgeteilt hätte, dass er den Duft dieses Haarpflegemittels wirklich klasse fand. Dieser hatte ihm nämlich schon am nächsten Tag eine Flasche davon mitgebracht und nun erinnerte es ihn bei jedem Gebrauch aufs Neue an die Tage zurück, wo alles noch in Ordnung zwischen ihnen war. Allerdings hatte er damals schon feststellen müssen, dass dieser fruchtige Duft der diesem Produkt anhaftete, viel besser an Yukke roch als an ihm. Aber das konnte auch daran liegen, dass er in seinem Zustand einfach alles als viel besser betrachtete, wenn es Yukke zugeschrieben werden konnte. Verliebtheit vermochte es wirklich, dass man sich ungemein seltsam benahm. Aber sie als Grund einer Entschuldigung zu nutzen, war in Anbetracht seines Verhaltens einfach nicht ratsam. In seinem roten und herrlich plüschigen Bademantel gewickelt, schlurfte er wenig später in Richtung Küche. Er brauchte einen Kaffee und Teto wieder einmal etwas zu Fressen. Der kleine Kater hatte sich wirklich manche Eigenheiten von seinem Herrchen abgeschaut und wohl auch gleich noch seinen Stoffwechsel kopiert, da dieser genau wie er auch, trotz der Tatsache Unmengen an Nahrung zu vertilgen, nicht erheblich an Gewicht zunahm. Tatsuro suchte, während das braune koffeinhaltige Gebräu durch die Maschine zischte, erneut sein Handy herzu, um gefassten Entschluss der Feier seines Freundes fern zu bleiben auch mitzuteilen. Nur war er sich nicht ganz sicher, wem er diese Information zukommen lassen sollte. Natürlich wäre es am logischsten sich persönlich bei Yusuke abzumelden. Um ihn ging es ja schließlich auch. Doch irgendwie war ihm dabei nicht wohl. Wenn er dessen Charakter richtig zu deuten vermochte, selbst wenn dieser einige seiner Eigenschaften ihm gegenüber in letzter Zeit nur noch des lieben Friedens willen angebracht hatte, dann würde er ihn sicherlich gleich anrufen um Näheres zu erfahren und das wollte er aus gutem Grund vermeiden. Miya war ebenso ein schwieriger Gegner, der mit Erkundigungen um drei Ecken es doch noch zu Stande bringen würde, dass er sich in Widersprüche verstrickte. Blieb letztendlich nur noch Sato übrig. Der würde ihn schon verstehen und auch allzu viele Fragen stellen. Das wäre das Einfachste. Satochi hörte sich die Entschuldigung, dass er sich wohl am Vorabend den Magen verdorben haben musste, ohne lästiges Nachhaken an und versicherte seinem kränkelten Kumpel, dass er die Nachricht übermitteln würde und verabschiede sich von ihm. Jedoch nicht ohne ihm vorher noch eine gute Besserung gewünscht zu haben. Tatsuro legte wieder auf und fühlte sich unerwartet schlecht. Eigentlich lief ja alles besser, als er es gedacht hatte. Eigentlich schon fast zu gut. Satochi hatte genau so reagiert, wie er es gehofft hatte und sogar noch etwas kulanter. Er hatte sich den Umstand, dass er gerade ihn über sein Unwohlsein in Kenntnis gesetzt hatte und nicht Yukke selbst, damit erklären lassen, dass er Yukke an seinem besonderen Tag keine unnötigen Sorgen bereiten wolle. Auch wenn Tatsuro davon ausgehen konnte, das Satochi sicherlich der Gedanke gekommen war, das sich Yukke schon seit Tagen Sorgen um ihn machte, nachdem was sich so zwischen ihnen ereignet hatte. Doch Sato hatte nichts dergleichen angeschnitten. Aus welchen Gründen auch immer. So im Nachhinein gab es doch Einiges an Ungereimtheiten zu seiner Ausrede und dem Weg sie an den Mann gebracht zu haben. Und trotzdem war er damit durchgekommen. Aber vielleicht machte er sich aus dem Grund eines aufkeimenden, schlechten Gewissens, auch nur solche Gedanken. Nur weil Yukke ihn nicht mehr so zu mögen schien, wie er es vor den ganzen Geschehnissen getan hatte, hieß es ja noch lange nicht, dass er ihn ebenfalls nicht mehr mochte. Dieses Gefühl war schließlich nicht nur so eine Phase, die sich mit etwas Zeit schon wieder von selbst verflüchtigen würde. Nein, seine Empfindungen waren dummerweise viel hartnäckiger und es war nicht auszumachen, wann oder wie man sie wieder zurückdrängen konnte. Und das mit der Gratulation? Yusuke einfach nur eine SMS zu schicken wäre schon etwas kläglich, aber dennoch mehr als sich gar nicht zu melden. Anrufen wollte er einfach nicht, das hätte ihn nur noch mehr geschafft und über Dritte, wäre es dann noch jämmerlicher als die Kurznachricht. Am besten er tat es doch persönlich, nur nicht heute sondern am Montag. Nachträglich. Aber dafür eben persönlich. Mit dieser Taktik konnte er sich erfreulicher Weise sehr schnell anfreunden und damit seinem Gewissen wenigstens einen kleinen Dämpfer verpassen. Heute sollte Yukke seinen großen Tag genießen können, ohne von ihm gestört zu werden und ihm womöglich damit noch die gute Laune zu verderben. Er würde sich den Abend eben auf seine Art und Weise verschönern. Und auch wenn es Yusuke ziemlich egal sein würde, auch ein oder zwei Gläser auf sein Wohl trinken. Kapitel 11: And round and round it goes --------------------------------------- Mit etwas Mühe drängelte sich Satochi durch die schon vor Ort befindliche Masse, um zu Yukke zu gelangen der sich, so wie es sich für den Ehrengast auch gehörte, im Zentrum der munteren Gesellschaft befand. Satochi musste schon etwas grinsen, als er verfolgen konnte, wie sich Yukke tapfer dem Kreuzfeuer anhaltender Beglückwünschungen und anderweitig guten Worten zu seinem zukünftigen Lebensweg, mit Danksagungen und Dauerlächeln erwehrte. Er selbst hatte sich etwas verspätet, da ihm auf halber Strecke eingefallen war, dass er doch tatsächlich das Geschenk für das Geburtstagskind vergessen hatte. Und das, obwohl er es fast den ganzen Tag über von einer Ecke seiner Wohnung mit in die nächste geschleppt hatte. Eben um es nicht zu vergessen. Aber nun war er ja da und es trennten ihn auch nur noch wenige Meter von seinem angesteuerten Ziel. "Oh Mann, du kennst echt zu viele Leute!", schnaufte er, als er sich endlich vor Yusuke wieder fand, der ihn auch gleich ein amüsiertes Glucksen schenkte. "Du kennst genau dieselben Leute mein Lieber.", informierte er seinen Freund und wandte daraufhin seinen Blick kurz von ihm ab, um sich suchend umzublicken. "Bist du allein?", erkundigte er sich schließlich und Satochi wusste die anklingende Enttäuschung in der Frage Yukkes sehr gut zu deuten. "Ja, ich bin allein gekommen, aber ich soll dir von Tatsuro aus sagen, dass es ihm nicht gut geht und er deshalb zu Hause bleibt. Er lässt dich aber grüßen." Es war der folgende Augenblick der in Satochi das Gefühl aufkommen ließ, Tatsuro am liebsten eine verpassen zu wollen, da er nun genau verfolgen konnte, wie sich die Enttäuschung, die erst nur ansatzweise bei Yukke zu vernehmen war, nun über seine gesamte Erscheinung ausbreitete. Angefangen von den traurigen Augen, die er dadurch zu verbergen versuchte, indem er seinen Kopf ein Stück senkte, bis hin zu den hängenden Schultern und dessen Händen die durch ihr unstetes Fingerspiel das Bild der Ernüchterung vervollständigte. Er war ja nicht dumm, auch wenn er einfach nicht verstand, warum sich Tatsuro so seltsam aufführte wusste er, dass es sicherlich einen anderen Grund für sein Fernbleiben gab, als der den er angeben hatte. Nur war auch er damit etwas überfordert. Selbst wenn er Tatsuro heute bei ihrem Telefonat auf alles hätte ansprechen können, so wusste er einfach nicht wie. Ihr langhaariger Freund war in der letzten Zeit mit einer Flasche Glyzerin zu vergleichen. Nur eine falsche Aktion und es konnte in einem totalen Desaster enden. Satochi musste sich selbst eingestehen, dass er etwas Angst hatte. Angst das, wenn er Tatsuros Verhalten zu eindringlich hinterfragte, ihm dasselbe Schicksal ereilen würde wie Yusuke. Aber diesen Gedanken wollte er Yukke nicht auch noch unter die Nase reiben. Doch so wie es aussah, hatte dieser sich eh schon seine eigene Meinung dazu gebildet. Er schien genau so wenig davon überzeugt zu sein, dass Tatsuro aus gesundheitlicher Unpässlichkeit nicht hier sein konnte, wie er es tat. Auch Miya hatte sich nun zu ihnen beiden durchgerungen und als er Yusuke in, für diesen Anlass recht untypischer Haltung vor fand, konnte er sich den Ursprung dieses Trauerspiels schon fast denken. "Tatsuro?", stelle er seine Mutmaßung in den Raum und verdrehte entnervt die Augen, als ihm Satochi in Vertretung ihres Freundes ein Nicken zukommen ließ. Das war doch alles nicht mehr zum Aushalten! Was Ging nur in diesem Chaoten vor sich, dass er nicht einmal heute sein Ego im Schrank lassen konnte? Doch noch bevor er sich weiter darum Gedanken machen konnte, erfasste ihn ein Arm von Satochi und schon fand er sich in einer netten dreier Umarmung wieder. Er würde darauf wetten, dass Satochis Lippen nun ein fast unanständig, breites Grinsen zierte das er, bedingt durch seine Position, nur nicht ausmachen konnte. Aber das war wohl auch gut so. Er sollte in Zukunft einfach besser darauf achten, was für Äußerungen er seinen Kollegen zukommen ließ, bevor sie sich, wie in diesem Falle, gegen ihn richteten. Heute aber fand er sich selbstlos damit ab, hier so ungeniert mit als Trostpflaster eingespannt zu werden. Yukke hatte schließlich Geburtstag! Etwas erschöpft löste sich Yukke von seinem letzten Gesprächspartner und platzierte sich in einen der umstehenden Sessel, um sich etwas auszuruhen. So hatte er sich diesen Abend nicht gewünscht. Nicht, dass er ihm missfiel, oder er sich hätte langweilen müssen. Alles war wirklich schön und mit Mühe organisiert worden, doch er selbst war nicht ganz bei der Sache. Es war nicht so, dass er nun blauäugig angenommen hatte, dass sich Tatsuro garantiert heute wieder in alter Form präsentieren würde. Aber, dass dieser nun gänzlich fern geblieben war, stimmte ihn ungemein traurig. Sato hatte ihm zwar erzählt, dass dieser sich nicht wohl fühlen würde, aber war dem auch wirklich so? Tatsuro hätte sich doch auch bei ihm melden können! Nicht einmal der Versuch einer Gratulation war er ihm wert. Und das war etwas, dass er nur in eine Richtung deuten konnte. Und diese gefiel ihm ganz und gar nicht. Was um alles in der Welt hatte er ihm nur getan, dass er sich nun so rabiat von ihm fernhielt? Egal welchen Grund dieser hatte, warum konnte sie das nicht auf friedlicher Basis klären? Oder war Tatsuro seine Person wirklich schon so dermaßen über, dass er gar keine Zeit mehr in ihn investieren wollte? Hatte es sich für ihn vielleicht schon längst erledigt? Es machte ihn wirklich fast wahnsinnig nicht zu wissen, was vor sich ging und das er sich deshalb schon wieder den Kopf zerbrach. "Fukuno-san!" Etwas desorientiert schaute Yukke sich um, als er seinen Namen in dieser Form vernahm, bis er diese Begrüßung schließlich einer Person vor sich zuordnen konnte, die ihn wie immer herzlich anlächelte, wenn sie ihn sah. Die junge Frau trat nun etwas näher an Yukke heran und musterte ihn mit sorgenvollem Blick, der ihren feinfühligen Charakter noch mehr zu Geltung brachte. "Sie sehen aber gar nicht glücklich aus.", stellte sie dann auch mit einem Ton von Mütterlichkeit in der Stimme fest und setzte sich Yusuke gegenüber, der diese Beobachtung zu seinem Gemütszustand mit einer abtuenden Handbewegung abzumildern versuchte. Doch Hanasawa-san verfügte über genügend weibliche Intuition, um zu wissen, dass es nur typisch für einen Mann war solche Angelegenheit herunter zu spielen. Egal wie sehr diesen auch etwas beschäftigen mochte. "Fukuno-san sie sind sehr schlecht, wenn es darum geht jemanden etwas vormachen zu wollen." Die junge Stylistin begegnete dem leicht überraschten Gesicht ihres Gegenübers mit einem sanften und verständnisvollen Ausdruck. Yusuke fühlte sich wahrlich an eine Situation erinnert, in der eine Mutter versuchte ihren Spross gut zuzureden, der eher sämtliche Hausarbeiten verrichten würde, als über seine Probleme sprechen zu wollen. Aber dieses Alter war schon seit einiger Zeit hinter ihm geblieben und er würde ja auch nicht unnötig viel von seinem Seelenzustand preisgeben, wenn er ihr sagen würde, dass er sich einfach nur Sorgen um Tatsuro machte. Die Einzelheiten dieses Szenarios gingen ja niemanden etwas an. Hanasawa-san gab ein verstehendes Nicken von sich, als Yukke ihr seine Besorgnis, auf Grund des Fernleibens ihres Sängers, mitgeteilt hatte und legte eine zuversichtliche Miene auf. „Iwagami-san hat sich sicherlich nur etwas verspätet. Ich weiß ja selbst wie das ist, wenn man alte Freunde lange nicht gesehen hat, dann vergisst man über ein Gespräch schon mal die Zeit. Ich sah ihn vorhin zufällig im DownTown, als ich Keisuke etwas vorbei gebracht habe. Gara-san und seine Band haben heute dort einen Auftritt und Keisuke musste kurzfristig für einen erkrankten Technikerkollegen einspringen…“ Yukke fiel es plötzlich unglaublich schwer dem Reden der jungen Frau noch Aufmerksamkeit schenken zu können, als ihm zu Ohren kam das Tatsuro, nicht wie es zu erwarten gewesen wäre, zu Hause blieb, sondern es vorzog sich in Clubs herumzutreiben, um diesen Abend anscheinend mit anderen Freunden verbringen zu wollen. Es war nicht der Gedanke daran, dass Tatsuro sich mit anderen Freunden traf der ihn schmerzte, sondern die Tatsache, dass dieser es vorgezogen hatte ihn anzulügen anstatt ihm einfach mitzuteilen, dass er es vorzöge anderen Plänen für diesen Samstag nachzugehen. Wenn sie sich nun schon so tief unten befanden, dass man sich auch für die kleinste Wahrheit keine Mühe mehr machen wollte, dann sollte er wohl wirklich langsam aufwachen, was seine Bindung zu Tatsuro betraf. Denn unmissverständlicher konnte man die Wahrheit eigentlich nicht vor Augen geführt bekommen. Tatsuro legte keinen Wert mehr auf ihre Freundschaft und zog es nun vor diese Tatsache Schritt für Schritt zu vermitteln, anstatt gleich einen Schlussstrich zu ziehen. Yusuke musste bitter auflachen. Das war so typisch für Tatsuro. Es reichte ihm nicht sein Umfeld mit seinen völlig unverständlichen Launen zu ermüden, er musste es auch noch auf solch eine quälend, schleichende Art demonstrieren, dass man am Ende selbst schon der Meinung war, es wäre besser, wenn man sich lossagte, nur um endlich seinen Seelenfrieden wieder finden zu können. Aber nun war er ja im Bilde und wenn es das war was Tatsuro wollte, dann tat er ihm diesen letzten freundschaftlichen Gefallen. Hanasawa-san hatte über die Minuten in denen Yusuke recht fassungslos vor sich hin gestarrt hatte, der Gedanke ereilt, dass sie gerade etwas gesagt haben musste, das eindeutig nicht angebracht war. "Es tut mir leid!", brachte sie in einem schuldbewussten Ton hervor nicht sicher, ob diese Worte auch zu ihrem Gegenüber durchdringen würden. Und auch wenn es einen Moment dauerte, bis Yukke ihre Entschuldigung wirklich realisiert hatte, machte er ihr nun wahrlich keine Vorwürfe. Im Gegenteil. Eigentlich müsste er ihr dankbar sein, dass er nun wusste woran er war. Tatsuro würde sich nicht wieder wandeln, nur weil er nun hier saß und dem Versuch nachging eine Lösung für ihr Problem zu finden. Dieser schien ja nicht mal mehr einen Gedanken an all das zu verschwenden. Nein. Tatsuro schien einfach weiter zu gehen. Und warum sollte er das nicht auch können? Noch vor kurzem hatte er sich selbst als viel zu sensibel angesehen und nun hatte er die Möglichkeit das alles endlich einmal zu ändern. Es brauchte nur etwas Willensstärke. Der plötzlich recht entschlossene Ausdruck, der sich nun in Yukkes Gesicht wiederspiegelte, irritierte sein Gegenüber ein wenig. "Schon gut, eine Entschuldigung ist wirklich nicht nötig. Sie haben mir sogar einen Gefallen getan." Es schien unlogisch, aber nun wo er sich vorgenommen hatte diesen Abschnitt seines Lebens hinter sich zu lassen, fühlte er sich gut. Ja, er würde sein altes Ich abhärten und dann..., dann würde auch er weiter gehen. *** "Irgendwie habe ich das Gefühl, dass es anstatt besser immer verrückter mit den beiden wird!" Miya konnte seine Frustration kaum noch zügeln, sobald er mit ansehen musste, wie sich Tatsuro und Yusuke aufführten. Früher traten sie wenigstens als Doppelpack auf, um ihre Mitmenschen zur Verzweiflung zu treiben, oder diese mit kindlichem Nonsens zu unterhalten. Doch nun spielte jeder für sich einen melodramatisch anmutenden Part in einem Stück, dessen Titel jedoch keiner benennen konnte. Satochi konnte dem nur zustimmen und schnippte den Rest seiner Zigarette in eine Pfütze vor ihrem angestammten Raucherpotest. "Die beiden haben ein echtes Problem und mir kommt es so vor, als würden sie sich bei der Lösung gegenseitig im Weg stehen." Ja, das mit dem Problem war nun mehr als offensichtlich und hatte sich seit Beginn der Woche auch noch um einige Grad gesteigert. Nun da sich auch Yukke so merkwürdig benahm, dass es einen zwischen diesen zwei Fronten regelrecht zu zermahlen schien, wenn man auch nur ansatzweise den Versuch unternahm etwas Licht in dieses Dunkel bringen zu wollen. Yusuke war mittlerweile genauso borniert wie Tatsuro was seine Mitteilungsfreude anging und somit war es unmöglich geworden überhaupt noch etwas gerade rücken zu können. Miya hatte seine Arme auf dem Geländer vor sich platziert und seinen Kopf darauf gelegt. "Wie mit kleinen Kindern.", murmelte er in den Stoff seines Jackenärmels, musste sich gedanklich aber korrigieren, als ihm in den Sinn kam, dass man kleine Kinder schon durch simple Dinge wie das Versprechen auf Schokolade dazu bringen konnte sich zusammen zu reißen. Aber hier würde das leider nicht funktionieren. Hatten diese zwei Idioten eigentlich eine Vorstellung davon, wie sehr er sich hier zusammen reißen musste? Am liebsten hätte er sie gepackt und solange irgendwo eingesperrt, bis sich das Ganze wieder geklärt hatte. Aber diese Methoden schienen auch nur zu klappen, wenn man sie in einen schmalzigen Hollywoodstreifen packte. In der Realität würden die zwei wohl eher versuchen sich mit bloßen Händen durch das Mauerwerk zu graben, nur um einer alles bereinigenden Aussprache entgehen zu können. Diesem Gedankengang schloss sich ein schon fast routiniertes Seufzen an und er war froh, dass ihn Satochi nur mitfühlend auf die Schulter klopfte, anstatt ihn mit einer seiner patentierten Umarmungen Beistand leisten zu wollen. Indes saß Tatsuro allein in ihrem Pausenraum und nippte eher aus Langweile, als aus dem Grund seinen Durst stillen zu wollen, an seiner Wasserflasche. Yukke war nur wenige Sekunden nach Miya und Satochi aus dem Zimmer verschwunden und hatte ihn somit wieder einmal buchstäblich stehen lassen. Bis jetzt hatte er nicht ansatzweise eine Chance gehabt mit diesen unter vier Augen sprechen zu können und es schien auch nicht ganz abwegig zu sein, wenn er annahm, dass dieser ihm absichtlich aus dem Weg ging. Aber eigentlich sollte ihn das auch gar nicht wundern. So wie die Dinge standen, hatte dieser ja keinen Grund mehr sich mehr als notwendig mit ihm abzugeben. Also warum sich etwas vormachen? Das war es doch was er sich zu allererst vorgenommen hatte. Yukke von sich zu schieben. Doch nun wo dieser es auch hundertprozentig verstanden zu haben schien war das Empfinden, dass es so weit gekommen war, nicht minder schmerzhaft als der Gedanke, dass Yusuke ihn nach der Offenlegung seiner Gefühle zurückgewiesen hätte. Es machte keinen Unterschied. Nur hätte man mit der ehrlicheren Variante weniger Zeit investieren müssen, um sich dem bewusst zu werden. Er würde wirklich froh sein, wenn sie ihre Arbeit für heute hinter sich gebracht hatte und er nicht weiter diese anhaltende Anspannung ertragen musste, die Yukkes Gegenwart ihm vermittelte. *** Missmutig knüllte Tatsuro das Blatt Papier unter seinen Händen zusammen und warf es, wie schon unzählige vor diesem, achtlos in den Raum. Er konnte nicht schlafen. Zu viele Dinge hatten ihn beschäftigt und irgendwann war er wieder aufgestanden und hatte sich im Versuch seine aufgewühlten Emotionen zu einem Songtext verarbeiten zu wollen, wieder in sein Wohnzimmer gesetzt. Doch nun wollte ihm einfach nichts gelingen. Sein Kopf war voll mit Gedanken, doch konnte er sie nicht fassen, sie nicht in Worte zwingen und die Frustration darüber ließ er nun an dem Zettelberg vor sich aus. Doch des einen Leid konnte gut zu jemand anderen Freude werde, und so war es der gescheckte Kater der sich mehr als euphorisch an den raschelnden Zellulosekugeln zu schaffen machte, da er in Anbetracht des erneuten aktiv Werdens seines Herren, diesem nur zu gern Gesellschaft leisten wollte. Einige Minuten verfolgte Tatsuro Tetos Spiel, was ihn auch etwas zu beruhigen vermochte. Schließlich stand er auf und ließ dadurch seinen pelzigen Freund kurz in seinem Tun inne halten. Schließlich hockte er sich neben seinen Kater und grinste diesen breit an. "Was dagegen, wenn ich etwas mitmache?" Eine Viertelstunde später lag Tatsuro ausgestreckt in Mitten duzender Schnipseln auf dem Boden. Auf seinem Bauch ein müder, aber dennoch zufrieden schnurrender Kater. Die kleine Partie hatte ihn für kurze Zeit ablenken können und Teto hatte es mehr als gefreut, dass sich jemand mit ihm beschäftigt hatte. Tatsuro betrachtete die bizarren Schattenwesen die sich an der Decke des Zimmers abzeichneten und versuchte die Ruhe die er gerade verspürte dazu zu nutzen seine Gedanken abermals zu formen. Vorsichtig richtete er sich auf und nachdem er Teto auf dessen Lieblingsdecke verlagert hatte, setzte er sich wieder an seinen Tisch und begann zu schreiben. *** Anklagend schaute Miya zum Himmelszelt, das sich vor wenigen Minuten in ein noch schweres Grau gehüllt hatte und nun seine Stimmung in Form von großen und unzähligen Wassertropfen zum Ausdruck brachte. Gut, es war nicht gerade ungewöhnlich für diese Jahreszeit, dass der ein oder andere Regenguss gen Boden strömte, aber dass es ausgerechnet heute so penetrant ausfallen musste, ärgerte ihn doch ziemlich. Sie hatten nun schon einiges an Zeit verloren, was die Aufnahmen ihrer neusten Single anging. Und nun wo es nur noch daran lag das dazugehörige Video zu drehen, entschied sich eine Gewalt, die ausnahmsweise mal nichts mit seinen Kollegen zu tun hatte, dazu ihnen einen Strich durch ihre Pläne zu machen. Denn ein Teil des Skripts sah nun einmal vor, dass sie sich in der Natur befinden sollten. Die Szenen die sie in den dafür präparierten Räumlichkeiten wiedergeben würden, waren erst für morgen angesetzt. Selbst wenn sie sie vorziehen würden, wäre der Aufbau der nötigen Ausrüstung andauert genug, dass sie es sich eh sparen können, es heute noch in Angriff nehmen zu wollen. Ein feucht, kalter Windhauch erfasste Miya, der daraufhin seine Schultern anhob und sich seine Jacke noch etwas enger um seinen Körper zog. Ein heißer Kaffee wäre jetzt genau das richtige. Und noch während er sich dessen positive Aspekte verinnerlichte musste er feststellen, dass er sich wohl so sehr einen Becher dieses Gebräus wünschte, dass er ihn schon förmlich zu riechen vermochte. "Hier, du siehst aus als könntest du einen gebrauchen." Etwas überrascht schaute Miya auf seinen rotblonden Kollegen der mit zwei dieser farblosen, aber dennoch praktischen Pappbechern bestückt vor ihm stand und ihm einen davon entgegen hielt. Dankend nahm er das Behältnis entgegen und fühlte sich Yukke ehrlich verbunden, dass dieser an ihn gedacht hatte. Das Benehmen seines Freundes gegenüber Tatsuro sah er zwar immer noch als etwas rabiat an, doch auf der anderen Seite konnte er ihn auch irgendwie verstehen. Tatsuro war ein wirklich schwieriger Mensch und es kostete Nerven und Kraft sich nicht in diesen Strudel aus Eigenheiten ziehen zu lassen. So war es auch nicht unbedingt verwunderlich, dass Yusuke sich nun wohl etwas Abstand einräumen wollte, um wieder ein wenig Ausgeglichenheit in sein Leben bringen zu können. Jedoch war die Umsetzung etwas, dass nun an Miyas Nerven zerrte, auch wenn dieses emotionale Chaos selbst etwas befremdlich erschien. Es herrschte eine gewisse Ruhe und Ordnung seit sich die Beiden zu meiden schienen und eigentlich war dies etwas, dass er sich in Momenten der puren Entnervtheit, auch immer wieder gewünscht hatte. Aber jetzt wo es an dem war, fehlte etwas. Die Dynamik innerhalb ihrer Band war zu etwas Durchschnittlichem und Eintönigen verkommen. Und auch wenn er den Drang verspürte Yukke nach den Gründen dieser Entwicklung zu fragen, beließ er es dabei in den Regen zu blicken und seinen Kaffee zu trinken. Solange sich der Sturm im Wasserglas befand und sich nicht zu einem Orkan entfaltete der alles im näheren Umkreis zu zerstören drohte, ging er einfach davon aus, dass die beiden selbst genug Liebe zu ihrer Arbeit aufbringen konnten, um diese nicht aus irgendwelchen konturlosen Motiven aufs Spiel zu setzten. "Leute, ich glaube das wird heut nichts mehr. Die Crew ist auch schon ganz durchgefroren und für die Technik ist solch ein Wetter nicht gerade vorteilhaft." Ein ausgedehntes Frösteln durchlief Satochi, der den kläglichen Versuch startete in dem für das Video zugedachten Outfit, irgendwo seine kalten Hände unterbringen zu können. Aber vom modischen Standpunkt her, waren Taschen wohl nicht mehr in. Auch wenn es Miya widerstrebte erneut eine unvorhergesehene Pause einzulegen, war nichts daran zu ändern, dass sie bei diesen Bedingung einfach nicht drehen konnten. Und ein zweites Video, wo sie sich im Match tummelten, wäre auch nicht gerade sehr originell. "OK, ich sehe es ein, wir brechen ab. Aber eines sag ich euch, wenn das Übermorgen nicht besser geworden ist mit dem Wetter, dann ist es mir egal, dann drehen wir die Einstellungen halt mit Regen!" Dieser Ansage folgte ein zustimmendes Nicken der beiden um ihn befindlichen Musiker, worauf sich Yukke auch gleich von ihnen entfernte um sich umzuziehen. "Sagst du Tatsuro noch Bescheid?" Satochi nickte abermals und ließ Miya nun wieder mit sich allein. Was würde er froh sein, wenn diese CD endlich in den Läden stand. * Das warme Wasser, welches beständig über seinen verspannten Körper ran, ließ die Kälte langsam aber sicher aus seinen Gliedern weichen. Auch wenn Tatsuro wusste, dass diese ungeplante Schaffenspause zur Folge hatte, dass sie in den nächsten Tagen noch etwas mehr gefordert werden würden, um die verlorene Zeit wieder einzuholen, war er froh über die Verzögerung. Da er sich heute in Anlehnung des vorherrschenden Wetters, auch nicht sonderlich gut fühlte. Schon als er am Morgen aufgewacht war und er den grau gefluteten Himmel wahrgenommen hatte, betätigte sein Emotionszentrum den Schalter für Melancholie in ihm und ließ ihn die folgenden Stunden in diesem Modus verharren. Und auch jetzt wollte sich seine Gemütslage nicht wirklich verbessern. Ihm war die herangewachsene Vertraulichkeit zwischen Yukke und dieser Stylisten natürlich nicht entgangen, da es für ihn eine schon fast provokative Zurschaustellung war, wie unmissverständlich gut sich die beiden verstanden. Zu gut für seinen Geschmack! Tatsuro mochte diese Frau nicht! Er mochte ihre freundliche Art nicht! Er mochte ihr Lächeln nicht! Und er mochte es nicht, wenn sie seinem Yusuke nahe kam und dies wohl auch noch als selbstverständlich ansah. Und dieser schien dieses ganze Schauspiel auch noch gut zu heißen. Keinen Gedanken daran zu verschwenden, dass diese unverschämte Person ihm vielleicht nur deswegen so jovial entgegen kam, weil sie sich daraus einen Nutzen erhoffte. Aber Yukke war eben schon immer viel zu gutmütig gewesen. Nie war seine erster Gedanke gegenüber unbekannten Menschen, dass diese etwas Schlechtes wollten. Er kannte sie ja nicht, meinte er immer und Vorurteile waren etwas, die einem die Sicht auf die positiven Dinge trüben konnten. Tatsuro zischte vor Ironie über diesen Gedanken. War es denn nicht gerade diese Vertrauensseligkeit der er es zu verdanken hatte, dass er überhaupt solch eine Bindung zu Yukke hatten aufbauen können? Nur weil sich Yusuke nie von seiner Oberflächlichkeit hatte blenden lassen, war es doch möglich gewesen ehrliches Vertrauen zueinander entwickeln zu können. Und nun stand er hier, voller Gram auf sein Schicksal und verfluchte genau diesen Charakterzug an dem Menschen der ihm doch von all seinen Freunden am nächsten stand. Oder eher gestanden hatte. Unbeherrscht schlug er mit der Faust gegen die marmorierten Fliesen der Duscheinheit, ließ diese dann aber wieder sinken. Wie als hätte er sich dem Ganzen nun schließlich ergeben und lehnte stattdessen sein Stirn an die feuchte Wand vor ihm und schloss die Augen. Wenn er sich nur auf das Rauschen des Wasser konzentrierte und seinem Kopf das Denken verweigerte, war alles nicht so schlimm und der Schmerz in seinem Inneren nur eine Illusion. * Verloren Das war ein Wort mit dessen Bedeutung er sich doch eigentlich ganz gut auskennen sollte. Und nun sagte ihm Kurosawa-san, ihr Regisseur, dass er doch der Szene entsprechend etwas mehr verloren wirken sollte. Tatsuro hätte auf diese Bitte hin fast angefangen zu lachen. Wie sollte er sich den noch rettungsloser geben, als er sich schon fühlte? Er hätte wahrlich nicht gedacht, dass er so gut darin war seinen Seelenzustand so perfekt verstecken zu können. Aber anscheinend hatte er dafür eine Art Begabung von der er bis dato noch nichts gewusst hatte. Intuitiv suchte sein Blick nach einer ganz bestimmten Person am Set und als er sie schließlich ausfindig gemacht hatte, war das was er fühlte erneut viel zu intensiv. "Das ist es! Genauso sollte es in der Einstellung aussehen!" Na immerhin konnte er einen mit seinem Leiden begeistern und irgendwo fragte er sich, wie lange er diese Einstellung wohl hätte drehen müssen, wenn er voller positiver Energien gewesen wäre. Wenigstens regnete es heute nicht, auch wenn der Himmel noch immer trostlos auf sie herabblickte und ihm darüber etwas Verbundenheit vermittelte. Es war anstrengend sich nicht einfach hängen zu lassen, wenn es einem danach war. Aber das Maß an Offensichtlichkeit, dass etwas innerhalb der Band nicht so recht stimmte, reichte auch so schon vollkommen zu. Natürlich war es ihrer Crew nicht entgangen, immerhin waren sie ein ganz anderes Temperament ihrer Jungs gewohnt, doch wagte es keiner sich direkt danach zu erkundigen, worüber Tatsuro auch mehr als dankbar war. Er würde diesen Drehtag schon überstehen, solange ihr engagierter Regisseur keine Freudentänze von ihm verlangte, oder darauf bestand anderweitig glücklich zu agieren. Denn das würden seine schauspielerischen Fähigkeiten einfach nicht hergeben können. Kapitel 12: No place to hide ---------------------------- "Ach komm schon, tu mir den Gefallen, ich spendieredir auch was Leckeres." Tatsuro war wirklich am überlegen, ob er nichteinfach wieder auflegen sollte, da es sich Satochi anscheinend zur Aufgabe gemacht hatte, ihn aus einem gut gemeinten Gedanken heraus, einfach nicht in Ruhe lassen zu wollen. Und sich mit der alles sagenden Begründung, keine Lust auf eine Tour nach Shinjuku zu haben, nicht dazu bringen ließ, ihn mit seiner Quengelei zu verschonen. Warum hatte er den Anruf auch überhaupt erst entgegengenommen?! "Was sollen wir denn dort? Willst du mich etwa nach Kabukichō schleifen?!" Der scharfe Ton seiner Stimme intensivierte sich noch ein wenig mehr über diese Frage, doch auch damit konnte er den Tatendrang seines alten Freundes nicht zum Erliegen bringen, der anstatt sich nun geschlagen zu geben, bei Erwähnung dieses Viertels, nur ein ertapptes Glucksen vernehmen ließ. Also hatte er mit seiner Vermutung wohl genau ins Schwarze getroffen. Und so sehr er solch einen Vorschlag in früheren Tageauch begrüßt hätte, so war dasBedürfnis sein Trübsal von halbnackte, tanzende Frauen davontragen zu lassen seit einer gewissen Zeit mehr als abgeflaut und momentan sogar weit unter dem Nullpunkt. "Mensch Tatsu mit dir ist wirklich nichts mehr los.", schmollte Satochi. Und obwohl Tatsuro sich nun auf dem besten Wege zu befinden schien, Satochi nur noch mit wenigen Worten zum Auflegenbewegen zu können, stahl sich ein ergebener Seufzer über seine Lippen. Da es ihn doch schon irgendwie rührte, das sich dieser so darum bemühte ihn wieder etwas in Form bringen zu wollen. "Hol mich um sieben rum ab. Aber wir gehen nur was essen, verstanden!", ermahnte er Satochi eindringlich. "Alles klar mein Großer. Bis dann!" Es würde ihm bestimmt mal ganz gut tun sich etwas abzulenken, auch wenn er damit rechnen musste, dass Satochi sicherlich nicht verschweigen würde, dass er nicht umhin kam die seltsameSpannung zwischen ihm und Yukke zu bemerken. Tatsuro wusste genau, dass er die wahren Gründe dafür nicht preisgeben würde. Und wenn er mit bedeutungsvollem Schweigen zu diesem Thema nicht weiter kommen sollte, dann würde er sich eben wieder eine Notlügeeinfallen lassen müssen. Auch wenn es unfair gegenüber der Besorgnis seines Freundes war, ihn erneut in eine falsche Richtung zu schicken, so war es dennoch die beste Lösung. Kapitulierend begab sich Tatsuro die Schritte zurück die er Satochi schon vorauswar und fand sich wieder neben diesem ein, um daraufhin etwas verständnislos in das riesige Schaufenster eines Sportgeschäftes zu blicken, von welchem Satochi sich augenscheinlich nicht mehr zu entfernen gedachte. Dessen große und leuchtenden Augen, die sich an einem der ausgestellten Surfboards festgesetzt hatten, waren in Verbindung mit dessen biologischen Alter schon irgendwie erheiternd, glich er doch eher einem kleinen Kind, das unbedingt einen ganz speziellen Spielzeugbagger ins Auge gefasst hatte. "Du weißt schon, dass wir uns dem Winter nähern?" , informierte ihn Tatsuro, der nicht ganz nachvollziehen konnte, was Satochi ausgerechnet jetzt dazu bewogen haben könnte, sich mit dem Gedanken zu befassen, dass ein neues Bord, doch mal wieder eine Optionwäre. Doch wenn dieses Kaufhaus kein Problem damit hatte diese Sportartikel um diese Jahreszeit anzupreisen, warum sollte dann Satochi kopfschüttelnd daran vorüber ziehen? Es hatte wohl alles seine ganz persönliche Logik. "Ja, aber der nächste Sommer kommt bestimmt.", grinste dieser schließlich in die Auslage und notierte sich gedanklich, hier auf jeden Fall noch einmal vorbei schauen zu müssen bevor er sich, zur Erleichterung seines Begleiters, endlich wieder in Bewegung setzte. "Wenn du willst bring iches dir mal bei." Dem darauf folgende skeptische Auflachen seines Freundes, maß Satochi dabei keine große Bedeutung zu. Eine sportliche Betätigung würde Tatsuro sicherlich auch ganz gut tun, selbst wenn er es vom Körpervolumen her nicht nötig hatte, aber vielleicht würde es ihn ausgeglichener machen. "Das meine ich ernst. Es muss ja nicht gerade surfen sein, aber vielleicht was anderes. Du wirst sehen, dass man damit auch was für seineSeele tun kann." Nun war es wohl soweit. Satochi hatte ihn nicht direkt darauf angesprochen, aber was dieser mit seiner letzten Bemerkung versucht hatte anzudeuten, war ihm dennoch klar. Ja, er war mit sich selbst uneins. Zurzeit mehr als je zuvor und er wäre wirklich dankbar, wenn er sich und alles was ihn beschäftigte, mit euphorischer, sportlicher Betätigung wieder in den Griff bekommen würde. Nur war es leider nicht so einfach. Aber der Versuch seines Freundes, ihn wissen zu lassen, dass er nicht alleine mit allem fertig werden musste, tat seinem geschundenen Gefühlsleben in diesem Moment wirklich gut und animierte ihn sogar zu einem dankbaren Lächeln. "Ich werd mir dein Angebot durch den Kopf gehen lassen, versprochen." Damit schien auch Satochi schon etwas zufriedener zu sein, der Tatsuro nun kumpelhaft den Arm um die Schultern legte und seinen leicht mosernden Freund in dieser Stellage mit sich dirigierte. Tatsuro war Satochi ehrlich dankbar für sein Bemühen und dennoch holte ihn der Wunsch ein, dass es doch Yukke sein sollte mit dem er hier durch die Straßen zog. Tatsuro staunte nicht schlecht, als sie sich vor einem recht nobel wirkenden italienischen Restaurant wieder fanden und Satochi auch tatsächlich Anstalten machte dieses Etablissement betreten zu wollen. Er hatte zwar gesagt, dass sie Essen gehen könnten, aber dass Satochi ihn gleich in so einen Laden zerren würde, hatte er nun wahrlich nicht erwartet. Dieser bemerkte die Verwunderung seitens Tatsuros mit einen gutgelaunten Grinsen und schob diesen schließlich Richtung Eingang, um deutlich zu machen, dass er sich nicht irrte und er sich auch keinen Spaß mit ihm erlaubte. "Aber..." "Nun tu mal nicht so bescheiden! Ich weiß, dass du Pizza nicht widerstehen kannst und so wie ich gehört habe, sollen die Italiener ganz gut in deren Zubereitung sein." Daraufhin hatte auch er nichts mehr zu erwidern und ließ sich nun widerstandslos in das Innere des Restaurants führen. Der Tisch den man ihnen zugeteilt hatte, warzwar nicht unbedingt für Personen mit langen Beinen ausgelegt, aber Tatsuro fand dennoch eine bequeme Position und schaute sich erst einmal ausgiebig um, da er nicht oft in Lokalitäten einkehrte die solch ein Ambiente vermittelten. Meist reichte ihm ein Besuch bei Pizza-Hut, oder er kredenzte sich eine dieser Teigspezialitäten aus der Tiefkühltruhe. Warum auch groß ausgehen, wenn nichts Besonders solch eine Geldverschwendung wert war? Aber es lag ihm fern sich beschweren zu wollen, wenn er schon einmal ohne großartigen Grund so etwas spendiert bekam. Interessiert studierte er die Karte, die ihm der freundliche Kellner beim Zuweisen der Platze überreicht hatte. Die Auswahl an landesüblichen Gerichten war beeindruckend und auch wenn er hier mit Speisen konfrontiert wurde, die alle samt eine unbeschreibliche Gaumenfreude versprachen, entschied er sich letztendlich doch für etwas Bekanntes. Damit konnte er wenigstens nichts falsch machen. Und nachdem sie ihre Bestellung auch weitergegeben hatten, fiel seine Aufmerksamkeit auf die Rote Kerze in der Mitte des Tisches deren Flamme sanft hin und her tänzelte. Satochi gab einem amüsierten Ton von sich, bevor er seine Nächste Frage hervorbrachte. "Kannst du dich noch daran erinnern, als wir Yukke dazu überredet hatten,als Beweis für seine maskuline Seite, sich das heiße Wachs einer Kerze auf den Arm tropfen zu lassen?" Tatsuro musste bei der Frage seines Freundes schmunzeln. Natürlich konnte er sich noch daran erinnern, schließlich war er es gewesen, der diese Prozedur vorgeschlagen und dann auch durchgeführt hatte. "Er hat sich ganz schön angestellte.", brachte er seinen Gedanken dazu zum Ausdruck und hoffte das Satochi seine Wehmut über diese Erkenntnis nicht als solche im Stande war zu deuten. Tatsuros geknickter Blick sprach allerdings für sich. Selbst wenn Satochi der traurige Ton entgangen wäre, so fand er alle nötigen Empfindungen in der Mimik seines Freundes wieder die ihm mehr verrieten, als es Tatsuro sicherlich lieb war. Dieser hatte nie ein deutliches Wortüber sein neuerliches Verhalten gegenüber Yusuke verloren und so wie er ihn kannte, würde er das auch in Zukunft nicht tun. Aber gerade in diesem Moment hatte er Satochi unbewusst, ein Stück weit in seinen Zustand eingeweiht, selbst wenn Tatsuro es nichtals solches auslegen wollte. Für diejenigen die nicht wussten was vorgefallen war, gab es zwei Möglichkeiten sich ihren Teil zu dieser Situation zu denken. Der Erste basierte darauf, dass es etwas gegeben haben musste, das den Unmut Tatsuros heraufbeschworen hatte und er sich so in seinem Ego gekränkt fühlte, dass er deswegen in solch ein Schemata verfallen war, um Yukke damit eine Lektion erteilen zu wollen. Die andere Variante hatte ihren Ursprung in der gleichen Erde, nur hatte dies nichts mit pikiertemStolz zu tun. Vielleicht hatte Yusuke ihn unbeabsichtigt mit etwas verletzt, dass Tatsuro so nahe gegangen war, dass er sich nun aus einer Art Enttäuschung heraus diesen Abstand suchte. Und diese kleine und unschuldig wirkende Erinnerung, die er gerade mit ihm geteilt hatte, ließ Satochi mutmaßen, dass grober Ärger nicht das Motiv für Tatsuros Benehmen gegenüber Yukke sein konnte. Tatsuros klang in Bezug auf Yusuke nicht verärgert oder ablehnend,sonderneher sentimental. So wie man klingt, wenn man sich an alte Zeiten erinnert, von denen man sich wünscht sie noch einmal zurückholen zu können. Was war nun also passiert? Zufrieden und rhythmisch, so wie es sich für einen Drummer auch gehörte, klopfte sich Satochi auf seinen gut gefüllte Bauch und setzte anden letzten Rest Rotwein aus seinem Glas zu behelfen. Auch Tatsuro hatte seinen Teller ordnungsgemäß geleert, da es diese Pizza auf jeden Fall verdient hatte restlos verspeist zu werden. Satochi war nicht bestimmt darauf aus gewesen seinen Freund nun mittaktischen Hinweisen zu mehr Offenheit zu bewegen, doch zeigte sich, dass Tatsuro solch einen Wink auch gar nicht benötigte. Er hatte von sich aus die ein oder andere Erinnerung wachgerüttelt und sie mit Satochi noch einmal Revue passieren lassen. Und erneut war zu verfolgen, auf welche Weise es Tatsuro zu bewegen wusste, was Satochis zuvor angestellte Vermutung nur noch weiter gefestigt hatte. Ob Yukke eine Ahnung hatte,wie Tatsuro ihren Zwiespalt empfand? Sicherlich nicht. Sonst wäre er bestimmt nichtdazu übergegangen, nun ebenfalls so frostig zu agieren, wenn es um Tatsuro ging. Vielleicht sollte er auch noch einmal mit Yusuke sprechen. Denn wie Tatsuro sich fühlte, konnte er sich ja nun recht gut denken. Jedoch konnte es auch passieren, dass er damitnur noch alles verschlimmerte. Vielleicht sogar sich selbst mit in die Schussbahn rückte und das wäre dann für ihre Zusammenarbeit reichlich ungünstig. Ihm waren also sprichwörtlich die Hände gebunden, und das war ein Zustand denn er nur widerwillig akzeptieren konnte und nicht ferner akzeptieren musste. Nachdem sich Tatsuro davon überzeugen konnte, dass Satochi auch wirklich in der Lage gewesen war ihre Rechnung begleichen zu können, hatten sie sich wieder auf den Weg gemacht und liefen nun etwas ziellosdurch das aufgeweckte Viertel. Die Option nun wieder nach Hause zu wollen, stand ihm natürlich offen, aber er wollte jetzt noch nicht zurück. Er würde noch genügend Zeit damit verbringen dürfen sich einsam und verlassen zu fühlen. Am liebsten wäre ereinfach nur umher gelaufen, denn oberflächlich gesehen war man in dieser Stadt nie allein. Selbst wenn nur Fremde an einem vorbeizogen. Tatsuro wollte seinen Freund aber auch nicht noch länger mit seiner eigenartigen Laune zur Last fallen, da er sich gut vorstellen konnte, dass es diesem nicht gerade leicht fiel, ihn in solch einer Verfassung umher wandeln zu sehen. "Hey Sato...," Tatsuro hatte sich nun seinem Begleiter zugewandt und veranlasste diesen damit stehen zu bleiben. "...danke, dass du dich um mich gekümmert hast, aber du musst dich jetzt nicht mit mir hier herumplagen. Ich werd den Weg auch alleine nach Hause finden." Satochi zeigte im ersten Moment keinerlei Regung auf die Worte seines Freundes und Tatsuro vermutete fast so etwas wie die Ruhe vordem Sturm. "Tatsuro wie lange kennen wir uns jetzt schon?" Etwas verwundert schaute er auf den Mann vor sich, da ihm diese Frage doch recht zusammenhangslos erschien. "Na ja, es sind schon so einige Jahre.", erwiderte er daraufhin mit einem leichten Schulterzucken und bemerkte wie sich die Gesichtszüge Satochis wieder ein Stück aufhellten. "Ganz genau, es sind schon einige Jahre und ich kann sehr gut selbst entscheiden, wann du mir auf den Geist gehst und ich dich einfach stehen lassen sollte." Daraufhinmusste auch Tatsuro ein wenig schmunzeln und nickte seinen Freund verstehend zu. Auch wenn er nie die Person an seiner Seite wissen durfte die ihm alles bedeutete, so war die Gewissheit trotzdem nie völlig allein zu sein, etwas das ihm ein wenig seiner Kraft zurück brachte. Und gerade als dieses Gefühl ein wenig von seiner Schwäche wegradierte, wurde ihm etwas vor Augen geführt, dass sämtlichen Optimismus den er noch im Stande war zu mobilisieren, mit einem Schlag niederstreckte. Was hatte er nur getan, dass ihm das Schicksal einfach nicht gewogen sein wollte? Dieser Moloch von einer Stadt war so unendlich groß, so überfüllt mit Körpern und ausgerechnet hier und jetzt musste man ihm erneut demonstrieren, dass er sich auch unter all diesen Menschen nicht einfach verstecken konnte. Das seine Wunden nicht heilen durften. Das er an einem bestimmten Punkt in seinem bisherigen Dasein dem falschen Weg gefolgt war und dafür nun zu zahlen hatte. Hätte er sich doch nur nicht zu Satochi umgedreht. Wäre er einfach nur weiter gegangen, dann hätte er sie nicht gesehen. "Sind das nicht Yukke und Mariko-san?" Satochi war der Beobachtung Tatsuros gefolgt, als dieser wie versteinert hinter ihn geblickt hatte und völlig abwesend zu sein schien. Und für seinen Stand der Dinge, war dessen Verhalten einfach nur darauf zurück zu führen, dass er überraschenderweise Yukke hier sah und damit sicherlich nicht gerechnet hatte. Tatsuro bemühte sichindes krampfhaft das Geschehen vor ihnen herunterzuspielen. Essich irgendwie so zu erklären, dass es ihn nicht unsagbarschmerzte. Doch so sehr er auch versuchte die Bedeutung dieses Anblicksmit dünnen Interpretationen zu umwickeln, konnte er sie nicht aus seinem Kopf verbannen. Yusuke und diese Frau waren hier; zusammen. Und er konnte nichts weiter tun als sich zu wünschen,dass dies doch alles nur ein schlechter Traum sei. *** Leicht legte Yukke seinen Kopf schief, um sich auch noch die letzten Details dieses extravaganten Hochzeitsgeschenks verinnerlichen zu können, welches er vor sich auf dem Tisch platziert hatte. Er selbst hatte einiges an verspielte und für einige Menschen unnötigen Dekoelementen in seinen Räumlichkeiten verteilt, aber so etwas war dann auch ihm etwas zu viel des Guten. Aber das mochte auch daran liegen, dass er trotz mancher Eigenheiten, immer noch ein Mann war und mit einer Kristallspieluhr nicht wirklich viel anfangen konnte. Ein fast schon gemeines Grinsen zierte sein Gesicht, als er sich seinen Bruder in Mitten unzähliger solcher kitschigen Dinge vorstellte und wie dieser sich kaum wagte sich zubewegen, aus Angst er könne eines davon zu Bruch bringen. Yusuke war ehrlich froh darüber gewesen, dass ihm Hanasawa-san bei der Suche nach diesem Stück geholfen hatte. Er hatte seiner Mutter versprochen sich einmal danach umzusehen, da es ja in dieser Stadt nichts gab, was es nicht gab. Man musste halt nur wissen wo man es fand und nicht minder auch genügend Geld dabei haben. Erneut begutachtete er das kristallene Gebilde, bei dessen Preis es ihm für einen Augenblick doch recht mulmig geworden war. Abergut, für so einen Anlass sollte man schon nicht so knickrig sein. Außerdem war es ja nicht sein Geschenk an das Brautpaar. Wobei ihm auch klar wurde, dass er sich selbst noch keinerlei Gedanken darüber gemacht hatte, was er in seinem Namen überreichen sollte. Aber soweit er informiert war gab es eine ominöse Liste die, so wie es üblich war, von dem Paar erstellt worden war und auf der man alles fand was sich gewünscht wurde. Eigentlich fand er es ja schon etwas schade, dass sich sein Bruder und seine Auserwählte für eine Hochzeit im westlichen Stil entschieden hatten, vermittelte doch eine traditionell, japanische Trauung weitaus mehr Eleganz und Würde. Und vor allem Verbundenheit zu ihren Wurzeln. Aber wie so vieles in der modernen Zeit, verlor auch so etwas immer mehr an Bedeutung. Es war wirklich schade. Trotzdem würde er froh sein, wenn dies alles überstanden war und wieder Normalität Einzug halten konnte. Obwohl sein mentaler Zustand von normal noch ziemlich weit entfernt war. Solange er nicht vollständig damit klar kam, dass das Verhältnis zwischen ihm und Tatsuro so unangenehm in der Luft hing, wäre an einen einfachen Ablauf seines Lebens nicht mehr zu denken. Er hasste die Rolle die er hier spielte. Das war nicht das, was er vermitteln wollte under fühlte sich einfach nur schlecht dabei. Aber nur so würde er wohl damit fertig werden können. Irgendwann würde es schon aufhören so weh zu tun. Irgendwann. *** Leicht genervt versuchte Yukke das penetrante Geräusch in seiner unmittelbaren Nähe zuignorieren, das es ihm ziemlich erschwerte sich auf die Lektüre zu konzentrieren, die er in seinen Händen hielt und hinter der er sich auch etwas zu verstecken versuchte. Da sich niemand außer ihm und Tatsuro noch im Raum befanden. Er konnte nicht sagen, ob dies ein Zufall oder pure Absicht seiner beiden anderen Kollegen war. Was ihm aber unmissverständlich deutlich gemacht wurde, war die Unruhe die Tatsuro heute inne wohnte. Beständig hallte das Klopfen des schweren Rings an seinen Mittelfinger durch denRaum, mit dem er die hölzerne Platte des Tisches vor sich malträtierte und auch nicht annehmen ließ damit in nächster Nähe aufhören zu wollen. Zwar hätte Yukke das Zimmer ebenfalls verlassen können, aber er kam sich dabei immer reichlich lächerlich vor, sobald es darauf hinauslief mit Tatsuro allein sein zu müssen, wie ein geschlagener Hund die Flucht zu ergreifen. Also blieb er wo er war. Er musste sich ja nicht unweigerlich mit ihm unterhalten, nur war sein Plan sich hinter diesem umfangreichen Modekatalog zu verbergen und damit auf Ruhe zu hoffen nicht ganz aufgegangen. Tatsuro trommelte noch immer in einem monotonen Takt vor sich hin und fast wäre ihm die Idee gekommen, dass dieser es aus Mutwillen tat. Doch warum sollte er das tun? Einfach nur um ihn provozieren zu wollen? Es wäre nicht wirklich auszuschließen. Es gab schließlich auch nie einen verständlichen Grund, warum er überhaupt erst zu solch einem abweisenden Verhalten ihm gegenüber gewechselt hatte. Es konnte also gut möglich sein, dass es Tatsuro mit dieser Aktion darauf anlegt ihn zu stören. Schließlich donnerte er den Katalog schwungvoll auf die Tischplatte. Auch wenn er nicht ganz so rabiat darauf hinweisen wollte, dass ihm etwas missfiel ließ er nicht zu, dass sein Gegenüber es mitbekam. “Könntest du freundlicherweise damit aufhören?!” Yusuke versuchte seine Bitte so neutral wie möglich vorzubringen, doch konnte er einen scharfen Unterton nicht gänzlich vermeiden. Plötzlich lag eine Stille um ihn herum die ihm, so sehr ihn das Geklopfe auch genervt hatte, ziemlich unangenehm war. Sein Unwohlsein hob sich noch ein Stück, als er registrierte mit welcher Geringschätzung er von Tatsuro betrachtet wurde. Und nur wenige Sekunden später vernahm er wieder das Geräusch von Edelmetall auf schnödes Furnierholz. Zähneknirschen richtete er sich auf undwollte gerade den Raum verlassen, als ihm etwas sagte das es vielleicht genau das war, was Tatsuro damit erreichen wollte. Also nahm er davon Abstand, ihm diesen Gefallen auch noch tun zu wollen. Und an Stelle von Flucht, war diesmal Angriff seine Antwort. Mit nur wenigen Schritten hatte er die Distanz zu seinem Instrument überwunden und griff entschlossen danach. Dieses Spiel konnte man auch gut und gerne zu zweit spielen. Kapitel 13: Out of control -------------------------- Noch einmal atmete Yukke tief durch, als der kleine Bus der ihn abholen würde, um die Ecke bog. Nur noch wenige Sekunden trennten ihn von einer erneuten Konfrontation mit Tatsuro, der ihm wohl auch heute wieder mit prägnanten Andeutungen darauf verweisen würde, dass ihm seine Gegenwart ein Dorn im Auge war. Hatte er vor einigen Tagen noch angenommen es könnte nicht schlimmer um sie stehen, so wurde er nun, aus heiterem Himmel, eines Besseren belehrt. Es fehlte somit nicht mehr viel, bis es auch mit seiner Beherrschung aus und vorbei wäre. Wenn Tatsuro nicht mehr mit ihm reden wollte, gut! Das konnte er irgendwie noch mit Gleichgültigkeit überspielen. Doch das dieser nun dazu übergegangen war, ihn offensichtlich seine Abneigung vorzuführen, war einfach zu viel. Auch wenn sich dies ausschließlich in Kleinigkeiten äußerte, war die Nachricht die damit vermittelt werden sollte recht deutlich. Also hatte er beschlossen; würde sich dessen Gebaren auch heute wiederholen, dann würde er Tatsuro zur Rede stellen und nicht eher aufhören nachzubohren, bis er eine für sich befriedigende Antworten bekommen hatte. Romo grinste ihn mit einem „Guten Morgen“ auf den Lippen an und nachdem sich Yukke neben Miya gesellt hatte, setzte er den Wagen wieder in Bewegung, um sie zu einer ihrer heutigen Missionen zu bringen. Miya warf einen kurzen Blick auf seinen rotblonden Freund und es war kaum zu übersehen, dass dieser sich weit entfernt von dem Begriff -Topform- befand. Und er kam nicht umher festzustellen, dass er sich genau das gleiche schon gedacht hatte, als er Tatsuro heute Morgen in dieses Gefährt hatte steigen sehen. "Wie geht es dir Yukke?" Zuerst schien jener keine Antwort auf diese Frage geben zu wollen, da er wohl selbst der Meinung war, dass man ihm das sehr gut ansehen konnte. "Mir geht es ganz großartig!", ließ er dann doch noch verlauten, auch wenn er wusste, dass er sich diesen Sarkasmus hätte sparen können. Miya konnte ja schließlich nichts für seine Verfassung. Und je mehr er sich das auch deutlich machte, umso mehr tat ihm seine Antwort leid. "Gomen ne Miya-kun!", wisperte er schließlich reumütig. Denn wenn er etwas gar nicht gebrauchen konnte, dann noch eine dunkle Aura heraufbeschwört zu haben. Miya schüttelte aber nur verständnisvoll mit dem Kopf wusste er doch, dass einfach nur der Stress aus Yukke gesprochen hatte. Wenn er ehrlich war, bewunderte er die Ruhe mit der sich dieser der ganzen Situation stellte sogar. Er wäre schön längst die Wände hochgegangen. Aber Yukke war halt ein ganz anderer Charakter und versucht immer auf pazifistische Weise die Dinge zu klären. Oder in diesem Fall, zu akzeptieren. Und Tatsuro? Dieser kannte anscheinend kein Mitleid mit Yusuke. Legte seit einiger Zeit sogar noch etwas nach und schien sich auch nicht daran zu stören, dass seine kleinen Anfeindungen auch bei ihnen nicht unbemerkt blieben. Er hätte sonst etwas dafür gegeben um zu erfahren, was der Ursprung dieses ganzen Durcheinanders gewesen war. Und noch mehr hätte er eingetauscht, wenn er es irgendwie wieder hätte richten können. Wenn vier Personen ein und dasselbe Ziel verfolgten, dann war es auch am logischsten, wenn sie dies als eine Einheit taten. Doch das was die Beiden zurzeit darstellten erinnerte eher an einen Kampf ums Überleben und er und Satochi waren zu unfreiwilligen Protagonisten degradiert worden. Lange würde das Alles sicherlich nicht mehr gut gehen. Ungestüm drängelte sich Tatsuro an Yukke vorbei, als sie die Location für die heute angesetzten Fotoaufnahmen erreicht hatten und sich gerade auf dem Weg zum Aufzug des Gebäudes befanden. Yukke hielt daraufhin kurz inne. Miya tat es ihm nur wenige Schritte weiter gleich und blickte sich zu ihm um. Für einem Augenblick war er der Meinung, dass dieser nun dazu ansetzten würde seinem Frust laut und deutlich Luft machen zu wollen, doch starrte dieser Tatsuro einfach nur hinter her und sagte nichts. "Hey ihr zwei, wenn ihr euch nicht gleich in Bewegung setzt, hauen wir ohne euch ab!" Miya schaute zu Satochi der sich mit den anderen beiden Männern schon in der Kabine des Fahrstuhls befand und nur noch darauf wartete, dass auch sie sich zu ihnen bequemen würden. Ein weiterer Blick auf Yusuke veranlasste ihn aber mitzuteilen, dass sie ruhig schon fahren konnten und sie gleich folgen würden. Satochi verstand den Hinweis und betätigte den Knopf für die Etage, wo sie zu erscheinen hatten. Miya indes ging zurück zu seinem Freund, welcher noch immer völlig regungslos an Ort und Stelle stand. Erst als er ihm eine Hand auf seine Schulter legte ließ er seinen Kopf sinken. "Ich halt das nicht mehr aus...", murmelte er, doch verstand ihn Miya noch gut genug. Dieser legte nun seine andere Hand auf die noch freie Schulter seines geknickten Freundes, während dieser sein Gesicht weiter nach unten gerichtet hielt. Aber Miya konnte sich auch so vorstellen, was sich gerade darauf abzeichnete. "Wenn du willst rede ich einmal mit ihm.", meinte er schließlich, auch wenn er sich selbst gut genug kannte, um zu wissen, dass ihm ein Gespräch mit Tatsuro mehr Beherrschung abverlangen würde, als er möglich war aufzubringen. Und auch Yukke schien das zu wissen, da ihm dieser ein leicht belustigtes Zischen zwischen seinem dankbaren Kopfschütteln zukommen ließ und nun sogar dazu überging seine Haltung wieder etwas zu straffen. "Ist schon OK. Ich bin eben nur etwas zu anfällig." Der traurige Blick, der Miya unweigerlich an einen ausgesetzten Hund erinnerte, sagte ihm aber, dass gar nichts in Ordnung war. Das sich Yukke am liebsten in eine dunkle Ecke verkriechen wollte, um dieser Sache entgehen zu können. Wenn er etwas von seinem langjährigen, bassspielenden Freund hier wusste, dann das dieser viel zu emotional war, als das er alles so einfach wegstecken konnte. Und auch wenn er nicht der Typ Mensch war dem das Trostspenden im Blut lag, so war ihm das ein oder andere Ritual doch geläufig, worauf er Yukke in eine etwas steife aber gut gemeinte Umarmung zog. "Du hast wohl Nachhilfestunden bei Sato genommen?", nuschelte Yukke über dessen Schulter hinweg und spürte wie Miya kurz lachen musste. "Wenn das so weiter geht, dann muss ich das wohl wirklich noch." "Arigato Miya-kun...." Nachdem sich Yukke sicher sein konnte, dass er nicht zu mitgenommen aussah, verließ er den Sanitärbereich wieder und fand sich nun ebenfalls bei seinen Kollegen ein. Tatsuro und Satochi waren bereits beim Styling und Miya gerade dabei sich das gewünschte Outfit anzulegen. Über die Distanz begrüßte er die junge Stylistin mit einem herzlichen Lächeln, welche gerade die Frisur ihres Sängers in Bearbeitung hatte, es sich aber nicht nehmen ließ zurück zu strahlen. Hoffentlich würde er mit seiner kleinen Danksagung, die er für sie ausgesucht hatte, auch nicht falsch gelegen haben. Aber das würde er ja mitbekommen, wenn er es ihr zukommen ließ. Ohne sie würde er wohl heute noch umherirren, auf der Suche nach diesem viel zu teuren Staubfänger. "Na, wenigstens schafft es überhaupt noch jemand dich wieder etwas munterer aussehen zu lassen.", vernahm er die Stimme Miyas neben sich, der ein angedeutetes Schmunzeln auf den Lippen trug. "Sie ist eben eine sympathische Person.", erwiderte Yusuke daraufhin und ging nun ebenfalls dazu über sich mit seiner Montur zu bekleiden. Ein paar Stunden später, hatte dann auch jeder seinen Part erfüllt und Yukke war sichtlich erleichtert, dass Tatsuro so viel Professionalität besaß ihn während der Gruppenfotos einfach nur zu ignorieren, auch wenn sie sich einige Male recht nahe beieinander befanden. Dieses merkwürdige, beklemmende Gefühl das sich nicht beruhigen wollte, sobald er Tatsuro in seinem Nacken wähnte, hatte ihn einfach nur nervös gemacht. Doch nun konnte er sich wieder etwas entspannen. Bis auf Yusuke, saßen die Musiker auf dem dafür ausgelegten Mobiliar in einer etwas ruhigeren Ecke des Raumes und schwiegen. Bis Satochi mit einem herzhaften Gähnen die Stimmung passend zu verdeutlichen wusste und sich schließlich darin versuchte etwas zur Unterhaltung beizutragen, indem er irgendeine Melodie vor sich her pfiff. Und während er das tat, suchte er die Umgebung nach Yusuke ab, konnte ihn aber aus seiner Position nicht ausfindig machen. Um sein Unwissen über den Verbleib ihres Kollegen vorzubringen, erkundigte er sich einfach in die Runde, ob einer der anderen wisse, wo er denn abgeblieben sei. "Ich habe ihn vorhin bei Hanasawa-san gesehen." Satochi nickte kurz über die Information die ihn Miya hatte zukommen lassen und lehnte sich wieder zurück. "Er versteht sich ganz gut mit ihr.", stellte Satochi beiläufig fest und bekam dies von Seiten Miyas in Form eines "Sieht so aus." auch bestätigt. "Glaubst du die haben was miteinander?" Satochi hatte seinen Oberkörper nun wieder nach vorne verlagert, als wolle er dieses Thema nun ernsthaft diskutieren wollen. "Wenn du ..." Miya hielt inne, als Tatsuro sich erhob, um sich entfernen zu wollen. Es dauerte auch nicht lange, bis sie beobachten konnte, wie dieser den Raum letztendlich auch verließ, um somit der Ausführung Miyas, zu dieser Mutmaßung, nicht beiwohnen zu müssen. Tatsuro steuerte im Wunsch seine Ruhe haben zu wollen die kleine Sitzecke an, welche er vorhin beim Betreten der Etage wahrgenommen hatte. Nur war diese zu seinem Leidwesen schon besetzt. Er hatte wohl einen ausgeprägten Sinn dafür entwickelt, sich neuerdings immer in Situation zu bringen, die ihn in helle Aufruhr brachten. Denn als er registrierte wer sich erlaubt hatte seine Idee von einem etwas ungestörten Platz vorwegzunehmen, war er sich fast sicher, dass irgendeine Macht im Universum etwas ganz persönliches gegen ihn hatte. Yusuke saß neben der jungen Stylistin, die sich gerade an dem Inhalt einer dieser kleine und in dezenten Farbton gehaltenen Geschenktüten erfreute, welche sie garantiert nicht einfach so gefunden hatte. Der leicht schüchterne und unsichere Blick den Yukke nun zur Schau trug, schürte ein Unwohlsein in Tatsuro, das er kaum zu bändigen wusste. Dieses Getue ging ihm so unendlich gegen den Strich! "Das wäre aber nicht nötig gewesen!", hörte er die Stimme dieser verhassten Frau sagen und stimmte dieser gedanklich vehement zu. Er wendete seinen Blick wieder ab, verharrte aber weiterhin hinter der Ecke die seine Anwesenheit verbarg. Auch wenn jedes Wort was er einfangen konnte sein Unbehagen noch zu steigern vermochte, war er einfach nicht in der Lage zu gehen. Die plötzliche Präsenz von Yukke und dieser Frau in seinem Blickfeld, ließ ihn allerdings überrascht die Augen weiten. Er hatte gar nicht mitbekommen, dass sie sich wieder von gewähnter Stelle entfernt hatten. Doch fand er schnell wieder zu seinem kühlen Auftreten zurück. Es konnte ihm schließlich egal sein, was die beiden nun von ihm denken mochten. Und wenn er Yukke nur abweisend genug anschauen würde, würde dieser ihn auch wieder in Ruhe lassen. Doch zu seiner Verwunderung hielt dieser seinem Blick diesmal stand. Schien diese Art des Kontakts geradezu gesucht zu haben und erwiderte ihn mit der gleichen eisigen Beherrschtheit, die so unnatürlich auf diesen sonst so warmen Zügen wirkte, dass es Tatsuro sogar ein klein wenig imponierte. "Ist das jetzt eine deiner neusten Idiotien, einem hinterher zu spionieren?" Wirklich, so hatte er Yukke noch nie erlebt. Doch nichtsdestotrotz, würde er sich von diesem nicht einschüchtern lassen. "Deine Arroganz ist wirklich das Einzige, was dich noch funktionieren lässt, nicht wahr?" Yukke war es nun wirklich leid sich alles von Tatsuro bieten zu lassen, der mit einer Selbstsicherheit vor ihm stand und sich auch noch über ihn zu amüsieren schien. "Du bist so ein erbärmlicher Feigling Iwagami!" Eigentlich brannten ihm noch so viele Dinge auf der Seele, doch letztendlich war ihm klar das er, egal wie lange er seinem Frust hier vorbringen würde, eh nicht darauf zu hoffen hatte, dass sich Tatsuro ihm gegenüber wieder wohl gesonnener zeigen würde. Er sollte ihn einfach stehen lassen. Doch kaum hatte er Tatsuro den Rücken zugedreht, spürte er den festen Griff einer Hand an seinem Oberarm die ihn wieder herumzerrte. Mit einen gequälten Stöhnen schlug sein Hinterkopf hart gegen die Wand, gegen welche man ihn nun presste und ließ seine Sicht für einen Moment verschwimmen. "Du hast doch überhaupt keine Ahnung!", zischte ihm Tatsuro entgegen und verstärkte den Druck auf dessen Arme noch ein wenig mehr. Die Übelkeit, die sich nun wie ein Lauffeuer in Yukke ausbreitete, ließ ihn ein wenig in sich zusammen sinken. Noch nie hatte er Tatsuro so erlebt und er wusste nicht, ob es der Schreck über diese Aggressionen war, oder die Traurigkeit, dass es soweit hatte kommen müssen. "Tatsuro..." Seine Stimme klang ungewohnt brüchig und sein Kopf schmerzte ungemein, als er versuchte zu dem anderen durchzudringen, der ihn noch immer aus diesen erschreckend dunklen Augen anschaute. Gleich einem wilden Tier im Blutrausch. "TATSURO! Verdammt!" Miya kam auf die beiden Männer zugerannt und trennte Tatsuro mit einiger Mühe von Yusuke, der nun um diesen Halt gebracht, gänzlich in sich zusammen sank. Sofort widmete sich Hanasawa-san besorgt dem geschundenen Musiker, welche bei den ersten Anzeichen einer größeren Auseinandersetzung Miya und Satochi verständigt hatte, da sie im Falle eines Falles selbst sicherlich nichts hätte ausrichten können. Noch immer hielt Miya Tatsuro an dessen Schulter fest, während Satochi und Hanasawa-san Yukke wieder auf die Beine halfen. Wie hypnotisiert starrte Tatsuro auf das leidgeprüfte Gesicht Yusukes, als dieser nun wieder halbwegs aufrecht stand und zurück zu ihrer Location geführt wurde. Hatte er ihn gerade wirklich verletzt? Dumpf drangen die Worte Miyas zu ihm durch, doch wurde deren Bedeutung von dem Chaos in seinem Kopf völlig überrollt. Noch immer blickte er starr an die Wand ihm gegenüber. Rief sich die Fassungslosigkeit auf dem Gesicht Yukkes zurück, die ihn darauf verwies, dass er diese Tat nicht einfach so vergessen machen konnte. Sollte es einen noch so dünnen Faden gegeben haben, der sie trotz allem verbunden hatte, so war diese Unüberlegtheit die Klinge gewesen, die ihn zum Zerreißen gebracht hatte. Die Hoffnung, irgendwann doch noch einmal wieder zurück zu finden, stob gleich einem erschreckten Schwarm von Schmetterlingen auf und zerteilte sich in unzählige kleine Fragmente, die es schier unmöglich schien sie wieder zusammenzufügen. Nun war es an Tatsuro den Halt zu verlieren und gen Boden zu streben, was unerwartet sanft geschah. Zwei Arme bemühten sich ihn zu stützen und Tatsuro wusste, dass es Miya war der sich hier seiner annahm. Der innere Drang alles zu erklären, sich zu entschuldigen, hing wie Kaugummi auf seinen Stimmbändern und so sehr er diese Last auch von seiner Seele haben wollte, wusste er die Worte dafür einfach nicht wiederzugeben. "Tatsuro lass uns zu den anderen gehen." Entsetzt blickte er Miya an. Er wollte nicht zurück. Wollte nicht mit der nun wohl endlosen Abneigung Yukkes konfrontiert werden. Das Einzige was er wollte, war die Zeit zurück drehen zu können. Bis zu dem Tag, als ihm deutlich geworden war, was für einen Wert Yukke im Laufe ihrer Freundschaft in seinem Herzen erreicht hatte. Und dann hätte er sich um diesen bemüht. Vielleicht wäre ihm das Glück sogar gewogen gewesen und es hätte niemals im hier und heute enden müssen. "Es ist passiert und du wirst nichts daran ändern können, wenn du dich dieser Sache nicht stellst." Natürlich, Miya hatte leicht reden, hatte er doch keine Ahnung, wie tief dieser Abgrund doch eigentlich ging. Doch auf Ewig davonlaufen konnte er wirklich nicht. Wenn noch etwas zu ändern möglich sein sollte, dann nur wenn er sich vorwärts bewegte. Auch wenn sich seine Entschlossenheit auf der Oberfläche eines Blutkörperchens noch verloren hätte, richtete er sich wieder auf und nachdem er ein gewissen Maß an Gefasstheit aufbringen konnte, trat er dazu an dieser Sache wenigstens ein Stück ihres Schattens wieder nehmen zu wollen. Jedoch sah er seinen gerade eben aufgeflackerten Mut wieder in der Asche seiner Unsicherheit erlöschen, als er den Raum betrat und seine Aufmerksamkeit ohne Umschweife auf Yukke gezogen wurde, der sich in der Nische befand, wo auch er kurz zuvor noch gesessen hatte und wo er, nach neusten Ereignissen, auch hätte sitzen bleiben sollen. Noch immer war die junge Stylistin an Yukkes Seite und reichte diesem gerade ein Glas Wasser, was er ihr auch dankend abnahm. Tatsuro merkte nicht wie seine Schritte beständig langsamer wurden und er auf der Hälfte seines Vorhabens zum Stehen gekommen waren. Erst als ihm Miya auf die Schulter klopfte und an ihm vorbei ging, wurde er sich seiner selbst wieder bewusst und das er nun da durch musste. Ob er wollte oder nicht. Schließlich überwand er die letzten Meter und die Blicke der anderen Anwesenden brannten äußert unangenehm auf seiner Haut, als sie seine Person registrierten. Nur Yusuke hielt sich davon fern. Diese Mission würde sich auch um einiges leichter für ihn gestalten, würde er nicht auch noch vor Publikum sprechen müssen, doch es zu wagen Yukke zu bitten mit ihm unter vier Augen reden zu können, wäre nach dieser Aktion doch mehr als dreist und aussichtslos gewesen. Noch einmal atmete Tatsuro tief durch. Auch wenn er nicht so genau wusste, wie er das alles erklären sollte, so wollte er es wenigstens versuchen. "Yukke es tut..." Dieser hob abrupt eine Hand und bedeutete Tatsuro damit in seinen Worten inne zu halten. Noch immer schaute er diesen nicht an und auch wenn Tatsuro es nur zu gut verstand, tat es ihm mehr als weh. Doch er war nicht hier um über sein Leid zu klagen. Er wollte sich ehrlich entschuldigen und schwören, dass er sich wieder bessern würde. "Spar dir deinen Monolog!", kam es nun emotionslos von Yukke. "Ich will davon nichts hören. Lass..., lass mich einfach in Ruhe, ...einfach nur in Ruhe..." Auch wenn er sich zuvor schon einmal dem Gefühl zu stellen hatte etwas davon driften zu sehen, was nicht mehr wieder kommen sollte, so lag in dieser einfachen Äußerung Yusukes etwas das ihm etwas endgültiges vermittelte. So endgültig, als hätte sie sich nie gekannt. Wären nie Freunde gewesen und hätten nie etwas miteinander geteilt. Und dies war auch das erste Mal, dass es ihm so nahe ging, dass er meinte sich aufzulösen. Nichts war mehr relevant. Nichts schien mehr wirklich. Genau jetzt, war wirklich alles verloren. *** Geschäftiges Treiben zog an Yukke vorüber, das er aus seinem Wagen heraus beobachten konnte und stellte das Radio bei Ankündigung des folgenden Songs noch etwas lauter, während er darauf wartete, dass sich die Ampel auf Grün umstellte und er seinen Weg nach Kyoto weiter fortsetzten konnte. Er war der Bitte seiner Mutter gefolgt doch schon etwas eher anzureisen. Damit die Familie vor der Hochzeit seines Bruders noch etwas Zeit zusammen verbringen konnte, bevor dann alles in Hektik versank und nach der Feier wieder ein jeder seines Weges gehen würde. Es waren noch vier Tage bis zur Trauung und noch zwei bis Weihnachten. Aber in diesem Jahr war ihm wahrlich nicht danach, sich an konsumlastigen, ausländischen Feierlichkeiten zu erfreuen. So war er auch ganz dankbar, dass sich niemand in seiner Familie ernsthaft um dieses Datum kümmerte, sondern ihre Energien nur in das Ereignis investierten, für das er diese Fahrt hier auf sich nahm. Yusuke war Miya ehrlich verbunden, dass er ihm diesen Gefallen gewährt hatte, war in der letzten Zeit doch alles ziemlich anstrengend gewesen. Das was noch an Terminen zu erledigen galt, war nicht an seine Anwesenheit gebunden und auch zu bewältigen, wenn sich nur drei von ihnen darum kümmerten. Und außerdem war er für den Abstand zu Tatsuro dankbar, der ihn seit diesem Vorfall mit nichts mehr belangt hatte. Trotzdem hielt sich dieses seltsam unwohle Gefühl, wenn er in dessen Nähe war und er konnte es einfach nicht abschütteln. Die Auszeit würde ihm gut tun und vielleicht auch dazu beitragen seine Gedanken über die weitere Zusammenarbeit mit Tatsuro, ordnen zu können. Momentan jedenfalls konnte er sich nicht vorstellen, dass es auf die Dauer von Vorteil wäre, wenn etwas derartigen zwischen ihnen stand. Empörtes Hupen ließ ihn jedoch seine Gedanken wieder beiseitelegen und seinen Wagen in Gang bringen, während eine markante Männerstimme aus dem Radio schalte und meinte, dass es ja nicht immer regnen könne. *** Stillschweigend saß Tatsuro auf einem Stuhl in seiner Küche und sah seinem Kater dabei zu, wie dieser in aller Zufriedenheit seinen Wassernapf leerte. Seit er nur noch mit Sato und Miya vorlieb nehmen musste, fühlte er sich nicht mehr ganz so verkrampft, wenn er sich früh auf seinen Arbeitsweg machte, da ihm der Grund sich immer wieder aufs Neue elend zu fühlen, nicht mehr persönlich gegenüberstand. Sondern von Miya höchst selbst die Erlaubnis bekommen hatte, sich für ein paar Tage absetzten zu dürfen. Und auch wenn es irgendwo in ihm drin einen forschen Teil gab, der nur zu gerne wissen wollte, wo Yusuke abgeblieben war, ließ er seine Neugier nicht die Oberhand gewinnen und nahm es als gegeben hin. Das einzige was er sich nur zu gut denken konnte war das -Warum- an dieser plötzlichen Abstinenz, und das es sicherlich nichts mit spontanem Fernweh in tropische Gefilde zu tun haben würde. Wirsch fuhr sich Tatsuro mit seinen Händen über sein blasses Gesicht, als im abermals das ganze Ausmaß seines rabiaten Handeln gegenüber Yukke deutlich wurde. Warum kam er einfach nicht mit der Tatsache klar, dass er einen unsagbaren Fehler gemacht hatte? >ganz einfach<, mahnte ihn eine Stimme in seinen Kopf. >der Kleine ist dir einfach viel zu wichtig, als das du dein schlechtes Gewissen einfach so besänftigen könntest< Und bei Gott, da war wirklich etwas dran! Es wäre schon ziemlich irreal gewesen, hätte er sich nun einfach damit abfinden können, dass er die Beziehung zwischen ihnen erst bis in die Grundfesten erschüttert und sie letztendlich sogar zum Zusammenbruch gebracht hatte. Es hieß zwar, dass die Zeit alle Wunden einmal heilen würde, doch in ihrem Fall konnte das Pflaster nicht groß genug sein. Es war eine Sache sich nicht mehr zu verstehen, aber den Vorteil zu haben sich nicht ständig begegnen zu müssen. So war es um vieles leichter abzuschließen und etwas Neues zu beginnen. Nur bei ihrem Leben war es fast unmöglich solch einen Abstand gewinnen zu können, ohne etwas sehr wichtiges dafür zu opfern. Tatsuro rutschte ein Stück auf seinem Stuhl nach unten, sodass er seinen Kopf auf die Lehne legen konnte und seufze ergeben in das weiß-gelbe Licht seiner Küche. Er fragte sich erneut -Warum-? Warum war er in so vielen Fällen seines Lebens immer so verquer? Hätte er sich nicht von vornherein denken können, dass seine Zuneigung zu Yukke irgendwann einmal alles ruinieren konnte? Er hatte sich in letzter Zeit auch schon öfter mit der Frage auseinander gesetzt, wie lange er damit hätte leben können Yukke nur auf freundschaftliche Art und Weise mögen zu dürfen, ohne das je mehr zu erhoffen sei. Wäre er früher oder später auch zu solch drastischen Maßnahmen übergegangen, selbst wenn diese Frau nicht urplötzlich wieder in Erscheinung getreten wäre? Er hatte viel Zeit damit zugebracht alles irgendwie zu ordnen und festzustellen, dass es an manchen Punkten doch noch eine Chance zu einer besseren Wendung gegeben hätte. Und doch hatte er sich da in etwas verrannt. Und je länger er umhergeirrt war, umso blinder wurde der Nerv um abschätzen zu können, was daraus resultieren konnte. Yusuke hatte ihn bei ihrer letzten Auseinandersetzung als einen Feigling betitelt. Er hatte ihm verdeutlichen wollen, wie sehr er sich durch ihn physisch verletzt fühlte und das er es einfach nur noch leid war, dass er mir nichts, dir nichts in dieses Spiel mit hineingezogen wurde. Und noch nicht einmal wusste, was seine Rolle überhaupt zu bedeuten hatte. Und er wusste es auch jetzt noch nicht. Yusuke hatte ihn in all seiner Verzweiflung als Feigling bezeichnet und es war ihm egal gewesen dies zu hören. Es gab so viele Menschen die durch Feigheit versuchten irgendetwas, irgendjemanden zu entgegen. Doch als er dies in Verbindung mit seinem Zunamen hervorgebracht hatte, war ihm für einen winzigen Augenblick all die Abneigung des Anderen zu seinem Tun so unmissverständlich geworden, dass er erst da realisiert hatte, dass er schon viel zu weit gegangen war. Und genau da war dieses Gefühl in ihm hochgekocht. Ein Gefühl als hätte etwas Fremdes die Kontrolle über ihn übernommen. Das nächste was ihm in Erinnerung geblieben war, war die grollende Stimme Miyas, der ihn gepackte und zurück gedrängt hatte, um Schlimmeres zu verhindern. Bitter lachte Tatsuro in die Stille des Raumes. Er war unberechenbar und zu wer weiß was fähig, wenn er den Boden unter seinen Füßen verschwinden sah. Er liebte Yusuke und genau deshalb war er nicht gut für ihn. Dieser hatte so etwas wie ihn nicht nötig und noch weniger verdient. Und obwohl er dies mit einer solchen Bestimmtheit wusste, war er nicht in der Lage einfach loszulassen. Nicht so... Er musste wenigstens versuchen eine neutrale Ebene zu schaffen, auf der es möglich war weiter zusammen der Musik zu folgen, ohne diesen derzeit unübersehbaren Riss in ihrer Bandharmonie ständig spüren zu müssen. Sollte Yukke auch nie wieder Vertrauen zu ihm aufbauen können oder wollen, so war das nur verständlich. Aber wenn es möglich sein sollte, dass dieser ihn wenigstens wieder akzeptieren würde, wenn auch nur als ein Mitglied der Band, dann wäre nicht alles vorbei und weiteren Karriereplänen stände nichts im Weg. Es wäre seine Schuld würde sich erneut ein Schatten über sie legen der am Ende alles so verdunkelte, das jeder nur noch für sich alleine stand. Er hätte die Träume seiner Freunde auf dem Gewissen. Hätte all ihre harte Arbeit zu Staub zerfallen lassen und sich selbst um noch weitere wichtige Menschen gebracht. Damit würde er nicht leben können! Er musste das verhindern. Für sich und in erster Linie für die anderen. Ruckartig sprang er von seiner Sitzgelegenheit auf und stürmte auf der Suche nach seinem Handy davon. Zurück blieb ein völlig verschreckter Vierbeiner, der sich wohl nie mit der Aufregung, die sein Herr gelegentlich verbreiten musste, würde anfreunden können. Kapitel 14: Please ------------------ Mit einem anklagenden Brummen stellte Yusuke fest, dass es schon wieder etwas kälter geworden war, nachdem er den Laden wieder verließ, in welchem er fast einen Jahresvorrat Yatsuhashi (1) als Mitbringsel erstanden hatte. Wenn er sich schon als Einziger von seinen Pflichten drücken durfte, dann war es das Mindeste den Anderen wenigstens etwas mitzubringen. Rasch zog er sich seine Handschuhe über und machte sich wieder auf den Weg, um die sich selbst zugeteilte Ruhepause von seinen Lieben noch ein wenig auszukosten. Es war nicht so, dass er sich genervt fühlte, doch ab und an brauchte jeder einmal etwas Zeit für sich und die hatte er sich heute genommen. Er würde schon noch genügend Hektik ertragen müssen, wenn der Grund für seinen Besuch hier erst einmal so richtig ins Rollen kommen würde. Aber darüber wollte er sich jetzt keine Gedanken machen. Vielleicht würde ihm das Wandeln in den Fußstapfen Kitaro Nishidas(2) zu etwas mehr Ausgeglichenheit verhelfen können, auch wenn der Tetsugaku no Michi(3) um diese Jahreszeit nicht unbedingt durch prachtvolle Blüten oder farbenfrohes Laubwerk bestechen würde. Aber einen Versuch war es dennoch wert. Immer noch besser, als sich weiter durch die überfüllten Straßen zu drängeln, und sich unter all dem weihnachtlichen Brimborium begraben zu lassen. Bis Sakyo-ku war es mit dem Auto auch nicht sonderlich weit. Es war auch schon eine ganze Weile her, dass er die Zeit für einen Gang in einen Schrein gefunden hatte. Und wo, wenn nicht in Kyoto, würde er mehr als genügend Möglichkeiten finden dies nachzuholen? Andächtig hielt Yusuke vor dem roten Torii inne, das ihn vor der Anlage des Shimokamo-Schreins willkommen hieß. Er mochte dieses Gefühl, das ihn durchströmte, wenn er seinen Wurzeln so nahe kommen konnte. Es faszinierte ihn immer wieder aufs Neue, mit welcher Kunst und schlichten Pracht solche Winkel zu beeindrucken wussten. Der kleine Spaziergang auf dem Philosophenpfad hatte ihm genügend Wärme verschafft, dass ihm die anhaltende Kälte nicht mehr zu ärgern vermochte. Schließlich durchquerte er das Tor und schloss sich mit einigen Metern Abstand einem älteren Pärchen an, das wohl ebenfalls einen Gang zum Hauptteil dieser Anlage anstrebte. Es war erstaunlich, aber schon jetzt fühlte er sich ungemein befreit und es wäre nur wünschenswert dieses Gefühl auch noch aufrechterhalten zu können, wenn er wieder in die -Außenwelt- zurückkehren musste. Es war wirklich Schade, dass sich sein Bruder für die westliche Variante einer Vermählung entschieden hatte. Wobei es bei diesen Witterungsbedingungen auch einiges an Entschlossenheit erfordert hätte, hier heiraten zu wollen. Aber er wusste ja auch, dass dieser 27. Dezember nicht unbedacht gewählt worden war. Er konnte sich noch genau an die Rührung seiner Mutter erinnern, als sie ihr das angesetzte Datum der Hochzeit mitgeteilt hatte und diese herzliche Geste rechnete er Taro wirklich hoch an. Auch ihre Eltern hatten sich an einem 27. Dezember das Ja-Wort gegeben. Sie hatten viele gute und auch stürmische Tage hinter sich gelassen, ohne sich einander zu entfremden. Vielleicht lag ja ein gutes Omen über diesem Tag und würde auch Taro und seiner Erika gewogen sein. Gemächlich schritt er den steinernen Weg entlang und traf nur ab und zu auf ebenso enthusiastische Besucher, die sich ausreichend warm verpack auch nicht daran störten, dass es nicht gerade das idealste Wetter für solch einen Rundgang war. Yukke folgte dem Pfad bis zu seinem Ende und fand sich vor einer Treppe mit wenigen Stufen wieder, die ihn ein Stück das Bauwerkes hinauf brachten, welches sein Ziel gewesen war. Nach wenigen weiteren Schritten, fiel sein Augenmerk auf eine Frau die gerade dabei war sich eines der Orakelzettelchen des Omikuji(4) durchzulesen. So wie es aussah versprach es ihr etwas Gutes, da sie die Kiefer die die negativen Offenbarungen trug ignorierte und das kleine unscheinbare Papier in ihrer Handtasche verstaute. Vielleicht sollte er es auch einmal versuchen? Etwas unschlüssig stand er vor den Schachteln die die Omikuji in sich bargen, wählte aber schließlich eine der Mittleren aus und schüttelte diese leicht, um dann sein Schicksal in Form eines Zettels in Empfang nehmen zu können. Vorsichtig entrollte er es und war nicht wirklich überrascht, als er -Han Kyo- darauf geschrieben sah. Eigentlich war es ja noch ein gutes Zeichen, dass es nur ein halber Fluch war, hätte er doch ziemlich hoch darauf gewettet, dass -Kyō- das Urteil über sein Schicksal darstellen würde. Aber bei seinem -Glück- konnte es auch durchaus noch schlimmer kommen. Und um diesem in alter Tradition aus dem Weg zu gehen, überließ er den Fluch dem Baum den schon unzählige dieser unerwünschten Weissagung schmückten und ihm ein wunderlich, bizarres Kleid aus dem Stoff verschaffte, welches einst aus einem der seinen gewonnen worden war. Ironie des Schicksals? Der Blick auf seine Uhr ließ Yukke den Schrein wieder hinter sich lassen und zurück in die Stadt kehren. Die Dunkelheit hatte schon vor einer Weile eingesetzt, als er seinen Wagen wieder auf den Parkplatz des kleinen Hotels abstellte, wo er für die hier zugedachte Zeit seine Unterkunft hatte. Ein schönes Bad würde ihm jetzt auf jeden Fall gut tun und den Rest des Abends würde er mit Fernsehen schauen und einer Ladung Knabberzeug verbringen. * Seit einer halben Stunde hielt Tatsuro nun schon das kleine Telefon in seiner Hand und schaute es unsicher an. Yukkes Nummer war bereits auf dem Display zu lesen und es würde nur noch einen Knopfdruck brauchen, um diese auch anzuwählen. Nur fand er einfach nicht den Mut dazu. Es gab so viele Faktoren die ihn davon abhielten, sobald er glaube sich überwinden zu können. Würde Yukke überhaupt abnehmen, wenn er sah wer ihn anrief? Wenn dieser tatsächlich annehmen würde, würde er ihm dann auch die Chance geben sich zu erklären? Oder würde er ihn nur wieder darauf verweisen, dass er nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte und dann auflegen? Hatte er vielleicht gerade gute Laune und würde diese prompt wieder verlieren, wenn er ihn kontaktieren würde. Würde er ihn vielleicht einfach nur stören, wenn er anrief? Schließlich wusste er ja gar nicht, wo der andere sich momentan aufhielt. War er womöglich mit jemand zusammen unterwegs? All diese Fragen ließen Tatsuro sich die Haare raufen. So würde das nicht funktionieren! Nach weiteren zehn endlos erscheinenden Minuten, schaffte er es allerdings seine Zweifel für einen winzigen Augenblick abzuschalten und die damit gewonnene Unbefangenheit zu nutzen, sein Vorhaben endlich in Angriff zu nehmen. Jedoch spürte er mit jeder weiteren Sekunde die verstrich, wie er wieder zunehmend nervöser wurde und beim ersten Freizeichen schlug sein Herz derart heftig, dass er es in seinen Ohren hören konnte. Doch als seine Bitte nach Gehör auch nach dem sechsten Freiton nicht erwidert wurde, legte er wieder auf. Die Vermutung, dass Yukke ihn wissentlich ignorieren würde, sobald er wusste wer ihn anzurufen versuchte, war damit wohl nicht mehr von der Hand zu weisen. Was hatte er auch erwartet, nach allem was vorgefallen war? Da konnte ihn auch nicht der Gedanke beruhigen, dass dieser es vielleicht gar nicht gehört hatte. Oder gerade mit etwas beschäftigt war, dass es ihm einfach nicht möglich gemacht hatte abzunehmen. Unerwünschter Weise kam ihm gerade bei der letzten Erwägung wieder die Vorstellung ein, dass Yusuke nicht allein sein musste. Und innerlich verfluchte er sich dafür, dass er sich nicht einfach verbildlichen konnte, dass dieser seine Zeit mit einer bestimmten Person beim Shoppen oder schick Essen gehen verbrachte. Sondern das sein erster Gedanke ihm einen unbekleideten Yukke unter weißen Lagen über einem ebenso unverhüllten Körper zeigte und das es nicht er sein durfte mit dem Yukke diese Intimität teilte. Auch wenn es sich nur um seine ausschweifende Fantasie handelte, die ihn so vorführte, war es trotzdem ein Schlag der Wirkung zeigte, wenn er in Erwägung ziehen musste, dass Yukke sich gerade mit jemandem vergnügte. Energisch schüttelte Tatsuro seinen Kopf über diese äußerst unpassenden Gedankengänge und strich sich einige der schwarzen Strähnen, die ihm nun vorwitzig seine Sicht unterbrachen, wieder zurück. Wenn er sich nicht zusammenreißen würde, dann wären seine Absichten sich wieder mit Yukke zu vertragen von vornherein zum Scheitern verurteilt. Ob er es nun wollte oder nicht, er musste sich damit abfinden, dass er eine Kerbe in ihre Freundschaft geschlagen hatte die nicht mehr auszubessern war. Und wenn er noch irgendetwas retten wollte, dann sollte er tunlichst davon absehen sie noch weiter auszuarbeiten, indem er sich ständig damit verrückt machte das Yusuke etwas tun könnte, dass ihm nicht gefiel. Dieser hatte sein eigenes Leben und was er damit tat, musste ihm in diesem Falle, einfach egal sein. Auch wenn er in der letzten Zeit ziemlich kopflos agiert hatte, so war ihm dennoch bewusst, dass Yukke einfach ein viel zu liebenswerter Charakter war, als das er für den Rest seines Lebens allein bleiben würde. Karriere hin oder her. Wenn Yukke es wollte, dann hätte er kein Problem die Frau fürs Leben zu finden. Und vielleicht hatte er es sogar schon getan. Tatsuro wusste nun einmal nichts weiter über die Stylistin, als die Dinge die sie ihn damals zu ihrer Person hatte wissen lassen. Und da er nie dafür bekannt war, sich durch ein immenses Gedächtnisvolumen hervorzutun, waren seine Erinnerungen auch mehr als farblos. Vielleicht war sie wirklich gut für Yusuke? Vielleicht würde er nie wieder eine Person finden, mit der er sich so perfekt verstehen würde? Vielleicht war sie für Yukke die EINE unter Tausenden? Er musste den Schmerz einfach ignorieren, wenn es denn so wäre und er nicht riskieren wollte alles zu verlieren, was ihm hoffentlich noch in Zukunft mit Yukke verbinden würde. Ein wehmütiges Lächeln zierte das Gesicht Tatsuros, als er sich vorstellte, wie hingebungsvoll sich Yusuke sicherlich um seine Nachkommen kümmern würde, die er garantiert einmal haben würde. Yukke wäre ein großartiger Vater, dass stand für ihn fest seit er einmal miterleben durfte, wie fürsorglich er sich um ein kleines Mädchen gekümmert hatte, das im Menschengewirr eines Kaufhause seine Mutter aus den Augen verloren und bittere Tränen über diesen Zustand vergossen hatte. Es lag sicherlich auch daran, dass Yukke durch seine jüngeren Geschwister schon auf so etwas eingestellt war, und es irgendwo als seine Pflicht empfand ihr zu helfen. Er hatte sich ihr angenommen, ihr gut zugeredet damit sie aufhörte zu weinen und sie letztendlich sogar dazu gebracht wieder etwas zu lächeln. Zum Schluss war es ein Leichtes gewesen, sie wieder zu ihrer Mutter zu bringen, da diese schon verzweifelt nach ihrer Tochter gesucht und sie hatte ausrufen lassen. Worauf Yukke sie nur noch zu besagter Stelle bringen musste, wo dem Glück einer Wiedervereinigung dann nichts mehr im Wege stand. Tatsuro war damals wie heute sichtlich beeindruckt von dieser Tat, da er selbst wohl nicht einmal mitbekomme hätte, das dort ein kleines Kind auf seine Art und Weise nach Hilfe suchte. Aber er wollte erleben dürfen, wie Yukke glücklich werden würde. Wenn auch nicht durch ihn oder gar mit ihm. Wenn er ihn wirklich so sehr mochte, wie er diesen Schmerz in sich spürte, dass er ihn gehen lassen musste, dann sollte er ihm keine weiteren Schwierigkeiten bereiten, sondern ihm beistehen. Auch wenn dieser darauf keinen Wert mehr legte. Yukke sollte doch zumindest wissen, dass er ihm nicht egal war und auch nie sein würde. Vielleicht sollte er doch besser noch etwas warten, bis dieser wieder zurück wäre. Persönlich führte sich solch eine Gespräch doch immer noch am effektivsten. * Mit einem leisen Fluchen hastete Yusuke aus dem Badezimmer, in dem er sich gerade für den heutigen Tag zurechtmachen wollte, als sein Handy auch schon wieder verstummte und ihm ein erneutes Fluchen entlockte. Mit der Zahnbürste im Mund suchte er nach dem kleinen Gerät, welches er schließlich auch in der Tasche seiner Jeans fand. Ein Blick auf das Display zeigte ihm jedoch schon zwei verpasste Anrufe. Es verwunderte ihn ein wenig, dass er den Ersten nicht vernommen hatte. Und dann wunderte er sich noch ein ganzes Stück mehr, als er sah, dass der erste Anrufer Tatsuro gewesen war. Und zwar schon am vergangenen Abend. Gedanklich ging er sein Tun vor dem zu Bett gehen noch einmal durch, als er die Zeit der entgangenen Kontaktierung sah. Er stelle schließlich fest, dass er da wohl gerade dazu angesetzt hatte sein Bad nehmen zu wollen und ihm das Klingeln auf Grund des rauschenden Wassers nicht zu Ohren gekommen sein konnte. Was Tatsuro wohl von ihm wollte? Yukke warf das Telefon auf das Bett und ging zurück ins Bad. Es sollte ihm egal sein, was er von ihm gewollte hatte. Am Ende war es nichts von Belang und somit sogar ganz gut, dass er nicht rangegangen war. Womöglich hätte dieser ihm eh nur seine Laune mit sinnlosem Gerede verdorben. Gedankenverloren ließ er die kleine Bürste auf seinen Zähnen hin und her rutschen. "Du bist ein Idiot Yusuke!", nuschelte er zwischen Schaum und Bürste hervor, als er sich dabei ertappte, wie er noch immer darüber nachdachte, was der andere wohl gewollt haben könnte. "Es sollte dir verdammt noch mal egal sein, was der Verrückte wollte!", schalte er sich abermals und setzte dazu an die minzige Gischt aus seinem Mund zu spülen. Dabei fiel ihm nun auch wieder ein, dass es sich bei dem zweiten Anrufer um seine Schwester gehandelt hatte, die er, über seine Irritation in Bezug auf Tatsuros Versuch, völlig ausgeblendet hatte. Es wäre also angebracht sich umgehend bei dieser zu melden, da es bestimmt darum ging, wann sie ihn für ihre heutigen Vorhaben abholen würden. Er sollte seine Aufmerksamkeit wirklich nicht mit Nebensächlichkeiten ablenken. Er hatte schließlich andere, wichtigere Dinge zu tun. Damit schob er die drängelnde Unruhe in seinem Kopf beiseite und investierte seine Energie lieber darin sich zu fragen, was er heute am besten anziehen sollte, ohne das er jemanden seiner Lieben erneuten Anlass gab ihn zu fragen, ob es jenes Kleidungsstück wohl nicht mehr in seiner Größe gegeben hatte. * Als sich Yusuke zu vorgeschrittener Stunde dann in einem kleinen, traditionellen Gasthaus wieder fand war er froh, dass er nicht derjenige war dem die ganze Aufmerksamkeit der Familie zugesprochen wurde. Er konnte an manchen Stellen die angestrengte Miene seines Bruders nur zu gut verstehen, der sich nun eine gut gemeinte Weisheit nach der anderen zum Eheleben anhören musste und nicht einmal die Chance bekam, gedanklich abdriften zu können. Da man ihn auch stets danach fragte, ob er verstanden hätte, was man ihm mitteilen wollte. Mit einem mitleidigen Schmunzeln verspeiste Yusuke nun den Rest seines eingelegten Gemüses und spülte dies mit einem Schluck Reiswein herunter. Er würde sich jetzt noch eine Zigarette gönnen. Schon im Begriff sich für einen Augenblick endschuldigen zu wollen, rückte nun seine Tante ein Stück näher an ihn heran, musterte ihren Neffen kurz und legte ihm dann ihre Hand auf die seine. "Du siehst recht abgespannt aus mein Junge. Du hast bestimmt eine Menge um die Ohren mit deiner Arbeit?" Yukke lächelte die ältere Frau an. Auch wenn er wusste das, wenn er sich jetzt auf ein Gespräch einlassen würde, noch eine Weile auf sein Nikotin verzichten musste, nickte er zustimmend ob der Feststellung und begann ein wenig von dem alltäglichen Stress seiner Berufung zu berichten. Er vermied es aber tunlichst auf den wirklichen Grund seiner offensichtlichen Ermüdung einzugehen, da er sich das Ganze ja nicht einmal selbst richtig erklären konnte. Geschweige denn jemand anderem. Und während sie sich so unterhielten kam ihm wieder der Gedanke, was Tatsuro wohl für eine Motivation gehabt hatte ihn anrufen zu wollen. Vielleicht sollte er Miya einmal behelligen, womöglich konnte er ihm da schon weiterhelfen. Auch wenn er ihn nicht direkt danach fragen würde. Genüsslich nahm er den ersten Zug von seinem Tabak und verfolgte, wie sich der entlassene weiß-blauen Qualm mit der kühlen Abendluft verband. Jetzt wäre eine gute Gelegenheit sich bei Miya zu melden. Es sein denn dieser hätte wieder zu längerem Bleiben aufgefordert und sie würden demzufolge noch am Arbeiten sein. Doch schien es ihm eher unwahrscheinlich. Kurzerhand hatte er sein Telefon auch schon gezückt und suchte nun die Nummer seines Freundes in seinem Kontaktspeicher auf. Nach mehrmaligem Klingeln meldete sich dann auch schon eine vertraute Stimme am anderen Ende der Leitung, worauf Yukke sicherlich seine Zigarette aus dem Mundwinkel gefallen wäre, hätte sich diese noch dort befunden. Doch anstatt noch fast jungfräulich zu Boden zu gleiten, verharrte sie zwischen seinen schlanken Fingern, welche nun plötzlich leicht unruhig wurden. "Tat...suro?" Der Unglaube nun ihren Sänger am Telefon zu haben und nicht, wie erwartet, Miya überforderte ihn ein wenig, was auch die Unsicherheit in seiner Stimme verdeutlichte. "Ah Yukke, du willst bestimmt mit Miya sprechen. Er müsste gleich wieder da sein.", informierte ihn Tatsuro, als auch schon wieder Stille in die Leitung trat, da keiner so recht zu wissen schien, wie er mit dieser unvorhergesehenen Situation umgehen sollte. Noch immer war Yukke nicht klar, warum Tatsuro diesen Anruf entgegen genommen hatte. Auch fand er sich selbst mehr als erbärmlich nun hier zu stehen, mit seinem Telefon am Ohr und einer unangenehmen Stille zu lauschen anstatt zu sagen, dass er es später noch einmal versuchen würde und einfach wieder auflegte. Es sollte eigentlich nicht das Problem sein. Eigentlich. Nur war es ihm als würde er darüber kaum Entscheidungsgewalt besitzen. Es wäre auch die Möglichkeit zu fragen, was der Andere gestern von ihm gewollte hatte. Schließlich beschäftigte ihn diese schon den ganzen Tag über, auch wenn er immer wieder versucht hatte es bei Seite zu schieben. Tatsuro indes kaute nervös auf seiner Unterlippe herum, da etwas in ihm sagte, dass er die Gelegenheit am Schopfe packen sollte, wenn er Yukke schon mal am Hörer hatte und mit ihm sprechen könnte. Es wäre ein erster Schritt, um wieder etwas Ordnung in das Chaos zu bringen, das er verursacht hatte. Doch in dem Moment, als er sich die ersten Worte zurecht gelegt hatte, hörte er wie Miya wieder das Zimmer betrat und dieser ihm nun das Handy abnahm. "Sein sie gegrüßt Shimoyama-san!", nahm er das Gespräch entgegen und wunderte sich sichtlich darüber, dass man ihm nicht antwortete. Bis ihn Tatsuro aus dem Hintergrund darauf verwies, dass es sich nicht um den erwarteten Anruf des Photographen handelte, den er in seiner Abwesenheit entgegen nehmen sollte, falls dieser sich gerade zu diesem Zeitpunkt melden würde, sondern das es Yukke wäre, der mit ihm sprechen wollte. "Oh Yukke, tut mir leid ich hab dich verwechselt. Was gibt es denn?" Yukke atmete einmal tief durch, da ihm der fliegende Wechsel seiner Gesprächspartner etwas überrumpelte, obwohl er mit Ersterem ja nicht einmal wirklich gesprochen hatte. "Oi Miya, ich wollte mich einfach mal bei dir melden, um mich zu erkundigen, ob ihr auch ohne mich noch zu Recht kommt." Miya musste leicht auflachen bei dieser nicht ganz ernst gemeinten Nachfrage und versicherte seinem Freund, dass es bis jetzt noch keine Schwierigkeiten gab und er sich keine Sorgen zu machen brauchte. Es war etwas umständlich für ihn sich mit Yukke zu unterhalten, da sich Tatsuro noch immer in seiner Hörweite befand und er nicht wusste, ob er preisgeben durfte, wo sich Yusuke gerade aufhielt, da dieser ihn ja gebeten hatte nichts zu verraten, bis alles vorbei sein würde. Also beschränkte er sich auf gut überlegten Smalltalk, was Yukke auch zu deuten wusste und auch ohne konkrete Fragen etwas über seinen Aufenthalt und dessen Grund erzählte. "Na gut, dann melde dich, wenn du wieder da sein solltest. Nicht das du uns unterwegs noch verloren gehst." Damit war Miya auch schon drauf und dran wieder auflegen zu wollen, als Tatsuro ihm abrupt das Telefon aus der Hand nahm. "Yukke!" Dieser hatte sein Handy schon von seinem Ohr genommen, da er das Gespräch für beendet hielt, als er noch einmal seinen Namen vernahm und im Glauben Miya hätte etwas vergessen zu erwähnen, es wieder zurück führte. "Hast du was vergessen?", erkundigte er sich und war abermals etwas irritiert, als er Tatsuro anstatt Miya vernahm. "Ja habe ich! Wann kommst du wieder?" Yukke war sich nicht sicher, ob er auf diese Frage wirklich antworten sollte. Immerhin ging es den Anderen gar nichts an. Und dass dieser auf einmal wieder so vertraut mit ihm tat, empfand er schon als etwas dreist. "Bitte!", schickte Tatsuro in einem Ton hinterher, der Yukke dazu brachte etwas zu erweichen. "Montag.", gab es also knapp zur Antwort, auch wenn er nicht wusste, was Tatsuro diese Information bringen sollte. "Können..., können wir uns am Dienstag treffen? Ich möchte... Um acht Ueno Onshi Kōen - Saigo Takamori (5). Bitte..." Und noch bevor Yukke ablehnen konnte, hatte Tatsuro auch schon aufgelegt und ließ ihn völlig perplex am anderen Ende der Leitung zurück. Dieser Kerl hatte ja wirklich Nerven, ihn einfach so zu überfallen! Schon allein dafür würde er seinem Wunsch nicht nachkommen. Yukke verstaute sein Handy wieder in der Tasche seiner Jacke und warf den Rest seiner Zigarette in den dafür vorgesehenen Behälter zu seiner Rechten. Tatsuro konnte lange warten! Die Zeiten, wo er sich durch einfaches Bitten von ihm um den Finger wickeln ließ, waren vorbei. *** Hier noch ein paar Erläuterungen, falls es denn jemanden interessieren sollte, (1) http://de.wikipedia.org/wiki/Yatsuhashi (2) http://de.wikipedia.org/wiki/Kitaro_Nishida (3) http://de.wikipedia.org/wiki/Tetsugaku_no_Michi (4) http://de.wikipedia.org/wiki/Omikuji (5) http://de.wikipedia.org/wiki/Ueno-Park Kapitel 15: Love hurts ---------------------- Aufgewühlt warf Tatsuro einen Blick auf seine Uhr, deren Zeiger ihm heute besonders langsam zu rücken schienen. Seit er Yukke so Hals über Kopf zu einem Treffen gebeten hatte, konnte er sich nicht mehr so recht zur Ruhe zwingen. Es waren noch ein paar Stunden bis acht und er hatte nicht den Hauch einer Ahnung, ob Yusuke überhaupt erscheinen würde, da er ihm aus Angst über eine negativen Antwort, gar nicht erst die Chance gegeben hatte sich dazu zu äußern. Aber so konnte er sich noch einreden, dass dieser sich vielleicht doch dazu überwinden würde auf seine Bitte einzugehen. Und dieser Halt gab ihm auch ein wenig Hoffnung, dass noch nicht alles zu spät war. Er hatte die Nacht nicht richtig schlafen können und wenn er schon einmal weggenickt war, dann träumte er schlecht und wachte wenig später auch schon wieder auf. Deshalb war er auch in aller Frühe aufgestanden und seitdem so nervös, dass er sich mit Dinge abzulenken versucht hatte, die sonst so gar nicht zu seinen Standarten gehörten. Doch auch die alphabetische Farbsortierung seiner Socken stellte sich nach näherer Betrachtung und im wahrsten Sinne des Wortes, als recht eintönig heraus, da er nur schwarze und weiße in seinem Sortiment ausfindig machen konnte. Barfuß war ihm halt immer noch am liebsten. Aber in Anbetracht der vorherrschenden Jahreszeit, war es jedoch angebracht diesen Fetisch etwas zurückzuschrauben. Im Laufe des Tages fand er sich dann beim Staubwischen, Aufwaschen und anderen haushaltlichen Aktivitäten wieder, denen er in diesem Masse noch nie nachgegangen war. Somit saß er nun in einer ungewohnt aufgeräumten Küche und hielt sich seit geraumer Zeit an einer Flasche Fruchtsaft fest. Teto schien etwas verstimmt, auf Grund der anhaltenden Ruhestörung durch seinen Futterspender und hatte sich schon vor einer Ewigkeit irgendwo verkrochen und würde wohl auch eine Weile verschollen bleiben. Dabei hätte Tatsuro jetzt noch etwas Zeit zu überbrücken. Nur alleine mit einem Knäuel aus Wolle spielen machte auch keine Spaß und noch weniger Sinn. Es musste doch noch etwas zu tun geben, womit er sich beschäftigen konnte! Erneut setzte er sich in Bewegung und wechselte in sein Wohnzimmer, wo er schließlich vor seinem ebenfalls ungewohnt aufgeräumten Schreibtisch zum Stehen kam. Er warf einen Blick auf den Stapel Papier, der sich über Wochen und Monate dort angesammelt hatte, doch noch nie in solch einer akkurat Form auf sich aufmerksam gemacht hatte. Ohne nach etwas Bestimmten zu suchen, ging er die Zettel durch und fand jenen wieder, auf welchem er vor einiger Zeit ein paar Strophen für einen Songtext niedergeschrieben hatte, wenn ihm die Sache mit Yusuke wieder einmal zu sehr in Beschlag nahm. Nun fehlte eigentlich nur noch ein Abschluss, nur wenige Worte die es komplettieren würden. Doch momentan war er nicht dazu fähig. Vielleicht würde ihm am Ende des Tages etwas einfallen, wenn er entweder völlig deprimiert wieder nach Hause kam, da ihm Yukke doch hatte stehen lassen, oder weil er noch einmal eine Chance bekommen hatte. Das Klingeln an seiner Tür lenkte ihn jedoch vorerst ab und mit der gedanklichen Frage, wer dies wohl sein konnte, lief er dem unbekannten Besucher entgegen. Nur um sich nach dem Öffnen der Tür auch gleich mit einem Teller konfrontiert zu sehen, auf dem ein üppiger Berg Kuchen thront, hinter dem er Tsukahara-san erblickte, die ihm das Geschirr auch gleich in die Hand drückte. "Hier mein Junge! Mein geschultes Auge hat mir verraten, dass du es mit dem Essen in letzter Zeit nicht so ernst nimmst.", meinte sie dann und entlockte Tatsuro damit ein verlegenes Lächeln, da er sich gerade leicht ertappt fühlte. Mit einer freundlichen Geste, bat er die alte Dame kurzum auf einen Tee in seine Residenz, welche zwar nicht damit gerechnet hatte, aber trotzdem danken annahm. "Ich bin ja wirklich beeindruckt mein Lieber. Du hast wohl schon etwas früher mit deinem Ohsouji (1) begonnen?", schmunzelte Tsukahara-san beim Eintreten, da ihr diese Wohnung vor lauter Glanz fast schon fremd vorkam. "Du erwartest wohl Besuch von jemandem den du beeindrucken möchtest?" Dabei zwinkerte sie ihm verschmitzt zu und erfreute sich an dem leichten Rot-Ton den sie damit auf den Wangen ihres Gegenübers hervorgelockt hatte. "Wie geht es denn dem kleinen, niedlichen Rothaarigen? Ich habe ihn ja schon länger nicht mehr hier gesehen?" Das Schweigen von Seiten Tatsuros, verriet der alten Dame wohl mehr als dieser selbst daraus entnommen hätte und ohne auf eine Antwort zu warten, wechselte sie abrupt das Thema und erkundigte sich folglich, wie es Teto-chan ginge. Tatsuro war erleichtert, dass Tsukahara-san auch die verbleibende Zeit nicht mehr auf Yusuke zu sprechen gekommen war. Schließlich verabschiedete sie sich wieder und dankte ihm für seine Gastfreundschaft in Form eines schelmischen Hinternklopfens, worauf sie noch auf kryptische Weise meinte, er solle die Hoffnung nicht aufgeben. Ein weiterer Blick auf die Uhr zeigte Tatsuro, dass er sich nun endlich auf den Weg machen durfte, da er seine Gedanken eh nur noch in einem geringen Masse mit etwas anderem beschäftigen konnte. Dass sein Aufbrechen vielleicht keinen Sinn haben würde verdrängte er vehement. Flüchtig schweifte Yukkes Blick über die digitale Zeitanzeige, die sich über der kleinen Theke des Cafés befand, in welchem er sich gerade aufhielt, um sich eine Tasse Espresso zu gönnen. Er hatte noch immer nicht vor Tatsuros Ersuchung nachzukommen. Schon gar nicht bei diesem unmöglichen Wetter. Wenn er seinen Standpunkt jetzt nicht verdeutlichen würde, dann würde ihn dieser niemals ernst nehmen und letztendlich dem Glauben erliegen, dass er mit ihm umgehen konnte, wie es ihm gerade passte. Aber so nicht! Es war ihm sowas von gleich, was dieser mit ihm bereden wollte. Am Ende würde es ja doch nur wieder darauf hinauslaufen, dass Tatsuro ihn darauf verweisen würde, dass er sich nicht so anstellen solle, da er früher doch auch nicht so zimperlich gewesen sei. Und das mochte auch durchaus so gewesen sein, doch früher wusste er auch wie er Tatsuro einzuschätzen hatte, was ihm nun als Ding der Unmöglichkeit schien. Er legte auch keinen Wert darauf, erneut das Opfer von dessen Aggressionen zu werden, worauf auch immer diese basierten. Tatsuro war ihm so fremd geworden und das bereitete ihm eine gewisse Art von Unbehagen. Was wäre wohl passiert, hätte Miya damals nicht eingegriffen? Wie weit wäre Tatsuro wohl noch gegangen? Ein leichtes Frösteln durchzog seinen Körper bei diesen Gedanken. Er wollte es gar nicht wissen! Tief vergrub er sein Gesicht im Kragen seiner dicken Jacke, als er das Café verließ und ihm ein gemischt aus Regen und Schnee entgegen kam. Ein Schirm wäre jetzt eine gute Option gewesen. Doch bis nach Hause würde es auch seine schicke Mütze tun, die er von Satochi zu seinem Geburtstag bekommen hatte und auf welcher der Kopf eines gutgelaunten Jack Skellington der Witterung entgegen grinste. Vorsichtig setzte er sich in Gang, da der Film aus Wasser und Schnee, der die Wege überzog, jeden Unbedachten dazu bringen konnte mit eben diesen nähere Bekanntschaft zu machen. Und das war nun wirklich das Letzte worauf er aus war. Es war doch ein guter Gedanke gewesen das Auto stehen zu lassen. Da riskierte er lieber eingeweicht zu Hause anzukommen, als in ein Verkehrschaos zu geraten. So lange war es auch noch gar nicht her, dass er sein Wagen wieder aus der Werkstatt geholt hatte. Der U-Bahn indes machte es nichts, wenn es an der Oberfläche winterlich zuging. So war er auch froh, als er die trockene Unterirdischkeit der Station erreichte und nicht lange darauf warten musste, bis die Bahn einfuhr. Mit einem übersichtlichen Strom aus anderen Fahrgästen, betrat er das Abteil und suchte sich einen Sitzplatz der sich etwas abseits von den anderen Passagieren befand. Pünktlich wurde eine Station nach der anderen angefahren und es sollte nicht mehr lange dauern, bis auch er sein Ziel erreicht hatte. Zwanzig Uhr fünfzehn verriet ihm sein Handy, welches er nun in seiner Hand hielt und nicht sagen konnte, warum ihm das ausgerechnet jetzt in den Sinn gekommen war. Eine weitere Ansage informierte die verbleibenden Fahrgäste über die folgende Haltestelle, worauf er das kleine Gerät wieder verstaute, da es nun an ihm war auszusteigen. Mit einem leisen Quietschen öffnete sich der Ausstieg und nur ein letzter Schritt trennte ihm noch vom Bahnsteig. Doch hielt er mit einem Mal inne und ließ die Türen sich wieder schließen. "Nächster Halt Ueno Station", verkündete die freundliche Frauenstimme diesmal und ließ Yusuke aus seiner Starre aufwachen. Er stand noch genau wie vor zehn Minuten vor der Tür durch die er hätte gehen sollen, es aber jetzt erst tat, als die Bahn erneut zum Halten gekommen war. Mit einem selbstkritischen Murren, las er die Zeichen die den Namen des Bahnhofes mitteilen und machte sich folglich daran diesen zu verlassen. Noch immer hielt der Himmel davon Abstand seine nasskalten Boten zurückzuhalten und als er von Weiten die Statur von Saigo Takamoto erblickte, fragte er sich ernsthaft, was um alles in der Welt er hier verloren hatte? Und ob es nicht doch besser wäre wieder umzukehren, da Tatsuro wohl kaum so lebensmüde sein würde, unter diesen Bedingungen noch auf ihn zu warten. Trotzdem trugen in seine Schritte weiter voran. Und als seine Aufmerksamkeit auf eine einzelne Gestalt fiel, die an dem Sockel des Denkmals lehnte, war ihm schlagartig klar, um wen es sich dabei handelte. Ungläubig blieb er stehen und musterte Tatsuro aus einiger Entfernung, der seine Hände trotz der Tatsache das seine Kleidung völlig durchnässt war, in den Taschen seiner Hose vergraben hatte, den Kopf gesenkt hielt und vorstellbar unheimlich frieren musste. Auch wenn ihn dieses Bild sonst dazu veranlasst hätte Mitgefühl zu zeigen, war alles was er momentan fühlte eine bittere Wut. Warum veranstaltete Tatsuro solch ein melodramatisches Theater?! Ging er davon aus, dass er ihn damit schon weich bekommen würde, wenn er nass bis auf die Knochen vor ihm stände und ihn aus reumütigen Augen anblickte? Aber darauf würde er nicht hereinfallen! Schließlich war es nicht an ihm etwas erklären zu wollen. Er hatte nicht um dieses Treffen gebeten und Tatsuro konnte von Glück reden, dass er trotz allem hier aufgetaucht war. Zornig überwand er die letzten Meter, bis er mit ein wenig Abstand vor Tatsuro zum Stillstand kam. "Was soll dieser Unsinn?", zischte er Tatsuro ungehalten an, der es im ersten Moment wohl gar nicht so recht glauben konnte, dass er nun tatsächlich vor ihm stand. "Yu...kke...", brachte er zwischen seinen zitternden Lippen hervor, bevor er seinen Blick hob und ihn unpassend, dankbar anlächelte. "Jetzt tu nicht so dramatisch! Du bist selber schuld, wenn du bei diesem Wetter hier rum stehst!" Er konnte sich die Schärfe die seine Worte umhüllte nicht verkneifen, war er viel zu aufgebracht, über das unüberlegte Verhalten des Anderen. Wenn dieser sich nun wieder eine Erkältung zuziehen würde, oder gar Schlimmeres, wäre er am Ende nur schuld daran, da er ihn hatte warten lassen. Selbst wenn sie nun eine kleine Pause über Neujahr einlegten, wollte er nicht der Sündenbock für dieses Getue hier sein. "Also was willst du von mir Iwagami?" Angesprochener senkte nun wieder sein Haupt, so dass Yusuke dessen traurige Züge nicht wahrnehmen konnte. Yukke hatte seinen Namen mit einer Kälte ausgesprochen, dass ihm der Frost, der ungehalten an seinen Gliedern nagte, fast wohlig erschien. "Ich..., ich wollte mich bei dir endschuldigen..." "Und dafür stehst du hier draußen rum? Willst du mich damit etwa beeindrucken? Tut mir leid, aber das zieht bei mir nicht. Was auch immer du zu sagen hast, täuscht nicht über deine Oberflächlichkeit hinweg!" Eigentlich hatte sich Yukke zusammenreißen wollen, aber nun wo er vor Tatsuro stand, brach all der Frust in ihm los, dessen Ausmaß kundzutun wohl Stunden hätte fühlen können, wenn er es darauf anlegen würde. Doch auch wenn er sich ein um das andere Mal gewünscht hatte, sich davon befreien zu können, ließ er nur einen kleinen Teil davon durchdringen, da er sonst nicht ausmachen konnte, wohin ihn diese beißenden Emotionen führen würden. "Bitte verzeih mir...", brachte Tatsuro dennoch hervor, da ihm einfach nichts anderes einfallen wollte, was zum Ausdruck brachte was er fühlte. "Ich habe große Fehler gemacht...", führte er seine Anliegen mit merklicher Unsicherheit in seiner Stimme fort. "...und ich bin mir im Klaren, dass ich sie nicht wieder ungeschehen machen kann, aber..." Tatsuro verstummte für einen Augenblick, um für die folgenden Worte all seinen Mut zusammen zu suchen. "...aber ich möchte dich bitte mir noch eine Chance zu geben." Ein abfälliges Schnauben von Seiten Yusukes zeigte ihm jedoch, dass dieser sich nicht so einfach darauf einlassen würde. Zu viel hatte er durch ihn erdulden müssen und letztendlich war es damit auch sein gutes Recht so zu reagieren. "Weißt du was? Ich hätte gar nicht herkommen sollen!", gab dieser nun bissig von sich. Weniger weil ihm die Bitte Tatsuros so unverschämt erschien, als das er sich über sich selbst ärgerte, weil er seine mitfühlende Seite nicht wegsperren konnte. Er durfte jetzt nicht schwach werden, er musste unnachgiebig sein, wenn er etwas für sich erreichen wollte! "Ich weiß eigentlich gar nicht warum ich hier stehe und mir dein Gejammer antue?“, setzte er schließlich nach und versuchte jegliches Gefühl der Schwäche nieder zu kämpfen. "Ich sollte einfach wieder gehen!" "Du hast Recht Yusuke, wenn du meinst, dass ich es nicht verdient habe, dass du mir verzeihst, aber gibt mir wenigstens die Chance es zu erklären." Yukke hielt nun in seinen Gedanken inne und schaute auf den Mann vor sich, der noch immer so erbärmlich schlotternd vor ihm stand und dennoch verzweifelt versuchte, wieder etwas in Ordnung bringen zu wollen. "Gut dann erkläre es mir!" Kurz blieb es wieder still, da Tatsuro anscheinend nach dem richtigen Anfang zu suchen schien, bis er schließlich dazu ansetzte die Geschehnisse noch einmal aufzurollen. "Hanasawa-san.", teile er zuerst etwas zusammenhangslos mit. "Was ist mit ihr?" Yukke war sichtlich überfordert mit dieser für ihn unlogischen Einbringung der Stylistin und hatte schon etwas Mühe nicht noch ungehaltener zu werden. "Sie war der Grund, dass ich mich dir gegenüber so habe gehen lassen." Merklich begann es nun in Yukkes Kopf zu arbeiten, bis ihm eine so simple Antwort einfiel, dass er sich dafür am liebsten hätte ohrfeigen können, dass er nicht schon früher darauf gekommen war. Tatsuro musste eifersüchtig gewesen sein! Zumindest würde das einiges, wenn nicht sogar alles erklären. "Willst du mir etwa damit sagen, dass du aus Eifersucht so durchgedreht bist?" Ein Nicken bestätigte seine Vermutung und nun musste Yukke doch etwas irrwitzig auflachen. "Was bist du eigentlich für ein Mensch Iwagami? Konntest du es nicht ertragen, dass sie nach all der Zeit wieder aufgetaucht ist, obwohl sie dich damals abserviert hatte? Hat es dein immenses Ego nicht verkraftet, dass sie sich mit mir versteht und dir nicht nachweint? Willst du mir wirklich allen Ernstes erzählen, dass du mich nur wegen deiner sturen, verblendeten Idiotie so mies behandelt hast, anstatt mich einfach mal darauf anzusprechen? So, wie man es unter WAHREN Freunden eigentlich tun sollte?!" Yukke konnte es nicht fassen. Dieser ganze Zirkus hätte gar nicht sein müssen, hätte Tatsuro ihm einfach gesagt, was in beschäftigte. Er hätte sich so viele Sorgen und schlaflose Nächte ersparen können. Soviel Wut und Verzweiflung! Aber nein, das wäre ja zu einfach gewesen. Stattdessen musste Tatsuro alles in seinem näheren Umkreis niederreisen, weil er eifersüchtig darauf war, dass er bei dieser Frau keine Chancen hatte. "Ich dachte..." Irgendwie war das Selbstvertrauen Tatsuros gerade auf einer steilen Talfahrt, je länger ihn Yusuke in die Zange nahm. "Was dachtest du!? Dass ich es nicht verdient hätte, dass sie mich mehr mag als dich? Oder das ich nicht mehr die Zeit finden würde, auf deine Spinnereien einzugehen, wenn da noch jemand anderes in meinen Leben wäre? GOTT TATSURO! Wenn du nur einmal nicht so ichbezogen durch die Welt wandeln würdest, dann wäre dir vielleicht auch aufgefallen, dass sie schon längst verheiratet ist! Manche Menschen tragen Ringe nicht nur aus Eitelkeit!" Der fassungslose Blick den Tatsuro ihm nun schenkte, veranlasste Yukke erneut dazu spöttisch zu lachen. "Du hast unsere Freundschaft in Schutt und Asche gelegt, nur weil du so ein verdammter, selbstverliebter Idiot bist und verlangst von mir, dass ich dir das nun einfach so vergebe?" Er hätte an so vielen Stellen dieses Dramas noch Einsicht zeigen können, hätte Tatsuro ihn nur eingeweiht, doch nun war seine Verbundenheit zu ihm so zerschunden, dass ihm einfach die Kraft und das Vertrauen fehlte, es einfach akzeptieren zu können und so zu tun, als wäre nie etwas gewesen. "Letztendlich hatte es doch noch etwas Gutes, dass ich hier her kam. Nun weiß ich wenigstens, dass mein Bemühen um unsere Freundschaft dir nie so viel bedeutet hat wie mir." Noch immer starrte Tatsuro vor sich hin, hatte er jedes Wort seines ehemaligen Freundes nur zu gut verstehen können. Er hatte wirklich alles zu Nichte gemacht - für Nichts! Dafür hatte er diesen Wall aus falschen Verdächtigungen und gekränkten Emotionen auf dem Weg ihrer Freundschaft aufgeschüttet, den er am Ende selbst nicht mehr zu überwinde im Stande war. Er hatte sich damit nur selbst ins Abseits befördert. Doch Yukke war nicht davor stehen geblieben, wie er es getan hatte, sondern hatte sich einen anderen Pfad gesucht und zog nun an ihm vorbei und aus seiner Reichweite. Das Bild ihrer Freundschaft war zerfallen wie altes Pergament und es blieb nichts weiter übrig als grauer Staub. "Manche Dinge kann man nicht mehr zusammenfügen.", hörte er Yukke sagen, dessen Stimme in seinen Ohren so merkwürdig verzerrt klang, dass er seinen Blick wieder auf dessen Gesicht richtete, welches nun Spuren von Tränen zeigte die all das wiedergaben, was er diesem mit seinen Blindheit angetan hatte. "Yukke ich..." "Wir sind fertig." War alles was dieser noch von sich gab, bevor er sich abwendete und mit eiligen Schritten von ihm entfernte. Er wollte nur noch weg! Tatsuro schaut ihm einen Augenblick wie erstarrt hinterher, bevor auch er sich in Bewegung setzte, um ihm zu folgen. Wenn er ihn jetzt gehen lassen würde, waren sie wirklich fertig und das für immer. Er musste ihn einholen und ihm die ganze Wahrheit sagen, selbst wenn dieser ihm vor Wut verprügeln würde, er würde sich nicht wehren. Er hatte noch viel mehr Schmerzen verdient, wenn er daran dachte was er dem Menschen angetan hatte, der ihm doch das Wichtigste war. Yukke lief hastig und unbedacht der tückischen Glätte den Weg zurück auf welchem er gekommen war. Er konnte seine Träne nicht zügeln die ihn die Sicht erschwerten, da er sich so unendlich verraten fühlte von der Person die einmal sein bester Freund gewesen war. Fahrig drängelte er sich zwischen der Reihe parkender Autos vorbei die den Straßenrand säumten, worauf das plötzliche Quietschen von Reifen an seine Ohren drang und ein gleißendes Licht auf seine Augen traf. "YUKKE...!!!" Er spürte den Schlag der ihn traf. Er spürte den Schmerz der ihn durchzog, als er auf dem nassen, harten Asphalt aufkam und er hörte erneut seinen Namen in der Dunkelheit. Leise wie ein Flüstern, bis es erstarb und alles still wurde. *** (1) http://ilovejapancul.blogspot.com/2007/12/osouji-cleanup.html Kapitel 16: Guilt ----------------- Ein penetrantes Rauschen, welches zunehmend intensiver wurde, zwang seinen Geist allmählich wieder zur Wahrnehmung. Was war passiert? Stück für Stück wandelte sich das Tosen in verzehrtes, dumpfes Stimmengewirr, dessen Inhalte unentwegt auf ihn einplätscherten, jedoch nicht zu sortieren war. Einzig die Tatsache, dass er überhaupt etwas wahrnehmen konnte, ließ ihn ein wenig optimistisch denken. Er hatte wohl Glück gehabt! Spürbare Hektik breitete sich nun zunehmend um ihn herum aus, drängte ihn seine Augen zu öffnen und selbst zu beurteilen, wie es um ihn stand. Schemenhaft flackernde Umrisse begegneten seiner sich nun rührenden Gestalt mit interessiertem Flüstern und schickten alle Arten von Vermutungen in die kalte Abendluft, was sich hier ereignet haben musste. Verbissen suchte er nach der Klarheit seines optischen Sinnes, schüttelte mäßig sein schmerzendes Haupt, um die Bilder vor sich zu verdeutlichen, und sie endlich richtig greifen zu können. Ehrliche Besorgnis begleitet von primitiver Neugier stieß ihm entgegen, als er sich wieder gesammelt hatte und ihn das bedrückende Gefühl von kalter Schutzlosigkeit umfing. Angestrengt versuchte er sich zu bewegen, den Protest seiner schmerzenden Glieder zu ignorieren. Jedoch forderte man ihn auf besonnen zu sein, sich nicht unnötig zu belasten, da es nicht mehr lange dauern würde, bis die Ambulanz eintreffen und sich um sie kümmern würde. Stand es doch so schlimm um ihn? … Um sie?? "Ist das nicht dieser Sänger von dieser einen Band?", drang es wie isoliert aus den anderen Stimmen zu ihm durch, und zeugte ein abruptes Empfinden von Übelkeit in seinem Magen. "Es scheint ihn ziemlich erwischt zu haben." Wie von einer fremden Macht gezogen, richtete sich Yukke auf Grund dieser Worte auf und blickte verzweifelt auf die Mauer von Leuten die ihn umringte, und ihm somit die Sicht auf die vollständige Szenerie verwehrte. "Er hat seinen Freund noch zur Seite stoßen können und ist dabei selbst erfasst worden." Yusuke konnte nur zu deutlich spüren, wie das dumpfe Pulsieren in seinem Bauch sich in zerrende Panik wandelte, je mehr man seine Ungewissheit provozierte. Was war mit Tatsuro?! Yukkes Kopf schmerzte noch heftiger durch die Wucht der Befürchtung, welche ihm sein Vorstellungskraft aufzeigte und betete, dass sie nur in seiner Fantasie, solch ein Ausmaß darbot. "Hoffentlich ist er noch am Leben." "Das ist wirklich ein Drama..." ES REICHT!, riefen seine wuchernden Zweifel. Hievten ihn unter gequältem Stöhnen auf seine Beine und ließen ihn die Schwäche seines geschundenen Körpers übergehen. Ein kurzes Schwindeln erfasste ihn, als er zu einem ersten Schritt ansetzte und fast wäre er wieder zurück auf die Straße gesunken, hätte ihn nicht jemand aufrecht gehalten. "Das ist ihr Freund nicht wahr?", nahm er eine Stimme an seiner Seite wahr, die sich nur schwach durch den Taumel aus Angst und Besorgnis durchgraben konnte. Langsam teilte sich das Pulk an Fremden, wie ein Pflug die Erde, und zerrte die Aufmerksamkeit Yusukes auf das Ende der Schneise. Ein entsetzten Keuchen presste sich bei dem sich ihm bietenden Anblick aus seinen schmerzenden Lungen, ließ das Gefühl eines schlechten Films durch seine Gedanken hetzten und den Wunsch verspüren diese Aufführung augenblicklich verlassen zu können. Tatsuro lag, genau wie er zuvor, auf dem schwarzen Straßenbelag, sein Körper getaucht in ein abstraktes Tableau aus Licht. Gleich einer Szene aus einem schweren Traum. Hastig stolperte er auf ihn zu, blendete alles sie umgebende aus. An Tatsuros Seite angekommen sank er, wie ein Marionette um den Halt ihrer Stränge gebracht, in sich zusammen und starrte fassungslos auf den Mann vor sich. Das konnte einfach nicht real sein - es durfte einfach nicht real sein! Vorsichtig legte er eine seiner fast tauben und leicht blessierten Hände auf die Schulter Tatsuro und rüttelte ihn leicht. "Tatsuro...", sprach er diesen mit brüchiger Stimme an und er schluckte schwer, ob der fortwährenden Leblosigkeit seines Freundes. "Tatsuro, komm schon...“ Etwas energischer versucht er ihn dazu zu bewegen seine Augen wieder aufzuschlagen, ihn anzusehen. Wie aus feinem Porzellan schimmerte das weiße von Schneeregen benetzte Gesicht Tatsuros und hüllte ihn in das Eidos einer Puppe. Ein entseeltes Objekt ohne Wärme. "Nein..., nein..., NEIN... das ist nicht wahr! Das kannst du mir nicht antun... " Er hatte nicht aufgehört an Tatsuro zu zerren. Redete unter einer Flut aus Tränen auch weiterhin auf diesen ein, als wäre alles nur ein schlechter Scherz, den sich dieser hier mit ihm erlaubte und ließ die mitleidigen Blicke auf Grund seines aufkommenden, psychotisch Verhaltens achtlos hinter seinem Rücken kreisen. Sie waren ihm so egal! Liebevoll strich er Tatsuro das nasse Haar aus den bleichen Zügen. Ignorierte geflissentlich das rote Rinnsal, das dessen Stirn hinab lief und fuhr behutsam über dessen Wange, wie es eine Mutter bei ihrem schlafenden Kind tat. "Du wirst dich noch erkälten.", stellte er daraufhin besorgt fest und befreite sich von seiner Jacke, die er nun über Tatsuro ausbreitete. "Ich werde mich schon um dich kümmern...", flüsterte er, rückte noch etwas näher an seinen Freund heran und verdrängte die schreiende Resignation die tief in seinem Innersten wütete. * "Yukke..." "...hey Yukke..." Ein weiches Flüstern trug seinen Namen in seinen Kopf, unterbrach die Stille die ihn seit er wieder zu sich gekommen war eingehüllt hatte und brachte die Erinnerung zurück, als er das letzte Mal jemanden seinen Namen hatte sagen hören. Tatsuro... Yusuke hielt seine Augen noch immer geschlossen. Viel zu groß war die Angst, dass ihn eine Realität einfangen könnte, die er nicht im Stande war zu akzeptieren, oder gar zu verkraften. Die Dunkelheit hinter seinen Lidern hatte sich schon vor einiger Zeit in ein stickiges Grau gewandelt, so dass er davon ausging, dass es bereits wieder Tag war. Vielleicht aber auch nur jemand das Licht in diesem Raum wieder erhellt hatte, um nach ihm zu schauen. Er wusste, dass die Präsenz an seiner Seite Miya war. Seine Stimme war ihm vertraut, genau wie der Geruch von dessen Aftershave. Miya hatte einmal erzählt, dass er sich daran erinnern konnte, dass sein Vater ein ähnliches Duftwasser verwendet hatte, und er damit eine positive Erinnerung verband. Doch diesen Einblick in seine Seele, hatte er wohl auch nur gegeben, um sich endlich von den Sticheleien Tatsuros befreien zu können, der ihn in regelmäßigen Abständen darüber informiert hatte, das es doch viel aufregendere Eau de Toilet gab. Und Miya folglich sogar einmal dazu animieren wollte mit ihm eine Parfümerie zu besuchen, um etwas Frischeres für ihn zu finden. Er erinnerte sich daran, dass sein erster Gedanke bei solch einer Vorstellung der gewesen war, wie der arme Miya binnen von wenigen Minuten mit unzähligen Wässerchen begossen und besprüht wurde, bis ihm vor lauter Dunst die Augen tränten. Ein Einkauf mit Tatsuro war schon eine Angelegenheit, bei der es angebracht war sich vorher physisch und psychisch darauf vorzubereiten. Psychisch, da ihr Sänger einen nur zu gern in peinliche Situation brachte. Und physisch gut in Form zu sein, war von Vorteil, wenn man sich schnell aus dem Staub machen musste oder wollte. "Yukke...", drang es erneut zu ihm durch, gefolgt von einem leichten Druck den Miya mit einer Hand auf seine Schulter ausübte. Auch wenn es nicht fair war einen guten Freund wie Miya mit seiner Ignoranz zu beunruhigen, wollte er sich ihm nicht stellen. Wollte nicht in dessen Augen blicken, die ihm mit einem Gemisch aus Anklage und Trauer begegneten, und die ihm auch ohne Worte sagten, dass er Schuld daran trug, dass sie Tatsuro verloren hatten. Das würde er einfach nicht ertragen können. Selbst wenn er nur zu gut wusste, dass er nicht bis ans Ende seiner Tage hier in diesem Bett, in diesem Raum, verweilen konnte, war es für diesen Moment einfach alles, woran er sich klammern konnte. Solange er nichts Genaueres wusste, war auch noch nicht alles vorbei. Am Rande nahm er wahr, dass sich Miya gerade erhoben hatte. Sicherlich um ihn wieder alleine zu lassen. Er war es auch nicht wert, dass man sich um ihn sorgte. Bei ihm blieb. Auch wenn er für sich selbst empfand, dass er es nicht anders verdient hatte, wog dieses Gefühl so unglaublich schwer, tat so unendlich weh... Es war alles seine Schuld! Eine behutsame Berührung auf seiner Wange, lenkte ihn jedoch ab von seinem Selbstmitleid und ohne das er es als solches registrierte, zogen sich seine Lider unter leichtem Flattern nach oben, und gaben ihm die verschwommene Silhouette Miyas preis, der erneut an seiner Seite verweilte. Erst als dieser bemerkte, dass Yukke ihn mit trüben Augen fixierte, ließ er davon ab ihm die noch immer fließenden Tränen fortzuwischen. Miya sagte kein Wort, lächelte nur erleichtert und brachte ihn damit dazu nur noch heftiger zu weinen. Sie hatte ihn wieder - die Realität. Schwer schluckte er an dem Kloß in seinem Hals, der ihn fast zu ersticken drohte, als ihn dieser Schwall von Emotionen übermannte. "Es tut mir so leid...", japste er heiser. "Ich hab das nicht gewollt..., ich..." Miya hatte ihm mit einen leichten Kopfschütteln bedeutet, dass er nicht weiter sprechen musste und sich zurück auf seinen Stuhl sinken lassen, wo er sein Haupt in den Nacken legte und seine Augen schloss. Unsicher betrachte Yukke ihn, da es ihm den Anschein machte, dass Miya sich nun etwas sammeln musste, um etwas mitzuteilen das ihm nicht leicht fiel. Tief atmete Miya durch, bevor er seine Augen wieder öffnete und seinen Freund direkt anblickte, der nicht unweit davon entfernt war erneut in Tränen auszubrechen. Er wollte es nicht hören! Hastig presste er die bandagierten Hände an seine Ohren, als er nur einen flüchtigen Laut aus Miyas Richtung vernahm. Er wollte es nicht hören! Doch wie aus Hohn, quetschte sich seine innere Stimme zwischen die Verdrängung seiner Ängste und schickte bizarre Satzfetzen, auferstanden aus der Erinnerung an dutzende ihrer Lieder, durch seinen Gedanken, welche sich in ungeordnetem Schemata wiederholten, bis er sie mit einen energischen Aufschrei zur Ruhe zwang. Seine Finger hatten sich in seinen Kopf gekrallt, zogen mit an seinen rotblonden Haaren und schickten spürbare Schmerzimpulse an sein Hirn. Erst jetzt bemerkte er die Hände die seine Gelenke umfasst hielten und ihn mit leichtem, aber bestimmtem Druck baten sich nicht länger selbst weh zu tun. Doch hielt sich der Krampf in seinem Gliedern, wie ein Schutzmechanismus, der sein Blut mit solcher Wucht zum zirkulieren brachte, das es in seinen Ohren rauschte. Er sah wie sich Miyas Lippen bewegten. Er sah den besorgten Ausdruck in dessen Augen. Doch erst als dieser ihn ohne weitere Umschweife zu sich zog und ihn mit einer merklichen Verzweiflung an sich drückte, gaben seine Muskel langsam nach. Kraftlos sank er ihm entgegen, in der bitteren Erkenntnis, dass er der Wirklichkeit nie einfach davon laufen würde können. Dieses Kapitel war unwiderruflich geschrieben. Miya konnte nicht genau sagen, wie lange sie nun schon hier saßen und er Yukke in seinen Armen hielt, als sich die Tür zu dessen Zimmer nach einem zögerlichen Klopfen öffnete und er Satochi eintreten sah, der nicht minder matt erschien, als wie er sich selbst auch fühlte. „Wie geht es ihm?“ Satochi hatte diese Frage nur leise gestellt, während er sich ihnen näherte, und auch nur Miya auf ihn reagierte. Die Atmosphäre die wohl wirklich jedem Hospital inne wohnte, schulterte ihm stets schon nach wenigen Minuten, nach denen er solch ein Gebäude betreten hatte, eine Schwermüdigkeit auf die ihn auch dann noch eine Weile umfangen hielt, wenn er es schon wieder verlassen hatte. Ein Besuch von solch einem Ort hatte nur in den wenigsten Fällen eine von vornherein positive Bewandtnis und der Grund der ihn und Miya hier her gebracht hatte, war etwas das einem seiner schlimmsten Alpträume gleich kam. Er konnte sich noch genau an Miyas zittrige Stimme erinnern, als dieser ihn, wohl unter aller Anstrengung Ruhe zu bewahren, angerufen und ihm davon berichtet hatte, dass Yukke und Tatsuro einen Unfall gehabt hätten und nun im Krankenhaus liegen würden. Wäre es nicht Miya gewesen der ihm diese Nachricht mitgeteilt hätte, wäre er wohl von einem ziemlich makaberen Scherz ausgegangen. Doch es war kein Scherz. Satochi hatte sich ebenfalls einen Stuhl herangerückt und neben Miya gesetzt, dessen Fassade der stets präsenten Gefasstheit, schon einige Risse aufzuweisen hatte. Und diese unumstößliche Tatsache war etwas, dass ihm Sorgen bereitete. Wie aus einem Reflex heraus musste er über diesen Gedanken bitter auflachen, worauf ihn Miya mit einem fragenden Blick bedachte. "Sato...?" Er wendete seinen Blick Miya zu und brachte nichts weiter zu Stande, als ein hilfloses Lächeln. Er fühlte sich so elend. Alles was sein Denken noch bestimmte waren Sorgen und Ängste um seine Freunde. Und er war sich nicht sicher, wie lange er dem noch gewachsen sein würde. Es waren mehr als 24 Stunden vergangen seit dieser Tragödie und mit jeder weiteren Minute, die dahinfloss, wurde es schwerer sich nicht vor Verzweiflung einfach gehen zu lassen. Nein, er musste sich zusammen nehmen. Er konnte und wollte es Miya nicht antun, mit all dem alleine fertig werden zu müssen. Auch wenn dieser ein wirklich starker Charakter war, hatte auch seine Kraft irgendwo ein Ende und wenn es an dem sein würde, würde er ihn stützen, mit dem letzten Rest an Vehemenz den er noch würde aufbringen können. Trotzdem bewunderte er Miya für seine Durchhaltevermögen und seine beherrschte Art. Es waren nur wenige Stunden nach der Einlieferung seiner beiden Freunde vergangen, als auch schon der erste, ungebetene Reporter hier aufgetaucht war, um ihnen einen Bericht zu diesem Vorfall aus ihren noch immer völlig konfusen Gedanken zu leiern. Wohl in der unsensiblen Hoffnung, dass sie ihm in ihrem angeschlagen Zustand mehr verraten würde, als angebracht wäre. Aber Miya hatte sich nicht auf solche Psychospiele eingelassen. Er hatte dem aufdringlichen Herrn in einem ruhigen und gefassten Ton mitgeteilt, dass es ein unglücklicher Unfall war, aber trotzdem kein Grund zur übertriebenen Schwarzmalerei bestand. Es war gelogen, aber Miya vermochte es mit seinen Auftreten seinem Gegenüber dies glauben zu lassen und nachdem er den Reporter einfach hatte stehen lassen, war dieser dann auch wieder abgezogen. Es widerte ihn manchmal wirklich an, dass es solche penetranten Aasgeier gab, die vor keiner Situation zurückschreckten, nur um eine Story heraus schlagen zu können. Doch das war ein Teil ihrer Popularität mit dem sie lernen mussten umzugehen. Miya hatte gleich nach diesem Zusammenstoß darum gebeten, solche Personen doch zukünftig von ihren eingelieferten Freunden fern zu halten und erfreulicherweise war man dieser Aufforderung, auch widerstandslos nachgekommen. Er hingegen hätte diese Situation wohl weitaus weniger manierlich gehandhabt und diesem Typen lautstark über dessen Pietätlosigkeit zusammengebrüllt. Gut das Miya in solchen Dingen stets wusste, was am förderlichsten für sie alle war. Nicht umsonst war er der Kopf ihrer Band. "Wenn ich was für dich tun kann, sag es mir einfach, ok?", ließ er seinen Freund schließlich wissen und merkte, auch ohne das dieser ihm darauf antwortete, das er ihm dafür dankbar war. Mit einem bedrückenden Gefühl, lenkte Satochi nun seine Aufmerksamkeit auf Yusuke der sich, seit er das Zimmer betreten hatte, weder gerührt noch etwas gesagt hatte. Vielleicht hatte er noch nicht einmal mitbekommen, dass er sich nun ebenfalls hier befand. Er hatte schon einige Stunden an der Seite von Tatsuro verbracht. Hatte mit diesem gesprochen, auch wenn er keine Reaktion von ihm erhalten hatte. Es war ein unglaublich schmerzlicher Anblick, doch über diesem stand die Erleichterung, dass er überhaupt noch unter ihnen war. Selbst wenn ihnen bis jetzt noch keiner der Ärzte sagen konnte, wie es sich mit ihm weiter verhalten würde, sollte er erst einmal wieder erwachen. Wann dies passieren würde, lag jedoch einzig und allein am Willen Tatsuros. Dieser hatte die Operation ohne Probleme überstanden, und auch wenn es für manche unsinnig erschien, war dies für Satochi und Miya doch so etwas wie ein kleines Zeichen, dass Tatsuro nicht aufgeben würde. Dass er den Kampf gewinnen wollte, da eine Niederlage für ihn noch nie eine Option gewesen war. Eine Prise Ironie würzte diesen Umstand, war dieser Wesenszug doch so manches Mal etwas gewesen, das sein Umfeld nur mit Entnervtheit abtun konnte. Doch genau das jetzt vermochte, dass seinen Freunden in diesem Gewitter ein wenig Hoffnung erblickten und sie einfach nur froh darüber waren, dass Tatsuro der Mensch war, der er war. Später als sein Körper sich einfach sein Recht auf Erholung genommen hatte und er eingeschlafen war, ließ ihn ein merkwürdiges Gefühl nicht wirklich Ruhe finde und als er seine Augen wieder aufgeschlagen hatte, drängte ihn eine innere Stimme dazu nach Yusuke und Miya zu schauen und er war ihr gefolgt. Weder er noch Miya wussten um die genauen Umstände dieses Unglücks. Keiner hatte ihnen etwas darüber sagen können, nur dass es ein Verkehrsunfall gewesen war. Und auch wenn ihm die Frage nach dem -Warum- unentwegt durch seinen Kopf spukte, war ihm klar, dass er eine Antwort darauf so schnell nicht erhalten würde. Das einzige was er von Miya wusste war, dass Tatsuro Yukke zu einen Treffen gebeten hatte. Sicherlich um ihren Differenzen endlich einmal auf den Grund zu gehen. Aber das es solch ein Ende nehmen würde, hätte keiner von ihnen auch nur ansatzweise in Betracht gezogen. Wie Yukke in den Armen von Miya hing und alles um sich herum ausgeblendet zu haben schien, ließ ihn zu dem Entschluss kommen, dass er nie direkt nach diesen Geschehnissen fragen würde, sollte nicht einer der beiden Beteiligten dieses Thema von selbst aufgreifen, und darüber berichten wollen. Ein dumpfes Schluchzen ließ ihn unsicher auf Yukke blicken, der eindeutig der Ursprung dieses Wehklagens war. Beruhigt strich Miya diesem nun über den Rücken, hatte sein Gesicht ein wenig in den wirren Strähnen des anderen vergraben und sprach mit einfühlsamer Stimme auf diesen ein. Erneut überkam Satochi Bewunderung, da Miya anscheinend genau wusste, wie er sich dieser Situation am besten zuwenden sollte, machte er doch sonst eher einen etwas unbeholfenen Eindruck, wenn es um solch eine Art von Zuwendung ging. "Es ist alles meine Schuld...", wisperte Yukke in den tränengetränkten Stoff von Miyas Shirt und verstärkte sein Wimmern über diese für ihn einzig wahre Tatsache noch um ein weiteres. "Tatsuro wurde nur wegen mir..." Yusuke verstummte abrupt in seinen Worten. Er wollte den Gedanken nicht zulassen, dass Tatsuro nicht mehr war - wegen ihm. Er wollte nicht gesagt bekommen, dass es keine Rettung mehr für ihn gegeben hatte. Das einzige was er wollte war weglaufen, irgendwo hin. Weglaufen vor dieser grausamen Verantwortung. Erneut ging er dazu über seinen Körper unter seiner Verzweiflung zu verspannen, nur noch stoßweise zu atmen und sich der androhenden Hysterie die allmählich seinem Kopf kontaminierte ohne weitere Gegenwehr zu ergeben. Es war nur seine Schuld... "Yusuke lass ihn los!", befahl ihm eine energische Stimme und zerrte ihn etwas grob in die Senkrechte und somit weg von Miya. Etwas überrascht stellte er fest, dass es Satochi war der ihm nun aus dunklen Augen fixierte, kurz aber seinen Kopf zu Seite wendete, um sich bei Miya zu erkundigen, ob mit ihm alles in Ordnung wäre. Miya...? Yukke ließ seinen Blick zu diesem schweifen und weitete erschrocken seine Augen, als er sah wie dieser sich mit leidlich verzogener Miene die Oberarme rieb, an denen er die deutlichen Male von Fingernägel erkennen konnte die sich dunkelrot von der hellen Haut hervorhoben. War er das etwa gewesen? "Es tut mir leid...!", stammelte er reumütig und mit einem Male wurde ihm alles einfach zu viel. Ein müdes aber ehrliches "Danke" ließ Satochi verstehend nicken, als er Miya eine Zigarette anbot und dieser sie ohne zu zögern annahm. "...auch für vorhin.", fügte dieser nach kurzer Stille noch hinzu, und konnte die bedrückte Tonlosigkeit seines Freundes zu diesem Geschehnis nur zu gut nachvollziehen. Noch immer spürte Miya das Brennen in seinen Bizeps, und dieses Gefühl ließ das schlechte Gewissen in ihm aufsteigen. Er selbst war weit davon entfernt, Yusuke diesen Übergriff übel zu nehmen, da er sich zu einem gewissen Teil vorstellen konnte, was sich alles in dessen Gedanken abgespielt haben musste, das er letztendlich zu solch einer Reaktion übergegangen war. Vielleicht hätte er Yusuke gleich nachdem dieser wieder bei sich war, mitteilen sollen, wie die Lage sich verhielt. Doch war er sich zu jenem Zeitpunkt nicht sicher darüber, ob es auch das richtig gewesen wäre und so hatte er vorerst geschwiegen. Er hatte ihn nicht gleich so anstrengen wollen, doch war dieser wohl schon vorher mit seinen inneren Dämonen am kämpfen gewesen. Und die Ungewissheit die er ihm mit seinem kryptischen Schweigen dann noch aufgebürdet hatte, brachten ihn wahrscheinlich so schnell an sein Limit, dass der darauffolgende Anfall von Überreiztheit wahrlich nicht verwunderlich erschien. Nun schlief Yukke wieder in den Armen starker Beruhigungsmittel und Miya verurteile sich selbst für sein unüberlegtes Verhalten und was er damit seinem Freund angetan hatte. Das hatte er nicht gewollt... Automatisch rieb er sich über seine müden Augen, als das unangenehme Spannen dieser durch die frostige Morgenluft noch etwas intensiver wurde und er durch eine aufkommende Böe leicht zu frieren begann. Er hätte sich seinen Pullover überziehen sollen. "Hier.", hörte er Satochi neben sich sagen und noch bevor er sich versah, hatte dieser ihm seine Sweatjacke über die Schultern gelegt und zog ihm nun sogar noch die Kapuze über den Kopf. "Aber wiedergeben!", meinte er daraufhin in gespielt strengen Ton, gefolgt von einem leichten Lächeln von dem Miya aus völlig unerklärlichen Gründen behaupten musste, es noch nie in solch einer gefühlvollen Art bei diesem vorgefunden zu haben. Und für diesen kurzen Augenblick vermochte es eben dieses Lächeln ihm etwas von den Strapazen der letzten Stunden zu befreien und sein Gesicht ebenfalls etwas aufzuhellen. Dann trat erneut die Packung Tabakzylinder vor seine Augen und mit einem prüfenden Blick auf das schon längst abgeklimmte Röllchen in seiner Hand, von welchem er nicht einen Zug genommen hatte, lehnte er das Angebot seines Freundes mit einen leichten Kopfschütteln ab. Stattdessen zog er seinerseits eine Schachtel hervor. "Die Runde geht auf mich." *** Seit ungefähr drei Stunden saß er nun schon hier, auf einem dieser unbequemen Stühle und blickte starr auf den Mann, der sich in dem Bett vor ihm befand, angeschlossen an diese Geräte. Dabei hasste Tatsuro doch Krankenhäuser und alles was damit zu tun hatte. Als Yusuke am späten Nachmittag wieder zu sich gefunden hatte, war niemand um ihn herum gewesen. Keiner hatte an seiner Seite verweilt und er wusste auch warum. Er hatte Miya verletzt und das nachdem dieser ihm doch nur beistehen wollte. Auch Satochi war da gewesen und dann war mit einem Male alles Schwarz geworden. Emotionslos hatte er an die Decke des Raumes gestarrt, bis jemand sein Zimmer betreten und sich eine fremde Stimme nach seinem Befinden erkundigt hatte. Er hatte nicht darauf geantwortet, und hatte all die folgenden, notwendigen Untersuchungen über sich ergehen lassen. Auch als ihm der behandelnde Arzt über seinen Gesundheitszustand in Kenntnis gesetzt hatte, hatte er kein Wort dazu gesagt. Er fühlte sich einfach nur leer, zu nichts mehr im Stande und unbrauchbar. Erst später, als alle zu dieser Einrichtung dazugehörigen Personen wieder verschwunden waren, hatte er zum ersten Mal seine Umgebung inspiziert. Er hatte gehört, dass er sich seit fast zwei Tagen hier befinden würde und dass er vielleicht schon bald wieder nach Hause gehen könne, da seine Verletzungen keinen Grund darstellten, ihn länger als nötig hier festzuhalten. Irgendwann war dann die Tür seines Zimmers erneut aufgegangen und wider erwarten der Annahme, dass es sich um unerwünschtes Personal handeln musste, war Satochi an seiner Seite aufgetaucht. Sein erstes Anliegen war gewesen diesem zu sagen wie Leid es ihm tat, dass er Miya verletzt hatte, doch hielt dieser ihm einfach den Mund zu und verlangte von ihm ihn reden zu lassen. Und er hatte zugehört. Nun wusste er Bescheid. Auch wenn Tatsuro noch am Leben war, so fühlte er sich einfach nur elendig. Er hatte Satochi und Miya darum gebeten nach Hause zu gehen, um sich endlich etwas auszuruhen, da die Spuren ihrer Sorge sie nur zu deutlich kennzeichneten. Und sie waren gegangen, mit dem Hinweis so bald wie möglich wieder zu ihnen zurück zu kommen und so war er schließlich allein mit Tatsuro geblieben. "Tatsuro..." Die Trockenheit in seinem Mund ließ den Namen seines Freundes kratzig und dünn klingen. "Fukuno-kun." Ein lautes Schluchzen drang nun plötzlich zu ihm durch und ließ seine Aufmerksamkeit in dessen Richtung rutschen und seine Gesichtszüge einen überraschten Ausdruck annehmen. Yusuke erkannte die Frau die dort im Türrahmen stand und beim Anblick Tatsuros noch haltloser zu weinen begann, sofort. "Iwagami-san", murmelte er und stand so rasch von seinem Platz auf das ihn kurz schwindlig wurde. Yukke spürte wie seine Schuldgefühle wieder an ihm zu reißen begannen, da er sich genau vorstellen konnte, was die schmale Frau bei seinem Anblick empfinden musste. Er war der Grund, das einer ihrer Söhne in solch einem Zustand war, wo er es doch hätte sein müssen der an dessen Stelle nun hier lag. Mit raschen Schritten eilte Iwagami-san auf ihn zu und Yukke versuchte sich gegen all die anklagenden Worte die nun folgen würden zu wappnen. Oder vielmehr ihnen Stand halten zu können, bis sich Iwagami-san von all ihrer Verzweiflung befreit hatte. Das war er ihr schuldig! In einem spärlichen Abstand kam sie schließlich vor ihm zum Stehen und schwieg als sie ihn in eine trostsuchende Umarmung zu sich zog und ihren Tränen wieder freien Lauf ließ. Kapitel 17: Fear ---------------- Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet Yusuke, dass es nur noch wenige Stunden bis zum Morgengrau waren, und sich der Zeitpunkt näherte, an welchem er dieses Gebäude offiziell verlassen durfte. Er sollte froh darüber sein, dass er endlich wieder nach Hause durfte. Doch der Gedanke Tatsuro dann völlig allein zu lassen, nur umgeben von ihm unbekannten Person, stimmte ihn unruhig. Er wollte nicht, dass das erste Gesicht was dieser sah, wenn er erwachte, dass eines Fremden war. Jemand der ihn auf unsensible Art über den Grund seines Aufenthaltes hier informierte, nur um ihn dann völlig überfordert mit dieser Situation sich selbst zu überlassen. Er hatte Iwagami-san versprochen, dass er sich um Tatsuro kümmern, und dass er sie über Alles auf dem Laufenden halten würde, als sie sich gestern wieder von ihm verabschiedet hatte. Während der gesamten Zeit, die sie neben Tatsuro verbracht hatten, hatten sie einander angeschwiegen. Iwagami-san hatte die Hand ihres Sohnes in die ihre gelegte, und immer wieder liebevoll darüber gestreichelt, und mit mütterlichem Geschick versucht, sich damit zu beruhigen. Mit sanfter Stimme hatte sie auf Tatsuro eingesprochen. Hatte ihm von alltäglichen Dingen erzählt. Von ihrem Zuhause. Und darüber das er sie, wenn er wieder genesen wäre, ruhig öfter besuchen kommen sollte. Das alles hatten Yukke fast wieder an diese Grenze gebracht. Diese Grenze an welcher es ihn so unglaublich viel Willensstärke kostete, nicht auf den Boden zu sinken und ungehalten auf diesen einzuschlagen, um seine Schuld durch physischen Schmerz zum Schweigen zu bringen. Niemand außer ihm wusste um den wahren Grund, der dieses Drama heraufbeschworen hatte. Und auch wenn es so unendlich feige gewesen war die Wahrheit für sich zu behalten, hatte er es einfach nicht fertig gebracht Iwagami-san alles zu erzählen. Sein Selbstschutz hatte sein abermals mahnendes, schlechtes Gewissen mit der Begründung in die hintersten Ecke seines Kopfs gesperrt, dass es sicherlich auch besser so war. Und er hatte sich nur zu gerne von der Richtigkeit dieses Gedanken überzeugen lassen. Er hätte sie mit seinem Geständnis doch nur noch mehr aufgebracht, als es diese Situation eh schon tat und das wollte er ihr nicht antun. Und irgendwie schien sie das ebenso zu sehen, sonst hätte sie ihn doch sicherlich nach seinem Part in dieser ganzen Geschichte gefragt. Oder nicht? *** Hastig eilte Yukke auf den Eingang des Hospitals zu und konnte gerade noch so einer älteren Dame ausweichen, die im Begriff war dieses zu verlassen. Mit einen entschuldigenden Nicken, eilte er weiter. Er kannte den Weg und für einen kurzen Augenblick war er am Überlegen welche Option ihn am zügigsten in den gewünschten Stock bringen würde, da er sein Ziel so schnell wie möglich erreichen wollte. Ein Blick auf die geschlossenen Türen der beiden Aufzüge, ließ ihn folglich das Treppenhaus anstreben und die Stufen mit großen Schritten überwinden. Etwas außer Atem kam er schließlich vor der ihm nur allzu bekannten Tür zum Stehen. Doch wollte er vor wenigen Sekunden noch so schnell wie nur möglich genau hier her, so kamen nun Gedanken in ihm auf, die ihn zögern ließen. Seine Hand, die er zum Anklopfen an die vor ihm befindlicher Tür legen wollte, senkte sich gleichsam mit seinem Kopf ein Stück weit wieder nach unten. Was wenn er die letzte Person war, die Tatsuro nun sehen wollte? Was wenn er ihn mit seiner Anwesenheit so sehr aufregte, dass es ihm gleich wieder schlechter gehen würde? Mit jeder dieser Eingebungen sank sein Mut, sich seinem Freund zu stellen, weiter. Vielleicht sollte er doch besser wieder gehen. "Yukke?" Eine Hand legte sich auf seine Schulter und er wusste genau zu wem sie gehörte. Satochi tauchte nun an seiner Seite auf und schenkte ihm ein verstehendes Lächeln. "Ist schon OK.", meinte Miya, ebenfalls im Versuch ihn etwas von den wohl recht deutlichen Zweifeln, die er mit seiner Mimik wiedergab, zu befreien. "Lass uns reingehen." Mit diesen Worten klopfte Miya kurz an, bevor er die Tür nach einem monotonen „Dozo“, langsam öffnete. Er konnte nicht leugnen, dass auch er eine innerliche Unruhe mit sich herumtrug, die ihn in der letzten Zeit reichlich zu beschäftigen gewusst hatte. Noch immer hatte ihnen niemand gesagt, was sie erwarten würde, käme Tatsuro erst einmal wieder zu Bewusstsein. Und als er das fast synchrone, tiefe durchatmen seiner hinter ihm befindlichen Freunde vernahm, wusste er, dass es diesen nicht anders erging. Schließlich schwang er die Tür soweit auf, dass sie das Zimmer betreten konnten. Alle Aufmerksamkeit lenkte sich sofort auf Tatsuro. Doch schien die Erwartung, dass er wieder erwacht war, mit einem Schlag zerstört, als dieser noch immer mit geschlossenen Augen in seinem Bett lag und die Präsenz seiner Besucher gar nicht zu registrieren schien. Nun meldete sich erneut die Stimme an sie, welche sie auch herein gebeten hatte und dessen dazugehöriges Erscheinungsbild ihnen schon recht vertraut geworden war. Fast schon wäre Yusuke auf diesen Arzt, in seinem Hoffnung verheißenden weißen Kittel zugestürmt, um sich mit reichlich Verdruss darüber zu informieren, ob man sich mit ihnen hier einen makabren Scherz erlaubt hatte. Mit einem, für Yukke unangebrachten Lächeln auf den Lippen, trat der leicht ergraute Mediziner an sie heran und bat darum ihnen doch wieder nach draußen zu folgen, um etwaige Störungen des Patienten zu vermeiden. Erneut legte sich Yukkes Augenmerk auf Tatsuro, als sich plötzlich die Tür des Raumes schloss und er nun allein mit diesem war. Er konnte noch die dumpfe Stimme Miyas vernehmen der darauf verwies, dass man ihnen nun gern alles mitteilen könne, was es zu sagen gäbe und somit die Einwände des Arztes, dass sie nicht vollzählig wären wissentlich außen vor ließ. Er wusste das seine Freunde nicht vor hatte ihn uneingeweiht zu lassen, vielmehr konnte er sich vorstellen, dass die durchaus positive Miene des Doktors Miya hatte wissen lassen, dass es sich bei der Aufforderung zu einem Gespräch, um nichts unerfreuliches Handeln müsse. Dies sah er auch bestätigt, als sich die Tür auch nicht noch einmal öffnete um mitzuteilen, dass seine Anwesenheit sich nur negativ auswirken würde. Er konnte sich gut vorstellen, wie sich Satochi und Miya mit vor der Brust verschränken Armen vor der Tür positioniert hatten, um auch jeglichen Ansatz hereingestürmt zu kommen zu minimieren. Ein Plötzliches Rascheln lenkte seine Aufmerksamkeit aber nun wieder vollständig zurück auf Tatsuro, der gerade im Begriff war sich leicht im Schlaf zu bewegen. Und so unspektakulär diese Reaktion normalerweise auch war, so erfüllte sie ihn mit unsagbarer Erleichterung. Vorsichtig trat er nun gänzlich an dessen Bett heran und blickte in das noch immer recht blasse Gesicht. Doch tat es ihm nicht mehr annähert so weh, wie in den Momenten, wo man nicht sicher sein konnte, wie sich alles entwickeln würde. Ein schmales Lächeln legte sich auf seine Züge und der Wunsch den Namen des anderen auszusprechen bahnte sich zu seinen Stimmbändern. Jedoch wollte er Tatsuro nicht unnötig stören. Sicherlich brauchte dieser jetzt noch einige Zeit wieder zu Kräften zu finden. "Ich werde für dich da sein.", flüsterte er kaum hörbar in die Stille des Raumes und just in diesen Moment begannen Tatsuros Lieder leicht zu zucken, bis sie sich ein winziges Stück nach oben zogen. "Tatsuro..." Yukkes Stimme war noch immer nicht mehr als ein Wispern und doch schien Tatsuro es gehört zu haben und wendete seinen Kopf nun leicht in dessen Richtung. Wie gebannt starrte Yusuke in die mehr geschlossenen, als wachen Augen und einem Reflex nachgehen streckte er eine seiner Hände nach dem fahlen Gesicht aus. So als müsse er sich vergewissern, dass dies alles real war. Keiner der Träume, die ihn nun fast jede Nacht heimgesucht und ihn immer wieder mit einer Illusion geködert hatte. Nur um ihn beim Erwachen so hart auf den Boden aufschlagen zu lassen, dass er manches Mal seine Verzweiflung nicht mehr unterdrücken konnte und angefangen hatte bittere Träne zu vergießen. Nur für den Bruchteil einer Sekunde, spürte er die Wärme die von Tatsuro ausging, bevor sich die Tür des Zimmers wieder öffnete und ihn inne halten ließ. *** Es war schon Januar. Das hatte er mitbekommen durch das Gespräch, das eine der jungen Krankenschwester mit dem Arzt geführt hatte, welcher ihn täglich aufsuchte, um sich über seinen Zustand in Kenntnis zu setzen. Tatsuro hingegen wollte einfach nur weg aus dieser Umgebung. Seit er aus diesem, für ihn unendlichen tiefen Schlaf erwacht war, war ihm trotzdem als würde er immer noch träumen. Do unerklärlich kam ihm dies alles vor. Doch der schwere Schleier, gleich einem Baldachin aus schwarzen Brokat, der sich über seinem Gedächtnis ausgebreitet hatte, ließ nichts hindurch scheinen, das ihm hätte etwas sagen können. Ihn hätte verstehen lassen. Nur ein kleiner Funken, gleich einem aufgeschreckten Glühwürmchen, huschte unentwegt durch diese zähe Dunkelheit. Es war ein Splitter einer Erinnerung. Doch gab es keine Bilder, nur ein Gefühl. Ein Gefühl von Schuld. Nüchtern hatte man ihm erklärt, warum er hier lag, sobald man der Ansicht gewesen war, das er es verarbeiten könne. Er wurde von einem Auto erfasst, infolgedessen er in einem kritischen Zustand in dieses Krankenhaus gebracht wurde und nach Tagen in einem komaähnlichen Zustand wieder zu sich gefunden hatte. Dies wurde ihm auch von Miya so erklärt. Er meinte, dass es nur ein kleiner Augenblick der Unachtsamkeit gewesen sein musste, und dass das vorherrschende Wetter an diesem Tage sein Übriges dazu beigetragen hatte. Mehr wusste er nicht. Es fiel ihm schwer sich für längere Zeit auf etwas zu konzentrieren. Ständig zollte ihm sein Kopf dies mit heftigen Schmerzen und ließ eine unangenehme Übelkeit aufsteigen, sodass er es letztendlich immer aufgab weiter zu suchen. Letztendlich tat er stets das einzige, was er in seinem Zustand hier tun konnte. Er versuchte zu schlafen. Stets traumlos war diese Ruhe. Keine Farben, keine Bilder. Nur eine Stimme in seinen Gedanken zu ihm sprach. Worte die er nicht greifen konnte, geformt mit diese Verzweiflung die doch stets den Wunsch in ihm zurück ließen, sich erinnern zu können. * Seit Tagen harrte Tatsuro nun schon bewusst hier aus und jede Stunde erschien ihm so endlos und so verschwendet. Er war dankbar, dass ihm seine Freunde wenigstens einen Teil dieser Zeit abzulenken versuchten. Erst gestern waren sie in zufällig großer Zahl zur Besuchszeit bei ihm aufgetaucht, dass es sogar zu leichtem Platzmangel in seinem Zimmer gekommen war. Es hatte die gute Laune nur noch mehr gefördert, bis schließlich eine der älteren Krankenschwestern mit strenger Miene und schneidender Stimme sie darauf verwiesen hatte, das sie kein Club wären, sondern ein Hospital und sie daraufhin alle Mann wieder hinaus dirigiert hatte. Tatsuro wäre nur zu gern mitgegangen, aus eigenen Belangen und auch weil er nicht mehr wollte, dass man ihm in solch einer Umgebung wissen musste. Es schmerze ihn zu sehen, mit welcher Besorgnis seine Mutter bei jedem ihrer Besuche auf in blickte. Im Versuch ihm durch positives Auftreten wieder ein wenig Kraft zurück zu geben und deutlich zu machen, dass seine Familie immer für ihn da wäre. Er wusste, dass es für sie kein leichtes gewesen war mit dieser Situation umzugehen, und es tat ihm leid. Nie wollte er jemandem der ihm so nahe stand, solche Ängste bereiten. Langsam wandte er seinen Kopf in Richtung des Fensters, das ihm den Blick in einen tristen Nachmittag offenbarte, worauf er sich wieder der Zimmerdecke zuwendete und nach einem genervten Schnaufen, über sein Los, die Augen schloss. Es war viel zu ruhig. Der Nährboden um Gedanken keimen zu lassen, die ihn unruhig machten. Er konnte es nicht verdrängen. Er hatte es nicht sofort bemerkt, viel zu betäubte fühlte er sich nach seinem Erwachen und auch noch einige Zeit danach, als das er es hätte erkennen können. Doch nun, wo sein Geist um einiges klarer war, hatte er sich mit einem Umstand konfrontiert gesehen, der ihn mit schleichender Angst erfüllte, welche er nur ignorieren konnte wenn er sich beschäftigt sah. Nur waren die Möglichkeiten sich abzulenken mehr als gering und trugen ihn irgendwann immer wieder dorthin zurück. Zu dem Punkt, wo er nicht wusste, was er davon halten musste. Niemand, nicht einmal der Arzt der sich ab und an bei ihm zeigte, hatte es angesprochen. Womöglich weil er sich nicht zu ersten Mal solch einem unkooperativen Patienten gegenüber sah. Tatsuro hatte bis jetzt auch nicht versucht sich mitteilen zu wollen, aus Angst etwas zu erfahren, dass er nicht hören wollte. So hatte er wenigstens noch die Hoffnung, dass es nichts Ungewöhnliches war und es sich nur um eine Nebenerscheinung seines Zustandes handelte. Ein kurzes Kratzen auf dem Boden ließ Tatsuro seine Augen wieder öffnen und seine Gedankengänge verloren sich als er erkannte, dass sich jemand auf den Stuhl der neben seinem Bett stand, niedergelassen hatte. Es war Yukke. Dieser sah ihn nicht an, womöglich weil er annahm, dass er schlafen würde und blickte so auf seine im Schoß liegenden Hände. Es war das erste Mal, dass Yusuke ihn allein besuchen kam. Abwartend lag sein Blick auf ihm. Dieser Ausdruck auf dessen Gesicht erinnerte ihn an die Sorge, die er auch bei seiner Mutter ablesen konnte, wenn sie bei ihm war. Es schmerzte ihn immer wieder aufs Neue. Und wieder wurde ihm bewusst, was er vor wenigen Augenblicken noch versucht hatte zu verdrängen. Er konnte nichts sagen. Die Worte in seinem Kopf ließen sich einfach nicht mit einem Klang festigen. Egal wie oft er es versuchte, es blieb nur bei den Bewegungen seinen Lippen und drückender Stille. Frustriert über diese Tatsache ballte er seine Hände zu Fäusten. Konnte er denn gar nichts richtig machen?! Doch die Wut die in ihm hoch kochen wollte verebbte jäh, als er die Tränen auf den Wangen Yusukes wahrnahm, welche unabdinglich von dessen Kinn, auf dessen Handrücken tropften. Yukke... Es war nicht das erste Mal, dass er ihn weinen sah, doch noch nie hatte er sich dabei so hilflos gefühlt wie jetzt. Er wollte nicht, dass dieser sich seinetwegen so traurig fühlte. Er wollte nicht, dass er sich wegen ihm solche Sorgen machte, dass es ihn so mitnahm. Doch wie sollte er ihm das verständlich machen? Er konnte ihn doch nicht einfach so in seinem Kummer sitzen lassen! Vorsichtig und von Yukke ungeachtet, zog er seinen Arm unter der Bettdecke hervor, und streckte seine Hand in dessen Richtung, um ihm wenigstens durch eine Berührung zu zeigen, dass er keine Angst mehr um ihn haben musste. Doch nur wenige Millimeter bevor er dessen tränennasse Hände hätte erreichen können, sprang dieser von seinem Platz auf und schaute ihn aus seinen geröteten Augen an. Ein Moment festgehalten wie auf einem Foto entstand, bevor sich Yukke wieder von ihm abwandte und rasch das Zimmer verließ. Er war an diesem Tag nicht wieder zurückgekommen. * Es war dieser Augenblick, der Tatsuro dazu veranlasste hatte, sich an die erste Person mit medizinischen Kenntnissen zu wendeten, die wieder zu ihm herantrat, um etwas umständlich darauf zu verweisen, dass er sich mitteilen, es ihm aber aus irgendeinem Grund akustisch nicht gelingen wollte. Etwas verwirrt hatte die junge Schwester in angeschaut und seine Bemühungen verfolgt, bis sie zu verstehen geglaubt hatte und ihm aus ihrem Kittel einen Zettel und einen Stift reichte. Daraufhin hatte er ihr aufgeschrieben, was sein Anliegen war und nun stand, wie das kleine Plastikschild an seiner Brusttasche verriet, Dr. Nagano vor ihm und blickte fragend auf ihn herab. Er hatte ihm erklärt, dass sein Kollege nicht mehr im Haus wäre und er sich nun seiner annehmen würde, da er wohl bemerkt hatte, das Tatsuro leicht verwirrt schien mit seiner ihm unbekannten Präsenz. Ein zögerliches Nicken von Seiten Tatsuros ließ deutlich werden, dass er sich damit abfinden konnte und reichte dem Arzt mit der markanten Kinnpartie einen Zettel, worauf er in der Zeit des Wartens seine Feststellung niedergeschrieben hatte. Ohne eine Miene zu verziehen, ließ Dr. Nagano sich von der immer noch mit anwesenden Schwester dessen Krankenpapiere reichen, um diese zu studieren. Tatsuro verfolgte angespannt dessen Tun, um auch jede noch so kleine Regung, in dem noch immer nichtssagenden Gesicht seines Gegenübers, einfangen zu können. Schließlich klemmte sich dieser den grauen Hefter unter seinen linken Arm und mit ein paar Worten an die junge Frau neben ihm, verließ diese den Raum wieder. Tatsuro war sich nun gar nicht mehr so sicher, ob er das richtig getan hatte, oder ob nun nur noch alles schlimmer werden würde. * Mit ruhiger Stimme fing der Mann vor ihm an seine Theorie zu dieser Sache zu erklären. Das Erste was Tatsuro dabei in den Sinn kam war, das diese Stimme nicht zu der Erscheinung seiner Person passte. Es dauerte zehn Minuten, bis der Monolog sein Ende gefunden hatte und mit einem leichten Gefühl von Scham musste Tatsuro sich eingestehen, dass er eigentlich gar nichts von dem Verstanden hatte, was man ihm vorgetragen hatte. Sein Kopf hatte wieder begonnen zu schmerzen und so war es ihm schwer gefallen alles aufzunehmen. Außerdem hatte er auch keine Ahnung von all den Fachbegriffen gehabt, mit denen man ihn versucht hatte alles deutlich zu machen. Schließlich hatte er nur wieder genickt und hoffte irgendwo noch immer, dass das alles nur ein schlechter Traum sei. *** Vorsichtig stellte Miya die beiden Tassen auf die gläserne Oberfläche seines Couchtisches ab und setzte sich mit ein wenig Abstand nun ebenfalls auf das dunkle Polster, auf welchem Yukke saß und unentwegt an dem Reißverschluss seiner Stickjacke herumnestelte. Unsicher strich sich Miya durch seine dunklen Haare, da Yukke bis jetzt noch kein Wort darüber verloren hatte, warum er hier aufgetaucht und so durch den Wind war. Wahrscheinlich würde dieser sogar noch unten stehen, wäre er nicht gerade von seinen Einkäufen zurückgekommen und hätte ihn eingesammelt. "Trink wenigstens etwas von dem Tee, der wird dich aufwärmen.", meinte er schließlich, da er das Gefühl hatte wenigstens etwas sagen zu müssen. Er konnte verfolgen wie Yusuke in seinem nervösen Tun inne hielt und wenig später seine, von der winterlichen Kälte beanspruchte Hände, um die warme Keramik legen. Doch anstatt einen Schluck daraus zu nehmen, kaute er nun unschlüssig auf seiner Unterlippe herum. "Hast du dich nie gefragt warum?" Miya runzelte ob der unerwarteten Frage etwas die Stirn, denn er war sich nicht sicher auf was genau sich sein Freund mit dieser Frage bezog. "Ich glaube er wird mir das nie verzeihen." Yusukes Unsicherheit, gepaart mit der in letzter Zeit allgegenwärtiger Betrübtheit in seinen Worten, war deutlich heraus zu hören. "Du meinst Tatsuro?" "Ich war heute bei ihm..." Kurz schluckte Yukke an dem Knoten der sich in seinem Hals bildete. "...ich bin einfach wieder abgehauen..." Er wusste, dass er nicht vor Tatsuro selbst davongerannt war, sondern vor dem Schuldgefühl das seine Fänge in ihn getrieben hatte. Und welches seit diesem Vorfall stets und ständig an ihm zerrte, sodass er es einfach nicht mehr ausgehalten hatte bei ihm zu bleiben. Ein unmerkliches Schluchzen driftete über seine Lippen, als er sich das verwirrte Gesicht Tatsuros wieder zurück rief, als er so abrupt das Weite gesucht hatte. "Ich kann damit nicht umgehen...", wisperte er und fühlte wie die Tränenflut erneut loszubrechen drohte. Bis jetzt hatte er niemanden erzählt, was genau der Grund für diesen Unfall gewesen war, da er einfach zu viel Angst vor der Reaktion der Menschen hatte, die mit ihm und Tatsuro verbunden waren. Und andererseits hatte nie jemand gefragt, warum auch er in einem solch lädierten Zustand in dieses Krankenhaus gebracht worden war. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie es wussten und ihn nicht darauf angesprochen hätten. War es Unsicherheit aus welcher heraus sie ihn nicht damit belangten? Eigentlich hätte er froh darüber sein sollen, dass sie ihn in Ruhe ließen. Doch die Angst, dass man ihn doch noch unerwartet damit konfrontieren würde, war stets präsent. Er fühlte sich so oder so elend. Diese Bürde der Schuld war immer schwerer geworden. Und seit Tatsuro wieder wach war, hatte ihre Last sogar noch an Gewicht dazu gewonnen. Dieser hatte seit seinem Erwachen kein einziges Wort zu ihm gesagt und soweit er es wusste auch nicht zu seinen anderen Freunden. Und es irritierte ihn. Es war ihm klar, dass dieser seine Zeit brauchen würde, um mit der gesamten Situation erst einmal zu Recht zu kommen. Nur schien ihm dieser Zeitraum nun doch etwas zu gedehnt. Tatsuro machte nicht den Eindruck, dass er nicht wüsste was um ihn herum passierte, oder passiert war. Auch wenn dies letztendlich auch nur seine Meinung darstellte. Schließlich war er kein Mediziner. Also hatte er für sich den Entschluss gefasst, nun endlich mit der Sprache herauszurücken, auch auf die Gefahr hin, dass er einen Schwall der Missbilligung über sein verantwortungsloses und egoistisches Verhalten zu ertragen hatte. Aber so ging es einfach nicht weiter und er hoffte das Miya ihn wenigstens etwas verstehen könnte, wenn er ihm die Wahrheit offen legen würde. "Es ist meine Schuld gewesen.", setzte er also seine Beichte an und schaute dabei kurz zu Miya hinüber, der ihn noch immer beobachtete. "Ich weiß, ich habe das schon öfter gesagt, aber..." Er schluckte hart an der Reue die ihn zu verspotten schien. "Aber...", hakte nun Miya zögerlich nach, als er merkte, dass sein Freund wohl einen schweren innerlichen Kampf mit sich auszufechten hatte. Die erste verwaiste Träne zog ihre Spur und Miya wusste, wie schwer es Yukke fallen musste dieses Gespräch aufrecht zu halten. "...aber es gibt da noch etwas, dass ich bis jetzt niemandem erzählt habe." Wieder schwieg er und wünschte sich etwas herbei an dem er sich festklammern konnte, um sich nicht so unendlich haltlos zu fühlen. "Es ist ok..." Mit diesen Worten war Miya nun an ihn herangerückt und hatte ihm einen Arm um die angespannten Schultern gelegt. Es tat ihm weh mit anzusehen, wie sehr sich Yukke quälte. Auch wenn sie sich alle um Tatsuro große Sorgen machten so sah man, dass dieser um einiges mehr litt als sie und bis jetzt hatte er nie darüber sprechen wollen. Und sie hatten sich dazu entschlossen, ihn auch nie damit zu bedrängen. Auch aus Furcht etwas loszureißen, das Yukke wieder völlig aus der Bahn werfen würde. Er hatte es schon einmal, und nur zu deutlich miterleben dürfen. Miya wusste, dass dieser Moment hier etwas sehr zerbrechliches war, und so versuchte er seinem Freund so viel Spielraum zu lassen, wie er benötigte, um sich nicht wieder verschreckt in sein Schneckenhaus zurückzuziehen, weil er sich zu etwas gezwungen sah. Yusuke sollte einfach nur wissen, dass jemand da war. Er würde ihm nun einfach die Zeit lassen die er brauchte, um sich zu überwinden. Kapitel 18: I keep my promise ----------------------------- Es war bereits nach Mitternacht, als Miya noch einmal einen Blick auf den schlafenden jungen Mann warf, der sich leicht auf der Couch bewegte, und die ihm übergeworfene Decke noch etwas enger um sich zog. Es hatte seine Zeit gedauert, bis Yusuke ihm alles erzählt hatte und er hatte mit den Worten geschlossen, dass er verstehen würde, wenn er ihn nun für einen feigen Nichtsnutz hielt und nichts mehr von ihm wissen wollte. Bei dieser Aussage hatte Miya ungläubig seine Augen aufgerissen, und ihn schließlich in eine Umarmung gezogen, um ihm zu vergewissern, dass er dies ganz sicherlich nicht tat. Irgendwann war Yukke dann, an seine Schulter gelehnt, eingeschlafen. Miya löschte das Licht in seinem Wohnzimmer und mit einem leichten Klopfen auf seinen Oberschenkel zeigte er Gizmo, der die gesamte Zeit das Geschehen aus seinem Körbchen verfolgt hatte, an, ihm aus dem Raum zu folgen. Der kleine Hund verstand die Geste seinen Herren sofort und eilte ihm auch gleich in die Küche nach. Ein leises Knarren erklang, als er sich auf einen der Holzstühle an dem kleinen Tisch setzte, und mit nachdenklicher Miene auf Gizmo blickte, der sich auf sein Kissen gelegt hatte und ihn aus großen braunen Augen anschaute. Unwillkürlich musste Miya lächeln, so verspielt und verschmust sein kleine Fellknäul auch war, so schien dieser doch immer zu wissen, wann es unangebracht war diese Eigenschaften zu demonstrieren. Somit wartete er stets darauf, dass er eine Aufforderung bekam sich wieder seinem Wesen entsprechend benehmen zu dürfen. Wie jetzt. "Na, komm her." Etwas fitzig hastete Gizmo bei diesen Worten auf seinen vier Pfoten zu seinem Lieblingsspielkammeraden und ließ es sich nicht nehmen, Miya eifrig mit seiner Zunge abzulecken, als dieser ihn zu sich hochnahm. Nachdenklich kraulte er den kleinen Hund, der nun auf seinem Schoß ruhte, durchs Fell. Noch einmal ließ er sich das, was Yukke ihm erzählt hatte durch den Kopf gehen. Diese ganze Geschichte hätte aus der Feder einer dieser Drama-Autoren stammen können, würde man sich nicht mitten drin in diesen Ereignissen befinden. Es war nur allzu verständlich, dass sich Yusuke solche Vorwürfe machte, obwohl Miya nicht die Ansicht verfolgte, dass es seine Schuld war, dass alles solch ein Ende gefunden hatte. Es war wirklich eine Verkettung von unglücklichen Begebenheiten und dafür konnte man ihm nun wirklich keine Anklage anhängen. Doch so wie er seinen Freund kannte, hatte er sich nie auch nur eine Sekunde mit diesen Gedanken beschäftig. Für ihn stand von vorn herein fest, dass alles nur wegen ihm in so einer Tragödie geendet hatte. Es würde wahrlich nicht leicht werden ihn aus diesen Schuldgefühlen wieder heraus zu bringen. Letztendlich wäre sogar nur Tatsuro im Stande ihm dabei zu helfen. Nur musste auch Miya sich eingestehen, dass er es als merkwürdig empfand, dass dieser bis jetzt noch nicht eine Silbe von sich gegeben hatte. Ein trübes Lächeln zog sich über seine Lippen und er schüttelte leicht den Kopf bei dem Gedanken, das Tatsuro früher fast unabdinglich etwas zu sagen hatte. Egal in welcher Lebenslage er sich befand, und man ihm manchmal nur unter Androhung irgendeiner schmerzlichen Tat dazu bringen konnte, wenigstens für eine Weile seinen Mund zu halten. Sollte Yukke womöglich Recht haben? Wollte Tatsuro ihm mit seinem Schweigen mitteilen, dass er es ihm nicht verzeihen würde was passiert war? Tatsuro war zwar schon immer eine Person gewesen, die sich gern recht theatralisch gab, wenn ihr etwas nicht passte, aber in solch einem Falle würde selbst Miya ihm so etwas nicht zutrauen. Aber so wie sich die letzten Monate entwickelt hatten, konnte er damit auch vollkommen falsch liegen. Er hätte auch nie gedacht, das Tatsuro mal aus Eifersucht so rabiat mit einem seiner Freunde umgehen würde. Doch hatte er ihn schließlich eines Besseren belehrt. Trotzdem! Tatsuro war nicht dumm. Er würde wissen, dass er mit solch einem Verhalten ihre Band vollends zerstören würde, und dies war etwas das dieser nicht riskieren würde. An etwas anderes wollte er einfach nicht denken. Ein dumpfer Laut riss Miya aus seinen Gedanken und auch Gizmo war hellhörig geworden. Mit einem Satz war dieser von seinem Herrchen herunter gehopst und trippelte in Richtung Wohnzimmer. Miya war Gizmo gefolgt und blickte nun auf den Boden seines Wohnzimmers, wo er Yusuke vorfand. Schwer atmend kniete dieser neben der Couch, seinen Blick augenscheinlich auf das Objekt gerichtet, das wohl die Ursache des Dumpfen Lautes gewesen war, den Miya zuvor vernommen hatte. Das Licht des Flures reichte aus, um all diese zu erkennen und mit raschen Schritten war Miya zu seinem Freund herangetreten, und ging nun ebenfalls in die Knie. Yukkes Körper war deutlich angespannt, seine Finger krallten sich in die heruntergezogene Decke und Schweiß ran ihm über das blasse Gesicht, was ihm einen gehetzten Ausdruck verlieh. "Yukke?" Miyas Stimme war nicht mehr als ein Flüstern, doch schien es ihm in der vorherrschenden Stille doch ungemein laut. Behutsam legte er eine Hand auf den Rücken seines Freundes, als dieser sich noch immer nicht rührte und spürte augenblicklich, wie ein Zittern durch Yusuke zog und er noch etwas mehr in sich zusammensank. "Er wird mir nie verzeihen...", hörte Miya plötzlich die brüchige Stimme seines Freundes, dessen Unterbewusstsein ihm diese Erkenntnisse wohl mit einem schlechten Traum suggeriert haben musste, und ihn dadurch in solch einen Zustand versetzt hatte. "Glaubst du das wirklich?" Ein etwas holpriges Nicken war die Antwort und Miya wusste, dass Yukke sich schon völlig in dem Gedanken verloren hatte, das Tatsuro ihn nie wieder als einen Freund ansehen würde. Und solange dieser auch nicht mit ihnen sprach, würde Yukke auch keinen Funken Hoffnung schöpfen können. Vielleicht wäre heute auch die beste Gelegenheit dazu Tatsuro einmal direkt auf das Geschehene anzusprechen, wenn sie ihn alle besuchen gehen würden. "Yukke wir werden mit ihm darüber reden, OK? Lass dich nicht von infundierten Zweifeln fertig machen, denn noch ist gar nicht gesagt, dass er so über dich denkt. Außerdem kennst du ihn doch, er ist eben manchmal etwas zickig, aber das gibt sich auch wieder." "Ich weiß nicht mehr was ich denken soll...", meinte dieser daraufhin matt. „Ich weiß nicht einmal mehr, ob uns überhaupt noch etwas verbindet, und das schon bevor es zu all dem gekommen war. Tatsuro scheint mir so unsagbar fremd geworden, ich hab nicht erkannt, warum er sich so verändert hatte, dabei war es im Nachhinein doch so offensichtlich...." Miya war nun fast selbst der Verzweiflung nahe, zu sehen wie sich sein Freund in seinen Selbstvorwürfen ertränkte, machte ihm das Herz schwer und doch war er hilflos. Er konnte nichts weiter tun, als zu versuchen alles so weit zu stabilisieren. Auch wenn Yusuke sich von seinen aufbauenden Worten nicht stützen lassen wollte, so sollte er doch nie das Gefühl haben, dass er ihn alleine lassen würde. Egal was Tatsuro tun oder sagen würde, er würde versuchen die Fronten zu klären. So einfach wollte er nicht aufgeben, nicht solange nur ein winziges Stück Hoffnung in diesem Drama umhertrieb. ** Unruhig standen die drei jungen Männer vor dem Mann, der sie als Vertretung des ihnen sonst bekannten Arztes begrüßt hatte und jeder von ihnen spürte ein ungutes Gefühl in der Magengegend, als dieser sie schließlich bat ihm in sein Büro zu folgen, noch bevor sie das Zimmer von Tatsuro betreten konnten. Yukke hatte nach seinem frühzeitigen Erwachen kein Auge mehr zu tun können und auch Miya hatte sich nicht zur Ruhe gelegt, da er Yukke nicht allein mit seinen Gedanken lassen wollte. So hatten sie sich mit reichlich starkem Kaffee die Zeit über wach gehalten, was jetzt langsam seinen Tribut zollte, indem sie sich ziemlich mitgenommen fühlten. Satochi dagegen sah recht munter aus, auch wenn seine sonst so heiteren Gesichtszüge in letzter Zeit den Ernsteren gewichen waren. "Wie geht es Tatsuro?", platzte es unerwartet aus Satochi heraus, als ihm das drückende Schweigen in dem ausladenden Büroraum einfach zu viel wurde. Dr. Nagano blickte daraufhin von der vor ihm befindlichen Akte Iwagamis auf und rückte seine Brille unnötigerweise zurecht. "Es gibt da eine Sache, die wir erst gestern haben feststellen können.", begann er in diesem typisch sterilen Ton, den sich wohl jeder angehende Arzt in einem extra Kurs in seinem Studium aneignen konnte, und lehnte sich nun in seinem Stuhl etwas zurück. "Hätte ihr Kollege uns nicht selbst darauf aufmerksam gemacht, hätte es durchaus fehl interpretiert werden können, da man schlecht etwas untersuchen kann, von dem man nicht weiß das es vorhanden ist." Yukke hörte dem Plätschern der Worte zu und mit jeder weiteren Silbe die ihnen nichts über den Zustand ihres Freundes wissen ließ, wurde er innerlich ungehaltener. "Sie können sich ja denken das..." "WAS IST MIT TATSURO?!" Völlig perplex starrte drei Augenpaare auf Yukke der in seiner Rage aufgestanden war, und der den vor ihnen sitzenden Mediziner missmutig anfunkelte. Das mahnende Vorbringen seines Namens aus Miyas Mund ließ ihn jedoch wieder etwas abkühlen. "Es...tut mir leid...", meinte er schließlich und ließ diesem eine entschuldigende Verbeugung folgen, in welcher er für einen Moment auch verharrte. "Bitte sagen sie uns einfach, was genau Tatsuro fehlt. Ich bitte sie Nagano-san!" Ruhig hatte er diese Worte vorgebracht, bevor er sich wieder aufrichtete, um sich wieder auf seinen Platz zu setzten, in der Hoffnung man würde ihn seinen kleinen Ausbruch nicht all zu übel nehmen. "Also gut. Um es kurz zu fassen, ihr Freund leitet an einer Art von Aphonie." Wieder trat Schweigen in den Raum und Yukke wusste nicht, ob sich Nagano-san durch die Ausführung eines Krankheitsbildes, welches für medizinisch ungeschulte Personen nicht zu deuten war, einen kleinen Scherz erlaubte, oder ob er wirklich davon ausging, dass ihn jeder der hier Anwesenden würde folgen können. "Ihr Freund hat seine Stimme verloren." Ohne auch nur eine Sekunde auf die fassungslosen Gesichter der drei jungen Männer einzugehen, fuhr Nagano-san mit seiner Erklärung fort. "Aphonie ist keine Krankheit im physischen Sinne, sondern bezieht sich auf die psychische Seite des Menschen. Wir haben Iwagami-san gründlich untersucht und keine Verletzung der Stimmbänder oder Luftwege feststellen können." "...was heißt das jetzt genau,…das er nie wieder sprechen kann?" Satochi staunte schon fast über sich selbst, dass er diese Frage noch hatte so gefasst stellen können, war ihm doch eher danach ihn helle Panik auszubrechen. "Es gibt keinen operativen Weg oder Medikamente, wenn sie das meinen. Wie ich schon sagte, es ist eine psychische Angelegenheit. Es gibt Menschen die durch einen Schock, oder ein Traumata einen gewissen Teil in ihrem Kopf blockieren und dies kann sich auf unterschiedlichste Art und Weise zeigen. In diesem Falle der Verlust der eigenen Stimme. Es ist nicht so, dass der Patient dies steuern kann wie er möchte. Selbst für ihn ist es meist ein Umstand den er nicht beeinflussen kann, es sei denn er begibt sich in psychologische Behandlung, wo man ihn Stück für Stück dazu zu animieren versucht, wieder zurück zur Sprache zu finden." Es war Miya gewesen, der die letzten Worte an den Mediziner gerichtet hatte, bevor sie sich wieder auf den Weg machten, zurück zu dem Zimmer in welchem Tatsuro lag. Es vergingen Minuten in denen sie einfach nur vor der geschlossenen Tür standen und schwiegen. Dieser Alptraum schien einfach nicht enden zu wollen. "Das ist als würde man einem Vogel die Flügel brechen." Und so dramatisch dieser Vergleich Satochis auch klingen mochte, so traf er es doch genau. "Ich..., ich werde wieder nach Hause gehen." Erst diese Aussage ließ Miya und Satochi aus ihren Gedanken zurückkehren, worauf beide jedoch nur noch der davoneilenden Gestalt Yukkes nachschauen konnten. "Yukke!" Miya ignorierte die strafenden Blicke der Krankenschwester, welche gerade an ihnen vorbei geschritten kam und diese Unruhe nicht gut heißen mochte. Und störte sich auch nicht an der Ermahnung dieser, dass es in einem Krankenhaus nicht erlaub wäre zu rennen, als er seinem Freund nachhastete. Etwas unschlüssig was nun seine Aufgabe bei diesem ganzen Szenario sein sollte, ließ sich Satochi letztendlich auf einen der Stühle im Gang sinken. Er würde nicht den Mut aufbringen können, nun allein zu seinem Freund zu gehen. Miya hatte Yukke im Treppenhaus einholen können, und rang nun etwas um Luft. "Yu...kke..." Dieser sah so furchtbar blass und abgekämpft aus, als wäre er schon Stunden gerannt und Miya tadelte sich selbst, dass er nicht eine Sekunde an seinen Freund gedacht hatte, als sie die Nachricht von Tatsuro Zustand erhalten hatten. Es musste Yukke wie einen Fausthieb getroffen haben, machte er sich doch eh schon so unendlich viele Vorwürfe wegen Tatsuro. Und durch seinen Kokon aus Schuld und Verzweiflung blieb die Hoffnung außen vor, die Hoffnung, dass dies nicht das Ende von allem war. Nagano-san hatte ihnen erklärt, dass es durchaus eine Möglichkeit gab Tatsuro zu helfen, nur war dies Yukke wohl völlig entgangen. "...es ist nichts verloren. Man kann Tatsuro helfen." Doch wie es sich Miya schon gedacht hatte, schienen diese Worte gar nicht zu Yusuke durchzudringen. Noch immer starrte dieser völlig apathisch auf einen unbestimmten Punkt, als hätte er höchst persönlich das Todesurteil für Tatsuro unterschrieben. Und genauso fühlte sich Yukke auch. Der Vergleich den Satochi vorhin angebracht hatte, hatte es ihm mehr als deutlich gemacht. Er war der Grund, warum Tatsuro nun auch noch durch dieses Tal gehen musste. Warum er sich weiterhin quälen musste, um zu seinem alten Leben zurück finden zu können. Nur was wäre, wenn es ihm gar nicht mehr möglich war? Was wäre, wenn er seine Stimme zwar zurück, aber nie wieder so einsetzen könnte wie es sein Lebensinhalt verlangte?? Es käme einem langsamen, schleichenden Dahinsiechen gleich und er hatte es zu verantworten! Nur er allein hätte es zu verantworten, wenn Tatsuro nie mehr das tun könnte, was er am meisten liebte. Mit dieser Tatsache, und das wusste er genau, würde er selbst nicht leben können. *** Ein tiefes Seufzen rutschte Satochi über die Lippen, als sie zu dritt das Zimmer Tatsuros wieder verließen. Seit sie wussten wie es um ihn stand, war die Atmosphäre bei jedem ihrer darauf folgenden Besuche, so schwermütig das man meinen konnte auf einer Beerdigung zu sein. Tatsuro war seit den neusten Erkenntnissen über seinen Zustand eine Mischung aus Gleichgültigkeit und merkwürdig anmutender Verzweiflung. Er ignorierte sie oft und wenn er es nicht tat, dann lag ein Ausdruck auf seinem Gesicht, der einen fast schon gespenstig erschien. Miya hatte ihm, mit Erlaubnis von Yusuke, nun auch die ganzen Einzelheiten des Unfalls erzählt und nun da er genau in Bilde war, war ihm auch das Verhalten Yukkes um einiges aufschlussreicher. Es war ein Kraftakt der Überredungskunst gewesen, diesen dazu zu bringen Tatsuro wieder unter die Augen zu treten, aber letztendlich hatte dieser sich in einer Art Trancezustand mitschleifen lassen. Yukke bot in den Augenblicken ihrer Besuche ein nicht minder groteskes Bild wie es Tatsuro tat. Yukke vermied es tunlichst Tatsuro anzuschauen und zog sich in solchen Momenten scheinbar immer in seine eigene Welt zurück, nur um sich mit nichts konfrontiert sehen zu müssen. *** Ohne sich groß zu unterhalten verließen sie das Gebäude wieder. Der Januar hatte sich mit frostigen Temperaturen niedergelassen und Satochi wünschte sich nichts sehnlicher, als das der Frühling bald diese ungemütliche Jahreszeit ablösen würde. "In einer Woche soll Tatsuro entlassen werden.", durchbrach Miya das Schweigen, während sie sich dem Parkplatz näherten. "Naoyuki-san hat es mir vorhin mitgeteilt, als ich auf dem Weg zu den Toiletten war." Die anderen beiden Männer nickten verstehend. "Er fragte mich, ob es möglich wäre, dass er bei jemanden unterkommen könnte, um ihm etwas Unterstützung für die erste Zeit zukommen zu lassen." Kurz hielt Miya in seinen Worten inne, bevor er schließlich weiter sprach. "Ich denke bei seiner Familie, wäre er am besten aufgehoben." Yukkes stoppte seine Schritte und blickte überlegend auf seine Freunde, die sich nun langsam von ihm entfernten, bevor auch sie bemerkten, dass er stehen geblieben war. "Was ist los?", erkundigte sich Satochi und auch Miya musterte ihn fragend. "Wenn er zu seiner Familie kommt, müsste er dann nicht immer erst die ganze Stecke von Mito bis Tokyo fahren wegen der Nachuntersuchungen? Naoyuki-san meinte doch, dass es für die Therapie die besten Speziallisten in Tokyo gäbe. Ich denke es wäre für ihn viel zu anstrengend immer erst hin und her zu pendeln." Etwas überrascht, über diese durchaus logische Ausführung, konnte Miya nicht anders als ihm zuzustimmen. "Du meinst er solle bei einem von uns bleiben, richtig?" Leicht wallte Hitze in Yusuke auf, kam er sich doch etwas durchschaut vor. Aber er hatte soeben etwas für sich entschieden. "Ich meine er sollte bei mir bleiben!" Es war das erste Mal seit Langem, das Yukke wieder solch einen entschlossenen Gesichtsausdruck präsentierte, als er diese Worte sprach. "Meinst du, du wärst dem gewachsen? Tatsuro wird kein leichter Fall sein." Yukke wusste das Miya Recht hatte und auch, dass sich dieser Sorgen darum machte wie er, Yukke, damit zu Recht kommen würde. Schließlich war er wegen Tatsuro, in den vergangen Wochen, beinahe ein Schatten seiner selbst geworden. "Ich habe es ihm versprochen..., damals..." Synchron hoben sich die Augenbrauen der anderen beiden, doch vermochten sie es nicht den Endschluss ihres Freundes ins Wanken zu bringen. "Außerdem würde es mir helfen mich etwas von meinen Schuldgefühlen zu lösen." "Ich verstehe. Aber die endgültige Endscheidung liegt bei Tatsuro. Er muss entscheiden wohin er möchte." "Ich weiß, und letztendlich habe ich eh keine Chance, dass er mein Angebot annimmt, doch ich wollte es ihn wenigstens wissen lassen." Mit einen traurigen Lächeln schloss er nun wieder zu seinen Freunden auf und wenig später verließ jeder für sich den Parkplatz. ** Es war nicht unbedingt einfach Tatsuro verständlich zu machen, was man sich dabei dachte, als man ihn mitteilte, dass er für die erste Zeit nach seiner Entlassung bei jemandem wohnen sollte, damit er nicht auf sich allein gestellt wäre. Er hatte diese Mitteilung mit einem leeren Blick abgetan und sich letztendlich zu gar nichts entschieden. Doch nun war der Tag herangerückt, an welchem er dieser ihm so verhasste Einrichtung endlich den Rücken zukehren konnte. Nur schien ihm auch das so völlig egal, dass man ihn wohl auch hätte hier lassen können. Yukke verfolgte diese Tatsache noch immer mit größter Sorge, doch er hatte sich vorgenommen nun nicht mehr in seinem Selbstmitleid dahin zu dümpeln, sondern seinem Freund zu helfen wo immer es ihm auch möglich war. Es würde weder ihm noch Tatsuro etwas bringen, wenn er sich bis ans Ende seiner Tage so gehen lassen würde. Und selbst wenn er sich doch noch dazu entschließen würde zu seinen Eltern zu wollen, dann würde er es akzeptieren und ihn halt des Öfteren besuchen fahren, um sich nach seinem Befinden zu erkundigen. Er wollte einfach alles tun, damit es wenigstens wieder ein klein wenig bergauf ging. Und er wollte die Gewissheit in Tatsuro pflanzen, das er stets auf ihn zählen könne, egal was noch kommen mochte. Doch nun standen sie erst einmal immer noch vor der Frage, wohin sich dieser begeben sollte. Yukke schaute auf die schmale Frau neben Tatsuros Bett, die ihrem Sohn behutsam über das fahle Gesicht strich und ihm sagte, dass sie sich freuen würde, wenn er zu ihnen kommen würde. Natürlich wusste Yukke das es seinem Freund zu Hause an nichts fehlen sollte und er wusste auch, das Iwagami-san und auch alle anderen von Tatsuros Familie sich gut und gerne um ihn kümmern würden. Doch irgendwo hoffte er doch, dass dieser sich dafür entscheiden würde hier in Tokyo zu bleiben. Auch wenn dieser Gedanke recht egoistisch war, hielt er an diesem fest. "Fuguno-kun." Etwas abgedriftet in seine Überlegungen schaute Angesprochener überrascht auf, als er seinen Namen hörte und blickte nun in das leicht lächelnde Gesicht von Tatsuros Mutter. "Vielleicht sollten sie einmal mit ihm reden." Es war nur dieser Satz, doch brachte er sein Herz dazu hart gegen seinen Brustkopf zu schlagen, da er bis jetzt noch nicht wieder das Wort an Tatsuro gerichtet hatte, seit er damals einfach so aus dessen Zimmer verschwunden war. Er hatte immer Miya oder Sato sprechen lassen, da er sich einfach nicht sicher war, wie Tatsuro auf ihn reagieren würde. Doch nun konnte er sich nicht einfach so raus winden, schließlich hatte er angeboten sich um ihn kümmern zu wollen und es wäre mehr als rückradlos nun zu rufen, dass er es sich anders überlegt hätte. Zumal dies gar nicht der Wahrheit entsprechen würde. Also trat Yusuke an das Bett seines Freundes heran, noch immer begleitet von dem hastigen Schlagen seines Pulses, zudem sich nun noch eine unangenehme Wärme in seinem Körper aufschaukelte. Tatsuro schaute ihn nicht an, blickte weiter hinaus aus dem Fenster in den jungen Tag und rührte sich auch nicht, als Yukke seine Stimme erhob und ihm mit leichten Zittern in dieser erklärte, was auch Iwagami-san zuvor schon mitgeteilt hatte. Noch immer konnte es Yusuke nicht so recht glauben, das sich Tatsuro doch dagegen entschieden hatte mit seiner Mutter gehen zu wollen. Und auch wenn dieser nicht direkt mitgeteilt hatte, dass er bei Yusuke bleiben wolle, fühlte er sich doch schon um einiges erleichterter, da sich das Gefühl, das Tatsuro ihn auf keinen Fall um sich haben wolle somit nicht beständig sah. Aber womöglich lag es auch nur an den rationalen Ansichten die auch er zuvor schon angebracht hatte und Tatsuro wollte einfach nicht ständig hin und herfahren müssen. Aber selbst wenn dem so wäre, hatte er jetzt die Chance für diesen da zu sein. Mit langsamen Schritten durchquerten sie die Gänge des Krankenhauses, da sich Tatsuro einfach nicht hatte in einen Rollstuhl bis zum Wagen bringen lassen wollen. Er hatte sich schon nicht beim Anziehen seiner Sachen helfen lassen wollen, bis ihn Iwagami-san, in ihrem Recht als Mutter, in einem strengen Ton, vom Gegenteil überzeugt hatte. Im Allgemeinen schien Tatsuro heute recht reizbar und auch wenn man im Normalfall deswegen lieber in Deckung gegangen wäre, war man irgendwie schon froh, dass sich dieser überhaupt noch einmal aus dieser Gleichgültigkeit der vergangenen Tage heraus bewegte. Yukke warf einen vorsichtigen Blick auf ihn, als sie den Fahrstuhl betraten und er konnte deutlich sehen, wie viel ihn diese wenigen Meter schon an Kraft gekostet hatten. Es war ja auch nicht verwunderlich, wenn man bedachte, wie lange er sich schon nicht mehr richtig bewegt hatte. Ein leichter Film aus Schweiß lag schon über dem noch immer ungesund wirkenden Gesicht und brachte die Versuchung in ihn, Tatsuro anzubieten sich bei ihm abstützen zu können wenn er wolle. Doch kaum hatte sich die Tür des Lifts wieder geöffnet, schritt dieser stur voran und ließ somit klar werden, das er keine Hilfe benötigt. Ein wissender Blick von Miya auf Yukke folgte und er wusste, dass er ihn gewarnt hatte, was er sich mit seinem Vorhaben antun würde. Doch noch war er optimistisch, auch wenn er nicht sagen konnte auf was genau diese Einstellung basierte. Kapitel 19: Like a Butterfly ---------------------------- Es war still seit die anderen die Wohnung von Yukke wieder verlassen hatten, und sich auch Iwagami-san wieder auf den Weg zurück nach Mito gemacht hatte. Jeder von ihnen hatte noch einen guten Rat zur Hand gehabt und ihn wissen lassen, dass er nur anzurufen bräuchte, sollte sich irgendwelche Schwierigkeiten ergeben. Das war vor gut zwanzig Minuten gewesen und noch immer wagte er es nicht etwas zu sagen. Irgendwie hatte sich ein merkwürdiger Gedanke in seinen Kopf geschlichen. Der Gedanke das Tatsuro es vielleicht nicht ertragen könne, jemanden sprechen zu hören, wenn er selbst keine Silbe zustande bringen konnte. Die schwelende Aggression die man heute so deutlich in ihm ausmachen konnte, bekräftige diese Vermutung nur noch, und so saß er einfach nur in seinem Sessel und blickte angespannt um sich. Tatsuro saß nicht weit entfernt von ihm auf dem Platz auf der Couch, welchen er immer einzunehmen vermochte, wenn er bei Yukke zu Besuch war. Er hatte seine Augen schon vor einer Weile geschlossen. Wahrscheinlich um alles um sich herum besser ausblenden zu können. Dieses Bild brachte erste Zweifel in Yusuke auf, ob es wirklich eine gute Endscheidung gewesen war, seinen Freund zu sich zu holen. Nicht weil ihm seine Aufgabe nun doch als zu schwer erschien, sondern weil er das Gefühlt hatte, viel zu schwerfällig zu sein, was seine Bemühung um diesen betrafen. Früher, vor diesem Unfall, war es ein Leichtes, etwas Selbstverständliches gewesen sich um Tatsuro zu kümmern, wenn dieser hier war. Doch jetzt kam es ihm so vor, als würde er mit jedem Satz und jeder Geste etwas tun, was diesen aufregen könnte. Nur konnte er schließlich auch nicht einfach weiter hier sitzen und abwarten, dass sich alles von selbst erledigen würde. Er musste sich entscheiden. Entweder er würde sich zusammenreißen und damit auskommen, dass die Zeit die vor ihnen stand nicht einfach werden würde, oder er würde jetzt zum Telefon greifen und Iwagami-san anrufen und sie bitten zurück zu kommen um ihren Sohn abzuholen. Yukke ließ seinen Blick wieder zu Tatsuro wandern. Nein, er würde nicht aufgeben! Dies war seine Chance zu beweisen, dass er durchaus im Stande war mit solch einer Situation umgehen zu können und zu zeigen, wie wichtig ihm der andere war. Tief atmete er durch, bevor er sich endlich dazu durchringen konnte aufzustehen und Tatsuro mitzuteilen, dass er jetzt etwas zu Essen machen würde. Als eine Reaktion darauf jedoch ausblieb, verließ er das Zimmer schließlich und ließ ihn erst einmal allein. *** Die Tage waren dahin gezogen in denen die körperlichen Verletzungen von Tatsuro langsam aber beständig abklangen. Nur seelisch war keine Verbesserung zu greifen. Tatsuro hatte seine Therapie zwar angenommen, doch trug dies nicht dazu bei seine Laune zu verbessern. Im Gegenteil. Yukke hatte den Eindruck, dass er jedes Mal, wenn sie danach wieder nach Hause führen, noch missgestimmter war als zuvor. Dr. Taira, welche sich Tatsuros Problem angenommen hatte, hatte ihn schließlich zu einen Gespräch gebeten, da er sich bei ihrem ersten Zusammentreffen, nicht nur als Freund Tatsuros, sondern sich auch als Ansprechpartner bei etwaige Schwierigkeiten vorgestellt hatte. Sie hatte Yusuke zu einen Gespräch unter vier Augen gebeten, und so war er heute allein zu ihrer Praxis gefahren, da Tatsuro an diesem Tag eh keinen Termin wahrzunehmen hatte. Außerdem hatte sich Sato bereit erklärt sich in dieser Zeit um ihn zu kümmern. Auch wenn man bei diesem nie sagen konnte, wie genau sich so etwas gestalten würde. Doch da Tatsuro nicht unbedingt den Eindruck vermittelte für Schandtaten irgendeiner Art bereit zu sein, machte er sich nicht allzu viele Gedanken darüber. Er betrachtete die Einrichtung des Warteraumes, um sich etwas von dem flauen Gefühl in seinem Magen abzulenken. Es war nicht das erste Mal, dass er hier saß, schließlich begleitete er Tatsuro immer und wartete auch stets geduldig, bis dieser mit seiner Sitzung fertig war. Er konnte sich vorstellen, dass es diesen ziemlich nervte, dass er wie eine Glucke um ihn herum wuselte, und er ihn dafür bestimmt am liebsten verwünschen wollte, doch ließ es Tatsuro über sich ergehen. Er hatte eh keine andere Wahl. Yukke hörte wie sich eine Tür öffnete und nur wenige Augenblicke später stand die großgewachsene Frau mit dem strengen Haarknoten vor Yusuke und begrüßte ihn, worauf ein seichtes Lächeln und die Bitte mitzukommen folgte. Taira-san bot ihm an Platz zu nehmen und setzte sich ihm gegenüber an ihren schwarz lackierten und recht großflächigen Schreibtisch, auf welchem sich diverse Unterlagen und Fachbücher mit unaussprechlichen Titeln stapelten. Mit ein paar Handgriffen hatte sich die Therapeutin ihre Brille aus dem Etui genommen und rückte sie sich nun auf ihrer schmalen Nase zurecht, um sich dann mit einem eindringlichen Blick wieder an den Mann vor sich zu wenden. "Iwagami-san ist nicht wirklich kooperativ, was seine Behandlung betrifft.", erklärte sie ohne Umschweife und Yukke konnte sich ungefähr ein Bild davon machen, wie es ihr mit Tatsuro während der einzelnen Stunden, die sie sich um diesen bemüht hatte, ergangen war. "Ich kann mir durchaus denken, wie sehr jemand der seinen Lebensunterhalt mit seiner Stimme verdient hat, unter dem Umstand diese plötzlich verloren zu haben, leidet..." Eine kurze Unterbrechung folgte in der sich die Therapeutin eine Mappe von dem Stapel zu ihrer Rechten zog und sie aufschlug."...aber gerade deswegen hatte ich auch gehofft, dass Iwagami-san sich etwas mehr darum bemühen würde diesen Zustand so schnell wie möglich zu beheben." Mit ihrem Zeigefinger fuhr Taira-san einige Zeilen auf dem vor ihr liegenden Blatt nach, wobei sie ihre Brille mit einer Hand an ihrem Platz hielt, nur um sie darauf hin doch gänzlich abzusetzen und sich wieder Yukke zuzuwenden. "Vielleicht können sie ihm deutlich machen, wie wichtig diese Therapie ist, um das Sprechen wieder zurück gewinnen zu können. Ich persönlich habe nämlich den Eindruck, dass ihr Freund dies alles nur als Zeitverschwendung betrachtet, da sich nicht sofort deutliche Verbesserungen eingestellt haben." In diesem Punkt stand Tatsuro also wieder sein Ego im Weg und Yukke wusste wie anstrengend und aufwendig es war diesen davon loszureißen. Er war früher schon so gewesen. Wenn etwas für Tatsuro keinen Sinn ergeben hatte, oder gar zu mühselig und unbedeutend für ihn war, dann hatte es von vornherein keinen Zweck gehabt ihn vom Gegenteil überzeugen zu wollen. Was dieser stets damit begründete, dass ihm seine Zeit dafür zu schade wäre. Doch seine derzeitige Situation war weit aus ernstzunehmender, als der Versuch einen Strike beim Bowling zu erzielen oder im Kopfstand eine Flasche Soda auszutrinken. Doch schien das Tatsuro irgendwie nicht so recht begreifen zu wollen. War ihm die Musik letztendlich doch nicht so viel wert? Er musste doch verstanden haben, dass er Hilfe benötigte, wenn sich etwas ändern sollte, auch wenn es nicht einfach werden würde. "Ich werde mit ihm darüber sprechen. Es tut mir leid, dass er ihnen so viele Schwierigkeiten macht, er ist eben ein recht eigenwilliger Mensch." Es war Yukke schon etwas unangenehm, das er sich für seinen Freund endschuldigen musste, doch kam ihm auch der Gedanke, dass er nicht weniger Schuld an der ganzen Sache hatte. Vielleicht hätte er Tatsuro mehr animieren müssen, ihn Daraufhinweisen sollen, dass er auf dem richtig Wege sei, wenn er sich weiter bemühte. Sobald er wieder zu Hause wäre, würde er ihm ins Gewissen reden, in der Hoffnung ihn etwas von seinem unangebrachten Starrsinn nehmen zu können. ** Noch immer betrachtete Yukke das Chaos, das sich auf dem Boden seines Wohnzimmers verteilt sah und welches erst vor wenigen Minuten von Tatsuro dort hinterlassen wurden war. Dies war das Ende der Unterredung, die er mit ihm geführt hatte. Er konnte nicht behaupten, dass dieser Ausbruch unerwartet gekommen wäre, so wie sich Tatsuro in den letzten Tagen gab, konnte man ja fast schon sagen, dass man froh sein konnte, dass es noch so glimpflich ausgegangen war. Bei genauerer Überlegung war auch das der Grund, warum es Yukke so gut es ging vermieden hatte auf den anderen einzureden. Ihm Hoffnung zu versprechen was diese Therapie betraf. Er hatte einfach Angst, dass er ihn damit an die Grenzen des Erträglichen bringen würde und genau dies war jetzt auch geschehen. Er kannte Tatsuro gut genug um zu wissen, wie quer dieser sich stellen konnte, wenn er von etwas nichts wissen wollte. Aber es musste einfach sein! Tatsuro musste wissen, dass es so einfach nicht weiter gehen konnte, da sich somit auch nichts verändern würde. Doch dieser wollte es nicht hören und hätte er etwas sagen können, Yukke war sich sicher, er hätte ihn mit einem intensiv, drohenden Ton darauf verwiesen, dass das Maß schon über voll sei. Aber das konnte Tatsuro nicht und somit hatte er seiner Rage damit Luft gemacht, indem er sämtliche Utensilien, die sich auf dem Tisch der sich zwischen ihn befanden, mit wenigen Handstreichen von diesen befreit hatte, um folglich wutentbrannt ins Schlafzimmer zu verschwinden. Er hatte es Tatsuro zur Verfügung gestellt, da er sich durchaus im Klaren darüber war, das dieser einen Platz benötigte, wo er auch für sich sein konnte. So wie jetzt. Es machte auch wenig Sinn, den Versuch zu unternehmen, Tatsuro aus solchen Phasen heraus reden zu wollen, hörte er einem so wie so nicht zu, wenn er schlecht gelaunt war. Und in letzter Zeit war das recht häufig der Fall. Langsam ging Yukke auf seine Knie, um die vorherrschende Unordnung wieder zu beseitigen. Nach und nach sammelte er alles wieder zusammen, worauf er auch einen Blick unter die Couch warf, um sicherzugehen, dass sich nichts darunter verirrt hatte. Es war ein wenig schwierig etwas zu erkennen, so dass er einfach einen Arm unter das Möbelstück steckte und die Fläche auf gut Glück mit seiner Hand abtastete. Es schien sich nichts dort zu befinden, bis seine Finger etwas streiften, das ihn durch seine harte und unebene Beschaffenheit an einen alten, durchgekauten Kaugummi erinnerte. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass er so etwas in seinen Räumlichkeiten vorfinden würde. Meist nachdem er sich dazu hatte breitschlagen lassen, einen Männerabend bei sich steigen zu lassen. Mit etwas angeekelter Miene griff er sich den unliebsamen Überrest und beförderte ihn ans Tageslicht. Er war sichtlich erstaunt, als er feststellten durfte, dass es sich doch nicht um einen ergrauten Rest Kaugummi handelte, sondern um einen kleinen, silbernen Anhänger in Form eines Löwen mit samt der dazugehörigen Kette. Yukke ließ das feine Silberband durch seine Finger gleiten, und begutachte sich das daran schaukelte Schmuckstück etwas genauer. Es gehörte definitiv Tatsuro. Er wusste noch genau, wo dieser es gekauft hatte, da ihr exzentrischer Sänger Ewigkeiten in diesem Geschäft zugebracht hatte, bevor er sich quasi in dieses Stück verguckt hatte. Der Tag an dem er dann sein Verschwinden bemerkt hatte, war ihm ebenso im Gedächtnis geblieben. Es war fast unmöglich gewesen Tatsuro aus seiner Zickenphase wieder heraus zu holen. "Hier hattest du dich also versteckt." Ein leichtes Lächeln umspielte Yukkes Mundwinkel, bei der Begutachtung seines Fundes. Vielleicht würde ja das Wiederauftauchen dieses Schmuckstückes Tatsuro ein wenig aufheitern können. *** Ein schmaler Riss zog sich durch das graue Wolkendach, doch er reichte aus, um einige vorwitzige Sonnenstrahlen hindurch schlüpfen zu lassen und etwas Wärme und Farbe über diesen Wintertag auszuschütten. Gedankenverloren blickte Yusuke aus dem Fenster seiner Küche, während die herb duftenden Schwaden, die aus seiner Kaffeetasse aufstiegen, ihm um die Nase schmeichelten. Er beobachtete wie der Wind eine kleine grüne Plastiktüte aufgriff, die im Rinnstein der Straße vor seinem Haus gelegen hatte und sie nun heiter von einer Böe in die nächste spielte. Tatsuro war noch nicht wach, zumindest nahm Yukke dies an, da er bis jetzt noch keinen Laut aus Richtung des Schlafzimmers gehört hatte, der etwas anderes vermuten ließ. Er ließ ihm diese Ruhe, da er von Naoyuki-san gesagt bekommen hatte, das die Tabletten die er Tatsuro verschrieben hatte, als Begleiterscheinung auch starke Müdigkeit mit sich bringen würden. Auch wusste er von früher her das Tatsuro es nicht sehr begrüßte, wenn man ihn ohne ersichtlichen Grund aus dem Bett befehligte. Irgendwann würde er schon auftauchen, und wenn es nur darum ging sich etwas zu essen einzuverleiben. Es war meist nicht mehr als eine viertel Stunde die sie sich so gegenüber saßen, und Tatsuro zog es dann meist vor sich mit der auf dem Tisch befindlichen Tageszeitung zu beschäftigen, als mit seinem rotblonden Freund. Aber immer hin. Vermutlich nahm es Tatsuro ihm und allen anderen, die der Meinung waren ihm in seiner Gesundheit etwas vorschreiben zu müssen übel, dass man ihn auf Kaffeeentzug gesetzt hatte. Und Tatsuro war ein Meister wenn es ums Schmollen ging und so ignorierte er Yusuke geflissentlich. Denn nur weil sie gemeinsam in diesen vier Wänden wohnten hieß das für Tatsuro nicht, dass er sich deshalb auch gern und ständig um Yukke herum befand. Er machte schon deutlich, dass er lieber in Ruhe gelassen werden wollte. Nur manchmal überkam es Yukke und er versuchte Tatsuro davon zu überzeugen etwas mit ihm zu unternehmen und wenn es nur mal ein kleiner Spaziergang war. Und heute war wieder einmal so ein Tag. Beflügelt durch das sich immer weiter ausbreitende, klare Wetter, fasste er den Entschluss aus der Enge seiner Behausung zu fliehen und Tatsuro einfach mitzuschleifen. Die frische, wenn auch noch recht kühle Luft würde ihnen beiden sicherlich gut tun. Womöglich würden auch Tatsuro sich etwas von diesem sonnigen Wetter einspinnen lassen und sich erlauben einfach einmal wieder zu entspannen. Zwar hätte er auch gern Miya und Satochi mit eingeladen, aber sie hatten schon beobachten können, das Tatsuro sich bei solchen Gelegenheiten immer wieder absetzte. Wohl weil er das Gefühl hatte er wäre mit seinem Handicap nur störend, oder weil er es nicht ertragen konnte sich nicht an ihren Gesprächen beteiligen zu können. So gestaltete sich ein Ausflug zusammen, meist recht wortkarg, begleitet von einen bedrückenden Gefühl, das sämtliche positive Ansätze sofort im Keim erstickte, wenn man sah wie Tatsuro das alles mitnahm. Das Geräusch einer sich schließenden Tür teilte mit, dass Tatsuro sich nun im Bad befand und er Wasser für Tee aufsetzten konnte. * Unsicher lugte Yukke zu seinem Freund hinüber, der mit einem unmissverständlichen Ausdruck des Missfallens vor sich hin blickte. Es war ihm klar gewesen, dass Tatsuro von seinem Vorhaben das Haus zu verlassen nicht sonderlich angetan sein würde, doch er hatte sich durchsetzen können. Gut, die Tatsache dass sie nun beide in seinem Wagen saßen, hatte nichts mit geschickter Überzeugungskunst zu tun, sondern mehr mit einer leicht wirschen Kurzschlussreaktion, in der er Tatsuro einfach aus der Wohnungstür gedrängelt hatte. Es war ja nur zu seinem besten. Tatsuro wusste es nur noch nicht. Das Brummen des Motors war das einzige wahrzunehmende Geräusch und Yukke unterdrückte denn Drang einfach das Radio einzuschalten, um wenigstens etwas Unterhaltung an seiner Seite haben zu können, da er wusste, was er damit in Tatsuro auslösen könnte. Vor einigen Tagen was es passiert, dass er aus keinen widrigen Gedanken heraus, den Fernseher lauter gestellt hatte, als im Programm eines ihrer Musikvideos gespielt wurde und er einige Passagen davon einfach mitgesungen hatte, während er etwas Ordnung in sein Wohnzimmer brachte. Es war ihm nicht gleich aufgefallen, das Tatsuro mitten im Türstock gestanden hatte, die Hände zu Fäusten verkrampft und mit einem Ausdruck von Wut und Verzweiflung in seinem Gesicht, das deutlicher nicht hätte zeigen können, was gerade in ihm vor sich ging. Und Yukke glaubte, dass dies eine Ereignis war, das Tatsuro ihm sehr übel nahm. Denn seit dem war es um einiges schwerer für ihn geworden, mit ihm zu Recht zu kommen. Deshalb ließ er seine Hände wo sie waren. Am Lenkrad. Er würde die Stunde Fahrt auch so überstehen. Mit einer Stunde hatte er sich dann doch etwas verschätzt, da er nicht der einzige beschwingte Geist gewesen war, der sich dachte diesen herrlichen Tag nicht in der bekannten Enge eines Apartments zubringen zu wollen. Es war geschäftig auf den Straßen und so dauerte es ein wenig länger als er geplant hatte. Tatsuros Ausdruck war jedoch nicht missmutiger geworden, oder hatte überhaupt in eine andere Gefühlsregung gewechselt. Er saß da, wie als hätte man ihm befohlen sich ja nicht zu rühren. Und hoffentlich, so kam es Yukke plötzlich in den Sinn, würde er Tatsuro dazu bringen können auch wieder auszusteigen. Denn es lang doch recht nahe, dass dieser sich einfach weigern würde, sobald er den Wagen auf dem Parkplatz zum Halten brachte. Unmerklich entwisch ihm ein schweres Seufzen, als er in eine kleine Straße einbog, wo er das Schild ausmachen konnte das ihm sagte, dass er sich auf dem richtigen Weg und keine 100 Meter mehr vom Ziel entfernt befand. Er konnte nicht einschätzen, ob Tatsuro schon eine Ahnung hatte, was er mit ihm vorhatte. Er konnte sich somit nur überraschen lassen, wie dieser auf einen Besuch in einem Tropischen Schmetterlingshaus reagieren würde. Heute Morgen, als er die Anzeige darüber in der Zeitung entdeckt hatte schien es ihm, angesichts des sonnigen Wetters, ganz passend sich schon etwas auf den kommenden Frühling einzustellen, indem sie die mannigfaltige Bracht dieser Insekten auf sich wirken ließen. Auf jeden Fall war es eine Abwechslung, die sie beide gebrauchen konnten. Dankend nickte Yusuke der älteren Dame hinter der kleinen Theke zu, nachdem er bei dieser ihren Eintritt bezahlt und noch ein Informationsbroschüre zugeschoben bekommen hatte. Es war nicht halb so umständlich gewesen Tatsuro davon zu überzeugen, dass es hier wesentlich interessanter und vor allem auch um einiges wärmer als im Auto wäre, wie er zuvor noch angenommen hatte. Und letzterer Fakt bestätigte sich auch augenblicklich, als er die schwere Glastür aufzog und ihnen eine Klima entgegen schlug, dass wahrlich die Bezeichnung tropisch verdient hatte. Es waren nur wenige Leute zwischen all den meterhohen Stauden und Gehölzen zu sehen und keiner machte von Alter her den Eindruck, als würden sie auch nur ansatzweise erkennen, um wem es sich bei ihren Personen handelte, sodass man es wohl wagen konnte, Jacke und Mütze abzulegen. Es war ein beeindrucket großflächiges Stück Natur, das man hier unter ein Dach gezwängt hatte. Überall konnte man verschiedene Arten von Faltern entdecken, einer größer und prächtiger als der andere. Tatsuro schlurfte einige Meter nach ihm über den ockerfarbenen Lehmboden, noch immer in voller Montur und den Blick gesenkt. "Willst du nicht wenigstens deine Jacke ausziehen? Hier drin sind doch mindestens 30 Grad." Aber das schien diesen nicht zu stören, stattdessen vergrub er seine Hände nur noch tiefer in den Taschen seiner blauen Jacke und lief an Yukke vorbei. Es war zu erwarten, dass Tatsuro sich nicht schlagartig zugänglicher zeigen würde, nur weil er sich mit einem Schwarm Schmetterlinge konfrontiert sah, aber etwas mehr Interesse hätte sich Yukke schon erhofft. Mit Blick in sein kleines Prospekt, folgte er ihm und staunte nicht schlecht, was dieses Haus alles an Arten aufzuweisen hatte, die er so nie in freier Natur zu Gesicht bekommen würde. Denn dass er sich irgendwann einmal im Kongobecken, oder einem anderen Regenwald wieder finden würde, glaubte er stark zu bezweifeln. Es sei denn, dass ihn eines Tages der unbändige Wunsch beseelen würde seine Mangos selbst ernten zu wollen. Vertieft in das aufschlussreiche und bunt illustrierte Heft, entging es ihm das Tatsuro vor ihm zum Stehen gekommen war und wäre somit beinahe in diesen hineingelaufen. Mit fragender Miene trat er an die Seite seines Freundes, um zu sehen was dessen Aufmerksamkeit erregt hatte. Ein Lächeln umspielte darauf die Lippen Yukkes, als er sah wie einer der prunkvollen Falter vor Tatsuro auf und ab flatterte, als wolle er ihn etwas genauer in Augenschein nehmen, da er bemerkt hatte, das dieser sie gar keines Blickes würdigte. Yukke verfolgte das Treiben des Insektes das geschafft hatte, was ihm nicht möglich war. Es hatte Tatsuros Interesse geweckt. Und Yukke stutzte erneut ein wenig, als er verfolgen konnte, wie Tatsuro nun vorsichtig seine Hand aus der Tasche zog und sie dem Falter darbot, der sich auch gleich darauf nieder ließ. Nun war es ein leichtes sich diesen genau zu betrachten und es war wahrhaftig ein wunderschönes Exemplar. Er war ein Stück größer als die Handfläche Tatsuros. Die Oberfläche der zarten Flügel erinnerte an das seichte blaue Wasser der Karibik, gesäumt von Klippen aus tief schwarzem Basalt. Darauf bedacht keine hastigen Bewegungen zu machen, um das Tier nicht zu verscheuchen warf Yusuke einen erneuten Blick in sein Informationsheftchen und blätterte suchend etwas darin herum. "Morpho rhetenor auch als Blue Morpho bezeichnet...", entnahm er dem Text und schaute, ob der Richtigkeit seiner Worte wieder auf den Falter, worauf er bestätigend nicken konnte. "Kommt in Südamerika vor und zählt zu den größten Vertretern der Morphofalter." Tatsuro betrachtete das Insekt ausgiebig und Yukke war fast so, als könne er einen Ausdruck von Begeisterung in dessen Mimik ausmachen. Vielleicht, so konnte er sich vorstellen, gefiel dem Schmetterling die Farbe von Tatsuros Jacke und mit seinen schwarzen Haaren und der ebenso dunklen Hose dachte dieser vielleicht er gehöre zu ihnen. Leicht schüttelte Yukke seinen Kopf, bei dem Gedanken Tatsuro mit einem Schmetterling zu vergleichen. Aber wenn er es sich genauer durch den Sinn gegen ließ, dann waren durchaus ein paar Parallelen zu erkennen. Tatsuro war ebenfalls recht schmal von Körperbau und für einen Japaner auch recht groß. Er konnte einen mit seinem Auftreten gleichsam in Bewunderung versetzten, dass man seine Augen nur schwer von ihm lösen mochte. Und er war unter all dieser Ausstrahlung ebenso zerbrechlich, auch wenn Tatsuro selbst es nie zugeben, oder gar zeigen würde. Sein Stolz war wohl der am stärksten ausgeprägte Charakterzug an ihm und machte es anderen somit nicht immer leicht mit ihm auszukommen. Wieder musste Yukke etwas schmunzeln, als er nun mit ansehen konnte, wie sich ein zweiter Falter Tatsuro näherte, aber bei weitem nicht so schillernd daherkam wie der Morpho. Der andere war kleiner, und erinnerte mit seinem Kleid eher an Herbstlaub, jedoch waren seine Flügelränder in einer interessanten Wellenform geschwungen, was ihn auf seine Art und Weise wieder unverkennbar machte. Es schien als wolle er seinen Artgenossen dazu bewegen, sich endlich wieder zu erheben und mit ihm zu fliegen, doch machte der Morpho keinerlei Anstalten. Eher sah es so aus, als würde er es genießen sich bitten zu lassen. Es war doch erstaunlich wie sich der ein oder andere menschliche Wesenszug auch in der Insektenwelt wieder finden ließ. Schließlich hob Tatsuro seine Hand auf die Höhe seiner Augen, als ob er den Blick des Falters suchen würden, dann streckte er seinen Arm noch weiter, sodass sich der Morpho über seinem Kopf wieder fand und dies dann wohl auch als Aufforderung sah sich zu verabschieden. Beide schauten sie dem eigenwilligen Schmetterlingspaar hinterher, das zwischen den Blättern einiger Bananenstauden verschwand. Und auch Tatsuro setzte sich wieder in Bewegung doch diesmal mit erhobenem Haupt. Fast eine Stunde hatten sie sich mit der Vielfältigkeit der Flora und Fauna unter der gigantischen Kuppel zu beschäftigen gewusst und Yukke freute sich, das auch Tatsuro ein wenig aufgetaut war. Selbst wenn er es nicht so deutlich machte. Doch schon allein die Tatsache, dass er nicht ständig davongelaufen war und sich sogar seine Erklärungen zu dem ein oder anderen Falter angehört hatte, füllten ihn mit einem Glücksgefühl aus, wie er es schon lange nicht mehr verspürt hatte. "Ich bin gleich wieder da.", ließ Yukke verlauten nachdem sie sich auf einer der Holzbänke gesetzt hatte, die hier und da aufgebaut worden waren, um das Schauspiel um einen herum auch in gemütlicher Ruhe genießen zu können. Es dauerte keine zehn Minuten, in welchen Yukke die Sanitäreinrichtung gefunden und wieder verlassen hatte, als er sich wieder auf den Weg zu Tatsuro machte, nur um festzustellen, dass dieser nicht mehr auf seinem Platz saß. Fragend blickte er sich in alle Richtungen um, doch war von seinem Freund keine Spur zu entdecken. Ein paar ältere Herrschaften liefen, scheinbar über etwas empört an ihm vorbei, und Yukke konnte noch die Worte „ungeratene Jugend“ und „verboten müsste das werden“, aufschnappen, als ihm ein unguter Gedanke kam. Eilig lief er zum Ausgang und schon durch das Glas der Tür konnte er Tatsuro erkennen. Dieser sah mehr denn je genervt aus und Yusuke hoffte, dass nicht noch ein Unglück passieren würde. Eine Gruppe von Mädchen hatte sich auf den Sänger gestürzt und knatschten nun auf diesen ein. Es war nicht an ihren Fans vorbei gegangen, das der Sänger von Mucc im Krankenhaus gelegen hatte und die Hysterie wurde noch um ein weiteres angestachelt, als sich diverse drittklassische Magazine ihr eigenes kleines und unsinniges Urteil über die Umstände dieses Unglücks zusammenreimten. Ihr Management sah sich demzufolge mehr als einmal gezwungen, solche Thesen zu widerrufen, damit ihr Ansehen keinen irreparablen Schaden nahm. Man hatte sich so weit wie ratsam an die wahren Abläufe des Unfalls gehalten. Aber es ging niemanden etwas an, was wirklich dazu geführt hatte, oder das Tatsuro nun mit dem Wiederfinden seiner Stimme zu kämpfen hatte. Sie hatten wissen lassen, dass sie eine Pause in ihrem Schaffen einlegten. Wie lange diese dauern würde, war jedoch nicht zu sagen. So war es auch nicht verwunderlich, dass ihre Anhänger, wenn sie schon mal die Gelegenheit fanden, nun selbst wissen wollten, was sie glauben sollten und was nicht. Und wo konnten sie das besser hinterfragen, als bei ihnen selbst? Normalerweise wäre das keine Situation gewesen, mit der Tatsuro nicht hätte umgehen können, nur war dies keine normale Situation. Unter diesen Umständen konnte man nicht verlangen, dass er dies gekonnt hinnehmen würde. Also tat Yukke das einzige, was ihm als sinnvoll erschien und zog mit einer netten an die Mädchen gewandten Begrüßung sämtliche Aufmerksamkeit auf sich. Yukke nahm sich die Zeit die man von ihm forderte und teilte sogleich mit, das es Tatsuro noch nicht so gut ginge und er sie bitten würde ihm seine Ruhe zu lassen. Yukke hatte das Gefühl das mit dem letzten Fan der verschwunden war, auch sein Wohlbehagen auf und davon eilte, als er sich nun etwas zögerlich Tatsuro näherte. "Es tut mir leid! Ich hätte..." Doch dieser war jäh von seinem Stuhl aufgesprungen auf welchem er sich niedergelassen hatte und schlug demonstrativ den Weg Richtung Parkplatz ein. *** P.S. Wen es interessiert, wie der Blue Morpho aussieht, hier ein Link. http://www.projectnoah.org/spottings/8912186 Kapitel 20: Who´s that guy? --------------------------- "...Tatsuro bitte..." Yukkes Stimme klang matt und resigniert. Auch wenn er wusste, dass es keinen Sinn machen würde, weiter hier zu stehen und Tatsuro durch eine Tür hindurch dazu bewegen zu wollen doch endlich diesen Raum, den er nun schon seit fast vier Stunden besetzte, wieder zu verlassen, wollte er nicht aufgeben. Er machte sich Sorgen, da es seit diesem Zwischenfall im Schmetterlingshaus nun immer öfter vorkam, dass der Andere sich von ihm distanzierte. Auch wenn er anfangs noch der Meinung war, das er einfach nur seine Ruhe brauchte, so zogen sich die Zeiten in denen er dies tat immer mehr in die Länge. "Wollen wir nicht mal wieder raus und eine Runde spazieren gehen, durch den kleinen Park vielleicht? Was sagst du dazu?" Kaum hatte er diesen Satz beendet, hätte er am liebsten seinen Kopf gegen das weiße Holz des Türrahmens geschlagen. Doch eine Reaktion von Seiten Tatsuros blieb aus. Entweder hatte dieser ihn geflissentlich ignoriert und gar nicht zugehört. Oder er war nun noch mürrischer als zuvor, auch wenn er sich nicht vorstellen konnte, dass eine Steigerung diesbezüglich noch möglich wäre. Es war nicht einfach sich ständig daran zu erinnern, das Tatsuro ihm nicht antworten konnte. Selbst wenn dieser früher oft und gern Dinge überging die ihn betrafen, so war er in seinem jetzigen Zustand so sensibilisiert was solche Ausrutscher anging, das sich Yukke schon überlegt hatte, das er das was er sagen wollte zuerst aufschrieb bevor er sprach, um ja jeden Anflug eines Fehler zuvor schon ausräumen zu können. Aber womöglich hätte Tatsuro das nur als Witz auf seine Kosten verstanden und er hätte somit gar nichts erreicht, als einen noch übelgelaunteren Mitbewohner. Yusuke hatte ihm schon angeboten, das er sich auch mit Stift und Papier mitteilen könne, da es als die naheliegenste Lösung zu ihrem Kommunikationsproblem erschien. Der Blick den ihn Tatsuro darauf zugeworfen hatte, sagte mehr als die sprichwörtlichen tausend Worte und so hatte er es ihm nicht weiter aufgedrängelt. Das einzige was er daraufhin getan hatte war, in der gesamten Wohnung kleine Notizblöcke und Schreibutensilien zu platzieren, das Tatsuro, wenn er sich doch einmal dazu genötigt sehen würde, sich verständlich machen zu müssen, gleich alles dafür zur Hand hatte. Natürlich ging das ablehnende Verhalten ihres Freundes auch nicht spurlos an Miya und Satochi vorbei, doch auch sie hatten nicht mehr tun können, als auf Tatsuro einzureden, bis dieser sie irgendwann routiniert stehen ließ. Oder sich gar nicht mehr zeigte, wenn sie zu gegen waren. Er war einfach nicht zu ihm durchzudringen. Erschöpft fuhr sich Yukke über seine müden Augen, bevor er der Tür vor sich noch einen letzten Blick schenkte und dann mit den Worte "Ich bin in der Küche" wieder davon entfernte. Ein kurzes Rumoren verrieten das Tatsuro seinen Unterschlupf wieder verlassen hatte, gut eine Stunde nachdem Yukke seinen Posten und seine Bemühungen ihn zu etwas Abwechslung bewegen zu wollen aufgegeben hatte. Tatsuro kam nicht ins Wohnzimmer, wo auch Yusuke aufzufinden war, sondern ging in die Küche, wo er wie üblich ein Tablett mit seinem Abendessen vorfand, von dem er stets nur einen minimalen Teil zu sich nahm, bevor er sich wieder zurückzog, um mit nichts und niemanden etwas zu tun haben zu müssen. Wo sollte das nur enden? Yukke schlug das kleine blassblaue Buch, in welches er gerade geschrieben hatte zu, und verstaute es unter dem Sitzpolster seines Lieblingssessels. Sein Kopf wog ihm so schwer, dass er ihn nach hinten gegen das Polster sinken, und seinen Gedanken erneut schweifen ließ. Seit Tagen hatte Tatsuro nun schon nicht mehr diese Wohnung verlassen. Auch nicht um zu seinen Therapiestunden zu gehen. Yusuke hatte alles Erdenkliche unternommen, um seinen Freund von der Notwendigkeit dieser Besuche zu überzeugen, aber vergebens. Egal was er versucht hatte, ob im Guten oder auf die erpresserische Tour, Tatsuro war auf nichts eingegangen und so hatte er es schließlich sein gelassen. Er hatte sich folglich mit Taira-san in Verbindung gesetzt und ihr die Umstände erklärt, worauf sie ihm nur raten konnte, Tatsuro Zeit zu geben, da man ihn nicht zwingen konnte sich helfen zu lassen. Auch wenn er sich damit die Chance verbaute, so bald wie möglich wieder zu seiner Stimme zu finden. Yukke war sich nicht sicher, ob dies so eine gute Idee gewesen war, denn seit Tatsuro gemerkt hatte, das man ihn in Ruhe ließ, war er noch unnahbarer geworden, als er es ohnehin schon war. Was mochte nur in dessen Kopf vor sich gehen? Über was dachte Tatsuro wohl nach, wenn er sich so abkapselte? Zeigte sich nie der Ansatz des Gedankens, dass er sich mit seinem Verhalten nichts Gutes tat? Er wollte nicht raus. Er wollte keine Gesellschaft. Nicht einmal Teto-chan wollte er besuchen gehen, um den sich Takahara-san so liebevoll kümmerte seit er hier wohnte. Zweimal die Woche rief Iwagami-san an, um sich nach dem Befinden ihres Sohnes zu erkundigen. Nachdem ihre Besuche meist darin bestanden hatten, sich nur mit Yusuke zu unterhalten, da Tatsuro sich so gut wie nie hatte blicken lassen. Sie hatte daraufhin selbst meinte, sie wolle ihm nicht ständig auf die Nerven fallen. Worauf sie sich schließlich auf regelmäßige Telefonate geeinigt hatten. Und auch wenn sie es sich nicht anmerken ließ, so hatte Yukke das Gefühl, das sie ihm auf Grund der unveränderten Gegebenheiten um Tatsuros Zustand, am liebsten gesagt hätte, das er unfähig wäre sich um ihn zu kümmern. Das sie ihren Sohn lieber heute noch als morgen zu sich holen wolle. Doch das tat sie nicht. Stets meinte sie nur, dass er sich nicht entmutigen lassen solle, das sie ihm dankbar sei, dass er sich so um Tatsuro bemühte, auch wenn er so ein sturer Geselle wäre, und das sie ihm vertrauen würde. Entweder, so dachte sich Yukke, wusste sie genau, dass er sich durch solche Worte nur noch elender fühlte und legte es regelrecht darauf an ihn dazu bringen zu wollen ihr Tatsuro zu überlassen, oder sie meinte er wirklich ernst. Aber egal ob sie eine hohe oder geringe Meinung von seinen Bemühungen hatte, er fühlte sich so oder so einfach nur unnütz. Nichts hatte er bis jetzt ausrichten können. Vielleicht war er wirklich die falsche Person für Tatsuros Genesung. Sein Blick haftete sich an der Grünpflanze auf einer der Ablagen seiner Schrankwand fest. Ihre marmorierten Blätter hingen lasch an den dünnen Stängeln und manche hatten sich in ihrem welken Ende schon fallen lassen. Yukke kam nicht umher, sich selbst in diesem Gewächs zu erkennen. Er selbst fühlte sich ebenso kraftlos und er spürte, dass sein Optimismus, sein Wille durchzuhalten Stück für Stück an Halt verlor. Er wollte nicht schwach werden. Er durfte es einfach nicht und doch waren die Momente, wo er einfach nicht mehr wusste wie es weiter gehen sollte immer zahlreicher geworden und es wurde so unsagbar schwer sie mit Zuversicht zu vertreiben, wenn es einfach nichts gab, was ihn mit neuer Hoffnung versorgte. Etwas Wasser und seine Pflanze würden weiter wachsen und gedeihen. Nur war es mit Tatsuro bei weitem nicht so einfach. Tatsuro sah sich als der Schwache Punkt und über dieses Denken ging nichts hinaus. Dabei war er es, er es allein, der doch die Zügel zu allem in der Hand hatte. Doch für ihn gab es nur abwärts und er machte nicht einmal den Versuch sich irgendwo dran festzukrallen, um diesen Sturz aufzuhalten. Dass er dabei auch all seine Freunde und die Menschen die sich um ihn sorgten mit sich zog schien er gar nicht zu registrieren. Oder es war ihm schlicht und einfach egal. Yukkes Wasser wäre einfach nur eine Geste des Entgegenkommens gewesen. Nur ein Zeichen das Tatsuro nicht aufgegeben hatte. Doch war alles was er wahrnahm trockene Kälte die an ihm zerrte. *** "Wie geht es dir?", erkundigte sich Miya, als er mit Yukke das Treppenhaus hinunterstieg, um seinen Freund bei dessen Einkaufen ein wenig Gesellschaft zu leisten. Miya hatte sich seine Frage eigentlich schon selbst beantwortet, da es recht offensichtlich war, wie der Andere sich fühlen musste. Doch egal wie oft er ihn in der letzten Zeit diese Frage gestellt hatte, Yukke hatte sich nie negativ geäußert. Weder über Tatsuro noch über die gesamte Situation. Den einzigen störenden Faktor, der die Verbesserung der ganzen Lage verhinderte, sah er in sich selbst. Er würde einfach nicht ausreichend tun meinte er dann stets und versuchte seine Freunde immer mit einem merklich hölzernen Lächeln zu beruhigen. Nur hatte es sie von Anfang an nicht zu überzeugen gewusst. Weder ihn noch Satochi. Tatsuro war ein äußerst widerspenstiger Fall und in seinem Verhalten so scharfkantig, das man sich nur unter aufbringen vorwitzigen Mutes noch daran versuchte sich ihm verbal zu nähern. Und Yukke hatte dies tagtäglich zu bewältigen und Miya bewunderte ihn aufrichtig für seine Zähigkeit. “Ich weiß es nicht...” brachte dieser etwas verzögert hervor, worauf Miya in seinen Schritten inne hielt und seinen Freund mit irritierter Miene nachblickte. Da dieser aber nicht die Anstalten machte auf sein Anhalten zu reagieren, schloss er wieder zu diesem auf und ohne noch ein Wort zu verlieren verließen sie das Gebäude. Erst als beide in dem kleinen Wagen von Yukke Platz genommen hatten, erhob Miya erneut das Wort. “Willst du darüber reden?” Yukke startete den Motor, legte den Gang ein und schloss beide Hände fest um das Lenkrad, doch er setzte das Gefährt nicht in Bewegung. Stattdessen starrte er mit großen Augen aus der Windschutzscheibe, als habe er gerade ein Reh überfahren. “Ich kann jetzt nicht aufgeben...”, murmelte er schließlich und blickte weiter gerade aus. “Ich darf mir nur nicht alles so zu Herzen nehmen, das ist alles.”, setzte er weiter fort und seine Haltung lockerte sich wieder ein wenig, als er zu Miya schaute. “Ich habe es ihm versprochen.” Diesen Satz hatte Miya schon einmal von Yukke gehört und auch damals wusste er nicht genau, was er darüber denken sollte. Doch es schien so etwas wie sein Mantra zu sein, etwas das ihm Kraft gab und Miya wollte es nicht hinterfragen. Denn Kraft war etwas, das Yukke mehr als genug brauchte. Also nickte er diesem verstehend zu und beließ es dabei dieses Thema vorerst als abgehakt zu betrachten. Es hatte keine 10 Minuten gedauert, bis sie ihr Ziel erreichten und Miya seinem rotblonden Freund in den kleinen Store folgte, in welchem sie schon des Öfteren gemeinsam eingekauft hatten. Meist dann, wenn Yukke von ihnen Besuch erwartete und er dafür noch einige Dinge zu besorgen hatte. Miya kannte ihn gut genug um zu wissen, dass dieser sich für solcherlei Einkäufe gern etwas Zeit ließ, da er die Angewohnheit hatte sich gerne über neue Produkte zu informieren, wenn er den eines erspäht hatte. Heute jedoch strebte dieser einfach nur an was er benötigte und ließ alles andere außen vor. Yukke hatte ihm schon erzählt, das sich Tatsuro mit der regelmäßigen und ausreichender Aufnahme von Nahrung etwas schwer tat, er aber trotzdem immer genügend für ihn zubereitete, falls sich an dessen Einstellung doch wieder etwas ändern sollte. Es kümmerte ihn nicht, dass die Arbeit oft umsonst war, denn in dieser Hinsicht wollte er sich einfach nicht auf Tatsuros Launen einlassen. Wenn man bedacht wie viel dieser früher in sich hineinstopfen konnte, wo andere schon längst kapituliert hatten. Und nun musste man sich ehrliche Sorgen darum machen, dass er nicht noch verhungerte. Ausgestattet mit zwei Plastiktüten voller Einkäufe, verließen sie wenig später wieder das Geschäft. Schon als sich die beiden Glaseinheiten der Schiebetür zur Seite zogen, konnte man vom Parkplatz her ein rege Unterhaltung vernehmen, die von einer Gruppe Jugendlicher ausging, die sich um einen dieser trendigen, zweirädrigen Cityflitzer versammelt hatte und diesen eingehen begutachteten. Irgendwie kam Miya diese Szene nur allzu bekannt vor und auch Yukke hatte seine Aufmerksamkeit auf die Runde junger Männer gerichtet und schien genau dieselbe Erinnerung aufgerufen zu haben wie er. "Ist schon eine ganze Weile her." Und durch das Nicken, das ihm Yukke daraufhin schenkte, wusste er das er richtig mit seiner Vermutung gelegen hatte. "Ich musste damals fast drei Wochen mit so einem unpraktischen Verband um meinen linken Fußknöchel rumlaufen." Auch wenn Miya der anklagende Ton in der Stimme seines Freundes nicht entgangen war, so konnte er doch einen entspannten Gesichtsausdruck bei diesem erkennen. Und wahrlich, im Nachhinein betrachtet war es doch schon ein Ereignis gewesen. über das man jetzt schon etwas erheitert den Kopf schütteln konnte. Es war das erste Mal gewesen, das Yukke auf Tatsuro getroffen war und dieser hatte auch gleich dafür gesorgt, dass es für ihn zu einem unvergessenen Erlebnis wurde. Natürlich im negativen Sinne. Tatsuro war auch früher schon immer ein Chaot gewesen und hatte es offensichtlich zu seiner Berufung gemacht in dieser Mission nichts und niemanden zu verschonen. Da zählte es auch nicht, wenn man mit ihm befreundet war. "Damals hätte ich ihm am liebsten erwürgt!" Irgendwie konnte man es wohl nur als einen Wink des Schicksals betrachten das sie danach, wenn auch einige Jahre später, dazu aufbrachen um einen gemeinsamen Weg zu verflogen. /*/*/*/*/ "Hey, bist du der Freund von Masaaki?" Etwas verwundert drehte sich Yusuke zu der Stimme, die ihn gerade etwas unverfroren angesprochen hatte und mustere darauf einen schlaksigen Jungen mit recht arroganter Ausstrahlung, der nur wenige Meter von ihm entfernt stand. "Möglich." Er hatte nicht das Bedürfnis mehr als nötig mit jemanden zu sprechen, den er gar nicht kannte und der ihm obendrein auch noch mit so einem überheblichen Ton bedachte. Solche Leute hatten meist keine guten Ansichten. "Bist wohl nicht sehr gesprächig was?" Eigentlich hatte er ja gehofft, dass er mit seiner abweisenden Antwort den anderen dazu bringen könnte wieder zu verschwinden. Aber wenn er so darüber nachdachte, schien er Miya ja zu kennen und womöglich auch mit ihm befreundet zu sein. "Du kennst Miya?" Yukke war sich nicht sicher, ob es eine kluge Endscheidung gewesen war diese Frage zu stellen, noch ob er überhaupt eine Antwort erwarten sollte, wenn er zuvor die des Anderen recht unaufschlussreich bis gar nicht beantwortet hatte. "Ah, man kann also doch noch ein paar Worte mehr. Lag ich also doch richtig mit meiner Annahme." "Könnte man sagen." "Und was willst du von Masaaki?" Yukke konnte sich nicht helfen, aber irgendwie war ihm der Andere nicht ganz geheuer. Und eigentlich wäre es ihm lieber, wenn er wieder das Weite suchen würde, aber nun da er sich doch darauf eingelassen hatte ihm mehr Beachtung zukommen zu lassen, schien sich dieser Wunsch wohl nicht mehr zu erfüllen. "Ihm etwas geben." "So? Na da wirst du noch etwas warten können. Und du hast sicherlich nichts dagegen, wenn ich dir dabei etwas Gesellschaft leiste." Eigentlich hatte er etwas dagegen, eine Menge sogar, aber das behielt er lieber für sich. Dieser Typ machte nicht den Eindruckt, als würde er es sich bieten lassen gesagt zu bekommen, das er ihn doch wieder in Ruhe lassen sollte. Ein gleichgültiges Schulterzucken war schließlich seine Antwort, worauf er sich wieder von dem ihm immer noch Fremden abwandte und weiter seinen eigenen Gedanken nachhing. "Wie ist dein Name?", hörte er es nach ein paar Minuten fragen und wieder erschien ihm der Andere einfach nur aufdringlich. "Wäre es nicht angebracht sich selbst erst mal vorzustellen, bevor man andere dazu auffordert?", murrte Yukke leicht ungehalten, worauf ihn ein leichter Schauer des Unbehagens durchzog, als er sich dabei dem Anderen zuwandte und dieser ihn mit einem undeutbaren Blick aus seinen dunklen Augen fixierte. Der Kerl war wirklich unheimlich! Und dieser Eindruck verstärkte sich nur noch mehr, als eben jener nun zu ihm aufrückte und nur wenige Zentimeter vor ihm zum Stehen kam. "Kannst froh sein, dass du ein Freund von Masaaki bist, denn eigentlich mag ich es gar nicht, wenn man mir so vorlaut kommt!" Yukke konnte sich gerade noch davon abhalten, eingeschüchtert zurückzuweichen und devot mit dem Kopf zu nicken, auch wenn ihm deutlich danach zumute war. Mit was für Leuten trieb sich Miya da nur rum? Und wie als hätte dieser nur auf ein Stichwort gewartet, hörte Yukke ihn aus einiger Entfernung plötzlich seinen Namen rufen und blickte sich daraufhin etwas zögerlich nach ihm um. Der unsympathische Kerl stand währenddessen noch immer vor ihm und machte auch keine Anstalten sich wieder von ihm zurückzuziehen. "Yusuke also! Angenehm dich kennen zu lernen.", wisperte dieser daraufhin selbstgefällig und Yukke wurde noch ein Stück nervöser, als er anstatt der kalten und angriffslustigen Miene nun ein breites, fieses Grinsen auf dessen Zügen vorfand. Hatte dieser Mensch eigentlich auch Mimiken die einem nicht an einen Psychopaten erinnerten? "Tatsuro? Was willst du denn noch hier?" Miya klang deutlich überrascht über diese Tatsache, diesen ebenfalls hier vorzufinden und richtete folglich seinen Blick auf den Angesprochenen. "Ich habe mich nur ein wenig mit deinem kleinen Kumpel hier unterhalten und ich muss sagen, ich finde ihn wirklich putzig." Yukke fühlte sich ziemlich verarscht, als dieser dreiste Typ ihm darauf auch noch demonstrativ durch seine Haare struppelte, als wäre er ein zugelaufener Hund. Er hatte Miya schon einige Male diesen Namen erwähnen hören, meist wenn er sich gerade über den Träger ziemlich aufgeregt hatte. Und nun konnte er auch sehr gut verstehen, warum ihn dieser Tatsuro so in Rage bringen konnte. Solche Menschen zählte man wirklich nicht gern zu seinem Bekanntenkreis. Aber Miya erkannte ein Talent, wenn er es sah. Oder in diesem Fall gehört hatte. Yukke kam nicht umher sich zu fragen, wie es Miya möglich war mit jemand der genau das Gegenteil von ihm selbst darstellte, auszukommen, kannte er seinen Freund doch als recht kritisch und weniger geneigt sich mit solch zwielichtigen Personen herumzuschlagen. Die einzige Erklärung dazu war, dass dieser Tatsuro wirklich etwas vom Singen verstehen musste. So viel, das selbst Miya es auf sich nahm ihn zu erdulden. "Yusuke alles klar bei dir?" Etwas langsam fand er wieder aus seinen Überlegungen zurück, und schaute etwas irritiert zu Miya. "Oh...sicher. Alles OK." Nun wo er sich nicht mehr allein mit Tatsuro befand, fühlte er sich wieder wesentlich besser und vergas vorerst sogar, dass dieser überhaupt anwesend war. "Ich hab hier die Zeitschriften die du wolltest." Flux zog Yukke einen kleinen Stapel aus seiner Tasche hervor und gab sie an seinen Freund weiter. Miya hatte ihn gebeten ihn einige seiner Musikmagazine auszuleihen, um sich den ein oder anderen Artikel darin durchlesen zu können. "Zeig mal her!" Kaum aber das Miya die Magazine in die Hände bekommen hatte, wurden sie ihm auch schon wieder entrissen. "Geh gefälligst sorgsam damit um du Spinner!", bellte Miya und Yukke ahnte, dass dieser nur davon absah Tatsuro die Hefte wieder wegzunehmen, weil er nicht wollte, dass sie womöglich noch zu Schaden kommen würden. "Jetzt komm mal wieder runter. Ich tu ihnen schon nicht weh." Nein er beneidete Miya wirklich nicht um diese Bekanntschaft. "Oi Jungs!" Yukke folgte den Blicken der beiden, die sich wohl angesprochen fühlten und erkannte darauf einen weiteren Jungen in der Schuluniform dieser High School der munter vor sich hin grinste, als er auf sie zugeeilt kam. "Na was wird das hier, ein geheimes Bandtreffen?" Der Neue ging die kleine Gruppe mit den Augen ab und verharrte dann etwas überrascht an dem ihm Unbekannten. "Und du bist?" Yukke rollte etwas entnervt mit den Augen, als schließlich Miya das Wort ergriff. "Darf ich vorstellen, das ist Fukuno Yusuke. Ein guter Freund von mir." "Fukuno...", hörte er es aus Richtung Tatsuro murmeln, der sich wieder in eines der Magazine vertieft hatte. Yukke wusste sofort, dass dieser sich diebisch darüber freute nun seinen kompletten Namen erfahren zu haben, obwohl er ihn zuvor nicht hatte rausrücken wollen. "Freut mich.“, erklang es von dem Jungen vor ihm. "Ich bin Yasuhiro Satochi, aber alle nennen mich Sato." Satochi reichte ihm freundlich die Hand und Yukke war froh, dass er nicht auch so einen schrägen Charakter vermittelte, wie dieser Tatsuro es tat. "Mir ist eingefallen, das du mir doch noch was zeigen wolltest Tatsu?", meinte Satochi kurz darauf, was Tatsuro wieder ein breites Grinsen aufsetzen ließ. "Stimmt, aber dazu müssen wir zum Parkplatz." Yukke hatte schon gehofft, dass dieser sich nun von ihnen verabschieden würde und er sich noch etwas ungestört mit Miya unterhalten könnte, aber auch jetzt war ihm das Glück nicht gewogen. Anstatt Miya die Zeitschriften wieder auszuhändigen und mit Sato zu verschwinden, machte sich Tatsuro mit den Heften in der Hand auf den Weg, ohne ihnen die Gelegenheit zu lassen ihn aufzufordern sein Diebesgut wieder zurückzugeben. Somit blieb auch Miya und Yukke nichts anderes übrig, als sich ebenfalls in Bewegung zu setzten und Tatsuro zu folgen. "Mensch Tatsu, wo hast du das Teil den her?" Interessiert schlich Satochi um das Gefährt, neben dem sich Tatsuro platziert hatte und noch immer dekorativ vor sich hin grinste. "Hab ihn mir von Shin ausgeliehen.", erklärte er in einem Ton, der darauf schließen ließ, das er mit ausgeliehen nur das ungefragte Nehmen etwas verschönt ausdrücken wollte. "Ist ein europäisches Model. Spanien glaube ich. Ich hätte ihn ja in Rot gekauft aber Shin steht auf dieses langweilige Blau..." "Spanien?!" Miya schüttelte fassungslos seinen Kopf. "Das ist eine Piaggio Sfera NSL 80, der Nachfolger der NSL 50. Sie haben das gleiche Design nur bei diesem Modell hier wurde der Motorblock mit ein paar anderen Komponenten bestückt.", meinte er schließlich, als gehöre dieses Wissen zur Allgemeinbildung, war aber auch nicht wirklich überrascht, als man ihn trotzdem mit unverständlichen Blicken bedachte. "Es ist eine italienische Maschine!", murrte er letztendlich und konnte sich bei dem darauf folgenden, kollektiven „Ahhhh“ ein erneutes Kopfschütteln nicht verkneifen. "Spanien, Italien, ist doch alles das gleiche. Hauptsache es macht was her.", war nun Tatsuro Hinweis auf diese Information, der sich nun auch gleich auf den Sitz schwang, wahrscheinlich um die Aufmerksamkeit wieder auf sich selbst zu lenken. "Du hast doch gar keinen Führerschein?" Miya schien der einzige zu sein, dem diese grundlegende Tatsache zu denken gab, aber eigentlich erstaunte es Yukke auch nicht. "Was soll´s? Solange sie mich nicht drankriegen ist mir das reichlich egal." Wer hätte das gedacht? Diesen Kerl schien ja wirklich gar nichts anzuheben. "Na gut, jetzt wo du uns an deiner rebellischen Lebenseinstellung hast teilhaben lassen, kannst du mir ja die Hefte wiedergeben. Ich hab im Gegensatz zu dir nämlich noch einige Dinge zu erledigen." Miya wartete nicht auf eine Antwort, sondern hatte schon während seines Monologes seine Hand auffordernd in Richtung Tatsuro ausgestreckt und deutete mit seinen vor und zurück gehenden Finger die Nachdrücklichkeit seiner Aussage an. "Ist ja gut Mister -ich hab keine Zeit auch mal Spaß zuzulassen-!" Mit diesen Worten drückte er Miya die Magazine wieder in die Hand und schien darauf sogar etwas zu schmollen. "Sorry Yusuke, aber ich muss nun wirklich los. Danke für die Mühe sie mir gleich hier vorbei gebracht zu haben. Ich meld mich später noch mal bei dir." Damit verabschiede sich Miya auch schon und zog davon. "Ja ich muss auch los Tatsu. Hab noch Training. Wir sehen uns dann heut Abend. Bye!" Nun stürmte auch Satochi los und Yukke überkam mit einem Male wieder dieses unwohle Gefühl, das ihn auch schon heimgesucht hatte, bevor Miya ihm zur Rettung geteilt war. "Ähm..., ich werd dann auch mal verschwinden." Es erschien ihm sinnvoll sich so schnell wie möglich aus dem Staub zu machen und so drehte auch er sich einfach zum Gehen um und betete, dass er Tatsuro so unwichtig erschien, das er ihn nicht noch einmal ansprechen würde. Immerhin kannten sie sich ja auch gar nicht weiter. "Wo wohnst du?", hallte es ihm da auch schon hinter her. Und eigentlich war sein erster Gedanke so zu tun, als habe er es nicht gehört. Doch in den letzten zwanzig Minuten hatte er eines doch schon über den Anderen gelernt, und zwar das dieser unheimlich nervig und sogar aggressiv werden konnte, wenn man ihm nicht die nötige Beachtung zukommen ließ. Doch das letzte was er wollte war, diesem Typ zu verraten wo er wohnte. Womöglich käme der noch auf die Idee ihn irgendwann mal, nur so aus Langerweile heraus, aufsuchen zu wollen und das war etwas, auf das er gar nicht erpicht war. "Ist am anderen Ende der Stadt.", log er also, doch ließ er sich nicht dazu verleitet erleichtert zu sein, als er keine Reaktion darauf vernahm. Aber er wollte es auch nicht wagen sich nun noch einmal umzudrehen. Das einzige was er wollte war seine Ruhe vor diesem merkwürdigen Kerl. Das unverkennbare Knattern eines gerade gestarteten 50 Kubik Motors ließ ihn kurz zusammenzucken und er beschleunigte seinen Gang noch etwas. Es dauerte nicht lange, bis schließlich der Grund seiner Flucht neben ihm auftauchte, dann aber auch schon wieder an ihm vorbeizog. Ein erleichtertes Seufzen kam ihm über die Lippen und gedanklich machte er sich die Notiz, Miya nie wieder in dessen Schule aufzusuchen. Nun wo ihm nichts und niemand mehr im Nacken saß, ließ er sich wieder Zeit seinen Weg fortzusetzen und schlenderte noch ein wenig an den Schaufenstern einiger Geschäfte vorbei. Es war fast sechs als er auf seine Uhr schaute und beschloss sich etwas zu essen holen zu wollen. So lenkte er seine Schritte in eine kleine Seitenstraße, in welcher sich ein unscheinbares aber durchaus lohnenswertes Nudelrestaurant befand. Er hatte schon öfters dort gegessen und bis jetzt hatte es ihm immer geschmeckt. In seiner Überlegung vertieft, was er den heute am besten auswähle sollte entging ihm die kleine Gruppe die sich direkt vor dem Laden versammelt hatte und so wurde er erst auf diese aufmerksam, als er eine recht hitzige Unterhaltung einfangen konnte. Er sah sich mit vier bullig wirkenden Rückansichten konfrontiert und wusste auch ohne deren Vorderseite gesehen zu haben, dass mit denen sicherlich nicht zu spaßen war. Ein Hauch von Mitleid schwebte mit ihm einher bei dem Gedanken, was sie denen an zu tun vermochten, die ihren Unmut auf sich gelenkt hatten. Denn ohne Zweifel waren sie gerade recht verärgert und soeben dabei den Grund dafür zu Recht weisen zu wollen. "Was willst du Witzfigur schon allein gegen uns ausrichten!?", dröhnte es zu ihm herüber und Yukke versuchte sich so schnell wie möglich an dieser Versammlung vorbei zu stehlen. Mit gesenktem Haupt nahm er die wenigen Meter in Angriff die ihn an diesen Schlägern vorbei und in das Geschäft führen sollten, als er plötzlich an einem Arm gepackt wurde und sich nur Sekunden später Angesicht zu Angesicht mit eben jenen vier Gestalten befand, die er versucht hatte zu ignorieren. Einem verwirrten Blick zu seiner Rechten folgte fassungslose Sprachlosigkeit, die sich noch um ein weiteres steigerte, als er verfolgen konnte, wie der Urheber seiner nun so unerfreulichen Lage großspurig behauptete, das er ja gar nicht allein wäre, sondern mit seinem Kumpel hier, dabei zog er Yukke noch etwas näher zu sich, ihnen die Stirn bieten würden. Erst als er ein ziemlich angriffslustiges Zischen und das provokative Knacken von Fingerknöcheln vernahm kam wieder etwas Klarheit in seinen Geist und mit ihr auch die Fähigkeit zu sprechen zurück. "SAG MAL HAST DU SIE NOCH ALLE!", donnerte er auch gleich drauf los, erntete dafür aber nur ein Grinsen von dem er gehofft hatte es so schnell nicht wieder sehen zu müssen. "Nun stell dich nicht so an. Du wirst doch wohl mit so ein paar geistigen Netzhemden fertig werden können." Kurz war Yukke dem Gedanken erlegen sich in einem Traum befinden zu müssen, als er plötzlich unsanft am Kragen seines Hemdes gepackt wurde und nun in zwei erzürnte Augen starrte, die ihn grotesker Weise an die eines Schweins erinnerte, und welche wahrlich nichts Gutes verhießen. "Wie war das gerade?!" Der unangenehme Atem der Yukke streifte ließ ihn die Nase rümpfen. Was sollte das denn jetzt? Er hatte doch gar nichts gesagt und trotzdem ging dieser Typ nun einfach auf ihn los! Tatsuro schien ja wirklich gar nicht so unrecht gehabt zu haben mit seiner Titulierung. Ein kurzer Ruck ging kurz darauf durch den schweren Körper vor ihm und der Griff der in festgehalten hatte löste sich. Er brauchte ein wenig um zu begreifen, dass es Tatsuro war der ihn gerade daraus befreit hatte und das, wie es aussah, mit einem gekonnten Tritt gegen das Kniegelenk seines Peinigers. Sie nutzten die dadurch entstandene Verblüffung die es bei den anderen dreien ausgelöst hatte um die Flucht zu ergreifen. Auch wenn er nicht wusste wieso, folgte Yukke Tatsuro in eine andere Seitenstraße, wo er dessen Roller erblickte auf welchen sich dieser gerad platzierte und ihn auch sogleich startete. "Wenn du hier heil rauskommen willst, dann steig auf.", hörte er ihn in einem für diese Situation viel zu belustigten Ton sagen und schwang sich in Anbetracht der tosenden Schritten die sich näherten ohne Widerworte hinter ihn auf das zweirädrige Gefährt und rauschte mit ihm davon. Sie waren vielleicht fünf Minuten gefahren, als Tatsuro das Tempo wieder zurücknahm und sie sich nun auf einer Straße etwas außerhalb der Stadt befanden. "War doch lustig, oder?" Yukke schlug das Herz noch immer recht heftig, auch wenn sie sich jetzt wohl keine Sorgen mehr darüber machen mussten, dass man sie erwischen würde. Unter lustig stellte er sich definitiv etwas anderes vor. Nicht zuletzt war es eine Unverschämtheit gewesen ihn überhaupt erst da mit rein zuziehen, auch wenn zum Glück nicht weiter passiert war. Tatsuro hatte eindeutig ein Problem mit seiner Freizeitgestaltung und mit seinen Versuchen sich beliebt zu machen. Er sollte sich wirklich von ihm fern halten. "Kannst du mich an der nächsten Bushaltestelle absetzten?", versuchte er sein Vorhaben so schnell wie möglich umzusetzen, wurde aber gekonnte ignoriert. "Hey, ich rede mit dir!" "Wo genau wohnst du?" /*/*/*/*/*/ Er war nicht mehr dazu gekommen in irgendeiner Art auf diese Frage zu reagieren, da er just in diesem Moment einen erschreckten Ausruf seines Vordermannes vernommen hatte, worauf sie auch schon von der Straße abgekommen waren und eine Böschung hinab holperten und letztendlich mit einem umgestürzten Baumstamm kollidierten. Dies hatte zur Folge gehabt, das er dann für Wochen mit einer Bandagierung um seinen linken Fuß herum humpeln musste, da er sich diesem beim darauf folgenden Sturz verletzt hatte. Er hatte Tatsuro danach nur noch einmal kurz gesehen, ohne dass sie ein weiteres Wort miteinander gewechselt hatten. Erst Jahre später waren sie wieder aufeinander getroffen und er hatte es sogar meistern können mit Tatsuro eine Freundschaft aufzubauen. Dass sie sich jedoch jemals solch einer Probe unterziehen müssten, war ihm nie auch nur ansatzweise in den Sinn gekommen. Und wenn, dann hätte er sicherlich nicht gedacht, dass es so schwer werden würde sie zu bestehen. * Wieder saß Yusuke allein in seinem Wohnzimmer. Auch wenn es ihm ein schlechtes Gewissen bereitet so war er froh, dass ihm Miya heute etwas Gesellschaft geleistet hatte. Es hatte ihm gut getan, doch trotzdem fühlte er sich Tatsuro gegenüber nun wie ein Verräter. Aber er hatte es auch gebraucht. Einen Moment, wo er sich ein wenig von der Umklammerung der unangenehmen Stille, die zwischen ihm und Tatsuro herrschte, loslösen konnte. Denn selbst mit Tatsuro in seiner Nähe, fühlte er sich oft einfach nur allein. Mit bloßer Einsamkeit hätte er allerdings umgehen können. Hätte etwas dagegen tun können. Doch dies hier war einfach etwas anderes. Der andere war da und doch auch nicht und Yukke fühlte sich so hilflos. Zum einen gegenüber Tatsuro und zum andere gegenüber sich selbst. Er hatte niemanden davon erzählt, auch wenn er glaubte, dass seine Freunde ihn in einem gewissen Masse eh schon durchschaut hatten. Nur ihnen seine ganze Seele offen legen, das konnte und wollte er nicht. Es quälte ihn zwar, dass er manches Mal am liebsten zum Telefon greifen wollte, um sich einfach einmal bei einem von ihnen auszuheulen, aber der Gedanke, was man ihm dann sicherlich begreiflich machen wollte, ließ ihn davon Abstand halten. Man würde ihm raten Tatsuro zu seiner Familie zu schicken. Dort würde er mehrere Leute um sich haben und die Last lege nicht nur auf eine Person. Bei dem Wort Last krampfte sich sein Magen automatisch zusammen. Tatsuro war keine Last, er war sein Freund und würde es auch immer bleiben. Er wollte ihn nicht wegschicken, er wollte ihm nicht glauben lassen, dass es letztendlich doch zu viel für ihn war und er sein Versprechen nicht einhalten konnte. Ein riesiger Knoten, so schien es ihm, schlang sich plötzlich in seinem Hals zusammen und machte ihm das Schlucken schwer. Er hasste es, wenn ihm die Tränen kamen. Nur was wäre, wenn er mit seinen Gedanken einfach nur egoistisch handelte? Vielleicht sollte er sich selbst die Frage stellen für wen genau er dies alles hier auf sich nahm? Wie viel Prozent seiner Aufopferung bezogen sich auch wirklich auf Tatsuro selbst? War es nicht einfach nur so, dass er zuerst an sich dachte? Er hatte sich dazu bereit erklärt sich um Tatsuro zu kümmern. Und er konnte nicht übergehen, das er es auch für sich und sein vor Schuld jammerndes Gewissen getan hatte. Er wollte sich davon befreien und das so schnell wie möglich. Konnte es sein, das er darüber hinaus aus den Augen verloren hatte, was für ihn und was für Tatsuro das Beste war? Hatte er den anderen vielleicht die ganze Zeit über damit gequält für sein Seelenheil herzuhalten? Wer konnte denn schon sagen, wie es ihm bei seiner Familie ergangen wäre, hätte er sich nicht einfach dazwischen gedrängelt? Sie hätten sich vermutlich nicht einfach damit abgefunden, dass Tatsuro sich so zurückzog. Sie hätte daraufhin wohl alles Mögliche in Bewegung gesetzt um ihn aufzubauen und sich nicht von Rückschlägen einschüchtern lassen. Er hingegen ließ sich von dessen Schwermut ebenfalls einlullen, anstatt sich dagegen zu wehren, diese gar auszumerzen. Er war nicht in der Lage Tatsuro mitzureißen, weil er sich selbst nicht einreden konnte stark genug dafür zu sein. Salzige Bahnen zogen nun ihre Wege über seine blassen Wangen und er konnte ein wütendes Knurren darüber nicht zurückhalten. Zwar hatte sich Tatsuro selbst dazu entschieden hier bleiben zu wollen, doch vielleicht auch nur aus dem Grund, da er wusste das er mit Yukke nicht viel auszustehen hatte. Und Tatsuro hatte recht damit. Er hatte sich etwas vorgemacht. Sich und den anderen. Von Anfang an hatte er nicht die Entschlossenheit aufbringen können, die doch so notwendig dafür gewesen wäre, Tatsuro aufzufangen und ihm alles an Halt zu geben was er braucht, um wieder zu sich zu finden. Was würde er tun, würde ihm etwas genommen das für ihn so dermaßen wichtig war? All seine Vorsätze Tatsuro zu helfen, hatte es an Konsequenz gefehlt und letztendlich hatte er diesen doch ganz sich selbst überlassen. Kapitel 21: That´s all I´m -------------------------- OK, ich weiß jetzt nicht, ob der Anfang dieses Kapitel für jeden verständlich erscheint, deshalb hier eine kleine Erklärung dazu. Sätze zwischen diesen Zeichen >…< sollen von Tatsuros innerer Stimme her stammen, quasi sein Unterbewusstsein- Sätze zwischen diesen Zeichen „…“ sind Ereignisse in Tatsuros Leben, an die er sich erinnert, und die ihn sozusagen ein Stück weit zu dem Charakter haben werden lassen, wie man ihn in dieser FF kennengelernt hat. Sätze zwischen diesen Zeichen /…/ sind Tatsuro Gedanken zu den einzelnen Abschnitten. Man könnte auch sagen er ist im Zwiespalt mit sich selbst. So ich hoffe ihr könnt dem Ganzen folgen, wenn nicht dann wäre es förderlich, wenn man mir das mitteilt. *** Kapitel 21: That´s all I´m >Warum vertraust du ihnen nicht?< "Schau, was ich gefangen habe großer Bruder." "Ta-chan. Was hast du denn da? Oh einen Reisgeistchen." "Ein Reisgeistchen?" "Hast du das nicht gewusst? Sie kümmern sich darum, dass unser Reis wächst und gedeiht, damit wir nicht hungern müssen." "Wirklich? Es sieht aber gar nicht aus wie ein Geist." "Du darfst nicht immer nur nach dem äußeren Schein gehen. Sie können jede Gestalt annehmen die sie wollen. Einige leben in Frieden neben uns Menschen und andere ärgern uns gern. Aber dieses hier ist harmlos. Also geh vorsichtig damit um, sonst zerbrichst du seine Flügel und dann wird es sterben. "Ich möchte nicht dass es stirbt!" "Dann lässt du es am besten wieder frei." /Ich vermisse diese Unbeschwertheit.../ >Warum gibst du einfach auf?< "Ich will davon nichts hören! Er ist nicht mein Sohn, damit er sein Leben für solch sinnlose Träume verschwenden kann! Es ist deine Schuld, dass er so geworden ist. Du hättest ihm nicht all seine luftigen Ideen durchgehen lassen sollen. Sieh dir an welchen Weg er anstrebt!" /Sie hätte meinen Vater verlassen sollen.../ "Es tut mir leid Ta-chan, aber es wird Zeit das ich mich um mein eigenes Leben kümmere. Ärgere deine Mutter und Shin-kun nicht so, wenn ich weg bin. Sei nicht traurig. Ich vergesse dich nicht." /Als Kenji fort ging, war nichts mehr wie vorher.../ >Du bist nicht allein!< "Hatte ich dir nicht verboten, dieses Unsinn weiterzuführen?! Du glaubst wohl, dass du deinem Bruder nacheifern musst? Aber solange du hier in diesem Haus wohnst, hast du dich nach meinen Regeln zu richten! Ich werde diesen Fehler nicht noch einmal zulassen. Was ist aus deinem Bruder geworden, nachdem er sich einfach so aus dem Staub gemacht hatte? Er hat seiner Familie nur Schande gebracht!" /Er hat es nie verstanden.../ >Aber du wusstest was du wolltest< "Warum willst du unbedingt zu diesen Idioten dazugehören Ren?" "Mensch Tatsu, das ist die Chance endlich mal wer zu sein. Hast du es nicht auch satt, als ein Niemand abgestempelt zu werden?" "Ich bin lieber ein Niemand, als mich von denen ausnutzen zu lassen. Hast du dir nie überlegt mal aus eigener Kraft was zu erreichen? Ist dein Selbstwertgefühl so gering?" "Hör zu, es kann ja sein, das du dich für was Besseres hältst, aber das bringt dir auch nicht viel. Sieh es ein, wir gehören nicht zu den Großen, aber wir können uns ihnen anschließen." "Diese Spinner bringen dich nicht vorwärts nur abwärts! Willst du unsere Freundschaft für so was aufgeben?" /Es war ihm egal.../ >... und es hat dich verletzt...< "Halt bloß dein arrogantes Maul Iwagami! Du hältst dich wohl für nen ganz tollen Typen, was?!" "Lass uns gehn Tatsuro, der ist es doch nicht wert." "Trotzdem finde ich es immer wieder erheiternd, wenn die sich wegen ner Tussi, die ihnen durch die Lappen gegangen ist, so aufführen." "Warum legst du es auch immer wieder darauf an. Du hast doch gewusst, dass sie nen Freund hat?" "Eben drum, sonst macht das ganze doch keinen Spaß." /Mir war es egal.../ >Schwäche bedeutet nicht, das man nichts wert ist< "Du kannst auf der Stelle gehn! Ich bin es leid, eine Brut von Nichtsnutzen mein Fleisch und Blut zu nennen! Du wirst genau so wenig im Leben etwas zu Stande bringen, wie Kenji es getan hat! Oder glaubst du allen Ernstes, dass man mit diesem Lärm den ihr Musik nennt irgendetwas erreichen könnte? Du bist nichts und du bleibst nichts!" /Alles was ich hatte war der Mut der Verzweiflung es zu versuchen, daran zu glauben... Ich wollte es ihm beweisen und ich wollte es mir selbst beweisen. Nichts hat mich davon abbringen können, auch nicht all die Opfer die ich hinter mir gelassen habe. Es tat so oft, so weh... Und wo stehe ich jetzt? Er hatte Recht. Ich habe ihn dafür gehasst das er Kenji vertrieben hatte. Dafür das er jeden von uns in seine Profile zwängen wollte und es ihn nicht interessierte, ob wir selbst etwas anders wünschten. Ich wollte nicht werden wie er. Und nun bin ich noch weniger wert./ >Das ist nicht wahr! Warum begreifst du das nicht? Hör auf zu glauben, dass du nutzlos geworden bist. Du musst nur aufstehen und es weiter versuchen!< /Ich habe es versucht!/ >Nein hast du nicht! Du bist davongerannt, wie ein kleines Kind. Und nun sitzt du hier und jammerst anstatt etwas zu tun!< /LASS MICH IN RUHE! Du verstehst nicht das Geringste! Ich habe alles für diesen Weg gegeben./ >Ganz genau, ich verstehe es nicht, weil du es nicht verstehst. Wenn du dich hier einschließt wird sich nichts ändern. Willst du das dein Vater recht hatte?< /ICH HABE MEINEN WERT VERLOREN! Wer bin ich schon, wenn ich nicht mehr das tun kann, was mich ausgezeichnet hat, was mich als den Menschen ausgemacht hat der ich war?!/ >Merkst du nicht, das du in die völlig falsche Richtung läufst? Glaubst du sie sehen dich nicht als kompletten Menschen, sondern nur als das was du kannst? Meinst du wirklich, dass sie dich einfach so von sich weißen würden, auch wenn du nicht mehr zu dem zurück finden würdest, was du so verzweifelt suchst? Sie sind nicht wie all die Menschen, die dich enttäuschten, indem sie sich nie die Mühe machten dich zu verstehen. Du hast dir diese Mauern selbst errichtet und nur du kannst dich von ihnen befreien. Ist es so schwer es zu versuchen?< /SEI STILL!!!/ >Schau dich an! Du hast verloren, wenn du nicht verstehst..., wenn du nicht vertraust... < ... ... "Ich werde für dich da sein..." Es hatte ihn aus seinen Gedanken geholt, dieses Geräusch, und ihn mit einem Schwall des Unbehagens überschüttet. Tatsuro! Hektisch verließ Yukke seinen Platz im Wohnzimmer und fand sich nur Sekunden später vor der Tür, die zu seinem Badezimmer führte, ein. Tatsuro hatte sich möglicherweise schon vor einiger Zeit darin eingeschlossen, da er sich schon dort befand, als er wieder nach Hause gekommen war, und auch jetzt noch dort drin verweilte. Dies hatte Yukke dazu veranlasst anzunehmen, dass Tatsuro wohl glaubte, er habe es einfach satt mit ihm gehabt und war deshalb einfach verschwunden. Und nun wollte er ihn einfach nicht zu Gesicht bekommen müssen. Aber das war ganz bestimmt nicht seine Absicht gewesen. "Tatsuro?" Er wusste, dass die Tür verschlossen sein würde, und trotzdem ging er dem Versuch nach die Klinke nach unten zu drücken. Doch wie erwartet, ließ sie sich nicht öffnen. Und genauso gut wusste er auch, das Tatsuro ihm nicht auf machen würde. Aber er konnte und wollte es nicht einfach ignorieren. Etwas stimmte nicht! Auch wenn es ihm bis jetzt gelungen war es zu übergehen, so presste sich der Gedanke, dass Tatsuro sich womöglich noch etwas antun könne, nun so vehement in seinen Kopf, dass er einer anstehenden Panik kaum Einhalt gebieten konnte. Seit der Diagnose um dessen Stimme hatte man verfolgen können, wie es Tatsuro seelisch immer schlechter gegangen war. Doch hofften sie immer, dass dieser trotzdem stark genug sei sich nicht gänzlich davon einnehmen zu lassen. Und das hoffte Yukke auch jetzt noch. Trotzdem musste er sich selbst davon überzeugen, sei es auch, dass er sich erneut den Unmut seines Freundes aufladen würde. Aber einfach nur dastehen und nichts tun, das war einfach nicht mit sich zu vereinbaren. Es war von Vorteil, dass diese modernen Schlösser nicht mehr auf einen Schlüssel angewiesen waren und sich diese mit etwas Geschick sogar durch die simpelsten Hilfsmitteln öffnen ließ, wenn man wusste wie man es anzustellen hatte. So dauerte es auch nicht lange, bis Yukke die Verrieglung die, die Tür verschlossen hielt gelöst hatte und er die Tür ohne Probleme aufziehen konnte. Nur um folglich ungläubig auf die Szene zu starren die sich vor ihm ausbreitete. Tatsuro stand mit gesenktem Kopf vor dem Waschbecken in welchem unzählige Scherben des Spiegels lagen, der einst über der Keramik angebracht gewesen war. Die roten Schlieren, die sich über einzelne Splitter zogen, ließen Yukke hart schlucken. Auch wenn ihm sein Verstand sagte das Eile angebracht wäre, um sich von dem ganzen Ausmaß des Geschehenen zu überzeugen, überwog die Angst und ließ ihn nur zögernd näher treten. Tatsuro hatte sich noch nicht bewegt, und auch als er nun genau neben ihm zum Stehen gekommen war, rührte er sich nicht einen Millimeter. Vorsichtig legte Yukke ihm eine Hand auf die Schulter, und blickte dabei auf den See aus Scherben und rotem Blut, das unaufhörlich aus der rechten Hand Tatsuro floss. Er musste sich um diese Wunde kümmern, und ihn womöglich auch zu einem Arzt bringen. Es waren so viele Gedanken die auf einmal auf ihn einströmten, dass ihm für einen Augenblick leicht taumelig wurde, und er damit zu kämpfen hatte nicht die Fassung zu verlieren. Wieder schluckte er schwer, bevor er sich mit seinen Fingern der verletzten Hand Tatsuros näherte, um diese von den Überresten des Spiegels weg zu dirigieren. Und zu seiner großen Erleichterung, ließ es Tatsuro auch zu. Vorsichtig drehte er diesen nun ganz von dem Becken weg, und ließ ihn sich auf den Deckel der Toilette setzten, damit er nicht fürchten musste, dass dieser zusammenbrach, was auf Grund des Blutverlustes durch aus passieren konnte. Schnell legte er ein Handtuch um den lädierten Handrücken, nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass sich keine Splitter in der Wunde befanden. Es machte ihm ein wenig Angst, dass Tatsuro sich so lethargisch zeigte, obwohl man davon ausgehen konnte, dass diese Verletzung sicherlich recht schmerzhaft sein musste. Leicht hob er dessen Kopf etwas an, um ihm in sein Gesicht schauen zu können. Es war ein Gefühl von beißender Kälte, das ihn umfing, als er die Leere in dessen Augen erkennen konnte. "...Tatsuro..." Seine Stimme brach bei diesem Anblick, und erneut konnte er sich einer Flut aus Vorwürfen nicht erwehren. Wie hatte er sich vormachen können, dass es nie so weit kommen würde? Wie hatte er davon ausgehen können, das Tatsuro nicht irgendwann an seinen Zweifeln zerbrechen könnte? Hatten sie sich nicht selbst oft genug damit befasst, wie es Menschen erging, die den Glauben an alles verloren hatten? Aber er wollte es nicht sehen, aus dem bizarren Gedanken heraus, das Tatsuro doch nicht allein war mit seinem Leid. Bei Menschen die niemanden hatten die sie wieder an die Oberfläche, heraus aus ihren Depressionen zogen, war es nicht schwer zu verstehen wenn sie aufgaben. Aber Tatsuro... Er hätte sehen müssen, dass dieser es anders empfand. Das dies Alles bei ihm viel tiefer ging, als wie bei seinen Freunden und seiner Familie. Wie hatte er nur glauben können ihn zu verstehen? War er wirklich so blauäugig gewesen anzunehmen, dass es einer Situation von früher gleich kam? Dass er nur etwas Geduld haben müsse und Tatsuro sich dann ganz von allein an ihn wenden würde? War er tatsächlich so naiv gewesen? Ein leichtes Zucken von Seiten Tatsuros ließ ihn wieder zu diesem aufschauen. Er sollte ihn wirklich zu einem Arzt bringen. Womöglich mussten die Schnitte genäht werden. Hier hatte er nur notdürftige Mittel, um sich um solche Verletzungen kümmern zu können und eine Infektion musste sie nun nicht auch noch riskieren. Es würde schon noch schwer genug werden den Anderen von diesem Zwischenfall berichten zu müssen und sich damit das Zugeständnis zu geben, das er einfach nicht richtig auf ihren Freund aufgepasst hatte. Es war ein Leichtes Tatsuro mit sich zu führen, was Yukke zeigte das dieser anscheinend nicht zu merken schien, was um ihn herum passierte. Er hatte dessen Hand mit einem Behilfsverband umwickelt, bevor er ihm mitgeteilt hatte, dass er ihn zu einem Arzt bringen würde. Eigentlich hatte er schon damit gerechnet das die Erwähnung, sich erneut in medizinische Hände begeben zu müssen, ihn wenigstens ein Stück wieder zu sich bringen würde. Doch Tatsuro hatte keinerlei Anstalten in nur irgendeine Richtung gemacht. Yukke war froh, dass sie nicht einmal zu warten brauchten, als sie die Praxis betraten und er der Schwester gleich erklärte konnte, was sie hier her bewegt hatte. Ihm war klar, dass auch die Frage nach dem Wie nicht ausbleiben würde. Er hatte schon auf der Fahrt überlegt, ob er die Wahrheit, oder doch eine weniger traurige Lüge vorbringen sollte. Letztendlich hatte er sich für den richtigen Hergang entschieden, da er sich noch nie wohl gefühlt hatte die Unwahrheit zu sagen. Er hatte ja auch nicht vor die gesamte Geschichte und ihren Werdegang zu vermitteln, sondern nur das zu schildern, was genau in den letzten beiden Stunden geschehen war. Nicht mehr und nicht weniger. Es ging auch keinen Uneingeweihten etwas an, warum Tatsuro sich zu solch einer Tat hatte hinreißen lassen. Außerdem war er viel zu durcheinander, um sich noch großartig auf eine glaubhafte, erlogene Geschichte zu konzentrieren, was in Anbetracht solch einer Lage, auch mehr als erbärmlich gewesen wäre. So stellte er sich auch dem prüfenden Blick, den man ihm zuwarf, als er die Umstände erklärt hatte und ihn auch hier schon das Gefühl ereilte, dass man ihn für einen unbrauchbaren Freund halten musste, wenn man unter seiner Fürsorge, schließlich solche Ergebnisse vorzuweisen hatte, wie Tatsuro es tat. Aber er konnte ihn ja schließlich nicht einfach so zu Hause sitzen lassen, nur weil er sich der anstehenden Kritik seiner Umwelt nicht aussetzen wollte. Alles was ihn an Missbilligung entgegen gebracht wurde hatte er auch verdient. "Geben sie nun etwas besser Acht auf ihren Freund.", teilte man ihm noch mit, als er ein Rezept in die Hand gedrückt bekam und sie daraufhin das Behandlungszimmer wieder verließen. Tatsuro hatte das Nähen, so wie auch alle anderen Bemühungen um seine Wunden, ohne ein Zutun über sich ergehen lassen und war auch jetzt, wo sie wieder unter freiem Himmel waren, nicht deutlich zugänglicher als zuvor. Wenn er doch nur etwas tun könnte. Diese Art der Gleichgültigkeit war beängstigend und nur schwer zu ertragen. Tatsuro war auch zuvor schon in solch ein Schema verfallen gewesen, doch so einen gänzlich verlassenen Eindruck hatte er nie vermittelt. Jetzt war es einem, als könnte man ihn auch von der Rainbow Bright stoßen und er würde nicht einmal einen Laut von sich gegeben. Zwar hatte ihn der Arzt wissen lassen, dass dieses Verhalten auch durchaus auf einem Schock beruhen konnte, aber was wenn dem nicht so war? Er würde sich nur zu gern an diese Diagnose hängen und darauf vertrauen, dass es sich bald wieder einrenken würde, aber irgendetwas in ihm sagte, dass es nicht so einfach wäre. Nicht nach allem was Tatsuro in der letzten Zeit zugestoßen war. Vielleicht sollte er ihm etwas vorführen von dem er wusste, dass dieser es früher immer gemocht hatte. Womöglich wäre das ein Anstoß, dass er sich besinnen würde. Selbst wenn er nur wieder in das abweisendes und störrisches Wesen der letzten Wochen zurückfinden würde. Aber alles wäre leichter zu verkraften, als ein Tatsuro der nur noch einer menschlichen Hülle glich. Es hatte eine Weile gedauert, bis Yukke etwas eingefallen war, was er versuchen könnte und so hatten er sich mit Tatsuro wieder in den Wagen gesetzt und nun fuhren sie über die bunt beleuchteten Straßen der Stadt, deren Lichter etwas lebhaftes in die dunklen Augen Tatsuros hinein heuchelten. Schon von hieraus konnte er den Tower in seinem orangenfarbenen Lichtkleid sehen, und es weckte erneut die Hoffnung, dass er mit seiner Eingebung etwas in seinem Freund würde bewegen können. Es war einige Zeit vergangen, seit sie das letzte Mal hier gewesen waren, doch genau wie damals, war der Abend mild und der Himmel klar und Yukke wusste das es genau diese Atmosphäre war die Tatsuro immer am meisten gesucht und genossen hatte. Die Skyline war von keinen anderen Punkt der Stadt so weitläufig zu betrachten und unter dem Mantel der Dunkelheit brachte dieser Anblick eine gewisse Ruhe mit sich. Das Treiben das unterhalb von einem lag, mit all dem hektischen Reflektionen und Geräuschen, schien von oben aus gesehen einem Spielautomaten gleich. Und doch ging es einen in diesen Augenblicken nichts an. Man war nur Beobachter, Träumer, Philosoph. Und wahrlich waren einige Zeilen aus ihren Texten schon in Anschauung dieser, sich weit über das Land verschütteten Szenerie, entstanden und es waren oft Tatsuros Gedanken, die sich darin wieder fanden. Und dieser Ort war einer der wenigen, wo dieser es zuließ sich für alle möglichen Dinge zu öffnen. Nicht nur einmal hatte er Tatsuro mit einem zufriedenen Lächeln die Ferne betrachten gesehen. Als hätte dieser Anblick die Kraft sich völlig frei fühlen zu können. Ein Gut, das sie in ihrem sonstigen Leben als ziemlich rar erachten mussten. Aber keiner von ihnen sah sich gezwungen diesen Weg zu gehen. Stattdessen genoss man die Momente, wo man dieses Gefühl für sich einfangen konnte umso inniger. Auch ihn hatte es stets mit einem glücklichen Empfinden ausgestattet, wenn er Tatsuro so erleben durfte. Es war einfach etwas Ehrliches. Sie hatte wohl schon etwas seltsam auf die wenigen Besucher gewirkt, als sie sich trotz des Umstandes, das sich der Abend so angenehm lau präsentierte, doch etwas zu sehr in ihrer Kleidung versteckten, als sie den Lift des Towers betraten. Folglich hatte sich die Fahrt zur ersten Plattform, auf ihrem Weg nach oben, doch ziemlich ruhig gestaltete und schon bei ihrem ersten Halt, waren sämtliche Insassen, bis auf sie selbst, aus der Kabine geeilt, worauf sie diese für sich allein verbuchen konnten. Und Yukke war dies nur recht. Das letzte Mal als sich Tatsuro unfreiwillig zu viel Trouble aussetzt sah, war noch nicht vergessen und auch nicht, wie sich daraufhin alles entwickelt hatte. Zwar machte Tatsuro auch jetzt nicht den Eindruck, dass er sich überhaupt darum scherte, was gerade um ihn herum vor sich ging, aber man musste es ja nicht unbedingt darauf ankommen lassen. Wenigstens ein Mal schien ihnen eine höhere Macht wohl gesonnen zu sein. Auf der letzten Plattform angekommen zeigte sich auch, dass es gar nicht so unangebracht war, sich auf Grund der unten herrschenden milden Grade, nicht zu freizügig hier rauf zu begeben. Treibenden blies der Wind um die Stahlkonstruktion und die einzelnen Körper die diesem im Wege standen und zog wild an ungeschützten Frisuren. Seit sie wieder aus dem Wagen gestiegen waren, hatte er Tatsuro an dessen Arm mit sich geführt und auch jetzt ließ dieser sich willig in die Richtig lenken, die Yukke vorgab. An einer Brüstung blieb er schließlich stehen und zog Tatsuro neben sich. Doch war es nur er der seinen Blick über das Meer aus Lichtern schweifen ließ und langsam aber sicher zerbrach die Hoffnung in ihm, das er Tatsuro noch dazu animieren konnte, sich daran zu beteiligen. Es ihn wieder etwas aufwecken würde. Er spürte wie seine Finger, die er um das kalte Metall der obersten Strebe das Abgrenzung gelegt hatte, immer empfindungsloser wurde, aber das war nichts im Vergleich mit dem Gefühl, das ihm diese Ohnmacht vor Augen führte, einfach nichts ausrichten zu können. Er wollte doch für seinen Freund da sein, stattdessen hatte er ihn von einem Martyrium in das nächste gehetzt und nun musste er mit ansehen, wie dieser daran völlig zu ersticken drohte. Oder war es sogar schon zu spät? Er hatte keine Ahnung, was er jetzt tun sollte, aber das hatte er auch zuvor nicht gehabt. Er war einfach davon ausgegangen, dass sein guter Wille ihn schon richtig leiten würde. Doch hatte er damit das genaue Gegenteil heraufbeschworen. Vielleicht sollte er sich in die Tiefe stürzen, wenn er damit erreichen könnte, dass es Tatsuro wieder besser ging. Denn bis jetzt hatte er ihm nur noch mehr Schmerzen bereitet, als er eh schon zu ertragen hatte. Unwirsch biss er sich auf seiner Unterlippe herum, bis er den leicht metallischen Geschmack von Blut auf seiner Zunge schmecken konnte. Doch war das nur ein geringer Zoll, im Vergleich zu den unsäglichen Schuldgefühlen die immer weiter in ihm hochquollen. Es war ein mattes Geräusch, das er glaubte zu hören und welches ihn dazu veranlasste neben sich und auf Tatsuro zu schauen. Es war das Gefühl auseinander gerissen zu werden. Aus einer Höhe wie dieser zu fallen und aufzuschlagen. Selbst wenn er es sich vor wenigen Augenblicken fast schon gewünscht hatte, war er wieder daran zu verstehen, dass dieser Wunsch einfach nur egoistisch gewesen war. Nicht er war es der das größte Leid zu tragen hatte! Und jede weitere Träne die Tatsuro stumm über die weißen Wangen lief und so Boden tropfte führte ihm das wieder unweigerlich vor Augen. *** Anm.: Die Geschichte mit den Reisgeistchen, gibt es wirklich in Japan. Man sieht z.B. Libellen, oder Schmetterlinge als solche an. Nur falls jemand sich wundern solltet, was Ta-chan da wirklich gefangen hatte. Kapitel 22: Déjà-vu ------------------- Es machte ihn nervös, wie Miya vor ihm auf und ab schritt doch er wusste, dass dieses Verhalten seine Art war sich etwas abzulenken. Keiner von ihnen hatte dieses unwohle Gefühl verbannen können, das sich seit dem Unfall in ihnen eingenistet hatte. Nur ging jeder anders damit um. Manchmal fragte sich Satochi, ob er nicht feinfühlig genug für diese ganze Situation war, da er sich zwar nicht minder Sorgen um ihre Freunde machte, doch ihn nie der Drang heimgesucht hatte, seiner inneren Unruhe durch äußere Unruhe Ausdruck zu verleihen. So wie es Miya gerade und fast immer tat, wenn er ihn in letzter Zeit besuchen kam. Satochi konnte sich nicht vorstellen, dass dieses anhaltende Gefühl, das einer Magenverstimmung gleich kam, sich dadurch besänftigen oder gar legen würde. Also überließ er es Miya allein eine Furche in seinen Teppich zu treten. "Wenn ich nur wüsste, was man tun könnte!" Zu Miyas Auf und Ab hatte sich nun auch noch merkwürdiges Armgefuchtel gesellt, was Satochi schließlich dazu veranlasste aufzustehen, Miya zu packen und diesen ebenfalls auf die Couch zu manövrieren. Für den Bruchteil eines Augenblickes, der sicherlich auf Miyas Verblüffung zurückzuführen war, war Stille im Raum eingezogen. Es vergingen jedoch nur Sekunden, bis der Gitarrist wieder aufsprang. Doch bevor er sich weiter der Zermürbung des Fußbodens widmen konnte, packte Satochi ihn am Arm und hielt ihn fest. "Wenn das mit dir so weiter geht, brauchst du auch bald einen Nervenarzt und ich gleich mit." Durch sanftes aber bestimmtes Ziehen an Miyas Handgelenkt bedeutete er ihm, dass er sich wieder setzen sollte und war dankbar, als dieser seiner Bitte Folge leistete. "Ich komme mir einfach so hilflos vor..." Miya rutschte noch etwas mehr in die Polsterung. "Yukke geht es nicht gut, egal was er uns versucht vorzugeben und von Tatsuro brauchen wir gar nicht erst sprechen! Ich habe das Gefühl, als würde ich mir einen Film anschauen, wo es mir einfach nicht möglich ist etwas an der Handlung zu bestimmen." Satochi wusste nur zu gut, was Miya meinte. Auch er hatte schon Nächte lang wachgelegen und nachgedacht, in der Hoffnung ihm würde ein Geistesblitz kommen, der wenigstens etwas dazu beitragen könnte zu helfen. Er wusste, dass es Yukke erst wieder besser gehen würde, wenn das auch bei Tatsuro der Fall wäre. Nur wie sollte dies geschehen, wenn ihr groß gewachsener Freund sich derart quer stellte? Auch sie hatten versucht ihn davon zu überzeugen, dass noch nichts verloren sei, aber Tatsuro blockte alles ab. Ihm schien wirklich nicht bewusst zu sein, wie er mit diesem Verhalten sein Umfeld in fortwährende Sorge stürzte. Denn auch wenn man Tatsuro ein stückweit als Ich-Menschen bezeichnen konnte, so hatte es dieser nie ernsthaft darauf angelegt, jemanden durch sein Verhalten dauerhaft so zu belasten. "Ich glaube nicht, das Yukke das noch lange durchhalten wird.", meinte Miya, als habe er Satochis Gedankengänge verfolgen können. "Vielleicht ist es besser..." Miya zögerte etwas den Satz zu vollenden, doch Satochi ahnte was dieser ihm mitteilen wollte, sah er es doch im Grunde nicht anders. "Du meinst wir sollten Tatsuro seiner Familie anvertrauen?", ergänzte er schließlich, da Miya dieser Vorschlag wohl nur schwer über die Lippen kommen wollte. "Ich glaube es wäre das Beste für Tatsuro..., und für Yukke." Auch wenn Miya es wert sah es wenigstens zu versuchen, kam er sich schon bei dem Gedanken wie ein Denunziant vor. Aber so konnte es einfach nicht weiter gehen, wenn man nicht riskieren wollte, dass es irgendwann gar keinen Ausweg mehr gab. * Es war bereits nach 19 Uhr, als Yusuke das Klingeln an seiner Wohnungstür vernahm und er fragte sich, ob ihm vielleicht irgendetwas entgangen sei, als er die Tür öffnete und ihn Miya und Satochi begrüßten. Es war selten geworden, dass sie ihn zusammen besuchen kamen und genau das war auch der Grund, warum ihm mit einem Male ganz flau im Magen wurde. Eigentlich hatte er sie eh noch anrufen wollen, um ihnen von dem gestrigen Zwischenfall zu berichten, aber bis dato hatte er einfach nicht die Kraft finden können. Und auch der Umstand, dass sie nun persönlich vor ihm standen, weckte nicht mehr Mut es mitzuteilen. Im Gegenteil. So musste er mit der frontalen Kritik fertig werden müssen, wenn er sie es wissen ließ, und konnte sich nicht hinter der Distanz eines Telefonates verstecken. "Wo ist Tatsuro?", erkundigte sich Miya, nachdem sie den kleinen Flur betreten und ihre Schuhe ausgezogen hatten. Mit einer Kopfbewegung in Richtung Schlafzimmer, beantwortete Yukke die Frage und ging voran ins Wohnzimmer. Die Stimmung war angespannt, als man sich schließlich gegenüber saß und jeder ein Gesicht machte, als würde er jemanden vermitteln müssen, dass jemand gestorben sei. "Yukke...", ergriff Miya endlich das Wort, worauf dieser leicht in seinem Sessel zusammenzuckte. "...wie geht es dir?" Yukke schaute etwas irritiert drein, war er sich doch sicher gewesen, dass Miya ihn etwas anderes fragen wollte. "Es geht.", meinte er daraufhin nur knapp, und blickte etwas nervös zur Seite. Unsicher fuhr sich Miya durch seine Haare, da ihm einfach unwohl bei dem war, was er Yukke jetzt vorschlagen würde. "Ich habe...", setzte Miya an, wurde jedoch von Satochi mit dem Ellbogen in die Seite gestoßen, der ihm damit andeutete, dass er nicht alles auf sich allein nehmen solle. "Wir haben uns Gedanken gemacht.", beendete dieser nun den Satz, um Miya zu zeigen, dass er ihn durchaus unterstützte in seinem Vorhaben. Noch immer schaute Yukke sie nicht an, stattdessen zog er seine Beine an seinen Körper und umschlang diese mit seinen Armen, wohl um sich nicht ganz so schutzlos vorzukommen. Seinen Kopf ließ er auf seine Knie sinken und harrte der Dinge die nun auf ihn zukommen würden. Er konnte sich sehr genau denken, was ihm seine Freunde sagen wollten. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen. "Wir sollten Tatsuro zu seiner Familie bringen." Es war noch immer Satochi der die Unterhaltung führte. Auch wenn es ihm etwas taktlos erschien Yukke so unverwandt mit ihrer Ansicht zu konfrontieren, so fand er es doch besser gleich zu sagen was Sache war, und nicht erst ewig drum herum zu reden. Denn er war sich sicher, dass ihr Anliegen auch dann nicht mehr Wohlwollen vermitteln würde. Abwartend blickten die beiden Männer nun auf ihren rotblonden Freund vor sich, der sich weder rührte noch etwas sagte. "Du darfst nicht glauben, dass wir dir irgendeine Art von Schuld zuweisen wollen, aber womöglich kann ihn seine Familie leichter unterstützen." Miya umging die Wortwahl -besser unterstützen-, da er Yukke nicht das Gefühl geben wollte, er hätte letztendlich versagt. "Und auch wenn du versuchst es zu verbergen, aber wir sehen, dass es auch dir immer schlechter geht. Ich glaube nicht, dass der alte Tatsuro das gewollt hätte." Da war er wieder, dieser Schmerz den er auch gestern Abend beim Anblick eines weinenden Tatsuros auf dem Tower verspürt hatte. Nur ein kurzer Augenblick in dem man glaubte, wie Glas zu zerbersten. Unaufhaltsam liefen ihm nun Tränen über sein noch immer verborgenes Gesicht, doch er war sich sicher, dass das Beben, welches seinen Körper erfasst hatte seinen Freunden nicht entging. Tatsuro. So wie er früher war. Er wollte ihn zurück. Er wollte ihn wieder haben, egal wie nervig dieser auch manchmal gewesen war. Er würde sonst etwas dafür geben, wenn er die Zeit zurückdrehen könnte. Doch nichts vermochte ihm diesen Wunsch zu erfüllen. Es war die Stimme von Satochi und dessen Hand auf seiner Schulter die ihn dazu brachten seinen Blick zu heben. "Wir lassen euch nicht im Stich." Es war in diesem Moment, wo alles über Yukke zusammenbrach und er seinem Kummer einfach gewähren ließ. Er konnte es nicht mehr unterdrücken, zu groß war die Spannung geworden die sich ihn ihm aufgebaut hatte und dankbar nahm er die Zuwendung Satochis entgegen. *** "Yukke nun iss wenigstens Etwas." Miyas sorgenvoller Blick haftete schon eine Weile auf ihm, da er trotz der Tatsache, dass Tatsuro nicht mehr bei ihm wohnte, immer noch erschöpft und blass wirkte. Und es würde sich auch nichts an diesem Zustand ändern, wenn dieser nicht endlich wieder anfangen würden sich um sich selbst zu kümmern. Es waren ein paar Tage vergangen, seit Tatsuro von seiner Mutter abgeholt worden war. Doch auch wenn seine Freunde versuchten ihn wieder etwas aufzupäppeln, so fühlte sich Yukke einfach nur elend. Es war nicht so, dass sie Tatsuro davon überzeugt hatten, dass es besser für ihn wäre sich in die Obhut seiner Familie zu begeben und dieser ihnen zugestimmt hätte. Vielmehr hatten sie ihn ins kalte Wasser geworfen, da es von vornherein abzusehen war, das Tatsuro überhaupt nicht auf eine Unterhaltung dieser Art eingehen würde. Yukke kam sich so falsch vor. Der Gedanke an den letzten Blick, den er von Tatsuro hatte einfangen konnte, als seine Mutter und sein Bruder auf einmal vor ihm standen, konnte er einfach nicht verdrängen. Er hatte so unendlich verloren gewirkt. Aber was hätte er anderes tun sollen? Tatsuro ging es bei ihm nicht gut, da er letztendlich doch zu überfordert gewesen war mit der gesamten Situation. Und auch wenn es ihm niemand übel nahm, so schallte er sich selbst einen Versager. Was war er für ein Freund, wenn er nicht stark sein konnte, wenn man ihn dringend brauchte? Sollte Tatsuro je wieder, Yukke schluckte schwer bei dem Gedanke es würde nicht so sein, zurück zu seinem alten Ich finden, wie würde er dann auf ihn reagieren? Es war schwer sich einzureden, dass es jemals wieder wie früher werden könnte. Die kräftigen Triebe die ihre Freundschaft trugen, waren nach und nach verdorrt und er war sich sicher, dass er mit diesem Akt, der einer Auslieferung glich, den letzten noch verblieben spröden Spross zum Brechen gebracht hatte. "Yukke...", hörte er wieder Miyas Stimme und schaute etwas irritiert, als dieser ihm ein Zellstofftaschentuch reichte. Fast automatisch streifte er mit seinen Fingerspitzen über seine Wange und musste feststellen, dass er sich schon wieder seinen Emotionen hingeben hatte. "Tut..., tut mir leid.", stammelte er, während er das Taschentuch griff und sich die verräterischen Spuren aus seinem Gesicht wischte. "Ich bin und bleibe ein Idiot.", nuschelte er weiter in die dünnen Papierbahnen und wäre am liebsten sofort aufgestanden und gegangen. Er hatte eh schon das Gefühl, das ihn hier alle anstarrten. Als ob sämtliche Gäste dieses Lokals über sein Versagen Bescheid wussten und ihn dafür verächtliche Blicke zuwarfen. Er hatte seinen beiden Freunden von dem Vorfall mit Tatsuro berichtet, als er sich eingestanden hatte, dass es wirklich besser war, wenn sich Tatsuro in die Obhut seiner Familie begab, weil er einfach nicht mehr weiter wusste. Keiner hatte ihm dafür Schuld zugewiesen, aber trotzdem fühlte er sie. Für ihn war es eine Tatsache. "Sollen wir wieder gehn?" Eigentlich hatten sie sich hier mit Satochi verabredet, doch Yukke war Miya verbunden, dass er nicht darauf bestand das er noch länger hier ausharren sollte. "Ich werde Sato eine Nachricht schreiben, das wir woanders hingegangen sind.", meinte dieser nachdem sie das Lokal wieder verlassen hatten. "Es sei denn du willst lieber alleine sein?" Yukke schüttelte mit dem Kopf. Nein, das wollte er nicht. Auch wenn er sich nur halb um die Gesellschaft seiner Freunde zu kümmern schien, so war er doch froh, dass er nicht alleine sein musste. Zu lange hatte er dieses Gefühl ertragen müssen. Miya nahm das leichte Kopfschütteln mit einem Nicken entgegen und zog sein Handy aus seiner Jackentasche. Kurz schien er zu überlegen, was er Satochi schreiben sollte, als er sich wieder an Yukke wendete der etwas verloren vor sich hin blickte. "Wollen wir Gizmo holen und eine Runden durch den Park drehen?" Es war noch früh am Nachmittag und es würde nicht schaden noch etwas in Bewegung zu bleiben, bevor es wieder Dunkel werden würde. Rumsitzen konnte er später noch immer genug. "Sicher." "Gut, dann sag ich Sato, das er später zu mir kommen soll." ** Es war das erste Mal seit Wochen, dass er einen traumlosen Schlaf gehabt hatte, als er sich am Morgen auf der Couch in Miyas Wohnzimmer wieder fand. Dieser hatte ihm angeboten, bei ihm bleiben zu können, als sich Satochi am späten Abend wieder verabschiedet hatte und er auch drauf und dran war gehen zu wollen. Er hatte ihm zwar gesagt, dass er ihm keine Umstände machen wolle, war aber doch froh, dass sich Miya davon nicht beirren ließ und ihm einfach Kissen und Decke in die Hand gedrückt hatte. Yukke streckte sich ausgiebig, was das Ächzen einiger Knochen nach sich zog, worauf er sich auf leisen Sohlen ins Badezimmer schlich. Es war Sonntag. Und auch dieser Tag ging vorüber, ohne das Yukke ihn hatte allein verbringen müssen. Nur kurz war er zu Hause gewesen, um sich umzuziehen, da ihn Miya und Satochi noch nach Shibuya mitnehmen wollten. Sie gaben sich Mühe ihn so gut wie möglich abzulenken und ab und an gelang es ihnen auch. Nur leider hielt es nicht lange vor. Trotzdem, der Gedanke solch gute Freunde zu haben, baute ihn schon ein stückweit wieder auf. Am Abend jedoch hatte er für sich beschlossen, dass er wieder in seine eigenen vier Wänden zurückkehren wolle, auch wenn ihn Miya, wie auch Satochi erneut wissen ließen, das er auch gerne bei einem von ihnen bleiben konnte. Aber er hatte abgelehnt. Irgendwann musste er wieder zurück und je eher er damit umgehen konnte umso besser. *** Der Lärm von Baumaschinen vibrierte durch die morgendliche Luft und ließ Yukke das Fenster seiner Küche wieder schließen. Schon seit Tagen werkelte man auf der gegenüberliegenden Straßenseite an irgendetwas herum und kam doch nicht zum Ende dieser Unternehmung. Aber ihm sollte es letztendlich auch egal sein. Heute wäre er eh den ganzen Tag nicht zu Hause. Sein Bruder hatte ihn zu sich eingeladen, da er sich seit der Hochzeit noch nicht wieder bei ihnen hatte blicken lassen. Dabei hatte sein kleiner Bruder vor einer Weile sich und seiner Frau sogar ein nettes kleines Haus gekauft. Und da er schon nicht zur Einweihung erschienen war, wäre es doch sehr unhöflich gewesen, nun auch diese Einladung abzuschlagen. Es wäre auch eine gute Gelegenheit sich abzulenken. Denn auch wenn Tatsuro nun nicht mehr hier war, so kreisten seine Gedanken doch zum größten Teil des Tages um dessen Person. Iwagami-san rief ihn immer noch regelmäßig an und erstatte Bericht. Bis jetzt hatte sie auch noch nicht viel mehr bei Tatsuro bewirken können, aber sie war stets guter Dinge, dass er sich bald besinnen könnte. „Man sollte die Hoffnung nie aufgeben.“, meinte sie immer und Yukke bewunderte diese positive Einstellung die er so, nie zu Tage hatte fördern konnte. Vielleicht besaß sie wirklich genau die Ambitionen die es benötigte, um Tatsuro wieder aufzuwecken. Sie hatte ihm auch angeboten, dass er gern jederzeit einmal zu ihnen zu Besuch kommen könne, und er war auch schon ein paar Mal kurz davor gewesen anzurufen und das Angebot anzunehmen. Doch dann verließ ihn wieder der Mut. Das Tatsuro nicht gut auf ihn zu sprechen sein könnte, seit er ihn quasi abgegeben hatte, war etwas das ihn davon abhielt ihn aufsuchen zu wollen. Es vermisste seinen alten Freund, das stand außer Frage, doch hatte er auch etwas Angst vor der Person zu der Tatsuro in den letzten Wochen geworden war. Tatsuro war nie einfach zu durchschauen gewesen und es braucht Zeit und vor allem Ausdauer diesen so kennenzulernen, das man seine Art verstand und damit auch umgehen konnte. Doch jetzt war es so, als würden nur noch die Seiten in ihm existent sein, die am schwierigsten zu handhaben waren und das war etwas, das einen zu zermürben wusste. Ein leichtes Seufzen kam über Yusukes Lippen. Erneut waren seine Gedanken zu Tatsuro abgedriftet, das ihm gar nicht aufgefallen war, dass er nicht mehr allzu viel Zeit hatte, um sich für seine kleine Tour fertig zu machen. "Onii-chan!" Etwas überrumpelt nahm dieser die herzliche Umarmung seines kleinen Bruders entgegen, der ihm schon auf dem Weg zum Haus entgegen gekommen war. "Oi Taro, was ist denn mit dir los? Du tust ja grad so, als hätten wir uns Jahre nicht mehr gesehen." "Darf ich mich nicht freuen, wenn mein werter Bruder uns besuchen kommt?", entgegnete dieser und ließ Yukke wieder frei. Dieser kam nicht umhin sich zu fragen, wo Taro diese Kraft hernahm, kam er sich gerade doch etwas zerknautscht vor. Taro waren ein paar Zentimeter größer als er, obwohl dieser als Kind doch immer recht mickrig wirkte und er sich damals schon frage, was wohl mal aus seinem kleinen Bruder werden würde. Doch diese Frage sah er nun beantwortet, als er sich interessiert umschaute, während sie sich auf den Weg Richtung Haus machten und er verfolgen konnte, wie glücklich Taro doch wirkte. Er hatte den ersten Schritt in Richtung eigene Familie gemacht und so wie dieser und Erika miteinander umgingen, würde es wohl auch nicht lange dauern, bis der erste Nachwuchs folgte. Ob auch er jemals einem geregelten Familienleben nachgehen würde? Musik war sein Leben, doch derzeit war einfach nicht zu sagen, wie es damit weitergehen würde. "Es wird Jahre dauern, bis ich das abbezahlt habe, aber es ist wirklich ein Traum von einem Haus.", hörte er Taro neben sich sagen, der sich wieder zu ihm gesellt hatte, da er sein plötzliches Verharren und den gedankenverloren Blick wohl als anerkennende Bewunderung zu diesem Gebäude gedeutet hatte. "Es ist ehrlich ein hübsches Fleckchen was ihr hier habt. Da kann man richtig neidisch werden.", meinte Yukke lächelnd, als er sich wieder in Bewegung setzte und schließlich auch Erika begrüßte, die im Türrahmen auf sie beide gewartet hatte. Etwas verlegen blickte Yukke auf den Tisch mit den aufgetafelten Speisen. Sollten etwa noch andere Gäste kommen, oder hatte sich Erika wirklich all die Mühe nur seinetwegen gemacht? Eigentlich hatte er bei der Frage nach dem Abendessen sagen wollen, dass er keinen großen Hunger habe, doch als man ihn dann ins Esszimmer geführt hatte, brachte er es einfach nicht mehr übers Herz. "Nur nicht so zurückhaltend Onii-chan, Erika hat den ganzen Tag in der Küche gestanden, nur damit du nicht verhungern musst. Und ihr Essen ist wirklich Weltklasse! Ich weiß wovon ich rede" Die junge Frau lächelte nun etwas zaghaft auf Grund des Lobes ihres Mannes. "Nun übertreib nicht gleich so Taro, ohne deine Hilfe hätte ich das gar nicht alles schaffen können.", erklärte sie, während sie noch ein paar Getränke auf dem Tisch platzierte und ihrem Mann beim Vorbeigehen noch einen Kuss auf die Lippen setzte, bevor auch sie sich auf einem Stuhl nieder ließ. Wüsste Yukke es nicht besser, so hätte er gemeint sich in einer dieser idyllischen Familienserien zu befinden. "Was ist denn so komisch Bruderherz?" Taro war das Schmunzeln im Gesicht seines Bruders nicht entgangen, der aber nur kurz mit dem Kopf schüttelte und ihm eine Antwort schuldig blieb. "Gemein...", schmollte dieser daraufhin und zog eine beleidigte Schnute, als wäre er wieder vier Jahre alt. Yukkes musste bei diesem Anblick noch ein Stück breiter grinsen. "Das hat früher schon nicht funktioniert Taro-chan.", neckend wuschelte er seinem Bruder durch die schwarzen Haare, der daraufhin ebenfalls zu grinsen begann. "Einen Versuch war es wert. Aber sag mal, wie geht es dir und den Jungs denn so? Mit Tatsuro wieder alles in Ordnung?" Yukke hatte mit dieser Frage schon gerechnet, da es doch recht ungewöhnlich gewesen wäre, wären die letzten Ereignisse an seinen Bruder einfach so vorbei gegangen. Er wusste das Taro sich ab und an auch mal eine dieser Szenezeitschriften zulegte da er, so hatte er ihm schon oft gesagt, ja sonst nichts über das aufstrebende Leben seines Bruders erfahren würde. "Ja, es geht ihm schon wieder besser." Yukke befand sich abermals in einer Situation die ihm Unbehagen bereitete. Doch selbst wenn er hier seinen Bruder vor sich hatte, wollte er nicht über Dinge sprechen, die so gesehen niemanden etwas angingen, außer die Personen die über alles genau im Bilde waren. Er war sich sicher, dass es Tatsuro auch nicht gut heißen würde, wenn er Uneingeweihten einfach so von seinem derzeitigen Leidesweg Bericht erstatten würde. "Es wird aber noch etwas dauern, bis wir wieder aktiv werden. Aber eine kleine Pause vom Geschäft ist ja auch mal ganz gut." Er versuchte seine Worte so positiv wie möglich über die Lippen zu bringen, auch wenn ihm so gar nicht nach Schönrederei zu Mute war und er dieses Thema am liebsten sofort wieder beenden wollte. "Ah verstehe. Aber ich glaube auch, dass euch eine Erholungsphase mal gut tun wird. Ihr seid ja auch ganz schöne Arbeitstiere. Wie..." "Jungs vergesst über euer Gespräch das essen nicht.", erklang nun eine Frauenstimme, die es vermochte Taro vorerst in seinem Text innehalten zu lassen und Yukke hoffte inständig, das er am heutigen Abend nicht noch einmal dazu aufgefordert werden würde, seinem Bruder eine heile Musikerwelt vorlügen zu müssen. ** Der Abend war beschaulich und ohne weitere Neugier in Sachen Zwangspause ihrer Band vorübergezogen. Yukke musste zugeben, dass er sich wirklich wohl gefühlt hatte, als er sich am Morgen wieder zurück auf den Weg zu seinem zu Hause machte. Taro und seine Frau hatten sich wirklich Mühe geben, ihm seinen kurzen Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten, so dass er sich manchmal schon vorkam, wie in einem Sterne Hotel. Es schien als habe die Ehe seinem Bruder ein ganzes Stück reifer werden lassen, auch wenn er noch manches Mal ein ziemlicher Kindskopf sein konnte, und dieser ihn damit etwas an Tatsuro erinnerte. Aber er war kein Vergleich mehr mit dem Nervenbündel, das er vor der Hochzeit dargestellt hatte. Da hatte es Augenblicke gegeben, wo er ihn am liebsten mal eine geknallt hätte, damit er wieder zu sich fand. Er hatte einfach nicht nachvollziehen können, warum sich dieser so fertiggemacht hatte. Aber womöglich war dieses Verhalten in Hinblick auf das Kommende nur normal, jedoch nur nachzuvollziehen, wenn man es selbst schon erlebt hatte. Aber letztendlich hatten sich die Dinge für die beiden ja recht positiv entwickelt. Ein herzhaftes Gähnen entwisch Yukke im konzentrierten Dahinblicken auf die schwarze Asphaltbahn, was ihn zu der Erkenntnis brachte, dass er sich, sobald er wieder in seinen vier Wänden war, sicherlich noch einmal hinlegen würde. Etwas orientierungslos blickte er sich um, als er das Klingeln des Telefons vernahm, das ihn aus seinem Schläfchen auf der Couch gerissen hatte und stolperte leicht unelegant in Richtung Flur, wo sich der Apparate befand und noch immer munter vor sich hin schellte. "Ja, Fukuno." "Ah gut das ich dich nun endlich mal erreiche. Shin hier." Shin? Es überraschte Yukke ein wenig, das sich der Bruder von Tatsuro bei ihm meldete. "Oh hallo Shin. Was kann ich den für dich tun?" "Na ja, ich habe schon versucht dich die letzten Tage zu erreichen, aber irgendwie kam ich einfach nicht durch." "Wirklich?" Yukke warf einen prüfenden Blick auf sein Telefon. "Tut mir leid, keine Ahnung warum das nicht funktioniert hat." "Ist ja auch kein Drama. Ich wollte eigentlich nur mal nachfragen, wie es denn meinem störrischen kleinen Bruder so geht?" Tatsuro?! "Was,...was meinst du damit?" Warum fragte Shin ihn wie es Tatsuro ging? Er war doch bei ihnen, oder wollte sich der Andere nur einen Scherz mit ihm erlauben? "Na, wie geht es ihm, seit er wieder bei dir ist? Nachdem Vater sich das Bein brach zeigte er sich plötzlich etwas zugänglicher. Ich war ziemlich überrascht, als er eines Morgens aufschrieb, das er Mutter nicht auch noch zur Last fallen wolle und es für sie einfacher wäre ihn wieder zu dir zu bringen. Und so gesehen konnte ich ihn da auch verstehen.“ Yukke folgte den Worten des Älteren und mit jedem weiteren Satz, schwoll das flaue Gefühl in seinem Magen mehr an. "Du meinst das wirklich ernst, oder?" "Sag mal ist bei dir alles in Ordnung?", entgegnete Shin und schien sich leicht veralbert vor zu kommen. Es war als hätte Yusuke etwas mit unglaublicher Geschwindigkeit getroffen und ihm sämtliche Gedanken bis auf einen entrissen. Tatsuro sollte hier bei ihm sein, doch er war es nicht! "Shin, wie lange ist das schon her, dass du ihn wieder zu mir gebracht hast?!" Es war unvermeidlich, dass ein deutliches Zittern in seiner Stimme mitschwang, als er diese Frage stellte. "Was ist denn das für ne Frage?" "SHIN! Wie lange!" "Ist ja gut. Ich hab ihn am Mittwoch bei dir abgeliefert. Aber kannst du mir mal erklären, was hier eigentlich los ist?" Mittwoch! Das hieß das Tatsuro schon seit fast vier Tagen irgendwo war, nur nicht bei ihm. "Endschuldige, aber ich muss auflegen..." Mit einem Knall fiel das Telefon wieder zurück in die Station. Das konnte doch einfach nicht wahr sein! Alles was er in den letzten Tagen wieder an halbwegs positiven Gefühlen in sich angesammelt hatte, wurde von einer Stichflamme der Fassungslosigkeit zu Asche verwandelt. In vier Tagen konnten unzählige Dinge passiert sein. Dinge die Yukke sich gar nicht vorstellen mochte. Er musste ihn suchen! Hastig nahm er sich seine Schlüssel vom Hacken, warf die Tür ins Schloss und rannte das Treppenhaus hinunter, und fast in einen älteren Herren hinein, den er bei genauerer Betrachtung als seinen Nachbar von nebenan erkannte. Der alte Mann schien etwas erschrocken auf Grund seiner plötzlichen Erscheinung und blockierte Yukke somit den Weg. "Ah Fukuno-san, sie haben es wohl sehr eilig was?", kommentierte er die Hast Yusukes, machte aber keine Anstalten ihn vorbeilassen zu wollen. "Ja die jungen Leute. Immer auf dem Sprung." Innerlich verdrehte Yukke die Augen. Er hatte nichts gegen seinen Nachbar, nur war dieser zuweilen doch etwas zu gesprächsfreudig und gerade jetzt kam dies mehr als ungelegen. Mit einem gezwungenen Lächeln nickte er nur leicht in der Hoffnung, dass man ihn gewähren lassen würde, doch blieb der ältere Herr wo er war. "War schon ein ziemliches Mistgeschickt mit den Leitungen, dabei sollte man meinen das heutzutage doch alles vorherberechnet werden kann, nicht wahr?" Yukke hörte nur mit halbem Ohr zu, da er sich einfach nicht auf ein Gespräch einlassen wollte. "Aber nun funktionieren die Telefone ja wieder." "Wie?" Nun hatte sich doch etwas Neugier in ihm breit gemacht, da er nicht ganz verstand, was der Alte ihm da zu erzählen versuchte. "Na die Bauarbeiten gegenüber." Jetzt dämmerte es ihm. Es erklärte auch, warum ihn Shin nicht schon eher erreichen konnte. Er selbst hatte niemanden angerufen und somit war es ihm auch entgangen, dass es nicht mehr funktionierte. Und gerade dann musste die Sache mit Tatsuro passieren. Man sollte fast meinen, dass so etwas wie ein böser Bann auf ihnen lag. Mit einer flüchtigen Entschuldigung drängelte er sich schließlich an dem Älteren vorbei, da ihm nun wieder mehr als bewusst wurde, was er zu tun gedacht hatte. Erst als er in seinem Wagen saß, stellte sich ein weiterer Gedanke bei ihm ein. Wo sollte er mit seiner Suche anfangen? Ärgerlich schüttelte er seinen Kopf, als es ihm einfach nicht gelingen wollte sich zu konzentrieren. Immer wieder tauchten Bilder vor ihm auf die Tatsuro in einer misslichen Lage zeigten. Yukke konnte das hektische Schlagen seines Pulses in seinen Ohren spüren und auch das die Panik immer weiter an ihm zu zerren begann. Etwas holprig verließ er schließlich den Parkplatz, ohne eine bestimmte Richtung anzusteuern. Was wenn Tatsuro etwas Schreckliches passiert war? Wie sollte er das seiner Familie erklären, wie seinen Freunden und nicht zu vergessen Teto, der doch so an seinem Herrchen hing. Genau das war es! So einfach, wie simpel. Er würde bei ihm zu Hause nachsehen, das wäre das Logischste. Yukke wollte gar nicht wissen, wie viele Verkehrsregeln er missachtet hatte, bevor er schließlich sein Ziel erreichte. Denn alles was er momentan wollte war, so schnell wie möglich sichergehen, ob er mit seiner Vermutung Recht haben würde. Von unten her gesehen waren die Fenster des Apartments schwarz, aber das sollte noch nichts bedeuten. Hastig öffnete er die Haustür mit dem Zweitschlüssel und mit großen Schritten nahm er die Stufen in den dritten Stock, bis er endlich vor Tatsuros Tür angekommen war. Er hätte nicht gedacht, dass es seinem Herz möglich wäre noch heftiger zu schlagen, als er den Schlüssel zu Tatsuros Wohnung in Schloss steckte. Dann kam ihm der Gedanke erst einmal zu klingeln, aber er war sich sicher das, wenn Tatsuro hier wäre, er ihm nicht öffnen würde. Irgendwie kam ihm das alles nur zu bekannt vor. Es dauerte nur einen Bruchteil eines Augenblickes bis er merkte, dass es nicht möglich war den Schlüssel so im Schloss zu versenken das man ihn auch hätte drehen können. Also musste Tatsuro wirklich hier sein und von innen seinen Schlüssel stecken haben. Natürlich, er hatte sich sicherlich schon gedacht, dass er früher oder später hier aufgesucht werden würde und mit dieser Aktion hatte er ein ungewünschtes Eintreten unterbunden. Nicht auszudenken, was sich alles hinter dieser Tür zugetragen haben konnte und er musste hilflos davorstehen. Seine Hände waren kalt und leicht feucht, genau wie seine Stirn. Es kam einem Fieber gleich, das sich in ihm auszubreiten versuchte. Wie sollte er nur dort hineinkommen? Wie ging es Tatsuro?? Grübelnd ließ er sich auf die erste Stufe des hinter ihm befindlichen Treppenabsatzes sinken. Sollte er vielleicht doch einfach mal klopfen und sagen, dass er es war? Womöglich würde sich ja, aller Zweifel zum Trotz, doch etwas tun. Einen Versuch sollte es wert sein. Gute zehn Minuten später und keinen Schritt weiter, gab er es schließlich wieder auf. Was sollte er nun machen? Dieses Gemisch aus Panik und Verzweiflung hatte sämtliche Fähigkeit klar zu denken völlig übertüncht, bis plötzlich ein winziger Geistesblitz aufflammte. Miya und Sato! Rasch zog er sein Handy aus seiner Jackentasche und hatte wenig später seinen beiden Freunden Bericht über die vorliegende Lage erstattet, worauf sich diese gleich auf den Weg zu besagtem Tatort machen wollten. "Fukuno-san?" Yukke fragte sich, ob er früher auch so schreckhaft gewesen war, was das wahrnehmen von unerwartete Stimmen betraf, als er sich nach einem kurzen Zusammenzucken der Person zuwendete die nun hinter ihm auf den Stufen stand. "Takahara- san..." Die alte Dame hatte wohl schon geschlafen, da sie in einem Morgenrock gekleidet war. Es war anzunehmen, dass sein andauerndes Hämmern gegen die Tür seines Freundes sie hatte munter werden lassen. "Was ist passiert?" Wäre ihm nicht schon so elendig zumute gewesen, hätte er ihr vielleicht etwas vorgelogen, damit sie sich keine Sorgen machte, doch derzeit war er einfach nicht im Stande sich irgendetwas auszudenken und erzählte ihr somit was vorgefallen sein musste. Sichtlich bestürzt, saß sie nun neben ihm und auch ihr schien es jetzt nicht mehr allzu gut zu gehen. "Ich habe das gar nicht mitbekommen, dass er wieder hier ist. Ich habe nie etwas gehört oder gesehen.", meinte sie nach einiger Zeit und man sah ihr an, dass sie sich Vorwürfe machte. "Es ist nicht ihre Schuld. Die ganze Sache ist irgendwann einfach aus dem Ruder gelaufen, da keiner so recht wusste, wie er Tatsuro am besten helfen könnte. Ich habe..." Das Schallen von eiligen Schritten war nun im Haus zu vernehmen und ließ Yukke in seinem Satz inne halten. Miya und Satochi waren wirklich schneller hier als er es erwartet hatte. Sie hatten sicherlich genau so wenig auf die Verkehrsordnung geachtet, wie er es getan hatte. "Yukke...", hechelte Satochi und stützte sich am Geländer ab um erst einmal wieder zu Atem zu kommen. "Hier geht aber auch alles schief, was?" Miya hatte sich etwas schneller wieder gefangen als Satochi und schaute nun nachdenklich auf die Tür vor sich. "Was machen wir jetzt?" Nachdenklich präsentierte jeder von ihnen eine Miene der Besorgnis. "Vielleicht ein Schlüsseldienst?" Die drei jungen Männer schauten sich auf Grund des Vorschlages von Takahara-san etwas unschlüssig an. Zwar wäre dies eine Variante gewesen, doch war sich keiner sicher, ob man einfach einen Schlüsseldienst beordern konnte um die Wohnung eines Anderen aufzubekommen. Es gab noch die Möglichkeit eines Notrufs und das schien auch die beste Lösung zu sein, konnte keiner sagen was sie vorfinden würden, wenn sie sich erst einmal Zugang verschafft hatten. Vielleicht gab es keine Zeit zu verlieren! An etwas Schlimmeres wollte einfach keiner von ihnen denken. "Was wird so eine Tür kosten?" Sorge wich Verwirrung auf Satochis durchaus ernst erscheinende Frage. "Was?" Miya beschlich eine leise Ahnung, was dieser vorhaben könnte. Ein Grinsen, das man bei Satochi meist nur sah, wenn er mit benebeltem Geist, eine höchst schwachsinnige Idee ausgearbeitete hatte, zierte nun seine Lippen. "Du hast eindeutig zu viele von diesen -Super Cop- Serien gesehen, oder glaubst du ernsthaft, dass du dich mal eben kurz gegen die Tür wirfst und damit ist die Sache geregelt?! Wir sollten einen Notruf machen und ihnen die ganze Sache schildern.“ "Bis die hier sind, kann ich es auch auf meine Art und Weise mal versuchen und denen womöglich wertvolle Zeit ersparen. Wir haben dabei nichts zu verlieren, oder?" Das Knirschen das eindeutig von Miyas Zähnen her rührte bestätigte, dass er diesen Vorschlag zwar nicht gut hieß, es aber auch nicht vollständig ablehnte. Je eher sie Tatsuro zu Gesicht bekommen würden umso besser. "Dann lass mich mal ran." Skeptisch schaute man Satochi zu, wie er sich erhob und sich in einigem Abstand vor betreffender Tür positionierte, während Yukke besagten Anruf übernahm. RUMS! Mit leidlicher Miene wankte Satochi wieder in seine Ausgangsposition zurück, während er sich seine rechte Schulter rieb, und geflissentlich ignorierte, wie Miya theatralisch mit den Augen rollte und endgeistert die Hände in die Höhe warf. Noch zweimal wiederholte sich dieses Schauspiel, bevor einer der daneben wohnenden Mieter sein Haupt aus seiner Tür streckte, sicherlich um dem Lärm auf den Grund gehen zu wollen und laut seinem Gesichtsausdruck, diesem auch Einhalt zu gebieten. Jener hatte schon den Mund geöffnet, doch als er sah, wer sich da so geräuschvoll gab, schüttelte er nur mit dem Kopf und schlug die Tür wieder hinter sich zu. "Der kennt uns schon.", erklärte Miya der etwas überrascht dreinblickenden älteren Dame, die wohl schon mit einer lang anhaltenden Schimpftirade gerechnet hatte. "Ich glaube ich hab's gleich. Zumindest macht sie schon nen recht wackeligen Eindruck. Und tatsächlich, nach einem weiteren Akt roher Gewalt, hörte man ein Knacken und die Tür war aus dem Schloss gesprungen. Yukke war sofort herangetreten und der Erste der durch den Rahmen schritt. Es war dunkel, nur das Licht vom Hausflur erhellte die ersten Meter des Flures. Doch was nur allzu deutlich wahrzunehmen war, war der unsäglich schalle Geruch von Alkohol und Zigaretten der in der Luft hing, sodass sich Yukke als erstes den Ärmel seiner Jacke vor die Nase hielt. Es war eindeutig kein gutes Zeichen, dass sie hier empfing und erneut zog ein unangenehmer Krampf durch seine Eingeweide. Rasch ging er in Richtung Wohnzimmer, das wohl den Ursprung des üblen Dunstes darstellte. Er zögerte etwas, bis er die angelehnte Tür weiter aufschob und nach dem Lichtschalter des Zimmers tastete. Er kannte das Gefühl, das ihn daraufhin fast niederschlug. Es ereilte ihn immer dann, wenn er einen dieser Gruselschocker mit ansehen musste, obwohl er dafür eigentlich viel zu sensibel war. Yukke kam es vor, als würden hunderte von Händen ihn davon abhalten sich zu bewegen, bis er schließlich auf den am Boden liegenden Körper zu strauchelte und vor diesem auf die Knie sank. "TATSURO!" Es war Miyas Stimme die er wie von ferne her hörte, bis er nichts weiter mehr wahrnahm als das Bild vor sich. Ein Déjà-vu. Er hatte es schon einmal gesehen und genau wie damals, fühlte er sich fern jeglicher Realität. Kapitel 23: You´re not alone ---------------------------- Ok, nur noch mal kurz die Erklärung zum Anfangspart dieses Kapitels. >…< Unterbewusstsein /…/ Tatsuros Gedanken Kapitel 23: You´re not alone >Es gab mal eine Zeit, da haben wir uns von nichts und niemanden aufhalten lassen. Kannst du dich daran erinnern?< /Ich hatte ein Ziel…/ >Es gab Tage, wo wir uns wünschten, dass wir jemand anderes wären, nur um nicht all die Last tragen zu müssen, die wir uns letztendlich selbst aufgeladen hatten. Trotzdem gaben wir nicht auf.< /Ich wünschte ich hätte diese Kraft erneut./ >Was ist dir wichtig? Ich weiß, dass uns etwas Wertvolles geblieben ist, versuch es zu erkennen. Allein kann ich nichts erreichen, nur zusammen wird es uns möglich sein diesen Ort von all den schwarzen, schlammigen Gedanken zu befreien, aber du musst mir vertrauen.< /Was wird mich erwarten? Ist es nicht schon längst zu spät?/ >Steh auf, ich helfe dir dabei. Es braucht nur einen Schritt und du wirst sehen, dass du laufen kannst. Du musst es nur wagen und keine Angst vor aufgeschundenen Knien haben. Gib mir deine Hand und ich bleibe an deiner Seite. < /Wohin soll ich gehen, wenn ich den Weg nicht erkennen kann?/ >Du bist der Schöpfer dieser, deiner eigenen kleinen Welt. Du hast sie einst aufgebaut, mit allem was dir wichtig erschien. Um dich zu dem Mensch zu machen, der du sein wolltest. Du hast sie niedergebrannt, Stück für Stück, bis nichts mehr weiter übrig war, als das was du nun fürchtest. Und nur du hast es in der Hand sie neu zu erschaffen. Nimm dir einen Gedanken, der es vermag dir Wärme zu spenden und du wirst sehen das die Farben zurück finden werden.< /Es gibt keine Farben, wenn man allein ist und ich fürchte nichts mehr als die Einsamkeit die mich empfangen könnte, wenn ich die Augen öffne./ >Es ist stets so einfach sich hinter Ängsten zu verkriechen, und sich von ihnen einlullen zu lassen, bis man nichts mehr spürt. Doch was unterscheidet diesen Ort von jenem, vor welchen du dich scheust in betreten zu wollen? Bist du die Dunkelheit nicht leid? Gib ihnen die Chance deines Vertrauens, lass die Hoffnung zu, die du benötigst dich ihnen zu stellen. Es braucht nur einen innigen Wunsch, um uns zu befreien.< /Ich möchte ihn wieder sehen…/ >Dann halt dich an mir fest und wir gehen gemeinsam.< Es musste noch früher Morgen sein, zumindest nahm Tatsuro dies an, als er die matte Dunkelheit wahrnahm die den Raum ausfüllte. Er wusste nur zu gut wo er sich befand, als er sich weiter umblickte und die farblosen Wände und die ausladende Einrichtung wahrnahm. Was war ihm nur wieder zugestoßen, dass er sich erneut in solch einer verhassten Umgebung wieder finden musste? Irgendwie kam es doch schon fast einer Parse gleich, dass er nun schon zum zweiten Mal in einem Krankenhauszimmer aufwachte und wieder nicht wusste warum. Ein etwas unbeholfener Versuch sich aufzurichten, machte ihn augenblicklich auf seinen schmerzenden Kopf aufmerksam, um den sich, wie er beim Berühren seiner Stirn bemerkte, ein straffer Verband gewickelt befand. Weiter schien er jedoch nicht verletzt zu sein, nur das sich sein Körper ziemlich steif anfühlte und er seinen rechten Arm nicht so recht bewegen konnte. Doch bei genauerer Betrachtung lag dies nicht an seinem Zustand sondern daran, dass dieser festgehalten wurde. Yukke...? Dieser schlief auf einem Stuhl neben dem Bett, seinen Kopf auf die Matratze gelegte und eine Hand um seinen Arm geschlossen. Sie hatte Recht gehabt, die Stimme in seinem Kopf. Warum hatte er sie nicht hören wollen? Er weckte Yukke nicht auf, noch entzog er sich dessen Griff. Er begnügte sich damit, ihn einfach nur anzuschauen. Er hatte sich versteckt, hatte sie ihm gesagt, und nun kratzte die Gewissheit an ihm, dass er letztendlich wirklich nicht stark genug gewesen war, sich der Verlockung der seelischen Bewusstlosigkeit zu entziehen. Er hatte die Leere bereitwillig in sich hochkriechen lassen, bis sein Geist völlig taub und letztendlich alles dunkel wurde. Er hatte sich so schnell aufgegeben. Dann war auf einmal nichts mehr greifbar in seinem Gedächtnis. Und nun lag er wieder hier. Aber vielleicht hatte, was auch immer ihm zugestoßen war, auch etwas bewirkt? Zögerlich öffnete Tatsuro seine Lippen und konzentrierte sich darauf, das Wort in seinem Kopf auch hörbar zu machen. Doch nach mehreren Versuchen musste er feststellen, dass sich nichts geändert hatte. Er war noch immer stumm wie ein Fisch. Ein leichter Druck auf seinen Unterarm und ein undeutliches Murmeln ließ ihn jedoch nicht weiter abschweifen. Yukke regte sich etwas in seiner sicherlich mehr als unbequemen Position und der zuvor so ruhige Ausdruck auf dessen Zügen, war einem leidlichen Mienenspiel gewichen. Ein Alptraum vielleicht? Tatsuro konnte verfolgen, wie dessen Atmung immer hastiger wurde und auch der Griff um seinen Arm sich noch etwas verfestigte. Und plötzlich blickten zwei große, starre Augen direkt in seine. Yukke war so abrupt aufgewacht und hochgeschreckt, das er gar nicht richtig zu realisieren schien, dass er nicht mehr schlief. Noch immer starrte er mit einen seltsam, drüben Ausdruck in die Dämmerung und die einzige Bewegung seines Körpers stammte vom raschen Ein- und Ausatmen. Wäre es ihm möglich gewesen, er hätte versucht seinen Freund mit leisen Worten zu beruhigen, doch er konnte es nicht. Alles was er tun konnte, war seine Hand auf die von Yukke zu legen die noch immer an ihm festhielt. An der Größe von Yukkes Augen hatte sich nichts verändert, als er nun zu blinzeln begann und sichtlich überrascht wirkte, als er diese Berührung bemerkte. "Ta...Tatsuro..." *** Tatsuro hätte es an alte Zeiten erinnert, wenn da nicht das noch immer recht verdrossene Gesicht Yukkes gewesen wäre das zeigte, dass es sich gerade nicht nur um eine übliche Auseinandersetzung zwischen Kollegen gehandelt hatte. Er wurde heute wieder aus den Fängen dieses Hospital entlassen und schon als er Miya heute Morgen in sein Zimmer treten sah wusste er, dass dieser nicht sehr guter Laune war. Doch eigentlich konnte er ihn, jetzt wo er wieder Klarheit in seinem Kopf gebracht hatte, sehr gut verstehen. Man hatte Miya nicht sofort darin eingeweiht, das Tatsuro nach seiner Entlassung wieder mit zu Yukke kommen würde, anstatt zurück zu seiner Familie zu gehen. Beide Seiten waren mehr als überrascht gewesen, als er ihnen diese Bitte schriftlich zugetragen hatte, auch wenn er nicht sicher sein konnte, dass sich Yukke erneut auf ihn einlassen würde. Er hatte in den letzten Tagen sehr viel nachgedacht und auch wenn es große Lücken in seiner Erinnerung gab, so hatte er das Gefühl, das er Yukke am ehesten zeigen sollte, das sich etwas in seinem Denken und seiner Einstellung zu all den Problemen, die ihn betrafen, geändert hatte. Er sah es nun. Er sah das er nicht allein mit allem fertig werden musste und das er trotz seiner akustischen Einschränkung, nicht einfach von ihnen weggestoßen werden würde, oder gar das sein Leben keinen Sinn mehr darstellte. Es wäre hart, würde er nie wieder sprechen können, aber es hätte auch sehr viel schlimmer kommen können. Doch um das zu verstehen, hatte es lange gebraucht. Er war immer stolz auf seine Stimme gewesen. Sie hatte ihm so vieles ermöglicht. Jedoch war sie ein Teil von ihm und nicht er von ihr. Er selbst hatte es in der Hand, was aus ihm wurde und das sollte er auch versuchen sich zu hundert Prozent zu verinnerlichen. Auf diesem Weg würden sich sicherlich noch einige Gräben vor ihm auftun, doch mit der Hilfe seiner Freunde und der seiner Familie, würde er immer versuchen sie zu überwinden. Vielleicht sah Yukke das irgendwo genauso und hatte ihm deshalb noch diesen einen Versuch gegeben. Miya jedoch war ein Pragmatiker, wenn es um solche Dinge ging und genau deshalb hatte man beschlossen, es ihm erst dann wissen zu lassen, wenn es eh nicht mehr zu verschweigen ging. Seine Reaktion darauf zeigte auch, warum man sich so entschieden hatte. Aber Tatsuro nahm es ihm nicht übel, und das, wie es aussah, als einziger. Tatsuro wusste bis jetzt nur von wenigen Sachen die vorgefallen waren, während man versucht hatte sich um ihn zu kümmern. Zum Beispiel, das er vier Tage in seiner Wohnung zugebracht hatte, ohne dass irgendjemand davon die geringste Ahnung hatte. Das Ergebnis davon machte sich immer noch mit intervallartigen Kopfschmerzen bemerkbar. Er hatte allen viele Sorgen gemacht und manches konnte er sich selbst gar nicht so recht erklären, aber es tat ihm trotzdem unglaublich leid. Yukke hatte viel mit ihm ausstehen müssen, das hatte Miya ihm recht deutlich mitgeteilt. Yukke hatte Miya daraufhin zurechtweisen wollen, das Tatsuro doch gar nichts dafür konnte. Doch das war so auch nicht richtig. Er mochte zwar nicht ganz bei Sinnen gewesen sein, aber es war seine Schuld, dass er so schnell kein Ufer mehr gesehen hatte und sich folglich einfach von seinen dunklen und wirren Gedanken hatte wegtreiben lassen. Leider war es ihm nicht möglich gewesen Miya oder Yukke seine Ansicht darüber mitteilen zu können und so wurden die Worte seiner Freunde immer ungehaltener, bis Miya schließlich einfach gegangen war. Yukke sollte sich im Klaren sein, ob er sich das erneut zutrauen konnte, meinte Miya noch hitzig und Tatsuro wusste trotz allem, dass es nur Sorge war die da aus ihm sprach. Woher sollte dieser auch wissen, dass er sich nicht wieder so gehen lassen wollte, dass er vor hatte diesmal wirklich alles zu versuchen, um wieder auf die Beine zu kommen? Miyas Zweifel waren durchaus berechtigt! Er würde es ihm und den anderen beweisen müssen und daran wollte er auch alles setzen. Er war dankbar, dass ihm Yukke eine zweite Chance eingeräumt hatte, und dass ihm seine Familie diesen Wunsch nicht hatten ausreden wollen. Es zeigte ihm, dass sie ihm trotz allem noch vertrauten, auch wenn es ihnen bestimmt nicht ganz so einfach fiel. Schon gar nicht nach den letzten Ereignissen. Fast wie von selbst legte er eine Hand an den Verband um seinen Kopf und ein bedrückendes Gefühl machte sich in ihm breit bei dem Gedanken, was seine Freunde hatten durchmachen müssen, als sie ihn in seiner Wohnung vorgefunden hatten. Man hatte ihm erzählt, dass es wohl auf Grund des übermäßigen Alkoholkonsums zu diesem Sturz kam, dem er seine Bewusstlosigkeit und diese Wunde zu verdanken hatte. Tatsuro fühlte sich augenblicklich mit diesem inneren Dämon konfrontiert, der ihn damals zu all den unbedachten Taten getrieben hatte und ein leichtes Zittern durchfuhr seinen Körper, bei dem Gedanken, dass er so etwas überhaupt hatte zulassen können. Aber nun sah er die Dinge wieder in Farben und er würde alles an Kraft daran setzten, es wieder gutzumachen. * Ein feiner und durchdringender Nebel aus Regen hatte sich über die Stadt gelegt und ließ einen Strom aus Schirmen, sich ihren Weg durch die Gassen und Straßen suchen. Yukke stoppte seinen Wagen an einer Roten Ampel und Tatsuro Augen wanderten über die Umgebung. Eine graue Katze saß unter einer Rutsche, auf einem verwaisten Spielplatz und schien zu dösen. Ihr Fell war nass und ließ sie unnatürlich dürr erscheinen. Ein kleiner Junge in typischer Kindergartenuniform, gelben Gummistiefeln und einem grünen Schirm der aussah wie ein Frosch, trat kurz darauf auf das Tier zu. Eigentlich hatte Tatsuro erwartet, dass die Katze erschrocken zurückweichen würde, doch sie zeigte keine Spur von Furch, sondern blickte den Jungen nur mit großen Augen an, der nun vor ihr in die Hocke gegangen war. Er streckte seine kleine Hand nach dem mageren Tier aus und schien irgendetwas zu diesem zu sagen. Ein Lächeln huschte Tatsuro bei diesem Bild über die Lippen, denn es erinnerte ihn an einen Tag, als er gerade mal sechs Jahre alt gewesen war. Es war Sommer gewesen und er hatte sich in einem Augenblick der Unaufmerksamkeit seiner Familie und beflügelt von seiner kindlichen Fantasie, einfach aus dem Garten seiner Großeltern davongeschlichen, um sich ein kleines Abenteuer zu suchen. Das Lied der Zikaden schwang durch die schwüle Nachmittagsluft und Tatsuro-chan war voller Tatendrang gewesen. Es gab einen Bach nicht weit entfernt, über welchen sich eine kleine Holzbrücke spannte, auf welcher er schon oft mit seiner Großmutter gestanden hatte, um die Fischen im Wasser zu beobachten. Das Gras an den Uferböschungen war so hoch, dass es ihn damals fast gänzlich verschluckt hatte, aber es war ebenso ideal um herumzustromern. Ein hastiges Rascheln hatte ihn aufmerksam werden lassen, und wenn er jetzt so daran dachte, war es wirklich unüberlegt gewesen, das er diesem einfach so nach gejagt war. Er hätte durchaus auf etwas stoßen können, dass es nicht gut mit ihm gemeint hätte. Wie einer der wilden Hunde, die dazumal auf dem Land nicht unüblich gewesen waren. Doch Tatsuro-chan sah sich als mutiger Abenteuer und somit hatte er sich über solche Dinge keine Gedanken gemacht. Es hatte nicht lange gedauerte, bis er dem Rascheln so nahe war, dass er sich sicher schien, dass er das, was es verursacht hatte, gleich gestellt haben würde. Mit einem beherzten Satz war er darauf zugeschossen und erschreckte darauf ein kleines Wesen derart, dass es mit einem gewaltigen Sprung genau in den Bach klatschte. Tatsuro-chan hatte noch erkannt, dass es eine kleine grau getigerte Katze gewesen war und eilte nun direkt ans Ufer um nach ihr Ausschau zu halten. Er hatte noch beobachten können, wie sie sich panisch wieder an Land gehievt hatte, und dort erst einmal in sich zusammen gesackt war. Genau wie die Katze unter der Rutsche, hatte diese darauf so eingefallen ausgeschaut, dass er auf sie zugegangen war, um zu sehen, ob mit ihr alles in Ordnung sei. Sie hatte ihn angefaucht und geknurrt, aber sie war nicht weggerannt, wohl weil sie einen leichten Schock davongetragen hatte. Tatsuro-chan hatte sich davon auch nicht beeindrucken lassen. Die Bändigung eines gefährlichen Raubtieres war doch das, was man ein Abenteuer nennen konnte. Beherzt war er näher gerückt und hatte das Tier entschuldigend beäugt. Seine Mutter hatte ihm an jenem Abend reichlich die Leviten gelesen, als er wieder zurückgekommen war, mit einem Bündel, das er in sein neues rotes Shirt gewickelt und welches zufrieden geschnurrt hatte. Zum Glück hatte seine Großmutter sie wieder beruhigen können und sie hatte ihm sogar erlaubt Mizu zu behalten. So hatte er den kleinen Kater nämlich genannt. Womöglich war dieses Ereignis auch der ausschlaggebende Punkt, warum sich seine Liebe zu Katzen im Laufe der Jahre so ausgeprägt hatte. Mit einem kurzen Ruck setzte sich Yukkes Auto wieder in Bewegung und Tatsuro konnte die Szene nicht weiter verfolgen. Er würde Yukke morgen einmal fragen, ob sie Teto besuchen gehen könnten, schließlich hatte er ihn schon ewig nicht mehr gesehen und hoffentlich würde dieser ihm seine ausgedehnte Abwesenheit nicht gar zu übel nehmen. Heute jedoch wollte er seinen Freund damit nicht mehr behelligen, denn es war nicht zu übersehen, dass dieser ziemlich mitgenommen wirkte, was man ihm auch wahrlich nicht verdenken konnte. Der Regen hatte die Luft angenehm gefiltert und Tatsuro nahm einen tiefen Zug davon in seine Lungen auf, als sie sich auf den Weg vom Parkplatz zu Yukkes Wohnung aufmachten. Dieser hatte die Tasche mit Tatsuros Hab und Gut geschultert und ging neben ihm her. Es herrschte Schweigen, was von Tatsuro aus gesehen nicht hätte sein müssen. Aber anscheinend war Yukke noch immer etwas gehandikapt durch die vergangen Geschehnisse und brauchte sicherlich erst einmal etwas Zeit sich wieder ungezwungener geben zu können. Und er würde ihm schon dabei behilflich sein zu sehen, dass es keinen Grund gab sich in seiner Nähe so verspannt fühlen zu müssen. Etwas unkoordiniert suchte Yukke seine Taschen nach dem Haustürschlüssel ab, bis er ihn schließlich fand und beide kurz darauf ins Treppenhaus treten konnten. Yukke stieg die Stufen voran und es war nur ein kurzen Moment in welchem Tatsuro registrierte, dass dieser in Schwangen geriet und drohte zu stürzen. Rasch packte er diesem am Arm, bevor er gänzlich zu Boden gehen konnte. Hatte Yukke zuvor schon ungesund gewirkt, so hatte sich dies nun noch um ein Weiteres gesteigert. Sein Gesicht war schneeweiß und schimmerte vom Schweiß. Die dunklen Ränder um seine Augen stachen durch die Blässe noch deutlicher hervor und seine Lippen zierte nur noch ein fahler Rosaton. Tatsuro legte einen von Yukkes Armen um seine Schulter und befreite diesem auch von der Tasche die er, so tadelte er sich selbst, hätte schon von vornherein selbst tragen können. Seine rechte Hand legte er Yukke auf den Brustkorb, um dessen Haltung etwas zu stabilisieren, worauf er den hastigen Herzschlag spürte der darunter pulsierte. "Tut mir leid...", hörte er Yukke flüstern. Dieser hatte seine Augen halb geschlossen und hing regelrecht in seinem Griff. Er konnte darauf nur mit dem Kopf schütteln, um deutlich zu machen, dass er sich dafür sicherlich nicht zu entschuldigen brauchte. Doch schien Yukke darauf nicht eingehen so wollen merkte Tatsuro, wie dieser versuchte sich wieder von ihm zu lösen. "Es geht schon wieder.", versuchte er ihm sein Tun zu erklären, doch war Tatsuro damit ganz und gar nicht einverstanden. Er wusste das Yukke es nicht mochte anderen eine Last zu sein, egal wie es ihm selbst auch ging. Nur sollte er sich schon im Klaren sein, wem er hier versuchte etwas vormachen zu wollen. Tatsuro ließ ihn nicht los, sondern zog ihn noch enger an sich heran. Die ohnehin schon klägliche Gegenwehr fiel nach einigen Augenblicken wieder gänzlich in sich zusammen und mit einem Nicken das einem -warum nicht gleich so- Ausdruck verleihen sollte, half Tatsuro ihm schließlich die restlichen Stufen nach oben. * Ein penetrantes Geräusch umspülte Yukkes Wahrnehmung, worauf ihn ein kurzer Ruck erschrocken herumfahren ließ. Er musste erst einige Male blinzeln, bis er das grinsende Gesicht Tatsuro neben sich erkannte, dem er wohl diese unsanfte Schuckelei zu verdanken hatte. "Wo bist du nur wieder mit deinen Gedanken Yukke?", hörte er ihn gegen das laute Prasseln und Dudeln, das die Halle ausfühlte, anschreien. Er selbst saß vor einem dieser unzähligen Pashinko Automaten, der psychedelisch vor sich hin flackerte und flimmerte. Ach ja, sie waren ja nach der Arbeit noch hier her gegangen. "Ich werde die Band verlassen." Tatsuros Worte waren mit einem Mal nur allzu deutlich zu verstehen. "Musik ist etwas für Versager." Ungläubig blickte Yukke zu seinem Freund auf. Kein Zeichen eines schelmischen Ausdrucks war auf dessen Gesicht auszumachen das ihm sagte, dass er sich nur einen Scherz mit ihm erlaubte. "Warum sagst du so etwas?" Er konnte hören, wie er die Frage an Tatsuro gerichtet hatte, doch ignorierte dieser ihn völlig. "Tatsuro!", versuchte er es erneut, doch alles was er damit erreichte war, das sich ein unwohles Gefühl über ihn senkte. Gerade wollte er Tatsuro am Arm packen, als dieser sich ihm wieder zuwendete und ihn aus leeren Augen anblickte. "Ich brauche deine Hilfe nicht! Lass mich endlich in Ruhe!", fauchte dieser ihn an, worauf Yukke ein wenig von ihm zurückwich. "Aber..." Doch noch bevor er sich weiter hätte äußern können, war Tatsuro verschwunden und er saß nun auf einer Bank im Park und schaute dem fallenden Herbstlaub zu. "Warum hast du ihn nicht aufgehalten?", fragte ihn Miya, der auf einmal neben ihm saß und trübe in den grauen Himmel schaute. "Wegen dir wird sich die Band trennen." Miya ließ eines der zu Boden trudelten Blätter auf seine Handfläche segeln und betrachtete es. "Du hättest ihn nur auffangen müssen." "Ich..." Wieder verschwamm die Szene, ohne dass er sich Gehör verschaffen konnte. "Lass den Kopf nicht hängen. Niemand ist perfekt." Ein kleiner Funken Dankbarkeit wirbelte in ihm auf, als er Satochi dies sagen hörte, der neben ihm am Steuer eines Wagens saß, der über eine leere Straße fuhr. "Freundschaften werden überbewertet. Sagt man nicht immer; jeder ist sich selbst der nächste?" Satochis Erkenntnis ließ ihn verblüfft zu diesen hinüberschauen. "Wenn man sich nicht um andere schert, dann ist das Leben viel einfacher. Ich werde deinem Beispiel folgen Yusuke." Satochi lachte hämisch und mit einem Blick, den Yukke nur als verächtlich deuten konnte, war dieser verschwunden. Jedoch blieb er im Wagen zurück, der nun leicht ins Schlingern geriet. Hastig stürzte er ans Lenkrad und zwängte sich mit etwas Mühe gänzlich auf den Fahrersitz. Erleichtert atmete er auf, als wie aus dem Nichts eine Person vor ihm über die Straße huschen wollte. Panisch riss er das Steuer herum und stieg auf die Bremse. Ein dumpfer Knall folgte und das Auto kam zum Stehen. Yukke zitterte am ganzen Körper, als er die Tür öffnete und ausstieg. Vor ihm standen Miya und Satochi die Blicke auf etwas am Boden gerichtet. "Tatsuro..." Genau wie damals, lag dieser auf dem rauen Asphalt und rührte sich nicht. Mit wackeligen Schritten ging er auf diesen zu, doch noch bevor er ihn erreichen konnte, wurde er von zwei Händen an den Schultern gepackt und grob zurückgerissen. "Es ist deine schuld!" Er hörte die Stimmen von Miya und Satochi, doch als er sie anschauten wollte, stand Tatsuro vor ihm, seine Gesicht zerkratzt und Blut, das ihm über seine Stirn lief. Seine zerschundenen Hände verstärkten den Griff auf seine Schultern, bis er nur noch einen brennenden Schmerz empfand, der ihm den Boden unter seinen Füßen wegriss. Ihm war übel, wie schon in so vielen anderen Nächten zuvor, in denen er aus einem dieser Träume erwacht war. Seine Glieder waren schwer wie Blei und sein Mund war unangenehm trocken. Vorsichtig setzte Yukke sich auf und rutschte an den Rand seines Bettes, wo er die Beine über die Kante hängen ließ und sich noch etwas Zeit einräumte sich zu sammeln. Schließlich stand er auf und schlurfte in Richtung Küche, um sich ein Glas Wasser zu genehmigen. Er sparte sich den Aufwand das Licht anzuschalten, das ihm eh nur in den Augen stechen würde. Er fand sich auch so zurecht. Noch immer etwas benommen von den Bildern die ihn hatten erwachen lassen, stand er vor dem Spülbecken, in einer Hand das soeben geleerte Glas und starrte gedankenversunken an die Wand ihm gegenüber. Dieser Traum lag ihm schwer im Magen. Er machte sich noch immer derartige Vorwürfe, dass es ihn einfach nicht mehr losließ. Ein bitteres Schnauben entwich ihm. Er hatte es ja auch verdient. Er war der Grund, warum es überhaupt erst so weit gekommen war und seine Träume waren die gerechte Strafe dafür. Noch immer spürte er Tatsuros Hände auf seinen Schultern, wie sich ihr Druck verstärkte, wie... Erschrocken wandte Yusuke sich um, gefolgt von dem Geräusch eines zerbrechenden Glases auf dem Fußboden. Tatsuro stand hinter ihm, seine Hände welche auf seinen Schultern geruht hatten noch immer in der Luft und schaute ihn an. Er hatte ihn in seiner geistigen Abwesenheit gar nicht registriert. Etwas unsicher, ob er nicht noch immer träumte, blickte er Tatsuro unverwandt in die Augen, auch wenn er dessen Gesicht nur Schemenhaft erkennen konnte. Es war aus einem Reflex heraus, dass er, nachdem sich dieser nicht weiter rührte, seine Hand an dessen Wange legte und diese zaghaft mit seinem Daumen entlang fuhr. Er spürte die Wärme unter seinen Fingern. Wie dieses Gefühl ihm langsam eine innere Ruhe verschaffte. Ruhe die er schon lange nicht mehr so empfunden hatte. Doch plötzlich zog sich ein schneidender Schmerz durch seinen Körper und hastig unterbrach er die Berührung wieder. Sein linker Fuß pulsierte unangenehm, als er sein Bein ein Stück anzog und nur wenige Sekunden später erhellte die Deckenlampe den Raum. Tatsuro stand am Lichtschalter und schaute mit leidlich mitfühlender Mine zu Yukke und seinem Missgeschick. Und je länger er sich auf dieses Bild konzentrierte, umso deutlicher spürte er ein merkwürdiges Stechen in seiner rechten Hand und wie eine verschwommene Erinnerung versuchte ihm das Gefühl erklären zu wollen. Warum ihm der Anblick von zerborstenen Glas und Blut so vertraut erschien. Er hatte die dunklen Narben auf seinem Handrücken schon vor einiger Zeit bemerkt, doch wie genau er sich diese Verletzungen zugezogen hatte, daran konnte er sich nicht erinnern. Doch er sollte sich jetzt nicht mit solch nebulösen Eingebungen befassen, denn Yukkes Problem hatte eindeutig Vorrang. Dieser war in eine der Scherben des zerschellten Trickgefäßes getreten und so wie es aussah, steckte der Splitter sogar noch in der Wunde, aus welcher unaufhörlich Blut rann. Also ging er rasch zu ihm zurück und schob ihm einen Stuhl zu, auf welchen er sich auch dankbar nieder ließ. Etwas unbeholfen stand Tatsuro nun vor ihm und beobachtete wie Yukke sein linkes Bein auf das angewinkelte Rechte legte und sich darauf eingehend den Schnitt beäugte. "Ich hab aber auch immer ein Glück!", murrte dieser verdrießlich, worauf er sich vorsichtig den Splitter aus seiner Fußsohle zog und dabei vor Unbehagen zischte. Ein kurzes Klirren und der Übeltäter gesellte sich wieder zurück zu den anderen Scherben. Eine kleine Lache aus Blut hatte sich schon am Boden gebildet, in welche nun nur noch mehr der roten Flüssigkeit tropfte. Rasche zog Tatsuro das in der Nähe befindliche Spültuch heran und reichte es an Yukke weiter. Dieser drückte den Stoff fest auf den Schnitt und ließ ein gedehntes Seufzen hören. "Aus diesem Jammertal komme ich wohl so schnell nicht raus..." Er hatte es eigentlich gar nicht laut aussprechen wollen, doch nun wo er den fragenden Blick von Tatsuro auf sich spürte konnte er davon ausgehen, dass dieser ihn nur zu gut verstanden hatte. "Hör einfach nicht auf den Unsinn, den ich von mir gehe.", meinte er darauf mit einem etwas schiefen Grinsen in der Hoffnung das Tatsuro seine Worte nicht falsch interpretiert hatte. Kapitel 24: We´re always by your side ------------------------------------- Kleine Erklärung vorweg, auch wenn sie vielleicht nicht nötig wäre. Sätze in diese *…* Zeichen eingefasst geben wieder, wenn Tatsuro etwas aufschreibt. Kapitel 24: We´re always by your side Yukke empfand eine große Erleichterung am nächsten Tag, denn seine Sorge war unberechtigt gewesen. Tatsuro hatte sein Verhalten, auf Grund seiner gestrigen Aussage, nicht wieder ins Negative verändert. Im Gegenteil. Er zeigte sogar recht viel Fürsorge, was ihn betraf. Sein Fuß tat zwar noch etwas ziepen, aber mit einem leichten Verband war es kein Problem die alltäglichen Dinge zu bewältigen. Tatsuro indes versuchte, so gut es ging, eine Hilfe zu sein. Nicht, dass sich Yukke daran störte, doch war der Vergleich zu dem Tatsuro vor zwei Wochen so enorm, dass er sich manchmal fragte, was diese Umkehr in ihm ausgelöst haben mochte und ob es vielleicht nur ein kurzes Aufflammen war, bevor er sich wieder zu diesem unnahbaren Ich wandelte. Aber er wollte keine Fragen darüber stellen, die Gefahr, dass er damit vielleicht alles nur beschleunigen würde, war ihm einfach zu groß. Diese Unsicherheit lag einfach noch zu schwer auf seinen Schultern. Etwas müde ließ sich Tatsuro auf der Couch nieder, während Yukke nebenan noch etwas zu tun hatte. Er hoffte, dass er seinen rotblonden Freund durch seinen Einsatz doch etwas von seiner befangenen Art ihm gegenüber befreien konnte, doch war dies weitaus schwieriger als er es sich gedacht hatte. Yukke schien regelrecht überfordert mit dem neuen Tatsuro und das ließ erneut den Gedanken ihn ihm aufkommen, wie schwer es dieser mit ihm gehabt haben musste. Denn so zurückhaltend wie Yukke auch manchmal war, so unsicher hatte er ihn früher nie erlebt. Wenn er doch nur mit ihm darüber sprechen könnte. Über seine Gedanken fiel sein Blick auf einen kleinen Notizblock auf dem Tisch vor ihm und augenblicklich kam er sich vor wie ein Idiot. Darauf hätte er auch früher kommen können. Rasch klaubte er den Block und den darauf liegend Stift auf und überlegte was er schreiben sollte. So viele Gedanken wirbelten in seinem Kopf umher, was davon sollte er aufgreifen? Sollte er gleich die vergangen Wochen anschneiden und was in diesen noch alles so vorgefallen war? Oder sollte er sich erst einmal bei Yukke entschuldigen, ihm sagen wie sehr es ihm leid tat, dass er wegen ihm solche Sorgen hatte ausstehen müssen? Vielleicht sollte er mit etwas anfangen das nicht gleich wieder zu viele negative Emotionen heraufbeschwor. Wenn er nach und nach darauf zurückkommen würde, wäre es womöglich etwas einfacher für sie beide. Nachdenklich ließ er den Kugelschreiber zwischen seinen Finger auf und ab wippen und noch bevor er auch nur eine Silbe zu Papier hatte bringen können, betrat Yukke das Wohnzimmer und schaute etwas überrascht auf ihn und die Utensilien die er wohl zu gebrauchen gedachte. Es war ein merkwürdiges Gefühl das daraufhin in Tatsuro aufstieg, das Gefühl das Yukke nun sicherlich irgendeine Mitteilung von ihm erwarten würde und so schrieb er einfach das erst Beste auf, was ihm in den Sinn kam und schob den Block soweit über die Tischplatte, das Yukke ihn aufnehmen konnte. Es war zu erkennen, dass er etwas zögerte bevor er dies tat. Womöglich dachte er, dass ihm nun Fragen gestellt werden würden, von denen er gehofft hatte sie nie beantworten zu müssen. Doch entspannte sich sein Gesichtsausdruck rasch, als er seine Bitte gelesen hatte. Und er war sogar der Meinung, ein leichtes Lächeln bei Yukke ausgemacht zu haben. "Natürlich können wir Teto besuchen gehen.", ließ er munter verlauten und irgendwie war es schon eine ungewöhnliche Situation, da Yukke sich früher nicht sonderlich dafür begeistern konnte, freiwillig in die Nähe einer Katze zu kommen, außer sie wurde vorher in Sicherheitsverwahrung genommen. Sie hatten sich schon wenig später auf den Weg zu Tatsuros Wohnung aufgemacht, nachdem sie Tsukahara-san über ihr Vorhaben informiert hatten. Die alte Dame war sichtlich erfreut über diesen unerwarteten Anruf und meinte für zwei so nette Jungs hätte sie immer Zeit. Doch zuvor wollten sie erst einmal in Tatsuro Apartment vorbei schauen und nun standen sie vor dessen Tür und Yukke wusste genau, was der Andere gerade denken musste. "Uhm..., wir mussten eine Neue einbauen lassen.", erklärte er Tatsuro etwas verlegen und reichte ihm daraufhin einen kleinen, silbernen Schlüssel. Es herrschte noch immer eine gut zu erkennende Unordnung, als sie das Apartment betraten. Yukke selbst war nicht mehr hier gewesen, seit sie Tatsuro hier aufgefunden hatten, sondern hatte es Miya und Sato überlassen sich um die Reparatur und die nötige Lüftung der Räumlichkeiten zu kümmern. Erleichtert stellte er fest, dass man das Wohnzimmer soweit wieder aufgeräumt hatte, das nichts mehr an den Grund von Tatsuros letztem Krankenhausaufenthalt erinnerte. Auch Tatsuro schien dankbar darüber. Es war ein überaus herzlicher Empfang den Tsukahara-san ihnen beiden hatte zukommen lassen, als sie sich kurz darauf ein Stockwerk höher begeben hatten. Das Wiedersehen zwischen Tatsuro und Teto war nicht weniger innig und auch wenn Yukke nicht viel über die Beziehungen zwischen Mensch und Tier zu sagen wusste, fand er es doch schon außergewöhnlich das Teto nach so langer Zeit Tatsuro nicht vergessen oder durch Tsukahara-san ersetzt gesehen hatte. Es war ein liebevolles Bild, das die beiden vermittelten und es bewegte Yukke zusehen zu können, wie ausgeglichen Tatsuro in diesem Augenblick wirkte. Wäre da nicht dieses eine Problem Tatsuro betreffen hätte man meinen können, das alles in seinen gewohnten Bahnen verlief. Sie nahmen sich gern die Zeit für eine Tasse Tee, die ihnen angeboten wurde und auch wenn Tatsuro sich nicht an einem Gespräch beteiligen konnte, so war er doch ganz guter Laune, während er sich mit seinem Kater zu beschäftigen wusste. Tsukahara-san vermied es über bestimmte Vorfälle zu reden und Yukke rechnete ihr dies wirklich hoch an. Er selbst wollte dieses Thema nicht hier ausbreiten. Er wusste, dass es irgendwann einmal dazu kommen würde, Tatsuro Rede und Antwort stehen zu müssen. Doch nicht hier. Wenn möglich, wollte er es so lange hinauszögern, wie es irgendwie ging. Denn schon der bloße Gedanke an so eine Unterredung verursachte in ihm ein ziemlich unwohles Gefühl. Eine gute Stunde war bereits verstrichen, als sie sich wieder von der alten Dame verabschiedeten und Yukke schon ein schlechtes Gewissen bekam, als er sah wie Tatsuro Teto noch einmal auf den Arm nahm und ihn hingebungsvoll kraulte. Yukke sah wie sich Tatsuros Lippen bewegten und auch wenn es nur stumme Worte waren, so konnte er sich denken, dass er dem Kater versprach, ihn nun öfter besuchen zu kommen. Wenn er nur nicht so eine Phobie hätte, dann hätte er Tatsuro gesagt, dass sie ihn auch mitnehmen könnten, aber so Leid es ihm tat, er konnte einfach nicht. "Wir sollten noch ein paar von deinen Sachen mitnehmen.", meinte er, als sie anschließend die ersten Stufen nach unten nahmen. Tatsuro wirkte etwas abwesend, als er ein zustimmendes Nicken zeigte, sodass er sofort ein Lächeln nach schickte, als er Yukkes unsicheren Blick auf sich ruhen spürte. Einige Minuten hatte Yukke neben Tatsuro gestanden und ihm dabei zugesehen, wie er wahllos Klamotten aus seinem Kleiderschrank zog und sie in eine große Reisetasche knüllte. Nach dem Hinweis, dass er wesentlich mehr in der Tasche verstauen könnte, wenn er die Sachen ordentlich einpacken würde, hatte Tatsuro ihn nur mit einem kritischen Blick fixiert und ihn kurzerhand aus dem Zimmer geschoben. Mit einem leichten Kopfschütteln und einem Schmunzeln ließ er den anderen schließlich sein Tun fortsetzen und zog sich derweilen ins Wohnzimmer zurück. Noch immer hing ein leichter Dunst von abgestandener Luft im Zimmer, was Yukke dazu veranlasste eines der Fenster zu öffnen und eine Weile einfach nur in den kürzlich eingesetzten Regen zu schauen. Eine etwas kräftigere Böe huschte unerwartet an ihm vorbei in den Raum und bauschte einige der umher liegenden Zeitschriften und Papiere auf. Um nicht noch mehr Unordnung zu verursachen, zog er das Fenster rasch wieder zu und blickte sich im Zimmer um, worauf er ansetzte davongewehte Blätter wieder einzusammeln. Nachdem er einige Unterlagen wieder auf dem Tisch abgelegt hatte, fiel sein Blick auf einen Briefumschlag der vor dem Fernseher auf dem Boden lag. Er dachte sich nichts dabei als er in aufhob und mit zu den anderen Papieren legte. Erst als ihm auffiel was darauf geschrieben stand, nahm er ihn wieder in die Hand. Sein Name war da zu lesen und es war eindeutig Tatsuro Handschrift die er den Zeichen zuordnen konnte. Der Umschlag war nicht zugeklebt, so dass er, als er ihn umdrehte und die dreieckige Lasche nach oben schob erkennen konnte, dass sich darin eine Karte befand. Er zögerte etwas, bevor er diese soweit herauszog, bis er in lateinischen Lettern die silberne Aufschrift -Happy Birthday- lesen konnte. Seine Hände zitterten leicht, als er sie gänzlich aus dem Umschlag nahm, aufschlug und darin weitere Worte lesen konnte, die Tatsuro dort geschrieben hatte. Es war eine Einladung gewesen die er, wann immer er es gewollt hätte, bei ihm einlösen können. -Dieser Tag gehört ganz dir-, waren die letzten Worte auf der Karte. Und mit einem Mal liefen ihm wieder Tränen die Wangen herunter, tropften auf das feste Papier und hinterließen feuchte Spuren darauf. Tatsuro hatte seinen Geburtstag nicht ignoriert. Er hatte an ihn gedacht. Rückblickend gesehen, hatte sie sich nie darüber unterhalten, warum Tatsuro an diesem Tag nicht zu seiner Feier erschienen war, oder ihm nicht einmal gratuliert hatte. Und Yukke wusste auch warum. Er hatte Tatsuro nie die Möglichkeit dazu gegeben, so enttäuscht war er von ihm gewesen. Nicht, weil er ihm nichts geschenkt hatte, sondern weil es ihm egal schien. Er Yukke, schien ihm einfach egal zu sein und das hatte ihn so geschmerzt, das er aus Tatsuros zuvor gezeigten Verhalten heraus gemeint hatte, er wollte einfach nichts mehr mit ihm zu tun haben. Und jetzt konnte er es sich auch genau erklären. Im Park, kurz vor dem Unfall hatte Tatsuro es ihm gesagt. Er war eifersüchtig gewesen, hatte dieser sein Handeln zu rechtfertigen versucht, doch auch da hatte er ihn einfach nur mit abweisenden Worten bedacht, nicht in der Lage alles zu überdenken und vielleicht etwas Licht ins Dunkel zu lassen. Ihm eine zweite Chance zu geben. Er hätte es tun sollten. Sie waren schließlich Freunde und er wusste um Tatsuro aufbrausendes Temperament. Doch auch dieser Fehler war begangen und konnte nicht mehr retuschiert werden. Und der Gedanke `Hätte ich nur...´, war schon so ausgetreten, dass er nicht mehr lohnte überhaupt noch gedacht zu werden. Ein leises Knarren ließ Yusuke plötzlich auf und direkt in das Gesicht seines Freundes blicken. Tatsuro schauten verwundert ob seines emotionalen Ausbruches und kam nun auf ihn zu. Als seine Aufmerksamkeit auf das fiel, was Yukke in seinen Händen hielt, zog ein kurzer aber heftiger Schmerz durch seinen Kopf der versuchte Erinnerungen mit sich zu bringen. Ein Schwindelgefühl ließ ihn daraufhin kurz taumeln, doch Yukke griff nach seinen Oberarmen und gab ihm somit wieder etwas Halt. "Tatsuro?" Yukke dirigierte seinen Freund auf die Couch und schaute diesen aus seinen geröteten Augen besorgt an. Der Tränenschwall war abgeklungen in dem Augenblick, als er Tatsuros seltsamen Gesichtsausdruck wahrgenommen hatte, der sich auch jetzt noch auf dessen Zügen wieder fand. Fahrig fuhr sich dieser nun durch seine langen Haare und ließ seine Hand dort vergraben, als er sich wieder an Yukke wandte und ihn mit traurigen Augen anschaute. Ein Schniefen war von Yukke zu hören und Tatsuro fühlte sich elend, als er sich daran erinnerte, warum diese Karte noch immer hier herumlag, obwohl sie doch für Yukke gedacht gewesen war. Er hatte sich zu dieser Zeit in etwas hineingesteigert gehabt und dadurch völlig ignoriert, was er Yukke damit antat, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal gewusst hatte, warum er sich ihm gegenüber so verhielt. Nach und nach stiegen vereinzelte Details wieder in seinem Gedächtnis auf und mit jedem weiteren Puzzlestück, das sich einfügte wurde die Reue größer. Was war er doch für ein sagenhafter Trottel gewesen! Er hatte Yukke aus purem Egoismus leiden lassen, obgleich er wusste wie sensibel dieser doch war, war er nur darauf aus gewesen, das Beste für sich selbst zu sehen. Und Yukke? Yukke hatte es versucht zu erdulden, so wie er es immer tat. Yukke war in so vielen Belangen der Gegenpol zu seiner exzentrischen Art und gerade dies war etwas, das ihn immer wieder in seine unmittelbare Nähe trieb. Erst war er einfach davon ausgegangen, dass es ihm gefiel das dieser so ein gefälliges Opfer für seine Attitüden war, doch nach und nach war es ein intensiveres Gefühl geworden und letztendlich so stark, das er damit nicht mehr umgehen konnte. Und anstatt Yukke vor allem Negativen zu bewahren, er tragischer Weise den Grund darstellte, warum dieser solange hatte Bitteres ertragen müssen. Er hatte den Ursprung dieses ganz bestimmten Gefühls einfach unter seiner Eifersucht begraben gehabt und als er merkte, dass er diese aufkeimende Pflanze zu ersticken drohte, war es zu spät gewesen. Er hatte Wunden hinterlassen, die einfache Worte nicht mehr heilen konnten, doch er hatte versuchen wollen es ihm zu erklären. Er wollte ihn den Grund für all das wissen lassen, nämlich dass er ihn brauchte, mehr als irgendjemanden sonst und es nicht hätte ertragen können, wenn er eine andere Person für sich gefunden hätte. Es war ein egoistischer Wunsch gewesen, doch er hatte es ihn wissen lassen wollen. Es war gut, dass er es nicht getan hatte. Er war nicht das, was Yukke verdient hatte. Er brachte ihm nur Kummer. Doch wenn er ihn nicht an seiner Seite haben konnte, so wollte er ihm wenigstens ein guter Freund sein, das war er ihm schuldig. Er würde nicht einfach so darüber hinwegkommen, der Schmerz würde andauern, doch Yukke hatte schon so viel wegen ihm erdulden müssen, dass es nur gerecht sein würde. "Du siehst gar nicht gut aus, ich hol dir ein Glas Wasser.", hörte er die besorgte Stimme Yukkes neben sich, der gerade im Begriff war in Richtung Küche zu verschwinden. Schnell war Tatsuro wieder auf seinen Beinen und noch bevor Yukke dies richtig registriert hatte, schlagen sich zwei Arme von hinten um seinen Bauch und hielten ihn zurück. Er spürte Tatsuros Atmen in seinem Nacken, wie dieser ihn noch näher an sich zog und seinen Kopf auf seine Schulter legte. Es war ein seltsamer Augenblick, doch genau wie gestern Abend vermochte dieser Kontakt eine wohlige Ruhe in Yukke auszulösen, die ihn dazu brachte diesen Moment einfach anzunehmen. Er wusste nicht wie lange sie so verweilten, bis sich Tatsuro wieder regte. Ein wenig Bedauern machte sich in ihm breit, als dieser seine Arme wieder zurückzog. Doch nahm Tatsuro keinen Abstand, sondern blieb hinter ihm stehen und griff folglich nach seiner linken Hand, die er daraufhin so in seine legte, dass die Handfläche nach oben zeigte. Etwas verwundert verfolgte Yukke, wie Tatsuro mit dem Zeigefinder der rechten Hand nun auf seiner Handinnenfläche entlangfuhr, bis er verstand, dass er ihm etwas mitteilen wollte. Aufmerksam beobachtet und vor allem fühlte Yukke die Spur die auf seiner Hand gezogen wurde und mit dem letzten unsichtbaren Strich hatte er verstanden. -Gome ne- *** Es hatte sich etwas verändert, seit er sich bei Yukke entschuldigt hatte und das zeigte Tatsuro, dass auch eine kleine Geste etwas bewirken konnte. Yukke war nun schon weitaus ausgeglichener, als noch Tage zuvor und das stimmte auch ihn positiv. Es war noch recht früh am Morgen, als er Yukke leise fluchen hörte, da er seinen Weg ins Bad nicht so lautlos hatte zurücklegen können, wie er wohl eigentlich angestrebt hatte. Doch es störte ihn nicht, er war eh schon seit geraumer Zeit wach und hatte sich noch ein paar Gedanken gemacht. Er würde wieder mit seiner Therapie anfangen, das hatte er sich vorgenommen und diesmal würde er nicht einfach wieder das Handtuch werfen, selbst wenn es Rückschläge geben sollte. Yukke hatte dieses Thema noch nicht wieder angesprochen, wohl weil er sich in dieser Hinsicht einfach nicht sicher war, ob er es riskieren konnte. Tatsuro konnte sich gut vorstellen, dass dieser nicht erpicht darauf war, Steine loszutreten, hinter denen er dann selbst den Abhang herunterstürzte. Also würde er es ihm einfach mitteilen. Heute noch. Er hatte schon genügend Zeit verschwendet. Ein Klicken sagte ihm das Yukke das Badezimmer wieder verlassen haben musste und so machte er sich seinerseits auf sich eine Dusche genehmigen zu wollen. Es war nicht das erste Mal, dass er Yukke nur mit Shorts bekleidet gesehen hatte, als er die Tür auftat und feststellen musste, dass dieser sich noch immer im Bad befand, worauf er etwas verlegen wieder den Rückzug antreten wollte. "Ich bin gleich soweit, du brauchst nicht extra wieder verschwinden.", ließ ihn Yukke wissen, der sich mit einem Handtuch nun etwas hektisch die Haare trocken rubbelte. Nur wenig später hatte sich dieser auch ein Shirt übergezogen und überließ Tatsuro die Räumlichkeit. Es war nicht zu übersehen gewesen, das Yukke um einiges dünner geworden war als früher, was dessen mitgenommenen Zustand nur noch deutlicher machte. Es wurde wirklich Zeit, dass sich wieder etwas änderte. Etwas verblüfft schaute Yukke auf das Display seines Handys. Sato hatte ihm mitten in der Nacht noch eine Nachricht geschickt, die er gar nicht registriert hatte und ihren Inhalt somit erst jetzt zu Lesen bekam. Er wollte heute mal auf einen Besuch vorbei schauen. Nur wann, hatte er nicht erwähnt. Der erste Gedanke der Yukke dabei durch den Kopf ging, bezog sich auf die Hoffnung, dass es Tatsuro nicht stören würde, schließlich konnte er seine Freunde nicht ewig von ihm fernhalten. Aber um dies herauszufinden, musste man es wohl einfach drauf ankommen lassen. Er war sich nicht sicher, ob er sein OK sofort zurück senden sollte, womöglich schlief Satochi nun und er wollte ihn nicht unnötig stören. Das Klingeln an seiner Wohnungstür unterbrach seine Überlegung allerdings und ließ ihn skeptisch auf die Uhr auf seiner Küchentheke blicken. Vielleicht nur einer der Nachbarn, der wieder etwas wissen und ihn dann in ein stundenlanges Gespräch verwickeln wollte. Aber diesem Bestreben würde er jetzt nicht nachkommen. Nach dem dritten und recht energisch wirkenden Klingeln zeigte er schließlich doch Erbarmen, beschloss aber innerlich, egal um was es gehen sollte, es freundlich abzuwürgen. Schon im Begriff einen Satz an die Person zu richten, die nicht hatte aufgeben wollen ihn zu nerven, schloss er seinen Mund wieder, als er einen fröhlich grinsenden Satochi vor sich entdeckte, der ihn auch gleich wissen ließ, das er extra Frühstück mitgebracht habe und sich damit an Yukke vorbeischlängelte. Immer noch etwas überfahren, blickte er diesem hinterher und wollte gerade die Tür wieder schließen, als Satochi zu ihm zurück fand und ihn davon abhielt. "Ich hab noch jemanden mitgebracht." Folglich zog er einen etwas zerknirscht wirkenden Miya um die Ecke in den Flur und schloss nun selbst die Tür. Ein unangenehmes Schweigen breitete sich zwischen Yukke und seinem alter Freund aus, worauf Sato prüfend von einem zum anderen blickte. "Mensch Leute, nun stellt euch nicht so an!", meinte er mit ernstem Ton, huschte darauf hinter Miya und packte dessen rechten Arm, um diesen gleich dem einer Puppe zu dirigieren. "Hallo Yukke, ich hab es nicht mehr ausgehalten zu schmollen und wollte mich deshalb bei dir entschuldigen...", imitierte Sato Miyas Stimme in einem viel zu hohen Ton und wedelte dabei unsinnig mit dessen Arm herum, bis dieser sich diesem Theater entriss und Satochi etwas ungehalten anzischte. Dann blickte er wieder zu Yukke, der noch immer vor ihm stand und ebenfalls etwas bedrückt wirkte. "Es tut mir leid!", hallte es synchron von ihm und Yukke durch die Luft, gefolgt von einem leisen Glucksen Satochis. "Na, das war doch gar nicht so schwer.", erörterte dieser erfreut die Versöhnung und klopfte den beiden zufrieden auf die Schulter. "Wo ist eigentlich Tatsuro?" Unverzüglich sah sich Yukke mit fragen Blicken konfrontiert und deutete mit einem Fingerzeig hinter sich in Richtung Bad. Es war nicht zu übersehen, wie sich Miyas und Satochis Augen Unheil schwanendes weiteten, und sich der Mund von Miya schon zu öffnen begann um diesen Umstand zu hinterfragen. "Er ist nur duschen. Ehrlich." Die Skepsis die sich daraufhin noch immer recht deutlich auf den Zügen seiner frühen Gäste abzeichnete, ignorierte Yukke jedoch. Es hätte keinen Sinn sie jetzt großartig davon überzeugen zu wollen, dass er Recht hatte. Spätestens wenn Tatsuro sich zu ihnen gesellte, sollte es ihm nicht zu viel sein, würden sie es merken. Es dauerte nicht lange, bis Yukke alles auf dem Tisch im Wohnzimmer zu Recht gemacht hatte, da es dort wesentlich bequemer war, als wenn sie sich alle an den kleinen Tisch in seiner Küche gequetscht hätten. Miya und Satochi tauschten ab und an noch immer zweifelnde Blicke. Womöglich dachten sie, dass ihr Freund sich gar nicht im Klaren war, was vor sich ging. Das Tatsuro wieder in sein unnahbares Schema zurückgefallen sein konnte und er es einfach nicht wahrhaben wollte und sich mit Wunschvorstellung zu schützen versuchte. Aber Yukke wusste es besser, zumindest hoffte er das. Denn es war letztendlich doch eine andere Situation, als wenn er mit Tatsuro alleine war. Er konnte davon ausgehen, dass dieser sehr wohl mitbekommen hatte, dass Besuch zugegen war, hatten sie sich ja nicht gerade im Flüsterton unterhalten. Schließlich konnte er nicht leugnen, dass er nun doch etwas unruhig wurde. Wie lange war Tatsuro nun schon im Badezimmer? Unweigerlich kam ihm das Gespräch mit Tatsuros Bruder Shin im Krankenhaus wieder in den Sinn, und wie schuldig dieser sich gefühlt hatte, weil er sich quasi von diesem hatte vorführen lassen und somit dazu beigetragen hatte, das Tatsuro am Ende wieder ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Er hatte einfach nicht gründlich darüber nachgedacht, hatte er Yukke erklärt, als sein kleiner Bruder mit der Bitte zu ihm gekommen war, ihn wieder nach Tokyo zu bringen. Aber er hatte an diesem Tage selbst noch so viele Dinge zu bewältigen gehabt, dass er in überstürzter Zustimmung darauf eingegangen sei. Und er bereute dies dermaßen, dass er sich im Nachhinein am liebsten selbst dafür geschlagen hätte. Shin tat ihm so gesehen wirklich leid, da er sich seit einiger Zeit mit Schuldgefühlen und ihren Ausmaßen selbst sehr gut auskannte. Rückblickend gesehen war es schon eine merkwürdige Verlinkung von Zufällen und Kalkulation gewesen. Außerdem war die Tatsache, dass Tatsuro in diesem Fall seine Chance so schnell für sich erfassen konnte recht gruselig, wenn man bedachte, dass er die gesamte Zeit zuvor auf gar nichts weiter eingegangen war. Doch Tatsuro hatte erkannt, dass er seinen Bruder in Abwesenheit ihrer Mutter leichter dazu bringen konnte auf ihn einzugehen. Und er konnte es sogar nachvollziehen, als Shin meinte, dass er einfach so überrascht von diesem plötzlichen Wechsel in Tatsuros Verhalten war, das er ihm seinen Wunsch ohne Zögern erfüllt hatte, auch in der Hoffnung auf weitere positive Entwicklungen. Er habe auch versucht ihn noch anzurufen, um ihm mitzuteilen, dass er Tatsuro wieder zurück bringen würde, aber einfach niemanden erreichen können. Schließlich habe er seinen kleinen Bruder, dann vor dem Haus abgesetzt, da dieser ihm versichert hatte die letzten paar Meter auch alleine zu schaffen, und da er eh schon so in Zeitdrang gewesen war, hatte er ihn gehen lassen. Und Tatsuro hatte die Gelegenheit ergriffen und war einfach so verschwunden. Zufall war, dass es gerade in dieser Zeit nicht möglich gewesen war ihn zu Hause zu erreichen. Die Vorstellung das Tatsuro auch jetzt nur ein Spiel mit ihnen spielte, war wie ein Eimer mit eiskaltem Wasser den man ihm über den Kopf schüttete und er hoffte innständig, das ihn ein solch böses Erwachen nicht noch einmal heimsuchen würde. Nein, er sollte einfach nicht so pessimistisch sein, sondern Tatsuro vertrauen, schließlich hatte dieser sich bis jetzt nichts zu Schulden kommen lassen und das wollte er nicht als Vortäuschung falscher Tatsachen sehen. Das vertraute Klicken einer sich gerade öffnenden Tür, ließ ihn allerdings von seinen Gedanken abschweifen und seinen Geist mit Zuversicht füllen. Er war sich sicher, dass Tatsuro dachte er stünde leicht neben sich, als er diesen im Flur abfing und mit einem überdimensionalen Lächeln auf den Lippen anstrahlte. Aber irgendwie überkam ihn in diesem Augenblick ein so überschwängliches Gefühl, das er einfach nicht anders konnte. Und aller Merkwürdigkeit zum Trotz lächelte Tatsuro zurück und bedeutete mit einem Zeichen, das er gleich soweit sei, bevor er noch einmal im Schlafzimmer verschwand. Yukke zeigte seine Zufriedenheit somit auch unverhohlen, als er wieder zu Miya und Sato zurück fand, die nun schon etwas entspannter drein schauten, als es noch vor wenigen Minuten der Fall gewesen war. "Er ist gleich soweit." Mit diesen Worten zog er sich abermals zurück, um nur wenig später wieder mit einer Kanne voll Kaffee im Raum zu stehen. Aus dem Augenwinkel konnte er sehen, wie sich Tatsuro schon am Türrahmen befand und leicht zögerlich wirkte. Rasch setzte er das bauchige Geschirr ab und trat auf seinen Freund zu. "Schon OK.", beruhigte er ihn und griff kurz entschlossen nach dessen Handgelenk, um ihn mit sich zu nehmen. Es war seltsam, denn obwohl Tatsuro schon im Krankenhaus und auch zu seiner Entlassung mit seinen beiden anderen Freunden zusammen war, hatte er nun das Gefühl, als würde er sich einer Auswertung stellen müssen, der er nicht gerecht werden konnte, egal was er auch anstellen mochte. Diese Unsicherheit nahm ihn so ein, das er ehrlich überlegt hatte sich gar nicht erst zu zeigen, doch das konnte und wollte er Yukke nicht antun. Er war dankbar, dass dieser ihn nicht einfach hatte im Flur stehen lassen und auch jetzt noch an seiner Seite blieb, wo ihn Miya und Sato direkt fixierten. Und plötzlich erschien es ihm albern, dass er sich so angestellt hatte, als ihn Sato mit einem herzlichen „Oi Tatsu“, begrüßte und auch Miya ihm wohlwollend zunickte. Umso mehr tat es ihm leid, dass sie sich daraufhin, wohl seinetwegen, so gut wie gar nicht unterhielten. Sicherlich um zu vermeiden, dass er sich ausgeschlossen fühlte. Doch diese Atmosphäre behagte ihm noch weitaus weniger. Mit einem suchenden Blick entdeckte er den kleinen Notizblock und angelte ihn sich von dem Beistelltisch der neben der Couch stand. Er spürte die neugierigen Blicke seiner Freunde auf sich ruhen, während er etwas auf das Papier kritzelte, das er schließlich mitten auf dem Tisch platzierte, so dass es auch jeder lesen konnte. *Wie geht´s denn so?* Es dauerte eine Weile, bis zwei der drei Angesprochenen diese Frage auch als wirklich gestellt begriffen, was Yukke ein belustigtes Schmunzeln entlockte. Es war Satochi der sich den Stift aus Tatsuro Hand schnappte und nun seinerseits etwas auf das Papier schrieb, ungeachtet des Blickes den Miya nun mit Yukke wechselte *Ganz gut, und selbst?* Sato schob den Block wieder zu Tatsuro, der sich daraufhin ein Grinsen nicht verbieten konnte. *Also, es geht mir schon wesentlich besser, als noch vor ein paar Tagen, was nicht zuletzt an Yukkes Fulltime Fürsorge liegt ^_^ Ach und Sato, du musst mir nichts aufschreiben. Ich höre noch ganz gut ^_- * Man konnte sehen, wie sich eine leichte Röte auf die Wangen ihres Drummers legte, als er sich die Zeilen Tatsuros durchlas und folglich ein „Stimmt ja“, vor sich her nuschelte. Ein allgemeines und entspanntes Feixen folgte darauf und so wie es aussah hatte er es geschafft seine Freunde etwas von ihrer Gezwungenheit zu befreien. Es setzte eine gewisse Geduld voraus eine Konversation zu führen, an der sich nicht jeder verbal beteiligen konnte, doch sah dies anscheinend niemand als einen störenden Faktor an. Seine Freunde waren wohl einfach schon froh, dass er sich ihnen überhaupt mitteilte, egal wie und um was es auch ging. Vielleicht, so dachte sich Tatsuro, nachdem die Stimmung sehr ausgeglichen wirkte, sollte er ihnen allen gleich sein Vorhaben unterbreiten, sich wieder in therapeutische Behandlung begeben zu wollen. Immerhin waren sie von Anfang an ein Teil des ganzen Chaos gewesen, wenn auch eher unfreiwillig. *Ich möchte wieder zu Taira-san- gehen. Vorausgesetzt sie lehnt diese Bitte nicht ab.*, notierte er nach einer Weile in der wieder etwas Ruhe eingekehrt war und erwartete gespannt die Reaktionen die auf diese Mitteilung folgen würden. "Das ist doch klasse!" War Satochis ehrliche Meinung dazu, der auch gleich noch nach einem der Onigiri griff, die er zu ihrem Frühstück beigesteuert hatte. Tatsuro ging die Runde mit seinen Augen ab. Yukke hatte nichts gesagt, doch sprach sein Gesichtsausdruck für sich. Er freute sich sichtlich und wirkte seit einer Ewigkeit wieder einmal so glücklich, wie er es früher immer war, wenn ihn etwas begeistert hatte. "Wir werden dich auf jeden Fall dabei unterstützen. ", hörte er Miyas Stimme und wandte seine Aufmerksamkeit von Yukke auf ihn. "Wenn du es diesmal wirklich willst, dann stehen wir dir so gut es uns möglich ist bei." Eine Pause trat ein und ein leicht spitzbübisches Lächeln zeigte sich auf Miyas Gesicht. "Es ist nämlich schon etwas langweilig, ohne dein Gejammer und Gemecker." Kapitel 25: Everlasting Feelings -------------------------------- Kapitel 25: Everlasting Feelings Tatsuro war erschöpft und auch sein Hals schmerze ein wenig, als er und Yukke die Praxis wieder verließen. Taira-san hatte ihn in seiner ersten Stunde, seines zweiten Versuches, nicht mit Samthandschuhen angefasst und er nahm es ihr auch nicht übel. Im Gegenteil. Er war froh, dass sie ihn nicht abgewiesen hatte, als Yukke und er sie persönlich aufgesucht hatten, um mit ihr über eine mögliche Wiederaufnahme seiner Therapie zu reden. Ihr strenges Gesicht hatte sich über ihren Dialog nicht zu einer positiven Mimik hinreißen lassen. Und eigentlich dachte Tatsuro sie würde sie schon nach den ersten Minuten, höfflich aber direkt, darauf verweisen, dass sie ihre Zeit nicht mit solch widerspenstigen Fällen vergeuden würde. Aber das hatte sie nicht getan. Vielleicht, weil sie als Ärztin einen gewissen Kodex befolgte, oder weil sie sich selbst von ihrer beruflichen Kompetenz überzeugen wollte, indem sie ihn wieder unter ihre Fittiche nahm. Sie hatte ihnen erklärt, dass es nun allerdings noch um einige schwieriger werden würde, baldige Erfolge verbuchen zu können. Doch schien sie trotzdem guter Dinge zu sein, was die Wiederbelebung seiner Stimme anging. Tatsuro musste gestehen, dass er Angst davor hatte gesagt zu bekommen, das nichts mehr zu retten sei, weil er sich so lange geweigert hatte sich helfen zu lassen. Umso erleichterter war er nun, dass man sich wieder seiner angenommen hatte. Mit einem guten Gefühl in sich, verließen er und Yukke schließlich auch das Gebäude. Tatsuro hielt für einen Moment inne, um sich die warmen Strahlen der weißen Sonne auf das Gesicht scheinen zu lassen, bevor er sich einmal ausgiebig steckte. Yukke stand neben ihm, ein leichtes Lächeln vor sich her tagend und Tatsuro überkam der plötzliche Wunsch diesen einfach umarmen zu wollen. Ein überraschtes Keuchen entwisch Yukke, als er ihn ohne Vorwarnung zu sich zog und an sich drückte, als hätten sie einander Jahre nicht gesehen. Yukke fühlte sich für einen Augenblick recht überrumpelt und stand einfach nur unbeholfen in den Armen seines Gegenübers, bis er schließlich seine eigenen um seinen Freund schloss, und die schrägen Blicke der vorbeigehenden Passanten geflissentlich ignorierte. Es tat gut Tatsuros Nähe zu spüren. Zu wissen, dass er wieder bei ihnen war und das die Schatten langsam aber sicher zurückwischen, die all die vergangen Wochen um sie herum geschlichen waren. "Ich bin froh, das du wieder da bist.", flüsterte er, worauf ihn Tatsuro noch etwas enger an sich zog und seine Gesicht in dessen Rotblondem Haar vergrub. Am liebsten würde Tatsuro ihn nie wieder loslassen wollen. Er liebte diesen vertrauten Geruch, der Yukke ständig umgab und der ihn so spielend einzulullen wusste. Er genoss die Wärme, die ihm dieser vermitteln konnte und dessen sanftes Wesen, das so im Gegensatz zu seinem eigenen stand. Und er schämte sich, dass er nie so richtig in der Lage gewesen war, diese ganzen positiven Bedeutsamkeiten auch in dem Wert zu schätzen, wie er sie für sich empfand. Aber das sollte sich ändern. Es war gleich einem Windhauch den Yukke wahrnahm, als sich Tatsuros Lippen leicht auf seine Stirn legten und Worte formten die er nicht deuten konnte. Nur die letzte dieser Berührungen konnte er problemlos zuordnen, welche seine Wangen unwillkürlich mit einem hitzigen Rot flutete. Es war so unglaublich lange her. Und selbst wenn es früher immer dazu gedient hatte ihn aufzuziehen, schien es nun so ehrlich, dass es ihn glatt etwas aus der Fassung brachte. Aber vielleicht bildete er sich da auch nur etwas ein. Es sah wohl recht eigenwillig aus, wie er da so völlig in Gedanken und mit einem verlegenen Rotschimmer im Gesicht in die Gegend starrte, als sich Tatsuro wieder von ihm losgesagt hatte und er es gar nicht mitzubekommen schien. Erst Tatsuros leicht verwundertes Gesicht, das nun direkt vor ihm auftauchte, ließ ihn wieder zu sich finden, nur um daraufhin noch eine Spur an Verlegenheit dazu zu gewinnen. Mit einem gezielten Griff in seine Tasche beförderte Tatsuro sein PDA, das er erst vor kurzem von seinen Freunden geschenkt bekommen hatte, hervor und nach ein paar Sekunden hielt er es Yukke vor die Nase. *Alles in Ordnung mit dir?*, konnte er dem Display entnehmen. Yukke brauchte jedoch noch einen Moment, bevor er sich wieder gänzlich gefangen hatte, nur um sich folglich selbst einen Idioten zu schimpfen, weil er sich wegen einem flüchtigen Kuss auf seine Stirn so albern zeigte. "Alles OK." Doch konnte er trotzdem nicht verhindern, dass sein darauf folgendes Lächeln ziemlich hölzern wirkte. Er war eindeutig ein Idiot. *** Es war gerade kurz nach 21 Uhr, aber Yukke schlief schon tief und fest und das in seinem Sessel. Tatsuro konnte sich nicht vorstellen, dass es ein bequemer Schlaf war, schließlich waren die Möglichkeiten sich auszubreiten doch mehr als spärlich. Aber wer konnte Yukke seine Erschöpfung schon verdenken? Er war all die Tage über immer im Helfermodus gewesen. Auch wenn dieser ihm seine Ruhe ließ, so war er doch immer darauf bedacht da zu sein, wenn er gebraucht werden könnte. Yukke gönnte sich kaum etwas Erholung und das sah er gar nicht gern. Nur war es nicht so einfach ihn davon überzeugen zu wollen, sich auch mal eine Pause zu erlauben und sich keine Sorgen zu machen. Er glaubte nicht das Yukke immer noch daran dachte, dass er eine große Dummheit anstellen würde, sobald er sich unbeaufsichtigt fühlte. Vielmehr, so schien es, wollte er sich damit von etwas befreien. Etwas wieder gut machen, obwohl es doch eindeutig er war, der hier ein schlechtes Gewissen haben musste. Und das hatte er. Das zu Boden fallen der Zeitschrift von Yukkes Schoß verriet, dass dieser ansetzte seine Position wechseln zu wollen und Tatsuro es sich gar nicht mit ansehen konnte, wie sich dieser daraufhin auf den paar Zoll Sitzfläche zusammenfaltete. Warum ging Yukke denn nichts ins Bett, wenn er so müde war? Ein imaginärer Fausthieb auf seinen Kopf brachte die Erkenntnis, gefolgt von einem leisen Murren. Hatte er sich nicht eigentlich vorgenommen Yukke ein besserer Freund zu sein? Stattdessen hockte er nun hier, auf der Couch die Yukkes Schlafplatz darstellte und ihm war klar, dass dieser auch jede weitere Nacht in seinem Sessel zubringen würde, nur um ihn nicht von der Couch zu scheuchen, und ihn damit quasi aus dem Wohnzimmer zu werfen. /Du bist echt nicht zu fassen.../ Erneutes Rumoren ließ Tatsuro nun von seinen Platz aufstehen und ohne eine unnötige -wach auf und legt dich hin- Rüttelei zum Besten zu geben, postierte er sich vor seinem Freund. Ungeachtet des schlaftrunkenen Murmelns, was dieser kurz darauf von sich gab, zog er diesen hoch und manövrierte ihn in Richtung Couch, wo dieser sich dann auch gleich dankbar ausstreckte und einfach weiter schlummerte. Er breitete noch die rote Decke über Yukke aus. Doch anstatt den Raum zu verlassen, platzierte er sich in dem Möbelstück, aus welchem er seinen Freund gerade heraus bugsiert hatte und schaute diesen einfach nur wieder an. Ob er ihm jemals seine Gefühle offenbaren sollte? Eher nicht. Denn das würde nur wieder Dinge nach sich ziehen, die erneut alles zerstören könnten. Nun war es an ihm zurückzustecken und für Yukkes Wohlergehen würde er das auch tun. Mitternacht lag längst zurück, als Tatsuro sich ins Schlafzimmer davonschlich, nachdem er sich noch etliche Gedanken über Vergangenes und Zukünftiges gemacht hatte. Er wollte Yukke mal wieder eine Freude machen. Er wollte ihn wenigstens für ein paar Stunden von seinem Stress ablenken, den er durch ihn jeden Tag auf sich nahm. Er hatte lange überlegt, bis ihm seine Karte wieder eingefallen war und das Yukke noch immer einen ganzen Tag bei ihm gut hatte. Natürlich hätte dieser auch ohne solch eine fast schon verjährte Einladung es verdient gehabt, sich einmal oder eher öfter verwöhnen zu lassen. Aber so wie er Yukke kannte, würde er solche Angebote einfach nicht annehmen, wenn es keinen wirklich plausiblen Grund dafür gab. Aber sein Geburtstag war ein Grund. Ein recht guter sogar. Mal abgesehen davon, dass er nun schon einige Monate zurück lag. Nur würde er bei der Umsetzung seines Planes etwas Hilfe gebrauchen können. Er würde morgen einfach mal Sato fragen, ob er einige Dinge für in erledigen könnte. Denn auch wenn es ihm lieber gewesen wäre, alles allein gemanagt zu haben, so gab es halt das Problem mit der Verständigung. Er könnte zwar losziehen und versuchen alles auf den schriftlichen Weg zu regeln, aber ob er damit viel Erfolg haben würde war fraglich. Womöglich würde man ihn in manchen Fällen nur für einen Spinner halten und ihn einfach ignorieren. Dann doch lieber Satochi zu Rate ziehen. *** Tatsuro war schon früh aufgestanden, da ihn eine triezende Nervosität nicht wirklich hatte lange schlafen lassen wollen. Heute wollte er sein Vorhaben in die Tat umsetzten. Er musste es nur noch Yukke wissen lassen. Zumindest das er etwas mit ihm vorhatte, die Einzelheiten würden jedoch vorerst noch sein Geheimnis bleiben. Auf leisen Sohlen schlich er sich ins Badezimmer, um schon einmal dafür zu sorgen, dass er bereits mit allem fertig sein würde, bevor Yukke aufwachte. Und tatsächlich kam dieser genau zu dem Zeitpunkt aus dem Wohnzimmer geschlurft, als er das Bad gerade eben wieder verlassen hatte. Er kam nicht umhin zu bemerken, dass dieser recht geschafft aussah. So als wäre er gar nicht erst ins Bett gekommen. Mit einem müden Lächeln und der stummen Geste eines -Guten Morgen-, trat er an Tatsuro vorbei, der ihm noch die Tür offen hielt, bevor er sie hinter dem anderen wieder schloss. Bewaffnet mit einer Bürste, platzierte er sich vor dem Spiegel im Flur, da der im Badezimmer aus unerfindlichen Gründen nicht mehr vorhanden war. Es dauerte eine Weile, bis er sein Haar soweit gebändigt hatte, das er auch zufrieden damit war und sich daraufhin auf den Weg in die Küche begab. Er hatte Hunger und das war im Allgemeinen ein Zustand, den er so nicht im Raum stehen lassen konnte. Aber er würde sich zügeln, bis auch Yukke wieder herzukam und sie dann gemeinsam frühstücken konnte. Mit ein paar gezielten Handgriffen in Schränke und Schubladen, hatte er auch schon soweit alles vorbereiten können, dass nur noch der Kaffee fehlte. Aber daran würde er sich nicht vergreifen. Irgendwie war er der einzige Mensch der seinen selbstgekochten Kaffee als durchaus trinkbar erachtete. Er zuckte etwas verschreckt zusammen, als er plötzlich Yukke neben sich stehen sah, der noch immer etwas abgespannt wirkte. "Oh, du hast dich schon gekümmert?", hörte er dann auch schon dessen Stimme, in der deutlich Überraschung mitschwang. Es hätte ihn vielleicht etwas gekränkt, das dieser so erstaunt darüber erschien, das auch er im Stande war, solch eine simple Angelegenheit zu bewerkstelligen, aber das war er nicht. Schließlich war es bis jetzt immer Yukke gewesen, der alles erledigt hatte, bevor er überhaupt aus seinem Lager gekrochen war. Heute aber wollte er mal derjenige sein der sich kümmerte und bis jetzt ging es sogar ganz gut. Blieb nur zu hoffen, dass auch der Rest des Tages so verlaufen würde. Satochi hatte ihm alles besorgt und arrangiert, um was er ihn gebeten hatte. Nun durfte nur nichts schief gehen, und mit -schief gehen- meinte er in erster Linie sein eigenes Verhalten. "Ich fühl mich irgendwie nicht so gut." Yukke hatte sich auf seinem Stuhl am Tisch sinken lassen und fuhr sich mit einer Hand über sein noch immer müde erscheinendes Gesicht. Sollte dieser womöglich noch krank werden? Tatsuro musterte seinen rotblonden Freund etwas genauer, bis er schließlich näher an diesen herantrat und seine Hand unter dessen Pony und auf dessen Stirn legte. Sie war warm. Vielleicht etwas zu warm, aber so wirklich Ahnung hatte er davon nicht. Ein weiterer Blick in dessen Gesicht ließ aber darauf schließen, dass es Yukke wirklich nicht gut zu gehen schien, denn mit einem Male war dieser recht rot um die Wangen geworden. Anscheinend ein ansteigendes Fieber. Aber schon in nächsten Augenblick zog Yukke seinen Kopf ein Stück nach hinten, sodass sich dessen Stirn wieder von seiner Hand entfernte. "Schon OK. So schlimm ist es nicht." Tatsuro konnte nicht deuten, ob es wirklich an dem war, oder ob Yukke ihn nur wieder davon abbringen wollte sich um ihn Sorgen zu machen. "Ich nehm einfach eine Tablette und dann wird das schon wieder.", versicherte er ihm daraufhin noch und unterstrich die Harmlosigkeit seines Unwohlseins mit einem Grinsen. Es wäre zwar schade wenn sein Plan nun daran scheitern würde, das es Yukke nicht gut ging, aber seine Gesundheit ging eindeutig vor und er würde ihm bestimmt nichts davon mitteilen, wenn er lieber zu Hause bleiben sollte, um sich aus zu kurieren. Denn wenn dieser etwas wüsste, dann würde er auf Biegen und Brechen darauf bestehen es durchzuziehen, da er nicht wollte, dass die ganze Mühe umsonst gewesen war, nur weil er sich etwas eingefangen zu haben schien. Er würde daher erst einmal beobachten, wie es sich weiter mit seinem Freund hier verhielt und wenn er sich im Laufe des Tages doch wieder erholen sollte, dann könnten sie immer noch aufbrechen. Immerhin waren seine Absichten eh erst um dem frühen Nachmittag angelegt. Es war kurz nach zehn, als er Yukke dazu aufgefordert hatte, sich wieder ins Bett zu legen und diesmal in sein Richtiges, als dieser fast wieder in seinem Sessel eingeschlafen wäre. Zuerst hatte er sich geweigert und darauf beharrt zu bleiben wo er war. Nur das penetrantes Klopfen von Tatsuros Fuß auf den Boden, die verschränkten Armen vor seiner Brust und die drohende Miene, hatten Yukke letztendlich dazu bringen können sich doch wieder zu erheben, um dessen Bitte folgen zu leisten. Es hatte auch keine zwei Minuten gedauert, bis Yukke wieder eingeschlafen war und Tatsuro sich zurück ins Wohnzimmer gesetzt hatte. Was sollte er nun die Zeit über tun? Auf jeden Fall nichts, was großartigen Lärm mit sich bringen würde. Er wollte Yukke ja nicht wieder aufwecken. Vielleicht sollte er mal schauen, was das Fernsehprogramm zu bieten hatte. Es war schon ewig her, dass er mitten in der Woche und um solch eine Uhrzeit dazu verleitet worden war, dieses Gerät zur Auflockerung seiner Langweile zu nutzen. Kurz hatte er seine Aufmerksamkeit an eine dieser Hausfrauenserien gehaftet, aber als es dann darum ging, das der eine Freund mit der Frau seines besten Freundes durchgebrannt war, die obendrein noch schwanger von dem Chef ihres eigentlichen Ehemannes war, hatte er wieder abgeschaltet. Und nun saß er wieder nur da und wusste nichts mit sich und seiner Freizeit anzufangen, bis sein Blick plötzlich auf das Regal mit Yukkes DVD Sammlung fiel. Er kannte die meisten der Filme die dort standen schon, aber es war immer noch besser, als nur der Stille zuzuhören. Sein Blick zog vorbei an der kleinen Kollektion von -Ultraman- und -Kintaro- DVD´s, bis er sich schließlich für einen etwas heiteren Streifen entschied, da ihm mal wieder nach etwas Lustigem zu Mute war. Kaum hatte er die Hülle hervorgezogen, fiel auch schon eine andere hinterher, die wohl darauf gelegen haben musste. Durch die transparente Hülle war es nicht schwer zu erkennen, dass es sich um einen einfachen DVD Rohling handelte, auf dem nur ein paar Zahlen geschrieben standen. Ein Datum vielleicht? Nicht sicher, ob es ihn etwas angehen dürfe legte er sie wieder dorthin zurück wo sie herkam und widmete sich stattdessen dem eigentlich herausgesuchten Film. Fast eineinhalb Stunden später, flimmerte die letzten Zeilen des Abspanns über den Bildschirm und er streckte seine etwas steifen Glieder, während eines gedehnten Gähnens. Es war fast Mittag und Yukke schlief noch immer. Er schien es wirklich gebrauchen zu können, also sollte er sich auch ausreichend erholen. Nun wo er selbst eine ganze Weile auf der Couch gesessen hatte, war ihm auch immer bewusster geworden, dass diese ihre besten Tage auch schon hinter sich hatte. Es mochte noch dazu reichen, um eine Nacht darauf ruhen zu können, aber für Tage oder gar Wochen, war es wahrlich nicht die bequemste Lösung. Kein Wunder, das sich Yukke hier nicht richtig regenerieren konnte und das sein Körper da auch mal zu mosern begann. Schließlich stand er auf und verstaute die gerade aus dem Recorder genommenen DVD wieder in ihrer Hülle, als ihm abermals der Rohling ins Auge fiel. Unter ständigem Aufhorchen, ob sich nebenan etwas tat, griff er wieder danach und schob ihn schließlich in das Laufwerk. Er konnte die ersten etwas wackligen Aufnahmen noch nicht so recht zuordnen, bis ihm plötzlich die Stimme von Satochi ans Ohr drang, der darüber informierte, dass es eben eine neue Kamera sei und er sich damit noch nicht so auskenne. Nur ein paar Momente später sah er dann auch schon sich selbst und Miya auf der Mattscheibe und musste unwillkürlich schmunzeln, als er Miyas genervten Gesichtsausdruck erfasste. Sie waren im Studio und gerade dabei ihre Sachen zusammen zu packen. Tatsuro wusste, dass sie sich daraufhin auf den Weg zu seinem Apartment machen würden, da er sich nun auch wieder daran erinnerte, wann dies aufgenommen wurde. Er konnte verfolgen das Satochi sie auch gefilmt hatte, wenn es recht uninteressant war, wohl weil er einfach mit seinem neuen Spielzeug etwas herumprobieren wollte. Sie kamen in einem Conbini vorbei, um sich noch mit den nötigen Getränken und Fressalien einzudecken, weil er von Haus aus nicht viel anzubieten hatte, wenn sich spontaner Besuch einstellte. Wieder erkannte er seine Person und musste feststellen, dass er aus dieser Perspektive eindeutig zu eindeutig auf ihren rotblonden Bassisten starrte, der gerade damit beschäftig war sein Lieblingstropenobst auf seine Reife zu prüfen. Manchmal hatte er aber einfach nicht anders gekonnt, als Yukke einfach anzusehen, wenn dieser es nicht bemerkte. Es waren so kleine Glücksmomente die er sich suchte. Ein undefinierbares Murmeln von Satochi folgte, bevor dieser weiter schwenkte und sich auch wieder in Bewegung setzte. Ab und an filmte er in eines der Regale, die sich zu seiner Linken oder Rechten aufgebaut befanden. Noch ein paar Versuche mit dem Zoom und schließlich lag der Fokus des Objektivs auf Miya, der sich vor einem üppigen Angebot von Pflegeprodukten und dazugehörigen Utensilien befand. "Oi Miya-kun, lächle doch mal für mich.", hörte er wieder Satochis Stimme und konnte verfolgen, wie sich ihr Leader diesem mit einem kühlen Gesichtsausdruck zuwendete, während er nach etwas von der vor ihm befindlichen Metallkonstruktion griff, an welcher diverse Verpackungen hingen. Und jetzt kam es auch Tatsuro wieder ein. Miya war an diesem Abend noch ziemlich mürrisch gewesen, weil ihn niemand vor der Peinlichkeit bewahrt hatte, mit der Packung eines dieser netten, pinkfarbenen Damenrasierers an der Kasse zu erscheinen, auf der ein Slogan wissen ließ, das man sich nach einer Rasur mit diesem Produkt, schön wie Aphrodite zeigen könne. Vielleicht wäre es Miya ja sogar egal gewesen und er hätte seinen Fehlgriff einfach akzeptiert, wenn sie ihn daraufhin nicht mit ihren lautstarken Mutmaßungen zu dieser Wahl so aufgezogen hätten, bis er mit rotem Kopf und saurer Miene das Geschäft hinter sich gelassen hatte, um dieser Verarschung zu entfliehen. Es hatte einiges an Entschuldigungen und Überredungskunst gebraucht ihn davon abzuhalten nach Hause zu gehen. Auch indem man ihm versicherte, dass sie ihn nicht weiter damit aufziehen würden. Zumindest nicht in seiner Hörweite. Tatsuro schmunzelte. Es war aber auch zu amüsant gewesen. Die nächste Szene zeigte sie schon alle in seinem Wohnzimmer, bei ausgelassenen Gesprächen und den typischen kleinen Kabbeleien, die sich meist auf ihn und Yukke bezogen. Es gab Momente, wo der Drang diesen berühren zu wollen so unbändig wurde, das er einfach nur dankbar war dieses Bedürfnis, unter dem Schein einer Neckerei, wieder etwas besänftigen zu können. Er konnte nicht sagen was passiert wäre, hätte er dieses Alibi nicht für sich nutzen können. Irgendwann wäre es sicherlich unerträglich geworden und dann...? Er wollte nicht darüber nachdenken. Das Lallen seiner eigenen Stimme lenke seine Aufmerksamkeit zurück zum Bildschirm, wo er gerade an Yukke herumrüttelte der schon recht schläfrig auf seinem Platz hing. Worauf er diesen noch trotzig wissen ließ, dass er gefälligst sein Bier austrinken sollte, bevor er schlecht werden würde. Aber Yukke reagierte nur noch mit einem Murmeln, drehte sich sogar von Tatsuro weg und ignorierte dessen darauffolgende beleidigte Miene somit gänzlich. In seiner jetzigen Rolle als Beobachter vor dem Fernseher, wusste er schon genau was jetzt folgen würde und schon Sekunden später, sah er zu wie er an seinem rotblonden Freund herumhantierten, um ihn von seinem Klamotten zu befreien. Wäre es nicht er selbst gewesen, der sich da so frivol grinsend an einem wehrlosen jungen Mann zu schaffen machte, hätte er vielleicht mit dem Kopf geschüttelt und diese andere Person, als notgeilen Perversen betitelt. Aber da gab es keinen anderen. Nur ihn. Er spürte folglich ein Gefühl in sich aufwallen, dass er nur allzu deutlich kannte. Wie gebannt schaute er sich dabei zu, wie er vielleicht etwas zu unbedacht über die freigelegte Haut Yukkes strich, während er ihm sein Shirt langsam höher schob, um es ihm über den Kopf ziehen zu können. Er erwischte sich dabei, wie er sich mahnend auf die Unterlippe biss, um sich nicht völlig gehen zu lassen und er konnte sich noch genau daran erinnern, wie heftig sein Herz die gesamte Zeit über geschlagen hatte. Und auch jetzt, wo er es noch einmal vorgeführt bekam, hämmerte es unruhig in seiner Brust und eine verhasste Sehnsucht legte sich über ihn. Wieder wechselte das Geschehen und nun sah er Yukke unten vor dem Haus stehen, mit nichts weiter bekleidet, als seinen Shorts und seinen Socken. Ein kurzes Scharren ließ Tatsuro jedoch aufhorchen und rasch drückte er die Stopptaste des Players als er hörte, dass sich etwas im Flur tat. Yukke musste aufgestanden sein und so wie er es deuten konnte, sich gerade in der Küche befinden. Schließlich schaltete er sämtliche Geräte aus um nachzuschauen, ob er mit seiner Annahme Recht hatte. Mit wenigen Schritten erreichte er die Tür und gerade als er aus dem Zimmer heraustreten wollte, tauchte der Rote Schopf seines Freundes vor ihm auf, mit dem er beinahe noch zusammengestoßen wäre, da dieser wohl gerade ins Wohnzimmer hinein wollte. Etwas überrascht standen sie sich gegenüber und Tatsuro konnte sehen das Yukke nun schon deutlich besser aussah als heute Morgen. Es waren nur Sekunden die sie sich direkt anschauten, bevor Yukke sein Gesicht wieder abwandte. Doch schon dieser kurze Augenblick rief die Bilder und das Gefühl in Tatsuro zurück, das er kurz zuvor wahrgenommen hatte und welches seinen Puls erneut beschleunigte. Noch immer standen sie sich gegenüber, da keiner von ihnen ansetzte dem anderen Platz zu machen. Tatsuro hoffte daraufhin er würde nicht falschen tun, als er seine Hand hob und sie sanft unter Yukkes Kinn schob, um ihn dazu aufzufordern ihn wieder anzusehen. Und Yukke folgte dieser Bitte. Es gäbe manche Dinge die Tatsuro jetzt nur zu gern getan hätte, als ihn diese großen, braunen Augen erneut bedachten. Doch er hatte sich zusammenzureißen und so nahm er einfach nur den Anblick in sich auf, den man ihm bot und schloss ihn in sich ein, bevor er seine Hand wieder senkte und etwas Platz zwischen sie beide brachte. Kurz blickte er sich um und fand das Gesuchte auf dem Tisch vor der Couch wieder. Rasch nahm er sein PDA auf, um sich folglich zu erkundigen, wie der andere sich denn fühlte. "Wesentlich besser.", teile ihm Yukke mit und setzte sich auf seinen Lieblingsplatz im Wohnzimmer, um daraufhin etwas nachdenklich aus dem Fenster zu schauen. Gerade wollte Tatsuro fragen ob etwas los sei, als Yukke erneut das Wort erhob, seinen Blick aber weiterhin nach draußen gerichtet hielt. "Das Wetter war schon lange nicht mehr so schön.", stellte er seine Erkenntnis in den Raum und Tatsuro sah seine Chance seinen gefassten Plan vielleicht doch noch in die Tat umsetzten zu können. *Wir könnten etwas zusammen unternehmen, wenn du möchtest.* Zuerst schaute Yukke etwas fragend auf das Display und dann zu ihm, so als wolle er sicher gehen, ob er seinem Vorschlag auch wirklich ernst meinte. Er wäre schließlich das erste Mal, dass sie wieder richtig unter Menschen kommen würden, seit er hier bei Yukke wohnte und keinen depressiven Gedanken nachhing. *Ja, ich bin mir sicher.*, ließ er sein PDA erneut mitteilen und nahm seinem Freund damit die Frage vorweg die er, so Tatsuros Vermutung, sicherlich jetzt gerade hatte stellen wollen. Und laut Yukkes Gesichtsausdruck hatte er damit auch vollkommen recht gehabt. *Ich hatte heute eh etwas mit dir vor.* Es war nicht zu übersehen, das Yukke diese Information ziemlich überraschte und so dauerte es einen Moment, bis dieser wieder zurück zu seiner Stimme fand. "Und was?" *Es gilt noch eine Kleinigkeit einzulösen.* Kapitel 26: Just the two of us ------------------------------ Kapitel 26: Just the two of us Es hätte Tatsuro schon ein wenig verwundert, wenn Yukke ihn nicht noch weiter damit behelligt hätte, was er denn so Geheimnisvolles vorhabe. Und vor allem, wenn dieser nicht mindestens ein halbes Dutzend Mal versichert hätte, dass er sich wegen ihm keine Umstände machen müsste. Die einzige Möglichkeit ihnn davon zu überzeugen, dass er es ohne schlechtes Gewissen annehmen könne war, ihm erneut die Karte unter seine Nase zu halten, deren Erscheinen Yukke schließlich ein verstehenden "Oh" entlockte. *Und was sagst du?* Yukke schaute wieder auf das ihm gereichte, bunt bedruckte Papier und Tatsuro hatte schon die Befürchtung, dass er nun trotzdem danken ablehnen würde, da ihm womöglich doch noch einer seiner unangebrachten Gründe eingefallen war. Aber schließlich verfing sich ein herzliches Lächeln auf Yukkes Lippen, was ziemlich an Tatsuros Selbstbeherrschung zu rütteln wusste, und er sich zusammenzureißen hatte ihn nicht einfach in eine innige Umarmung zu ziehen. Doch letztendlich konnte er genügend Beherrschung aufbringen und Yukkes Lächeln einfach nur reflektieren. Er hatte sich schließlich etwas geschworen und daran wollte er sich auch halten. "Warum eigentlich nicht!", verkündete Yukke, ahnungslos wie sehr er sein Gegenüber doch immer wieder durcheinander bringen konnte. Ein Blick auf die Uhr verriet, dass sie noch etwas Zeit hatten, bevor sie sich bei der ersten geplanten Station einfinden sollten, doch da der Tag einfach nur dazu aufforderte in draußen zu genießen, beschloss Tatsuro einfach, das sie dies auch tun sollten. Vielleicht mit einem kleinen Spaziergang? Doch um alles an Weg bewältigen zu können, den sie laut seines Planes zurücklegen müssten, wäre es doch günstiger den Wagen zu nehmen. Und da er Yukke eingeladen hatte, würde er auch ganz gern derjenige sein der diesen fuhr, vorausgesetzt er würde seinen Rotblonden Freund dazu überreden können. Ein paar verebbte Argumente, die sicher darauf hinausführen sollten, das es Yukke lieber wäre selbst zu fahren und eine geballte Salve von Tatsuros patentieren treuherzigen Hundeblicken später, saß dieser dann auch hinter dem Steuer des kleinen grünen Vehikels und Yukke dort wo er hingehörte; neben ihn. Mit einem leichten Rucken verließen sie schließlich den Platz vor dem Haus und ein leichtes Schmunzeln überkam Tatsuro, als er die etwas verspannte Haltung seines Beifahrers registrierte, der wohl noch nicht ganz davon überzeugt schien, dass es die richtig Entscheidung gewesen war ihm das Steuer zu überlassen. Doch schon nach fünf Minuten saß dieser schon wesentlich gelassener auf seinen Platz und verfolgte die vorbeiziehende Kulisse der Stadt. "Es ist tatsächlich schon wieder Frühling." Yukke hatte es nur leise gesagt, so als würde er nur sich selbst darauf hinweisen wollen, bevor er sich von dem Anblick aus der Seitenscheibe lossagte, seinen Kopf in den Nacken legte und seine Augen Schloss. "Ich hab völlig verpasste Irie-kun eine Valentinskarte zu schicken.", stellte er dann in einem gespielt, reumütigen Ton fest, den Tatsuro jedoch nicht als den kleinen Scherz zu deuten im Stande war, der er sein sollte, und sich folglich wie von Blitz getroffen fühlte. Hatte er sich da gerade eben verhört? Oder meinte Yukke das wirklich ernst?? Der unbändige Drang dies zu hinterfragen, ließ ihn heftig schlucken und schwer mit seiner Tonlosigkeit kämpfen. Was meinte Yukke damit, er habe vergessen ihm eine Valentinskarte zu schicken??? Tatsuro spürte das Brennen in seinem Hals immer heftiger werden und wie sich sein Griff um das Lenkrad verfestigte. Wie sollte er diese Aussage verstehen?!! Hatte er da womöglich irgendetwas verpasst? Es hatte ihn früher schon immer zu nerven gewusst, wenn Yukke ihm von diesem Irie erzählt hatte. Schon die Tatsache, in welchem warmen Ton er diesem den Suffix-kun anhängte, ließ eine nicht zu leugnende Eifersucht in ihm aufkommen, welche es zu zügeln immer einiges an Willen gekostet hatte. Und nun das! Ihm persönlich war dieser Jungspund nie wirklich geheuer gewesen. Er war eindeutig immer etwas zu freundlich zu Yukke, wenn dieser in dem kleinen Geschäft seine Obst und Gemüse Einkäufe tat. Yukke hatte ihm einmal erzählt, dass dieser Irie ebenfalls eine Leidenschaft für Musik hegte, und er sich als Aushilfe in diesem Laden, etwas für sein großes Hobby dazuverdiente. Doch wer wusste denn schon, ob dies auch der Wahrheit entsprach, und er es nicht nur erzählte um in der Gunst von Yusuke etwas höher stehen zu wollen. Dieser war manchmal einfach zu gutmütig. Auch wenn er Tatsuro einmal hatte wissen lassen, das Irie-kun ihn an sein jüngeres Selbst erinnerte und er dessen Engagement, sich selbst seine Träume ermöglichen zu wollen, sehr schätzte. Deswegen räumte er sich gern immer etwas Zeit mit diesem ein, um zwischen Mangos und Stangensellerie einige Gedanken auszutauschen. Sollte Yukke etwa über diese kleinen Gespräche hinweg eine kleine Vernarrtheit für diesen Kerl entwickelt haben? Wie sonst sollte er diese Feststellung gerade eben deuten?? Yukke war doch eindeutig zu gut für diesen Grünschnabel! Er hatte etwas viel besseres verdient, jemanden der Ausstrahlung hatte, jemanden der all seine Eigenheiten zu schätzen wusste, jemanden der... Die plötzliche Berührung die Tatsuro auf seiner linken Hand spürte, ließ ihn leicht aufschrecken und zur Seite blicken. Yukkes Augen waren auf ihn gerichtet und sie zeigten einen Ausdruck den Tatsuro nicht so recht in die Situation einfügen konnte. "...Huh..." Es war wie ein erneuter Hieb der in traf, als ihm bewusst wurde, was ihm gerade gelungen war. Oder hatte er es sich in seiner inneren Rage und dem Wunsch auf eine Antwort nur eingebildet, dass seine Stimmbänder diesen Laut hervorgebracht hatten? "Fahr dort rüber.", hörte er Yukkes sagen und folgte dieser Aufforderung und dessen Richtungshinweis umstandslos. Der Wagen kam langsam zum Stehen. Auch als Yukke den Zündschlüssel herumdrehte, um den Motor zum Verstummen zu bringen, rührte Tatsuro sich nicht. Wie als wäre auch sein Antrieb abgeschaltet worden. "Tatsuro alles OK mit dir?" Yukkes Hand lag noch immer dort, wo er sie zuletzt ausgemacht hatte. "Ich hab es mir nicht eingebildet, oder? Ich hab es gehört?", fuhr er fort und Tatsuro konnte einen deutlichen Klang von Zuversicht in dessen Stimme wahrnehmen. Also stimmte es? Es war keine Einbildung? War es ihm wirklich gelungen einen Teil, wenn auch nur einen winzigen, seiner Stimme wieder zu befehligen? Langsam drehte Tatsuro seinen Kopf zu seinem Freund und war leicht überrumpelt, als er trotz des freudigen Gesichtsausdrucks ein paar Tränen in dessen Augen schwimmen sah. Selbst wenn er sich noch etwas benommen fühlte von dem Chaos das momentan in seinem Innersten umher wirbelte, so war die Vorstellung, was er hier gerade fertiggebracht hatte, etwas das ihn zu einem beflügelten Grinsen animierte. Es waren nur ein kurzer Moment in dem sich ihre Blicke trafen, bevor Yukke seinen Kopf senkte und sich rasch mit einer Hand über seine Augen wischte. Doch mit einem Male, schien er seine Emotion nicht mehr zügeln zu können, worauf unabdinglich Tränen von seinem Kinn tropften. "Tut mir leid." Dieser Satz war so typisch für Yukke, dachte sich Tatsuro, dem schleierhaft war, warum dieser sich nun schon wieder entschuldigte. Es gab ein Hindernis, das ihn daran hinderte dies zu hinterfragen, aber vielleicht nicht mehr lange. Nun, wo er die Bestätigung hatte, dass wirklich nichts verloren war, rauschten seine Endorphine durch seinen Körper und am liebsten hätte er die ganze verdammte Welt umarmt. Die ganze Welt…, oder die Person die seine ganze Welt darstellte. Es war nicht die bequemste Position in der sie sich befanden, aber das spiele auch keine Rolle, als er sich zu Yukke hinüberlehnte und dieser seine Absicht anscheinend sofort erkannte und ihm sogar entgegen kam. Wie sehr er dieses Gefühl der Nähe doch liebte und noch mehr den Menschen der es ihm wie kein anderer vermitteln konnte. Sanft strich er Yukkes schmalen Rücken entlang und hasste sich für den Gedanken, dass er seinen Freund nie wieder hergeben wollte. Aber er gehörte nicht ihm. Dieses Wissen schmerze immer wieder und es schien sogar mit jedem Male qualvoller zu werden, je mehr er sich sagte, dass er ihn gehen lasse müsse. Und dieser Tage würde irgendwann kommen. Doch dieser Moment hier gehörte ihm, und er würde ihn solange auskosten, wie es nur irgend ging. Er hörte ein leises Schniefen, als er Yukke noch etwas näher zu sich zog und er merkte wie dieser seinen Kopf, der auf seiner Schulter ruhte, etwas drehte. Ein Schauer durchlief Tatsuro, als er Yukkes Atem an seinem Hals wahrnahm und er das Kitzeln an seinem Ohr spürte, dass dessen Worte auslösten. "Ich werde für dich da sein, solange du mich brauchst." Es war nur dieser eine Satz, doch er vermochte einen Tumult unter seinen Emotionen zu entfachen, der einem Footballspiel glich. Hoffnung rang mit Verzweiflung. Einsicht raufte mit seinem Egoismus und Liebe stand nur da und schrie aus Leibes Kräften. So lange er ihn brauchen würde... Es wäre ein Leben lang. So sehr er in den letzten Wochen auch die Gegebenheit verwünscht hatte, dass er seine Stimme nicht mehr nutzen konnte, so war er in diesem Augenblick auf bizarre Art und Weise dankbar, dass er nichts sagen konnte. Denn genau jetzt hätte er Yukke alles gesagt, was ihm auf der Seele lag. Er hätte sich und sein Versprechen verraten, egal wie sehr ihm auch in seinem Unterbewusstsein klar gewesen wäre, dass er es bereuen würde. Dieses eine Mal, war er dankbar für die Stille. Ein merkwürdiges Klopfen unterbrach jedoch seine Gedanken, worauf sich Yukke auch schon rasch von ihm entfernte und mit reichlich geröteter Miene einen Blick aus der Seitenscheibe hinter Tatsuro warf. Fragend wandte auch er sich um, um daraufhin in die skeptisch dreinschauende Fassade eines adrett gekleideten Streifenpolizisten zu schauen, der ihn mit einer Handbewegung dazu aufforderte, das Fenster nach unten zu lassen. Tatsuro konnte nicht leugnen, dass er sich nun reichlich unwohl in seiner Haut fühlte und er wusste, dass dieser Zustand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben stehen musste. "Gibt es hier irgendein Problem?" Tatsuro hatte schon den Mund geöffnet, als ihm klar wurde, dass er auf dieses Frage eh nicht antworten könne und schloss ihn einfach wieder, um stattdessen nur mit dem Kopf zu schütteln. "Könnte ich einmal ihren Führerschein und die Fahrzeugpapiere sehen?" Es war in diesem Moment, als Tatsuro sich zum wiederholten Male und in Abstand von kürzester Zeit recht hart getroffen fühlte, als ihm einfiel, das er gar nicht daran gedacht hatte seinen eigenen Führerschein mitzunehmen, er konnte ja noch nicht mal sagen, wann er den zum letzten Mal gesehen hatte. Gerade dem Wunsch erlegen, das sich doch ein riesiges, schwarzes Loch auftun sollte, das den netten Polizisten in sich hineinziehen möge, sah er Yukkes Hand an seinem Gesicht vorbeilangen die augenscheinlich alles in sich hielt, was verlangt wurde zu zeigen. Ein Glück, dass dieser so umsichtig gewesen war daran zu denken. Ein scheuer Austausch von Blicken folgte zwischen ihm und Yukke, während der Mann vor ihrem Wagen akribisch die Dokumente durchging die er gewünscht hatte. Und beide wurden das Gefühl nicht los, dass sie mit diesem Herren sicherlich nicht zu spaßen hatten. "Sie wissen schon, dass sie hier nicht halten bzw. parken dürfen?" Folgte die zurechtweisende Frage und beide nickten schuldbewusst, während man ihnen die Papiere wieder zurückgab. Eigentlich hatte Tatsuro gehofft, dass sie nun wieder fahren könnten, vielleicht noch eine Ermahnung erhalten würden, oder einen Strafzettel. Aber irgendwie schienen sie doch etwas zu fragwürdig auf den Hüter der Verkehrsordnung zu wirken was folglich damit endete, das er Tatsuro aufforderte auszusteigen und in eines dieser Hightechgeräte zu pusten, die einen des Alkoholmissbrauchs überführten, wenn man sich dessen denn schuldigt gemacht haben sollte. So hatte er diesen Tag eigentlich nicht gestalten wollen. Letztendlich musste sich der Mann in dunkelblau damit zufrieden geben, dass das seltsame Verhalten der beiden jungen Männer nichts mit dem Konsum von Spirituosen oder Rauschmitteln zu tun hatte. Worauf er sie schließlich nur mit der Verwarnung, Zweisamkeiten intimerer Art lieber auf zu Hause zu beschränken, da dies auch in einem Wagen immer noch als Erregung öffentlichen Ärgernisses galt, weiter ziehen. Es dauerte über 10 Minuten, bis Yukke zu seiner gängigen Gesichtsfarbe zurück fand und sich erlaubte seinen Kopf so weit zu heben, dass er wieder aus der Windschutzscheibe schauen konnte. Eigentlich war er Peinlichkeiten gewohnt. Tatsuro hatte ihn ja recht gut darin geschult sich mit blamablen Situation abfinden zu müssen, wenn sie zusammen unterwegs waren. Doch das hier fühlte sich irgendwie viel zu intensiv an, als das er das einfach mit einem Schulterzucken hätte abtun können. Aber wenn er genau darüber nachdachte, war es ja sogar seine eigene Schuld gewesen, denn schließlich hatte er Tatsuro dazu aufgefordert den Wagen an den Straßenrand zu lenken und ihn dort zum Stehen zu bringen. Ein kurzer Blick zu seinem Freund verriet, dass dieser weitaus weniger mit dem gerade eben Erlebten zu hadern hatte, als er es tat. Tatsuro war in diesen Belangen einfach viel gelassener und Yukke wünschte wirklich er könnte ihm in dieser Hinsicht wenigstens ein Stückweit nacheifern. In seinen Gedanken versunken bemerkte er auch nicht, dass sie vor einer roten Ampel hielten und Tatsuro somit die Möglichkeit hatte sich ihm ebenfalls zuzuwenden. Es war ein harmloser Umstand das Tatsuro ihn anschaute, er hatte es schon 1000 mal getan, doch in der letzte Zeit überkam Yukke immer so ein Gefühl der Unsicherheit, wenn er es tat und welches sich auch jetzt nicht abwimmeln ließ, sodass er ihm erneut auswich. Das war doch wirklich lächerlich! Er führte sich wieder einmal einfach nur albern auf und es ärgerte ihn derart, dass er bald darauf spürte wie seine Verdrossenheit über dieses Verhalten mehr und mehr anstieg. Tatsuros Hand fühlte sich angenehm kühl an, als er sie auf die seine legte und erst jetzt bemerkte Yukke, das er sie in seinem Unmut zu Fäusten geballt hatte. Augenblicklich verschwand die Anspannung aus ihnen, als er sich dessen bewusst wurde und er die fragende Miene seines Freundes einfing, der sich eindeutig Sorgen zu machen schien. Mit einem Male kam ihm wieder in den Sinn, was vor dem Erscheinen dieses Polizisten passiert war und womit er sich gerade noch beschäftig hatte. Es war doch eigentlich vollkommen egal, was dieser Ordnungshüter zu ihnen gesagt hatte! Letztendlich waren sie ohne weiteres Aufsehen davon gekommen. Viel wichtiger war doch, dass es mit Tatsuros Suche nach seiner Stimme einen Fortschritt gegeben hatte und das allein sollte doch schon ausreichen, um sich glücklich zu fühlen und um alle anderen negativen Ansätze zu überflügeln. "Keine Sorge, alles OK.", versicherte er Tatsuro, der zwar noch immer etwas skeptisch dreinschaute, sich dann aber erneut dem Verkehrsgeschehen widmen musste, das sich gerade wieder in Bewegung setzte. Es war Frühling, das hatte er schon festgestellt, aber bis jetzt hatte er keine Gelegenheit gefunden sich dies auch richtig zu verinnerlichen. Es gab einfach andere Dinge die ihn beschäftigt hatten. Aber jetzt fühlte er sich, beim Anblick all der in voller Blüte stehenden Kirschbäume, ungemein unbeschwert. Diese zarte weiß-rosa Wolkenpracht vermittelte einem das Gefühl einer anderen Welt, und Yukke versuchte so viel wie möglich in sich aufzunehmen, da er um deren rasche Vergänglichkeit wusste. Diese Stadt war in so vielen Belangen einfach nur blind und emotionslos, aber mit dem Kleid des Frühlings, schmolz die dreckige Fassade ein wenig und ließ das Leben, das durch die Adern dieses Molochs strömte viel verträglicher erscheinen. Es herrschte reger Betrieb in dem kleinen Park in welchem sie sich befanden und es war etwas umständlich, sich unerkannt an all den Menschen vorbei zu stehlen. Aber nach ein paar Minuten befanden sie sich an einer Stelle, die kaum belagert wurde, wohl weil sie im Schatten der Bäume lag und die meisten Besucher es bevorzugten etwas Sonne erhaschen zu wollen. Nur ein paar vereinzelte Personen saßen verstreut umher. Entweder vertieft in ein Buch, oder damit beschäftigt geschäftig mit ihren kleinen, technischen Begleitern zu hantieren, so dass man von ihnen beiden auch nicht weiter Notiz nahm. "Wollen wir uns auch ein paar Minuten hinsetzten?" Yukke hatte einfach den Wunsch noch etwas länger dieses Naturschauspiel betrachten zu wollen. Vielleicht war es morgen ja schon wieder vorbei. Es brauchte nur ein starker Wind aufkommen oder anfangen zu regnen. Tatsuro schenkte ihm auf seine Frage ein bejahendes Nicken und hielt auch gleich Ausschau nach einen Platz, der ihm als günstig erschien. Er dauerte nicht lange und schon hatte er etwas Passendes erspäht. Ohne Umschweife packte er die Hand seines Freundes und zog diesen hinter sich her. Etwas überrascht ließ Yukke sich mitziehen. Er wurde etwas verlegen, als er sich ausmalte, wie sie auf Außenstehende wirken mussten, wenn man sie in dieser Hand in Hand Konstellation sah. Doch hielt sich das Gefühl von Verschämtheit nicht lange. Er fühlte sich einfach viel zu ausgeglichen, als das er sich das erneut durch solche Gedanken hätte vermiesen lassen. Was war schon dabei? Heute war ein so fantastischer Tag, auch wenn er etwas leidlich in diesen gestartet war. Außerdem ging es Tatsuro schon so viel besser, als noch vor einigen Wochen und er machte weiterhin Fortschritte, davon hatte er sich heut wieder selbst überzeugen können. Nein, heute würde er sich seine Laune nicht verderben lassen. Abrupt blieb Tatsuro stehen, als er sein Ziel erreicht hatte und blickte daraufhin nach Bestätigung suchend zu Yukke. Es war in diesem Moment, als ihm bewusst wurde, dass ihre Hände ineinander lagen und er der Urheber des Ganzen gewesen war. Sicherlich hatte er Yukke damit Unbehagen bereitet. Doch all seiner Befürchtungen zum Trotz, strahlte das Gesicht seines Freundes keinen Kram aus. Stattdessen zeigte dieser ihm wieder eines dieser Lächeln, das es ihm immer so unendlich schwer machte. Schon im Begriff Yukkes Hand wieder los zu lassen, um diesen nicht doch noch in die Verlegenheit zu bringen, überkam ihn folglich reichlich Irritation als dieser ihn, wider Erwarten, nicht freigab. Im Gegenteil, er seine Hand noch etwas fester um die seine schloss. Es war wie in einer dieser klischeedurchzogenen Liebesschnulzen im Abendprogramm, die jeder Hausfrau vor Entzücken die Tränen in die Augen trieb, als Yukke ihm ein, "Arigato Tatsuro.", entgegenbrachte und genau in diesem Augenblick eine Böe durch das Geäst und die filigranen Blüten der Umstehenden Bäume wirbelte. Worauf sich ein leichter Regen aus blass rosa Blütenblättern um sie herum nieder ging und es Yukke noch ein Stückweit seliger strahlen ließ, als zuvor. Es war ebenso das gleichzeitige Aufleben und Niedergehen seiner innigsten Emotion. Völlig überfahren von diesem Eindruck zog Tatsuro nun seine Hand aus dem Griff seines Freundes und setzte sich schließlich auf das schattige Grün zu seinen Füßen. Wie sollte er das nur jemals schaffen? Tatsuro war sich nicht sicher, ob er wirklich stets so viel Willensstärke aufbringen würde können, wie es erforderlich sein würde, um Yukke wenigstens der gute Freund sein zu können, der er für ihn sein wollte. Solch ein Maß an Disziplin hatte er noch nie aufbringen müssen, weder in ihrem Job, noch als er sich das Rauchen abgewöhnt hatte. Und das empfand er damals schon als wirklich quälend. Aus dem Augenwinkel heraus sah er wie Yukke sich nicht nur setzte sondern sich gleich gänzlich auf dem Rasen ausstreckte und mit hinter dem Kopf verschränkten Armen, dem Spiel von Sonnenlicht und Blüten über sich zuschaute. Hoffentlich hatte er ihn mit seiner gerade etwas ruppigen Art nicht vor den Kopf gestoßen? Aber verwunderlich wäre es nicht. Yukke hatte sich beim ihm bedankt, auch wenn er nicht wusste wofür, und er hatte ihn einfach stehen lassen und sich von ihm abgewandt. Und das sollte nun der Tag sein, an dem er sich vorgenommen hatte, dass Yukke sich einfach nur wohl fühlen sollte. Doch nun war er auf dem besten Wege alles zu ruinieren. Er schien diese Eigenschaft einfach nicht ablegen zu können. Vielleicht sah Yukke es sogar genauso und dachte gerade ebenfalls über diesen Umstand nach. Vielleicht kam er sogar zu dem Entschluss, dass er sich das auch hätte sparen können, wenn sein Begleiter nun auch noch anfing so abweisend auf eine paar gut gemeinte Worte zu reagieren und würde gleich vorschlagen einfach wieder nach Hause zu fahren. Dabei hatte er sich doch so darüber gefreut mit Yukke endlich einmal wieder einen Tag ohne Stress und Sorgen verbringen zu können. Wobei sie ja noch nicht einmal das geschafft hatten, was er eigentlich geplant hatte. Gedanklich klopfte er sich für diese Leistung hämisch auf die Schulter. Warum war er in solchen Angelegenheiten nur so ein unsensibler Idiot!? Aber womöglich ließ sich auch noch etwas retten? Vorsichtig rückte er in Richtung Yukke der noch immer in seiner zuerst eingenommen Position verweilte und sich auch nicht rührte, als sich Tatsuro nun unmittelbar neben ihm einfand. Yukkes Augen waren geschlossen, womöglich hatte er ihn deshalb nicht bemerkt, oder er ignorierte ihn einfach nur. Fragmente gezeichnet vom Sonnenlicht trieben auf Yukkes Gesicht umher, das im Gegensatz zu der vorhin befreiten Miene, nun einfach nur nichts sagend wirkte. Tatsuro wollte sich endschuldigen, aber irgendetwas in ihm hielt ihn davon zurück Yukke ein Zeichen zu geben. Stattdessen saß er einfach nur neben ihm und erinnerte sich an vergangene Zeiten, wo er auch schon jede Gelegenheit genutzt hatte dies zu tun, ohne dass Yukke es bemerkt hatte. Erneut huschte ein Windstoß über ihnen hinweg und Tatsuro verfolgte nachdenklich das behäbige Hinabschweben einiger losgelöster Blütenblätter, von den sich ein paar ganz vorwitzige auf Yukkes Gesicht niederließen. So leicht, dass dieser es gar nicht bemerkt zu haben schien. Er dachte nicht darüber nach, als er seine Hand ausstreckte, um diese von dem scheinbar Schlafenden zu entfernen. Das einzige was er deutlich wahrnahm war das Gefühl das in ihm losbrach, als seine Fingerspitzen Yukkes Haut berührten. Es war leichtsinnig, doch zu diesem Zeitpunkt wollte er einfach nicht auf seinen Verstand hören und wagte mit dem sanften Streicheln über dessen Wange mehr, als er es sich eigentlich erlauben durfte. Und womöglich hätte er noch eine größere Dummheit begangen, hätte Yukke nicht seine Augen wieder aufgeschlagen und ihn mit diesem verwirrten Ausdruck bedacht, als er Tatsuros Finger auf seinem Gesicht verspürte. Er hatte Yukke schließlich eines der Blütenblätter vorgezeigt, dass er von diesem gestrichen hatte und zu seiner großen Erleichterung, hatte dieser den Hinweis auch ohne Skepsis angenommen. Auch sonst schien Yukke nicht weiter verstimmt wegen ihm zu sein , so dass sie ohne negative Spannung den Park verlassen hatten und sich nun wieder in Yukkes Wagen befanden, den Tatsuro nun zu ihrem ersten Ziel steuerte. "Emerald Garden", las Yukke die filigranen Zeichen auf dem Schild über der Tür vor und stutzte etwas ob diese außergewöhnliche Namensgebung. Es hatte ihn schon ein wenig erstaunt als er erkannt hatte, dass ihr Weg sie nach Odaiba führen sollte. Und noch mehr überraschte es ihn, das Tatsuro dieses Café ganz gut zu kennen schien. Was mochte das nur für eine Gelegenheit gewesen sein, die ihn die Kenntnisse zu dieser versteckten Gasse gegeben hatte? Wahrscheinlich war er schon einmal mit einer seiner unzähligen Verabredungen hier gewesen, was ja durchaus denkbar war. Doch Tatsuro ließ ihm nicht weiter Zeit eingehender darüber nachzugrübeln, sondern holte ihm mit einem leichten Antippen auf seine Schulter wieder zum eigentlichen Geschehen zurück. Mit einer Handbewegung zeigte er an, ihm nach drinnen zu folgen und so tat er schließlich wie ihm geheißen. Die Inneneinrichtung spiegelte das westliche Flair der Außenfassade wieder, das mit all seinen Holzelementen warm, freundlich und einladend wirkte. Kleine runde Tische mit dazugehörigen Stühlen standen in der etwas verwinkelten Räumlichkeit, an denen er einige andere Gäste ausfindig machen konnte. Yukke gefiel dieses Ambiente, auch wenn es im Großen und Ganzen nichts Neues für sie war, hatten sie doch auf ihren Tourneen durch die Welt schon ähnliches gesehen. Und plötzlich erschien es ihm doch etwas riskant, sich einfach so hier nieder zu lassen, wo man doch annehmen konnte, das so ein Ort auch unzählige, von ausländischer Backware und gut aussehenden, männlichen Bedienungen, begeisterte Mädchen anlocken würde, von denen ein paar sie womöglich früher oder später erkennen könnten. Auf solch einen Begegnung würde er heute jedoch gern verzichten. In seiner Betrachtung, war ihm das Erscheinen der jungen Bedienung vor ihnen fast entgangen, welche sie mit einen kühlen, aber faszinierenden Lächeln begrüßte und sich als Yamato vorstellte. "Iwagami-san?", erkundigte sich dieser folglich, worauf ihm Tatsuro kurz zunickte. Es dauerte nicht lange, bis sie an einen Tisch geführt wurden der recht gut versteckt platziert war und von dem man ausgehen konnte, dass sie hier nicht so einfach ausfindig zu machen waren. Vielleicht war dies die Nische in die sich die frisch Verliebten immer zurückzogen, da man sich mit öffentlichen Liebesbekundungen in ihren Graden doch recht bieder gab. Und auch wenn sie nun nicht zu dieser Sorte Gäste gehörten kam Yukke wieder der Gedanke, dass er das sehr wohl wusste, aber ihr Umfeld sicherlich auch andere Schlüsse ziehen könnte. Energisch schüttelte Yukke seinen Kopf über diese Eingabe. Er sollte endlich aufhören sich so kindisch zu haben! Stattdessen fragte er sich, woher die Bedienung überhaupt Tatsuros Namen kannte? War er etwa schon so bekannt hier? Das konnte er sich nun wirklich nicht vorstellen, dann hätte er doch bestimmt schon einmal von diesem Etablissement erzählt. Aber vielleicht wollte er auch einfach nicht seine Eroberungsgründe verraten. Wenn er sich hier so umschaute konnte er sich sehr gut vorstellen, dass Tatsuros Dates stets begeistert waren, wenn er sie hier her ausführte und er sich somit ein paar gehörige Pluspunkte bei ihnen verschaffte. Solch eine Taktik gab man nicht so ohne weiteres preis. Selbst nicht seinen besten männlichen Freunden. In solchen Sachen spielte jeder für sich. So war das eben mit der testosterongeprägten Weltansicht. Geduldig wartete Yamato bis sie sich gesetzt hatten, um daraufhin jeden von ihnen eine Karte zu reichen und sich mit einer leichten Verbeugung vorerst wieder zu entfernen, um ihnen Zeit zum Auswählen zu lassen. Yukke kam nicht umhin perplex zu zwinkern, als er die Mannigfaltigkeit der hier angeboten Dinge erfasste. Mit einem vergnügten Schmunzeln beobachtete Tatsuro, über den Rand seiner Karte hinweg, die Faszination seines Freundes und war augenblicklich erleichtert. Normalerweise würde er nicht in so ein Café gehen, da ihm die Atmosphäre nicht unbedingt behagte. All diese überdurchschnittlich, attraktiven jungen Männer die, egal ob man nun Mann oder Frau war, einen so überaus zuvorkommend behandelten, waren ihm etwas unheimlich. Auch wenn er selbst des Öfteren die Einstellung verkörperte, Gefallen an seiner feminine Seite gefunden zu haben, so waren diese Jungs hier doch etwas zu künstlich in ihrem Auftreten und erinnerten ihn irgendwie an eine Armee von extra für solche Einrichtungen gezüchteten Cyborgs. Nur gut das Satochi ihn zuvor schon darüber aufgeklärt hatte, was sie hier erwarten würde, als er für ihn die Reservierung übernommen hatte. "Das ist ja Wahnsinn!", hörte er Yukkes Ausruf, der darauf schließen ließ, dass er den eigentlich Grund ihres Hierseins gerade eben entdeckt haben musste. "Ich wusste gar nicht, dass man SO viele leckere Sachen aus Mangos machen kann! Unglaublich!" Nun konnte sich Tatsuro ein verstohlenes Grinsen nicht mehr verkneifen. Yukke war in dieser Hinsicht zwar schon etwas verrückt und er hatte seinen Fable für diese Tropenfrucht nie wirklich nachvollziehen können, aber es war immer wieder ein Vergnügen mit anzusehen, wenn er sich über etwas, das damit zu tun hatte, so begeistern konnte. Und wenn Yukke glücklich war, dann verlief seine Mission ja doch noch wie gehofft. Kapitel 27: Decision -------------------- Kapitel 27: Decision Sie hatten sich Zeit gelassen und Tatsuro kam nicht umhin, ab und an seinen rotblonden, und momentan im siebten Desserthimmel schwelgenden, Freund ein Lächeln zukommen zu lassen, wenn dieser abermals darauf hinwies, dass er so etwas Leckeres noch nie gegessen hätte, und ihm daraufhin stets mitteilte, dass er dies auch unbedingt einmal probieren sollte. Und nachdem ungefähr fünften Frohlocken über das eben probierte Kuchenstück, konnte Tatsuro miterleben, das Yukke so hin und weg war, dass er sich in diesem Zustand gar nicht genierte ihm seine Gabel mit einem Stück Backwerk hinzuhalten, damit er sich selbst davon überzeugen konnte das es, wie er so nett sagte, eine Sünde wäre. Er ließ sich auch nicht von den etwas überraschten Gesichtszügen seines Freundes abschrecken, als dieser doch etwas zögernd auf diese Aufforderung reagierte und er ihm stattdessen das Besteck noch näher vor die Nase hielt, bis Tatsuro schließlich nachgab und, auf das Drängen seines Gegenübers, weich wurde. "Ich hab nicht übertrieben, oder?" Es stimmte, es schmeckte wirklich gut und das ließ er Yukke auch durch ein Nicken wissen, was diesen wieder dazu übergehen ließ, sich dem Rest auf dem vor ihm befindlichen Porzellan zu widmen, bis er satt und zufrieden in seinen Stuhl zurück sank und meinte nun keinen Bissen mehr herunter zu bekommen. Tatsuro hingegen hatte es bei einem Stück Konditoreikunst belassen, da in seiner Magengegend einfach zu viel Chaos herrschte, als das er mehr hätte zu sich nehmen können. Deshalb war es auch nur eine Frage der Zeit, bis sich Yukke an ihn wandte, um sich zu erkundigen, ob er sich nicht wohl fühlen würde. Denn schließlich war es kein Geheimnis, das er eigentlich stets einen guten Appetit mit sich führte und meist keine Gelegenheit ausließ dies auch zu zeigen. Wieder blieb ihm nichts anderes übrig als mit einer Bewegung seinen Kopfes diese Frage zu verneinen und irgendwie, so dachte er, war es schon zu einer richtigen Gewohnheit geworden das sie sich, wer weiß wie oft an einem Tag, vergewissern wollten, ob mit dem anderen alles in Ordnung sei. Es schien, dass sie das gleiche Gefühl von anhaltender Besorgnis teilten, wenn einer von ihnen etwas gedankenverloren wirkte, oder einer untypischen Verhaltensweise nachging. Keiner von ihnen wollte, dass sich der andere seinetwegen unwohl fühlte, selbst wenn der Grund für solch ein Denken in den meisten Fällen auch noch so wage daherkam. Doch hielt sich in jedem von ihnen noch immer diese Unsicherheit, welche sie einfach dazu aufforderte sich lieber einmal mehr zu dem Gemütszustand des Anderen zu erkundigen, als sich später Vorwürfe zu machen, nichts bemerkt zu haben, obwohl man vielleicht gar die Ursache für dessen sinkende Stimmung war. Ihre derzeitige Verbindung war wie das Wandeln auf dünnem Eis. Keiner wollte unbedacht einbrechen. Ein Blick auf die Uhr und die leeren Teller und Tassen sagten Tatsuro, das sie sich wieder auf den Weg machen könnten und gerade als er sich fragte, wie er sich und seinen Wunsch zu zahlen bemerkbar machen sollte, erschien Yamato neben ihrem Tisch und nahm ihm die Frage nach der Rechnung mit gedankenleserliche Treffsicherheit ab. Die Sonne hat bereits an Kraft verloren, als sie wieder auf die Straße traten, wo sie eine kühle und leicht maritime Abendluft empfing. Ein paar Möwen kreischten über ihnen, worauf sich Tatsuro einige seiner vom Winde verwehten Strähnen wieder hinter sein Ohr strich, um sich daraufhin an Yukke zu wenden und ihm anzugeben, dass er ihm einfach wieder folgen sollte. Sie lief neben einander her und Yukke betrachtete die bunte Passage die sie durchquerten mit verspieltem Interesse. Er mochte es sich die Auslagen der verschieden Schaufenster anzusehen. Manchmal auch, weil die Dekoration einen zu beeindrucken wusste. "Hey, der ist ja witzig." Tatsuro kannte diese Angewohnheit seines Freundes und er störte sich auch nicht daran, dass man mit Yukke immer etwas mehr Zeit einplanen musste, wenn sie in solch einem Einkaufsmekka unterwegs waren. Interessiert gesellte er sich also neben ihn. Yukke blickte mit einem fast kindlich anmutenden Grinsen auf den Lippen in das Präsentationsfenster eines etwas kleineren Ladens. Es war ein Floristikgeschäft und zwischen all den bunten Blumen saß ein dicker Frosch aus Ton. Seine Proportionen waren recht eigenwillig angelegt, waren seine Arme und Beine viel zu kurz für solch einen mächtigen und kugelförmigen Körper. Allerdings spiegelten seine großen runden Augen etwas Verschmitztes wieder. Zwar nicht unbedingt für jedermanns Geschmack, aber doch irgendwo liebenswert. Und Yukke hegte ja schon immer eine Schwäche für solche Staubfänger, auch wenn Tatsuro zugeben musste, dass dieser reinlich genug war, dass es gar nicht erst dazu kam, dass bei ihm etwas einstaubte. Es sei denn sie waren für Wochen nicht zu hause. Ein weiterer Blick auf seine Uhr verriet, dass sie gut in der Zeit lagen und noch rechtzeitig das Kino erreichen würden, wohin sie gerade unterwegs waren. Tatsuro musste kurz überlegen für welchen Film Satochi ihnen die Karten besorgt hatte, da er es ihm überlassen hatte auszuwählen, im Vertrauen er würde schon das Richtige tun. Als dieser ihm dann schließlich die Tickets überreicht hatte musste er feststellen, dass er noch nie etwas von einem Film namens -Sword in the Moon- gehört hatte. Es war ein koreanisches Machwerk und Sato hatte ihm versichert, dass dieser Streifen wirklich gut wäre. So musste er ihm wohl oder übel Glauben schenken und sich überraschen lassen. Es waren nur noch wenige Meter, die sie von dem futuristisch anmutenden Gebäudekomplex trennten, in welchem sich, unter anderem, auch ein Kino befand. Yukke schien den Gedanken, dass ihr nächster Halt hier sein würde nicht in Betracht zu ziehen, da er etwas erstaunt zu Tatsuro schaute, als dieser mit einem Male stehen geblieben war. Fragend folgte er dessen Blick auf die Front der Konstruktion vor ihnen. “Kino?”, erkundigte er sich um sicher zu gehen, dass sein Freund sich nicht nur über die neusten Filme informieren wollte. Wieder nickte Tatsuro und sah sich folglich auch gleich mit der Frage konfrontiert, was sie sich denn ansehen würden. Mit einem Griff in seine Umhängetasche beförderte Tatsuro sein PDA wieder ans Licht und tippte die Antwort darauf in das Gerät ein. Auch wenn es eine praktische Art war sich auch ohne Stimme verständlich zu machen, so nervte es ihn doch ein wenig, das sein Gegenüber immer erst abwarten musste, bis er damit fertig war seine Worte wiedergeben zu können. “Sword in the Moon?”, las Yukke vor und auch er schien mit diesem Titel nichts anfangen zu können. Tatsuro erklärte weiter, dass es eine Empfehlung von Satochi gewesen wäre ohne zu verraten, dass dieser sich eigentlich auch um die Karten dafür gekümmert hatte. Tatsuro wollte nicht unbedingt verlauten lassen, das ihm jemand geholfen hatte, auch wenn er annehmen konnte, das Yukke sowieso schon davon ausging. Er hatte eh das Gefühl, das er durch Satos Hilfe nur zur Hälfte daran beteiligt war diesen Tag für Yukke geplant zu haben und das piesackte schon ein wenig sein Ego. “Also wenn wir in den Film wollen, haben wir aber noch eine gute Stunde Zeit.”, hörte er Yukke sagen und suchte nun ebenfalls Titel und Beginn des Streifens auf der großen, digitalen Tafel über dem Eingang. Etwas irritiert kramte er die Karten aus seinem Portmonee und musste feststellen, dass er sich doch tatsächlich verguckt hatte was die Uhrzeit betraf. Das hatte er vermurkst. Etwas unsanft wurde Tatsuro plötzlich angerempelt und wäre da nicht diesen Handicap an seiner Seite gewesen, hätte er sich über dieses rüde Verhalten und den arroganten Blick den ihn der Unbekannte nach dieser Aktion auch noch zukommen ließ, wohl ziemlich aufgeregt. Aber so blieb ihm nichts anderes übrig, als ebenfalls einen abschätzigen Ausdruck aufzulegen und diesen solange nicht abzulegen, bis der andere in einem Pulk aus Menschen verschwunden war. Idioten gab es wirklich überall! Doch es lohnte sich nicht sich weiter aufzuregen. Es war immer noch offen, was sie nun die verbleibende Zeit über tun sollten? Zwar wimmelte es hier auch von Spielhallen, aber das erschien ihm dann doch etwas zu unangebracht für einen harmonischen Abend. Ihm fehlte eindeutige eine Idee. Überlegend ging er mit seinen Augen die umliegende Umgebung ab, ob sich nicht doch noch eine Eingebung finden lassen würde, als er die Stimme einer Frau einfing die gerade mit ihrem Freund an ihnen vorbei lief und zu diesem meinte, dass sie schon als Kind unter Höhenangst zu leiden hatten und sie das Daikanransha deshalb lieber aus der Ferne bestaune. Das war es! Vielleicht mochte es etwas kitschig sein und nicht gerade üblich, wenn sich zwei Freunde nur etwas die Zeit vertreiben wollten. Aber ihn störte es nicht und er hoffte, dass es Yukke ebenso sehen würde. War nur die Frage, wie sie da nun am besten hingelangen sollten? Von hier aus konnte er das Riesenrad nicht sehen um sich daraufhin an diesem zu orientieren und es wäre ihm peinlich nun einfach drauflos zu rennen, ohne zu wissen wohin genau sie gehen sollten. Also blieb er wo er war und ärgerte sich erneut über seine unbeholfene Art. Yukke indes schien sich nicht sicher, ob er nun einen Gedanken zur Überbrückung der restlichen Stunde beisteuern sollte, oder nicht. Er wusste das Tatsuro es nicht sonderlich mochte, wenn sich jemand in seine Planung einmischte, auch wenn sie nun ziemlich verloren in der Gegend herumstanden, da auch ihm nichts einzufallen schien. Nach geschätzten fünf Minuten des unschlüssigen Dastehens, wurde es Tatsuro schließlich zu albern. Trotz seines Egos brachte er seine Idee nun Yukke vor, der ihn daraufhin ein "Warum nicht" mitteilte und leicht zu grinsen begann, als er ihn auch noch fragen musste ob er wisse, wo sie den langzugehen hätten um dorthin zu finden. Yukkes Wegegespür erwies sich als fehlerfrei, als sie schließlich das behäbig rotierende Ungetüm, das seinen Namen mit Recht verdient hatte, vor ihnen aufragen sahen und es nur noch einige Schritte bedurfte es zu erreichen. "Ist schon ewig her, dass ich da mal mitgefahren bin.", gab Yukke seinen Gedanken preis und schaute sinnierend auf das riesige Rad, welches gerade wieder zum Stehen kam. Tatsuro wusste nicht welchen Zeitpunkt Yukke sich da versinnbildlichte, aber er selbst erinnerte sich daran, dass sie auch schon einmal zu viert ein paar Runden damit gedreht hatten, nachdem sie einen Auftritt im -Zepp- mit äußerst guter Laune hinter sich gebracht, und zur Feier des Abends sich diesen Spaß gegönnt hatten. Es dauerte eine Weile, bis sich der vor ihnen befindliche Andrang gelichtet hatte und sie der Meinung waren es riskieren zu können sich mit einzureihen, ohne dass man sie gleich bedrängen würde, da man sie erkannt hatte. Zwar hatte Tatsuro innerlich die Hoffnung gehegt diese Fahrt mit Yukke allein verbringen zu können, fand sich aber auch damit ab, als noch zwei ältere Herrschaften mit in die Gondel stiegen, die augenscheinlich das Bild von Touristen wiedergaben. Freundlich nickten die beiden Senioren ihnen zu, bevor sie sich ebenfalls setzten und das Gespräch fortführten, das sie der Begrüßung halber kurz unterbrochen hatten. Auch Tatsuro saß Yukke gegenüber, doch blieb es zwischen ihnen still. Langsam setzten sie sich in Bewegung, worauf er seinen Blick nach draußen richtete und beobachte wie sie an Höhe gewannen. Rotgoldenes Licht flutete die Kabine in ihrem Aufstieg, bevor die Sonne gänzlich am Horizont verschwand und nur noch ein paar feurige Schlieren von ihrer Existenz zeugten. Trotzig wehrte sich die unter ihnen liegende Stadt gegen die sich allmählich senkte Dunkelheit mit einem Meer aus weißen und bunten Lichtern. Yukke kam daraufhin die Erinnerung ein, als er mit Tatsuro auf dem Tower gestanden hatte. Und wie er sich so unendlich schwach und unnütz gefühlt hatte, da er einfach nicht in der Lage gewesen war seinem Freund eine Hilfe zu sein. Zu diesem Zeitpunkt hatte er nur noch gezweifelt. Die Hoffnung, dass es doch noch irgendwann zu einer positiven Wendung kommen würde, war soweit geschmolzen das nur noch ein trauriger Tümpel trüber Gedanken übrig geblieben war. Unweigerlich lenkte er seine Aufmerksamkeit auf Tatsuro, der nicht minder nachdenklich erschien als er selbst, in seiner Betrachtung der abendlichen Kulisse. Tatsuros Haare waren um einiges länger als er es sonst immer getragen hatte, das fiel ihm erst jetzt wirklich auf. Es war aber auch schon eine kleine Ewigkeit vergangen, seit er diese zum letzten Mal hatten schneiden lassen. Es war sicherlich auch seine geringste Sorge, wenn man die Geschehnisse so zurückverfolgte. "Willst du deine Haare eigentlich noch länger wachsen lassen?" Er stellte die Frage aus dem Blau heraus, ohne das er wirklich darüber nachgedacht hatte und erntete dafür einen etwas verwunderten Blick seitens Tatsuro, der daraufhin eine seiner Strähnen zwischen seine Finger nahm und sie betrachtete, bevor er zu seinem PDA griff. -Meinst du es ist zu viel des Guten?-, erkundigte er sich und zwirbelte folglich eine weitere Strähne zwischen seinem Daumen und Zeigefinger hin und her. Er hatte sich auch schon überlegt, ob er sie sich wieder abschneiden lassen sollte da es sich, je länger sie wurden, auch immer etwas anstrengender gestaltete sie zu pflegen. Doch jetzt, wo sie nicht auf der Bühne stehen mussten, war ihm die Mühe nicht so lästig, als wenn er ständig unter Stress stand und aufwendige Haarpflege da nur noch ein weiteres Übel darstellte. Etwas verspätet bemerkte er die nun viel nähere Präsens Yukkes, der sich zu ihm nach vorn gebeugt hatte und nun mit seiner Hand durch die dunklen, weichen Bahnen strich. "Ich finde es gut.", stellte dieser folglich fest und Tatsuro kam nicht umhin sich einzureden, dass er etwas Verträumtes in Yukkes Stimme vernommen hatte. Aber in letzter Zeit war seine Einbildungskraft eh recht ausgeprägt und gauklerisch, und spielte ihm somit nur zu gern etwas vor. Yukke besaß das Talent seine Emotionen unwissentlich und in regelmäßigen Abständen ins Straucheln zu bringen. Genauso wie er es jetzt auch wieder tat. Ohne zu zögern griff Tatsuro nach der Hand die sich gerade wieder von ihm zurückziehen wollte und drückte sie gegen seine Brust, in welcher sein Herz nun nur noch hektisch zu pulsieren begann. Er wüsste nicht was er getan hätte, hätte Yukke ihm daraufhin nicht wieder aus verblüfften Augen angeschaut und ihm damit deutlich gemacht, dass er mit dieser Geste etwas überfordert war. Yukke empfand nun einmal nicht das, was er für ihn empfand. Er zog es sicherlich noch nicht einmal in Betracht. Warum sollte er auch? Sachte ließ er seine und Yukkes Hand wieder sinken. Und da ihm in Bezug auf sein Verhalten nichts weiter einfiel, setzte er eines seiner albernen Grinsen auf in der Hoffnung, dass Yukke seine Aktion als Nonsens abtun würde. Und tatsächlich sagte dieser dazu kein Wort, noch ging er dazu über sich perplex abzuwenden und Tatsuro damit das Gefühl zu geben, wieder einmal etwas verbockt zu haben. Nein, Yukke lehnte sich einfach wieder zurück und fragte, ob Satochi ihm etwas mehr über den Inhalt des Filmes verraten habe, den sie sich anschauen würden. Tatsuro war als hätte er diesen kurzen Augenblick der Zuwendung nur in seiner Fantasie erlebt. Auch wenn er froh war, das Yukke es ihm nicht übel nahm, so war das Gefühl ihn einfach nicht erreichen zu können viel zu penetrant, als das er es hätte ignorieren können. Sie waren rechtzeitig wieder am Kino angekommen und auf dem Weg dorthin zurück, hatte Tatsuro den Verlauf des Tages noch einmal Revue passieren lassen. Im Nachhinein kam er zu dem Entschluss, dass er viel mehr an seiner Selbstkontrolle arbeiten musste, als er es sich eingeredet hatte. Es war ein leichtes zu sagen „ich muss mich zusammenreisen“ , aber wenn er dann in einer Situation steckte, wo es darauf ankam sich an seine Vorsätze zu halten, spürte er stets wie seine Beherrschung ins Wanken geriet. Es war so schwer bestimmten Dingen nicht mehr beizumessen als eigentlich dahinter lag, wenn man sich genau nach diesen Dingen sehnte. Yukke mochte sich nichts dabei denken, wenn er ihm mal die Hand auf die Schulter oder an den Rücken legte. Sie zusammen saßen um Fern zu sehen und zufällig zur gleichen Zeit in die Snackschüssel griffen und ihre Finger sich flüchtig berührten. Oder wenn er nur in Shorts aus dem Badezimmer gestiefelt kam und sich nicht hetzen ließ, sich wieder gänzlich einzukleiden. Das alles waren Augenblicke die ihn konfus machten, ihn in seiner mentalen Festigkeit zum Schwanken brachten und ihm offen legten, dass er noch immer viel zu schwach war. Solange er Yukke Tag und Nacht in seiner Nähe wusste, solange würde er keinen richtigen Schritt machen können, um endlich zu akzeptieren, dass sein innigster Wunsch nur auf Schall und Rauch basierte. Letztendlich wäre das Beste ihm mitteilen, dass er nun wieder für sich selbst die Verantwortung übernehmen wollte. So gesehen war er körperlich weitestgehend wieder in Ordnung. Nur weil seine Stimme noch nicht wieder für allzu viel zu gebrauchen war hieß das nicht, dass er seinem Freund noch länger auf der Tasche liegen musste. Sollte er Hilfe brauchen konnte er sie anfordern. Yukke hatte schon so lange keine richtige Ruhe mehr finden können und er wollte diesen Zustand, nur wegen unangebrachter Selbstbezogenheit, nicht weiter hinausziehen. Es war somit also beschlossen. Er würde Yukke seine Absicht, wieder in seine eigenen vier Wände zurückzukehren, morgen wissen lassen. Komme was wolle! Sie hatten ihre Plätze in der hintersten Reihe des Saales und schauten eher unbeteiligt zu, wie sich nach und nach noch andere Besucher einfanden. Es war schon eine Weile still zwischen ihnen und gerade jetzt, wo Tatsuro reichlich mit seinen Emotionen zu ringen hatte, war diese Ruhe etwas ziemlich Unangenehmes. Gut, er konnte von Yukke nicht verlangen, dass dieser ständig etwas erzählte, wo sein Gegenüber noch nicht mal richtig darauf eingehen konnte. Doch immer wenn das Schweigen zu schwer wurde, stellten sich ungewollte Gedanken ein und je länger sie sich ausbreiten konnten, umso mehr drückte es auf sein Gemüt. Etwas das er jetzt einfach nicht gebrauchen konnte. "Ich werde mir noch etwas zu trinken holen. Möchtest du auch was?" Diese Frage kam etwas zu unerwartet über Tatsuro, sodass er ihren Inhalt gar nicht wirklich hatte auffassen können. Doch um dieser Verlegenheit zu entgehen, nickte er einfach. Daraufhin verschwand Yukke und ließ ihn mit diversen Optionen, zu was er wohl gerade zugestimmt oder seine nicht wirklich vorhandene Kenntnisnahme gegeben hatte, zurück. Es dauerte nicht lange und Yukke stand mit ein überdimensionalen Pappbecher, der in diesem Falle fast als Eimer hätte durchgehen können, vor ihm und erklärte auf die skeptische Miene seines Freundes hin, dass dieses Monstergefäß im Angebot gewesen wäre und man es zu zweit schon irgendwie leer bekommen würde. Zum Abschluss seiner Erläuterung holte er zwei Trickhalme hervor und ließ Tatsuro großzügig eine Farbe auswählen. Er hatte sich für den Roten entschieden und nun ragten beide Halme in vertrauter Zweisamkeit aus der kalten, dunklen Brause und Tatsuro war fast schon etwas neidisch auf diese Plastikröhrchen die sich so nahe sein durften. Ja, er war eindeutig nicht mehr bei Trost. Seine Betrachtung fand ein Ende, als das Licht im Saal langsam schwächer wurde, bis es schließlich dunkel genug war und sich der erste Werbespot auf der Leinwand zeigte. Es war ein interessanter Film gewesen, das musste Tatsuro zugeben als nach eineinhalb Stunde der Abspann das Ende darstellte. So war er demzufolge auch etwas überrascht, das Satochi doch gar keine so schlechte Wahl getroffen und seine Zweifel somit erfreulicherweise unbegründet gelassen hatte. Es war noch immer etwas dämmerig im Saal, doch die meisten Leute hatten sich schon wieder auf den Weg nach draußen begeben, bis schließlich nur noch sie beide auf ihren Plätzen saßen. Tatsuro nahm sich ein letztes Mal dem Getränkebecher an, um auch noch den letzten und wiedererwartend spärlichen Rest des Inhaltes zu verbrauchen, als auch Yukke sich erhob und sie sich ebenfalls wieder auf den Weg machten. "Ich werde noch mal das WC aufsuchen.", teile Yukke ihm mit, als sie dabei waren dieses zu passieren und entschuldigte sich kurz. Ein Gähnen rutschte Tatsuro hervor, als er erneut einen Blick auf die Tür warf durch welche Yukke vor ein paar Minuten verschwunden war und sich wirklich reichlich Zeit ließ. Er trat nun etwas näher auf die Tür zu die ihm Gegenüber lag und schob sie ein Stückweit auf, um einen Blick in die Räumlichkeit werfen zu können. Das erste was er vernahm war die Stimme eines ihm Unbekannten und kurz darauf die von Yukke, deren Ton man unterdrückte Genervtheit entnehmen konnte. Tatsuro betrat den Raum nun gänzlich und sah nun schließlich auch die beiden Männer. Die Position die der Fremde eingenommen hatte gefiel ihm allerdings ganz und gar nicht. Er stand Yukke eindeutig zu nahe, als das er sich nur hätte nach etwas erkundigen wollen. Die Uhrzeit zum Beispiel. Yukkes Gesicht, als er ihn entdeckte, schwankte zwischen Erleichterung und Unruhe. Tatsuro war etwas überfordert mit dieser Situation. Nun wendete auch der Unbekannte sein Kopf in seine Richtung und es dauerte keine Sekunde, bis Tatsuro ihn als diesen unverschämten Kerl erkannte, der ihn vorhin angerannt und sich nicht einmal dafür entschuldigt hatte. Und genau wie vorhin, fand sich wieder dieser arrogante Ausdruck auf seinen Zügen wieder, die er ihm am liebsten aus seinem fiesen Gesicht geschlagen hätte. Das schien auch Yukke nicht entgangen zu sein und ohne das Tatsuro auch nur ansatzweise dazu gefunden hatte, etwas Unüberlegtes tun zu können, stürmte er auf ihn zu, packte ihm am Arm und zerrte ihn förmlich aus der Tür. Er ließ ihn folglich auch erst wieder los bis er sicher war, dass sie sich außerhalb des Gefahrenbereiches befanden. „WAS SOLLTE DAS?!“, hätte Tatsuro am liebsten geschrien, musste es aber für sich behalten und seinen Ärger nur mit einem Knurren verdeutlichen, was nur noch weiter dazu beitrug die Wut in ihm aufkochen zu lassen. Durchdringend fixierte er Yukke der neben ihm stand und seinem Blick mutig standhielt. Er konnte nicht genau sagen warum Tatsuro so gereizt war, aber wäre er nicht aufgetaucht, würde er wohl immer noch in diesem Waschraum stehen und versuchen diesen aufdringlichen Journalisten abzuwimmeln, ohne diesem einen Grund zu geben, aus etwas das er gesagt oder getan hätte, gewollte falsche Schlüsse zu ziehen, um sie dann in irgendeinem Schmierblatt auszuweiten. Es war nervtötend, wo diese Sorte Mensch einen immer wieder aufzuspüren wusste und sich nicht scheute Situationen heraufzubeschwören, die einen dazu bringen sollten sich unvorteilhaft dagegen zu wehren. Tatsuro indes wartete wohl auf eine Erklärung, denn er ließ nicht davon ab ihn mit missmutiger Miene anzublicken, als habe er gerade gewagt etwas Schlechtes über Leute mit einen Faible für schwarzen Nagellack zu sagen. Zumindest der frühere Tatsuro hätte sich über so etwas echauffieren. Doch er war sich nicht sicher, ob er noch haargenau dieses Tatsuro vor sich hatte, oder ob ein gewisser Wandel in ihm vorgegangen war, und man weiterhin darauf achten sollte, wie man ihm begegnete. Vielleicht reichte nur ein falscher Schritt und Tatsuro würde wieder dazu übergehen sich zurückzuziehen und abzuschotten. Zorn war eine Eigenschaft die dieser, seit dem Zurückfinden zu sich selbst, nicht hatte aufkommen lassen und deshalb war Yukke jetzt doch etwas überfordert mit dieser Angelegenheit, denn hier wusste er nicht wie er richtig darauf reagieren sollte. Auf keinen Fall wollte er ihn noch wütender machen, aber wenn er den wahren Grund dafür nicht kannte, wo sollte er ansetzen? "Ich..., dieser Typ war ein Spinner nichts weiter.", versuchte er einen Einstieg zu finden, musste aber feststellen, dass Tatsuro dieses Aussage nicht als die Erklärung anzusehen schien, die ihn dazu veranlassen würde sich zu beruhigen. Tatsuro hatte mitbekommen auf welche Art und Weise dieser -Spinner- Yukke angeschaut hatte und wie anzüglich nahe er diesem gekommen war, das er schon bei dem Gedanken an diesen schmierigen Vogel etwas zerschlagen wollte. Wie konnte der es nur wagen so verdammt unverschämt zu sein! Und warum hatte Yukke ihm nicht eine verpasst für diese bodenlose Frechheit?! Niemand sollte es wagen auch nur einen Finger an seinen Yukke zu legen! Er gehörte i... Es war der Aufschrei seiner inneren Stimme, die ihn in seiner Rage inne halten ließen und wieder zu klarem Denken zwang. Ohne das er es mitbekommen hatte, war er wieder in die Fänge der Eifersucht und der Besitzergreifung gedriftet und hatte sich widerstandslos auf sie eingelassen. Hatte er denn gar nichts gelernt? Zorn wisch seiner Reue. Reue darüber, dass er nicht im Stande war sich zu beherrschen und über seine eigenen Emotionen zu gebieten. Solange er das nicht zustande brächte sollte er versuchen zu vermeiden mit Yukke allein zu sein. Es bekräftige sein Vorhaben nur noch mehr, wieder in sein eigenes Apartment zurückzuziehen. “...bei solchen Leuten ist es gut die Ruhe zu bewahren, das hat uns Miya schließlich oft genug vorgepredigt, also hab ich ihn quatschen lassen und bin gar nicht weiter drauf eingegangen. Du weißt ja wie aufdringlich die werden können und dieses Exemplar ganz besonders. Deshalb war ich auch froh, dass du dazu gekommen bist. Das war gutes Timing...", versuchte Yukke indes so gut es ihm möglich war, alles zu erklären in der Hoffnung nichts Falsches zu sagen. Doch als er den so plötzlich wechselten Ausdruck auf Tatsuros Gesicht bemerkte, verstummte er abrupt. Tatsuro hatte den Monolog seines Freundes verfolgt und nun wo ihm begreiflich wurde, was dieser ihm gerade mitgeteilt hatte, wurde sein schlechtes Gewissen nur noch größer. Zwar war das Benehmen von diesem Kerl nicht zu endschuldigen, doch hatte Yukke auch versucht so zu handeln, wie es am professionellsten gewesen war. Er hatte die Ruhe bewahrt. Er hingegen hätte mit seinem Ausbruch genau das geliefert, was es zu vermeiden galt. Unnötiges und ungewolltes Aufsehen. Damit hätte er nicht nur sich geschadet, sondern auch wieder seinen Freunden und ihrer Band. Yukke schien dies geahnt zu haben. So gesehen war es wirklich gut, dass ihn Yukke dort weggeschleppt hatte und er somit keine riesige Dummheit hatte anstellen können. Yukke war wirklich der Regen für sein Feuer. Er war das, was er am meisten brauchte. Und wieder einmal lachte ihm das Schicksal, bei dieser wohlbekannten Erkenntnis, höhnisch ins Gesicht. Kapitel 28: I will miss you --------------------------- Kapitel 28: I will miss you Tatsuro hatte gleich nachdem sie wieder zu Hause angekommen waren mittgeteilt, dass er schon ins Bett gehen wolle und sich abermals dafür endschuldigt, dass er sich zum Abschluss ihrer Unternehmung so merkwürdig verhalten hatte. Er hatte Yukke nicht erklärt warum er so gereizt war, sondern nur gemeint, dass es ihm leid täte. Und Yukke hatte auch nicht weiter nachgehackt, da es ihm unangebracht erschien. Er hörte wie Tatsuro die Tür zum Bad hinter sich schloss und wie er dieses, einige Zeit später, wieder verließ. Tatsuro hatte sich nicht noch einmal gezeigt, sondern war gleich im Schlafzimmer verschwunden. Yukke konnte nicht leugnen, das ihn etwas an der gesamten Sache unruhig machte und so hatte er sich in seinen Sessel gesetzt und hing seinen Gedanken nach, da an Schlaf für ihn einfach nicht zu denken war. Hatte er doch etwas gesagt, was Tatsuro falsch verstanden haben könnte? Hatte er vielleicht auf etwas das dieser getan hatte unüberlegt oder womöglich gar nicht reagiert und deshalb war Tatsuro so sauer geworden? Dass dieser sich Mühe gegeben hatte, ihm einen angenehmen Tag zu bereiten, war wirklich rührend gewesen und eigentlich gab es nichts, worüber er sich beschweren könnte, wäre da nicht diese Ungewissheit die nun über ihm schwebte und sich einfach nicht auflösen wollte. Es war wie in den vielen Stunden, die Tatsuro nur ein Zimmer von ihm entfernt war und sich doch so unendlich weit weg befunden hatte. Er hatte diese Distanz gehasst und er wollte sie nie wieder ertragen müssen. Das würde er einfach nicht noch einmal schaffen. Aber gerade jetzt zeigte sich wieder dieses Gefühl, das etwas zwischen ihnen stand, dass er nicht beeinflussen konnte. Kurz erhob er sich von dem Polster auf dem er gesessen hatte und zog unter diesem das hellblaue Notizbuch hervor, welches er dort versteckt hatte. All seine Gedanken die er zu dieser Zeit gehegt hatte und welche ihm mit der Zeit einfach zu erdrückend wurden, hatte er dort hineingeschrieben, um sich wenigstens etwas von deren Last befreien zu können. Etwas zögernd schlug er es auf und betrachte sich zum wiederholten Male den Gegenstand, den er wie ein Lesezeichen zwischen die Seiten gelegt hatte. Es war die Silberkette von Tatsuro, deren Anhänger schwach im matten Licht des Raumes funkelte. Er hatte sie ihm damals schon zurückgeben wollen, doch Tatsuro hatte kein Interesse daran gezeigt und somit hatte er sie weiter aufbewahrt in der Hoffnung, dass der Tag hereinbrechen würde, wo er sie ihm wiedergeben konnte und er sich darüber freuen würde. Auf diesem Gedanken hin, ließ er das Schmuckstück kurzerhand in der Seitentasche seiner Jacke verschwinden. Nachdenklich blätterte er nun durch die vollgeschriebenen Seiten und war doch nicht auf der Suche nach etwas Bestimmten. Nur ab und an überflog er einige Passagen seiner damaligen Verzweiflung etwas genauer und hoffte inständig, dass solche Zeiten niemals wieder aufkommen würden. Es war ein leisen Knarren, das ihn seine Augen öffnen ließ und ihn einige Male blinzeln ließ, bevor sich sein optischer Sinn wieder geklärt hatte. Noch immer war das Licht im Zimmer dämmrig und es draußen dunkel. Tatsuro saß neben ihm auf der Couch, von welcher wohl auch das Knarren gekommen war, und wirkte mit seinem gesenkten Kopf ebenfalls als würde er schlafen. Langsam richtete sich Yukke auf, um einen besseren Blick auf seinen Freund werfen zu können. Und mit einem Male war er so hell wach, als habe er einen eiskalten Schwall Wasser abbekommen. Tatsuro schlief nicht, sondern er las. Seine Schriften. Gedanken die er nie jemanden hatte erzählen können und nun war es ausgerechnet Tatsuro, der sie in seinen Händen hielt. Hastig griff er nach dem Buch. Vielleicht hatte er ja noch nicht allzu viel gelesen und er müsse somit nicht so viel erklären. Tatsuro hatte sich ohne Weiteres die Notizen abnehmen lassen. Saß sogar noch immer so da, als lägen sie vor ihm. Den Blick gesenkt und teilnahmslos. Keine Verwunderung das Yukke wach war, noch das er ihn dabei ertappt hatte, wie er etwas an sich genommen hatte, das ihn eigentlich nichts hätte angehen sollen. In dieser Position verharrend, erweckte er den Eindruck, als warte er schließlich darauf das Yukke ihn nun gehörig seine Meinung über diese Unverschämtheit zukommen ließ und er sich schon einmal eingeschüchtert zeigte, bevor es dazu kam. Oder schlief dieser womöglich doch? Tatsuro lange Haare verdeckten gekonnt sein Gesicht und ließen kein Durchblicken zu. Mit Bedacht streckte Yukke seine Hand nach ihm aus und erschreckte sich etwas, als Tatsuro schon bei der leisen Berührung seinen Fingerspitzen auf dessen Unterarm zurückwisch, als hätte ihm dies ziemliche Schmerzen zugefügt. Er war also wach und seinem Verhalten nach zu urteilen, nicht bei bester Laune. Aber Yukke konnte es ihm auch nicht verdenken sollte er wirklich den größten Teil seiner Gedanken, die er niedergeschrieben hatte, gelesen haben. Er war auch nicht böse auf Tatsuro, weil er es getan hatte, sondern er tadelte sich selbst, dass er so leichtsinnig gewesen war, sie ihm zugänglich gemacht zu haben, wenn auch unabsichtlich. Wie musste dieser sich nun fühlen, nun wo er eigentlich viel zu viel wusste? Aber nun war es zu spät. Tatsuro schien deutlich missgestimmt und mit einer Entschuldigung wäre hier wohl nicht viel zu machen. Es war eine unsinnige Eingabe die ihm daraufhin einkam, doch er ging ihr nach, ohne weiter darüber nachzudenken. Schließlich stellte er einen Teller mit Keksen und eine Tasse Tee vor Tatsuro auf den Tisch und wartete auf dessen Reaktion. Früher ließ dieser sich schon ein um das andere Mal damit bestechen, wenn es ihm aus irgendeinem Grund nicht gut gegangen war und er zu stur war sich auszusprechen. Und tatsächlich, nach einer Weile rührte sich Tatsuro und schien nun die vor ihm befindlichen Cookies zu fixieren. Aber auch nicht mehr. Yukke war nicht sicher, ob es eine gute Idee war, als er sich seinem Freund näherte, um neben ihm in die Hocke zu gehen im Versuch ihm etwas besser ins Gesicht sehen zu können. Doch Tatsuro ließ es nicht zu. Er wendete seinen Kopf zur Seite ab und entlockte Yukke mit dieser Reaktion ein bedauerndes Seufzen. "Ich kann mir vorstellen, dass dich diese Zeilen verletzt haben, und es tut..." Es war als hätte ihn ein Orkan erfasst, so plötzlich sah er sich hochgerissen und im selben Schwung auf die Polster der Couch manövriert, das er perplex aufkeuchte und in seiner Überraschung einfach liegen blieb. Tatsuro stand neben ihm, setzte sich jedoch kurz darauf auf das schmale Stück an seiner Seite. Es war ein winziger Moment in denen es Yukke möglich war, den Blick seines Freundes einzufangen, doch war es ihm nicht möglich diesen lesen zu können. Es erinnerte Yukke an eine riesige Katze, die sich an ihr Lieblingskissen schmiegte, als Tatsuro seinen Kopf auf seine Brust sinken ließ und daraufhin seinen Körper nachzog, bis er ebenfalls vollständig auf der Couch und zur Hälfte auf ihm lag. Er konnte den weichen Duft von Tatsuro Haar in seiner Nase wahrnehmen und er ließ es zu, als dieser einen Arm um ihn legte und seine Hand unter seinen Rücken schob. Es war eine ungewohnte Begebenheit seinen besten Freund so zu erleben. Doch gewährte er es ihm, da er das Gefühl hatte das dieser sich, genau wie er, nach all der schweren Zeit manchmal einfach nach etwas Wärme sehnte. Und irgendwo war er glücklich darüber, dass Tatsuro sie bei ihm suchte. So erschien es ihm auch nicht unangebracht, als er nun seinerseits seine Arme um ihn schloss und leicht über dessen Haare streichelte um ihm zu zeigen, dass er diese Vertrautheit nicht als etwas Störendes empfand. Er verschwendete keinen Gedanken mehr daran, das Tatsuro ihm etwas übel nehmen könne, eher das er ihn irgendwo verstanden hatte und das brachte etwas Beruhigendes mit sich. Als Tatsuro erwachte, lag er noch immer in der Umarmung von Yukke, der ihn auch im Schlaf nicht losgelassen hatte. Der Morgen zeigte sich im schwachen Grau, doch brande noch immer die Beleuchtung in welcher er Yukke, die Nacht zuvor, in seinem Sessel schlafend vorgefunden hatte. Er selbst hatte, nachdem er sich ins Bett gelegt hatte, keine Ruhe finden können und war dann irgendwann einfach wieder aufgestanden. Als er sah, dass im Wohnzimmer noch Licht brande, hatte er angenommen Yukke wäre ebenfalls noch munter. Er hatte es wieder einmal nicht glauben können, dass dieser schon wieder in solch einer unbequemen Haltung hatte einschlafen können. Dann war seine Aufmerksamkeit auf das aufgeschlagene und am Boden liegende Buch gefallen. Er wollte es einfach nur aufheben, doch dann war sein Blick über einige der Zeilen geschweift und als er daraufhin seinen Namen entdeckt hatte, war seine Neugier doch zu drängend geworden. Er hatte ihr schließlich nachgegeben und sich einige der Gedanken seines Freundes durchgelesen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ihm keiner seiner Freunde etwas Genaueres über die Zeit seiner seelischen Verkapselung erzählt. Alles was er wusste waren grobe Auszüge einiger Vorfälle. Mehr nicht. Yukke hatte es nicht leicht mit ihm, das hatte er von Miya schon erfahren, doch erst jetzt war ihm bewusst geworden, wie sehr dieser unter ihm zu leiden gehabt und trotzdem an ihm festgehalten hatte. Yukke hatte ihn nicht aufgeben wollen. Tatsuro gestand sich ein, das er selbst wohl nicht solch eine Willensstärke hätte aufbringen können und er bewunderte Yukke, das er es so lange geschafft hatte, ihn und seine selbstzerstörerischen Ambitionen zu erdulden. Auf der anderen Seite fühlte er sich jedoch so unendlich mies, dass er ihm das überhaupt erst angetan hatte. Yukke ihn trotz allem noch als einen Freund ansah und sich sogar weiter um ihn gekümmert hatte, obwohl er zuvor so vieles wegen ihm hatte ertragen müssen. Er machte Yukke wirklich nur Ärger und Arbeit und war selbst nicht im Stande sich wenigstens ansatzweise dafür zu revanchieren, dass er trotzdem ihre Freundschaft nicht aufgab. All diese Gedankengänge hatten ihn paralysiert und so hatte er auch nicht darauf reagiert, als ihm mit einem Male das Buch entrissen wurde und er wusste, dass Yukke wieder aufgewacht war. Er hätte es nicht lesen dürfen, das war ihm bewusst, und vielleicht wäre es auch besser gewesen die Wahrheit nicht zu kennen. Aber dafür war es zu spät. Genau so wenig konnte er es fassen, als Yukke ihn wie in alten Zeiten versuchte wieder aufzumuntern, somit wieder zeigte, dass er für ihn da war. Und als dieser dann auch noch dazu ansetzte, sich abermals für etwas endschuldigen zu wollen, wobei es doch an ihm gewesen wäre dies zu tun, hatte er es nicht mehr aufhalten können. Wie konnte Yukke nur ständig die Schuld auf sich nehmen, obwohl es doch eindeutig war, dass er sich nichts vorzuwerfen brauchte. Im Gegenteil! Es gab keinen anderen Menschen den er kannte, der sich so selbstlos für einen Freund einsetzten würde, egal wie schlecht es einem selbst dabei auch ergehen mochte. Yukke war nicht mit Diamanten aufzuwiegen. Er hingegen war nicht mehr wert, als rostiges Metall. Und die Erkenntnis, dass die Kluft zwischen ihnen doch so unüberbrückbar schien, hatte in ein wenig Verzweifeln lassen. Er hatte sich angemaßt Yukke einfach in Beschlag zu nehmen. Für diese letzte Nacht, die er noch hier sein würde, hatte er es sich herausgenommen, weil er einfach nicht mehr wusste, wohin mit seinen chaotischen Emotionen. Er hatte damit gerechnet das Yukke ihm diese Dreistigkeit nicht würde durchgehen lassen. Aber wieder wurde er eines Besseren belehrt. Er hätte es durchaus ausnutzen können, doch ihm war klar, dass er damit etwas sehr wichtiges zerstören würde. Und das Yukke ihm einmal so etwas gewähren würde, war mehr als er zu hoffen gewagt hatte. So hatte er schließlich einfach nur dessen Herzschlag gelauscht, der ihn wie eine Melodie zu beruhigen wusste und irgendwann war er dann eingeschlafen. Und wenn er es gekonnt hätte, hätte er sich gewünscht diese Zweisamkeit nie wieder aufgeben zu müssen, doch holte ihn die Realität immer viel zu schnell wieder ein. So war alles was er tun konnte, es noch solange zu genießen, wie Yukke es erlauben würde. Es waren wohl noch zwei, drei Stunden vergangen, als Tatsuro merkte wie Yukke versuchte sich unter ihm zu bewegen, und er sich damit konfrontiert sah, dass es gleich vorbei sein würde, mit seinem Traum. "Tatsuro...", hörte er es daraufhin auch schon flüstern und setzte folglich an Yukke von seiner Last befreien zu wollen, als dieser noch recht verschlafen fragte, ob es in Ordnung wäre, wenn sie ihre Position etwas verändern könnten, da er auf dem Rücken langsam nicht mehr liegen könne. Keine Minute später lag Yukke auf der Seite und schlief seelenruhig weiter, Tatsuro hinter sich, der sein Glück gar nicht richtig fassen konnte. Und dieser Zustand steigerte sich noch um ein weiteres, als Yukke mit einem Male nach seinem Arm griff und ihn sich um seine Hüfte legte und ihn auch dort hielt, als wolle er sicher gehen, dass er sich auch nicht einfach aus dem Staub machte. Natürlich wäre ihm solch eine Idee nie in den Sinn gekommen, viel zu großartig war das Gefühl noch etwas von der Nähe seines Freundes spüren zu dürfen, ohne dass man es ihm negativ anrechnen würde. Und über diese Sicherheit rückte er sogar noch etwas näher an ihn heran, in dem Wissen, dass es wohl nie wieder zu solch einer Vertraulichkeit zwischen ihnen kommen würde. Es war schon kurz vor zwölf, als sie am Küchentisch ein recht spätes Frühstück zu sich nahmen und Tatsuro versuchte in seinem Kopf die Sätze zu formulieren, die erklären sollten, das er wieder zurück in seine Wohnung gehen wollte. Yukke hatte sich vor geraumer Zeit hinter der Sonntagszeitung versteckt und war nur zu sehen, wenn er nach seiner Kaffeetasse griff und sich einen Schluck daraus genehmigte. Konnte es sein das es Yukke doch peinlich war, in welcher Positur sie die Nacht verbracht hatten? Es war nicht von der Hand zu weisen, dass es Tatsuro ziemlich überrascht hatte, dass dieser sich überhaupt auf so etwas eingelassen hatte. Vielleicht wurde es Yukke auch erst jetzt richtig bewusst und nun schämte er sich dafür? Aber selbst wenn es an dem wäre, war er dankbar, dass ihm Yukke noch dieses Geschenk gemacht hatte. Er würde diese Erinnerung wie seinen Augapfel hüten. Doch galt es noch immer sein Vorhaben an den Mann zu bringen und je länger er es hinaus zog, desto weniger würde er die Disziplin aufbringen können es durchzuziehen. Nun tauchte auch Yukke wieder in seinem Blickfeld auf, der anscheinend fertig damit war die Geschehnisse in aller Welt zu studieren und wieder sank der Mut sich von ihm trennen zu wollen ein Stück mehr. "Taira- san wird morgen bestimmt stolz auf dich sein, wenn sie hört, dass du wieder eine Hürde genommen hast." Yukke war gerade dazu übergegangen diverse Utensilien, die sich auf dem Tisch befanden, schon einmal wegräumen zu wollen, als er dies zur Sprache brachte und Tatsuro somit die Richtung seiner Gedanken wechseln ließ. Das hatte er doch fast vergessen. Morgen hatte er ja wieder einen Termin und er war ehrlich gespannt darauf, was Taira- san zum neusten Stand der Dinge sagen würde. So wie er sie einschätzte, würde sie ihn mit ihrem strengen Blick betrachten und meinen, dass er das schon viel früher hätte haben können, wäre er von Anfang an dran geblieben. Und sie hätte ja auch Recht damit. Tatsuro lag in Schlafzimmer auf dem Bett und starrte an die weiße Decke über ihm. Yukke war Duschen gegangen und somit war er mit sich allein. Er musste es ihn endlich wissen lassen und doch brachte er es einfach nicht fertig. Das durfte doch echt nicht wahr sein! War er denn wirklich so ein Feigling? Ruckartig sprang er daraufhin von seinem Platz auf und auf einen der Kleiderschränke zu, in denen seine Kleidung untergebracht war und öffnete diesen. Vielleicht würde es ihm einfacher fallen, wenn er schon einmal seine Sachen zusammenpacken würde. Suchend ließ er seinen Blick über die einzelnen Fächer schweifen und stellte zum wiederholten Male fest, dass es in seinem eigenen Schränken nie so akkurat aussah, wie in denen von Yukke. Dieser machte sich stets die Arbeit alles schön säuberlich zusammenzulegen. Manchmal fing dieser sogar an zu bügeln, was ihm im Traum nicht einfallen würde zu tun. Bei ihm wurde einfach alles in die Fächer geknüllt und fertig. Und er hätte es auch jetzt so handhaben können, einfach alles in seine Reisetasche zu stopfen. Doch das tat er nicht und stapelte stattdessen alles fein säuberlich vor sich auf und nachdem er auch seine Tasche gefunden hatte, in diese hinein. Mitten in seiner Ausräumaktion kam auch Yukke wieder aus dem Badezimmer und schaute etwas irritiert drein, bei dem Anblick der sich ihm in seinem Schlafzimmer bot. Nun war es also soweit, der beste Zeitpunkt um es endgültig klar zu machen. Ein Blick auf Yukke und Tatsuro seufze innerlich auf. Warum konnte dieser sich auch nicht im Bad schon komplett anziehen? Egal da musste er jetzt durch. Wieder beförderte er sein PDA ans Licht und tippte etwas nervös darauf herum, um es kurz darauf an Yukke weiter zu reichen. Und alles was dieser dazu meinte war, "Ich verstehe." Tatsuro hätte sich schon ein wenig mehr Gegenwehr erhofft, aber womöglich sah auch Yukke es an der Zeit, das er wieder zurück ging und er somit auch wieder mehr Zeit und Ruhe für sich hatte. Schließlich hatte er selbst lesen können, über was für eine Zeitspanne es ihm ziemlich mies gegangen war und es wäre nur denkbar, dass er sich nun nach Erholung von jeglichen Stress sehnte. "Soll ich dir beim Packen helfen?", erkundigte er sich, doch Tatsuro lehnte ab. Es war auch so schon schwer genug, das hier zu bewältigen und es würde nicht einfacher werden, wenn Yukke jetzt auch noch an seiner Seite bliebe. "Gut." Damit verließ dieser das Zimmer wieder und Tatsuro war mit einem Male zum Heule zu mute. Es war kein Abschied für immer und es war kein Problem sich zu sehen, wann immer man wollte, doch irgendwie kam ihm das alles so endgültig vor. Doch es war besser so. Yukke war in der Zwischenzeit zwischen sämtlichen Räumen hin und her gependelt, um zu sehen was an Tatsuros Hab und Gut noch zu finden war, um es folglich zusammen zu raffen, damit er nichts Wichtiges vergessen würde. Die Nachricht, dass Tatsuro gehen wolle kam wirklich überraschend. Damit hatte er einfach nicht gerechnet, aber er konnte ihn ja auch nicht zwingen hier zu bleiben. Tatsuro ging es besser und es wäre ihm nicht zu verdenken, wenn er es langsam aber sich satt hatte, ständig jemanden um sich zu haben und nicht sein eigener Herr sein zu können. Es war eh nur eine Frage der Zeit gewesen, bis dieser auch in diesem Punkt zu seinem alten Leben zurückkehren wollte. Er war ja schließlich kein kleines Kind, um das man sich ständig kümmern musste. Zumindest nicht immer. Oder vielleicht nahm dieser es ihm doch übel, was er in seinen Notizen hatte lesen müssen und wollte nun deswegen so rasch fort von ihm? Es wäre möglich, aber fragen würde er ihn nicht danach. Tatsuro hatte das Recht selbst zu endscheiden, was er wollte und welche Gründe ihn dazu bewegten. Ungefähr fünfzehn Minuten später stand Tatsuro im Flur, im Schlepptau seine vollgepackte Tasche. "Willst du jetzt gleich los?" /Nein, ich möchte gar nicht weg hier und noch weniger von dir/, wäre die ehrlichste Antwort gewesen. Stattdessen nickte er nur und Yukke verschwand kurz darauf, um sich endlich auch in frische Alltagsmontur zu hüllen. Sie hatten die Wohnung gerade verlassen und Yukke die Tür hinter sich ins Schloss gezogen, als ihm noch etwas einfiel. "Hab was vergessen." Schnell öffnete er diese wieder und huschte noch einmal hinein. Auf dem Weg zu Tatsuros Wohnung hatte ihm Yukke mehr als einmal wissen lassen, dass er sich jederzeit an ihn wenden könne, wenn etwas wäre. Selbst mitten in der Nacht. Dann hatte er einer Eingebung nach noch einen kleinen Umweg zu einem Supermarkt eingelegt, damit sie Tatsuros Lebensmittelvorräte gleich aufzufüllen konnten und er ihn noch einmal daran erinnert, dass er ihn morgen wieder zu Taira-san bringen würde, insofern er das noch wolle. Und plötzlich war die Fahrt schon zu Ende und Tatsuro fand sich in alter, vertrauter Umgebung wieder. Etwas behäbig stieg er schließlich aus und half Yukke dabei die große, unhandliche Tasche und die Einkäufe aus dem Wagen zum Haus zu bugsieren. Mit jeder Stufe die sie überwanden und seiner Behausung näher kamen, umso wehmütiger wurde Tatsuro ums Herz. Immer wieder lugte der Impuls hervor, seine Endscheidung revidieren zu wollen. Aber jetzt waren sie schon hier und es wäre unsinnig gewesen, noch einen Rückzieher zu machen. Sie hievten das Gepäck in den schmalen Flur und Tatsuro ging gleich dazu über die Fenster zu öffnen, um etwas frische Luft hinein zu lassen. Es kam ihm vor, als wäre er Jahre nicht mehr hier gewesen. Alles erschien ihm so seltsam fremd und kalt. Es würde eine Weile dauern, bis er sich wieder richtig heimisch fühlen würde und er damit umgehen könnte, wieder für sich zu sein. "Ich sag Tsukahara-san Bescheid, dass du wieder da bist, dann kann sie dir Teto runter bringen." Yukke war schon aus der Tür, bevor Tatsuro wieder in den Flur getreten war und nach fünf Minuten, erschien er in Bekleidung der älteren Dame, die Teto auf dem Arm trug und sich dessen Temperament nicht mehr erwehren konnte, als dieser sein Herrschen sah, dass er so lange hatte missen müssen. "Schön, dass du wieder da bist Tatsu-kun.", freute sich Tsukahara-san ehrlich und tätschelte ihm liebevoll über die Wange. "Aber ich muss gleich wieder hoch, ich hab noch was auf dem Herd. Ich bring dir später was vorbei mein Großer. Keine Widerrede!" Damit verabschiedete sich die rüstige Dame wieder von ihnen, worauf sie sich nun etwas unschlüssig gegenüber standen. "Soll ich dir noch bei irgendetwas behilflich sein?" Yukke wollte sich nicht unnötig aufdrängen, aber er wollte auch nicht einfach so verschwinden, falls Tatsuro doch noch etwas auf dem Herzen lag. Tatsuro machte jedoch keine Anstalten sich dazu zu äußern, sondern ging einfach dazu über sich nach Teto zu bücken, der ihm unablässig um die Beine stromerte, um ihn zu kraulen. "Tatsuro...?" Er brachte es nicht fertig Yukke nun schon wegzuschicken. Er würde sich so einsam fühlen, das wusste er, aber es wäre auch unfair diesen hier festzuhalten, ohne dass es für ihn einen triftigen Grund gab. So erhob er sich schließlich wieder, um folglich sein Kommunikationshelfer zu befehligen. Er zog das PDA aus seiner Tasche und Yukke war etwas verwundert, als sich Tatsuro plötzlich hinter ihm platzierte, seine Arme an seiner Taille vorbeischob und er dessen Kopf schließlich direkt neben seinem wahrnahm. Tatsuro schloss folglich seine Hände um das Gerät und begann zu schreiben. In dieser Position war es möglich das Yukke sofort sah, was Tatsuro sagen wollte und konnte somit auch gleich darauf antworten, wenn es denn nötig wäre. Tatsuro so nahe bei sich zu haben, war ihm vertraut geworden und so störte er sich auch nicht an dieser neuen Variante sich mitzuteilen. Sie war ja eigentlich auch recht praktisch. *Ich danke dir für Alles, was du für mich getan hast. Dafür stehe ich tief in deiner Schuld. Dennoch wäre es unverschämt dich noch weiter zu beanspruchen, wenn ich auch selbst dazu im Stande bin, mich um meine Person kümmern zu können. Ich wünsche mir, dass du dich jetzt erst einmal richtig von all dem Stress erholst, denn ich dir gemacht habe. Ich werde mir Mühe geben deine Fürsorge mit der Anstrengung mein Ziel zu erreichen, zu würdigen. Ich habe aus meinen Fehler gelernt und möchte in Zukunft ein besser Mensch und Freund für euch sein.* Yukke hatte jedes Wort verfolgt, das sich auf den kleinen Display zeigte und eigentlich hatte er schon bei der Zeile, das er ihm nicht weiter zur Last fallen möchte, wiedersprechen wollen, da er es nie als solches angesehen hatte, doch er wollte Tatsuro nicht unterbrechen. Dessen Worte hatten ihn am Ende so berührt, und nun wusste er gleich gar nicht mehr, was er darauf sagen wollte. Tatsuro schien ihm dies auch nicht übel zu nehmen, da er sich nun von ihm entfernte, wieder vor ihn trat und ihn anlächelte. Wohl weil er ihm verbunden war, dass er ihn verstand ohne zu dementieren. Also nickte er auch einfach nur verstehend. "Dann werde ich mich mal wieder auf den Weg machen." Ein kurzer Moment der Unsicherheit entstand, als sie beide an der Tür angekommen waren und keiner von ihnen so recht wusste, wie er sich nun von dem anderen verabschieden sollte, bis Tatsuro sich vor ihm verbeugte. Auch wenn Yukke die Geste verstand, war es mehr als befremdlich Tatsuro so zu sehen. Es war eine etwas kühle Verabschiedung, das war Tatsuro mehr als bewusst, aber sie ersparte ihm einen weiteren Augenblick der Schwäche. Denn hätte er Yukke nun umarmt, hätte er vielleicht doch noch etwas getan, das ihn in Schwierigkeiten gebracht hätte. Er öffnete Yukke die Tür und sah ihm nach, als dieser ansetzte die Treppe nach unten zu nehmen, worauf dieser abrupt stehen blieb und sich noch einmal an ihn wandte. "Ich hab da ja noch etwas für dich.", erklärte er sein Verhalten und kam auch schon zu ihm zurück. "Dreh dich um.", meinte Yukke daraufhin nur und auch wenn es ihm seltsam erschien, tat Tatsuro wie ihm geheißen. Er spürte die etwas kalten Finger seines Freundes an seinem Hals und wie dieser etwas um ihn legte. Kurz streifte Yukke einen empfindlichen Punkt zwischen Schulter und Halsbeuge und löste damit ein leichtes Kribbeln in seinem Körper aus. Dann verschwanden die Finger wieder und Tatsuro trat vor den großen Spiegel in seinem Flur. Erfreut begutachtete er die feine Silberkette, an welcher ein Löwenanhänger schaukelte und welcher er damals so lange nachgetrauert hatte. Es war eindeutig der richtige Zeitpunkt gewesen sie zurück zu geben, stellte Yukke fest, als er sich letztendlich doch noch in einer stürmischen Umarmung wiederfand und diese auch ohne zu zögern erwiderte. Er würde Tatsuro und dessen Zutraulichkeiten auf jeden Fall vermissen. Kapitel 29: That teasing voice inside my head --------------------------------------------- Kapitel 29: That teasing voice inside my head "Das ist doch eigentlich ein Grund zum Feiern!" Satochi hatte über die Nachricht, dass Tatsuro immer weitere Fortschritte in seiner Therapie machte, beschwingt einen Arm um dessen Schulter gelegt und rüttelte ihn, auf Bestätigung wartend, etwas hin und her. Sie waren gerade auf dem Weg zum Parkplatz vor dem Gebäude, in welchem Taira-san ihre Praxis hatte. Heute hatten sie Tatsuro alle zusammen abgeholt, da man der Meinung war, dass dieser sich bei all seinen Bemühungen, auch mal etwas verdient hatte. Sie alle waren stolz auf ihn, das er sich diesmal wirklich darauf konzentrierte, seine Stimme wieder in Form bringen zu wollen. Egal wie anstrengend es nun auch sein mochte. Zwar waren es bis jetzt nur einzelne Laute, die er befehligen konnte, aber es war definitiv ein Anfang. "Auf was hätte unser Großer denn so Lust?", erkundigte sich Satochi und ging gedanklich schon einmal diverse Eingebungen ab, die man in Betracht ziehen könnte. Das empörte Knurren eines Magens, das eindeutig Tatsuro zu zuordnen war, nahm diesem jedoch eine Antwort zu dem, -was man tun könnte-, schon einmal vorweg. "Warum auch nicht?", stellte Satochi erheitert fest und musste zugeben, dass auch er nicht ganz abgeneigt dazu stand, wenn sie etwas essen gehen würden. "Aber wohin?" Drei Augenpaare richteten sich fragend auf Tatsuro, der für einen Moment etwas überfordert mit Satochis Frage und der ungeteilten Aufmerksamkeit seiner Freunde schien. Etwas unschlüssig gab er etwas in sein PDA ein und man konnte verfolgen, dass er irgendwie nicht so recht wusste, wie er das was er schreiben wollte, formulieren sollte. "Kann ich dir helfen?" Yukke hatte sich nun an Tatsuros Seite gesellt, so dass er direkt auf das Display schauen konnte. Rasch löschte Tatsuro die Brocken an Text, die er eingegeben hatte wieder und ließ einen neuen folgen. Yukke verfolgte das Tun seines Freundes genau, der ihm von einen kleinen Lokal erzählte, in welchem sie schon einmal waren. Er aber weder den Namen noch die Gegend mehr wusste, wo es zu finden war. Die Spezialität des Hauses war Takoyagi gewesen und eigentlich hatte er schon viel eher wieder einmal dorthin gehen wollen, doch beim -Wollen- war es dann auch geblieben. Das einzige was ihm noch präsent war, war das es eine Empfehlung von Masamura, einem ihrer Techniker gewesen war, der gemeint hatte, besseres Takoyagi gäbe es nur noch in Osaka. Aber auch wenn Yukke wusste, was Tatsuro meinte, konnte auch er sich nicht mehr so recht entsinnen, und so leitete er die Frage schließlich an die anderen beiden weiter. Es war Miya, der ihnen ohne Umschweife sagen konnte, was sie wissen wollten und begegnete der Überraschung des erstaunten Trios vor sich nur mit einem selbstverständlichen Schulterzucken. "Am besten ich fahre." Etwas entnervt gab sich Miya geschlagen, als sie den Wagen von Yukke erreicht hatten, aber dessen Besitzer auch nach der dritten Erklärung, wie er an besagten Ort gelangen würde, nicht sicher war richtig verstanden zu haben. Ohne Wiederworte ließ sich Yukke die Autoschlüssel abnehmen und war schon im Begriff, sich in den hinteren Teil seines Vehikels setzten zu wollen, als er leicht irritierte Blicke auf sich spürte. "Was? Wenn ich nicht fahre, dann sitz ich auch gern mal hinten. Da finde ich eher ein Gefühl von Ruhe, als wenn ich ständig darauf achten muss, wie man meinen Wagen fährt." Damit war die Frage für ihn geklärt und so nahm er schließlich seinen gewählten Platz ein. Miya ließ sich ebenfalls nieder und nun waren es nur noch Tatsuro und Satochi, die draußen standen und irgendwie nicht aus dem Knick kommen wollten. Tatsuro hatte sich schon so platziert das er, wäre Yukke der Fahrer gewesen, neben ihm gesessen hätte. Das war irgendwie so üblich geworden und gerade jetzt stellte er fest, dass es ihm gar nicht so recht passen wollte, dass sich diese Konstellation auf einmal ändern sollte. Ihm war ja egal, ob er vorn oder auf dem Rücksitz saß, aber es sollte schon Yukke sein, denn er neben sich wähnte. So albern das auch erscheinen mochte, diese Momente wollte er einfach nicht hergeben. Sie waren eh schon viel zu selten geworden in letzter Zeit. Auch wenn er Abstand halten wollte, so war sein Vorhaben nicht aufrechtzuerhalten, wenn er nicht ab und an, wenigstens etwas davon abwich. Selbst wenn sich dieses winzige Stück nur darin wiederfand, einfach im Auto neben Yukke sitzen zu können. "Ähm, wenn du nichts dagegen hast, würde ich gern vorn sitzen." Tatsuro wusste nicht warum Satochi plötzlich darauf aus war mit ihm tauschen zu wollen, aber er war ihm ehrlich verbunden dafür, auch wenn er es ihn nicht wissen ließ. Schließlich konnte Miya den Motor starten und das Gefährt in Richtung Straße lenken. Es war ein angenehmer Nachmittag und nur vereinzelt zogen einige Wolken am Azur vorüber und ließen die nun schon etwas kräftigeren Strahlen der Sonne sich ungehindert ausbreiten. Leicht rieb sich Tatsuro über seine müden Augen, denen das Licht doch etwas zu schaffen machte. Generell fühlte er sich etwas kraftlos. Und er wusste auch warum. Seit er wieder zu sich gezogen war, hatte er immer Mühe mit dem Einschlafen und egal was er versuchte, es half nichts oder nur geringfügig. Seine Nächte waren stets unruhig und es war niemand da, der ihm diese Unruhe nehmen konnte. Er hatte schon mit den Gedanken gespielt, Tabletten zu Hilfe zu nehmen, aber irgendwie kriegte er diese Dinger nicht mehr runter. Sie waren so ein Symbol dafür, dass noch immer etwas nicht mit ihm in Ordnung schien, dass er auf sie angewiesen war und nicht ohne sie zurechtkam. Aber diese Blöße wollte er sich einfach nicht mehr geben. Er wollte nicht weiter so empfindlich sein und es auch ohne irgendwelche Mittel schaffen. Doch nun zeigte sich, dass dieser unausgeglichene Schlaf auf seinen ganzen Körper niederging und dieser sich nun merklich dagegen zu wehren versuchte. "Du kannst dich auch bei mir anlehnen." Es war kein Angebot, das Yukke ihm da machte. Es war mehr eine Aufforderung. Zumindest kam es Tatsuro so vor, als dieser ihn mit einem eindringlichen Blick bedachte, der keine Widerrede zu zulassen schien. Trotzdem wusste Tatsuro nicht ob es gut wäre, wenn er sich darauf einlassen würde. Er befand sich doch gerade in einem inneren Umbruch, was seine Emotionen für Yukke betraf und Dinge wie diese, konnten ihn ganz einfach wieder zurück werfen und all seine Mühe zu Nichte machen. Auf der anderen Seite wollte er nichts mehr, als ihm nahe sein zu dürfen und es quälte ihn, das er es nicht einfach annehmen konnte, ohne sich mehr davon zu erhoffen. Die Suche nach dem Mittelweg, in all diesem Chaos, war wirklich beschwerlich. Doch er musste durchhalten, es war die einzige Möglichkeit, dass alles wieder werden konnte wie zu der Zeit, bevor ihn seine Zuneigung zu Yukke so eingenommen hatte. "Schon gut..., du musst nicht wenn es dir unangenehm ist..." Es war zum Verzweifeln! Yukke hatte ihn einfach in der Hand und wusste es nicht einmal. Nur einer dieser unsicheren Blicke, aus diesen braunen Augen und Tatsuros Beherrschung spannte sich bis zum Zerreißen. Unangenehm!? Nichts lege ihm fernen, als Yukkes Nähe als unangenehm zu erachten. Das verdammte Gegenteil war der Fall! Doch wenn er diese Probe hier meistern würde, dann hätte er wieder einen großen Sprung bewältigt und womöglich würden die anderen erforderlichen Schritte, somit auch ohne weitere Mühe folgen. Wann sollte er denn ein Exempel statuieren, wenn er nach einem Erfolg, gleich wieder weich werden würde? So käme er nicht vorwärts. Er konnte es selbst nicht so recht glauben, als er Yukke schließlich wissen ließ, das es schon so in Ordnung wäre und er nur mal kurz eingenickt war, mehr nicht, sich aber trotzdem für sein Angebot bedanke. Tatsuro konnte seinen Freund daraufhin nicht weiter ansehen und wendete sich mit einen schwierig aufzubringen Lächeln wieder von ihm ab und der Seitenscheibe zu. Er hatte das richtige getan und trotzdem fühlte es sich wieder einmal so unangenehm falsch an. "Da sind wir." Miya hatte den Wagen in einer Nebenstraße geparkt und war gerade im Begriff auszusteigen. Satochi tat es ihm gleich und kaum das er wieder auf seinen zwei Beinen stand, streckte er sich erst einmal ausgiebig. Yukke war der Letzte in Bunde, der sein Gefährt verließ und Miya kam nicht umhin, eine leichte Bekümmerung an seinem Freund zu bemerken, als er sich erkundigte, ob er für heute der Fahre bleiben sollte und Yukke dem nur mit einem knappen Nicken zustimmte. Automatisch richtete Miya seinen Blick auf Tatsuro, der neben Satochi einher ging und sich von diesem etwas erzählen ließ. Ab und an war ein Brummen von Tatsuro dazu zu vernehmen, was Satochi so erfreute, das er diesen, in seiner Euphorie darüber, fast unentwegt gegen den Oberarm knuffte. Miya hatte nicht schlecht gestaunt, als er erfahren hatte, das Tatsuro nicht mehr bei Yukke wohnte. Er erinnerte sich auch an das unwohle Gefühl, das unweigerlich in ihm aufgekommen war. Irgendwann jedoch hatte er sich an Yukke ein Beispiel genommen. Er hatte es zugelassen Tatsuro wieder genügend seelische Stärke zu zutrauen, und sich nicht ständig Sorgen um diesen gemachen. Und er hatte gut daran getan. Tatsuro war auch in einigen anderen Lebenslagen wieder zu seinem alten Ich übergegangen und es war erfüllend mit ansehen zu können, wie sich dieser Zustand mehr und mehr ausweitete. Die Zeit in Yukkes Obhut zeigte Erfolg, selbst nach einem solch harten Start und all diesen zermürbenden Problemen. Yukke hatte ihnen damals gesagt, er wolle für Tatsuro da sein und dieses Versprechen hatte er gehalten. Aber nun, wo es mit diesem wieder deutlich bergauf ging, machte es den Eindruck, als würde sich Yukke irgendwie zurückgelassen fühlen. Abermals fing Miya einen dieser betrübten Blicke seines Freundes ein, als er sich diesem nachdenklich zuwandte. Vielleicht war -Zurückgelassen- das falsche Wort. Yukke sah sich womöglich als nicht mehr gebraucht an. Als jemand der nach Erfüllung seiner Pflicht ausgedient hatte. Zumindest gab sein Auftreten diese Theorie ab und an wieder. Ein fast unmerkliches Seufzen drang nun von Yukke zu ihm heran, worauf Miya dessen Aufmerksamkeit ihren beiden vorauslaufenden Freunden zuordnen konnte. Oder hauptsächlich Tatsuro. Yukke wirkte nicht zurückgelassen, eher verloren. Aber warum? Eigentlich hätte man annehmen sollen, dass sich dieser nun ebenfalls wieder im Aufwind befand, nun wo es Tatsuro wieder so viel besser ging. War womöglich schon wieder etwas vorgefallen, wovon ihnen keiner der beiden etwas erzählen mochte? "Sag, wie geht es dir eigentlich so?" Miya wusste, dass er auf diese Frage nicht mit einer allzu ausführlichen Antwort zu rechnen hatte, aber sie war ein Einstieg Yukke vielleicht doch noch etwas entlocken zu können, das Aufschluss auf seinen derzeitigen Gemütszustand geben konnte. "Es geht.", meinte dieser nur mit einen antriebslosen Schulterzucken und machte sich nicht einmal die Mühe, seine gedrückte Laune hinter einer Fassade zu verbergen. Was deutlich zeigte, dass ihm etwas besonders Wichtiges auf der Seele lag. "Ist es wegen Tatsuro?" Es waren zwei Emotionen die Miya, auf diese Hinterfragung, folglich im Gesicht seines Freundes zu lesen vermochte. Verwirrung und der Ausdruck durchschaut worden zu sein. Miya musste unweigerlich resigniert durchatmen. "Ich werd aus euch beiden nicht schlau.", gab er daraufhin wieder und schüttelte leicht mit seinen Kopf. "Was ist das da zwischen euch beiden? Ich weiß, dass die letzte Zeit mehr als aufzehrend für euch zwei war, aber trotz der Tatsache, dass es nun wieder Licht am Ende des Tunnels gibt, findet ihr nicht so recht in euer alte Umgangsform zurück. Entweder ihr geht auf Distanz, oder wirkt völlig unbeholfen dem anderen gegenüber." Miya schenkte Yukke nun einen verständnisvollen Blick. "Wenn ich dir irgendwie, oder bei irgendetwas behilflich sein kann, dann sag es mir einfach." "Das weiß ich zu schätzen, das weißt du, aber mein Problem ist eigentlich ganz simpler Natur und nichts, was die Zeit nicht wieder hinbiegen könnte." Yukke grinste nun ein wenig verlegen, ob seiner halb kryptischen Offenbarung. "Ich fühl mich einfach nur etwas einsam, seit er weg ist. Ich weiß es ist albern, schließlich können wir uns jeden Tag sehen. Naja, es ist halt so eine Gewohnheitssache. Das wird schon wieder Masaaki-kun." Mit dieser Beichte straffte sich Yukkes Haltung wieder und auch der zuvor noch betrübte Ausdruck, wich einem offenen Lächeln. "Hey ihr Beiden. Kommt ihr, oder sollen wir alleine gehn?", ertönte die Stimme Satochis von etwas weiter vorn, dessen drängelnde Tonlage darauf schließen ließ, das er wohl deutlich vorm Verhungern war. Es war kurz bevor sie zu ihren Freunden aufgeschlossen hatten, als Miya sich noch einmal an Yukke wandte, um ihn wissen zu lassen, dass er sich mit seinen Sorgen immer an ihn richten könne. Und ihm noch das Versprechen abrang, sich nicht hinter falscher Scharm oder anderen bizarren Gedanken diesbezüglich zu verstecken. Schließlich waren Freunde da, um sich gegenseitig zu stützen. "Versprochen.", war die ehrliche Antwort Yusukes, der mit dieser kurzen Aussage, einen etwas fragenden Ausdruck auf die Züge Satochis zauberte. "Um was geht´s denn?", erkundigte sich dieser auch gleich neugierig, wurde aber folglich von einem geheimnisvoll lächelten Miya darauf verwiesen, dass er nicht immer alles wisse müsse. "Dann eben nicht!", schmollte dieser kurzfristig, fand aber schnell wieder zu seiner ausgeglichenen Laune zurück, als er das gesuchtes Lokal nur noch wenige Schritte von sich entfernt ausmachen konnten. Ohne Vorwarnung packte er Miya am rechten Arm und schleifte diesen mit sich. "Wenn du mir schon nichts genaueres erzählen willst, dann lädst du mich wenigstens auf ne Runde Spießchen ein.", hörten Tatsuro und Yukke ihn seine Anwandlung begründen, worauf sich beide ein erheitertes Glucksen nicht verkneifen konnten. Wie sehr sich Yukke danach gesehnt hatte, Tatsuro eines Tages wieder so unbefangen erleben zu dürfen. Dass es nun wirklich an dem war, brachte auch ihn dazu sich ungemein befreit zu fühlen. Und am liebsten hätte er diesem Hochgefühl auch durch Taten zu mehr Ausdruck verholfen, aber er wollte Tatsuro nicht ungefragt zu nahe rücken. So wie es den Anschein machte, suchte dieser derzeit eh nach etwas Abstand. Nicht das Tatsuro ihn mied oder ihn außen vor ließ. Er verhielt sich eigentlich nicht so viel anders als früher und das war doch etwas, das sie alle erhofft hatten. So gesehen sollte er dies auch etwas mehr zu würdigen wissen. Diebisch schlich sich daraufhin ein Gedankengang in seinen Kopf, der ihn seit geraumer Zeit schon des Öfteren heimgesucht hatte und welchen er jedes Mal zurück in eine dunkle Ecke seines Geistes befehligte, und diesen stets damit begründete, das er sich einfach nur noch nicht wieder daran gewöhnt hatte, allein zu sein. Somit sollte es auch nichts Ungewöhnliches sein, das man sich etwas Zuwendung wünschte, wenn man sich über einen längeren Zeitraum so oft, so isoliert von einem wichtigen Menschen gefüllt hatte, wie es nun mal bei ihm und Tatsuro der Fall gewesen war, oder nicht? All die Augenblicke in denen sie die Nähe des anderen geteilt hatten, waren nur kleine Kompensatoren vernachlässigter Emotionen gewesen, nicht mehr und nicht weniger. Etwas anderes als das erneute verfestigen ihrer Freundschaft in Erwägung zu ziehen, war einfach nur auf seine anhaltende Unausgeglichenheit zurück zu führen, nichts weiter! Tatsuros Hand auf seiner Schulter brachte aber eben diesen einen vorwitzigen und unerwünschten Gedanken wieder dazu sich bunt und aufdringlich zurück in sein Denken zu zwängen, was ihm augenblicklich ein missmutiges Zischen entlockte. Noch in derselben Sekunde sah er, wie Tatsuro seine Hand entschuldigend zurück nahm und rasch an ihm vorbei zog, um sich folglich den vorausgegangen beiden anzuschließen. Sicherlich weil er annahm, das seine Geste unerwünscht gewesen war. Und noch bevor Yukke dies als ein Missverständnis hätte klar machen können, war Tatsuro auch schon in dem kleinen Restaurant verschwunden und ihm blieb nichts weiter übrig, als sich nun ebenfalls in Bewegung zu setzten. Schon als er den Noren zur Seite geschoben hatte, konnte er seine drei Freunde an einem Tisch in der linken Hälfte des Gastraumes ausmachen und gesellte sich kurzerhand zu ihnen. Satochi hatte sich schon in eine der Menükarten vertieft und machte den Eindruck, als stünde er kurz davor in eben jenes unbedarfte, laminierte Stück Druckereiwerk hineinbeißen zu wollen je länger er sich die Angebote, die darauf zu finden waren, durchlas. "Ich könnt glatt alles verdrücken, was die hier anbieten.", verkündete er daraufhin auch schon unschlüssig, was Miya dazu veranlasste ihm mitzuteilen, dass er nur für eine Portion Takoyagi aufkommen würde und nicht mehr. Denn eigentlich war das hier eine Einladung für Tatsuro gewesen. Der hatte sich das wenigstens auch verdient. "Schon gut, schon gut!", winkte Satochi Miyas Rede auch schon ab und widmete sich weiter der Menükarte. "Und wie sieht es aus, schon was gefunden?" Damit wandte sich Miya an Tatsuro, der ein bestätigendes Brummen gekoppelt mit einem Nicken präsentierte und Satochi wieder dazu brachte erfreut zu grunzen. Tatsuro schob die Karte zu Miya und zeigte diesem für was er sich endschieden hatte. "Hört sich gut an." Erkundigend trat nun die Bedienung an ihren Tisch und nachdem jeder seine Wahl mitgeteilt hatte, eilte diese auch schon wieder davon. Es war ein beschauliches Beisammensitzen. Auch wenn Yukke feststellen konnte, das sich Tatsuro durch diese kleine Fehlinterpretation, seiner mürrischen Verlautbarung, nicht hatte weiter irritieren lassen, so wurde er dennoch das Gefühl nicht los, dass irgendetwas nicht stimmte. Aber es würde nun auch nichts bringen hier zu sitzen und Trübsal zu blasen, und damit womöglich noch die Laune seiner Freunde zu gefährden. Satochi war, wie zu erwarten, der erste in ihrer Runde, der sich etwas ausgelassener auf Grund des Alkoholkonsums gab und sich in seiner benebelten Heiterkeit vollends auf Tatsuro versteifte hatte. Er war schon recht nahe an diesen herangerückt und da dieser nicht viel Weg zum Zurückweichen hatte, musste er sich abermals damit abfinden, dass dieser kumpelhaft einen Arm um seine Schulter gelegt hatte und ihn hin und her rüttelte, wenn eine Pointe seine Erzählungen dies erforderte. Und Tatsuro erduldete diese Bedrängnis mit engelsgleicher Geduld und der Situation erforderlichem Verständnis. Yukke folgte dem Schauspiel mit einem unerwünschten Empfinden und schalte sich selbst eine Idioten als er erkannte, was ihm an dieser ganzen innigen und doch eigentlich harmlosen Flachserei seitens Satochis wieder deutlich wurde. Doch mit bloßer Willenskraft und dem ständigen Mantra sich zusammenzureißen, konnte er diesem penetranten Gefühl einfach nicht entgegen wirken. Es war diverse Schalen Hauswein später, als er sich merklich leichter und entspannter fühlte. Selbst wenn ihm bewusst war, dass er sich damit nur kurzzeitig ablenken konnte, war es trotzdem ein willkommener Erfolg, welchen es noch etwas zu festigen galt. Erst als seine Auffassungsvermögen schon recht träge reagierte und sein Umfeld merklich zu schwimmen begann, wog er sich sicher diese seltsame Regung vollständig ertränkt zu haben. Ein leichtes Anschubsen von Miya lenkte seinen Blick auf diesen und er erkannte auch, dass dieser etwas zu sagen schien. Nur war es ihm nicht möglich das Knäul an Worten, das sich folglich in seinem Kopf zusammenzurrte auch zu entwirren und damit auch zu verstehen, was dieser von ihm wollte. Also beließ er es dabei, ihn verklärt anzustarren und zu schweigen. Miya versuchte auch nicht weiter zu seinem Freund durchzudringen, da dessen Zustand deutlich machte, dass jegliche weitere Bemühung recht überflüssig wäre. Und gerade als er dazu aufrufen wollte, dass sie sich wieder auf den Weg machen sollten, sah er sich mit Tatsuros PDA konfrontiert, der ihm genau den gleichen Vorschlag unterbreitete. Ein Blick auf Satochi zeigte, dass dieser ebenfalls sein Limit erreicht hatte und sie wirklich wieder aufbrechen sollten. Miya übernahm die Rechnung und zusammen mit Tatsuro beförderten sie ihre beiden tranigen Freunde zurück zu Yukkes Wagen. Eigentlich wollte Miya schon sagen das Tatsuro nun auch vorne sitzen konnte, wenn er gewollt hätte, aber dies erübrigte sich, als er sah wie Satochi schon an der Beifahrertür herumzerrte und sich nach dem Erfolg, sie geöffnet zu haben, sogleich auf den Sitz sinken ließ und wegnickte. Es war Tatsuro der daraufhin Satochi noch den Sicherheitsgurt anlegte und die Tür schloss, bevor er sich zu Yukke auf den Rücksitz begab. Yukke war noch munter. Wenn man es denn so nennen konnte. Machte aber nicht den Eindruck, als würde er noch viel von seiner Umgebung registrieren. Schließlich befanden sie sich wieder auf der Straße und das erste Ziel was Miya ansteuerte, war das Apartment von Tatsuro. Tatsuro kam nicht umhin sich zu fragen, was Yukke dazu bewogen hatte sich so gehen zu lassen, war dieser doch nie ein Freund davon gewesen, sich in der Öffentlichkeit dem übermäßigen Genuss von Hochprozentigen hinzugeben. Es war dieser traurig anmutende Ausdruck auf Yukkes Zügen, der ihn mit einem Male so zerbrechlich in Tatsuros Augen erscheinen ließ, das er kurz davor war, zu ihm heran zu rücken und ihn in die Arme zu nehmen. Jedoch erinnerte er sich wieder an das zurückweisende Verhalten, das dieser ihm kurz vor dem Besuch in dem Lokal gezeigt hatte und so ließ er es lieber sein. Zwanzig Minuten später brachte Miya den Wagen auch schon auf dem Parkplatz vor Tatsuros Apartmentkomplex zum Stehen und verfolgte durch den Rückspiegel, wie dieser sich daran machte aussteigen zu wollen. Und kaum hatte Tatsuro sich abgeschnallt, vernahm man ein Rumoren von der anderen Ecke des Rücksitzes, wo nun auch Yukke Anstalten machte sein Auto verlassen zu wollen. “Wir sind erst bei Tatsuro. Du musst dich noch etwas gedulden Yukke.”, teilte Miya ihm daraufhin mit, doch unterbrach Yukke trotz dieses Hinweises sei Tun nicht. Kurz darauf hievte er sich auch schon aus dem Sitz nach draußen und ohne auf die Rückrufe seiner Freunde zu achten, steuerte er auf den Eingang des Wohnblocks zu. Tatsuro blickte etwas fragend drein bis Miya vorschlug, das er einfach auf ihn aufpassen solle und er sich vorerst um Yukkes Auto kümmern würde. Damit verabschiedete er sich von Tatsuro und warf den Motor wieder an. Yukke war indes schon an der Haustür angekommen und stützte sich haltsuchend an dieser ab. Es dauerte nicht lange, bis Tatsuro zu ihm aufgeschlossen hatte und Yukke gerade noch davor bewahren konnte, auf den schmutzigen Beton des Treppenvorsprunges zu sinken. Er würde ihn jetzt einfach zu sich nach oben bringen und ihn seinen Rausch ausschlafen lassen. Jedoch gestaltete sich dieses Vorhaben doch etwas mühseliger, als er angenommen hatte, da Yukke sich nicht wirklich von ihm helfen lassen wollte, und es somit seine Zeit dauert, bis sie den dritten Stock erreicht hatten. Das erste was Tatsuro tat, als sie in seine Behausung traten, war Tetochi erst einmal in die Küche zu sperren. Denn auch wenn Yukke nicht mehr allzu viel mitzubekommen schien, sah er es doch als umsichtiger an, wenn sein Kater vorerst in Verwahrung blieb. Ein paar wenige Schritte und er hatte Yukke auf sein Bett befördern können, wo dieser auch gleich nach hinten kippte und nichts weiter mehr von sich gab, als leise Atemzüge. Vorsichtig versuchte Tatsuro seinen schlafenden Freund aus seiner Jacke zu behelfen, als dieser sich plötzlich wieder aufrappelte und nun direkt in das Gesicht Tatsuros blickte, der kurzum etwas perplex darüber war. Auch wenn er davon ausgehen musste, das Yukke nicht so recht wusste was er tat, so ereilte in der abrupte Wunsch, das die Berührung die dieser ihm mit einem Male zukommen ließ, nicht nur auf einer Alkohol basierenden Eingebung beruhten. Yukkes linke Hand legte sich in seinen Nacken, während er mit der anderen über seine Wange strich und ihn dabei unabdinglich ansah. "Es fehlt mir.", wisperte er daraufhin und zog den Körper vor sich noch etwas näher an sich heran, so dass er sein Kopf in der Halsbeuge von Tatsuro betten konnte, was diesem ein leichtes Keuchen entlockte. Er war eindeutig viel zu empfindlich an dieser Stelle und die Tatsache, dass es Yukke war der ihn hier so forderte, machte die ganze Sache nicht gerade einfacher. Dies wäre der Moment gewesen sich von ihm loszusagen und ihn einfach schlafen zu lassen. Doch auch als sich Yukke wieder nach hinten sinken ließ und ihn folglich mit sich zog, folgte er ihm, selbst wenn sein Verstand versuchte dagegen protestierte. Aber war es denn auch so verwerflich es zuzulassen, wenn Yukke gar nicht Herr seiner Sinne war? Wenn dieser nicht wusste was er tat, dann konnte er es doch auch annehmen, oder? Nur dieses eine Mal. Es wäre die Möglichkeit sich nur einmal das zu erlauben, was er sich sonst nur einbilden durfte. Tatsuro spürte wie Yukkes rechte Hand sich auf seine Hüfte legte und diese sachte entlang fuhr, während die andere ihre Position aufgab, nur um sich daraufhin zaghaft ihren Weg über seinen Hals hinab zu seiner Brust zu suchten, wo ihm auch sicherlich nicht der chaotische Rhythmus seinen Herzschlages entging. "Ist es meine Schuld?" Noch immer war Yukkes Stimme nicht mehr als ein Flüstern, als er dies fragte. Auch wenn es nur einer Geste bedurfte, mit welcher Tatsuro darauf hätte antworten können, so war er momentan einfach nicht dazu in der Lage. Selbst wenn, war er sich nicht sicher, auf was genau Yukke seine Frage überhaupt bezog. Sachte drehte dieser nun seinen Kopf und Tatsuros Puls legte an Tempo zu, als er daraufhin dessen Lippen mit direkten Kontakt zu eben dieser empfindlichen Stelle an seinem Hals vernahm, während er ihn erneut fragte, ob er etwas Falsches getan habe. Yukke vermochte es wahrlich ihn einzulullen, aber er durfte es nicht noch weiter zulassen, zumindest sagte ihm das die Stimme in seinen Kopf. Tatsuro fühlte wie sich Yukkes Finger nun unter sein Shirt schoben und als er mit diesen über die bloße Haut streifte, durchfloss ihn ein solch intensiver Strom, das er ein erneutes Keuchen nicht zurückhalten konnte. Was um alles in der Welt tat er hier eigentlich?! Er ließ sich auf ein Spiel ein, das er auf jeden Fall verlieren würde. Yukke war nicht er selbst und er ließ sich auch noch darauf ein. Er hatte sich einen Augenblick wie diesen zwar gewünscht, aber nicht unter solchen Voraussetzungen. Das hatte nichts mit ehrlichen Gefühlen seitens Yukke zu tun. Und auch wenn sein Geist dies nun wieder klar vor Augen hatte, so reagierte sein Körper doch schon ziemlich empfindlich auf die ihm zugeteilte Aufmerksamkeit, die Yukke ihm zukommen ließ. Überraschend rutschte Tatsuro ein gedämpftes Stöhnen über seine Lippen, als Yukke eher zufällig mit einer Bewegung an seiner Mitte vorbeistreifte, welcher es daraufhin nur nach mehr Zuwendung verlangte. So ging das nicht! Jedoch machte es ihm der andere so unglaublich schwer. Yukkes Berührungen schienen sogar noch an Intensität dazu zu gewinnen, je länger er versucht sich dagegen zu wehren. Tatsuro murrte frustriert. Er war wirklich ein erbärmlicher Schwächling! Es war ein Mix aus steigender Erregung und Wut auf sich selbst, der in ihm zu brodeln begann, als er abermals einen Laut der Hingabe nicht zügeln konnte und er folglich sämtliche Willensstärke heraufbeschwor die ihm noch geblieben war. "YU...KKE…" Kapitel 30: What is the right way? ---------------------------------- Kapitel 30: What is the right way? Yukke schlief nun seit mehr als einer halben Stunde und Tatsuro saß noch immer an seiner Seite. Er hatte es nicht fertig gebracht, ihn alleine zu lassen. Außerdem war sein Körper noch immer durchflutet von Adrenalin und seine Gedanken in solcher Aufruhr, das er einfach nur hell wach war. „Yukke“, es war das erste Wort, das ihm nach so langer Zeit wieder über die Lippen gekommen war. Jedoch würde der Umstand, der dazu geführt hatte, nicht gerade eine der heitersten Erinnerungen abgeben. Es hatte den Anschein erweckt, als hätte er Yukke, mit dem Vorbringen seines Namens, eine Ohrfeige verpasst, so völlig perplex hatte er ihn daraufhin angeschaut. Und auch wenn Tatsuro versuchte es sich zu erklären, so hatte der folgende und so plötzlich auftretende Gefühlswechsel seines Freundes, eine deutliche Verwirrung in ihm herauf beschworen. Mit einem Male, hatte ihn Yukke mit diesem leidig, verzweifelten Ausdruck auf seinem Gesicht angesehen und ihn um Verzeihung gebeten. Dieser hatte ihm gesagt, dass er es nicht gewollt hatte und es ihm so unendlich leid täte; es alles nur seine Schuld sei und er darum bitte, dass er ihm verzeihen könnte. Auch wenn sich Yukkes Verhalten, in seinen letzten wachen zwanzig Minuten, ihm gegenüber nicht gerade als für diesen üblich dargestellt hatte, war Tatsuro mit solch einer Reue darüber doch ziemlich überfordert. Und Yukke hatte nicht aufgehört sich zu endschuldigen, selbst dann nicht, als ihm schon die Tränen über das Gesicht liefen und sein Körper angefangen hatte so unsäglich zu zittern. Tatsuro hatte sich seiner annehmen wollen, doch Yukke hatte es nicht zugelassen, nur immer und immer wieder darum gebeten, dass er ihm seine Dummheit vergeben sollte. Es war wieder einer dieser Momente gewesen, wo sich Tatsuro verzweifelt gewünscht hatte, mehr von sich geben zu können, als nichtssagende Laute. Nur zu gern hätte er Yukke versichert, dass er ihm sein Handeln nicht nachtrug. Dass man in solch einem Zustand schon mal ein wenig die Kontrolle verlieren konnte, und er das nicht so eng sah. Doch dann sagte Yukke etwas, das ihn annehmen ließ, dass dieser sich nicht wegen der gerade eben ereigneten Begebenheit so reumütig zeigte. "Ich hätte es verstehen müssen.", waren seine letzten Worte, bevor er gänzlich in sich zusammengesunken und nicht viel später eingeschlafen war. Was hätte er denn verstehen müssen? Was quälte Yukke so sehr, dass er es einfach nicht zu überwinden schien? Ein leises Wimmern lenkte Tatsuros Aufmerksamkeit wieder auf seinen neben ihm liegenden Freund und erneut konnte er verfolgen, wie diesen sogar im Schlaf etwas nicht losließ und es ihm wieder diesen verzweifelten Ausdruck verlieh. Yukkes Wangen waren noch immer gerötet, von der Flut aus Tränen die erst versiegt waren, als der Schlaf ihn übermannt hatte. Doch schien auch er ihm nicht die nötige Ruhe verschaffen zu können. Wieder stahl sich eine Träne davon, als Vorhut der noch folgenden und es zerrte an Tatsuros Herz, dies mit ansehen zu müssen. Yukke hatte sich zusammengerollt, im Versuch sich so klein und unscheinbar wie möglich zu machen und nahm somit nicht viel der Oberfläche von Tatsuros Nachtlager ein, sodass er sich schließlich zu diesem legte. Ein weiteres, gedämpftes Wimmern und er rückte so nahe an Yukke heran, dass er ihn hätte in die Arme nehmen können, jedoch zögerte aus Angst etwas zu tun, was diesen nur noch mehr zusetzten würde. Stattdessen wischte er die feuchten Spuren von dessen Wangen und stich ihm beruhigend durch sein rotblondes Haar. Das Erste was Yukke wahrnahm, als er erwachte, war das Licht das in seinen Augen stach und der hämmernde Schmerz in seinem Kopf. Ein mattes Stöhnen rutschte ihm daraufhin über die trockenen Lippen, die er folglich versuchte mit seiner Zunge zu befeuchten, nur um festzustellen, dass er dringend etwas zu trinken brauchte. Langsam drehte er sich aus seiner Position und musste erkennen, dass es nicht sein Bett war, in welchem er sich befand. Ein weiterer Blick auf sein Umfeld zeigte ihm Tatsuro, der neben ihm ruhte und dem einige wirre Haarsträhnen über das friedlich, anmutende Gesicht gefallen waren. Und je länger sich Yukke dieses Bild verinnerliche, umso seltsamer wurde ihm. Mit einem Male kamen einige Bruchstücke des vorangegangenen Abends wieder in seinen Geist zurück. Zwar konnte er sich nicht mehr punktgenau an jede Kleinigkeit erinnern, aber er wusste noch gut genug, dass er eindeutig zu viel getrunken hatte. Und warum? Dieser Gedanke ließ eine unangenehme Wärme in ihm hochsteigen, und er fühlte sich ziemlich armselig. Es hatte ihn mitgenommen, das Tatsuro keine Nähe mehr zu ihm zu suchen schien, auch wenn er sich ihm sonst gegenüber recht unbefangen zeigte. Aber Yukke hatte sich nach mehr gesehnt und als er mit ansehen musste, wie sich Satochi so einfach das holen konnte, was er wollte, wurde er immer frustrierter. Er glaubte nicht, das Satochi sich aus demselben Motiv, wie es das seine gewesen wäre, auf Tatsuro fixiert hatte. Eher war der Alkohol der Urheber, warum er ihn nicht hatte los lassen wollen. Aber trotzdem! Und dann hatte er sich schließlich einfach so zu Tatsuro eingeladen. Sein Benehmen war wirklich mehr als lächerlich gewesen. Eine Regung von Tatsuro, ließ ihn seine Gedanken unterbrechen. Vielleicht sollte er erst einmal eine Dusche nehmen, um wieder richtig fit zu werden und Tatsuro somit noch etwas schlafen lassen. Leise und mit Bedacht verließ Yukke das Schlafzimmer und steuerte gradewegs das Bad an. Ein kurzer Blick in den Spiegel zeigte ihm das Ausmaß seiner Unmäßigkeit. Er sah wirklich ziemlich fertig aus. Folglich wandte er sich auch gleich wieder davon ab und senkte seinen Kopf soweit zum Wasserhahn des Waschbeckens, um erst einmal die Trockenheit in seinem Hals aufzulösen. Gemächlich befreiter er sich aus seiner recht zerknautschten Kleidung und stellte sich unter die Duschvorrichtung. Er zögerte ein wenig, bevor er den Hebel der Armatur, mit einem Ruck auf kalt lenkte und ihn schließlich nach oben schob. Ein eisiger Schwall brach daraufhin über ihm herein und ließ ihn schwer keuchen. Aber es war die beste Methode seinen Kreislauf gleich wieder richtig in Schwung zu bringen und so ertrug er diese Pein eisern, bevor er zu einer angenehmeren Temperatur wechselte. Erneut drifteten seine Gedanken zu den vorhin verworfenen Erinnerungen zurück. Hoffentlich würde Tatsuro es ihm nicht übel nehmen, das er sich so ungefragt hier niedergelassen hatte und ihn, so wie es aussah, auch noch um eine erholsame Nacht gebracht hatte, lag dieser doch, genau wie er zuvor, noch in seiner vorabendlichen Montur in seinem Bett. Es war als hätte er den Temperaturregler wieder auf eiskalt gestellt, als ihm einzelne Frequenzen ereilten, die ein unangenehmes Ziepen durch seinen Körper schickten. Hatte er das wirklich getan? War er Tatsuro in seinem Rausch, wirklich so auf den Leib gerückt, ohne darauf zu achten, wie dieser sich bei solch einer dreisten Inbesitznahme fühlen würde? Hatte er sich wahrhaftig so unmöglich aufgeführt?! Doch diese Gedanken war nichts im Vergleich mit der Erinnerung, die ihn folglich aus dem Gleichgewicht brachte. Tatsuro hatte gesprochen. In seinem Versuch sich seiner Beanspruchung zu entziehen, hatte er ihm beim Namen genannt. “Yu...kke...” Es hallte in seinem Kopf wieder. Yukke... Wann war das letzte Mal gewesen, das Tatsuro seinen Namen gesagt hatte? Diese Erinnerung wog schwer. Nun sah er sich auch vor Tatsuro; gestern. Wie er ihn um Verzeihung bat, da ihn all seine Schuldgefühle so plötzlich wieder eingeholt hatten. Das letzte Mal als Tatsuro seinen Namen sagte, war kurz vor diesem Unfall und das nur, weil er versucht hatte ihn davor bewahren zu wollen. Und bis jetzt hatte er ihm nichts darüber erzählt. Er konnte auch nicht einschätzen, ob Tatsuro mittlerweile selbst wieder wusste, wie es dazu gekommen war, denn er hatte ihn nie dazu befragt. Vielleicht wollte er auch nur darauf warten, dass er es ihm selbst mitteilte, doch bis jetzt hatte er diesen Gedanken einfach immer wieder verdrängt, da die Angst vor diesem Gespräch schlicht zu groß war. Er wollte sich einfach nicht noch einmal mit dieser unheilvollen Begebenheit konfrontiert sehen. Nicht so intensiv. Es war feige, das wusste er nur zu gut und es war unfair Tatsuro gegenüber, egal ob dieser sich nun wieder daran erinnern konnte oder nicht. Genau aus diesem Grund, hatte er seine Schuldgefühle auch nicht minimieren können. Eher hatten sie sich von seiner Furcht diesbezüglich genährt. All dies fand seinen Höhepunkt in der gestrigen Nacht, da er seinen durchweichten Geist, nicht mehr hatte zur Besonnenheit zwingen können. Es war alles zu viel geworden. Ein seichtes Klopfen, ließ Yukke erschrocken den Kopf in Richtung Tür drehen. “Bin..., bin gleich fertig...”, haspelte er daraufhin hervor und stellte die Dusche rasch wieder ab. Eilig griff er nach dem erstbesten Handtuch, das er erreichen konnte und legte es sich um die Hüften. Er wusste nicht, was genau Tatsuro von ihm wollte, also öffnete er die Tür und sah sich daraufhin mit einen Stapel Kleidung konfrontiert, den ihn Tatsuro entgegenhielt. Yukke fühlte sich ungemein unbeholfen, als er Tatsuro die Sachen abnahm und dieser ihm kurz zunickte und wieder verschwand. Er schloss die Tür hinter sich und setzte an sich abzutrocknen und sich einzukleiden. Es waren seinen Sachen, die ihm Tatsuro gegeben hatte, da er ja noch so einige davon in seinem Kleiderschrank beherbergte. Auch wenn sich Yukke gerade etwas matt fühlte, so musste er, ob der Tatsache, dass sie alle fein säuberlich zusammengelegt waren, doch etwas schmunzeln. Diese akkurate Ader hätte er Tatsuro gar nicht zugetraut. Aber wie sollte er ihm jetzt nur am besten gegenübertreten? Er hatte sich schließlich ziemlich abstrus verhalten und ihn sicherlich mit einigen Fragen zurückgelassen. Sollte er ihm endlich alles erzählen? Dann wäre er auch von einem großen Stück seiner quälenden Schuldgefühle befreit. Auf der anderen Seite, konnte es aber auch schief gehen. Sollte Tatsuro noch immer unwissend sein und ihm nach der Offenbarung seines wochenlangen Schweigen letztendlich vorwerfen, das er ihm anscheinend nicht wichtig genug sei, wenn er ihm diesen aufklärenden Fakt, so ungeniert vorenthalten konnte. Womöglich würde er daraufhin auch dem Glauben erliegen, das er sich nur aus eigenem Interesse um ihn gekümmert hatte. Nur weil er sich selbst wieder besser fühlen wollte, nach allem was vorgefallen war. Und wenn er ehrlich war, stimmte das sogar. Zumindest zu einem gewissen Teil. Aber das hieß nicht, das Tatsuro ihm egal war. War es ihm nie gewesen, das wusste Yukke. Auch in der Zeit ihrer Zerstrittenheit nicht. Warum sonst hätte er sich so viele, so unendlich viele Gedanken darüber gemacht, wenn er ihm völlig egal geworden wäre? Er hatte sich damals schützen wollen, um nicht noch mehr verletzt zu werden, und darüber hinaus nichts anderes mehr an sich herangelassen, wenn es Tatsuro betraf. Und nun, wo er wusste, warum es so weit gekommen war, fühlte er sich so unsäglich dumm und feige. Feige, weil er einfach nicht damit aufräumen konnte. Er Tatsuro nicht sagen konnte, was sich nach ihrem Gespräch im Park zugetragen hatte. Denn gerade jetzt, verliefen doch die meisten Dinge wieder in ihren altbekannten Bahnen. Sollte er dies etwa wieder zu Nichte machen? Der richtige Weg war einfach nicht zu erkennen. Sie saßen sich gegenüber, doch hatte Yukke Tatsuro bis jetzt nicht ins Gesicht sehen können und Tatsuro machte auch keine Anstalten, von sich aus etwas in Erfahrung bringen zu wollen. Also tranken sie ihren Kaffee und schwiegen, was Yukke aber auch nicht zu mehr innerer Ruhe verhalf. War Tatsuro sauer oder verletzt? Oder einfach nur irritiert darüber, was sich letzte Nacht zugetragen hatte? Wartete er nun darauf, dass er von sich aus mit erklären begann, oder sollte er sich doch lieber erst einmal bei ihm endschuldigen? Das Klingeln an der Tür ließ Tatsuro sich erheben und schon nach wenigen Minuten, konnte Yukke die Stimme von Miya vernehmen und war augenblicklich dankbar für dessen Erscheinen. Sie hätten sich wohl noch ewig so gegenüber gesessen, denn er hätte es wahrscheinlich eh nicht fertig gebracht etwas zu definieren. Vielleicht würde er das auch nie können und mit all der Last lernen müssen zu leben. Miya trat nun in die Kühe und musterte ihn mit prüfender Miene. "Ich weiß, eine Straßenlaterne strahlt mehr Sexappeal aus, als ich es gerade tue.", sprach Yukke den Gedanken aus, der Miya sicherlich gerade durch den Kopf gegangen war. Und als dieser einfach nur zu grinsen begann, sah er sich darin auch bestätigt. "Ich hab mir gedacht, ich bring dir deine Wagen gleich hier vorbei, da ich dir ja auch die Schlüssel wiedergeben muss." Mit diesen Worten händigte er Yukke den kleinen Bund aus und setzte schon an, sich wieder verabschieden zu wollen. "Ich will nicht länger stören, hab noch einiges zu tun.", erklärte er seinen kurzen Besuch und Yukke schaltete sofort, als er ihm folglich anbot ihn zu fahren, wenn er sich schon die Mühe gemacht hatte, extra hier her zu kommen. Tatsuro stand indes im Türstock und beobachtete die beiden Männer vor sich, ohne große Emotionen. Was sollte er auch tun? Er konnte Yukke ja nicht zwingen hier zu bleiben. Und das Yukkes Angebot Miya zu chauffieren in ihm den Eindruck erweckte, das dieser quasi zu flüchten versuchte, ließ ihn annehmen, das Yukke einfach nicht mit ihm reden wollte. Das musste er dann halt akzeptieren. Er konnte ja noch nicht einmal sagen, ob Yukke sich überhaupt noch an all das erinnerte, was gestern Nacht vorgefallen war. Vielleicht war er nur so wortkarg, weil es ihm im Großen und Ganzen peinlich war, dass er sich ihm einfach so aufgehalst hatte. Das diesem schnell etwas unangenehm sein konnte, war ja nichts Neues. Also folgte er seine beiden Freunden schließlich zur Tür, nachdem sie an ihm vorbei getreten waren und nahm die Verabschiedung von Miya entgegen, der daraufhin gleich in den Hausflur trat. Yukke war noch dabei sich seine Schuhe anzuziehen und als er sich wieder erhob, war er noch immer nicht in der Lage Tatsuro direkt anzusehen. "Ähm..., bis... Tut mir leid, dass ich dir solche Umstände gemacht habe. Ich werde es wieder gut machen." Damit setzte auch Yukke an die Wohnung zu verlassen und für einen winzigen Moment, kam in Tatsuro der Wunsch auf ihn zurückziehen zu wollen. Doch er tat es nicht. Stattdessen lauschte er dem Hall der Schritte seiner Freunde, bis nichts mehr zu hören war und erst dann schloss er die Tür wieder. Ein Scharren ließ ihn in Richtung seines Wohnzimmers blicken, um ihn daran zu erinnern, dass er hier jemanden fast vergessen hatte. Teto war eindeutig missgestimmt, als Tatsuro ihn befreite und zog es vor, diesen keiner Aufmerksamkeit zu würdigen, hatte er doch schon die ganze Nacht in der Küche zubringen müssen und das ohne seinen gewohnten Futterberg. Tatsuro folgte seinem kleinen Stubentiger mit den Blicken und musste kurzerhand über dessen Allüren schmunzeln. Er selbst setzte sich auf seine Couch und starrte etwas gedankenverloren vor sich hin. Was sollte er nun mit sich anstellen?  Er musste erst gegen vier zu Taira-san und nun war es gerade einmal kurz nach zwölf Uhr. * "Kann ich dich mal etwas fragen?" Yukke nahm seine Aufmerksamkeit nicht von der Straße, als er Miya ansprach. "Natürlich, um was geht es denn?" "Es ist wegen Tatsuro." Miya sagte nichts dazu, sondern nickte nur bedeutungsvoll mit seinem Kopf. Er konnte sich schon denken, dass etwas passiert sein musste, seit er vorhin Tatsuros mattes Gesicht erblickt hatte und er wieder einmal verfolgen konnte, wie ungelenk sich Yukke diesem gegenüber zeigte. "Glaubst du, er weiß mittlerweile, dass er wegen mir so viel durchstehen muss? Ich meine, dass er weiß, dass er diesen Unfall nur hatte, weil er mich schützen wollte?" Diese Frage hielt sich nun schon so lange in seinen Kopf auf, aber heute drängte sie sich wieder nachdrücklicher in den Vordergrund, als es ihm lieb war. Damals, nach dem Unfall, hatte ihnen der Arzt gesagt, dass es durchaus möglich sein könnte, das bei Tatsuro, durch seine Kopfverletzung, eine Art der Amnesie auftreten kann und sie sich nicht wundern sollten, wenn er sich an bestimmte Dinge oder Personen vorübergehend nicht mehr erinnern würde. Und auch wenn es aus ihm keinen guten Menschen machte, so hatte sich Yukke zu diesem Zeitpunkt irgendwo gewünscht, Tatsuro würde vergessen haben, dass er wegen ihm in diesem Zustand war. Später, als sie gesagt bekamen, das Tatsuro nicht sprechen könne und dieser sich folglich, so in sich zurückgezogen hatte, war der Gedanke zwar nicht erloschen, aber anderen Sorgen gewichen. Das lag nun alles glücklicherweise hinter ihnen und irgendwann hatte ihm Tatsuro einmal mitgeteilt, dass er sich an einige Sachen einfach nicht mehr so recht entsinnen könne, und er sich noch einmal für alles endschuldigte, was er ihm an Kummer bereitet habe. Das war nun schon einige Wochen her und wer konnte schon sagen, ob sich Tatsuro nun nicht doch schon an mehr erinnerte als zuvor? Er hatte immerhin seine Notizen gelesen, vielleicht nur ein paar, womöglich auch alle. Vielleicht wusste Tatsuro nun Bescheid und sagte trotzdem nichts, da er sehen wollte, wie lange sie mit der Ungewissheit, ihn angelogen zu haben, zurechtkommen würden? Yukke mochte gar nicht daran denken wollen, wenn dem so wäre. Er wollte nicht, das Tatsuro Miya und Satochi als halbherzige Freunde sah, nur weil sie wegen ihm die ganze Wahrheit zurückhielten, um ihm nicht in den Rücken zu fallen. Und er konnte sich vorstellen, dass es beiden nicht sonderlich gut dabei ging, einen Freund für einen anderen im Unklaren zu lassen. Genau das könnte auch der Grund sein, warum Tatsuro seinen vertrauten Umgang mit ihm allmählich wieder reduziert hatte. Er war womöglich einfach nur enttäuscht von ihm. Es war ein Spiel mit der Ungewissheit und bis jetzt hatte er nur Unruhe und ein beißendes, schlechtes Gewissen dabei gewonnen. „Was soll ich denn nur tun?“ Der flehende Unterton, welcher in Yukkes Frage mitschwang, und in welchem sich wohl auch etwas Hoffnung versteckt hielt, dass er ihm die ultimative Lösung seiner Sorgen würde mitteilen können, entging Miya nicht. Er konnte sich erinnern, dass sie sich schon einmal diese Frage gestellt hatten, aber nie genau sagen konnten, dass an ihren Mutmaßung diesbezüglich etwas Wahres dran wäre. Und er konnte es auch jetzt nicht. Tatsuro hatte ihm gegenüber nie etwas angeschnitten und wenn er so darüber nachdachte, hätte er auch gar nicht so recht gewusst, was er ihm darauf hätte antworten sollen. Yukke hatte ihn nie darum gebeten das, würde sich Tatsuro nach bestimmten Dingen bei ihm erkundigen wollen, er es ihm nicht sagen sollte. Doch Miya hätte Yukke auch nicht so einfach ausliefern können, zu viel hatte auch er durchmachen müssen und er wollte ihn auf keinen Fall vor Tatsuro bloßstellen. Nur musste er zugeben, dass er Tatsuro einfach nicht einschätzen konnte. Das konnte er früher schon nicht so recht, da Tatsuro einfach eine zu mannigfaltige Persönlichkeit besaß und nun schien er diese auch noch weiter ausgebaut zu haben. "Das kann ich dir nicht sagen.“, setzte Miya schließlich an, „Tatsuro, so wie er sich früher aufgeführt hat, hätte bestimmt schon längst nachgebohrt, aber der Tatsuro den wir jetzt vor uns haben, scheint mir nicht mehr ganz so unbedacht. Es sieht mir so aus, als habe er über die Zeit seines Leidensweges zu etwas mehr Tiefe gefunden. Vielleicht weiß er es, sagt aber nichts, weil er ahnt, dass du dir deshalb zu viele Vorwürfe machst. Vielleicht weiß er es nicht und macht sich deshalb auch gar keine Gedanken, weil er annimmt, das das was wir ihm darüber erzählten die ganze Wahrheit ist. Es kann aber auch sein, das er sich erinnert hat und das würde bedeuten, dass er weiß, dass wir nicht ehrlich zu ihm waren und er uns mit der Tatsache, uns darüber im Unklaren zu wissen, eine seiner unterschwelligen Lektionen erteilen will. Du kennst ihn gut genug, um zu wissen, dass er sich in solchen Belangen nur ungern etwas vormachen lässt." Yukke nickte verstehend. "Also sollte ich es einmal ansprechen? Wenn er es nicht weiß, ist es sein Recht es zu erfahren, meinst du?" "Die Endscheidung liegt bei dir. Ich will dir jetzt nicht einreden, dass du es ihm sagen musst, da ich mir vorstellen kann, welche Zweifel sich damit bei dir aufbauen. Ich rate dir auch nicht davon ab, da ich genauso gut weiß, wie sehr es dich beschäftigt. Ich könnte dir nur vorschlagen, dass ich es ihm sage, aber ich glaube nicht, dass du das möchtest." Eine Weile herrschte Schweigen zwischen ihnen. Nein, er wollte nicht das Tatsuro es von jemand anderen außer ihm gesagt bekam, auch wenn dies bedeutete, dass man ihm damit eine große Last nehmen würde, ohne das er selbst daran arbeiten hätte müssen. Jedoch sah er sich momentan noch immer nicht in Stande, sich ein Herz zu fassen und Tatsuro alles offen zu legen. Derzeit war einfach alles zu unstet, wenn er sich nur etwas ausgeglichener fühlen würde, bedurfte es vielleicht keiner so großen Überwindung. Aber woher sollte er diese positive Energie schöpfen können, das er, und sei es nur für einen Augenblick lang, Mut daraus gewinnen konnte? Derzeit fühlte er sich einfach nur ausgelaugt und träge und in diesem Zustand viel zu hilflos, um solch ein Vorhaben auch in Angriff nehmen zu können. Und das ließ er auch Miya wissen, der ihn, als der Freund der er war, nicht als Feigling abstempelt, sondern meinte, dass er ihm beistehen würde, egal wie er sich endscheiden sollte. Er hatte sich von Miya verabschiedet nachdem er ihn nach dessen Bitten, im Ginza Distrikt abgesetzte hatte und war auch gleich zu sich nach Hause gefahren, um sich noch etwas auszuruhen. Er fühlte sich noch immer ziemlich mitgenommen und unwohl. Letzteres hauptsächlich wegen Tatsuro. Mürrisch knurrte er, von seinem Sessel aus, in die Stille seines Wohnzimmers, als ihm wieder bewusst wurde, wie albern er sich diesem gegenüber aufgeführt hatte. Angefangen von gestern Abend, bis hin zu heute Morgen, wo er ihn einfach so hatte stehen lassen. Mit einen Griff zu seiner Linken holte er sich eines der Kissen von seiner Couch und platzierte es in seinem Schoß, sodass er seine Arme darum schließen konnte, um es ein wenig in seinem Frust knautschen zu können und schließlich sein Kopf darauf legte. Und dann kam es ihm wieder ein. Tatsuros Erfolg ihn beim Namen genannt zu haben. Doch hatte er nicht ein Wort dazu gesagt und Tatsuro glaube jetzt bestimmt auch noch, dass es ihm gar nicht mehr interessieren würde, wenn er Fortschritte machte. Dabei stimmte das weiß Gott nicht. Jetzt wo er sich dem Ganzen erst einmal so richtig bewusst wurde, fühlte er sich noch elendiger als zuvor. Tatsuro hatte seinen Namen gesagt und er hatte es nicht einmal für nötig gehalten ihn darauf anzusprechen. Er war wirklich einfach nur ein furchtbarer Freund! Auch wenn er ihm nicht alles offenlegen würde können, so sollte er doch wenigstens versuchen, nicht noch mehr Dinge anzuhäufen, die Tatsuro ihm auf irgendeine Art nachtragen könnte. Er wusste das Tatsuro auch heute wieder zu seiner Therapie gehen würde und auch wenn er ihn damit nicht gerade zu großer Freude bewegte, so könnte er doch einfach dort auf ihn warten, damit er sich wenigstens noch einmal bei ihm endschuldigen konnte. Sogleich kam ihm wieder die Erinnerung ein, als Tatsuro ihn damals hatte wissen lassen, das er es zwar wirklich nett finde, das er ihn stets begleitete, er das aber auch alleine schaffe würden und er sich nicht weiter bemühen müsse. Dies war wieder so ein Tag gewesen, wo er das Gefühl nicht losgeworden war, das Tatsuro ihn nicht mehr zu oft um sich haben wollte, egal wie freundlich dieser ihn daraufhin auch angelächelt hatte. Und nun, wo er so darüber nachdachte, war es auch gar nicht mehr so abwegig anzunehmen, das Tatsuro schon zu diesem Zeitpunkt wissen mochte, was ihm so schwer auf der Seele lag und so vehement an ihm nagte. Ein Blick auf die Uhr zeigte, dass es noch eine Stunde hin war, bis sich Tatsuro auf den Weg machen würde und er sich in der Zwischenzeit vielleicht schon einmal überlegen sollte, was er ihm überhaupt erzählen wollte, wenn er ihm schon so unerwartet auflauern würde. Nachdem er am Morgen noch den Anschein erweckt haben musste, einer Konfrontation mit ihm um jeden Preis aus dem Weg gehen zu wollen. Kapitel 31: I would let you know -------------------------------- Kapitel 31: I would let you know                       "So, meinst du?" Miya nahm das Gespräch seiner beiden Freunde nur am Rande wahr, während er an dem geöffneten Fenster von Satochis Wohnzimmer stand und in das abendliche Wolkenzelt blickt. Womöglich würde es heute noch Regen geben. "Was sagst du dazu Tatsuro?" "Warum...nicht." Ein zufriedenes Lächeln trat auf Miyas Lippen, als er die Stimme Tatsuros vernahm. Wenn dieser so weiter machen würde, dann könnten sie in naher Zukunft, womöglich schon wieder damit beginnen, an ihrer Musikkarriere zu arbeiten. Auch wenn dies vorerst noch mit kleinen Schritten zu handhaben wäre. Aber es war nicht mehr undenkbar und selbst wenn es seine Zeit brauchen würde, bis wieder alles zum Alten zurück finden würde, so freute er sich ehrlich über den Willen den Tatsuro nun zeigte. Ein Klirren ließ Miya sich wieder in den Raum wenden, wo er verfolgen konnte, wie Satochi nach einem seiner Couchkissen griff, um dieses bedenkenlos dazu zu nutzen, um die auf dem Tisch verlaufende Flüssigkeit davon abzuhalten, auf seinen Teppichboden zu tropfen. "Das kann man waschen.", erklärte er sein Handeln, seinen etwas verdutzt dreinblickenden Freunden, und setzte dazu an, sich und das mit Bier vollgesogene Kissen aus dem Raum zu entfernen. Miya richtete seine Aufmerksamkeit nun auf Tatsuro, der Yukke dabei beobachtete, wie dieser dazu über ging sämtliche Gegenstände von der Tischplatte zu entfernen, und Satochi folglich mitzuteilen, dass dieser gleich einen richtigen Lappen mitbringen solle, um den Rest der Sauerei ebenfalls wegwischen zu können. "Hältst du das mal bitte?" Yukke reichte Tatsuro zwei der geöffneten Flaschen und für einen winzigen Augenblick, in dem sich ihre Finger zufällig berührten, so kam es Miya vor, gefror das Bild das die beiden zeigte. Und eigentlich war es nichts, das zum Nachdenken anregen müsste, doch seit geraumer Zeit, hatte er schon mehrere solche Szenen einfangen können und es erinnerte ihn an etwas. Allerdings wirkte dieser Gedanke etwas befremdlich und vielleicht ließ er sich auch einfach nur von den Zeichen, die er zu sehen glaube, in die Irre führen. Letztendlich lag etwas ganz anderes hinter dem unsicher anmutenden Verhalten zwischen Yukke und Tatsuro. Er konnte es eben nicht genau zuordnen und so beschränkte er sich weiter darauf, diese Sache aus sicherer Distanz zu verfolgen. "So, alles wieder in Ordnung.", hörte er schließlich Satochi sagen und musste feststellen, dass er wohl völlig in Gedanken vertieft befunden hatte, und darüber gar nicht bemerkte, dass dieser wieder zurück ins Zimmer gekommen war. Ein weiterer Blick auf Yukke und Tatsuro zeigte, dass diese sich wieder auf ihren Plätzen befanden und nichts ließ mehr darauf schließen, dass das Verhältnis zwischen ihnen irgendetwas Seltsames umgab. "Ich glaub, ich werde mich dann auch wieder auf dem Heimweg machen.", meinte Yukke zwischen einen ausgiebigen Gähnen hindurch und ging dann dazu über, den minimalen Inhalt seiner vor ihm befindliche Flasche zu leeren, während man von Tatsuro vernehmen konnte, das er sich Yukke gleich anschließen würde. "Na, wenn das so ist, dann können wir uns ja ein Taxi teilen.", brachte sich nun auch Miya mit ein, dem der zuvor eingekommene Gedanke, zu seinen beiden Freunden, irgendwie nicht loslassen wollte. Vielleicht könnte er während der Fahrt noch etwas beobachten, das ihm etwas mehr Aufschluss zu dem momentanen Umgangen, der zwischen Yukke und Tatsuro herrschte, geben würde. "Miya, ich müsste da mal etwas mit dir bereden.", hörte er plötzlich Satochi neben sich sagen, und war erneut etwas überrascht, dass er gar nicht registriert hatte, dass dieser sich zu ihm gesellte. Er hörte wie Yukke die Taxibestellung gerade abwickelte, worauf Satochi ihn erneut ansprach und darum bat, das er doch noch ein wenig länger bleiben möge, da er gern etwas unter vier Augen mit ihm besprechen wollte. Fragend blickte er seinen Freund daraufhin an, der gerade seine Aufmerksamkeit über seine anderen beiden Gäste schweifen ließ, und dessen Gesicht dabei ein für Miya nicht zuzuordnendes Mienenspiel wiedergab. Und eigentlich wäre auch ihm danach, zurück in sein Apartment zu kehren, da auch ihn die Müdigkeit langsam aber sicher umgarnte, doch wenn Satochi sich so geheimnisvoll gab, dann schien ihn wirklich etwas Großes zu beschäftigen. Etwas das er anscheinend nicht mit Yukke und Tatsuro teilen konnte oder wollte. "Wenn es dir so wichtig ist, dann bleib ich halt noch.", gab er daraufhin Satochi zu verstehen, der ihm mit einem dankbar, breiten Lächeln bedachte. Es würden sich auch noch weitere Gelegenheiten finden, um den anderen Zweien etwas auf den Zahn fühlen zu können. Es dauerte an die 20 Minuten, bis es schließlich klingelte und Satochi von der Gegensprechanlage her verlauten ließ, das das Taxi unten warten würde. Nach weiteren fünf Minuten, fand sich Miya dann allein mit dem Herrn der Wohnung wieder und war ziemlich gespannt, was dieser ihm nun so Dringliches zu erzählen hatte. Doch als sich Satochi einfach wieder auf seine Couch sinken ließ, nachdem er Yukke und Tatsuro noch zur Tür gebracht und sich von diesen verabschiedet hatte, und sich bei ihm lediglich noch einmal erkundigte, ob er ihm noch etwas zu trinken anbieten könne, wurde es ihm allmählich zu bunt. "Was ist denn nun?!", brach es etwas ungehalten aus Miya hervor, der sich sogleich mit einem etwas verdutzt dreinblickenden Satochi konfrontiert sah. "Hm...?" "Du wolltest doch etwas mit mir besprechen, oder hab ich mir das nur eingebildet?" "Ach..., ach so..., das hab ich doch glatt irgendwie vergessen." Satochi erhob sich daraufhin etwas hastig und verließ das Wohnzimmer, nur um Sekunden später wieder in Selbigen zu erscheinen, geschmückt mit einer Plastiktüte in der rechten Hand, auf welcher der Name einer dieser trendigen Klamottenläden zu lesen war, von dem ihm auch Tatsuro schon einmal erzählt hatte. Folglich blickte Miya etwas skeptisch auf seinen Freund vor sich, da er sich nicht wirklich vorstellen konnte, was diese Tüte nun mit seinem erbetenen Verbleiben zu tun haben sollte. Seine Miene änderte sich auch nicht, als Satochi den Inhalt des Beutels ans Licht beförderte und ihn schließlich in seiner ganzen Form vor ihm präsentierte. "Glaubst du, dass mir diese Farbe steht?" Nun jedoch verfiel Miya in ein verwirrtest Blinzeln, da er sich gerade ziemlich veralbert vorkam. "Ist das jetzt ein Witz?", erkundigte er sich vorsichtshalber, da es ja durch aus noch möglich sein konnte, dass dies nur eine Verzögerungstaktik darstellte, da das was Satochi ihm sagen wollte, womöglich so prekär war, das er sich nicht so recht traute damit rauszurücken und durch diese Aktion versuchte sich seelisch darauf vorzubereiten. "Dann glaubst du, dass das Grün doch etwas zu aufdringlich wirkt?" Nein, Satochi schien es wirklich ernst mit der Vorführung seines Hoseneinkaufes zu meinen. Und dafür hatte er ihn ernsthaft unter vier Augen sprechen wollten? "Mein lieber Sato, ich glaube du hast einen wirklich, wirklich großen Vogel." Und diese Erkenntnis schäumte eine leichte Ungehaltenheit in Miya auf. "Also soll ich sie wieder zurückbringen? Ich war mir halt nicht sicher, aber schau mal, sie hat so coole Taschen und hier… ", dabei deutete er auf eine kleine Stickerei am Saum des linken Hosenbeines, "...ist die nicht witzig?“ "Sato, hast du mich ernsthaft darum gebeten hier zu bleiben, weil du dir nicht sicher warst, ob knatsch grüne Hose dich kleiden würden? Wenn das der Fall ist, dann sage ich dir, dass es mir persönlich völlig egal ist, ob du rumläufst wie eine Mooskugel" "Dann soll ich sie also doch behalten?" "Von mir aus bastle dir ne Tischdecke draus!" Miya war eindeutig zu müde für so ein Theater, denn eigentlich hätte er schon fast zu Hause sein können, in seinem Bett, aber stattdessen musste er sich hier über Hosen ereifern. Grüne Hosen! "Na ja, viel hat mir deine Meinung jetzt aber auch nicht gebracht. Vielleicht sollte ich doch Tatsuro dazu befragen, der ist eher mit der Materie vertraut.", gab Sato sichtlich unbeeindruckt von Miyas Laune wieder, und packte das Stück Stoff wieder zurück in die Plastiktüte. "Das hättest du doch auch gleich so machen können!" Mit diesem Satz erhob sich Miya von seinem Platz und suchte sich sein Handy herzu. "Du kannst auch gern hier übernachten, wenn du willst.", hörte er Satochi vorschlagen, reagierte aber nur mit einem Kopfschütteln als Antwort. "Es macht mir nichts aus, wenn du bleiben würdest." Kurz wühlte Satochi in seiner beachtlichen DVD Sammlung herum, bis er schließlich eine Hülle hervor zog und sie Miya mit verlockendem Unterton darbot. "Wir könnten uns einen deiner Lieblingsfilme ansehen.", trällerte er und schaukelte die Hülle leicht in seinen Händen hin und her. "Ist das nicht meine -Hachiko- DVD?" Abrupte Stille legte sich nach Miyas Frage über den Raum und er konnte verfolgen, wie sich seinem Gegenüber eine leichte Röte auf die Wangen legte. "Ähm..., das könnte durchaus möglich sein...", hörte er Satochi kurz darauf ertappt nuscheln. "Hab wohl irgendwie verpasst, sie dir wieder zu geben..." "Ich kann mich auch gar nicht entsinnen, dass ich sie dir überhaupt gegeben hatte. Falls du dich erinnern kannst, hab ich damit aufgehört dir Filme zu borgen, nachdem du mir damals meine limitierte Edition von  -Kumonosu-jō- in solch einem jämmerlichen Zustand zurückgegeben hast." "Ach..., trägst du mir das denn immer noch nach? Ich sagte doch, dass es mir Leid tut. Ich konnte doch nicht wissen, dass Sekundenkleber so hartnäckig sein kann. Ich hätte dir ja auch Ersatz besorgt, wenn das Teil nicht so schwer zu finden wäre." "Wo sich mir wieder die Frage stellt, was um alles in der Welt du überhaupt mit diesem Sekundenkleber vorhattest?! Und sie ist deshalb nicht mehr zu bekommen, weil es nur eine begrenzte Stückzahl davon gab, weshalb sie auch unter dem Begriff -Limitiert- zu handeln war!" "OK, OK! Ist ja schon gut. Das Thema müssen wir nicht noch einmal diskutieren. Die Beule von damals hat mir gereicht." Über diesen Gedanken legte sich Satochis Hand, wie automatisch an seinen Hinterkopf und fuhr bei der Erinnerung an die Schmerzen, verursacht durch eine, nach ihm geworfene, Sojasoßenflasche, über die damals getroffene Stelle. Zum Glück war diese Flasche aus Plastik gewesen, aber trotzdem noch hart genug, um Miyas Zorn an den Mann zu bringen. Letztendlich, war er aber immer noch stolz darauf, dass er überhaupt den Mut hatte aufbringen können, Miya sein Eigentum wieder zu geben, auch wenn es seinen eigentlichen Zweck nicht mehr erfüllen konnte. Er hätte es genauso gut auch verschwinden lassen können, was im Endeffekt, aber auf genau das gleiche hinausgelaufen wäre, hätte Miya sie irgendwann einmal wieder zurückverlangt. Na ja, immerhin hatte er etwas daraus gelernt. Erstens, das Sekundenkleber nicht sein bester Freund war, und Zweitens, dass man Miya nie eine schlechte Nachricht übermitteln sollte, wenn sich etwas in der Nähe befand, das man werfen konnte. Ein leichtes Seufzen, lenkte Satochis Augenmerk wieder auf seinen Freund, der gerade dabei war sein Handy wieder zuzuklappen und in seiner Jackentasche zu verstauen. "Na, von mir aus. Aber dafür will ich morgen ein ordentliches Frühstück vorgesetzt bekommen." Miyas Stimme hatte zwar noch immer einen mürrischen Unterton, doch wer ihn kannte sah die kleinen Zeichen, die es brauchte, um zu wissen, dass es knurriger klang, als es gemeint war. "Großartig.", grinste Satochi zufrieden. " Ich müsste sogar noch ein paar Chee-dos auf Lager haben." Es herrschte Schweigen. Wie so oft in letzter Zeit, wenn sie sich ohne Miya und Sato wiederfanden. Auch wenn es ihm stets ein unangenehmes Gefühl bescherte, so brachte es Yukke nicht fertig ein Gespräch anzufangen. Er hatte sich damals, wie vorgenommen, bei Tatsuro entschuldigt, und dieser hatte es angenommen, ohne auch nur die kleinste Merkwürdigkeit in seinem Verhalten hinterfragt zu haben. Und eigentlich, so dachte sich Yukke, sollte er mehr als froh darüber sein. Aber wenn er ehrlich war, dann marterte ihn diese Unwissenheit darüber, was in Tatsuro nach all dem so vor sich gehen musste, mehr als ihm lieb war. Er steckte fest. Noch immer. Er kam nicht los von dieser Unruhe, die ihn stets und ständig einzuholen wusste und ihm einfach nicht erlaubte, sich unter der Hoffnung, dass sich alles vielleicht von selbst lösen würde, zu verstecken. Er war eben einfach nicht der Typ, der solche Dinge abtun konnte und dann ganz selbstverständlich wieder zu seiner gewohnten Tagesordnung überging. Und genau diesen Wesenszug, verfluchte er in letzter Zeit aufs Äußerste an sich. Das Tatsuro ebenfalls keinen Ansatz zeigte, sich mit ihm unterhalten zu wollen, machte die gesamte Situation auch nicht erträglicher. Ihm kamen Miyas Worte wieder in den Sinn, "Was ist das dazwischen euch beiden?", hatte er ihn damals, vor dem Takoyagi Restaurant gefragt. Selbst wenn er ihm zu dieser Zeit eine Antwort hatte geben können, so war deren Inhalt zwar keine Lüge gewesen, aber irgendwie auch nicht die ganze Wahrheit. Er hatte Tatsuro vermisst und gedacht, dass sich dieses Gefühl nach einer geraumen Zeit wieder legen würde. Aber es war noch immer da, und in Momenten wie diesem, wo Tatsuro ihm so unlesbar erschien, wurde es sogar noch intensiver. "Wie geht es Teto?" Diese Frage wirkte so verloren im Dämmergrau des Fahrzeuges und der Lautlosigkeit seiner Insassen, das Yukke erst jetzt auffiel, das der Fahrer nicht einmal das Radio eingeschalten hatte. "Gut.", hörte er Tatsuro sagen, der anstatt sich ihm zuzuwenden, weiter in die vorbeieilende Nacht schaute, was Yukke nur damit deuten konnte, das Tatsuro keine Lust auf irgendeine Art von Smalltalk hatte. Also nickte er nur, als Zeichen verstanden zu haben, da ihm jedes weitere Wort, als zu viel erschien. Nicht mehr lange und sie würden Tatsuros Wohnhaus erreichen. Schon als sie die nur spärlich beleuchtete Straße zu dessen Parkplatz entlangfuhren, überkam Yukke erneut diese drängelnde Unruhe. Das Taxi hielt nur wenige Meter vom Hauseingang entfernt und das leise Klicken von Tatsuros Sicherheitsgurt, der sich löste, ließ Yukke unsicher schlucken. Er konnte Tatsuro doch nicht einfach so gehen lassen. Jetzt wäre eine Möglichkeit sich auszusprechen. Alle Karten auf den Tisch zu legen und sich endlich dem zu stellen, was ihn so gefangen hielt. Yukke verfolgte wie Tatsuro, seinen Teil der Fahrtkosten beglich, die Tür des Wagens öffnete, und hörte das Knirschen der winzigen Steine unter dessen Schuhen, als er seine Füße auf den dunklen Asphalt setzte. "Tatsuro...", polterte es plötzlich aus ihm heraus, ohne das er es hätte aufhalten können und er wusste nicht, ob es nun Mut oder Verzweiflung war, die ihn zu dieser Tat veranlasst hatte. Tatsuro hielt inne, wandte sich aber immer noch nicht zu ihm um, und genau diese ablehnende Haltung zwang Yukke wieder zurück in seine Fesseln und die Einsicht, dass er Tatsuro doch mehr mit seinem seltsamen Benehmen verletzt haben musste, als er sich vorstellen konnte. So war das Letzte, was er von diesem an jenem Abend mit nach Hause nehmen sollte, ein mattes „Ohyasumi.“ und ein Gefühl der Ohnmacht, als Tatsuro ohne weiteres nachfragen vollends ausstiegt und Yukke mit seinem Vorsatz, sich zu offenbaren, sitzen ließ. Wann war ihm eigentlich das letzte Mal so zum Heulen zu Mute gewesen? Es lag schon einige Zeit zurück, aber genau jetzt konnte er diesen Impuls wieder deutlich in sich ansteigen spüren. Er wollte Tatsuro nicht verletzten, und doch schien er mit allem was er tat, immer genau das zu erreichen. Ein dumpfes Klopfen drang durch den Innenraum des Wagens, doch schenkte Yukke dem keine große Beachtung. Erst als sich die Tür auf seiner Seite öffnete und eine verirrter Wirbel kühle Luft an ihm vorbei zog, richtete er seinen Blick wieder auf. Er war etwas überfordert mit Tatsuros Erscheinen, der ihn aus dunklen Augen anschaute und mit einer Kopfbewegung Richtung Wohnblock andeutete, das er, wenn er wollte, mit zu ihm kommen könne. Im Nachhinein konnte Yukke sich nicht mehr daran erinnern, wie er aus dem Taxi ausgestiegen war, nur das er sich plötzlich auf dem Parkplatz wiederfand, vor ihm Tatsuro. Es war der Moment gewesen, als dessen Lippen ein warmes Lächeln formten, als er nichts mehr dagegen tun konnte. Er spürte das Brennen in seinen Augen und Tatsuros liebevolle Berührung auf seiner Wange, als er sich der ersten Träne annahm. Es war das Aufleuchten eines Gedanken, der ihm sagte, dass er noch nie, so oft vor jemanden diese Schwäche gezeigt hatte, wie vor Tatsuro. Aber er schämte sich dessen nicht. Tatsuro hatte ihn nie damit aufgezogen und das tat er auch jetzt nicht. "Yukke." Tatsuro Stimme war leise, fast nur ein Flüstern und trotzdem war es genug, um ein leichtes Zittern durch seinen Körper zu schicken, bevor er sich in dessen Armen wiederfand und diese Geste auch sofort erwiderte. Wie hatte er es vermisst! Es war die Vehemenz dieser Erkenntnis, die ihm ein leichtes Keuchen entlockte. Viel zu sehr! Yukke vergrub sein Gesicht noch etwas mehr in Tatsuros Jacke, da er sich noch immer nicht sicher war, ob er nicht einfach nur träumte. Womöglich war er im Taxi eingeschlafen und all seine verqueren Gefühle trieben jetzt ihr unlauteres Spiel mit ihm. Er würde sich wahrlich elendig fühlen, sobald er aufwachen würde. Doch für diesen Moment, wollte er sich einfach nur von dieser Intensität einlullen lassen, und das aufnehmen, was ihm möglich war. Er merkte wie sich der Halt um seinen Körper etwas lockerte und er einen Laut des Protestes von sich geben wollte, als ihm deutlich wurde, dass es angefangen hatte zu regnen. " Na komm." Schon hatte ihn Tatsuro am Arm gepackt und mit sich gezogen, bis sie den vorläufigen Schutz, unter dem Schauer vor dem Eingang des Gebäudes erreichten, in welchem Tatsuro wohnte. Yukkes spüre, wie seine zuvor noch so zerrende Anspannung langsam von ihm abließ und von einem Schwall der Erleichterung aufgelöst wurde. Wortlos stiegen sie die Stufen empor, bis sie vor Tatsuros Wohnung angelangt waren, und dieser ihm bedeutete, dass er nur einen Augenblick warten sollte. Yukke wusste, dass Tatsuro nun erst einmal Teto aufspüren würde, damit der vorwitzige Kater keine Chance bekam, Yukke in leichte, aber ehrliche Panik versetzen zu können. Teto hatte nämlich die Eigenheit entwickelt, das, wenn er merkte das jemand zögerlich auf ihn reagierte, nur noch forscher an eben diese Person heranzutreten. Wohl um diese davon zu überzeugen, das man nichts weiter zu befürchten hätte, solange man sich seinen Regeln gemäß zu verhalten wusste. Doch auch wenn Yukke wusste, dass Teto einen durchaus liebenswerten Charakter besaß, so war ihm die Gewissheit, trotzdem etwas Abstand zwischen ihnen zu haben, am liebsten. Kurz darauf öffnete sich die Tür auch schon wieder, worauf Tatsuro Yukke, mit einem leichten Grinsen im Gesicht, vergewisserte, das das Raubtier gebändigt und verköstigt wäre. Tatsuros Worte waren noch immer schwach und man merkte, dass er ein um das andere Mal mit diesen zu kämpfen hatte, bis er sie formulieren konnte, doch ließ er sich davon nicht mehr entmutigen. Es waren solche Beobachtungen, die Yukke immer deutlicher machten, das Tatsuro seinem früheren Starrsinns wieder ein Stück entwachsen war, und je öfter er sich dem bewusst werden durfte, umso erbärmlicher kam er sich selbst vor. Yukke erinnerte sich daran, das er Tatsuro einmal mit einem Schmetterling verglichen hatte, und je mehr sich dieser nun von diesen alten, rostigen Fesseln lossagte, umso prächtiger wurden seine Farben, und umso mehr übermannte ihn die Empfindung, das er Tatsuro irgendwann einmal nicht mehr würde folgen können. Es war ein seltsames Gefühl und würde er es erklären müssen, er wüsste nicht wie. Es war einfach da und wuchs im Boden seiner Unsicherheit. „Yukke…alles OK?“ Da waren sie wieder, diese dunklen Augen, mit denen Tatsuro ihn so sorgenvoll bedachte, gefolgt von dieser fast schon schüchterne Berührung seiner Schulter, als habe Tatsuro Angst er könne ihn mit etwas mehr Intensität zerbrechen. Es waren Gesten wie diese, die Yukke wieder feige werden ließen, und seinen Vorsatz endlich alle Wahrheiten offen zu legen, durch das Verlangen diesen Moment nicht beschädigen zu wollen, überdecken ließ. Auch wenn er sich tief in seinem Inneren einen Narren schalte, so gab er sich der Befreiung, mit dem ihm seine Feigheit schon so oft geködert hatte, hin, und sperrte sein schlechtes Gewissen erneut hinter wacklige Mauern, von denen er wusste, das auch sie als bald wieder in sich zusammenfallen würden, je länger er dieses zerfressende Gefühl in seiner Seele toben ließ. Dem nur der Mut, sich seinen innersten Ängsten zu stellen, Einhalt gebieten würde können. Doch die Furcht, es könnte das letzte Mal sein, das er solch einen Augenblick mit Tatsuro in seine Erinnerungen aufnehmen durfte, kletterte beständig an seiner Entschlossenheit und dem Willen, ehrlich zu Tatsuro sein zu wollen hinauf, und legte stets dichte Schatten über sein Bestreben. Gleich einem Tuch, das man über einen Käfig mit einem wilden Tier zog, um es zum Schlafen zu bringen. Denn er wollte es einfach nicht missen wollen, dieses Gefühl. Es war ihm eh schon so rar geworden. Selbst wenn es egoistisch war, er wollte einfach nicht loslassen. Noch immer lag Tatsuros Blick auf ihm und mit einem Male erschien sich Yukke wieder so unendlich schwach im Vergleich zu diesem, das sich über seine Lippe ein freundloses Lächeln zog. Worauf sich der Druck auf seine Schulter leicht verstärkte und Yukke zu verstehen gab, das er ihm schon irgendeine Antwort schuldig wäre. Wie von selbst reichte seine Hand zu jener von Tatsuro, welche auf seiner Schulter ruhte, und legte die seine auf die seines Freundes, um für einen kurzen Augenblich, einfach nur die Wärme die er darüber aufnehmen konnte zu verinnerlichen. „Tatsuro…“ Es war dieser Ton, mit dem Yukke seinen Namen sprach und es war dieser Ausdruck in dessen Augen, der Tatsuro ein seltsam, bedrückendes Gefühl verschaffte und ihn mit einer leichten, doch unerklärlichen Angst erfüllte. „…versprich mir, egal was in Zukunft auch passieren wird, dass du mich nicht vergessen wirst.“ Es waren nicht die Worte die es hätten sein sollen, die hätten Klarheit schaffen sollen. Nein, es waren Worte geformt aus Gedanken heraus, die ihm das Herz stets so ungemein schwer machten. Die Vorstellung Tatsuro noch einmal zu verlieren. Auch wenn die Vorsehung diesmal noch ein Einsehen mit ihnen gezeigt hatte, war es doch eine Probe gewesen, die er kein weiteres Mal würde durchstehen können. Nie hatte er Schwereres ertragen müssen. Sich nie zuvor, so unendlich hilflos gefühlt, wie in den Monaten, wo er Tatsuro nicht erreichen konnte. Es war ein selbstsüchtiger Gedanke, doch irgendwie wollte er Tatsuro mit diesem Versprechen dazu zwingen, ihn nie wieder einfach so zurückzulassen. An seine Freundschaft zu ihm zu glauben und ihm die Unmissverständlichkeit offen zu lassen, das er nicht unfehlbar war, es nie sein würde. Er brauchte einfach einen Anker inmitten all dieser wogenden Zweifel, die ständig gegen seinen Optimismus peitschten, und ihn davon fern hielten sich Tatsuro zu stellen. Es war Paradox, denn letztendlich war nur Tatsuro in der Lage, ihm dieser Anker zu sein. „Yukke was…?“ Auch wenn unzählige Fragen in Tatsuro brannten, was sein Freund ihm mit dieser Bitte sagen wollte, hielt er inne, als er das stumme Flehen in dessen Augen, es nicht zu hinterfragen, erkennen konnte. Stattdessen zog er ihn erneut an sich heran und schloss ihn in eine weitere Umarmung. Es war das einfachste der Welt, Yukke zu versprechen, das, egal was auf ihrem weiteren Weg noch kommen möge, er sich seiner bewusst sein würde. War ihm das Denken an Yukke doch schon so lange ein ständiger Begleiter. Wenn er könnte, er würde ihm noch so vieles mehr versichern. Ihm endlich sagen, wie viel er ihm wirklich bedeutete. Wie tief der Wunsch in ihm verwurzelt war, ihn nie wieder loslassen zu wollen. Doch noch war alles so zerbrechlich zwischen ihnen und er wollte Yukke auf keinen Fall, mit solch einem Geständnis verschrecken. Es würde seine Zeit dauern, bis sie wieder an dem Punkt angelangt sein würden, an dem er damals, aus Dummheit heraus, fast alles zerstört hatte. Erst dann und womöglich noch ein Stück weiter, würde er den Mut aufbringen können es ihm zu sagen. Zu sagen das, wenn er wählen müsste zwischen ihm und dem vollkommenem Glück, das er sich ohne Zögern für ihn endscheiden würde. Da nur er im Stande sei dieses Gefühl in ihm aufflammen zu lassen und mit jener, intensiven Wärme auszufüllen. Nichts und Niemand sonst. Er würde ihn wissen lassen, dass er nur aus der Dunkelheit hatte zurückfinden können, weil er der Funken war, der ihn den Weg erkennen ließ. Er würde nicht mehr zögern. Kapitel 32: Maybe with some help -------------------------------- Kapitel 32: Maybe with some help                     Etwas unschlüssig schaute Miya auf Satochi, der gerade dabei war ihm eine Tasse Kaffee zu reichen, und dem sein schelmisches Grinsen einfach nicht von dem Lippen weichen wollte. „Und was ist, wenn wir uns irren? Was wenn wir damit ein totales Desaster losreißen? Dir ist schon bewusst, wo wir uns momentan mit unserer Band befinden, oder? Nämlich auf wackligem Boden, und jeder unbedachte Schritt könnte Folgen nach sich ziehen, die ich mir jetzt noch gar nicht ausmalen will. Die letzten Monate haben mir mehr als genug zu schaffen gemacht und…“ „Miya.“ „…ich bin schließlich auch nur aus Fleisch…“ „Miya!“ „…und Blut, irgendwann ist auch bei mir…“ „MIYA!“ Es war einem raschen Reflex zu verdanken, dass Miya, bei Satochis plötzlichem Ausbruch, nicht seine Kaffeetasse aus der Hand rutschte, worauf ihm aber ein murriges Grummeln darüber entwisch, das etwas von dem Inhalts nun über seine Finger ran, und zielstrebig auf seine Hose tropfte. „Was sollte das denn gerade?!“ Kurz räusperte sich Satochi, bevor er wieder das Wort an Miya richtete und ihm gleichzeitig ein Wischtuch reichte, damit dieser sich behelfen konnte. „Ich weiß sehr wohl, dass es ein Risiko mit sich bringt und ich sage ja auch nicht, dass wir auf Biegen und Brechen etwas herausfordern müssen. Alles was wir tun werden ist, ein paar Dinge in die gewünschte Richtung lenken und abwarten wohin es uns führen wird. Und sollten wir wirklich völlig danebengelegen haben, dann ziehen wir uns halt einfach wieder zurück. Vertrau mir, mein Plan ist gut durchdacht.“ Ja, genau darin lag für Miya auch das Problem. Es war Satochis Plan und er wusste nur zu gut, dass dessen Gedankengänge oft seltsame Formen annahmen, bei denen Miya des Öfteren davon ausging, dass dieser sie selbst manchmal gar nicht mehr nachvollziehen konnte. Auch wenn es ihm auf der Zunge lag seinen Freund dies wissen zu lassen, so gab er nur ein geschlagenes Seufzen von sich und nahm einen weiteren Schluck röstfeinsten Bohnenkaffee aus seiner Tasse. Er würde es sicher noch bereuen, dass er sich von Satochi hatte dazu überreden lassen. Ziellos tastet Yukke nach dem Störenfried, der ihn gerade aus seinen Träumen gerissen hatte und noch im Halbschlaf nahm er den Anruf entgegen, weshalb ihm auch nur ein müdes Nuscheln über die Lippen kam, was den Anrufer jedoch nicht zu irritieren wusste. „Yukke, mein Freund. Ich habe Neuigkeiten zu berichten.“, stürzte Satochi gleich auf ihn ein und auch ohne das Yukke ihn sah, war er sich sicher, dass dieser ein breites Grinsen im Gesicht trug, so euphorisch wie dieser sich gerade eben gab. „Hmmm…“ „Was heißt hier, hmmm? Jetzt werde endlich mal munter, es ist schon Neun Uhr durch.“ Ganz genau, es war erst kurz nach neun, was glaube Satochi eigentlich, wann er gestern ins Bett gekommen war, das er um solch eine Zeit, an einem freien Tag, schon auf den Bein sein sollte. „Hmmm…“ „Ok, da ich ja nun deine volle Aufmerksamkeit habe, sag ich dir was die große Neuigkeit ist. Wir machen für ein paar Tage einen kleinen Ausflug, und zwar nach…, na kannst du es erraten?“ „Uhhh…, sag es doch einfach Sato.“ Yukke war eindeutig nicht aufgeweckt genug, um auf die Ratespiele seines Freundes eingehen zu wollen, und hoffte inständig das dieser ihm nun ohne weitere, große Heimlichtuerei sagen würde, welches Ziel ihn so in kindliche Vorfreude versetzte. „Okinawa! Na, was sagst du dazu? Wir haben uns bereits um alles gekümmert und schon morgen geht es los. Also raus aus den Federn. Pack deine Koffer und sag Tatsuro Bescheid. Ach und vergesse die Badehose nicht.“ Das Knacken in der Leitung, dass Yukke sagte das Satochi einfach aufgelegt hatte, ohne dass er hätte etwas zu all dem sagen können, ließ ihn etwas perplex auf sein Telefon starren. Nun war er definitiv munter und nach kurzem Umblicken, war ihm dann auch wieder bewusst, dass er sich nicht bei sich zu Hause befand. Es war Tatsuros Schlafzimmer und so wie es aussah, hatte dieser ihm wieder gänzlich sein Bett überlassen und sich selbst wohl auf seine viel zu kleine Couch zum Schlafen gelegt.   So sehr er diese Geste auch liebenswert fand, so rasch stieg auch das schlechte Gewissen in ihm hoch, das er Tatsuro durch seine Anwesenheit dazu gezwungen hatte, eine wohl recht unruhige Nacht verbringen zu müssen. Er hingegen hatte wirklich gut geruht. Nachdem er Tatsuro dieses Versprechen hatte abnehmen können, und ihm damit eine kleine Last von den Schultern genommen worden war. Darauf hatte ihn eine Müdigkeit übermannt, dass er sich nur noch daran erinnern konnte, wie er sich hatte im Wohnzimmer auf die Couch sinken lassen. Er war dann auch sofort eingeschlafen, was bedeutete das Tatsuro ihn daraufhin auch noch hier her geschleppt haben musste. Natürlich war er sich darüber bewusst, dass er Tatsuro mit seiner kryptischen Bitte ziemlich verwirrt haben musste, und dieser sich nie darauf eingelassen hätte, wenn ihm der wahre Hintergrund dazu bewusst gewesen wäre. Aber nichtsdestotrotz, half ihm diese etwas unstete Illusion sich doch ein Stück weit befreiter zu fühlen. Er war Tatsuro wirklich dankbar, dass er es nicht weiter erörtert haben wollte. Zumindest für jetzt. Rasch erspähte Yukke seine Kleidung, die über einem Stuhl nicht unweit vom Bett entfern lag und leicht Hitze wallte in ihm auf, als er sich verinnerlichte, das Tatsuro ihm diese ausgezogen haben musste. „Mein Gott! Jetzt stell dich nicht so an!“, moserte Yukke über seine recht alberne Reaktion und stieg in seine Hose, gefolgt von T-Shirt und Sweater. Nach einem kurzen Abstecher ins Bad, trat Yukke leise an das Wohnzimmer heran und öffnete vorsichtig die Tür. Seit er aufgestanden war, hatte er keinen Laut vernommen, der ihm bestätigt hätte, das Tatsuro ebenfalls schon munter war und so hielt er es für angebracht, sich erst einmal so lautlos wie möglich zu verhalten. Und wahrlich; Tatsuro schlief noch immer tief und fest und das in einer recht eigenwilligen Position. Yukke blinzelte kurz, ob der fast schon akrobatisch anmutenden Pose, die sein Freund da eingenommen hatte,  und fand es schon erstaunlich, dass dieser es überhaupt irgendwie zu managen gewusst hatte, sich auf diesen paar Zoll Polstermöbel einrichten zu können. Ein leises Murmeln triftete nun von Tatsuro zu ihm heran, worauf sich dieser auch zu rühren begann, wohl um sich in eine andere Stellage bringen zu wollen. Doch so wie Yukke es von seinem Standpunkt aus beurteilen konnte, würde diese Aktion wohl etwas anders enden, als wie es sich Tatsuros verschlafener Bewegungsdrang gedacht hatte. Mit ein paar schnellen Schritten, war er an der Couch angelangt und konnte gerad noch so verhindern, das Tatsuro unsanft auf dem Boden aufkam. Stattdessen fand er sich halb auf Yusuke wieder und wüsste dieser nicht um die eigenwilligen Schlafgewohnheiten seines alten Freundes, würde er glauben, das Tatsuro ihn gerade ziemlich verschaukeln wollte. Da dieser einfach weiter schlief, ohne das er überhaupt aufgewacht wäre. Mit einem amüsierten Kopfschütteln, ergab sich Yukke diesem etwas überraschenden Ergebnis seiner Rettungsaktion und ließ Tatsuro wo er war. Ihm selbst blieb nur die Möglichkeit sich nach hinten zu lehnen und die Zeit damit zu vertun, an die weiß getünchte Decke des Wohnzimmers zu schauen. Vielleicht sollte er versuchen ebenfalls noch einmal ein Auge zu zutun. zzzZZZ Ein leises Brummen drang an Yukkes Ohr und ließ ihn langsam wieder zurück in die Realität finden. War er also doch noch einmal weggetriftet. Noch immer befand sich dieses befremdliche Geräusch um ihn herum und je mehr er sich zu bewegen begann, umso intensiver schien es zu werden. Ein leichter Schleier aus Schlaf hing noch vor seinen Augen, als er diese langsam öffnete, dass es ihm somit noch etwas die Sicht auf sein Umfeld verklärte. Das Erste was er jedoch wahrnahm, als sich der Schlaf vollends gelichtet hatte, waren zwei grün-gelbe Augen. Teto hatte sich genau an Yukkes Kopf platziert und musterte diesen nun mit einem Mix aus Neugier und augenscheinlicher Abenteuerlust. Hätte es jemand beobachten könne, hätte er vielleicht gesagt, dass er noch nie einen Menschen so schnell hatte aufstehen sehen, wie es Yusuke in diesem Moment getan hatte.   Aber bis auf Teto, hatte niemand sein hektisches nach oben und davonhasten verfolgt, welcher, wenn Yukke es nicht besser wüsste, ihn gerade mit einem belustigten Grinsen über seine Panik bedachte. Am Rande nahm Yukke nun das Grummeln von Tatsuro wahr, welchen er bei seiner ruckartigen Flucht von sich gestoßen hatte, was diesen letztendlich doch noch unsanft auf dem Fußboden hatte enden lassen. „Was zum…“ Tatsuro schien deutlich missgestimmt, über diesen abrupten Ausklang seines Schlafes, doch schwenkte seine Laune in ehrliches Erstaunen über, als er Yukke hinter dem großen Figus ausmachen konnte, den er bei seinem Wiedereinzug in seine Residenz von Tsukahara-san geschenkt bekommen hatte. Und welcher jetzt einem recht beklommen wirkenden Yukke, als Abstandhalter diente. Denn genau vor diesem Blätterwall hatte sich Teto platzier und beobachtete jede noch so kleine Bewegung, die Yukke im Begriff war zu tun. Vielleicht, so kam es Yukke in den Sinn, wollte sich Teto jetzt einmal an ihm rächen, da er immer den Grund darstellte, das er stets weggesperrt wurde, sobald er diese vier Wände hier betrat. Von Tatsuros Erzählungen her wusste er nämlich, das Teto stets etwas missmutig gestimmt war, wenn man ihn erneut auf nur einen geringen Teil seines gesamten Hoheitsgebietes beschränkt hatte, und das, so dachte sich es Teto bestimmt, nur wegen so einem lahmen Zweibeiner. Mit langsamen und geschmeidigen Schritten näherte sich Teto nun Yukke, wie es Katzen taten die sich an Beute heranpirschten und genau das war eine Tatsache die Yusuke so gar nicht gefallen wollte. Er wusste das Tatsuro mittlerweile munter war, nur wagte er es nicht seinen Blick in eine andere Richtung, als die von Teto zu schicken. „Ähm…Tatsuro?“ Erst jetzt besann sich dieser dem eigentlich Szenario wieder und anstatt nun auf Teto zuzustürmen und diesen wieder einzufangen, klopfte er einfach mit der flachen Hand auf das Couchpolster. Durch das Vorbringen von Tetos Namen, ließ der Kater augenblicklich von seinem Tun ab, um daraufhin freudig auf sein Herrchen zuzueilen, und sich ein paar Streicheleinheiten abzuholen. „Du bist mir… ja einer.“, sprach Tatsuro auf seinen vierbeinigen Freund ein und kraulte ihn innig hinter den Ohren. Sicher, dass er Teto nun auf seine Arme nehmen konnte, hob er den Kater an und trug ihn zurück in die Küche, wo er ihn mit etwas Futter abzulenken vermochte. Zurück im Wohnzimmer und von Teto durch zwei geschlossene Türen getrennt, machte er Yukke nun auf der Couch aus und konnte sich ein mitfühlendes Schmunzeln nicht verkneifen. Natürlich war es für Yukke ein Schreck gewesen, aber wie er da vorhin so hilfesuchend aus dem Laubwerk geschaut hatte, das war schon ein Anblick gewesen, den er einfach umstandslos, als niedlich bezeichnen musste. „Geht´s dir gut?“, erkundigte er sich schließlich bei ihm, worauf dieser ihm ein etwas schiefes Lächeln entgegen brachte. „Ja, alles ok, …und tut mir leid, dass ich dich so grob aus dem Schlaf gerissen habe.“ „Ah, keine… Sorge. Tut mir leid…das Teto dich so…erschreckt hat.“ Bei genauerer Überlegung musste sich Tatsuro allerdings schon fragen, wie Yukke ihn überhaupt so hatte wecken können, aber das konnte er auch später noch in Erfahrung bringen. Jetzt verspürte er erst einmal Hunger, und ein Blick auf die Zeitanzeige seines DVD-Players sagte ihm, dass es ja auch schon fast Zwölf Uhr war. „Da fällt mir ein, Sato hat vorhin angerufen.“, erklärte Yukke nun etwas hastig, worauf ihn Tatsuro einen fragenden Blick schenkte. „Er sagte, dass wir einen Ausflug machen würden, und zwar schon morgen. Er und Miya haben doch tatsächlich einen Trip nach Okinawa eingefädelt. Ich weiß echt nicht was in sie gefahren sein muss, denn wenn ich mir überlege, wann wir gestern von Sato weg sind, dann müssen die zwei das noch mitten in der Nacht ausgeheckt haben.“  Etwas fassungslos schüttelte Yukke daraufhin seinen Kopf. „Wenn da mal nicht Freund Alkohol seine Finger mit im Spiel hatte, aber nun ist es auch zu spät sich großartig darüber Gedanken zu machen. Letztendlich hätte ich ja auch nicht wirklich etwas dagegen, mal wieder woanders hinzukommen. Oder was meinst du?“ Die Nachricht schon morgen für einige Zeit verreisen zu wollen, kam doch etwas überraschend für Tatsuro, gäbe es doch so dies und das was es zuvor noch zu erledigen galt.  Zum Beispiel die Versorgung von Teto und womöglich müsste er sogar noch eine Ladung Wäsche waschen, damit er auch etwas zum Mitnehmen hatte. „Also, das…kommt ein wenig… plötzlich.“ Nicht, dass er gegen ein wenig Abwechslung etwas einzuwenden hätte, aber konnte Satochi so etwas nicht zuerst mit ihnen absprechen, bevor er solche Ideen in die Wege leitete? Und was war da nur mit Miya los gewesen? Sollte dieser auf wundersame Weise, doch noch dem Drang nach jugendlichem Freigeist erlegen sein? Denn eigentlich war dieser doch der Erste, der solche Aktion immer in Grund und Boden reden konnte, und diesmal sollte er tatsächlich selbst einer der Drahtzieher sein? Irgendwas stimmte doch da nicht ganz. Yukke schien seinen Gedankengängen gefolgt zu sein, konnte ihm aber auf seinen skeptischen Blick, auch nur ein ratloses Schulterzucken zukommen lassen. „Vielleicht haben die letzten Monate Miya ebenfalls etwas verändert.“, führte Yukke schließlich seine Überlegung dazu fort, was Tatsuro einen nachdenklichen Gesichtsausdruck annehmen ließ. „Erklärst…du es mir?“ Etwas verwundert schaute Yukke Tatsuro auf dessen Frage hin an. Es war dieser befangene Ausdruck den sein Gesicht wiederspiegelte, der Yukke erkennen ließ, das er mit seiner Feststellung zu Miya wohl etwas angesprochen hatte, das Tatsuro zu verunsichern schien. Mit einer einfachen Geste, deutete er an, das Tatsuro sich neben ihn setzten sollte, da er diese, wenn auch nur spärliche Distanz, nicht zwischen ihnen wissen wollte, wenn sie solch ein Gespräch führen würden. Tatsuro folgte seiner Bitte glücklicherweise widerstandslos, was schon einmal ein gutes Zeichen war. „Ich wollte damit nur sagen, das Miya vielleicht einige Dinge bewusst geworden sind. Du kennst ihn ja. Er ließ nie gern etwas zu, das ihm vielleicht aus den Händen hätte gleiten können. Aus diesem Grund ist er ja auch der Kopf unserer Chaotentruppe.“ Diese Erkenntnis brachte sie beide ein wenig zum Lächeln. „Doch womöglich hat er gemerkt, dass es so viele Dinge im Leben gibt, die man einfach nicht beeinflussen kann, egal wie viele Regeln man sich auch aufgestellt hat. In dieser ganzen schweren Zeit, hat er versucht keine Schwäche zu zeigen, doch weiß ich von Sato, dass es ihm unendlich viel seiner Kraft gekostet hat. Mehr als ich es mir wohl vorstellen kann.“ Kurz hielt Yukke in seiner Ausführung inne, bei der Erinnerung an dieses so hoffnungslos erscheinende Kapitel ihrer Freundschaft, das ihnen allen so unglaublich viel abverlangt hatte. „Was ich aber eigentlich sagen will…“, setzte er schließlich weiter fort, „…ist, dass er vielleicht gelernt hat, ein wenig mehr zu vertrauen, mehr zuzulassen. Wenn uns all die dunklen Tage etwas beigebracht haben, dann ist es die Tatsache, dass wir stets für einander da sein werden. Egal wie viele vom Schicksal gebaute Barrieren versuchen werden,  uns auf unseren Weg in die Zukunft ins Straucheln und Stocken zu bringen. Zusammen werden wir diese Hindernisse überwältigen können, das steht für mich fest. Ich weiß, es hört sich albern an, aber ich bin unbeschreiblich glücklich, dass ich solche Freunde an meiner Seite habe, und es gäbe nichts, womit man diese Bindung aufwiegen könnte. Miya geht es am Ende vielleicht nicht anders. Er hat womöglich gesehen, dass er nicht für alles allein einstehen muss, sondern dass er wirklich ernsthaft auf seine Freunde zählen kann. Dieses Wissen hat ihn eventuell dazu beflügelt, sich von Sato zu dieser impulsiv Idee hinreißen zu lassen.“ Wieder lächelte Yukke aufmunternd. „Tatsuro, rede dir bitte nicht ein, das du bei uns etwas wieder gutzumachen hättest, du bist uns überhaupt nichts schuldig, verstanden? Alles was wir füreinander tun, machen wir, weil es uns das wert ist und nicht, weil wir unsere eigene Brauchbarkeit  mit guten Taten aufstocken wollen. Du musst für mich…, ich meine für uns… Du musst für uns nicht perfekt sein.“ Über seine gesamte Ansprache hin hatte Yukke versucht Stolpersteinen auszuweichen und nun hatte er sich doch wieder in eine Peinlichkeit hineingeredet, worauf ihm nur das abrupte senken seines nun ziemlich erhitzen Kopfes als Option in den Sinn kam. Jedoch nicht von der, für ihn, nun etwas unangenehme Situation an sich abzulenken vermochte. Für einen Augenblick herrschte erneute Stille, die nur weiter dazu beitrug, dass sich Yukke ziemlich alberner fühlte. Es war diese kurze und so zaghafte Berührung von Tatsuros Lippen auf seiner Wange, die Yukkes Körper mit einem noch intensiveren Schwall Wärme flutete und dieses Eine Wort, das ihm wissen ließ, das ihn Tatsuro verstanden hatte. „Danke.“ *** „Halb Neun.“, ließ Miya die Uhrzeit verlauten, nach der sich Satochi nun wohl schon zum zwanzigsten Male erkundigt hatte. „Ob sie verschlafen haben? Oder, ob mich Yukke falsch verstanden hat? Aber was gibt es an, ...seid ja pünktlich, unser Flieger geht um halb zehn, falsch zu verstehen? Vielleicht sollte ich ihn mal anrufen.“ Schon im Begriff sein Handy aus seiner Tasche zu ziehen, hielt ihn Miya kurzerhand davon ab. „Jetzt mach mal nicht so eine Hektik, es bleibt noch eine Stunde, sie werden schon auftauchen. Warum bist du überhaupt so aufgeregt? Es ist ja fast so, als würdest du zum ersten Mal in deinem Leben so eine Tour machen.“ Das unheilvolle nach oben streben von Satochis Mundwinkeln, ließ Miya jedoch davon abstandhalten sich noch weiter über dessen Benehmen zu erkundigen, da er eh schon ein mulmiges Gefühl mit sich herum schleppte, seit sie diesen Ausflug eingefädelt hatten. Genau in Momenten wie diesem, hörte er seinen Verstand erneut aufs eindringlichste fragen, was um alles in der Welt er sich dabei gedacht habe, bei diesem Brimborium mitzuwirken. Satochi hatte ihm so halb und halb erklärt, was er sich so in seinem verqueren Geist ausgedacht hatte, und welche Ergebnisse er sich erhoffte.   Ja und nun gab es auch für ihn kein Zurück mehr. Er war quasi zum Komplizen verdonnert worden, je länger er sich Satochis Reden angehört und je weniger er diesem widersprochen hatte. Aber vielleicht, und das marterte Miya doch mehr als ihm lieb war, konnten sie ja doch etwas herausfinden, das ihre Theorie unterstützen würde. Er war schon sichtlich überrascht gewesen, als ihm Satochi gestern, zwischen einem Mund voller Getreidecracker und einem großzügigen Schluss Hopfengetränk, seine Vermutung mitteilte, das er annähme, dass da irgendwas zwischen Yukke und Tatsuro zu laufen schien. Natürlich hatte auch er keine konkreten Anhaltspunkte wiedergeben können, nur waren auch ihm die einen oder anderen Beobachtungen untergekommen, die ihn etwas nachdenklich gestimmt hatten. So hatte sich auch die Aktion mit Satochis grasgrünen Hosen erklären lassen. Wenn er erneut darüber nachdachte, war es doch so unverwechselbar Satochi gewesen, ihn mit dieser sinnfreien Vorführung davon abzubringen zu wollen, sich mit dem Teilen eines Taxis zwischen Yukke und Tatsuro drängeln zu können und damit womöglich etwas Ausschlaggebendes in deren Beziehung zu verhindern. Und sei dies nur durch seine Anwesenheit gewesen. Er musste zugeben, dass er sich schon ein wenig erleichtert gefühlt hatte, das er nicht der einzige war dem das etwas unbeholfene Verhalten seiner beiden Freunde irgendwie seltsam erschien und so hatten sie noch stundenlang Thesen und Beobachtungen zu diesem Thema ausgetauscht, bis Satochi die Idee mit dem „Etwas Nachhelfen“ gekommen war. Er selbst hielt davon Abstand, sich zu sehr in diese Sache hineinzusteigern, denn noch blieb die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich irrten. Umso perplexer war er gewesen, als ihm Satochi gestern beim Frühstück auf seine unbedarfte Weise mitgeteilt hatte, das er für sie alle einen Kurzurlaub gebucht habe. Den Teil, das es gar nicht so einfach gewesen sei, so kurzfristig etwas in dieser Kategorie zu finden, hatte er nur nebenbei mit verfolgt, da er über den stürmischen Einsatz seines Freundes doch erst einmal geplättet war. Und nun saß er hier auf seinem Koffer und haarte der Dinge die da noch kommen sollten. Vielleicht sollte er sich einfach nicht ganz so viele Gedanken darüber machen. „Ahhhh, da sind sie ja!“, hörte er mit einem Male Satochi rufen und folgte dessen Blick, der ihre beiden Freunde in der Menge erspäht hatte. Mit einem für Satochi noch dezenten Ausruf, der auf ihren Standort hinweisen sollte und dem recht energischem Armerudern, war es für Yukke und Tatsuro ein Leichtes zu ausfindig zu machen. Wobei sich Miya, als er die Blicke der anderen Reisenden auf sie gerichtet spürte, am liebsten auf und davon gemacht hätte. Hoffentlich würde er die nächsten Tage auch dazu kommen, diesen Ausflug genießen zu können, und nicht von Satochi von einer peinlichen Situation in die nächste geworfen werden. „Ihr habt euch aber ganz schön Zeit gelassen!“, verkündete dieser nun mahnend. “Oder ist euch beiden noch was aufreibendes dazwischen gekommen?“ Zweideutig zwinkerte Sato seinen Freunden nach dieser Frage zu, was Miya nur mit einem verschämten Kopfschütteln abtun konnte. Worauf hatte er sich da nur wieder eingelassen? Tatsuro und Yukke hingegen schienen diese Frage nur dem üblichen Nonsens, der des Öfteren aus Satochi zu sprudeln begann, zuzuschreiben und erklären ihm daraufhin, das ihr Taxi durch eine Umleitung, einfach mit etwas Verspätung hier angekommen sei. Miya sah Satochi deutlich an, das er solch eine Erklärung mehr als langweilig empfand, sodass er dazu überging die Flugtickets zu verteilen. „Also Yukke und Miya sitzen in dieser Reihe und ich und Tatsuro sitzen dann in dieser.“, informierte er seine Freunde, beim Verteilen und achtete dabei genau auf jede noch so kleine Regung in den Gesichtern von Tatsuro und Yusuke, ob sich dort nicht etwas Verräterisches wiederspiegeln würde. Doch wurde er auch diesmal nicht zufrieden gestellt. Wenigstens ein kleiner Protest der beiden, hätte ihm gereicht, aber anstatt ihn anzuflehen ihre Plätze so tauschen zu können, das sie nicht getrennt werden würden, nickte beide widerstandslos und strebten darauf den Check In an. Auch Miya hatte sein Gepäck wieder aufgenommen und klopfte Satochi im Vorbeigehen aufmunternd auf die Schulter. Ein kurzes Schnaufen entwisch diesem darauf, und eilig schnappte er sich seine Tasche und folge seinen Freunden. So leicht würde er sich nicht geschlagen geben. Oh nein! Er hatte schließlich einen Plan. Es dauerte gute zwei Stunde, bis ihr Flugzeug den Flughafen von Miyako-jiima erreicht hatte und  ihnen beim Aussteigen aus der Maschine, ein deutlich wärmeres Klima entgegenschlug, als das was sie in Tokyo zurückgelassen hatten. Es war Yukke, der ihn besorgt anblickte, und Tatsuro musste schon ein wenig darüber schmunzeln, wie sensibilisiert sie in der letzten Zeit waren, wenn es um den jeweils anderen ging. Noch bevor Yukke sich erkundigen konnte, ob mit ihm alles in Ordnung wäre, versicherte er diesem, dass er nur ein wenig Kopfschmerzen hätte, es aber nichts Besorgniserregendes sei. Sein Körper musste sich wohl nach dieser anstrengenden Zeit erst einmal wieder an das ein oder andere gewöhnen. Die Tatsache, dass es Tatsuro nicht so gut ging, machte auch Miya und Satochi hellhörig und nun fand er sich umringt von den sorgenvollen Blicken seiner Freunde. Die bezogen auf das jeweilige Gesicht, doch recht unterschiedlich anmuteten, und man bei Miya wohl nur erkannte das er Besorgnis verdeutlichen wollte, wenn man ihn und seine etwas farblose Palette der gefühlsbetonten Emotion zu deuten wusste. Yukke hingegen wirkte selbst immer so verletzlich, wenn er merkte das es einem unwohl sein könnte, das Tatsuro ständig diesen Drang verspürte, Yukke so schnell wie möglich davon zu überzeugen, das alles in Ordnung sei. Nur um ihm diesen unruhigen Ausdruck wieder nehmen zu können. Es war an der Zeit, das dieser endlich wieder so unbefangen wie früher sein konnte, wenn sie zusammen unterwegs waren. Doch noch bevor er sich diesen Gedanken vollends verinnerlicht hatte, spürte er die Hand von Yukke auf seiner Stirn, der kurz darauf feststellte, dass sie etwas wärmer sei als die seine, und er sich nach der Ankunft in ihrem Hotel erst einmal ein wenig Ruhe gönnen sollte, bevor es doch noch schlimmer werden würde. Satochi und Miya indes beobachteten die Szene zwischen ihren Freunden etwas aufmerksamer, als es sonst der Fall gewesen wäre, und jeder versuchte für sich zu beurteilen, ob nicht ein wenig mehr als nur Sorge zwischen ihnen beiden einzufangen war. Doch für Miya gestaltete es sich nicht ungemein auffälliger, als das was Yukke sonst an Fürsorge für Tatsuro aufbrachte, oder ihm fehlte für diese Angelegenheit einfach das Feingefühl. Aber so wie Satochi vor sich hin grinste, konnte er sicher sein, das er spätestens heute Abend mit dessen Mutmaßungen darüber vertraut gemacht werden würde, und womöglich würde er dann zu der Erkenntnis kommen müssen, dass er die Zeichen wirklich nicht hatte zu deuten wissen. Doch vorerst beließ er es dabei es als das zu sehen, was es für ihn war. Nämlich als einen weiteren Schritt, in die Richtung eines neuen Anfangs. Kapitel 33: All those crazy emotions ------------------------------------ Kapitel 33: All those crazy emotions                     Es war eine beschauliche Fahrt, die sie zu ihrem Hotel bringen sollte, und Tatsuro fühlte sich, nachdem ihm Yukke noch am Flughafen ein Päckchen dieses Pulvers gegen alle möglichen Schwächeleien hatte zukommen lassen, schon wieder wesentlich wohler in seiner Haut. Yukke saß neben Miya und schaute gedankenverloren aus dem Fenster, doch schien er zu spüren, dass jemand einen Blick auf ihn geworfen hatte und wendete sich plötzlich von der draußen vorbeifließenden Landschaft ab und schaute folglich genau in die Augen Tatsuros. Es war zu erkennen, dass er sich abermals darüber erkundigen wollte, wie sich Tatsuro nun fühlte und dieser wusste, dass er Yukke eine Antwort auch mit einem breiten Grinsen übermitteln konnte und dieser seinen Wink verstehen würde. Das erkennbare aufhellen von Yukkes, zuvor noch ziemlich besorgt anmutenden Gesichtszügen, als er Tatsuros überaus positive Mimik einfangen konnte, gab auch ihm etwas Beruhigendes. Tatsuro mochte es, wenn Yukke lächelte. Wenn es möglich wäre, er würde alles versuchen, um ihm genau diesen Ausdruck, so oft wie nur möglich, auf die Lippen zaubern zu können. Doch bis jetzt hatte er in dieser Mission mehr als ausreichend versagt. Mit seinen unüberlegten Handlungen und Worten, eher noch das Gegenteil heraufbeschworen. Aber irgendwie schien man es gut mit ihm zu meinen, wenn man zuließ, das Yukke trotz allem, immer noch an ihm und ihrer Freundschaft festhielt. Den Gedanken, dass er es beinahe geschafft hatte, diese wertvolle Bindung so leichtsinnig zu zerstören, schob er kulant in die dunkelste Ecke seines Geistes. Wo er sie fein säuberlich mit Reue fesselte und knebelte und zusätzlich noch eine große Kiste Ignoranz davor schob, in der Hoffnung, dass sich diese Erinnerung, früher oder später, vielleicht ganz still und heimlich in Luft auflösen würde. Vielleicht war es ein Ding der Unmöglichkeit, von sich selbst zu erwarten, von jetzt an und in Zukunft alles richtig zu machen, nur weil man es sich fest vorgenommen hatte, doch er wollte es wenigstens versuchen. Wenn nicht für sich, dann aber für Yukke. Jedoch musste er zugeben, dass es auch ab und an Situationen gab, die ihn in Bezug auf Yukke reichlich zu verunsichern wussten, und wo er einfach nicht einschätzen konnte, wie er richtig damit umgehen sollte, um nicht schon wieder in einen Fettnapf zu treten. Vorgestern Abend war wieder so ein Moment gewesen. Als sie sich das Taxi geteilt hatten, das sie von Satochi nach Hause bringen sollte. Schon als sich die Tür von Satochis Wohnung, hinter ihnen geschlossen hatte, umfing ihn sofort wieder dieses merkwürdig, beschwerende Empfinden, das ihm einredete, das sich Yukke in letzter Zeit, in seiner alleinigen Gegenwart, irgendwie unwohl zu fühlen schien. Beziehungsweise, das seinem Umgang mit ihm etwas Erzwungenes anhaftete. Und er hasste dieses Gefühl! Er konnte nicht zuordnen, warum Yukke sich so verhielt. Ob er überhaupt richtig mit seiner Vermutung diesbezüglich lag. Oder, ob es sich nur wieder um eine paranoide Eingebung handelte. Außerdem spürte er, dass etwas in ihrer Freundschaft fehlte, etwas das nicht fehlen sollte. Vertrauen. Vertrauen in ihn. Diese Karte schien er, in Yukkes Augen, gänzlich verspielt zu haben. Aber nach allem was vorgefallen war, konnte er Yukke doch verstehen, auch wenn es schmerzte es sich eingestehen zu müssen. Aber er wollte ihn auch nicht mit dieser Theorie konfrontieren. Was hätte er auch vorbringen sollen? Dass, er das Gefühl habe Yukke würde nicht an ihn glauben? Dieser nicht darauf vertraute, dass er es schaffen könnte, auch in Zukunft ein besserer Mensch zu sein. Ohne diese Allüren, die er jahrelang zur Schau getragen und damit oft genug seine Mitmenschen vor den Kopf gestoßen hatte? Es war ein egoistischer Zug zu erwarten, dass man ihm so schnell alles verzeihen würde, auch wenn er deutlich machte, dass er sich vor der großen Mühe, alles wieder richten zu wollen, nicht scheute. Er wusste zwar, dass er mit seiner Selbstaufgabe, ihm wichtigen Personen, sehr wehgetan hatte, aber er konnte nicht abschätzen wie tief diese Wunden, bei jedem einzeln gingen. Wie groß und schmerzhaft sie letztendlich wirklich für Yusuke waren. Genau diese Ungewissheit, hatte ihn an diesem Abend, wieder einmal zu packen gewusst, und beinahe hätte er ihr nachgegeben. Er hatte sich Yukke unnötig distanziert gezeigt, doch sobald er die Tür des Wagens hinter sich schloss, tat es ihm auch schon so unglaublich leid, dass er nicht anders gekonnt hatte, als Yukke zu sich zu bitten. In der Hoffnung, er hätte nicht schon wieder einen zu verletzenden Fehler gemacht. Wenn es etwas gab, das ihn von sämtlichen Zweifeln lossagen konnte, dann war es das Gefühl Yukke in die Arme zu schließen und sich jeden Atemzug von ihm zu verinnerlichen. Es brauchte nicht mehr. Ein abruptes Holpern zerbrach seine Gedanken und den Blickkontakt mit Yukke, und Tatsuro musste feststellen, dass er wohl schon seit einiger Zeit, recht eindringlich, von Satochi fixiert worden war, was ihn zu einem fragenden Gesichtsausdruck verleitete. „Ist etwas?“, erkundigte sich Tatsuro daraufhin etwas unsicher, worauf ihm Satochi aber nur ein leichtes Schulterzucken vorführte und folglich einen seltsamen Blick in Richtung Miya schickte, der sich anscheinend etwas überfordert mit der Auferlegung von Satochis Aufmerksamkeit fühlte. Zumindest machte es auf Tatsuro den Eindruck. Dann fand sich aber auch schon wieder ein ziemlich weitläufiges Grinsen auf Satochis Gesicht wieder und ließ Tatsuro nun seinerseits einen fragenden Blickwechsel mit Yukke führen. Es herrschte eine angenehme Temperatur und die Luft war so viel angenehmer, wie in der großen Stadt, als sie den kleinen Hotelbus verließen, und man das gesunde Klima fast schon schmecken konnte. Und wahrlich, wenn es denn möglich sein konnte, so hatte Yukke das Gefühl, das er den weichen, süßen Duft der üppig, blühenden Sträucher die das Gelände zierten, auf seiner Zunge wahrnehmen konnte. In unmittelbarer Nähe, war das melodische Rauschen des Meeres zu hören und das in einheimischen Stil gehaltene Gebäude, das sie unterbringen sollte, fügte sich harmonisch in dieses Südsee Panorama ein. Es war einfach nur grandios und Yukke hoffte, das sich ihr Aufenthalt hier, nicht minder phänomenal gestalten würde. Ein breiter, leicht geschwungener Pfand aus schneeweisem Kies führte sie auf eine hölzerne Terrasse zu, welche sich um das gesamte Hotel zu ziehen schien, und auf welcher sich einige arrangierte Tische und Stühle aus Rattan wiederfanden, welche von einigen Gästen zum Relaxen genutzt wurden. Satochi schlenderte hinter Miya her, der seinen Rang in ihrer Truppe, nicht nur auf ihre Musik zu beziehen schien und so wohl schon im Unterbewusstsein, stets die Führungsposition für sich suchte. Ein schweifender Blick über die soeben erklommene Terrasse, ließ Satochi jedoch inne halten und nachdem er ein paar wenige Schritte, auf einen scheinbar leeren Stuhl zugegangen war, ertönte auch schon ein belustigtes Lachen, was Miya dazu bewegte, sich verwundert zu diesem umzuwenden. Auch Tatsuro und Yukke, waren nun hinter Satochi aufgetaucht, worauf Yukke sich jedoch rasch wieder einige Schritte entfernte. „Schau mal Tatsu, die sieht doch fast genauso aus wie Miya-kun, findest du nicht?“ Satochi war nun in die Hocke gegangen und konnte sich die Erheiterung in seiner Stimme nicht verkneifen, als er diese Frage an seinen Freund stellte, der daraufhin ein paar studierente Blicke zwischen Miya und dem vor ihnen befindlich Objekt hin und her wandern ließ, um folglich ebenfalls in ein breites, albernes Feixen zu verfallen. Vor ihnen lag eine Katze, auf einem der bequemen Korbsessel und schaute nun etwas griesgrämig drein, ob der geräuschvollen Störung ihrer Mittagsruhe. Ihr dunkles Fell war dicht und zottig und stand auf dem Kopf etwas wild nach hinten ab. Über dem linken Auge hingen ihr ein paar Strähnen in das pelzige Gesicht, so wie man es auch von Miyas Haaren des Öfteren gewöhnt war. Ihre Augen verrieten die fortwährende Genervtheit und die neutrale Ausrichtung der Mundwinkel, gab genau den Ausdruck wieder, den auch ihr Leader-sama so gern vor sich hertrug, wenn ihm etwas missfiel. Selbst Yukke musste etwas grinsen, als er sich das Tier aus sicherer Entfernung beäugte und konnte ein herzhaftes Lachen nicht zügeln, als sich der abschätzenden Blick von Miya und eben jener Katze trafen, wohl um sich gegenseitig davon zu überzeugen, das hier niemand mit irgendjemand Ähnlichkeit aufweisen konnte, und jeder der das anders sah, einfach nur ein Idiot war. Es folgte ein synchrones Kopfabwenden von Miya und seinem tierischen Ebenbild, was die Laune der anderen drei Musiker nur noch zu erhöhen wusste, und worauf  ein grummelnder Miya seinen Gang ins Innere des Gebäudes antrat. Auch das Tier erhob sich nun von seinem Platz, womöglich unter denselben Gedanken wie die von Miya und machte sich auf, sich einen ruhigeren Fleck für sein Schläfchen zu suchen. Mit einem heiteren Ausdruck auf den Minen, folgte man schließlich Miya, der sich schon an der kleinen Theke der Rezeption befand und sich mit der dahinter befindlichen jungen Frau unterhielt, die ihm nach ein paar Worten verstehend zunickte. Schließlich reichte sie ihm einen Schlüssel und einer Broschüre und nach dem herzlichen Wunsch, einen angenehmen Aufenthalt zu verleben, er sich von ihr ab- und ihnen zuwandte. Satochi hatte sich indes vor Yusuke geschoben, der gerade ansetzten wollte sich und sein Anliegen, der noch immer freundlich dreinblickenden Frau mitzuteilen, und ihn somit zu unterbrechen wusste. Etwas irritiert, über diese unerwartete Aktion von Satochi, knuffte Yukke diesen zurechtweisend in den Oberarm, was dieser nur mit dem Rausstrecken seiner Zunge quittierte und sich auch nicht von seiner Position entfernte, als er Yukkes leicht empörtes Murmeln hinter sich vernehmen konnte. Miya beobachte dieses Schauspiel aus angebrachter Distanz, wusste er doch genau, was Satochi hier gerade versuchte so zufällig wie möglich erscheinen zu lassen. Schließlich hatte er ihm schon im Vorfeld einige Details seines Vorhabens wissen lassen und leider schloss das auch seine Person mit ein. Und nun, wo sie sich auf dieser Insel befanden, war er Satos Plänen quasi schutzlos ausgeliefert. Jedoch gab es auch etwas Gutes unter all dem Aufwand und das ließ wieder etwas Erleichterung in ihm aufsteigen. Ein Blick in die Richtung seiner drei Freunde zeigte ihm folglich, das eine weitere Mission auf Satochis Liste abgehackt zu sein schien, als dieser Tatsuro einen Arm über die Schulter legte und ihn schließlich an ihm vorbei und in Richtung des Flures dirigierte, wo sich ihre Zimmer befanden. Ja, das war das Positive an diesem Ausflug, er würde sich nicht mit Satochi das Zimmer teilen müssen. Doch geriet das beruhigende Gefühl ins Stocken, als er diesen etwas verloren wirkenden Ausdruck bei Yukke ausmachen konnte, dessen Blick Satochi und Tatsuro anhaftete, bis beide nicht mehr zu sehen waren und er sich daraufhin auf ihn zubewegte. „Das heißt dann wohl, dass wir uns eine Räumlichkeit teilen werden.“, meinte er schließlich und machte sich ebenfalls auf, das zugewiesene Zimmer aufzusuchen. Es mochte durchaus sein, stellte Miya für sich fest, dass er nicht über die Sensibilität verfügte, um jede noch so kleine Gefühlsschwankung seiner Freunde so aufzunehmen, das man hätte tieferes daraus deuten können, doch in diesem Falle war es für ihn mehr als offensichtlich, dass das Lächeln, das Yukke ihm grade hatte zukommen lassen, nicht das vermittelt hatte, was Yukke ihm glaubhaft machen wollte.   Erneut stieg das schlechte Gewissen in Miya auf, was die Richtigkeit ihres Vorhabens abermals in Frage stellte. Natürlich bestand auch die Möglichkeit, dass er das gerade eben gezeigte Verhalten seines Freundes in den falschen Zusammenhängen deutete. Womöglich war dieser auch einfach nur müde von der Anreise gewesen und wirkte deshalb so matt? Vielleicht ließ er sich aber auch nur von diesen verwirrenden Annahmen, was die Beziehung zwischen Yukke und Tatsuro betraf, auf eine falsche Fährte locken und verlor darüber den Blick für die Zeichen die alles zu erklären im Stande waren. Das letzte was er wollte war, diesen Ausflug in einem Chaos enden zu lassen, nur weil er und Satochi sich völlig in eine Theorie verrannt hatten, die am Ende gar keine Festen aufzuweisen hatte. Er sollte sich noch einmal mit ihm unterhalten und ihm seine Meinung darüber deutlich verständlich machen. Immerhin ging es hier um das Wohl ihrer Freunde, und sie sollte nicht unbedacht darauf einhämmern, nur um irgendetwas beweisen zu wollen. Sollte Tatsuro und Yukke etwas verbinden, das stärker war als gute Freundschaft, dann wäre es nicht an ihm oder Sato darüber zu entscheiden, wie die beiden damit umzugehen hatten. Es war später Nachmittag, als Tatsuro seine Augen wieder öffnete und feststellen musste, dass er allein mit sich war. Nach ihrer Ankunft und dem Beziehen ihres Zimmers, hatte er sich mit einem Male wieder ein wenig unwohl gefühlt, und sich daraufhin, auf Geheiß von Satochi, etwas hingelegt. Er hoffte nur, dass er seinen Freunden nicht erneut unnötige Sorgen gemacht hatte. Schließlich sollte dieser Ausflug dazu dienen, gerade diesen zu entkommen. Noch etwas träge rollte sich Tatsuro von seiner Rückenposition auf seinen Bauch, schob seine Arme unter das großzügige Kopfkissen und blickte nun durch das Fenster nach draußen. Das angenehme Rauschen des Meeres drang durch die etwas geöffnete Terrassentür, wo der Wind mit den leichten Vorhängen spielte, in denen sich noch ein Rest Sonnenlicht festhielt. Mit seinen Augen verfolgte Tatsuro das hypnotische Tanzen des feinen Stoffes und ließ sich von dem allgegenwärtigen Aroma der blühenden Vegetation einlullen, worauf er das Kissen unter seinem Kopf, gleich einem großen Stofftier,  zufrieden zusammenknautschte. Dieser Geruch hatte etwas ungemein Einnehmendes und er erinnerte ihn unweigerlich an Yukke, was ihn seine Arme nur noch fester um das Daunenbündel schließen ließ. Er musste zugeben, dass er gehofft hatte, sich vielleicht mit Yukke ein Zimmer zu teilen, so hätte er wieder etwas mehr Zeit mit ihm verbringen können, ohne eine Begründung dafür finden zu müssen. Auf der anderen Seite, wäre es abermals eine Sache gewesen, die seiner Selbstbeherrschung arg zu schaffen gemacht hätte. Das wusste er nur zu gut. Also sollte er froh darüber sein, das nun Satochi statt Yukke sein Zimmergenosse war. Ein leises Seufzen drang über Tatsuros Lippen.   Ja, er sollte froh sein. Das letzte was er wollte, war ihren Urlaub damit zu ruinieren, das er sich in Bezug auf Yukke nicht mehr hatte zurücknehmen können, da sein Verlangen, diesem so nahe wie möglich sein zu wollen, ihn zu unbedachten Taten verleitet hatte. Dass er noch längst nicht so weit war, in Yukke wieder nur einen Freund zum Scherzen und Plaudern sehen zu können, das spürte er täglich aufs Neue. Diese Realität war so hart und aufzehrend, aber er musste diese Prüfung einfach bestehen. Für sich und in aller ersten Hinsicht, für Yukke, wollte er diesen nicht noch einmal verlieren. Das Klopfen, das plötzlich vom Zimmereingang her zu vernehmen war, lenkte Tatsuros Blick auf die Tür und kurz überlegte er, ob er es einfach ignorieren sollte, um weiter seinen Gedanken nachhängen zu können, entschied sich aber schließlich dafür, aufzustehen und nachzusehen, wer hier etwas von ihm wollte. Er würde schon noch genügend Zeit für sehnsüchtige Fantasien zur Verfügung haben, wenn sie wieder zurück in Tokyo wären. Es stellte sich heraus, dass es sich bei dem Besucher um Yukke handelte, der grade wieder dazu übergehen wollte, dem Zimmer den Rücken zu kehren, da er das verschlossen bleiben der Tür, damit gedeutet hatte, das Tatsuro wohl noch immer schlafen würde. Seit ihm Satochi mitgeteilt hatte, dass es diesem erneut etwas unwohl gewesen war, hatte er keine richtige Ruhe finden können, und war bei allen Ablenkungsversuchen und unter der ständigen Ermahnung, Tatsuro diese Erholungsphase zu lassen, doch irgendwann hier her gedriftet. Nur um daraufhin unschlüssig vor dieser Tür zu verharren. Zum Glück waren nicht allzu viele Gäste in diesem Flur unterwegs gewesen, sonst hätte man vielleicht noch angenommen, er hätte etwas Unlauteres vor, so wie er hier herumgeschlichen war. Es war eine ungemeine Erleichterung Tatsuro nun vor sich stehen zu sehen, auch wenn er etwas zerknautsch aussah, mit dem noch etwas müden Augen und dem Haarwirrwarr das seinen Kopf zierte. „Ich hab dich doch hoffentlich nicht geweckt?!“, platze es nun schuldbewusst aus Yukke heraus, im Falle es wäre nur seiner Ungeduld zuzuschreiben gewesen, Tatsuros Schlaf gestört zu haben. „Nein,…schon OK. Ich war… bereits munter.“, beruhigte dieser ihn und bat seinen Freund einzutreten. „Wie geht es dir jetzt?“, erkundigte sich Yukke auch sofort, nachdem er die Tür wieder hinter sich geschlossen hatte, um sich in etwas Abstand zu Tatsuro im Raum zu platzieren und diesen abwartend anzuschauen. „Es geht… schon wieder.“ Tatsuro sah noch immer etwas mitgenommen aus, aber das mochte auch daran liegen, dass er vor kurzem noch geschlafen hatte. Trotzdem machte sich Yukke leise Vorwürfe, dass er nicht vor diesem Ausflug daran gedacht hatte, dass es vielleicht zu viel für Tatsuro werden könnte. Er hatte sich einfach zu unbedacht, von dem spontanen Einfall seiner beiden anderen Freunde hinreißen lassen, ohne sämtliche Optionen abgerufen zu haben, ob es auch für jeden von ihnen eine so gute Idee wäre. Tatsuro war gerade dabei sein Bett wieder herzurichten, was Yukke unweigerlich schmunzeln ließ. Früher wäre es diesem reichlich egal gewesen, ob die Lagen in Unordnung auf der Matratze saßen, was Tatsuro ganz bestimmt auch damit gerechtfertigt hätte, das er ja eh wieder alles durcheinander bringe, sobald er wieder zu Bett gehen würde. Es war während dem Zurechtschütteln seines Kopfkissens, das sich ihre Blicke trafen und Yukkes sein Schmunzeln zu einem Lächeln ausweitete, worauf sich Tatsuro von seinem, nun akkurat hergerichteten, Nachtlager lossagte und auf ihn zukam. Es war ein seltsamer Augenblick, der Yukkes Herz mit einem Male zu hektischen Schlägen animierte und welche sich noch weiter beschleunigte, als Tatsuro vor ihm zum Stehen kam und dessen Hände ihren Weg auf seine Schultern fanden. Tatsuro lächelte ihn ebenfalls an. Das Gefühl, das Yukke nun ereilte, als sie sich erneut in die Augen blicken, nahm ihn kurzerhand den Halt zum hier und jetzt, nur um im selben Augenblick, von Tatsuro sanft aber bestimmt zur Seite dirigiert zu werden, um ihm deutlich zu machen, was der eigentliche Grund für sein Herantreten an ihn gewesen war. Yukke konnte sich ein fassungsloses Kopfschütteln über seine Reaktion auf Tatsuros Nähe, nicht verkneifen, als dieser sich daraufhin von ihm abwandte um folglich seinen Koffer aufzunehmen, vor welchem Yukke gerade noch gestanden und ihn somit blockiert hatte. Bis jetzt war Tatsuro noch nicht dazu gekommen, seine Sachen auszupacken, worauf er seinen Koffer nun auf sein Bett legte, und dazu überging sich ein paar frische Sachen herauszusuchen. Yukke stand indes noch immer etwas deplatziert im Zimmer, suchte sich dann aber den Weg zur Terrassentür und schaute in die vor ihm liegende Umgebung. Tatsuro teilte ihm noch mit, das er sich nur eben mal frisch machen würde und auf ein verstehendes Nicken von Yukke hin, war er auch schon im angrenzenden Bad verschwunden. Zum Glück, dachte sich Yukke, hatte Tatsuro sein albernes Verhalten gerade nicht mitbekommen. Erneut schüttelte er sein Kopf, über dieses doch recht peinliche Aufwallen seiner Emotionen.   Nur am Rande vernahm er ein Geräusch aus Richtung Zimmertür und fand sich Sekunden später, mit einem freudig strahlenden Satochi an seiner Seite konfrontiert, dessen gute Laune er nicht ganz nachvollziehen konnte. „Na, wie läuft´s?“, erkundigte sich dieser dann auch schon in einem recht heiteren Ton, was Yukke einen skeptischen Gesichtsausdruck aufsetzten ließ. „Alles ok bei dir, Sato?“ Doch noch bevor dieser darauf hätte antworten können, trat Tatsuro aus dem Badezimmer und lenkte Satochis Aufmerksamkeit somit von Yukke weg, und auf sich. „Und, geht es dir wieder besser?“, erkundigte sich Satochi und trat nun auf Tatsuro zu, um ihm eine Hand auf die Stirn zu legen, so wie er es zuvor, bei Yukke am Flughafen hatte beobachten können. Er ließ es sich auch nicht nehmen, diese etwas länger auf seinem Freund ruhen zu lassen, um letztendlich festzustellen, dass seine Temperatur keinen Grund zu weiterer Besorgnis darstellte. Damit zwinkerte er Tatsuro verspielt zu und richtete sich daraufhin wieder an Yukke, in dem Wissen, das er dieses Schauspiel gerade genau verfolgt hatte. Doch musste Satochi feststellen, dass er erneut nichts einfangen konnte, was auch nur ansatzweise verräterisch erschien. Vielleicht hatte Miya ja Recht und sie lagen wirklich komplett daneben. Wahrscheinlich gab es wirklich nichts weiter zwischen ihren beiden Freunden, als ja… Freundschaft eben. Und das sie sich ab und an etwas unbeholfen gegenüber dem anderen zeigten, war womöglich nur darauf zurück zu führen, dass sie eine solch schwierige Zeit miteinander verbracht hatten. Nicht mehr und nicht weniger. Auch wenn es Satochi etwas endtäuschte, sollte sich diese doch recht unspektakuläre Erklärung bewahrheiten, musste er zugeben, dass er Miya zustimmte, wenn dieser meinte, dass es sie letztendlich nichts angehen würde. Egal was Tatsuro und Yukke zu verbinden wusste. Doch diesen einen letzten Versuch hatte er noch unternehmen wollen. Es war auch nicht sonderlich fair, seinen Freunden krampfhaft etwas entlocken zu wollen, nur um seine eigene Neugier zu befriedigen. Es wäre wohl auch um einiges entspannender für ihn, wenn er nicht ständig irgendwelchen ominösen Zeichen nach zu jagen versuchte. „OK Jungs, Miya-kun wartet schon auf uns, also setzt euch in Bewegung, sonst schmollt er dann nur wieder.“ Mit diesen Worten ließ Satochi das Zimmer hinter sich und auch das Vorhaben Tatsuro und Yukke weiter unnötig auf den Zahn fühlen zu wollen. Was sich ergeben würde, das ergab sich halt. Ansonsten folgte er nur noch der Devise ihren Urlaub, bestmöglich genießen zu wollen. Es war kurz nach Sonnenaufgang, als Tatsuro die letzten Meter zurücklegte, die ihm noch vom Strand trennten, der ihn ganz spontan dazu animierte, seine Schuhe auszuziehen, um den kühlen Sand unter seinen Füßen spüren zu können. Erneut zog er die leicht salzige Luft in seine Lungen und schloss für einen Moment seine Augen, um sich die ihn umgebenden Klänge der Natur zu verinnerlichen. Es vermittelte ihn ein Gefühl der Befreiung, und des Erwachens. Seit langem war sein Geist nicht mehr so ausgeglichen gewesen, und seine Gedanken so unglaublich klar und bunt. Es war als würde sich ein Schleier lichten und ihn endlich aus einem grauen Traum freigeben. Auch wenn es in den letzten Wochen Momente gab, die er nicht würde missen wollen, so empfand er trotzdem immer eine gewisse Befangenheit in sich, die sich nie wirklich abschütteln ließ. Doch hier und jetzt, hatte sich dieses Gefühl einfach aufgelöst und sein Körper wurde mit längst vergessener Energie geflutet und dem Wunsch diese irgendwie frei lassen zu können.   Das Kreischen der Möwen, gemischt mit dem  Branden der Wellen, ließ ihn sich plötzlich in Bewegung setzten und ohne das er großartig darüber nachdachte, trugen ihn seine Schritte schneller und weiter durch das feinen Mineral, bis seine Lungen brannten und er sich völlig außer Puste in den weiße Sand fallen ließ und zufrieden vor sich hin schnaufte. Das hatte er gebraucht. Früher diente ihm immer die Musik dazu, sich austoben zu können, aber leider musste er darauf noch etwas verzichten. Doch er glaubte fest daran, dass es irgendwann wieder würde möglich sein können. Daran würde er alles setzen. Das Bild von Yukke tauchte bei diesem Gedanken vor seinem inneren Auge auf und ließ ihn leise lächeln. Er  würde nicht noch einmal aufgeben. Eine Bewegung zu seiner Rechten, ließ ihn seine Gedanken verschieben und als er erkannte, was da auf ihn zuhielt, setzte er sich langsam auf und klopfte leicht auf den Untergrund neben sich. Der dunkle Vierbeiner schien keinerlei Scheu vor ihm zu haben und trabte weiter auf ihn zu. „Hey Miya-chan,…auch schon so früh…unterwegs?“, befragte er die Katze, die sich nun vor ihn gesetzt hatte und ihn emotionslos musterte. Erneut stahl sich ein Grinsen auf Tatsuros Lippen, als er Miya-chan so sitzen sah und diese ihn erneut so unglaublich an seinen Freund erinnerte. Dabei konnte er noch nicht einmal sagen, ob dieses Tier, dem er hier so selbstverständlich den Namen ihres Leaders zugeteilt hatte, überhaupt männlich war. Ein herzhaftes Gähnen von Miya-chan ließ Tatsuro beschließen, das diese Manieren eindeutig einem Kater gehörten und sollte er sich irren, dann würde ihm Miya-chan das schon nicht all zu übel nehmen. Liebevoll kraulte er diese nun hinter den plüschigen Ohren und entlockte dem Tier ein zufriedenes Schnurren. „Hast du Lust… mir bei meiner Suche… zu helfen?“  Miya-chan schaute Tatsuro auf diese Frage hin, scheinbar etwas missgünstig an, doch ließ sich so einiges in den Ausdruck dieses Vierbeiners hineininterpretieren, wenn man es darauf anlegte, worauf Tatsuro noch etwas breiter zu grinsen begann. Das schien nun auch Miya-chan etwas zu suspekt und ganz dem Charakter, dem man ihr hier so freizügig zugeteilt hatte, sagte er sich von den Streicheleinheiten Tatsuros los und schlenderte wieder davon. „Das heißt wohl… nein.“, meinte Tatsuros daraufhin immer noch amüsiert und erhob sich nun ebenfalls wieder aus dem weißen Sand und blickte noch etwas verträumt auf das Kobaltblau, das sich vor ihm ausschüttete. Gestern Abend, hatten sie sich alle vier über diverse Prospekte und Flyer hergemacht, die jedem Besucher dieses kleinen Paradieses, darüber zu informieren wussten, welche Plätze einen Besuch lohnten und welche Festivitäten über die Saison hin noch erwartet wurden. Es war Yukke, der sich gleich mit vollem Enthusiasmus diverse Notizen niedergeschrieben hatte, um diese dann zu einem ultimativen Touristen-Guide umzuwandeln, dem sie heute, nach dem Frühstück, auch gleich würden folgen wollen. Wenn es um Sightseeing ging, war Yukke einfach nicht zu stoppen, und auch wenn es Tatsuro früher schon ein um das andere Mal ehrlich genervt hatte, wenn Yukke sie, von einem Historischen Schauplatz zum nächsten gescheucht hatte, so freute es sich diesmal wirklich darauf, dass sie wieder einmal etwas in dieser Art unternehmen würden. Doch nun sollte er sich endlich dem eigentlichen Grund seines frühmorgendlichen Ausfluges zuwenden, bevor ihn einer der anderen hier finden und sein Vorhaben vielleicht noch auffliegen würde. Es war schon etwas befremdlich, das musste Tatsuro zugeben, als er seinen Blick über Schloss Marksburg schweifen ließ, und sich architektonisch gerad etwas irritiert fühlte. Zwar hatte Yusuke sie schon vor ihrem Stopp hier, über die Sehenswürdigkeiten dieses Dorfes informiert, doch nun wo er es mit eigenen Augen sah, war es noch unrealistischer, als er es sich vorgestellt hatte. Jedoch musste er auch zugeben, dass ihn der Grund, warum man gerade hier, in gänzlich uneuropäischen Gefilden, solch ein Bauwerk errichtet hatte, schon beeindruckt hatte. So seltsam es auch erscheinen mochte, so konnte sie sich hier sogar noch etwas mehr über die deutsche Kultur informieren, als es ihnen bis jetzt in besagtem Land möglich gewesen wäre. Ein Blick auf seine Uhr verriet Yukke, das sie sich nun etwas beeilen sollten, wollten sie ihr nächsten Anlaufpunkt nicht zu spät erreichen und damit die Chance verpassen, eine Tour mit dem Sea Sky zu erleben, der ihnen die Möglichkeit bot, die einzigartige Unterwasserwelt dieser Insel, quasi aus nächster Nähe miterleben zu können. Routiniert trieb er seine drei Freunde wieder zusammen und lotste sie in Richtung der Anlegestelle, wo sich schon ein beachtlicher Pulk an Leuten befand, mit denen sie sich wohl das Unterwasser-Aussichtboot teilen würden müssen. Yukkes Aufmerksamkeit schweifte daraufhin zu Tatsuro und ließ ihn sein Vorhaben noch einmal überdenken. Vielleicht war dies doch keine so gute Idee. Was, wenn es Tatsuro erneut zu viel werden und es ihm danach wieder schlechter gehen würde? Tatsuro war die plötzliche Unsicherheit, in den abschätzenden Blicken, die Yukke zwischen der Menschenmenge und ihm hin und her schwenken ließ, nicht entgangen und ohne das er sich fragen musste, was Yukke mit einem Male so zögerlich werden ließ, war ihm klar, dass dieser sich abermals über ihn Gedanken machen musste. Sicherlich wollte er nicht, dass er sich zu etwas gezwungen sah, dass er nicht tun wollte, wie sich zum Beispiel in ein Boot, mit all diesen Personen zu pressen. „Ist schon… in Ordnung.“, ließ er Yukke kurzerhand wissen, der leicht in sich zusammenschrak, ob der unerwarteten Präsens Tatsuros hinter sich und dessen Worten so nahe an seinem Ohr, die wieder so ein leichtes Kribbeln in ihm zu verursachen wussten. .„O…Ok, wenn du meinst.“ Yukke kam sich gerade etwas überrollt vor, und das nur wegen der Nähe, die er von Tatsuro wahrnehmen konnte. Also setzte er sich auch schon wieder in Bewegung und schritt seinen drei Freunden etwas holprig voran, in Richtung Ablegeplatz. Er musste wirklich wieder lernen sich zusammenzureißen. Wie erwartet, war der Platz innerhalb der verglasten Kabine recht gering, was Tatsuro jedoch nicht störte, da er sich so ungeniert an Yukke lehnen konnte, um mit diesem faszinierte Blicke auf die Welt zu werfen, die sich nun um sie herum befand. Noch nie hatte er vergleichbar Schönes gesehen und das Gefühl, was daraufhin in ihm aufstieg, war kaum zu beschreiben. In diesen Tiefen schien die Welt noch so unschuldig, so perfekt, dass man sich selbst zu vergessen schien. Der Umstand, dass er dieses Erlebnis mit der Person teilen konnte, die ihm so unendlich viel bedeutete, machte ihn nur noch glücklicher, sodass er die Gunst der Stunde nutze, um noch etwas mehr an Yukke heranzurücken. So nahe, bis er seinen Kopf hätte auf dessen Schulter legen können, doch schien ihm das dann doch etwas zu viel der Überschwänglichkeit. Ein leichtes, aber merkliches Schieben zu seiner Rechten, ließ ihn jedoch keine Wahl, sich schließlich doch noch etwas enger an seinen Freund zu drängen, dem Yukke auch nicht nachgab, indem er versuchte sich ebenfalls weiter nach rechts zu entfernen. Worauf Tatsuro letztendlich doch den Versuch wagte und seinen Kopf auf dessen Schulter schob, um weiter mit ihm durch das am Boden befindliche Glass schauen zu können. Wenn es doch immer so sein könnte. Es war dieser Moment, der Tatsuro erneut verdeutlichte, das seine Standhaftigkeit einfach nur lächerlich war. Er konnte sich nicht über diese seine drängelnde Sehnsucht erheben, egal wie sehr er es auch versuchen mochte. Irgendwann, fiel er immer wieder in dieses alte Schema zurück und suchte wieder nach Momenten und den passenden Entschuldigungen, Yukke nahe sein zu können.  Es war ein glücklicher Umstand, dass er sich hier nicht zu erklären hatte. Doch wie sollte er damit umgehen, wenn diese Momente noch rarer wurden? Wenn sich ihr Leben wieder eindeutig verändern würde, würde er weiterhin Fortschritte machen? Es stand nicht mehr, als eine Sekunde zwischen seinem inneren Kampf mit dieser allgegenwärtigen Verzweiflung und dem Augenblick, als sich Yukkes Kopf an den seinen lehnte und er dem unbedachten Drang nachging, unter dem Deckmantel einer arglosen Kopfbewegung, seine Lippen, gleich einer Illusion, über dessen Wange streifen zu lassen, nur um sich abermals zu verinnerlichen, was nicht sein sollte. Nicht sein durfte. Kapitel 34: Something I hope you´ll like ---------------------------------------- Kapitel 34: Something I hope you´ll like                   Erleichtert registrierte Tatsuro, das Yukke scheinbar nichts von seinem Zwiespalt, der  in dessen unmittelbaren Nähe über ihn gekommen war, mitbekommen hatte, als sie wieder an Land gingen und nach einer kleinen Stärkung, mit inselüblicher Küche, unverdrossen ihr nächstes Ziel ansteuerten. Der Wagen, den sie sich für ihre Unternehmungen gemietet hatten, und welchen Miya über die ebenen Straßen dirigierte, bescheret seine Insassen bei jedem möglichen Blick auf das weite Meer, einen noch zufriedeneren Ausdruck auf den Gesicht. Tatsuro dankte es dieser Idylle, dass sie es vermochte auch ihn abzulenken und seine Gedanken nicht allzu schwer werden zu lassen. Yukke indes, schaute mit einem leichten Schmunzeln auf das kleine Display seiner Digitalkamera, mit welcher er heute schon so einige Motive eingefangen hatte. Und welche er sicherlich zu einem späteren Zeitpunkt, zu einem liebevoll gestalteten Album arrangieren würde. Etwas, das später einmal von den netten, kleinen Erinnerungen hier erzählen würde, wenn einem der Wunsch in Nostalgie schwelgen zu wollen, ereilen sollte. Satochi seinerseits, hatte sich mit seinem Camcorder bewaffnet und hing seiner Vorliebe nach, alles und jeden einmal aufnehmen zu wollen, egal ob es etwas Lohnenswertes darstellte oder nicht. Es hatte gute dreißig Minuten gedauert, bis sie das Navigationsgerät wissen ließ, das ihr Ziel nicht mehr weit sei, worauf sie auch schon wenig später, auf dem zum -Hirara City Tropical Plant Garden- dazugehörigen Parkplatz ihr Auto zum Stehen brachte. Mit einem leichten Ächzen in seinen Knochen, streckte sich Tatsuro, als er wieder auf seinen Beinen stand und hörte aufmerksam den Ausführungen von Yukke zu, der sie gerade über die botanischen Highlights dieses Tropen Gartens unterrichtete. Und hatte man diesen erst einmal betreten, wurde einem auf beeindruckende Weise die Vielfalt, mit der auch die Flora dieses Flecken Erde gesegnet war, in einer beeindruckenden Komposition aus Farben und Formen vorgeführt. Gemächlich schritt man die lehmfarbenen Pfade der Anlage entlang und erfreute sich an der ihnen vorgeführten Natur, indem man ab und zu in seinen Schritten inne hielt, um im Verharren alle Eindrücke der Umgebung auf seinen Geist  wirken zu lassen. Diese Insel war wirklich ideal, um sich von sämtlichen bedrückenden Emotionen lossagen zu können, selbst wenn es nur für einen Augenblick war. Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen, verfolgte Tatsuro wie Yukke mit seiner Digitalkamera von einer Position in die nächste wechselte, um seine Motive in allen erdenklichen Winkeln einfangen zu können um, das wusste Tatsuro nur zu gut, später stundenlang über diesen seinen Schnappschüssen zu grübeln, welche denn die Ehre erhalten würden, in seinen Urlaubs-Memoiren erscheinen zu dürfen. Es war früher Abend, als sie die letzte Station ihres Tagesplanes wieder verließen, und Satochi ausgelassen grinsend, ihren Trupp in Richtung ihres Vehikels anführte. Das leichte Schwanken, das dieser ab und an präsentierte, ließ Miya kapitulierend mit dem Kopf schütteln. Aber was hatte er auch erwartet, wenn sie eine Brauerei besuchen würden? Auch wenn man davon ausgehen konnte, das Satochi recht trickfest war, so hatte er dieses einheimische Gebräu wohl doch etwas in seiner Wirkung unterschätzt. Was zwar nicht bedeutete, dass dieser sich nun ungewollt beschwingt zeigte, doch ahnen ließ, dass es heute noch ein recht langer Abend werden würde. Denn hatte Satochi erst einmal ein gewisses Level seines Taumels erreicht, war sein eh schon recht ausgeprägter Sinn für Nonsens, kaum noch zu bändigen. Für die, die sich seiner zugehörig sahen, hieß das meist in Alarmbereitschaft zu bleiben. Mit einem leisen Tönen, nahm Miya die Zentralverriegelung von ihrem Wagen und verfolgte mit einiger Erleichterung, das Satochi sich ohne großes Schauspiel auch gleich auf den Rücksitz verzog, was bedeutete das er wenigstens während der Rückfahrt vor ihm etwas Ruhe hatte. Tatsuro gesellte ich folglich zu seinem angeheiterten Freund dazu und ließ Yukke somit den Platz neben Miya einnehmen. Die Fahrt gestaltete sich erstaunlich ruhig, wenn man bedachte das Satochi noch immer dieses viel zu breite Grinsen vor sich her trug, und man um die Ursache dafür wusste. Erneut konnte Tatsuro beobachten, wie Yukke seine neu geschossenen Bilder auf seiner Kamera durchging und damit recht zufrieden schien.  Die plötzlich recht nahe Präsenz zu seiner Rechten, ließ Tatsuro jedoch seine Aufmerksamkeit von Yukke abwenden, nur um daraufhin in das wenige Zentimeter entfernte Gesicht Satochis blicken zu können, dessen Ausdruck irgendwie etwas unheilschwanendes verkündete. „Ahm…, ist was…nicht in Ordnung?“, erkundigte sich Tatsuro, dem diese Bedrängnis doch leichte Nervosität bescherte und in ihm den Wunsch weckte irgendwie ausweichen zu können. Doch war dies in seiner Position leider nicht möglich, umso mehr drängte er sich gegen die Verkleidung der Seitentür, als Satochi seine Finger durch seine langen schwarzen Haare gleiten ließ und ihn mit einem Male so undefinierbar musterte. Es war eine Sache, wenn man der Nähe Satochis, durch eine Barriere aus Stoff noch eine gewisse Distanz abverlangen konnte, doch als Tatsuro folglich dessen Finger auf seiner Wange spürte, konnte er eine leichte Panik nicht mehr leugnen. Ein Laut der Verwirrung entwisch seinem Mund, als Satochi seine Finger unter einer leichten Berührung zu dirigieren begann und vorsichtig die Gesichtszüge seines Gegenübers nachging. Diese Situation war einfach nur bizarr und ohne jegliche Bezug zu einer logischen Seite, das Tatsuro der Gedanke ereilte, das er einfach nur in einem wirren Traum gefangen sein musste und seine Fantasie sich gerade einen mehr als makabren Scherz mit ihm erlaubte. Es war der Augenblick, als Satochis Gesicht scheinbar noch näher zu ihm rückte, als dieser mit einem Male unter gepeinigten Zischen wieder von ihm zurückwisch und sich schmerzlindernd über die Stelle an seinem Kopf rubbelte, die man soeben getroffen hatte.   „Das war doch nur ein kleiner Spaß…!“, jammerte er zusätzlich und schickte einen zornigen Blick in die Richtung seines Peinigers. Das abrupte Verstummen von Satochis Gemaule, deutete Tatsuro mit der Erkenntnis, dass dieser den Gesichtsausdruck den Yukke ihm darauf auf seinen Zügen demonstrierte, wohlgänzlich unbekannt erschien und es ihm folglich einfach die Sprache verschlagen hatte. Doch ein leichtes Rütteln an Yukkes Unterarm und das mahnende vorbringen von dessen Namen von Seiten Miyas, ließ diesen Ausdruck jedoch sofort wieder versiegen und stattdessen zeigte er nun ein verlegenes Lächeln, dem eine kurze Entschuldigung folgte. Ohne weiter auf seine beiden Freunde, auf den hinteren Plätzen, einzugehen, wandte Yukke sich wieder nach vorn und ging weiter der Beschäftigung nach, der er auch zu vor schon nachgehangen hatte. Ein dumpfes Murmeln von Satochi verriet, dass er noch immer etwas perplex über dieses etwas groben Akt war, doch schien dieser ihn auch wieder etwas zu Verstand gebracht zu haben, da er es nun vorzog aus dem Fenster zu schauen und Tatsuro nicht weiter zu behelligen. Ein etwas schmerzlicher Gedanke zeigte sich Tatsuro darauf, als er feststellen musste, das er wohl der einzige in ihrem Quartett war, dem Yukke einst sein komplettes Repertoire an wirklich ernsten und strengen Mimiken vorgeführt hatte, und das nicht aus pantomimischen bestreben heraus, sondern weil er der einzige war, der Yukke stets und ständig in die Verzweiflung zu treiben gewusst hatte. Zu erleben, dass es nun auch einmal Satochi getroffen hatte, war schon so etwas wie eine kleine Sensation, was sicher darauf zurück zu führen war, das Yukke in den letzten Monaten seinen natürlichem Instinkt, auf ihn aufpassen zu müssen, noch um einiges ausgebaut hatte. Was in Hinsicht auf einige Vorfälle in der Vergangenheit, auch nicht sonderlich verwunderlich war. Es zeigte sich, das Satochi wirklich etwas verstimmt zu sein schien, als sie ihr Hotel wieder erreichten und dieser, nach dem Austeigen, ohne noch etwas zu sagen, einfach davon gestiefelt war und seine drei Freunde mit fragenden Mienen zurück gelassen hatte. „Ich werde mich noch einmal bei ihm endschuldigen gehen.“ Yukke hatte nicht auf eine Reaktion der anderen beiden gewartet, sondern lief sogleich in die Richtung, in die auch Satochi verschwunden war. „Irgendwie scheint das so etwas wie ein Fluch in dieser Band zu sein. Kaum glaubt man einen Kindskopf gebändigt, strebt auch schon der nächste nach vorn.“  Miyas Worten haftete etwas Ergebenes bei, und ließ Tatsuro sich augenblicklich schuldig fühlen. Irgendwie bezogen ihn Unstimmigkeiten in ihrer Gruppe immer mit ein, da schien es einfach kein Entkommen zu geben. Ein gutgemeintes Klopfen auf seine Schulter, ließ Tatsuro neben sich blicken, wo Miya nun an seiner Seite stand und in Richtung ihrer zwei davongeeilten Freunde blickte. „Ich hoffe mal, du nimmst Sato seinen „Spaß“ von vorhin nicht zu übel. Es ist ja nichts Neues, das er in so einem Zustand immer dazu neigt etwas kopflos zu handeln.“ „Keine Sorge…ich weiß ja…um seine…abstrusen Gedankengänge.“, meinte Tatsuro erheitert, auf das ein belustigtes Glucksen von Miya zu hören war, der nun an ihm vorbei schritt, worauf Tatsuro ihm kurzerhand folgte. Yukke hatte Satochi recht schnell ausmachen können und trottete die letzte sie trennenden Meter, auf seinen Freund zu, als dieser abrupt stehen blieb, um sich ihm folglich zu zuwenden. Er wusste das Yukke ihm nachkommen würde, da dieser es nie einfach auf sich beruhen lassen konnte, wenn er das Gefühlt hatte, wieder etwas in Ordnung bringen zu müssen. So wie auch jetzt. „Sato ich…“ Mit einer Geste, die anzeigte, dass er nicht weiter sprechen sollte, ließ er Yukkes Monolog verstummen, und setzte nun seinerseits an etwas zu sagen. „Schon in Ordnung, ich habe deine Entschuldigung schon längst akzeptiert. Es gibt keinen Grund, warum du dir noch irgendwelche Vorwürfe machen musst.“ Satochi wusste sehr gut um seine chaotische Ader, was ihm somit auch ein gedehntes Seufzen entlockte. „Ich bin halt manchmal ein ziemlicher Trottel und es tut mir leid.“, fügte er noch hinzu und ließ Yukke damit etwas fragend dreinschauen. Natürlich war er froh darüber, dass Sato nicht mehr sauer auf ihn war, aber warum genau dieser es als nötig ansah, sich bei ihm zu endschuldigen, drang nicht so recht zu ihm durch. „Aber…“ „Ach nichts aber, belassen wir es einfach dabei.“ Das muntere Gesicht, das Satochi nun wieder präsentierte, stimmte auch Yukke wieder etwas gelassener und ließ ihn davon Abstand halten, mit weiteren Fragen die eben wiedergefundene Harmonie erneut zu riskieren. Außerdem wollten sie heute Abend noch zum Lagerfeuer am Stand und da sollte die Stimmung nicht wieder durch irgendwelche Unsicherheiten getrübt werden. Er hatte gut daran getan, sich bei Yukke zu endschuldigen, das spürte Satochi auch für sich selbst, als sie den atmosphärisch beleuchteten Weg hinunter zum Meer entlanggingen und nichts mehr von der Anspannung zu vernehmen war, die noch vor kurzem über ihnen lag. Etwas vorneweg lief Tatsuro neben Yukke her, der ihm gerade etwas recht interessantes zu erzählen schien, da er zu seiner Ausführung, diverse Formen mit seinen Händen in der Luft wiederzugeben versuchte und Tatsuro recht fasziniert dreinschaute. „Irgendwie geben sie schon ein nettes Pärchen ab.“, stellte Miya bei diesem Anblick erheitert fest, worauf ihm Satochi nur zustimmend zunicken konnte. Der Grund, warum er vorhin bei ihrer Ankunft so rasch das Weite gesucht hatte, war einzig und allein der, dass er sich ziemlich dämlich vorgekommen war. Auch wenn es nicht das erste Mal war, das ihn der Alkohol zu unsinnigen Dingen verleitete hatte, so war ihm dennoch bewusst, dass er diesmal etwas zu weit gegangen war. Es war diese plötzliche Eingebung gewesen, nachvollziehen zu wollen, was genau Tatsuro Anziehungskraft noch ausmachte, das sich womöglich auch Yukke dem nicht mehr entziehen konnte. Unter normalen Umständen, hätte er sich natürlich nicht so dermaßen plump verhalten, nur hatte gerade dieser Teil in seinem Verstand nicht mehr so recht funktionieren wollen und demnach war das Ende seiner Aktion,  auch immer noch recht spürbar. Yukkes Ausdruck, als er ihn wieder zur Vernunft gerufen hatte, war ihm noch deutlich vor Augen, und auch jetzt verursachte diese Vorstellung noch ein leichtes Zucken in seinen Eingeweiden. Auch wenn er nicht zu hundert Prozent sagen konnte, warum Yukke so schroff reagiert hatte, war die Möglichkeit, dass dieser es aus einen Gefühl der Eifersucht heraus getan hatte, doch nicht ganz von der Hand zu weisen. Und hätte er wirklich recht mit seiner Annahme, dann war das, was er getan hatte, ihm gegenüber einfach nur unfair und unsensibel gewesen. Würde Yukke wirklich irgendwelche tieferen Emotionen für Tatsuro hegen, sollte er ihn nicht noch unnötig in verzwickte Situationen bringen und diesem dadurch womöglich noch Probleme aufladen, die alles nur noch schwieriger machen würden. Deshalb hatte er sich vorhin auch bei Yukke endschuldigen müssen, selbst wenn er davon ausgehen musste, dass dieser den Grund dafür nicht nachvollziehen konnte. Doch er hatte noch einmal die Kurve gekriegt und das nicht zuletzt, weil Yukke ihm diese Chance nicht verweigert hatte.  Ein weiterer Gedanke brachte ein erneutes Zippen in seiner Bauchregion hervor, als ihn einfiel das er  Yukke zwar um Verzeihung gebeten hatte, Tatsuro aber nicht. Denn hatte er doch glatt irgendwie ausgeblendet.  Aber dieser schien ihm auch nichts nachzutragen, wohl weil er seine Attacken irgendwo schon gewöhnt war. Doch nichts desto trotz, würde er sich bei Tatsuro ebenfalls noch entschuldigen. Und um ganz sicher zu gehen, ihn noch was Leckeres zu Essen ausgeben. *** Zufrieden begutachtete Tatsuro seinen Fund, den er in einer kleinen, bunten Tüte untergebracht hatte und hoffte, dass ihm nicht noch etwas unerwartetes einen Strich durch seine Plan machen würde, den er sich für heute Nachmittag  zurechtgelegt hatte. Er war wieder früh aufgestanden und erneut hier her zum Strand gekommen, um seine Suche vom Vortag fortzusetzen, welche heute glücklicherweise auch recht annehmlich ausgefallen war. So störte er sich auch nicht daran, dass er auf manch anderen Strandläufer, wohl etwas eigenwillig gewirkt haben musste, als er so eindringlich seiner Jagt nach Muscheln nachgegangen war. Doch für das, was er vorhaben würde, braucht er nur das beste Material und das musste erst einmal gefunden werden. Aus einiger Entfernung konnte er die dunklen Überreste des Lagerfeuers erkennen, an welchem sie gestern ihren Tag hatten ausklingen lassen, und auf welche er nun zuhielt. Er setzte sich auf einen der hellen Stämme, die man extra dafür aufgesetzt hatte und die sich farblich kaum von dem, umliegenden Sand unterschieden. Hier konnte er noch ein wenig seinen Gedanken nachhängen. Gestern Abend hatte er auch schon hier gesessen, dem Knistern des Feuers, verwoben mit dem Rauschen des Meeres gelauscht und in das sternenübersäte  Himmelszelt geblickt. Er hatte schmunzeln müssen, als er sich bei dem Gedanken erwischt hatte, es als romantisch zu empfinden. Und dann hatte plötzlich Yukke neben ihm gesessen und mit ihm in diese unendliche Weite geschaut. Sie hatten geschwiegen, aber es war keine unangenehme Ruhe gewesen. Später war Yukke an ihn gelehnt eingeschlafen, worauf er nicht anders gekonnt hatte, als wie hypnotisiert dessen entspanntes Gesicht zu betrachten und selig vor sich hin zu grinsen. Auch jetzt verfing sich bei dem Gedanken daran, ein seichtes Lächeln auf seinen Lippen mit dem er sich wieder erhob, um sich zurück zu ihrem Hotel zu begeben, bevor die anderen seine andauernden Abwesenheit noch nachgehen wollen und somit seine Absichten womöglich noch enttarnen würden. * Nach einem flüchtig wirkenden Blick auf seine Uhr, rechnete sich Tatsuro gedanklich die Zeitspanne zusammen, welche sie wohl benötigen würden, um wieder zurück zu ihrer Unterkunft zu finden, als ihm Yukke einen fragenden Gesichtsausdruck zukommen ließ, der zur Folge hatte, das sich Tatsuro gerade gänzlich durchschaut vorkam. Auch wenn dies ziemlich unwahrscheinlich erschien. Yukke ließ auch nicht von seiner durchdringenden Mine ab, worauf Tatsuro schließlich nur mit einem schiefen Grinsen kontern konnte, was Yukke folglich noch etwas skeptischer dreinblicken ließ. „Ich könnte jetzt…was zu trinken…gebrauchen.“, ließ er schließlich verlauten, worauf Miya seinen Blick schweifen ließ, um ihm kurzdarauf  auf einen Laden aufmerksam zu machen, wo er sich etwas gegen sein Durst würde holen können. Was ihn willkommener Weise auch aus seiner momentan etwas verkorkst wirkenden Lage befreien würde. Also entschuldigte er sich kurz, um dann auf eben verwiesenes Geschäft auf der gegenüber liegenden Passage zuzusteuern. Wenn alles gut ginge, blieben ihm jetzt noch ganze zwei Stunden. Es sei denn, das einem seiner Freunde noch ein spontaner Einfall zu einem weiteren -Sightseeing must go- einkommen würde, dem er sich dann aus diversen Faktoren auch nicht würde entziehen können. Versorgt mit einigen Getränken, verstaut in einer weißen Plastiktüte, die munter im Wind vor sich hin raschelte, macht sich Tatsuro wieder zurück zu seinen Freunden, die auf der anderen Seite der Straße in einer schattigen Ecke auf ihn gewartet hatten. „Also, wenn es euch nichts ausmacht, würde ich gern wieder zum Hotel zurück.“, hörte man plötzlich Satochi verkünden, worauf sich sämtliche Aufmerksamkeit auf diesen lenkte, was ihn zu einem kindlich anmutenden Strahlen animierte. „Heute findet ein Surfwettbewerb statt, den ich mir gern live anschauen würde. Aber nur, wenn es euch nichts ausmacht.“ Kurz herrschte Schweigen in ihrer Mitte, bevor Miya leicht mit den Schultern zucke und seine Zustimmung dazu abgab, der auch Yukke nichts entgegen zu setzen hatte. Abwartend blickte man nun zu Tatsuro, der Satochi nun am liebsten, wie eine vom Bösen befreite Maid, um den Hals gefallen wäre, für dessen Wunsch, das er gar nicht registrierte, das alles nur noch auf seine Meinung dazu wartete. „Tatsuro…?“  Erst das leichte Knuffen in seine Seite, löste ihn wieder aus seiner scheinbaren Teilnahmslosigkeit und ließ ihn etwas deplatziert in die Runde blicken. „Huh…“ „Ist das ok für dich, oder wolltest du noch wo anders hin?“, hakte Satochi vorsichtig nach, nicht sicher was die Reaktion seines Freundes nun genau bedeuten sollte. „Ah…, klar.., kein Problem…“, haspelte dieser nun los, und versuchte mit einem breiten Grinsen etwas von seinem wohl offensichtlich, verqueren Verhalten abzulenken. Ein dankbares Nicken von Satochi, ließ sie sich schließlich wieder in Bewegung setzen und Tatsuro zufrieden vor sich hin lächeln. Tatsuro fühlte sich etwas unruhig, seit er sein Zimmer wieder verlassen hatte und sich nun wie ein gesuchter  Verbrecher, durch die Gänge schlich, um ja zu vermeiden, dass einer seiner Freunde ihn entdecken könnte, um ihn zu seinen Plänen zu befragen, denen er für diesen Abend noch gedachte nachzugehen.  Zwar hatte er etwas vor, aber für diese Mission brauchte er keine Zeugen in Form von neugieren Freunden. Es sollte, wenn irgend möglich, schon ein Geheimnis bleiben. Zumindest bis er es erfolgreich gemeistert hatte. Es war ein glücklicher Zufall, das Satochi ihm ein einwandfreies Alibi hatte verschaffen können, als bald wie möglich zurück fahren zu können, ohne das er sich, im Fall eines Falles, selbst noch etwas hätte einfallen lassen müssen. Schließlich hatte er sich unter dem Vorwand, sich etwas schlafen legen zu wollen, von den anderen lossagen können, was nun dazu führte, das er sich in dieser Situation befand und nicht entdeckt werden durfte. Er konnte nicht sagen, wo sich Yukke und auch Miya befinden würden, nachdem er sich von ihnen getrennt hatte und so war nun äußerste Vorsicht geboten. Ein prüfender Blick um eine Ecke, ließ Tatsuro kurz zusammenschrecken, als er glaubte den rotblonden Schopf Yukkes in einer kleinen Menge ausgemacht zu haben, was ihm folglich ein leichtes Murren entlockte. Es waren nur noch ein paar Meter bis zu seinem Ziel und er würde sich wahrlich ärgern, wenn er nun noch ertappt werden würde. Ein erneuter Blick zeigte ihm, dass die Luft scheinbar wieder rein war und so setzte er an, sich so schnell und unauffällig in den Gang zu stehlen, den er anvisiert hatte. Tatsuros Aufmerksamkeit fiel auf den großzügigen Aushang an der Tür, durch die er gedachte zu gehen, und welchen er sich kurz durchlas, als sich besagte Tür öffnete und aus der ein kleines Mädchen huschte, gefolgt von einer recht großen Frau, die wohl ihre Mutter war. Noch einmal atmete Tatsuro tief durch, bevor er nun seinerseits die Tür auftat und in das Zimmer dahinter trat. Für einen kleinen Moment spürte er einige Blicke auf sich ruhen, welche aber schnell wieder von ihm abließen und ihn somit nicht in allzu große Aufruhr versetzten. Ein freundliche Stimme im Bariton, begrüßte ihn darauf, die Tatsuro einem etwas kräftigen Mann, in einem dieser leichten, bunten Hemden zuordnen konnte, welche er schon des Öfteren bei der einheimischen Bevölkerung gesehen hatte. Besagter Mann stellte sich ihm als Aono Otani, den Leiter vor, und ließ ihn wissen, dass, wenn er hier teilnehmen würde wollen, er sich gern einen Platz aussuchen können, und es schon in wenigen Minuten losgehen würde. Dankend nahm Tatsuro diese Information entgegen und suchte sich sogleich einen Tisch, der sich etwas weiter hinten ihm Raum befand und ihm hoffentlich auch die nötige Ruhe für sein Unterfangen bringen würde. Abwartend setzte er sich auf einen der Stühle und ließ seine Aufmerksamkeit über die anderen Teilnehmer schweifen, was in ihm erneut einige Verlegenheit aufkommen ließ. Es war zwar nicht so, dass er nicht geahnt hatte, was ihn hier erwarten würde, aber es sich nur vorzustellen und dann direkt damit konfrontiert zu werden, war doch schon ein gewisser Unterschied. Aber er tat es ja aus einem ehrlichen Gedanken heraus und dieser vermochte es auch, den Umstand der einzige Teilnehmer ohne Nachwuchs zu sein, etwas zu entschärfen. Auch wenn er damit rechnen musste, das man ihn schon etwas schräg ansehen würde, wenn er sich an einer Kreativarbeit versuchte, die eigentlich für Kinder und deren Eltern ausgelegt schien. Zumindest, wenn er sich hier so umblickte. Jedoch hatte ihn der Gedanke, selbst etwas für Yukke anfertigen zu können, von dem Moment an, als er diesen Aushang gelesen hatte, nicht mehr loslassen wollen. So hatte er beschlossen, dass er es wenigstens einmal versuchen wolle, selbst wenn es recht peinlich werden würde. Doch das würde er schon überleben. Hauptsache, er bekam etwas zu Stande, worüber sich Yukke freuen könnte. Erneut vernahm er die Stimme von Aono-sensei, der nun zu Aufmerksamkeit aufrief und somit den Grund ihrer Anwesenheit einleitete. Zufrieden begutachtete Tatsuro seine Ausbeute, die er noch heute Morgen eingeholt und erst vorhin ausgiebig gesäubert hatte und begann das beste Stück seiner Muschelsammlung herauszusuchen, um es dann in dem Masse  bearbeiten zu können, wie es Aono-sensei ihnen gerade ausführlich erklärt hatte. Er hoffe inständig, das er für solch eine Arbeit nicht zu ungeschickt sein würde, da er nicht gerade mit dem Fingerspitzengefühl aufwarten konnte, wie jemand der virtuos ein Instrument zu spielen wusste. Aber wenn man es Kindern zutrauen konnte, warum sollte er dann nicht auch damit zurechtkommen? Das erste innige Schniefen drang zu Tatsuro hinüber, worauf er verfolgen konnte, wie ein um Aufmunterung bemühter Vater die Überreste einer Muschel zur Seite kehrte und seiner kleinen Tochter beruhigend über die dunklen Haare strich, um einem anstehenden Tränenschwall entgegen zu wirken. Diese Szene veranlasste Tatsuro, noch etwas behutsamer zu hantieren und sich folglich mit diversen Werkzeugen zu bewaffnen, die bei der Bearbeitung dieses Materials dienlich sein würden. Eine halbe Stunde und einige Ausrufe der Verzweiflung später, besah sich Tatsuro, den ersten Schritt seiner Arbeit mit kritischem Blick und musste zugeben, dass er bis jetzt doch recht zufrieden mit sich war. Jedoch stand ihm nun noch der Teil bevor, wo es darum ging seinem erstellten Motiv auch die gewünschte Form zu verleihen, was bedeutete, das immer noch alles schief gehen konnte, und er dann wieder von vorn anfangen müsste. Das plötzliche, merkwürdige Empfinden beobachtet zu werden, ließ ihn kurzum aufblicken, wo er, in etwas Abstand vor seinem Tisch, einen kleinen Jungen ausmachen konnte, der ihn und sein Schaffen interessiert verfolgte. Ohne weiter auf diesen einzugehen, widmete sich Tatsuro wieder seiner Arbeit, nur um einige Augenblicke später, besagtes Kind direkt an seiner Tischplatte ausmachen zu dürfen, über welche der Junge gerade so seinen Kopf strecken konnte und ihn weiter fixierte. „Kann ich dir…irgendwie helfen?“, erkundigte sich Tatsuro misstrauisch, mit dem Gedanken, das dieser Junge sich nun vielleicht über ihn lustig machen würde, da er hier so fehl am Platze wirkte. „Ich kenne dich.“, bekam Tatsuro schließlich als Antwort, was ihn fragend eine Augenbraue nach oben ziehen ließ. Was sollte er denn darauf nun erwidern? Am besten er ignorierte dieses Kind einfach wieder. Es würde schon verschwinden, wenn es ihm zu langweilig wurde. „Was machst du da?“, drang es erneut an sein Ohr und Tatsuro fragte sich, wo um alles in der Welt, denn die Eltern dieses Kindes waren, die ihn doch bitte schleunigst wieder davon befreien sollten? Tatsuro schickte einen prüfenden Blick durch den Raum und die darin befindlichen Personen, aber niemand schien sich darum zu kümmern, was dieser Junge tat, was wohl bedeutete, dass er ihn so schnell nicht wieder loswerden würde. „Ist das ein Fisch?“ Tatsuro schaute etwas fassungslos, ob der Frage des kleinen Besuchers, der sein Werk nun in seinen kleinen Fingern hielt und es ausgiebig begutachtete. „Das ist kein…Fisch!“, brachte er etwas mürrisch hervor und nahm ihm das Stück Perlmutt wieder ab, um es sich daraufhin abermals kritisch zu begutachten, ob seine Schablone wirklich so unkenntlich erschien, wie man es ihm gerad einreden wollte. Mit einen leichten Kopfschütteln, deutete er die Albernheit seiner Reaktion auf die Worte des Jungen, war ihm doch bewusst, dass Kinder zumeist eine etwas andere Auffassung von Dingen vertraten, als es ein Erwachsener tat. „Das ist ein…Bass.“ Eigentlich war es Tatsuro ziemlich egal, was dieser Bengel dachte, doch das er seine Aufzeichnung mit einem Fisch verglich, nagte irgendwo doch etwas an seiner Künstlerehre. „Ich mag das Schlagzeug lieber.“ Etwas verblüfft schaute er nun wieder auf den Jungen vor sich, der ihn nun frech angrinste. „Wo sind denn…deine Eltern? Die…suchen dich doch…bestimmt schon.“ hakte Tatsuro schließlich nach, worauf der Junge nun um den Tisch herum ging und sich auf den Stuhl neben ihm setzte und weiter vor sich hin strahlte. „Meine große Schwester passt auf mich auf.“,  verkündete dieser schließlich glücklich. „Meine große Schwester ist die Beste der Welt. Sie bringt mich immer zum Lachen, wenn ich traurig bin. Und denkt sich immer neue Spiele für mich aus.“ Irgendwo war es ja schon rührend, wie dieser kleine Kerl sich so über die Liebe seiner Schwester freuen konnte, doch wo war diese ominöse Schwester jetzt? „Wo ist deine…Schwester jetzt?“ „Ihr ging es nicht gut und da bin ich losgegangen, um ihr etwas zu suchen, was sie wieder fröhlich macht. Sie ist oft krank, deshalb bin ich mit ihr, Oto-san und Oka-san auch hierher geflogen, damit es ihr bald wieder besser geht.“ So wie es aussah, hatte sich dieses Kind, also ohne das Wissen seiner Aufpasser davongemacht und Tatsuro konnte sich gut vorstellen, das sobald man seine Abwesenheit bemerken, diese sich große Sorgen machen würden. „Wo ist dein…Zimmer? Welche… Nummer hat es?“ Auch wenn der Umgang mit Kindern nicht zu seinen Stärken zählte, so sah er sich als Erwachsener doch schon dazu verpflichtet, diesen Jungen wieder zu seiner Familie zu bringen, die auch  hoffentlich in diesem Hotel wohnen würde. „Ich weiß es nicht. Zahlen sind langweilig, aber Zuckerwatte mag ich.“ Gut, das war schon mal ein Anfang. „Aber du wohnst… hier in diesem… Hotel?“ Ein heftiges Nicken beantworte ihm seine Frage und Tatsuro überleg, wie er nun am besten vorgehen sollte. Eine leise Melodie ertönte aus der Richtung des munteren Jungen, der daraufhin in seiner kleinen Umhängetasche zu kramen begann, um kurz darauf ein Handy zu Tage zu fördern und den darauf eingehenden Anruf fröhlich entgegen zu nehmen. Dem Gespräch konnte Tatsuro entnehmen, dass es sich um besagte Schwester handeln musste. Dem Gesichtsausdruck des kleinen Jungen nach zu urteilen, war diese nicht sonderlich darüber erfreut, dass dieser sich einfach so davongestohlen hatte, da dieser nun deutlich zu schmollen begann. Nach einem weiteren Laut verstanden zu haben, klappte er sein Telefon zu und ließ es wieder in seiner Tasche verschwinden. „Meine Schwestern kommt mich abholen.“, gab er dann trotzig zu verstehen, doch schon im nächsten Augenblick hellte sich seine Mine wieder auf, worauf sich Tatsuro mit zwei großen, braunen Augen konfrontiert sah, was ihm etwas Unbehagen verschaffte. „Hilfst du mir etwas für meine Schwester zu basteln?“, folgte die Bitte und irgendwie kam sich Tatsuro gerade etwas ratlos vor. Aber so konnte er dieses Kind noch solange beschäftigen, bis seine Schwester ihn holen würde, und somit garantieren, dass dieser nicht einfach ungesehen wieder davonrennen konnte. „Na gut. Ich …helfe dir.“ Die darauf folgende Freude, die ihm der kleine Junge, in Form einer innigen Umarmung zukommen ließ, war wieder etwas das Tatsuro leicht überforderte, war er solche Attacken doch nur von ihm recht vertrauten Personen gewöhnt. Schließlich ließ dieser wieder von ihm ab und schaute nun gespannt, vom Tisch mit den Werkzeugen, zu Tatsuro und wieder zurück, was Tatsuro ein leichtes Schmunzeln verschaffte. „Was für eine Form…würde deiner…Schwester gefallen?“ Wieder musste Tatsuro lächeln, als man ihm schlicht und ergreifend ein Herz aufmalte, dessen Umsetzung nun nicht solch ein Problem darstellen sollte. „Wie heißt du…eigentlich?“, kam Tatsuro die Frage in den Sinn, nun da sie schließlich zusammen an etwas arbeiteten. „Koizumi Makoto, aber alle nennen mich Mako-chan.“ „Mako-chan also…, ein schöner Name…. Ich bin Tatsuro.“ „Ich weiß.“, begegnete ihn Mako-chan heiter, und versuchte sich weiter daran, ein besonders schönes Herz als Schablone zu zeichnen. Zwar wusste Tatsuro nicht so recht, wie er diese Antwort interpretieren sollte, doch so gesehen, waren Kinder ihm schon immer ein Rätsel gewesen. Also beschloss er sich nicht weiter Gedanken darüber zu machen und es dabei zu belassen. Eine gute viertel Stunde später, hielt Mako-chan dann schließlich auch den herzförmigen Anhänger stolz in seinen Händen. Auf das ihm Tatsuro noch half ein Loch in das empfindliche Material zu bohren, und eine Schlaufe mit kleinen Holzperlen daran anzubringen, damit man das Herz auch an einer beliebigen Sache befestigen würde können. Gerade als ihm Mako-chan, seine Hand zu einem High Five entgegenhielt und Tatsuro darauf einging, hörte er eine etwas matte Stimme nach dem Jungen rufen. Dieser sprang darauf ruckartig auf und griff Tatsuros Hand, um ihn mit sich in Richtung einer recht schmalen Person zu ziehen, die bei seinem Anblick perplex die Augen weitete. Gefolgt davon, dass sie sich verlegen eine ihrer ebenso schmalen Hände vor den Mund legte, um ihrem Erstaunen so noch mehr Ausdruck zu verleihen. „Onee-san, schau wem ich für dich gefunden habe.“, tönte es nun von dem kleinen Jungen, der noch immer Tatsuros Hand umfasst hielt und sich diebisch zu freuen schien. „Oh.., ähm…, ich…“ Tatsuro musste zugeben, dass die junge Frau, die sich gerade so Verlegen zeige, wirklich einen sehr zerbrechlichen Eindruck machte, was die Aussage von Mako-chan, dass seine Schwester oft krank sei, nur noch zu beständigen wusste. „Hallo!“, begrüßte er die junge Frau, die immer noch reichlich verschüchtert wirkte, was Mako-chan mit einem freudigen Quietschen quittierte. „Wenn ich mich…vorstellen darf…mein Name ist…“ Ein leichtes Zerren an seiner Hand, und der Hinweis, dass seine Schwester schon genau wisse wer er war, ließ ihn in seinen Worten inne halten. Ah, es handelte sich dann wohl um einen ihrer Fans, was auch das anhaltende, unsichere Verhalten etwas besser erklären konnte. „Oh…, es tut mir sehr leid!“, hörte er es nun von der jungen Frau zu sich dringen, welche sich dazu in eine tiefe Verbeugung begeben hatte, was eine nicht zu leugnende Neugier der anderen Teilnehmer mit sich brachte. Der Tatsuro damit entgegen wirkte, dass er die junge Frau bat sich wieder aufzurichten und sich mit an ihren Tisch zu begeben, damit sie sich, wenn sie es wünschte, auch setzten konnte. Zögerlich kam sie dieser Aufforderung nach, was ihr Tatsuro mit einem freundlichen Lächeln dankte, das der jungen Frau einen noch deutlicheren Rotschimmer auf die blassen Wangen legte. Kaum das sie sich niedergelassen hatte, folgte eine erneute Entschuldigung, dafür das ihr kleiner Bruder ihn so einfach in Beschlag genommen hatte, und ihn somit sicherlich von seinen eigenen Anliegen abgebrachte habe. Dem folgte ein Schwall aus Dankesworten, dass er sich Mako-chan angenommen hatte und eine weitere tiefe Verbeugung, was Tatsuro nur mit einen verstehenden Lächeln verfolgen konnte, bevor er dazu überging ihr zu erklären, das Mako- chan ihm keine Umstände gemacht habe und sie sich für ihn nicht zu endschuldigen brauche. Ein etwas verschämtes Nicken der jungen Frau ließ zwar annehmen, dass es ihr trotz seiner Bekundung, das alles in Ordnung sei, immer noch unangenehm war, sie jedoch nicht weiter darauf beharren würde, sich noch weitere hundert Mal entschuldigen zu wollen. Nun meldete sich auch Mako-chan wieder zu Wort, indem er zu seiner Schwester auf den Schoß kletterte und ihr voller Stolz den Anhänger präsentierte, mit dem Hinweis, dass er diesen nur für sie und zusammen mit Tatsuro Onii-san gebastelt habe, worauf er diesen Bestätigung suchend anblickte. „Ich habe nur... etwas Unterstützung…geleistet“, ließ er schließlich wissen, um den eigentlichen Grund für dieses Geschenk nicht gänzlich darunter zu begraben, dass er zu einem gewissen Teil daran mitgearbeitet hatte. Denn letztendlich war es ein Präsent von Mako-chan an seine große Schwester, die ihm wirklich sehr wichtig war. Ein herzliches Lächeln hellte nun das Gesicht der jungen Frau auf, als sie den Anhänger entgegen nahm und ihren kleinen Bruder daraufhin dankend in eine innige Umarmung schloss. Neckend wuschelte sie ihm durch die kurzen, dunklen Haare, was Mako-chan mit inniger Freude erwiderte. Der Anblick dieser Verbundenheit, zauberte auch Tatsuro ein Lächeln auf die Lippen, was ihn schlagartig wieder daran erinnerte, dass er ja selbst auch noch etwas umzusetzen hatte und sich so langsam damit sputen müsse, wollte er es noch fertig bekommen. Konzentriert richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf sein verwaistes Projekt und störte sich auch nicht daran, dass er nun zwei interessierte Beobachter an seiner Seite hatte, die sein Tun verfolgten. Würde sich Yukke nur halb so sehr über sein Geschenk freuen, wie Mako-chan´s Schwester, dann wäre es die Mühe wahrlich wert gewesen. Kapitel 35: I wish I would know ------------------------------- Kapitel 35: I wish I would know                       Yukke fühlte sich etwas unwohl, und konnte doch nicht sagen, was genau ihm dieses aufwühlende Gefühl verschaffte, als er sich wieder zurück zum Hotel begab und Miya und Satochi am Strand zurück ließ.  Sein Blick schweifte über die nun beleuchtete Fassade des Gebäudes vor ihm und in jene Richtung, wo auch das Zimmer von Tatsuro und Satochi lag. Ob Tatsuro noch schlief? Vielleicht, so kam es ihm darauf in den Sinn, war dieses merkwürdige Gefühl das er verspürte, doch einfach nur Sorge um seinen Freund, welche in letzter Zeit, ja des Öfteren in ihm aufkeimte, wenn dieser nicht bei ihnen war. Aber irgendetwas war diesmal anders, auf eine unerklärliche Art intensiver und er wusste einfach nicht, wo er dieses Empfinden einordnen sollte. Vielleicht hatte er sich zu sehr in seine Rolle, auf Tatsuro achtgeben zu wollen, hineingesteigert und redete sich nun stets und ständig irgendwelche undefinierbaren Gemütsbewegungen ein, was diesen betraf. Ein resigniertes Seufzen trat über Yukkes Lippen. Wenn das so weiter ginge, dann könnte es auch durchaus passieren, dass er bald nicht mehr unterscheiden konnte, wann es zu viel mit seiner Hingabe wurde und Tatsuro ihn nur noch als lästig ansehen würde. Nein, soweit sollte er es gar nicht erst kommen lassen. Er müsste einfach nur etwas Abstand halte, von diesem ausgeprägten Fürsorgedrang, und darauf vertrauen, dass Tatsuro sich auch ohne seine ständige Bemutterung zurechtfinden würde. Schließlich war dieser ein erwachsener Mann und durchaus in der Lage sein Leben selbst zu koordinieren. Noch immer in seine Überlegungen vertieft, durchquerte er die Eingangshalle, um nur wenig später in seinen Schritten inne zu halten und sich fragend umzusehen. Er hatte wohl den falschen Flur erwischt, über seine Gedankengänge und Vorsätze hin. Schon im Begriff sich wieder umwenden zu wollen, hörte er wie sich eine, der in diesem Gang untergebrachten Türen öffnete, aus der darauf das quirlige Plaudern von Stimmen zu vernehmen war. Nur einen Augenblick später, tobten auch schon mehrere Kinder auf den Flur, gefolgt von einigen Erwachsenen. Zwei kleine Jungen rannten in seine Richtung, der eine im Versuch den anderen fangen zu wollen, worauf sich der Gejagte hinter Yukke zu verstecken versuchte, was damit endete, das nun zwei vergnügte Kinder um ihn herumrannten und ihn quasi dazu zwangen, seine Position noch etwas beibehalten zu müssen. Und dann trat etwas vor seine Augen, was er im ersten Moment gar nicht als real erfasste, sondern nur als eine Täuschung seiner Sinne ansah. Eine Person die Tatsuro ähnlicher nicht hätte sein können. Ziemlich perplex betrachtete Yukke die Szene vor sich, die, so sehr er es auch als Einbildung abtun wollte, schließlich keinen Zweifel daran ließ, dass es sich wirklich um Tatsuro handelte, da er dieses Shirt ohne Zweifel dessen morgendlicher Kleiderauswahl zuordnen konnte. Seinem noch immer recht innigem Erstaunen folgte, mit einem Male, ehrliche Fassungslosigkeit, als er beobachten konnte, wie dieser einen kleinen Jungen an der Hand hielt. Tatsuro sich mit einer etwas unscheinbar wirkenden Frau unterhielt, die ihn verlegen aber interessiert anstrahlte, gefolgt von einem amüsiert, dezenten Lachen, wohl auf eine Pointe von Tatsuros Worten hin. Yukke konnte nicht sagen, was er getan hätte, hätte Tatsuro ihn entdeckt, doch war das Gefühl, als dieser sich nun in die andere Richtung wandte und mit besagter Frau und dem kleinen Jungen davon ging, etwas das dieses immer noch spürbare Unwohl sein in seinem Innere äußerst merklich zu steigern wusste. Auch wenn der Drang sich nun ebenfalls entfernen zu wollen, immer heftiger in ihm aufstieg, so war er doch einfach nicht in der Lage sich bewegen zu können. Es war schon dunkel, als sich Miya und Satochi ebenfalls wieder im Hotel einfanden und ihre Zimmer anstrebten, um sich vor einem Besuch der Bar noch etwas auszuruhen. Und vor allem, sich wieder etwas herzurichten, nach den Stunden zwischen, Sonne, Strand und Wind. Kaum das Miya den Raum betreten und den Lichtschalter betätigt hatte, fiel seine Aufmerksamkeit auf das Bett von Yukke, in welchem dieser gerade auch zu schlafen schien, rührte sich dieser auf sein Erscheinen hin auch nicht ein Stück. Kurz trat Miya näher an seinen Freund heran, der ihn auch jetzt nicht zu registrieren schien, und nach einem weiteren nachdenklichen Blick, suchte er sich schließlich, um Ruhe bemüht, einige frische Sachen herzu und verließ daraufhin wieder das Zimmer. Satochi war etwas überrascht, ob dem unerwartet, frühen Auftauchen seines Freundes, doch nachdem dieser die Situation erklärt hatte, nickte er verstehend und ließ Miya eintreten. Diese schaute sich prüfend um, bevor er sich mit einem unheilschwanenden Gesichtsausdruck wieder an Satochi wendete. „Wo ist den Tatsuro?“, erkundigte er sich etwas misstrauisch, da er das Gefühl nicht abschütteln konnte, das sich erneut etwas Unerfreuliches ereignet haben könnte. „Keine Ahnung. Er war schon nicht mehr hier, als ich zurückgekommen bin. Vielleicht ist er sich nur mal etwas die Beine vertreten gegangen.“ Satochi mochte durchaus recht haben mit seiner Vermutung, aber vielleicht lag doch schon wieder etwas anderes in der Luft, was sie bis jetzt nur noch nicht zu deuten wussten. „Lassen wir uns mal wieder überraschen.“, murmelte Miya und hoffte, dass sich diese seltsame Ahnung, die ihn gerade umfing, nicht auch noch beständigen würde. „Ich kann ihn ja mal anrufen und fragen, ob er sich dann mit uns zusammen tun will.“, meinte Satochi daraufhin, was Miya zu dem Gedanken brachte, das Sato vielleicht genau die gleiche Überlegung durch den Kopf gegangen war und er sich nun ebenfalls vergewissern wollte, das nichts Beunruhigendes zwischen ihren beiden Freunden vorgefallen war. Es war nicht das, was er erwartet hatte, das musste Miya zugeben, als Tatsuro später in der Bar, zu ihnen stieß und recht ausgeglichen wirkte, ohne dass man das Gefühl vermittelt bekam, dieser wollte ihnen seine gute Laune nur vorgaukeln. Anscheinend hatte er sich doch nur unnötig Sorgen gemacht. „Wo habt ihr denn… Yukke gelassen?“ Miya stutze etwas über diese Frage. „Seid ihr euch vorhin, nicht über den Weg gelaufen?“, hackte er nach und erntete dafür ein verdutztes Gesicht seitens Tatsuros. „Nein, ich dachte…er wäre bei euch.“ „Das war er auch, nur ist er etwas früher als wir wieder zurück.“, erklärte ihm Satochi daraufhin weiter, was aber immer noch nicht deutlich machte, wo sich Yukke derzeit befand. „Und wo…“ „Er liegt in seinem Bett und schläft, zumindest tat er das vorhin noch.“ Auch wenn der Umstand, dass Yukke sich schon hingelegt hatte, nichts Ungewöhnliches darstellte, so schien es Miya doch noch irgendwo eine Ungereimtheit zu geben. Aber so wie es aussah, wusste auch Tatsuro nichts darüber. „Wo warst du eigentlich vorhin, als ich dich angerufen habe?“ Satochis Frage, über den Aufenthaltsort Tatsuros, klang nicht merkwürdiger in ihrem Ton, als wenn er ihn einfach nach der Uhrzeit gefragt hätte. Doch von seinem Standpunkt ausgesehen, fühlte sich Miya gerade, als würden sie Tatsuro ins Kreuzverhör nehmen, da dieser ihnen nicht ganz geheuer erschien, und sie ihm durch unterschwelligen Druck zu einem allumfassenden Geständnis bringen wollten. Dabei war gar nicht klar, dass es überhaupt etwas aufzuklären gäbe. Warum sollte Tatsuro nicht einfach einen Spaziergang gemacht haben und Yukke nicht einfach nur müde gewesen sein? Dieses ganze Hin und Her zwischen den beiden, hatte ihm wohl schon zu sehr zugesetzt und nun sah er hinter jeder unerwarteten Geste, ein Unglück lauern. Es wäre wahrlich einfacher, wenn die Fronten klar und deutlich wären. Entweder die beiden waren nur Freunde, oder es war doch mehr im Spiel. Doch würde er sich hüten dieses Thema vorzubringen, und damit am Ende selbst das totale Chaos losreißen. „…zum Tee eingeladen?“ Satochis Verblüffung in seiner Frage, holte Miya wieder zu ihnen zurück, um nun ebenfalls fragend dreinzublicken, da ihm gerade völlig der Faden, über den Inhalt des Gesprächs zwischen seinen zwei Freunden, verloren gegangen war. „Es war…ein Dankeschön…für etwas Hilfe.“, begründete Tatsuro sein Verbleiben, nahm aber davon Abstand, näher ins Detail zu gehen, da er sich womöglich sonst noch verplaudert hätte, was den Ursprung dieser Einladung anging und das wollte er noch solange vermeiden, bis er Yukke sein Geschenk überreicht hatte. Er wollte nicht riskieren, dass man ihm seine Überraschung womöglich noch vorweg nahm. Er wusste, das Sato manchmal etwas zu redefreudig sein konnte, wenn die Stimmung ausgelassen wurde. „Und was für eine Art von Hilfe war das?“  Genau jetzt war der Moment, wo man behaupten konnte, Satochi hatte sich an etwas festgebissen, und Tatsuro war Miya augenblicklich dankbar, als dieser meinte, das Sato nicht so neugierig sein solle, da er schließlich kein kleines Kind mehr wäre. Ein Grinsen huschte Tatsuro über die Lippen, als Satochi daraufhin etwas trotzig zu Miya schielte, als wäre er der größte Spielverderber aller Zeiten, was das angesprochene Kinderimage nur noch weiter untermauerte. Hoffentlich lag Yukkes zeitiges zu Bett gehen, auch wirklich nur an großer Müdigkeit und nicht daran, dass dieser sich vielleicht krank fühlte. Aber um dies feststellen zu können, würde er wohl noch bis morgen warten müssen. Sollte sich seine Befürchtung bestätigen, dann würde er sich schon darum kümmern, dass es diesem so schnell wie möglich wieder besser ging. Denn es wäre nur ein bescheidener Bruchteil dessen, was er in Bezug auf Yukkes Fürsorge zu ihm wieder gut machen könnte. *** Wolken verdeckten das Blau des Himmels, als sie sich wieder in den Wagen setzten, was die Spekulation aufbrachte, das es heute wohl noch regnen würde. Über die Stunden verteilt, die Tatsuro Yukke heute beobachten konnte, war in ihm das Gefühl aufgekommen, das etwas mit diesem nicht so recht stimmte, auch wenn Yukke sich große Mühe gab, es nicht danach aussehen zu lassen. Heute Morgen hatte er sich sofort bei diesem erkundigt, wie es ihm so ginge, und darauf ein, „Gut.“ zu hören bekommen. Tatsuro war zwar nicht wirklich überzeugt gewesen, hatte aber auch davon abgesehen, Yukkes Antwort wegen nicht ausreichender Glaubwürdigkeit, hinterfragen zu wollen. Das Einzige was er tun konnte, war seinen Freund und dessen Benehmen zu studieren, was seine Vermutung letztendlich nur noch zu bekräftigen wusste. Yukkes Lächeln war nicht echt, das konnte er mit hundertprozentiger Gewissheit sagen, zu vertraut war ihm die Reflektion von positiven Emotionen auf Yukkes Gesicht. Auch seine Augen strahlten nicht die ihm so geliebte Wärme aus, die ihn schon so oft eingesponnen hatte. Nur was war der Grund für Yukkes Unausgeglichenheit? War gestern Abend noch etwas vorgefallen, von dem dieser ihnen nichts erzählen wollte? Oder fühlte er sich tatsächlich nicht sehr wohl und tat jetzt nur so unbefangen, damit er ihnen keine Sorgen bereitete? Es wäre so typisch für Yusuke, wenn dies der Fall wäre. Aber was sollte er tun? Wenn Yukke sich nicht mitteilen wollte, dann musste man das auch akzeptieren, selbst wenn es einen noch so sehr aufzuwühlen wusste. Außerdem kannte er ihn gut genug um zu wissen, dass dessen Fassade nur noch massiver werden würde, je mehr man ihm einen Gemütszustand einreden wollte, welchen er zu verstecken versuchte. Es würde einfach nichts bringen. Vielleicht, machte er sich aber auch nur schon wieder zu viele Gedanken, und dessen Verhalten würde sich schon bald wieder ändern. Es konnte genauso gut nur eine kleine Phase sein. Auf jeden Fall, würde er ihm im Auge behalten.   Spätestens heute Abend würde sich zeigen, ob mehr hinter all dem steckte, oder nicht. Denn wenn er eines wusste dann, das Yukke eine Vorliebe für diese traditionellen Volksfeste hatte, von denen heute eines stattfinden würde und zu welchem sie schon geplant hatten zu gehen. Sollte auch dies Yukkes alte Form nicht zurückbringen können, dann würde er ihn zur Rede stellen müssen, egal mit welcher Reaktion er dazu zu rechnen hätte. Es war früher Nachmittag, als die ersten vereinzelten Tropfen gen Boden strebten und Tatsuro über dieses unerfreuliche Naturschauspiel ein anklagendes Murren entrann. So würde das mit dem Fest nichts werden! Sie hatten sich, kurz nach ihrer Rückkehr, in die kleine Lobby des Hotels gesetzt und ihre Zeit damit verbracht, Karten zu spielen und sich über ihren Aufenthalt hier zu unterhalten. Die Tage, die sie schon hier waren, hatten doch einiges an interessanten Eindrücken hinterlassen, und vom derzeitigen Stand der Dinge, war es schließlich doch noch eine ziemlich gute Idee von Seiten Satochis gewesen, diese Tour einzufädeln. Manchmal war dessen, nicht immer nachvollziehbares Wesen, eben doch ganz auflockernd. Ein empörter Ausruf von Miya, ließ Tatsuro kurzerhand leicht grinsen, als dieser sich bei Satochi darüber beschwerte, das jener beim ihrem Spiel wohl neue Regeln eingeführt hätte, nur weil er auf dem üblichen Weg keine Ahnung zum Gewinnen habe. Prüfend lugte Tatsuro daraufhin zu Yukke hinüber, nur um festzustellen, dass dieser ihn ebenso anvisiert hatte. Es war ein seltsamer Moment, als sich ihre Blicke trafen und Tatsuro feststellen musste, das er den Ausdruck auf dem Gesicht seines Freundes nicht richtig zuordnen konnte. Yukke wirkte müde, vielleicht aber auch traurig über etwas. Oder doch eher nachdenklich? Das einzige was Tatsuro deutlich wurde war, die Schwere die sich bei diesem Anblick auf ihn senkte und der erneute Drang zu fragen, was Yukke so zu schaffen machte. Doch kaum, dass er auch nur eine Silbe hätte vorbringen können, hörte er Yukke sagen, dass dieser auf ihr Zimmer gehen würde, da ihm das triste Wetter etwas schläfrig gemacht habe. Und schon war dieser auf und davon. Hätte Tatsuro sich nun seinen beiden anderen Freunden zugewandt, anstatt Yukke nachzuschauen, wäre ihm deren fragende Blicke sicherlich Grund genug gewesen, sich zu erkundigen, ob diese wüsste was mit Yukke heute nicht so recht stimmen mochte. Doch er hielt seine Aufmerksamkeit auf die sich entfernende Gestalt Yukkes gerichtet und kam nicht umhin sich einzubilden, dass dessen merkwürdig anmutendes Auftreten, vielleicht etwas mit ihm zu tun haben könnte, fühlte er sich doch gerade etwas überfordert. „Here we go again…“, hörte er Satochi murmeln, legte es aber damit aus, das dieser ein erneutes Spiel mit Miya anstrebte und schenkte dem folglich nicht weiter Beachtung. Vielleicht sollte er Yukke hinterher gehen und versuchen in Erfahrung zu bringen, was mit diesem los war. Er würde eh keine Ruhe mehr aufbringen können hier weiter herumzusitzen, wenn ihm so viele chaotische Gedanken durch den Kopf gingen. „Ich muss mal… wohin.“, teilte er schließlich sein Aufbrechen mit, worauf auch er kurz darauf, aus dem Blickfeld seiner beiden Freunde verschwand. „Kommt dir das nicht irgendwoher bekannt vor?“, erkundigte sich Sato, der nun in seinem Sessel zurücksank und überlegend auf die Karten in seiner Hand blickte. „Was? Dass die beiden schon wieder ein Problem mit sich zu haben scheinen? Ehrlich, das ist etwas mit dem ich mich schon seit Monaten konfrontiert sehe.“, erwiderte Miya die Frage seines Gegenübers, um folglich eine Karte auf den runden Tisch vor ihnen zu legen. „Yukke bereitet mir schon etwas Kopfzerbrechen.“, teilte Satochi seinen Gedanken mit. „Heute scheint er mir nicht so recht er selbst zu sein, was die Vermutung aufkommen lässt, dass sich gestern Abend, wohl doch noch etwas ereignet haben muss, wovon er uns nichts erzählen möchte. Und außerdem kommtes mir so vor, als wäre Tatsuro da irgendwie ein Teil des Rätsels, nur dass er keinen Schimmer davon hat. “ „Schon möglich, aber sicher kann man das nicht in Verbindung bringen. Denn soweit wir wissen, sind sich Yukke und Tatsuro gestern nicht noch einmal über den Weg gelaufen, warum also sollte er nun den Grund für dessen sonderbares Verhalten darstellen?“ Noch immer wartete Miya darauf, das Sato den nächsten Zug tat, doch blickte dieser weiter angespannt in sein Blatt und nickte nur leicht, ob der Worte seines Freundes. „Hmm…, das ist etwas kompliziert.“ Miya war sich nicht sicher, ob Satochi seine Anmerkung nun auf seine Kartenauswahl oder auf das Verhalten seiner beiden Freunde bezog, doch in Hinsicht auf Tatsuro und Yukke schien der Begriff -kompliziert- wirklich schon einen Standartzustand zu beschreiben. Es war einfach zum verrückt werden! Man konnte nie auch nur erahnen, wann sich wieder solche eine Kaltfront im Anflug auf deren Beziehung zueinander befand, so dass es auch nie möglich war, irgendeine Art der Vorkehrung diesbezüglich treffen zu können. Von einem Moment in den anderen, befand man sich plötzlich mit Wind und Regen konfrontier und wusste gar nicht, wie einem schon wieder geschah. Es war wirklich zermürbend. Unterdes, stand Tatsuro etwas unschlüssig vor der Tür, die zu dem Zimmer führte, in welchem Yukke vor wenigen Augenblicken verschwunden war und haderte mit seinem Vorhaben, diesen auf sich aufmerksam zu machen. Vielleicht war es besser, wenn er ihn doch erst einmal alleine ließ. Womöglich wäre Yukkes Laune zu einem späteren Zeitpunkt einfacher zu deuten, als wie vorhin? Auf keinen Fall wollte er ihm unbedacht auf die Nerven gehen, wenn dieser letztendlich doch nur etwas Ruhe nötig gehabt hätte und deshalb so verspannt erschien. Auch wenn Tatsuro der Gedanke, das er womöglich der Grund für Yukkes derzeitigen Gemütszustand war, nicht in Ruhe lassen wollte, so empfand er es schließlich doch als überlegter, sich erst einmal wieder zurückzuziehen. Sollte er auch zu einem späteren Zeitpunkt noch feststellen müssen, dass Yukkes Stimmung keinen Aufschwung gefunden hatte, dann konnte er ihn immer noch ganz unverbindlich darauf ansprechen. * Die Wolken hatten sich verzogen, und nur vereinzelte kleine Pfützen und der erdige, feuchte Geruch, der in der frühabendlichen Luft hing, kündete noch von dem zuvor gefallen Schauer. Tatsuro war nicht wieder zurück zu den anderen gegangen, als er sich von Yukkes Zimmer entfernt hatte, sondern war noch etwas im Hotel umhergewandert. Das Gefühl das etwas nicht in Ordnung war, hatte ihn so fest in seiner Hand, das er sämtliche Ereignisse der letzten Tage, die sie hier zugebracht hatten, noch einmal durchgegangen war, ob sich nicht doch etwas finden ließ, das ihm Aufschluss zu der derzeitigen Situation geben würde. Aber egal, wie sehr er auch alles analysiert hatte, kam er doch nicht zu einem überzeugenden Ergebnis. Es konnte gut möglich sein, das er Yukke mit einem unbedachten Spaß oder unüberlegten Worten verstimmt haben konnte. Aber wann genau sollte dies geschehen sein? Eigentlich käme dafür nur der gestrige Tag in Frage, da er nicht glauben mochte, das Yukke ihm auf einmal etwas übel nahm, das schon länger zurücklag. Dennoch erschien ihm diese Variante, nicht als eine wirklich passende Erklärung darauf. Aus einiger Entfernung hörte er die vertraute Stimme von Miya und stellte fest, das ihn seine Schritte nun doch zurück zur Lobby geführt hatten, worauf seine beiden Freunde, beim Erblicken seiner Person, zielstrebig auf ihn zuhielten, um sich folglich zu erkundigen, ob er den aus Yukke etwas herausbekommen habe. „Verstehe.“, hörte er daraufhin die synchrone Erkenntnis seiner beiden Freunde vor sich und fragte sich, ob diese nicht doch etwas mehr wussten, als sie ihm hier gerad vorgaben. Es war Miya, der daraufhin einen Blick auf seine Uhr tat und sich erkundigte, ob sie denn immer noch vor hatten auf dieses Fest gehen zu wollen, oder es doch vorziehen würden, den Abend anderes zu gestallten. Tatsuro war froh, als auch Satochi verlauten ließ, das er schon gern auf das Fest gehen wolle, und musste kurz etwas schmunzeln, bei dessen nachfolgender Begründung, dass es auch mal wieder eine gute Gelegenheit wäre, einen leichten Sommerkimono zu tragen, denn schließlich gab es nichts männlicheres, als einen kernigen Typ in einem Yukata. Die leicht skeptische Mine, die er daraufhin in Miyas Gesicht einfangen konnte, sprach für sich, und ohne noch ein Wort über Satochis fundierte Ansicht über Maskulinität zu verlieren, zog er an ihnen vorbei und in Richtung ihrer Zimmer. Kurz darauf spürte Tatsuro die Hand Satochis auf seiner Schulter ruhen und war etwas mit dessen breiten Grinsen überfordert, das dieser ihm nun präsentierte. Nur fünf Minuten später, fand Tatsuro sich in dem kleinen Laden in der Eingangshalle wieder, mit dem Auftrag belegt, für sich und Yukke, eben einen dieser Yukatas herauszusuchen, während Satochi das gleiche für sich und Miya tat. Tatsuro musste zugeben, dass er selbst gar nicht auf diese Idee gekommen wäre, freundete sich aber recht schnell mit seinem Los an, bei der Vorstellung Yukke einmal wieder in solch einem Kleidungsstücke bewundern zu dürfen. Vorausgesetzt natürlich, dieser würde sie heute auch noch begleiten wollen. Etliche Größen- und Mustervergleiche später, hatten sie schließlich alles zusammen, das für ihre abendlichen Outfits nötig sein würde, was Satochi zu einen zufrieden Strahlen animierte. Welches auch kein Abreisen fand, als sie Miya schließlich eine der geheimnisvollen Tüten in die Hand drückten und dieser sie erneut mit einen zweifelnden Blick bedachte. „Braun für dich und dunkelgrün für unseren Yukke.“, trällerte Sato daraufhin noch, bevor er Tatsuro am Arm packte und ihn munter in Richtung ihres Zimmers schleifte. Es dauerte nicht lange, bis Tatsuro sich in den angenehmen Stoff gehüllt hatten und Satochi ihm ein neckendes Pfeifen schenkte, als er in seinem, in dunklen Rottönen gehaltenem, Yukata wieder aus dem Badezimmer trat und noch etwas zurechtrückend daran herum zupfte. „Wie immer eine Augenweite.“, witzelte Satochi daraufhin schelmisch und verschwand nun seinerseits im Bad, um sich ebenfalls umzuziehen. Etwas kritisch betrachtete sich Tatsuro, in dem kleinen Wandspiegel, nahe der Zimmertür. Vielleicht sollte er auch mal etwas mit seinen Haaren anstellen? Mit einem gezielten Griff, in eine der Innentaschen seines Reisekoffers, beförderte er einen dort verstauten Haargummi hervor, um seine Haarbracht zu einem hochangesetzte Pferdeschwanz zu binden, wobei er einige der vordersten Strähnen außer Acht ließ, welche ihm somit verspielt das Gesicht umrahmten. Eine Viertelstunde und diverse andere, von Satochi nicht allzu ernst gemeinte Bekundungen zu seiner aufreizenden Erscheinung, später, standen sie nun vor dem Zimmer ihrer beiden Freunde. Kurz klopfte Satochi an, worauf man ihnen einen Augenblick später auch schon öffnete und sie eintreten durften. Miya befand sich ebenfalls schon in kompletter Montur, worauf sich Satochi diesem nun in den Weg stellte und ihn prüfend musterte. „Ja, ich hab einen guten Geschmack, das kann man nicht anders sagen.“, meinte dieser und ließ es sich nicht nehmen, noch etwas an dem von ihm ausgesuchte Yukata herumzufummeln, was Miya mit einem entnervten Zischen und dem zurechtweisenden, Wegschlagen von dessen Händen jedoch zu unterbinden wusste. „Sei doch nicht immer gleich so bissig! Ich will doch nur das du hübsch aussiehst.“ Tatsuro entging daraufhin nicht, das leichte Zucken von Miyas rechter Augenbraue, was ein deutliches Zeichen dafür war, das Satochi sich auf sehr gefährlichem Gebiet befand und lieber Abstand von weiteren Flachsereien halten sollte. Ein kurzes Klicken von der Badezimmertür her, ließ Tatsuro seine Aufmerksamkeit wechseln, um sich folglich mit dem Bild Yukkes, in dem von ihm ausgewählten Design konfrontiert zu sehen, worauf sein Herzschlag merklich heftiger wurde. Dieser sah einfach nur umwerfend gut aus, genauso wie es sich Tatsuro vorgestellt hatte und sogar  noch besser. Es war ein kleiner Gewaltakt, seinen Blick wieder von ihm abzuwenden, und so zu tun, als wäre er nicht von dessen Erscheinung völlig in den Bann gezogen. Eigentlich hatte er ja schon die Befürchtung, dass sie ohne Yukke würden gehen müssen, doch schien sich dessen Laune doch wieder ein wenig im Aufwind zu befinden und Tatsuro freute sich ehrlich darüber, seinen Freund den Abend über nicht missen zu müssen.  Er wusste das, hätte sich Yukke tatsächlich davon zurückgezogen, er ebenfalls nicht mitgekommen wäre, da seine Gedanken eh nicht dazu im Stande gewesen wären, sich mit etwas anderem abzulenken. Sicherlich hätte Miya daraufhin versucht, ihm davon zu überzeugen, das auch Yukke ab und zu einmal etwas Zeit für sich benötigte, und er sah dies auch durch aus ein. Doch der Gedanke sich zu amüsieren, während Yukke etwas Wichtiges auf der Seele zu liegen schien, war für ihn einfach nur abwegig. Miyas leicht empörte Stimme ertönte nun neben ihm, worauf er verfolgen konnte, wie dieser von Satochi an ihm vorbei und aus dem Raum gezogen wurde, gefolgt von dem Hinweis, dass sie schon mal voraus gehen würden und einem weiteren genervten Brummen von Miya, was Satochi wohl verdeutlichen sollte, das er ihn nun langsam aber sicher wieder loslassen konnte. Eine leichte Nervosität umfasste Tatsuro, als er sich nun völlig allein mit Yukke im Raum wähnte, und sich kurzerhand deutlich unbeholfen fühlte. Der unangebrachte Gedanke, sich wie bei einem ersten Date vorzukommen, schlich sich in seinen Kopf und flutete sein Gesicht merklich mit Wärme. Das war doch einfach nur albern! Unter leisem Zähneknirschen, rief er sich wieder zu Raison und straffte seine Haltung, bevor er sich schließlich wieder Yukke zuwandte, nur um daraufhin genau in dessen dunkle Augen blicken zu können, deren Ausdruck ihn erneut etwas unsicher werden ließ. „Ich…“ „Wir sollten gehen.“, hörte er plötzlich Yukkes Stimme sagen, der ein seltsamer Unterton anhaftete. Nicht in der Lage, selbst noch ein weiteres Wort zu formulieren, nickte Tatsuro nur zustimmend und trat folglich aus der Tür auf den Flur. Yukke tat es ihm gleich und nachdem er das Zimmer verschlossen hatte, setzte er sich auch schon wieder in Bewegung, ohne noch einmal seine Aufmerksamkeit auf Tatsuro gerichtet zu haben. Womöglich hätte dieser noch ewig in diesem Gang gestanden. Den Blick in die Richtung gerichtet, in welche Yukke einfach verschwunden war, zurückgelassen mit einem Gefühl von Verlust und Hilflosigkeit, hätte dieser nicht abrupt in seinen Schritten inne gehalten und sich ihm letztendlich doch noch zugewandt. Eines dieser Lächeln gezeigt, die Tatsuro so unwahrscheinlich liebte, und ihn damit wissen lassen das, egal was gerade noch zwischen ihnen gestanden haben mochte, nicht mehr von Relevanz war. Kapitel 36: I don´t want you to be sad -------------------------------------- Kapitel 36: I don´t want you to be sad                   Ein zufriedenes Grinsen, zierte das Gesicht von Satochi, als er mit Miya die Hotelanlage verließ. Ein seichter Wind trug das vereinzelte Rufen der Seevögel zu ihnen heran, welches sie ein Stück ihres Weges begleitete, bevor es von den Geräuschen einer belebten Straße überdeckt wurde. Sie würden ein Stück mit dem Bus fahren müssen, um zum Fest zu gelangen, weshalb sie auch die Haltestelle anstrebten, die nicht unweit von ihrem Hotel zu finden war. „Sollen wir auf die beiden warten?“, erkundigte sich Miya, nachdem er einen Blick nach hinten geworfen hatte, um ausmachen zu können, ob ihre beiden Freunde schon in Sichtweite waren. Ein weitere Blick auf Satochi verriet Miya allerdings, dass dieser sich wohl gerade mit ein paar anderen Gedanken zu beschäftigen schien, und so wie er seinen Freund kannte, wollte er diese gar nicht erst wissen. Doch noch bevor er Satochi darüber in Kenntnis setzten konnte, setzte dieser auch schon an, sein anzügliches Grinsen zu erklären. „Also wenn du mich fragst, dann wäre ich mir gar nicht so sicher, dass die beiden überhaupt noch den Weg zu uns finden werden. So wie die sich vorhin gerade gegenseitig angestarrt haben. Wenn ich einen Hinweis gebraucht hätte, der mir deutlich machen sollte, ob die beiden was füreinander übrig haben, dann wären es diese sehnsüchtigen Blicke gewesen.“ Ein leises Raunen entwich Miya über diese Feststellung. Natürlich war es auch ihm nicht entgangen.  Es war ja auch nicht wirklich schwer gewesen, sich ausmalen zu können, was in Tatsuro und folglich auch Yukke vorzugehen schien, als sie den jeweils anderen verstohlen abmaßen, hegte man eh schon so einen leisen Verdacht in Bezug auf die Intensität ihrer Bindung zueinander. Doch wollte er nicht glauben, dass sich nun plötzlich alle Teile dieses Puzzles einfach zusammenfügen würden, nur weil sie den beiden nun das Feld überlassen hatten. Er konnte zwar nicht sagen, wann sich bei ihren beiden Freunden, dieser Wechselt der freundschaftlichen Emotionen in Verliebtheit vollzogen hatte, doch schien er wirklich auf Gegenseitigkeit zu beruhen. Eine andere Sache war jedoch, dass keiner der beiden dies zu registrieren schien, so wie sie stets umeinander herumtänzelten, obwohl die Zeichen für jeden anderen recht offensichtlich waren. Denn im Rückblick betrachtet, gab es davon nämlich mehr als genug. Zwar hatten er und Satochi es zuerst nicht richtig einordnen können, doch jetzt machte es doch ungemein viel Sinn, wenn man alles zusammenzog. Nur was sollten sie jetzt mit diesem Aufschluss anstellen? Wenn weder Tatsuro noch Yukke ihre Augen weit genug öffneten, um das ersichtliche begreifen zu können, was wäre für sie als Freunde dann die beste Option? Zusehen und abwarten? „Lass uns einfach sehen was passiert.“ Etwas verwirrt, blickte Miya auf Satochi, ob dessen Meinung zu seinen Gedankengängen, die er, da war sich Miya sicher, nicht laut ausgesprochen hatte. „Mein lieber Miya-kun, ich kenne dich lange genug, um dein Stirnrunzeln deuten zu können.“, erklärte ihm Satochi daraufhin seine Treffsicherheit zu dessen Überlegungen und klopfte ihm kumpelhaft auf die Schulter. Ein etwas enttäuschtes Seufzen trat kurz darauf über Satochis Lippen, und als Miya dessen Blick folgte, erkannte er auch sofort den Grund für diesen Laut. „Die zwei sind echt langweilig.“, witzelte Satochi noch schnell im Flüsterton, bevor er seinen Arm nach oben streckte, um Yukke und Tatsuro ein wegweisendes Winken zukommen ließ. Es dauerte zehn Minuten, bis sie ihr Ziel erreicht hatten und mit einem Schwall anderer, gut gelaunten Fahrgästen, das Gefährt wieder verließen. Schon beim Aussteigen trug es die dynamischen Klänge, die sich in dieses Fest einflochten, zu ihnen heran und ließen auf einen munteren Abend hoffen. Auf einem Hügel, konnte man die orangefarbene Kuppel aus Licht erkennen und so fügten sie sich ebenfalls in den Strom aus Menschen ein, der sich diesen hinauf schlängelte. Es war nicht das erste Mal, dass sie solch ein Fest besuchten, doch zeigten sich deutlich die Unterschiede, die den Süden Japans prägten. Es war eine erfrischend neue Atmosphäre, die einen umgab und mit sich nahm. Satochi hatte sie gleich zu Beginn, zu einem der Stände mit verführerisch duftenden Leckereinen geschoben und großzügig eine Runde Jimamidofu spendiert, damit keiner von ihnen mit leerem Magen umherwandern müsse. Interessiert ließ Tatsuro seinen Blick über das bunte und heitere Geschehen schweifen, während er einen weiteren Happen von seinem Snack nahm, von dem er wahrlich behaupten musste, das er unglaublich schmackhaft war. Er sollte auf jeden Fall noch ein paar andere, der hier angebotenen Spezialitäten, versuchen. Der Abend war schließlich noch jung. Im Hintergrund hörte er Satochis vergnügte Stimme, der er entnehmen konnte, dass dieser noch ein paar Souvenirs für seine Lieben kaufen müsse, da er das bis jetzt völlig vergessen hatte. Das brachte auch Tatsuro auf den Gedanken, noch etwas für Tsukahara-san erstehen zu wollen, wenn diese sich schon so kurzfristig dazu bereit geklärt hatte, sich abermals um Teto-chan kümmern zu wollen, während seines kleinen Ausfluges in südliche Gefilde. Zwar wusste er, dass sie ihm wieder darauf verweisen würde, dass er ihr keine Entschädigung schuldig wäre, da sie sich immer freue, wenn sie Besuch von Teto bekäme, doch wollte Tatsuro das nicht auf sich sitzen lassen. Er hatte ihr einiges zu verdanken und auch wenn sie es stets als solches ansah, war ihre Freundlichkeit, in Bezug auf einen, wie sie immer so nett meinte, hitzköpfigen und chaotischen Nachbarsjungen, nicht für jeden so selbstverständlich. Satt und gut gelaunt, suchten sie sich ihren Weg vorbei an den farbenfrohen Ständen, um an dem ein oder anderen neugierig über die Auslagen zu blicken, auch mit dem Gedanken, vielleicht ein passendes Präsent zu finden. „Wie wäre es damit?“ Yukke hatte sich an einen Stand mit Schnitzereien platziert und hielt Tatsuro eine kleine Figur entgegen. Da er sich nicht ganz sicher war, was Tsukahara-san gefallen würde, hatte er Yukke um Rat gefragt und dieser ging seiner Mission nun auch unbeirrt nach. Die hölzerne Figur zeigte einen Affen, der seine Arme über seinen Kopf gehoben hatte und den Mund zum Brüllen aufgesperrt hielt, so wie man es manchmal im Zoo oder bei einer Tierdokumentation schon gesehen hatte. Etwas skeptisch beäugte Tatsuro die Skulptur und folglich einen breitgrinsenden Yukke. „Ist das …dein ernst?“, erkundigte er sich daraufhin, konnte sich aber fast schon denken, was Yukke ihm damit sagen wollte und das dies auch den Grund für sein neckendes Strahlen darstellte. „So hätte sie immer eine nette Erinnerung an dich.“, meinte er schließlich und Tatsuro wusste, dass er damit nicht das Geschenk an sich meinte, sondern das was es darstellte. Diesen Ruf würde er wohl nie wieder loswerden, und das nur, weil er sich gerne etwas ausgelassener auf der Bühne gab. Mit einem gespielt, empörten Gesichtsausdruck und einen leichten Knuff gegen dessen Oberarm, stellte Yukke die Figur feixend wieder zurück, um eine weitere heranzuziehen. „Es wäre zwar nichts für mich, aber ich denke darüber würde sie sich freuen.“ Diesmal starrte Tatsuro einer Katze entgegen. Ihr Gesichtsausdruck war frech und lebhaft, wie er es auch schon des Öfteren bei Teto hatte einfangen können. Sie war aus dunklem Holz gefertigt und an der richtigen Stelle platziert, auf jeden Fall ein witziger Hingucker. Mit einem bestätigenden Nicken, nahm er die Schnitzerei von Yukke entgegen, um sie nur wenig später sein Eigen nennen zu dürfen und zufrieden vor sich hin zu schmunzeln. Er sollte Yukke einen Wunsch gewähren, wenn dieser ihm schon so tatkräftig bei seiner Suche unterstützt hatte. „Was möchtest du …als nächstes tun? Du hast etwas… gut bei mir.“ Etwas verwundert schaute ihn Yukke auf dieses Angebot hin an, und Tatsuro war schon so, als habe er gerade etwas nicht mitbekommen, als dieser für einen Augenblick, wieder diesen undefinierbaren Ausdruck annahm. Doch verschwand dieser so rasch, wie er gekommen war, und mit einem überlegenden Blick ließ Yukke seine Aufmerksamkeit nun über das Treiben um sie herum gleiten. Ohne Vorwarnung schnappte er sich dann Tatsuros Arm, um ihn mit sich ins Getümmel zu stürzen und nach kurzem Vorbeidrängeln, an diversen anderen Besuchern, schließlich vor einem Becken, gefüllt mit seichten Wasser und munter umher flitzender Fische, stehen zu bleiben. Tatsuro stutze leicht, ob der Anwandlung seines Freundes, dieses Spiel wirklich versuchen zu wollen. Denn eigentlich war es meist ein Spaß den sich Kinder, kichernde Mädchen oder verliebte Pärchen aussuchten. Ein vertrautes Aufwallen von Hitze, ließ Tatsuro verschämt zu Yukke linsen, als er sich der letzten seiner Optionen bewusst wurde. Dieser beobachtete indes gespannt das Tummeln im Wasser vor ihnen, was Tatsuro ein liebevolles Lächeln entlockte. Ohne weitere Umschweife, tauschte er zwei, der mit Papier bezogenen Kescher, gegen den geforderten Obolus und reichte einen davon Yukke, der diesen dankend entgegen nahm, bevor er sich in die Hocke begab und abermals den Schwarm an schwarzen und goldenen Fischen verfolgte. Tatsuro tat es ihm daraufhin gleich und beobachte ebenfalls das Wasser vor ihnen. „Denn da in der Ecke.“, ließ er Tatsuro wissen, als er sich leicht über das Becken lehnte und vorsichtig den Kescher über die Oberfläche führte. Tatsuro konnte sich ein erheitertes Grinsen nicht verkneifen, als er die eiserne Anspannung, die Yukke für seinen Versuch in seinem Gesicht wiederspiegelte, beobachten konnte. „Tatsuro, wenn du mich so anstarrst, kann ich mich nicht konzentrieren.“, vernahm er plötzlich die mahnenden Worte seines Freundes, was ihn kurzerhand recht rot anlaufen ließ, und er sich ertappt von Yukke ab und wieder dem Geschehen vor sich zuwandte. „Gome ne.“, nuschelte er daraufhin verlegen, was Yukke nur amüsiert glucksen ließ. Vier Versuche später und keinen Fisch reicher, seufzte Yukke ergeben, über das aufgeweichte Papier seines letzten Keschers und war schon im Begriff, sich erheben zu wollen, als Tatsuro meinte es noch einmal versuchen zu wollen. „Ich bin einfach zu ungeschickt dafür.“, erklärte ihm Yukke, was Tatsuro aber nicht von seinem Vorhaben abhalten konnte. „Ich helf dir.“ Yukke glaubte erst nicht richtig verstanden zu haben, als ihm erneut ein Kescher in die Hand gedrückt wurde und Tatsuro auf einen Fisch deutete, der einen weiteren Versuch wert zu sein schien. Mit Bedachte führte Yukke seine Bewegungen aus, nur um kurz vor dem anvisierte Fisch, die Hand Tatsuros auf seiner zu spüren, der ihm andeutete jetzt keine zu rasche Aktion auszuführen, und ihre Hände folglich langsam in die geeignetste Position dirigierte. Es war eine seltsame Situation, denn so sehr diese Berührung Yukke auch diese kleinen elektrischen Impulse vermittelte, die seinen gesamten Körper durchzogen, so sehr wusste Tatsuros Nähe ihn auch zu beruhigen. Ohne Gegenwehr ließ er diesen die Führung übernehmen und nach gekonntem Abtauchen des Keschers und Anwendung guter Reflexe, zappelte gewünschtes Fischlein noch einmal mit merklich Verdruss, über sein Los, auf dem fragilen Papier herum, konnte jedoch nichts gegen sein Schicksal ausrichten. Überrascht über Tatsuros Geschick, legte Yukke diesem vergnügt einen Arm um die Schulter und zog ihn kurzerhand zu sich, was dazu führte, dass dieser ein wenig das Gleichgewicht verlor und ihm ihr Gewinn somit vom Kescher wieder ins kühle Nass rutschte. Etwas perplex starrten sie daraufhin auf den fidel davon schwimmenden Fisch, bevor sie in ein gemeinsames Lachen verfielen, was ihnen ein paar verstörte Blicke der umher befindlichen Besucher einbrachte. Es war in dem Moment, wo ihr Gelächter wieder an Volumen verlor, als Tatsuro sich der unmittelbaren Nähe Yukkes bewusst wurde, und er trotz allem besseren Wissens, nun ebenfalls einen Arm um diesen legte und ihn noch ein Stück näher an sich zog. Ein deutliches Räuspern zu ihrer Rechten, erinnerte ihn mit einem Male wieder daran, wo sie sich gerade befanden, worauf er etwas peinlich berührt von Yukke abließ und endschuldigend einer etwas älteren Dame mit einem kleinen Kind zunickte, welcher sie anscheinend im Wege waren. Da sie in ihren Augen ihre Chancen bei dieser Aktivität wohl ausgeschöpft hatten, und nun für andere, weniger Unruhe verbreitende Gäste, den Platz freigegen sollten. Den Gedanken, dass sich diese Frau aber auch einfach nur daran gestört haben könnte, das sich hier zwei Männer so unbefangen in ihren Umgang gezeigt hatten, schob er energisch beiseite. Was wusste diese Person denn schon! Ohne weitere Umschweife erhob sich Tatsuro, gefolgt von Yukke, der nun gar nicht mehr so ausgelassen wirkte, wie noch einige Augenblicke zuvor. Ein weitere abschätziger Blick der Frau neben ihnen, ließ Yukke sich rasch entfernen, worauf Tatsuro annehmen konnte, dass dieser sich gerade mit denselben Überlegungen befasst haben könnte, nur mit weitaus weniger Gleichgültigkeit, wie er sie sein eigen nennen konnte. Es war das erste Mal, das in Tatsuro der Gedanke aufkam, was er Yukke mit seinem zutraulichen Verhalten, in einer nicht mit ihrer Karriere zu verbindenden Öffentlichkeit, zumutete.   Nicht jeder brachte die zu wünschende Toleranz zu diesem Thema auf. Mit einen intensiven, eisigen Blick auf die Frau die ihn noch immer so abwertend betrachtete, und der darauffolgenden Genugtuung, dass diese seinen Unmut erfolgreich übermittelt bekommen hatte, setzte er eilig Yukke nach, der durch seine auffällige Haarfarbe und der nicht weniger eigenwilligen Frisur, zum Glück recht gut auszumachen war. Dieser hatte sich etwas abseits des Getümmels begeben. Als Tatsuro zu ihm aufgeschlossen hatte und dieser seinem Blick offensichtlich auswich, wusste er das Yukke sich irgendetwas wieder einmal viel zu sehr zu Herzen nahm. „Verzeih mir…bitte.“ Tatsuro wusste nicht, was er sonst hätte sagen sollen, was er hätte tun können um Yukke diesen sichtlich bekümmerten Ausdruck wieder nehmen zu können. „Tatsuro, was redest du denn da?“ Yukke schaute ihn immer noch nicht an, fuhr sich stattdessen etwas wirsch mit einer Hand über das Gesicht, als wolle er damit den Trübsinn von seinen Zügen wischen, der sich so deutlich bei ihm abgezeichnet hatte. „Es…“ Tatsuro kam nicht dazu seinen Satz zu vervollständigen, da ihm auf einmal eine Hand auf die Schulter gelegt wurde und er sich folglich mit Satochi konfrontiert sah, dessen etwas albernes Grinsen ein eindeutiges Zeichen dafür war, dass dieser seine Vorliebe für alkoholhaltige Getränke wieder einmal nicht hatte zügeln können. Miya trat nur einen Moment später an sie heran, geschmückt mit seiner patentierten -warum tu ich mir das immer wieder an- Mine und einigen, kleinen Tragetaschen, die sicherlich zu Satochi gehörten. Was bedeutete, dass dieser wohl erfolgreich seine Mitbringsel-Einkäufe gemeistert hatte, Miya ihm aber in seinem jetzigen Zustand nicht mehr allzu viel geistige Klarheit zutraute, um diesen seine Beute selbst tragen zu lassen. „Und habt ihr euch amüsiert?“, erkundigte sich Satochi etwas eirig, worauf ihm Tatsuro ein kurzes Nicken zukommen ließ. Es würde keinen Sinn machen etwas anderes vorzugeben, wenn Sato eh nicht mehr ganz Herr seiner Sinne war. Ein kritischer Blick von Seiten Satochis, ließ jedoch annehmen, dass dieser doch noch mehr zu registrieren schien, als anzunehmen war. „Sorry Tatsu, aber so angeheitert bin ich nun doch noch nicht, als das ich nicht erkenne würde, wie gute Laune aussieht.“ „Es ist meine Schuld.“, brachte sich nun Yukke mit ein. „Ich hab mich etwas unwohl gefühlt und Tatsuro hat sich einfach nur Sorgen um mich gemacht und ich bat ihn nichts zu sagen, damit ich euch nicht auch noch die Stimmung verderbe.“ Ein kurzer Blickwechsel folgte zwischen Yukke und Tatsuro, der Satochi annehmen ließ, dass dies nur eine Ausrede darstellte, um ihnen den eigentlichen Grund nicht erläutern zu müssen. Und da es ihnen so wichtig schien, darüber nicht rede zu wollen, ließ er sie in der Annahme, dass er ihnen diese Erklärung abkaufte und nickte verstehend. „Ich könnte jetzt was zu essen vertragen.“, meinte er daraufhin nur, und ohne auf die Reaktionen seiner Freunde zu warten, machte er sich wieder auf dem Weg. Entweder würden sie ihm folgten, oder halt nicht. Bei Miya konnte er zumindest sicher sein, das dieser ihn früher oder später ausfindig machen würde, schon allein deswegen, weil dieser sicherlich nicht seine Sachen bis zurück in ihr Hotel schleppen würde. Mit Erleichterung hatte Satochi feststellen dürfen, das ihm neben Miya auch Yukke und Tatsuro gefolgt waren, was bedeutete, dass es vorerst nichts weiter zu befürchten zu geben schien, was ihre beiden Spezialisten und ihren Umgang miteinander betraf. Yukke saß neben Tatsuro und nippte ab und an, an seiner Sodaflasche. Tatsuro indes kaute etwas gedankenverloren auf einem Tintenfischring herum, bevor er einen verstohlenen Blick in Richtung Yukke schickte. Alles wie gehabt. Gute zwanzig Minuten später, in denen sie doch noch ein ausgelassenes Gespräch zu Stande bekommen hatten, teile Miya schließlich mit, das er langsam aber sicher etwas müde werden würde und er sich als bald wieder auf den Rückweg machen wolle. Dazu gab es eine kollektive Zustimmung und man setzte an sich zu erheben, um sich auf den Heimweg zu begeben. Miya lief mit Satochi in einigem Abstand vorweg, was Tatsuro nur begrüßen konnte, lagen ihm doch noch so einige Dinge auf der Seele, die er vorhin nicht mehr hatte vorbringen können, da er von Satochi unterbrochen worden war. Yukke lief nicht an seiner Seite, sondern hatte sich ein wenig Distanz zu ihm eingeräumt. Sicherlich um allen unangebrachten Behauptungen, die sich aus einem zu vertrauten nebeneinanderher Wandeln ergeben konnten, schon im Vorfeld Einhalt gebieten zu können. Gerade als er sich seine Sätze zurechtgelegt hatte und Yukke dazu auffordern wollte, ihm kurz zuzuhören, vernahm er seinen Namen hinter sich, worauf sich Tatsuro etwas verblüfft umdrehte, nur um auf eine rosa Wolke Zuckerwatte zu blicken, hinter der nun ein fröhlicher, kleiner Junge hervor lugte. „Hey.“, begrüßte er Mako-chan mit einem ehrlichen Lächeln, was den Jungen nur noch ausgelassener Strahlen ließ. „Tatsuro Onii-san, bist du auch hier wegen der Zuckerwatte?“ Tatsuro konnte sich auf diese Frage hin, ein heiteres Glucksen nicht verkneifen. „Nicht ganz.“, meinte er darauf hin und wuschelte seinem kleinen Kumpel vergnügt durch die kurzen Haare. „Onee-san ist auch hier, sie freut sich bestimmt dich zu sehen.“ „Mako-chan, du sollst doch nicht ständig davonlaufen.“, hörte es Tatsuro daraufhin auch schon etwas erschöpft rufen, und konnte erkennen wie eine schmale Frau auf sie zuhielt, die eindeutig Mako-chan´s Schwester war. „Hallo!“ , begrüßte Tatsuro nun auch sie, was die junge Frau überrascht zu ihm aufblicken ließ, da sie ihn wohl gar nicht registriert zu haben schien. „Oh…ha…hallo…“, wisperte sie schüchtern, als würde sie ihn zum ersten Mal gegenüberstehen. Zeit verstrich, in der sie ihn nahezu erschrocken mit ihren Augen abging, was Tatsuro nicht ganz nachzuvollziehen wusste. Sollte sie wirklich vergessen haben, wer hier vor ihr stand? Oder war es einfach nur der Umstand, dass sie einfach nicht damit gerechnet hatte, ihm noch einmal über den Weg zu laufen und das er sich noch an sie erinnerte? „Tut…, tut mir leid…“, haspelte sie nun mit deutlich rotem Kopf hervor, und senkte ihren Blick abrupt gen Boden. „Ich…, es ist nur, sie sehen heut so anders aus.“, erklärte sie etwas wackelig. „Nicht das es etwas Schlechtes wäre…, sie sehen wirklich gut aus…, ich meine der Yukata ist sehr kleidsam an ihnen und ihre Frisur ist wirklich sehr passend…, also…“ „Vielen Dank!“, unterbrach Tatsuro die aufgeregte Frau vor sich, die augenblicklich etwas von ihrer Anspannung verlor, als sie seine Worte hörte und daraufhin sogar wieder etwas ihren Kopf anhob. Er hatte es fast vergessen, diese Wirkung die er auf seine Umwelt ausüben konnte, wenn sie dafür empfänglich war. Irgendwie keimte nun ein leicht schlechtes Gewissen in ihm auf, wo er verfolgen konnte, wie nervös er sein Gegenüber machte, und das nur mit seiner bloßen Anwesenheit. Für seine Fans war er nun mal nicht irgendwer, und das er sich nun so selbstverständlich mit ihr unterhielt, war wohl eine Begebenheit, die sie noch immer nicht ganz realisieren konnte. „Onii-san, kommst du mit uns zum Feuerwerk?“ Nun meldete sich auch Mako-chan wieder zu Wort, der noch immer Tatsuros Hand festhielt und leicht an dieser zog, um seinen Wunsch, dass dieser sie begleiten solle, noch etwas mehr Nachdruck zu verleihen. „Tut mir leid…, ich…“ Mit einem Male wurde Tatsuro wieder bewusst, dass er doch noch mit Yukke hatte reden wollen. Doch ein Blick in die Richtung, in welche sie vorhin gelaufen waren zeigte, dass dieser schon gegangen war. Wahrscheinlich hatte dieser es nicht einmal bemerkt, dass er nicht mehr hinter ihm war, bis er die Haltestelle erreichen würde. Aber wenn er sich beeilen würde, hätte er vielleicht noch eine Chance ihn einzuholen, bevor er wieder auf Miya und Sato stieß, und ihm somit erneut die Möglichkeit verweht wurde sich auszusprechen. „Tut mir leid… Mako-chan, aber…ich muss zurück.“, erklärte Tatsuro dem kleinen Jungen, der nun leicht ein Schnute zog, jedoch von Tatsuro abließ, was diesen dankbar lächeln ließ. „Pass gut auf…deine Schwester auf, …ja?“ Ein energisches Nicken begegnete ihm daraufhin von Mako-chan, und mit einen höfflichen „Sayonnara.“ und einer leichten Verbeugung, verabschiedete er sich von den beiden und eilte in die Richtung in die Yukke verschwunden sein musste. Noch immer war es belebt auf den Wegen und machte es Tatsuro damit etwas schwieriger, sich zügig voran bewegen zu können. Seine Größe brachte ihm den Vorteil, seinen Blick über die Köpfe der meisten um ihn herum befindlichen Personen schweifen zu lassen, und somit vielleicht irgendwo den rotblonden Schopf von Yukke ausmachen zu können. Es war nicht unweit einer Kreuzung, als er sich einbildete Yukke doch noch gefunden zu haben, und er daraufhin seine Schritte noch ein wenig beschleunigte. Er sollte seinen Namen rufen, vielleicht würde ihn das aufhalten. Trotz der Gewissheit, dass seine Stimme noch nicht kräftig genug sein würde, seine Worte weit genug tragen zu können, versuchte er es. Jedoch war es nicht vernehmbarer, als würde er mit der Person neben sich sprechen, worauf Tatsuro ein genervtes Knurren nicht zügeln konnte. Er musste sich mehr anstrengen. „Yukke…“ Es war einfach nicht laut genug. Mit Enttäuschung musste er feststellen, dass nichts so weit drang, das Yukke ihn wirklich hätte hören können. Selbst wenn alles um sie her weniger geräuschvoll gewesen wäre, hätte er wohl nichts erreicht. Tatsuro konnte verfolgen, wie Yukke sich der Straße, die er zu überqueren hatte, näherte und mit ein paar wenigen Passanten darauf wartete, dass das Signal für sie auf grün umstellte. Noch hatte er eine Chance, doch genau in diesem Augenblick wechselte das Lichtzeichen seine Farbe und erneut setzte sich Yukke in Bewegung. „Yukke.“ Es war ein kurzer Augenblick, wo Tatsuro glaubte man habe ihn gehört, als Yukke plötzlich auf der Straße stehen blieb und ansetzte sich umdrehen zu wollen. Ein markerschütternde Kreischen von gequälten Bremsen, die man hastig zum Anhalten eines Wagens gezwungen hatte durchdrang die abendliche Kulisse, was Tatsuro mit einem Male ein peitschendes Gefühl des Unwohlseins verschaffte, das er regelrecht spürte, wie sämtliche Kraft aus seinem Körper zu rinnen schien. Das hysterische Rufen einer Frau drang an seine Ohren und das aufkommende Wispern der Menschen um ihn her, war wie Nadelstiche auf seiner Haut und steigerte diese bittere Übelkeit nur noch um ein weiteres. Tatsuro wusste, dass es nun nur noch eine Frage von wenigen Augenblicken wäre, bis ihm dieses schreckliche Gefühl sämtlichen Halt entziehen und er Richtung Boden sinken würde. Wie aus weiter Ferne, hörte er wie eine Stimme seinen Namen rief, und die Angst mit der sie angefüllt war, war ihm irgendwoher vertraut. Wo hatte er sie schon einmal gehört? „Ta….“ Tats… Tatsuro bitte…“ Er hatte solch einen Traum schon einmal und genau wie damals, war es die Stimme von Yukke, die ihn so verzweifelt rief und genau wie damals, wollte er nichts mehr, als Yukke diesen Schmerz zu nehmen, der so deutlich in seinen Worten wiederklang. Er wollte nicht das Yukke traurig war. Ihm war kalt, das war das Erste was Tatsuro deutlich wurde, als er sich langsam an die Oberfläche dieser traurigen Erinnerung kämpfte. Es war mühsam seinen Augen zu befehligen sich zu öffnen, schien es fast so, als würde ihm sein Geist vor etwas bewahren wollen, indem er ihn einredete es wäre besser weiter zu schlafen. Doch er wollte nicht schlafen, er wollte zurück! Er wollte zu Yukke. „Tatsuro…“, hörte er es abermals flüstern, und zwang sich den letzten Schritt, über diese Schwelle in seinem Kopf hinweg. „Was…?“ Es war eine impulsive und einnehmende Geste der Erleichterung, die ihm Yukke entgegen brachte, als er dieses erste Wort hervor genuschelt hatte, und er sich folglich in einer innigen Umarmung wiederfand, die ihm fast die Luft zum Atmen raubte. „Dich kann man wirklich nicht alleine lassen, was?“ Yukkes Frage war noch immer nicht mehr, als ein brüchiges Flüstern, doch verstand es Tatsuro sofort. Vorsichtig hob er seine matten Arme und legte sie um Yukke, dem daraufhin ein deutliches Schniefen entwisch, was Tatsuro sagte, dass er ihn schon wieder zum Weinen gebracht haben musste. Ein wenig verharrten sie noch in dieser Position, bevor sich Yukke rasch von ihm löste und ihn prüfend musterte. „Wie geht es dir?“, erklang auch gleich die Frage, worauf sich Tatsuro selbst erst einmal darauf besinnen musste, wie genau er sich momentan gerade fühlte. Ihm war noch immer etwas kalt, sein Kopf schmerzte und seine Glieder fühlten sich an, als wäre er stundenlang gerannt. „Dann solltest du dich noch etwas ausruhen.“, beschloss Yukke, nachdem er ihm dies hatte wissen lassen und rückte wieder etwas näher an Tatsuro heran, damit sich dieser an ihn anlehnen konnte. „Was ist denn…eigentlich…passiert?“ Tatsuro waren zwar noch ein paar Fragmente deutlich, aber ihre Zusammenhänge konnte er nicht ganz zuordnen. Kurz atmete Yukke tief durch, was Tatsuro etwas irritierend fand, bevor er die Worte seines Freundes vernahm, der ihm erklärte, dass es auf der Kreuzung beinahe einen Unfall gegeben hatte, da ein kleines Kind unbedacht auf die Straße gelaufen war. Zum Glück war aber nichts weiter passiert, außer dass Mutter und Kind einen reichlichen Schock davongetragen hatten. „Und…“ „Ich habe dich nach mir rufen hören, und mich umgedreht um zu sehen, ob ich mir das nur eingebildet hatte. Dann kam es zu diesem Zwischenfall und als ich dich in der Menge ausfindig gemacht hatte, sah man dir sofort an, dass etwas nicht stimmte. Du warst so blass und schautest so leidlich drein, dass ich sofort zu dir hinlief. Kaum, dass ich an deiner Seite war, bist du ohnmächtig geworden und ich habe dich dann hier zu dieser Bank gehievt. Ich war schon kurz davor den Notruf zu wählen, aber da bist du schon wieder zu dir gekommen.“ Man sah Yukke noch genau an, das ihn dieses Erlebnis ziemlich mitgenommen hatte und Tatsuro fühlte sich wieder einmal nur schuldig. „Tut…“ Tatsuro schien es fast so, als wolle Yukke ihn gar nicht mehr zu Wort kommen lassen, als dieser erneut seinen Satz unterbrach. „Nein, es ist schon gut. Ich bin einfach nur froh, dass es nichts Schlimmeres war. Versprich mir aber, dass du mir sofort Bescheid gibst, wenn es dir wieder schlechter gehen sollte, verstanden!?“ „Verstanden.“ Zwar war sich Tatsuro noch immer nicht ganz im Klaren, warum er sich mit einem Male so unwohl gefühlt hatte, ließ aber auf Grund seiner Kopfschmerzen davon ab, sich weiter darum Gedanken zu machen. Nun wollte er erst einmal nichts sehnlicher, als zurück in ihr Hotel und in sein Bett. Kapitel 37: About a crimson sunrise, a waterblue sky full of cherry blossoms and funny looking fishes ----------------------------------------------------------------------------------------------------- Kapitel 37: About a crimson sunrise, a waterblue sky full of cherry blossoms and funny looking fishes Sie hatten sich ein Taxi für die Rückfahrt genommen, da es Yukke einfach wohler bei dem Gedanken war, Tatsuro so schnell und so schonend wie möglich, wieder zurück in ihre Unterkunft zu bringen. Tatsuro war dies nur recht, denn er wusste nicht, ob er eine Fahrt in einem Bus und in seinem Zustand so einfach hätte wegstecken können. Zwar fühlte er sich schon ein gutes Stück besser, doch nagten diese Kopfschmerzen noch immer beständig an seinen Nerven. So war es auch ein Gefühl von unsagbarer Erleichterung, als Tatsuro die Tür zu ihrem Zimmer öffnete und sich schließlich auf sein Bett fallen lassen konnte. Kaum, dass er sich unter die Decke verkrochen hatte, war Yukke auch schon davon geeilt, nur um wenig später mit einer Tablette und einen Glas Wasser wieder an ihn heranzutreten, um ihm beides zu reichen. „Schlaf wird dir gut tun.“, meinte Yukke, nachdem er Tatsuro das leere Glas wieder abgenommen und noch einmal besorgt auf ihn herabgeschaut hatte. „Ich lass Miya und Sato lieber mal wissen, dass wir bereits im Hotel sind. Die beiden werden sich sicherlich schon fragen, wo wir stecken.“ Darauf lächelte Yukke noch einmal warm, bevor er sich auch schon zum Gehen umwandte, um Tatsuro nicht weiter zu stören. Doch egal wie sehr die Müdigkeit auch schon an ihm zerrte, so übermannte Tatsuro mit einem Male das Gefühl, nicht allein sein zu wollen. Rasch zog er seine Hand unter den Lagen hervor und konnte Yukke gerade noch so davon abhalten, sich zu weit von ihm zu entfernen. Fragend blickte dieser daraufhin auf Tatsuro, dessen Finger sich in dem dünnen Stoff des Yukatas festhielten. „Brauchst du noch etwas?“ Diese Frage war, in Anbetracht all der Möglichkeiten sie beantworten zu können, etwas das Tatsuro ein leichtes Seufzen entlockte. Ja, er brauchte noch etwas, doch musste er seinen Geist zur Ordnung rufen, als er seinen Wunsch schließlich zu formulieren begann, selbst wenn die Worte „Ich brauche nur Dich“, nichts als die reine Wahrheit vermittelt hätten. „Kannst…, kannst du hier…bleiben? Nur bis ich…eingeschlafen bin?“ Ein weiteres sanftes Lächeln, verfing sich auf Yukkes Lippen, als er diese Bitte vernahm. „Natürlich.“ „Danke…, für Alles.“, ließ ihn Tatsuro noch leise wissen, worauf er seine Augen schloss und nur Sekunden später auch schon eingeschlafen war. Etwas unschlüssig saß Yukke daraufhin auf Satochis Bett und beobachtete das ebenmäßige Atmen von Tatsuro neben sich. Tatsuro hatte ihn zwar nur darum gebeten, so lange zu bleiben, bis er eingeschlafen war, jedoch wollte er ihn nun nur ungern alleine lassen. Auch wollte er nicht, dass Tatsuros Ruhe durch irgendetwas oder irgendjemanden wieder gestört wurde. Also suchte er sich sein Handy herzu, um schließlich eine Nachricht an Miya zu senden, in welcher er ihm erklärte, was vorgefallen war und ihn darum zu bitten, für diese eine Nacht sich mit Sato das Zimmer zu teilen. Ein paar Augenblicke später, hatte er auch schon eine Antwort erhalten und zufrieden klappte er sein Telefon wieder zu, um es sich daraufhin auf dem Bett etwas bequemer zu machen. Ein Blick auf die digitale Anzeige des Weckers, auf dem kleinen Schrank der zwischen ihren Betten stand, zeigte, dass es bereits 23 Uhr war. Morgen wäre dann also schon ihr letzter Tag hier. Er fühlte sich gehetzt, auch wenn er keinen Schritt gegangen war, denn seine Beine wollten ihm einfach nicht gehorchen. Unruhig schaute sich Tatsuro um. Er hatte das Gefühl, das er schon einmal hier gewesen war, doch egal wie lange er sich auch umblickte, er konnte nicht sagen, woher er diesen Ort kennen sollte. Warum ihn diese monotone Spiegelung so aufwühlte. Es war Winter. Stille und endloses Weiß flossen ineinander, während winzige Schneekristalle um ihn herum tänzelten.   Eine Illusion von beständiger Harmonie. Ein kurzes Flackern unterbrach plötzlich die eintönige Kulisse und weckte Konturen und Geräusche auf. Nach und nach wuchsen gläserne Bauten aus dem weißen Element, zogen Schatten mit sich empor und ließen graue Silhouetten zurück. Ein weiteres Verzerren der Umgebung und Farben legten sich matt auf seinen Weg, erzeugt von unzähligen Lichtern. Rauschen formte sich zu Stimmen, zu Lärm von Verkehr und Rastlosigkeit. Er kannte diesen Ort. "Weißt du was? Ich hätte gar nicht herkommen sollen!" Und er kannte diese Stimme, und diesen Zorn, der ihr inne wohnte. Yukke. Hektisch suchte er nach dessen Bild in all dieser Unruhe und konnte ihn doch einfach nicht finden. Warum war Yukke nur so wütend? „Ich weiß eigentlich gar nicht, warum ich hier stehe und mir dein Gejammer antue?“ „Es tut mir leid…“, rief er wie automatisch Yukkes verärgerter Stimme entgegen. "Ich sollte einfach wieder gehen!" Es waren diese Worte, die ihn mit einer plötzlichen Panik fluteten, dass Tatsuro glaubte jeden Augenblick auseinander gerissen zu werden, wenn er Yukke nicht würde aufhalten können. Doch so sehr er auch versuchte, ihn in dieser abstrakt anmutenden Szenerie entdecken zu können, war alles was er einfangen konnte, ein Empfinden von quälendem Schmerz, beißender Schuld, und abgrundtiefer Verzweiflung. "Was bist du eigentlich für ein Mensch Iwagami?“ Es tat weh… Jedes weitere Wort, das er Yukke sagen hörte, ließ ihn leiden und wünschen er könne es erklären. Könne Yukke erklären, dass er Fehler gemacht hatte, für die er sich so maßlos schämte, doch war seine Stimme mit einem Male nichts weiter mehr, als ein heiseres Krächzen. "Manche Dinge kann man nicht mehr zusammenfügen." Es war wie das Hinabsinken in schwarze Tiefe, fort von unentbehrlicher Luft und rettendem Licht, als Tatsuro Yukke dies sagen hörte. Und er wusste, er musste laufen, er musste Yukke aufhalten, sonst wäre alles vorbei. Verbissen drängte er seinen Körper ihm zu gehorchen, auf sein Flehen einzugehen, bis er nur noch verzweifelt schreien wollte. Doch nicht passierte. Wütend über seine Unfähigkeit, sackte er schließlich in sich zusammen, hämmerte dort weiter hysterisch auf den Grund unter sich ein und hörte doch nicht auf, seiner Stimme seine Wut aufzwingen zu wollen. Yukke… Blut und Tränen tränkten letztendlich das Grau unter seinem Körper, tonlose Laute erstarben und ließen nichts weiter zurück als Reue. Er hatte ihn verloren. Tatsuro wusste nicht wie spät es war, doch wünsche er sich, dass solche Momente einfach nie vorüber ziehen würden. Momente wo er Yukke einfach nur nahe sein durfte, ohne immer darauf bedacht sein zu müssen, dass es nicht zu ersehnt erschien. Wäre die einzige Möglichkeit von Yukke in den Arm genommen zu werden, das leidliche Erwachen aus einem dornenvollen Traum, dann würde er es akzeptieren. Würde die Augenblicke voller Torturen ertragen, in der Gewissheit, dass ihn stets die Person darüber hinwegtrösten würde, die ihm das Wichtigste war. So wie in diesem Moment. Er schmeckte noch das Salz auf seinen Lippen, spürte das allmählich abklingende Brennen in seinen Augen, war er sich der Intensität, dieses eben durchlebten Traumes noch deutlich bewusst. Doch verdünnte sich die Bitterkeit dieser Empfindungen, mit jedem Atemzug den er von Yukke spüren konnte und wurde farbloser mit jedem beruhigenden Laut, den er von ihm einfing und jeder Berührung die so liebevoll erschien, dass er sich darin einfach nur vergessen wollte. „Wieder OK?“ Yukke ließ nicht davon ab, ihn weiter festzuhalten, als er dies fragte, lenkte auch nicht ein, als Tatsuro sein Gesicht noch etwas mehr in dem weichen Stoff von dessen Yukata vergrub, schien ihm diese Geste anscheinend doch Antwort genug. Auch wenn es kindisch sein mochte, sich derart an jemandem festzuklammern, wollte Tatsuro nicht loslassen. Noch nicht. „Willst du mir etwas darüber erzählen?“ Erneut wallte ein Gefühl von Unbehagen in Tatsuro auf, als er sich dieser Worte bewusst wurde. Nein, er wollte nicht darüber sprechen. Er wollte es vergessen, so schnell wie möglich. Ein leichtes Kopfschütteln, ließ Yukke nicht weiter darauf eingehen. Stattdessen zog er Tatsuro noch ein Stück näher an sich heran und ließ diesen die Zeit die er brauchte, bis sich auch die letzte Woge seines Traumes wieder beruhigt hatte. Es war einige Zeit später, als Tatsuro sich dazu überreden konnte, Yukke wieder von sich zu befreien, nicht zuletzt, weil er sich vorstellen konnte, dass diese Position für Yukke auf längere Sicht, nicht die bequemste darstellen dürfte. Mit einem dankbaren Lächeln, sagte er sich schließlich gänzlich von ihm los, worauf ihm auch bewusst wurde, dass es schon zu Dämmern begonnen hatte, was bedeuten musste, dass es einige Stunden gewesen sein durften, die er Yukke nicht wirklich hatte Ruhe finden lassen. Im Nachhinein betrachtet, war er wieder einmal ziemlich egoistisch mit seinem Handeln gewesen, und Yukke hatte es ihm, wie früher schon so oft, ohne Murren durchgehen lassen. Dieser streckte nun seine sicherlich recht verspannten Glieder, um sich kurzdarauf zu erheben und in Richtung der anliegenden Terrasse zu gehen, wo er die Tür, die darauf führte, öffnete und ein wenig frische Morgenluft in den Raum huschen ließ. Nun stand auch Tatsuro auf  und strebte erst einmal das Badezimmer an. Ein Blick in den Spiegel zeigte, dass er doch etwas mitgenommen aussah, worauf er sich einen Schwall kühlen Wassers in sein Gesicht warf und kurzerhand zu seiner Zahnbürste griff, um seine morgendlichen Rituale fortzusetzen. Als er wieder zurück zu Yukke fand, stand dieser nun vollends auf dem mit Holz beplankten Vorbau  des Zimmers, in einer Hand eine Flasche mit wunderlich anmutenden, violetten Inhalt. Tatsuro wusste, dass es sich dabei um eines von Satochis isotonischen Wässerchen handelte, die dieser mit Vorliebe zu sich nahm, wenn er sich nach einer alkoholhaltigen Nacht, am nächsten Tag folglich etwas zermatscht fühlte. Tatsuro hatte sich indes in legerere Kleidung beholfen und mit etwas sturer Ausdauer, auch sein Haar wieder bändigen können. Vielleicht sollte er es doch wieder etwas kürzer tragen. Yukke indes, hatte noch immer seine Sachen vom vorhergehenden Abend an, welche trotz der Tatsache das er in ihnen die Nacht hatte verbringen müssen, nicht minder ansehnlich an diesem aussahen. Selbst die leicht verstrubbelten Haare, vermittelten in diesem Bild ein gewisses Etwas. Es war über diese Erkenntnis und die Erinnerung an vergangene Tage, das sich über Tatsuro, mit einem Male, wieder eine unsägliche Melancholie niederlegte, das ihm fast schon wieder zum Heulen zu Mute war. Dieses Empfinden steigerte sich Zusehens, je länger er Yukke beobachtete und sich abermals der Gedanke in ihm auftat, dass diese räumlich Distanz, die sich gerade zwischen ihnen befand, nicht ungleich der emotionalen Entfernung war, die er nie würde überwinden können. Ein leichter Wind strich Tatsuro einige seiner dunklen Strähnen in sein Gesicht, doch störte er sich nicht daran, wohnte in ihm gerade nur das Bedürfnis inne, alles noch einmal zum Anfang zurückdrehen zu können. Noch einmal eine Chance zu habe, und dann alles anders zu machen. Ein mutloses Lächeln zog sich über sein Lippen, als ihm jemand vorsichtig die verrutschten Strähnen wegstrich, und ihn das Gefühl verhöhnte, es nicht mit einer Geste der gleichen Behutsamkeit und Vertrautheit erwidern zu dürfen. „Hey…“ Yukkes Stimme klang so unsicher und doch so mitfühlend, als er Tatsuros Blick suchte, das dieser ihm bewusst auswich, aus Angst er könne etwas tut, was er nicht mehr zurücknehmen könnte. „Was ist los?“ Warum war Yukke nur ständig so fürsorglich? Warum war alles was er tat, ein Grund sich nur noch mehr zu verlieren? Er hingegen, hatte so viele Schwächen, so viele Fehler und trotzdem blieb Yukke an seiner Seite. Warum? Es war ein flüchtige Eingabe, der er folgte, als er sich von Yukke abwandte und ansetzte in seiner Tasche etwas zu suchen. Es war schon einige Zeit vergangen, seit er sich diese Hilfsmittel zunutze machen musste, doch gerade jetzt erschien es ihm einfacher, seine Gedanken auf Papier niederzuschreiben, anstatt zu versuchen, sie in holprigen Sätzen vorzutragen. Erstaunt verfolgte Yukke das Tun seines Freundes, hielt aber davon Abstand es zu hinterfragen. Indes ließ Tatsuro den Stift über die Seite vor sich wandern, nicht sicher, ob er das Chaos in seinem Kopf auch verständlich würde wiedergeben können. Geduldig wartete Yukke, bis Tatsuro in seinem Schreiben wieder inne hielt und ihm, ohne noch einmal selbst seine Zeilen überfolgen zu haben, das Papier entgegenstreckte, um sich daraufhin wieder auf sein Bett sinken zu lassen. -Warum tust du das alles für mich?- War als Erstes zu lesen, und Yukke stutze etwas ob dieser Frage, war er sich doch sicher, das sich Tatsuro seiner Freundschaft zu ihm, deutlicher bewusst wäre. Kurz suchte Yukkes Blick den von Tatsuro, doch hatte dieser seinen Kopf gesenkt, was Yukke annehmen ließ, das er erst einmal alles lesen solle, bevor er versuchen würde zu erklären. -Seit wir uns kennen, hattest du es unzählige Male schwer mit mir, und trotzdem gibst du mich nicht auf. Warum? Ich an deiner Stelle, hätte ich mich schon längst zum Teufel geschickt! Es wäre so viel einfacher für dich, wenn du mich so behandeln würdest, wie es mein egoistischer Charakter auch verdient hätte. Trotzdem bis du immer da, selbst wenn das heißt deine eigenes Wohlbefinden deswegen zu opfern. Ich bin das alles nicht wert. Selbst wenn ich von heute an versuchen würde es zu ändern, würde ich ein Leben mehr benötigen, um deine Fürsorge, Geduld und dein Verständnis mir gegenüber aufzuwiegen. Würdest du mir sagen, dass du dies alles nur tust, um ein Miteinanderauskommen in unserer Arbeit zu sichern, ich würde es sogar verstehen. Würde ich nie wieder mit euch auftreten können, und dich damit von dieser Last mich zu ertragen, befreien, ich würde es akzeptieren. In der Zeit, als ich glaube, dass ich nie wieder würde sprechen können, hatte ich solch eine Wut in mir, weil ich glaubte, das ihr mir nicht genügend beistehen, das ihr in mir nur noch eine Bürde sehen würdet, wenn ich meine Rolle nicht mehr würde ausfüllen können. Ich dachte ihr würdet mich zurücklassen und ohne mich weitergehen, wenn ihr erkennt, dass ich nutzlos geworden bin. Ich habe euch nicht vertraut und dafür schäme ich mich jetzt maßlos. Meine Stimme war das einzige, auf das ich ohne jeden Zweifel stolz war, sie hatte mir so vieles ermöglicht. Für mich gab es kein anderes Leben. Ich habe es euch so schwer gemacht. Ich habe dich durch meine verqueren Gedanken so leiden lassen, dass ich es nie wieder gut machen kann. Doch möchte ich dich auch wissen lassen, dass ich dir unendlich dankbar bin. Niemand hat sich je so sehr an dieses Feuer gewagt, welches ich mir als Schutz entfacht hatte. Und der Gedanke, dass es für dich viel zu oft nur eine Qual gewesen ist, schürt den Ärger über mich selbst. All die Dummheiten die ich begangen habe, hätten etwas anderes deutlich machen müssen. Doch ich bin viel zu unbeholfen, wenn es darum geht, jemandem zu zeigen, was er mir bedeutet. Ich möchte, dass du weißt, dass du mir wirklich wichtig bist. Und ich möchte, dass du glücklich bist, auch wenn dies bedeutet würde, dass du dich von mir lossagen müsstest, um dies zu erreichen. Ich möchte einfach nur das du weißt…- Das letzte Satzfragment hatte Tatsuro durchgestrichen, doch war es noch recht gut zu entziffern. Etwas überfordert mit diesem Geständnis, wagte es Yukke nicht seinen Blick von dem Blatt Papier hin zu Tatsuro zu richten, da er einfach nicht sicher war, wie er diesem nun am besten gegenübertreten sollte. Ein Teil in ihm, war merklich darüber enttäuscht, das Tatsuro annahm, er wäre stets und ständig eine Belastung für ihn, obwohl er ihm schon einmal vergewissert hatte, dass er es nie als solches empfunden habe. Trotzdem wusste er auch, dass es nicht einfach für Tatsuro gewesen sein musste, ihm dies alles mitzuteilen, sprachen einige Zeilen, doch von einer Schwäche und Unsicherheit, welche Tatsuro früher unter allen Umständen zu verbergen versucht hatte. Dass er ihn nun so einfach in seine Seele blicken ließ, zeugte doch von enormer Überwindung. Entschlossen, die Dinge ein für alle Mal klar zu stellen, richtete Yukke seine Aufmerksamkeit wieder auf Tatsuro, als sein Blick durch die noch immer geöffnete Terrassentür fiel, und ihn spontan seine Absicht etwas um planen ließ. Ohne sich groß zu erklären, legte er das Schreiben zur Seite und trat auf Tatsuro zu, der merklich etwas zusammenschrak, als er sich der plötzlichen Präsenz von Yukke vor sich gewahr wurde. Unsicher wendete Tatsuro seinen Kopf zur Seite, da er einfach nicht einschätzen konnte, was er nun von Yukke zu erwarten hatte. „Ich möchte dir etwas zeigen.“, hörte er Yukke schließlich sagen und als er seinen Kopf in dessen Richtung drehte, lächelte dieser ihn an, als habe er alles was Tatsuro ihm offenbart hatte gar nicht gelesen, oder überhaupt nicht ernst genommen. Tatsuro rang mit dem Empfinden, was er davon halten sollte. Ob es gut oder unnötig gewesen war, Yukke sein Herz auszuschütten, und kam zu dem Entschluss, dass er nicht nachfragen würde. Dass er keine Antwort zu seinen Gedanken von Yukke erzwingen würde. Denn wenn er ehrlich zu sich selbst war, dann hatte er viel zu große Angst diese Seifenblase zu verlassen, die man um ihn herum gezogen hatte, und die ihm in dem Glauben ließ, das alles was Yukke für ihn tat, einfach nur damit zu erklären war, dass es nun einmal Yukke war. Tatsuro hatte gar nicht bemerkt, wie er sich erhoben hatte, vertieft in seinen Überlegungen, und das er Yukke bis auf die Terrasse gefolgt war, bis er schließlich das Zimmer verlassen hatte und ihn der klare Duft des Sommers bewusst geworden war. Yukke lehnte mit beiden Unterarmen auf dem Geländer, das diesen Bereich umgab und schaute auffordernd zu Tatsuro, um ihn mit einem Wink seines Kopfes anzudeuten, dass er sich zu ihm gesellen sollte. Tatsuro tat wie ihm geheißen. Es waren nur wenige Minuten, die sie zu verharren hatten, als sich ein rot-goldenes Band am Horizont ausrollte, wie ein Teppich auf dem die Sonne zu wandeln gedachte, als diese sich in einem prächtigen Farbenspiel Stück für Stück auf dieser frühmorgendlichen Leinwand empor zog. Prunkvoll begann das Meer zu leuchten, erinnerte an edlen Stoff gewoben aus Garnen, die kein menschliches Geschick je würde spinnen können. Umrahmt vom Musizieren der Natur. Ein rundum zufriedenes Strahlen breitete sich auf Yukkes Lippen aus, in Beobachtung dieses herrlichen Schauspiels. Ein Blick auf Tatsuro verriet ihm, dass dieser sich nicht weniger fasziniert zeigte, als er es tat. An so einem Ort, wohnte solch einem Spektakel ungemein mehr Zauber inne, als wenn man sah wie sich dieser beeindruckende Himmelskörper durch enge Häuserschluchten presste. „Weißt du womit ich glücklich sein verbinde?“ Yukkes Worte fügten sich wie das Singen der Vögel in diesen Morgen ein, rissen die Stimmung nicht entzwei, die sie umgab, wie es ein weniger sanfter Ton getan hätte. Erneut schaute er zu Tatsuro, der dies mit einem fragenden Blick erwiderte. „Es macht mich glücklich, wenn ich mit den Menschen die mir nahe sind, wertvolle Erinnerungen sammeln kann.  Es macht mich glücklich, wenn ich fühle, dass ich etwas erreicht habe, von dem ich dachte, dass es mir nie gelingen würde. Und es macht mich glücklich, wenn ich sehe, dass ich jemandem eine Hilfe sein kann, egal wie viel Kraft ich dafür auch einsetzen muss.“ Noch immer lächelte Yukke sanft, als er nach der Einsicht in Tatsuros Augen suche, von der er hoffte sie ihm damit deutlich übermittelt zu haben. Der leichte Rotschimmer, der sich daraufhin auf Tatsuros Wangen ausbreitete, ließ annehmen, dass dieser sich gerade etwas genierte, ob der Erkenntnis, worauf Yukke seine Offenbarung bezogen hatte. „Und weißt du, was für Dinge ich besonders mag?“, vernahm Tatsuro weiter. „Sonnenaufgänge wie diesen. Oder wenn der Himmel voller Kirschblüten hängt. Ich mag kalte Soda an einem unerträglich warmen Tag und herrlich sauren Zitronentee im Winter. Ich mag es, barfuß durch den Sand zu laufen, und Comics, wo der Hauptheld eine seltsame Frisur trägt. Ach ja und witzig aussehende Fische mag ich auch.“ Ein erheiterndes Feixen rutschte Tatsuro, bei dieser letzten Bemerkung heraus. „Und soll ich dir noch etwas was sagen?“ Yukkes Blick schweifte wieder über das Panorama vor ihnen. „ Nichts davon braucht eine Stimme.“ Gut, es waren recht kitschige Vergleiche, doch Yukke stand zu jedem einzelnen. Etwas verspätet traf ihn die Besinnung, das er Tatsuro gerade auf recht alberne Art und Weise mitgeteilt hatte, dass er ihn mochte, worauf es nun an ihm war peinlich berührt an Farbe zu gewinnen. Womöglich hatte er es etwas übertrieben? Tatsuros Lächeln, als er sich diesem erneut zuwandte, traf ihn unerwartet und mit erschreckender Vehemenz, und Yukke musste sich ehrlich zusammenreisen, um nicht einem vorlauten Impuls nachzugeben, Tatsuro noch viel näher sein zu wollen. Doch schien Tatsuro genau diesen Gedanken gelesen zu haben, als er unvermittelt an ihn herantrat, und noch immer dieses Lächeln vor sich her trug. Eine verspielte Brise schlängelte sich an ihnen vorbei, brachte abermals etwas Unordnung in Tatsuros langes Haar, worauf Yukke schon aus einem Reflex heraus, seine Hand austreckte, um dieses in einer liebevollen Geste wieder hinter Tatsuros Ohr zu streichen. Eine innere Stimme mahnte ihn sogleich, seine Hand wieder zurückzuziehen. Sie sinken zu lassen und etwas Abstand zu gewinnen. Doch war alles was Yukke vernahm, das flehende Bitten einer sehnsüchtigen Empfindung. Zaghaft ließ er seine Finger über die helle Haut von Tatsuros Wange gleiten, um schließlich seine Hand darauf zu legen, was ein intensives Kribbeln in seinem Bauch mit sich führte. Wie in Trance suchte er den Blick Tatsuros, verlor sich in den dunklen Augen, die ihn bedachten und plötzlich war es nicht mehr genug. Gewagt überging er sämtliche Bedenken, die sich versuchten in seinem Geist nach vorne zu drängeln, im Verlangen Tatsuros Nähe auf eine Weise spüren zu können, die ihm mit einem Male so notwendig erschien. So perfekt. Yukke konnte nicht mehr sagen, wie weit er noch hätte gehen müssen, als ihn ein dumpfes Poltern, aus seinem Taumel befreite und er erschrocken von Tatsuro zurückwisch, welcher ihn mit einem ungläubigen Blick bedachte, was auch das letzte war, was er von diesem wahrnahm, bevor er sich hektisch von der Terrasse und aus dem Zimmer entfernte. „Und jetzt?“ Miya rollte entnervt mit den Augen. Jetzt wo die Lage ziemlich heikel war, suchte Satochi seinen Rat! Aber vorhin, als er ihn deutlich machen wollte, nicht einfach unaufgefordert in dieses Zimmer zu schleichen, nur weil er unbedingt etwas alltagstauglicheres, als seinen Yukata aus seiner Tasche herzu suchen wollte, da hatte er ihn großspurig darauf verwiesen, dass er schon wisse was er tue. Und nun hatten sie den Salat. Miya selbst hatte auf dem Flur darauf gewartet, das Satochi zurück finden würde, oder eben, das man ihm mitteilte, dass auch er erwünscht wäre. Doch war alles was er verfolgen konnte, das plötzliche Poltern hinter der Tür und wenig später einen ziemlich aufgelöst wirkenden Yukke, der fast panisch an ihm vorbei in ihr Zimmer geflüchtet war und sich seit dem im Badezimmer verbarrikadiert hatte. Auf der anderen Seite war da Tatsuro, der einfach nur auf der Terrasse stand und mit drüben Blick in die Ferne stierte. Nach Satochis Berichterstattung zufolge, hatte dieser wirklich nur zu seiner Tasche huschen wollen, als er merkte das Yukke sowie Tatsuro sich außerhalb des Raumes befanden und sich einfach nur miteinander unterhielten. Er hatte sie nicht stören wollen, und dann fing er diese Szene ein, wo sich beide ziemlich nahe kamen, und in seiner Aufregung und dem Bestreben sich eiligst wieder entfernen zu wollen, war er gegen den Tisch gestoßen, was zur Folge hatte, dass einige der Gegenstände die sich darauf befanden, zu Boden fielen und recht unangebrachte Geräusche verursacht hatten. Das nächste was ihm daraufhin vor Augen geführt wurde, war Yukke der fluchtartig an ihm vorbei und aus seinem Blickfeld gezogen war. So viel zum Thema, Diskretion und Feingefühl. Nun saßen sie beide in der kleinen Lobby und waren deutlich überfordert mit der vorherrschenden Situation. Ein energisches Murren von Seiten Satochis, ließ Miya annehmen, dass dieser sich gerade ziemlich schuldig seinen beiden Freunden gegenüber fühlte. „Ich hab es vermasselt!“, knurrte der schließlich und Miya überkam doch tatsächlich so etwas wie Mitleid, als er sich Satochi so anschaute. „Nun ist es auch nicht mehr zu ändern.“ Ein ergebenes Seufzen trat Satochi daraufhin über die Lippen, worauf er beide Hände in seinen eh schon recht zerzausten Haaren vergrub und nachdenklich vor sich hin blickte. „Sollte ich mich bei den beiden entschuldigen?“ Miya wog das für und wider dieser Frage gedanklich ab. „Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das so eine gute Idee wäre.“, gab er ehrlich zu und ließ seinen Kopf in den Nacken fallen, um auf die holzvertäfelte Decke der Lobby zu starren. „So, wie die beiden sich momentan verhalten, sieht es mir nicht so aus, als wären sämtliche Fronten geklärt. Und deiner Erzählung nach zu urteilen, scheint mir mehr der Vorwitz diese Situation entfacht zu haben, als gegenseitiges Einverständnis. Warum sonst würde Yukke wie von Donner gerührt davon stürmen und sich regelrecht verkriechen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass es daran liegt, dass du etwas gesehen hast, was ihm vor dir einfach nur peinlich gewesen wäre. Wenn du verstehst was ich meine.“ Kurz überdachte sich Satochi Miyas Worte, um daraufhin verstehend zu nicken. „Du meinst wegen der Tatsache, dass es Tatsuro wäre in den er sich verliebt hat, beziehungsweise dass es sich dabei um einen anderen Mann handelt?“ „Genau. Yukke mag zwar manchmal recht sensibel sein, doch glaube ich nicht, das er, wenn sie beide ihre Gefühle zueinander offenbart hätten und teilen würden, er durch so eine Aktion Tatsuro das Gefühl geben würde, nicht mit ganzen Herzen zu ihm zu stehen. Bei Tatsuro sieht es mir ähnlich aus, nur zeigt er es anders. Die beiden scheinen durch ihren Emotionen die sie für den anderen hegen, völlig aneinander vorbei zu laufen, und ihnen entgeht dadurch das Eindeutige.“ Wieder nickte Satochi, ob der Definition die Miya ihm vorgebracht hatte und für eine Weile herrschte nachdenkliches Schweigen zwischen ihnen. „Und wie soll es nun weiter gehen? Sollen wir so tun, als wäre nichts passiert und die beiden sich selbst überlassen?“ Satochi war sich nicht sicher, ob sie noch eine weitere Rolle in diesem Stück einnehmen sollten, denn womöglich würde das letztendlich alles nur noch schlimmer machen. Andererseits, tat es ihm schon weh, zu sehen, wie viel Unsicherheit und womöglich auch Furcht Yukke und Tatsuro davon abzuhalten schien, einen mutigen Schritt auf den anderen zuzugehen. Gut, der unglückliche Umstand, dass er nun einen nicht zu verleugnenden Teil daran Schuld trug, dass ein mehr als aussagekräftiger Schritt, in der aufstrebenden Beziehung seiner beiden Freunden in einem ziemlichen Dilemma geendet hatte, war natürlich mehr als frustrierend, aber vielleicht gab es noch irgendetwas zu retten. „Ich möchte den Versuch wagen, sie wissen zu lassen, dass wir für sie da sind, egal was sie aus diesem ganzen Wirrwarr machen mögen. Vielleicht fühlen sie sich dadurch etwas sicher, sich selbst gegenüber und finden so den richtigen Weg zueinander.“ Miya war die Option es einfach auf sich beruhen zu lassen, so wie es Satochi auch angesprochen hatte, einfach zu taktlos. Wenn sie wirkliche Freunde waren, dann sollten sie es auch deutlich machen, zumindest in dem Masse, wie es in diesem Falle angebracht sein würde. „Ich werde mal mit Tatsuro sprechen.“, meinte Miya dann auch schon recht entschlossen, was Satochi für einen Augenblick etwas irritierte. Eigentlich war es meist so, dass er sich um Tatsuro kümmerte, wenn Yukke einmal nicht in Betracht gezogen werden konnte, was demnach nur dann vorkam, wenn das Problem von Tatsuro mit Yusuke zu tun hatte. Aber vielleicht war es eine ganz gute Variation, wenn sie es diesmal auf einem anderen Wege angehen würden. Kapitel 38: Following a small flame of courage ---------------------------------------------- Mit ein wenig Anspannung, betrat Miya das Zimmer, in welchem er sich Tatsuro noch immer erhoffte und war nicht sonderlich überrascht, als er diesen, wie schon zu dem Zeitpunkt, als sie ihn seine Ruhe gelassen hatten, auf der Terrasse stehend vorfand. Kurz atmete Miya tief durch. Das würde sicherlich nicht ganz so einfach werden, aber er wollte jetzt auch keinen Rückzieher mehr machen. Es wäre das erste Mal, das er sich mit Tatsuro zu solch einen gewichtigen Thema unterhalten wollte, und auch wenn die Wahrscheinlichkeit groß war, das dieser ihn gar nicht erst würde an sich heranlassen, wollte er diesen wissen lassen, das auch er sich Sorgen um ihn machte, und das nicht nur aus einem beruflichen Harmoniebedürfnis heraus, sonders als ein Freund. Nicht ganz schlüssig, wie er Tatsuro am günstigsten auf seine Person aufmerksam machen sollte, blieb Miya vorerst im Rahmen der gläsernen Tür stehen und blickte, wie Tatsuro, auf die Szenerie vor sich. Als dieser aber nach einiger Zeit noch immer keine Rührung zeigte, trat Miya schließlich, unter einem kurzen, aber gut zu vernehmenden Räuspern, auf die Planken und an Tatsuro heran. Wieder herrschte nichts weiter als Stille, die nur vom leisen, melodischen Rauschen des Meeres aufgelockert wurde. „Lass uns…etwas zum Stand…gehen.“ vernahm Miya unerwartet Tatsuros Stimme, der ohne auf eine Reaktion von ihm zu warten, in dem Raum zurück fand und zielstrebig die Zimmertür ansteuerte. Schnell überwand Miya den Moment des Erstaunens und folgte Tatsuro, dessen Schritte erst wieder etwas an Tempo verloren, als sie den Sand unter ihren Füssen spüren konnten. Eine Weile liefen sie tonlos am Wasser entlang, trafen ab und an auf Menschen deren heiteres Lachen und Plaudern in einem deutlichen Kontrast zu ihrem Wandeln an diesem Strand wiederspiegelte. Sie liefen noch einige Meter, bevor Tatsuro inne hielt und sich schließlich auf das warme Mineral sinken ließ. Noch immer lag dieser Ausdruck von Traurigkeit in dessen Augen und entlockte Miya ein leises Seufzen. „Möchtest du darüber reden?“ Tatsuro lächelt etwas bitter. Yukke hatte ihm diese Frage auch gestellt, als er sich noch so merklich von seinem Albtraum gebeutelt gefühlt hatte. Zu diesem Zeitpunkt war noch alles in Ordnung. Nicht perfekt, denn dazu hätte die Gewissheit zählen müssen, dass seine Zuneigung zu Yukke nichts Falsches darstellte. Doch nun war alles nur noch Bedauern und die leise Angst, Yukke, genau wie in seinem Traum, verloren zu haben. Was hatte er sich nur dabei gedacht, als er dessen Geste einfach so in etwas um gesponnen hatte, das ihm glauben ließ, es wäre in Ordnung, sich das zu holen, wonach er sich schon so irrsinnig lange sehnte? Ihn zu küssen war ein solch intensiver Wunsch, dass er sich nicht mehr hatte zusammenreißen können. Zu einnehmend war dieser Moment gewesen. Er hatte völlig vergessen wie viel dabei auf dem Spiel stand, das dieser eine unbedachte Moment, und wäre er noch so erfüllend gewesen, den Verlust von Yukkes Vertrauens auf Dauer nicht hätte aufwiegen können. Und doch hatte er sich zu sehr hinreißen lassen, von Yukkes Nähe, diesen Worten die ihn versichern sollten, dass er sich dessen Freundschaft sicher sein konnte, und der für Yukke so typischen Art zu erklären, dass er ihn mochte. Tatsuro schluckte schwer. Yukke mochte ihn, als einen guten Freund. Es war nicht das Gefühl, das Tatsuro für ihn empfand, sondern ehrlicher. Liebe konnte schnell besitzergreifend werden, verlangen wo es besser wäre dankbar zu sein, misstrauen, wo Zuversicht der richtige Weg gewesen wäre und verletzten, wenn man sich einfach nicht geliebt genug fühlte. Freundschaft hingegen ließ sich gestalten wie ein buntes Mosaik. Und zerbrach einer der Steine, dann gab es die Chance ihn dennoch verwenden zu können. Er war nicht unwillkürlich verloren, sondern nahm nur einen anderen Platz ein. Freundschaft fesselte dich nicht, sie gab dir Möglichkeiten dich zu entfalten, ohne die Angst Erwartungen nicht vollständig erfüllen zu können, so wie es Liebe oft tat. „Ich wollte…dass er glücklich…ist.“ Miya war sich nicht sicher, ob Tatsuro diese Worte an ihn gewandt, oder einfach nur für sich ausgesprochen hatte, packte aber die Gelegenheit beim Schopf, erneut zu versuchen ein Gespräch aufzunehmen. „Wie weit geht dieser Wunsch?“ Es wäre sicherlich aufschlussreicher gewesen, Tatsuro einfach direkt auf das anzusprechen, weswegen er sich eigentlich mit ihm hatte unterhalten wollen, doch erschien es ihm dennoch etwas zu vorschnell ihn sofort damit zu konfrontieren. Vielleicht würde dieser auch von selbst etwas Licht ins Dunkel bringen. Kurz streifte ihn Tatsuros fragender Blick, doch zeigte er sich schließlich bereit, sich auf diese Unterhaltung einlassen zu wollen. „Bis zum Ende…jeglicher Existenz.“ „Heißt das, dass du dein eigenes Glück für ihn opfern würdest? Nenn mich besserwisserisch, aber ich glaube nicht, das Yukke so etwas akzeptieren würde.“ „Ich mache ständig…alles falsch.“ Ein verstehendes Schmunzeln breitete sich auf Miyas Gesicht aus. „Ja, das ist eine Eigenschaft, die du sehr gut ausgeprägt hast.“ Bei dieser Bestätigung senkte sich Tatsuros Kopf schuldbewusst, was Miya leicht mit den Augen rollen ließ. „Tatsuro, du nimmst doch nicht wirklich an, das der Rest der Welt fehlerlos ist? Es stimmt, du scheinst das Chaos manchmal magisch anzuziehen, aber trotzdem bist du ein Mensch, den wir nicht missen möchten.“ Nun war es an Tatsuro leicht zu grinsen, als er Miya dabei ertappte, wie ihn dieses Geständnis, das ihn deutlich mit Inbegriff, die Röte auf die Wangen trieb. Nie hatte Miya so offen wissen lassen, dass er Tatsuro, trotz seines konfusen Charakters, als Freund nicht verlieren würde wollen. Es zeigte ihm das Miya sich ehrlich darum bemühte, ihn etwas von seinem Kummer befreien zu wollen, und das war eine Geste, die ihn wirklich zu rühren wusste. „Arigato Miya-kun.“ Miya schien daraufhin noch eine Spur an Verlegenheit dazu zu gewinnen, fasste sich jedoch schnell wieder und richtete sich erneut an Tatsuro. „Yukke wird sich nicht einfach von dir abwenden, egal was vorgefallen ist, da bin ich mir sicher.“ Nur zu gerne wollte Tatsuro Miyas Worten Glauben schenken, doch konnte er diesen Optimismus einfach nicht teilen. Er war eindeutig zu weit gegangen, und diesmal schien eine Entschuldigung einfach nur absurd in Bezug auf das, was Yukke dieser unbedachten Tat sicherlich hatte entnehmen können. Er hatte sich ihm aufgedrängt, und musste nun fürchten, das Yukke ihn nicht mehr in seiner unmittelbaren Nähe ertragen könnte, aus Angst er würde wieder seine Beherrschung verlieren. Und wenn er ehrlich war, konnte er diese Angst sogar nachvollziehen. So lange er seine Gefühle für Yukke nicht gänzlich würde abschalten können, traute er sich selbst nicht zu, seine Zuneigung stets und ständig zügeln zu können, wenn er mit Yukke zusammen sein würde. Er hatte es versucht, wirklich versucht, doch war das Resultat seiner Anstrengung letztendlich nur ein wirklich erbärmlicher Witz gewesen, was nun auch den Grund darstellte, dass er hier saß und in Selbstmitleid zerfloss. „Ich werde es…nicht schaffen.“ Diese Aussage ließ Raum für viel Spekulation, aber Tatsuro konnte Miya einfach nicht die ganze Wahrheit hinter diesem Drama erzählen. Auch wenn er ein Freund war, doch für solch eine Offenbarung war er einfach zu feige. „Liebst du ihn?“ Tatsuro blinzelte etwas verdutz, glaubte er doch nicht richtig verstanden zu haben. „Huh…?“ „Hast du dich in Yukke verliebt?“ wiederholte Miya seine Frage und dem ernsten Ausdruck den sein Gesicht wiedergab, konnte Tatsuro entnehmen, dass er sich keinen Scherz mit ihm erlaubte. Nervös begann er daraufhin unter Miyas Blick seine Hände in den Sand zu graben. Es bestand immer noch die Möglichkeit, ihm zu sagen, dass er verrückt sei so etwas anzunehmen, und er sich da wohl etwas vertan haben musste. Doch kam Tatsuro diese Lüge wie ein Verrat an seinen Gefühlen vor, was gleichzusetzen war mit der Behauptung, dass Yukke seine Zuneigung nicht wert wäre. Doch Yukke war jedes einzelne Empfinden wert, selbst die, die ihn zum Verzweifeln brachten. „Wie lange? Wie…lange weißt du…es schon?“ Miya überkam eine tiefe Erleichterung, als Tatsuro deutlich machte, dass er mit seiner Vermutung richtig liege und Willen zeigte, mit ihm darüber reden zu wollen. Er hätte nicht gewusst, was er getan hätte, hätte Tatsuro seine Frage vehement verneint oder in Erinnerung an alte Zeiten, starrköpfig abgeblockt. „Ich hatte so eine Vermutung, und je länger ich beobachtet habe, umso mehr schien sie sich zu beständigen. Doch um es etwas einzugrenzen, kam mir der Verdacht das erste Mal, nachdem du von Yukke wieder zu dir gezogen bist. Irgendwie hatte sich seit dem etwas verändert.“ „Ich verstehe.“ Allen Befürchtungen zum Trotz, hatte er seine Rolle doch länger glaubhaft spielen können, als er es vor wenigen Augenblicken angenommen hatte. Den Zeitpunkt den Miya ihm wiedergab, betrug nur einige Wochen, doch hielt er seine Gefühle schon um so viel länger in sich versteckt. „Zwei Jahre.“ setzte Tatsuro weiter fort, was Miya etwas unverständlich dreinschauen ließ. „Es sind fast…zwei Jahre…seit ich mir diesem Gefühl… bewusst geworden bin.“ Ein trauriges Lächeln begegnete Miya auf dieses Geständnis hin, worauf er das Gesagte erst einmal verarbeiten musste. So lange war es schon her, das Tatsuro so fühlte? Das hatte er nun wahrlich nicht erwartet. Wie war es nur möglich gewesen, dass er nicht schon früher einen Verdacht hatte schöpfen können? Tatsuro indes schien seine Ruhe in den richtigen Bahnen deuten zu können, worauf er ihn wissen ließ, das er einfach das perfekte Alibi sein eigen nennen konnte. Er musste nach der Entdeckung dieser tiefen Emotionen nicht viel verändern. Zumindest nach außen hin. Innerlich jedoch hatte ein chaotischer Umbruch begonnen. Alles fühlte sich mit einem Male anders an, intensiver. Eine kleine Kampelei mit Yukke war früher einfach nur ein heiden Spaß gewesen, doch dann war es auf einmal der innige Wunsch nach Nähe gewesen. Er hatte daraufhin begonnen jedes Detail, das Yukke betraf, begierig einzusammeln, und nach immer neuen Gelegenheiten zu suchen diesen, unter dem Schutz dem ihm sein anstrengender Charakter bot, erneut berühren und spüren zu dürfen. Und es schien, als würde es ewig so weitergehen können, bis schließlich der Tag kam, an dem ihn die blinde Eifersucht gepackt hatte, und er aus Angst Yukke für sich zu verlieren, einen unsagbaren Fehler nach dem anderen begangen hatte, worauf… Ein plötzlicher Schmerz durchfuhr seinen Kopf, ließ etwas wie eine Erinnerung aufflackern, die er nicht sofort zu deuten im Stande war. Winter. Es war Winter, wie in seinem Traum. Menschen zogen an ihm vorbei, und er erinnerte sich daran, wie manche von ihnen ihm ungläubige Blicke zugeworfen hatten, als er so völlig durchnässt und zitternd in diesem Park gestanden hatte. Nur die Hoffnung war es gewesen, die ihn diese Pein hatte aushalten lassen. „Tatsuro, alles in Ordnung?“ Miya hatte eine Hand auf Tatsuros Schulter gelegt, und blickte ihn aus besorgten Augen an. Die Erinnerung verschwamm, bis sie nichts mehr weiter war, als ein weißes Blatt Papier, und Tatsuro mit einen Gefühl von Unruhe zurück ließ. Es brauchte einen Moment, bis er sich der Sorge von Miya richtig besann, worauf er ihm versicherte, dass es nichts weiter gewesen sei, als eine kurze Kopfschmerzattacke, sie nun aber wieder vorüber wäre. „Wollen wir zurück?“ erkundigte sich Miya fürsorglich, doch schüttelte Tatsuro nur mit dem Kopf. Das letzte was er nun wollte, war sich in einem Zimmer eingesperrt zu fühlen. „Tatsuro…“ Miyas Stimme klang etwas unschlüssig, doch beließ er es dabei nur einmal ergeben durchzuatmen und weiter mit Tatsuro in Richtung Horizont zu blicken. Es war mehr als ersichtlich, wie sehr ihm die Sache mit Yukke zu schaffen machte, und es wäre die Gelegenheit ihm zu sagen, das er glaube das Yukke ebenfalls etwas mehr für ihn empfand, als er es jetzt wohl für möglich halten würde, doch wollte er nicht unfair Yukke gegenüber sein. Diese Geschichte war einfach zu tiefgreifend und die Tatsache das Tatsuro dieses Geheimnis nun schon seit fast zwei Jahren mit sich herum trug, festigte diese Ansicht nur noch mehr. In solch einer langen Zeit, konnte man sehr gut abschätzen, ob man für jemanden nur schwärmte oder ihn wirklich ernsthaft liebte. Und Miya zweifelte nicht daran, das für Tatsuro nur letzteres in Frage kam. Für Yukke hingegen schien das alles noch ziemlich neu zu sein, was auch dessen Reaktion heute Morgen erklären würde. Er war womöglich einfach zu überfordert mit all diesen Empfindungen für Tatsuro, was seine Panik etwas zu tun, womit er Tatsuro verletzten könnte, wohl nur noch heftiger schürte. Doch egal wie viel er nun über seine beiden Freunde auch spekulieren mochte, letztendlich lag es an ihnen, wie sie mit alle dem umgehen würden. „Versuche mit ihm zu reden.“ schlug er Tatsuro schließlich vor, da ihm nichts weiter angebracht erschien, als ihm noch diesen einen gutgemeinten Rat zu erteilen. Tatsuro schwieg auf diesen Vorschlag hin, nickte jedoch leicht was Miya als Zeichen deutete, das er es wenigstens in Bedacht ziehen würde. „Gut.“ Etwas ungehaltener wurde der Wind, was Miya dazu veranlasste sich zu erheben und abwartend auf Tatsuro zu schauen. „Und du willst wirklich nicht mit zurück kommen?“ Der Ton der Miyas Worten inne wohnte, ließ Tatsuro zu diesem aufblicken, nur um seine Vermutung, dass dieser etwas unruhig wirkte, bestätigt zu sehen. „Nein, ich möchte…noch etwas hier…bleiben. Aber keine Sorge…ich mache…schon keine Dummheiten.“ Es stimmte, der Gedanke Tatsuro hier mit sich allein zu lassen, ließ Miya abwägen, ob er nicht doch lieber hier bleiben sollte anstatt dem Drang nachzugeben, herausfinden zu wollen, wie sich die Lage bei Satochi und Yukke verhielt. Nicht, dass er Tatsuros seelischer Kraft noch immer diese beunruhigende Labilität zuschrieb, die ihn annehmen ließ, das er, sobald man ihm den Rücken zuwendete, versuchen würde sich etwas anzutun, nur weil er mit dem Druck der vorherrschenden Situation nicht zurechtkam. Trotzdem, wollte er ihn nicht so alleine hier sitzen lassen, wenn dieser sicherlich noch etwas Beistand gebrauchen konnte. Also setzte er sich wieder zu ihm, und ließ Tatsuro die Freiheit zu entscheiden, ob er sich weiter mitteilen wolle, oder ob er einfach nur seinen Gedanken nachhing. Er konnte beides verstehen. Resigniert rutsche Satochi in dem großzügigen Korbsessel in sich zusammen, als ihm Miya erzählte, was er von Tatsuro erfahren hatte. Wieder saßen sie in der Lobby, da sie sich auf ihren Zimmern irgendwie fehl am Platze fühlten. Satochi hatte Yukke zu keinem Gespräch bewegen können, und dieser hatte auch keine Anstalten gemacht, aus seinem Versteck herauskommen zu wollen. Das einzige was ihm Yukke mitgeteilt hatte, als er ihm angeboten hatte, mit ihm darüber reden zu können, war das er ihn einfach nur in Ruhe lassen sollte. Danach drang kein Wort mehr durch die Tür hindurch. Satochi hatte so lange vor dem Bad gesessen, bis Miya wieder ins Zimmer kam, und er daraufhin feststellen durfte, das schon einige Stunden vergangen waren, seit er diesen Posten eingenommen hatte. Schließlich hatten sie Yukke mitgeteilt, dass sie sich zurückziehen würden und nun saßen sie wieder hier. Tatsuro lag indes in seinem Bett, da er nach der Rückkehr ins Hotel wieder über leichtes Unwohlsein geklagt hatte. „Das ist wirklich verrückt!“ brachte Satochi seinen Frust, nichts tun zu können, kurzerhand zu Ausdruck und Miya konnte es ihm ehrlich nachfühlen. Es stand ihnen wohl wieder eine recht anstrengende Zeit bevor. *** Drei Tage. Drei Tage war es nun schon her, dass sie zurück nach Tokyo gekommen waren, und drei Tage in denen Yukke größten Teils in seinem Bett gelegen hatte, da er sich zu nichts weiter hatte aufrappeln können. Es ließ ihn einfach nicht los. Die Tatsache das er etwas für Tatsuro empfand, das mehr als nur gute Freudschaft war und der unbestreitbare Umstand, dass er diesem Gefühl auch einfach nichts entgegen zu setzten hatte. Es war nicht so, dass er es bis zu diesem einen Zeitpunkt einfach hatte ignorieren können, zu viele kleine Details hatten sich ihm immer öfter aufgedrängt, und ihn diverse Nächte nicht zur Ruhe kommen lassen, wenn er mit sich alleine war und viel, zu viel Raum offen stand, der sich mit aufwühlenden Überlegungen nur allzu gerne ausfüllen ließ. Das es nicht nur eine Phase war, das es nicht daran lag, das er Tatsuro einfach nur als einen Mitbewohner vermisste, konnte er nicht mehr abstreiten, seit er sich diesem so unbedacht aufgedrängelt hatte. In jener Nacht, als er seinen Namen, nach so langer Zeit, wieder aus Tatsuros Mund hatte hören können. Zuerst hatte er sich damit beruhig, das ihm der Alkohol einfach zu sehr zu Kopf gestiegen war, doch irgendwo tief in sich wusste er, das es nicht nur daran gelegen hatte. Sein Rausch war einfach nur eine willige Ausrede für sich selbst gewesen und es hatte ihn viel Überwindungskraft gekostet sich einzugestehen, dass er nun mehr in Tatsuro sah, als den Freund, den er für ihn bis dato dargestellt hatte. Und er schämte sich, als ihm einige Zwischenfälle wieder präsent wurden, in denen er einfach nicht mehr wusste wohin mit diesem Gefühl dieser neuen und so unberechenbaren Zuneigung. Er erinnerte sich noch gut daran, wie sehr es ihn aufbrausen ließ, als Satochi, Tatsuro in dem Wagen den sie sich für ihren Urlaube gemietet hatten, so zu Leibe gerückt war, mehr als er für einen Spaß unter Freunden dulden hatte können. Zwar hatte es ihm Sato nicht weiter übel genommen, aber dennoch fühlte er sich immer noch etwas schuldig, sich nicht besser unter Kontrolle gehabt zu haben. Und dann dieser Abend, wo er Tatsuro mit dieser Frau und dem Kind entdeckt hatte. Das unangenehme Krampfen in seinem Magen, verspürte er sogar jetzt noch, wenn er nur daran dachte. Er hatte sich das darüber spekulieren solange verkneifen können, bis er sich wieder in seinem Zimmer befunden hatte, doch sobald er die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen war, stützten seine Gedanken so vehement über ihn herein, das er sich einfach nur elendig gefühlt hatte. Es war zwischen dem Wunsch, Tatsuro einfach nur für sich beanspruchen zu wollen und der Erkenntnis, das er dazu klein Recht habe, als sich eine Stimme aus diesem Gefühlschaos erhob und ihm förmlich anschrie, das er Tatsuro sein eigenes Leben leben lassen musste. Und wenn dies bedeutete, das er sich eine Freundin suchte, um womöglich mit ihr irgendwann größere Pläne, seine familiäre Zukunft betreffend zu schmieden, dann müsse er dies akzeptieren. Jeder von ihnen war nun in einem Alter, wo solche Überlegungen nichts Ungewöhnliches darstellen würden, für manche sogar längst überfällig erschienen. Wenn es wirklich Tatsuros Bestreben war, sich endlich eine eigene, kleine Welt zu erschaffen, dann durfte er nun einmal nicht mehr als ein Freund sein. Es hatte ihm damals sogar die Tränen in die Augen getrieben, als er darüber nachgedachte hatte, wie viel sich daraufhin in ihrem Leben verändern, was alles nicht mehr sein würde. All das hatte ihn ein Stück weit verzweifeln lassen, worauf er Tatsuro einfach nicht mehr um sich ertragen konnte, zu schmerzlich war dieser Blick auf ihr mögliches, weiteres Leben. Doch dann hatte ihn Miya doch noch dazu überreden können, mit ihnen auf dieses Fest zu gehen, mit den Worten, das man genießen sollte was möglich ist, da man nie wisse was noch kommen mochte. Und Miya hatte recht. Er sollte nicht dasitzen und vor Trauer über etwas vergehen, was noch nicht einmal Hand und Fuß hatte. Noch konnte er seine Zeit mit Tatsuro nutzen, alles versuchen auszukosten, was möglich war. Und nur weil er irgendwann einmal andere Ziele haben würde, als zum jetzigen Augenblick, hieß es noch lange nicht, dass er ihn gänzlich verloren hatte. Sie waren immerhin schon ewig befreundet und so etwas verlor sich nicht einfach. Ein sehnsüchtiges Seufzen wurde von der Stille in Yukkes Schlafzimmer verschluck, als ihm Tatsuro in diesem Yukata wieder vor Augen trat. Dieses Bild hatte etwas in ihm stark ins Wanken gebracht und auch jetzt vermochte es diese Vorstellung seinen Körper mit einem leichten Kribbel und wallender Hitze zu fluten. Er mochte es wenn Tatsuro solche Kleidung trug, sie verlieh ihm stets etwas erhabenes, gab seiner Erscheinung so eine gewisse Aura die einen einfach zu faszinieren wusste. Und womöglich war es schon immer da, so kam es Yukke plötzlich in den Sinn, dieses Gefühl in Tatsuro schon viel länger etwas mehr zu sehen. Nur hatte es zuvor eher im verborgen auf sich aufmerksam gemacht und sich nur ab und zu etwas vorwitziger gezeigt. Zum Beispiel, wenn er zusehen könnte, wie Tatsuro sich auf der Bühne zu bewegen wusste. Oder wenn dieser so offen und ehrlich lächelte, das es einen selbst dazu animierte seine Mundwinkel anzuheben. Und wenn ihn Tatsuro ausnahmsweise nicht nur aus einem poltrigem Impuls heraus berührt hatte. All diese Dinge und noch einige mehr, hatten dieses innige Empfinden in ihm zum Vorschein bringen können, das er sich wirklich danach sehnt, wenn er sie über eine längere Distanz nicht hatte einfangen können. Vielleicht war dies ebenso schon mehr als bloße Freundschaft gewesen, nur hatte er es nie als solchen zu deuten gewusst? Dies würde auch erklären, warum er sich früher des Öfteren etwas unausgeglichen gefühlt hatte, wenn Tatsuro von einer seiner neusten Eroberungen erzählt hatte, und dies meist viel zu bunt und unangebracht detailliert. War dieses zwicken und ziepen das ihn dadurch immer heimgesucht hatte, wohl eine Art von Eifersucht gewesen? Er wusste noch recht deutlich, was er empfunden hatte, als er erneut den kleinen Jungen und kurzdarauf die junge Frau auf diesem Fest zu Gesicht bekommen hatte. Es war dasselbe Gefühl gewesen, nur um einiges intensiver. Die unvermeidbare Erkenntnis Tatsuro aufgeben zu müssen, zumindest auf dieser Ebene seiner Emotionen, hatte ihn sich damals von dieser Szene abwenden und verschwinden lassen. Er hatte nicht stören wollen, bei was auch immer er ihnen mit seiner Anwesenheit im Weg gestanden hätte. Wenn er so darüber nachdachte, war dieses Ereignis sicherlich auch ausschlaggebend dafür gewesen, das er Stunden später einfach nicht mehr auf seinen Verstand hatte hören wollen, als Tatsuro so vor ihm gestanden hatte, und wieder dieses Lächeln, das er so liebte, auf den Lippen trug. Daraufhin hatte er sich dann einfach nur gewünscht dieses Lächeln durch seine eigenen Lippen ersetzen zu wollen. Tatsuro so nahe sein zu dürfen, wie es dieses Lächeln durfte. Mit einen bereuenden Murren rollte sich Yukke auf die Seite und vergrub sein Gesicht beschämt in seinem Kissen. Was hatte er sich nur dabei gedacht?! Das leichte vibrieren seines Handys überging er geflissentlich, da es sich sicherlich nur um eine Nachricht von Miya oder Sato handelte, weil er schon seit ihrer Heimkunft auf keinen ihrer Anrufen reagiert hatte und sie ihm daraufhin wenigsten zwei Mal am Tag eine SMS zuschickten, in denen sie sich erkundigten, wie es ihm ginge und ihn auch stets wissen ließen, das er sich jederzeit bei einem von ihnen aussprechen könne. Würde das all seine Sorgen beseitigen, dann hätte er diese Angebote schon längst angenommen, doch er wollte nicht glauben, das ihm das offenlegen seiner unvorteilhaften Gefühle wirklich etwas bringen sollte. Im Gegenteil, es würde vielleicht alles nur noch mehr verkomplizieren. Von der logischen Seite her betrachtet, wäre es angebracht sich mit Tatsuro selbst darüber zu unterhalten und zu versuchen, den Schaden so gering wie möglich zu halten. Doch konnte er diesem einfach nicht gegenübertreten. Er war froh, als er das Flugzeug wieder verlassen, und sich folglich so schnell wie möglich von seinen Freunden verabschieden konnte. Natürlich hatte er Tatsuros Blicke immer mal wieder auf sich ruhen gespürt, und einmal sah es sogar so aus, als hätte dieser mit ihm reden wollen, doch das hatte er mit einer raschen Flucht zu unterbinden gewusst. Aber wie sollte es nun weiter gehen? Sich auf Dauer zu verkriechen war auch keine überlegenswerte Option. Wie sollte sich sein Leben gestalten, wenn er versuchen wollte Tatsuro ewig aus dem Weg zu gehen? Rannte er nicht schon feige vor einer anderen Sache davon! Dieser Unfall und dessen Hergang, hielten sich hartnäckig in seinem Kopf, ebenso wie diese unsägliche Reue, dass er der den Grund dafür darstellte, und noch immer nicht ausführlich mit Tatsuro darüber gesprochen hatte. Wie sollte er zwei Geheimnisse in solch immenser Größe bewältigen können, wenn er unter einem schon fast zusammenbrach? Ein Funken Entschlossenheit fachte seinen lange unbeachteten Mut an. Vielleicht sollte er alles auf eine Karte setzen! Vielleicht sollte er die Gelegenheit nutzen und ein für alle Mal mit sämtlichen Dingen die ihn in Bezug auf Tatsuro auf der Seele lagen, aufräumen. Angefangen damit, das er ihm erklären würde, was der wirkliche Grund für seinen Unfall war, bis zu dem Punkt das dieser Ausrutscher auf dem Hotelzimmer, kein Ausrutscher war. Natürlich bestand die Gefahr, dass er Tatsuro schon nach dem ersten Geständnis aus den Augen gehen sollte, ohne dass er die Chance bekommen würde ihm auch sein zweites großes Geheimnis wissen zu lassen. Aber sei es drum! Er war das davonlaufen endgültig leid. Alles schien nur noch komplizierter und nervenaufreibender zu werden, solange er nicht endlich ehrlich zu Tatsuro wäre. Was auf lange Sicht eine ähnliche Zerstörung ihrer Freundschaft mit sich führen konnte, wie das ausbreiten seiner Seele. Rasch richtete Yukke sich auf. Er sollte diese Flamme Mut nutzen bevor sie wieder erstarb. Eilig legte er seinen Weg in Badezimmer zurück, um sich den Verdruss der letzten drei Tage abzuwaschen und um sich folglich in eine akzeptable Montur zu hüllen, in der er das Haus verlassen konnte. Er brauchte genau Sechsundzwanzig Minuten, bis er vor Tatsuros Wohnungstür angekommen war. Er hatte die Haustür mit dem Schlüssel überwunden, den ihn Tatsuro überlassen hatte, da er verhindern wollte, dass dieser ihn schon dort abblocken würde. Kurz ging Yukke in sich, suchte noch einmal das kleine Feuer Zuversicht in sich auf und betätigte schließlich die Klingel. Es war still, und Yukke nahm schon an, das Tatsuro nicht zu Hause wäre, als sich nach einem leisen Klicken die Tür vor ihm öffnete und er in das blasse Gesicht Tatsuros blicken konnte. Yukke war sich daraufhin nicht sicher, was er in Tatsuro Augen zu vernehmen glaubte, als dieser erkannte wer vor ihm stand, was den Gedanken in ihm aufkommen ließ, das er womöglich einen schlechten Zeitpunkt für seine Beichte gewählt hatte. Doch dann trat Tatsuro zur Seite und ohne ein Wort zu sagen, deutete er Yukke an eintreten zu können. Es war dunkel in den Zimmern, was wohl bedeutete das Tatsuro geschlafen hatte. Routiniert sammelte dieser nun Teto ein, um ihn in die Küche bringen zu wollen, worauf dieser leicht zu protestieren begann. Schließlich lotste er Yukke ins Wohnzimmer, das eine leichte Unordnung aufwies, jedoch für Tatsuros Verhältnisse recht akkurat erschien. Dieser setzte sich nun auf seine Couch und fuhr sich etwas müde durch seine langen Haare. Noch immer hatte dieser kein Wort gesprochen, was Yukke leicht zögern ließ, sein Vorhaben auch durchziehen zu wollen. Mit der Hand machte Tatsuro deutlich, das Yukke sich ebenfalls setzen solle, was dieser auch sogleich tat. Wieder fing er diesen seltsamen Ausdruck in Tatsuros Augen ein, als sich ihre Blicke trafen und Yukke etwas aus dem Konzept zu bringen wussten. „Ich…, ich muss mit dir reden.“ stammelte Yukke schließlich hervor, worauf Tatsuro leicht den Kopf hängen ließ. Er hatte es geahnt, jetzt würde Yukke ihm sagen, dass er so nicht weiter mit ihm befreundet sein wolle, und dass er sich nun etwas Abstand von ihm suchen würde. Yukke würde ihm sagen, das er nichts mit diesen absurden Gefühlen anfangen könne und er wünsche, dass er ihn damit nicht noch einmal belästigte. Er würde ihm sagen… „Ich habe beschlossen, dass es so nicht weiter gehen kann.“ drang es dann auch schon an seine Ohren, worauf sich Tatsuros Magen unangenehm zusammen zog und er am liebsten wieder aufgestanden und einfach nur davongerannt wäre. Aber er war ja selbst schuld, dass es soweit kommen musste. „Tatsuro, ich weiß es wird schwer zu verstehen sein, aber ich will dir nichts mehr vormachen.“ Tatsuro hörte wie Yukke tief durchatmete, bevor er seinen Text weiter fortsetzte, was das Übelkeitsgefühl in ihm nur noch weiter heraufbeschwor. „Ich bin nicht das, was du glaubst in mir zu sehen.“ Jedes Wort das Yukke über die Lippen kam, ließ Tatsuros Körper sich mehr verspannen und er wusste nicht ob er es wirklich bis zum Ende durchhalten würde hier sitzen zu können, damit Yukke ihm seine Meinung zu seinem unmöglichen Verhalten mitteilen konnte. „Es tut mir leid, aber ich…“ Nein, es war zu viel. Hektisch sprang Tatsuro auf, unterbrach somit Yukkes Ausführung und fing an wie ein wildes Tier im Zimmer auf und auf zu tigern. Verzweifelt versuchte er seine Gedanken zu ordnen, das Chaos in seinem Kopf zu bändigen, um die Worte zu finden, die alles wieder in Ordnung bringen würden. Missmutig schüttelte er sein Haupt, als es ihm einfach nicht gelang einen Anfang finden zu wollen. Warum konnte er sich nicht konzentrieren!? Erneut vernahm er Yukkes Stimme, und er wusste, dass es einfach kein Entkommen vor der Wahrheit für ihn geben würde. Er hatte sein Glückspotenzial wohl schon damit aufgebraucht, das er überhaupt die Möglichkeit bekommen hatte, nach seinem Selbstverlust, mit Yukke solch eine angenehme Bindung aufbauen zu können. „Es ist nicht einfach dir das zu sagen, und womöglich weißt du eh schon Bescheid, aber ich brauche diese Gewissheit, der ich schon so lange davonlaufe, einfach. Dieser Unfall den du hattest…, “ Yukke musste hart schlucken, bevor er die nächsten Worte über seine Lippen bringen konnte, „…es war meine Schuld. Ich bin der Grund, warum du so viel durchmachen musstest.“ Tatsuro hatte schon in seinen Schritten inne gehalten, als Yukke diesen Unfall erwähnte, und nun wo er dessen Beichte gehört hatte, wurde ihm ein wenig taumelig. Yukke sollte schuld daran getragen haben, dass er so verletzt worden war? Wie konnte das möglich sein? „Du hast dich bis jetzt nicht daran erinnern können, hab ich recht?“ Yukkes Stimme war brüchig und deutlich unsicher. Ein kurzes Kopfschütteln von Seiten Tatsuro bestätigte Yukkes Furcht, etwas losgerissen zu haben, dessen Folgen womöglich das Ende ihrer Freundschaft einleitete. „Wie…“ war alles was Tatsuro hervor quälen konnte, fühlte er sich gerade fern jeglicher Realität. „Wir hatten einen Streit, im Park in Ueno. Du wolltest mit mir reden, über all die Dinge die schief gelaufen waren und mir erklären, warum du dich mir gegenüber so verändert hattest.“ Yukke fiel es immer schwerer diese verhängnisvollen Details wieder hervorzuholen, war es ihm doch, als würde ihn jedes weitere Wort näher an ein Schafott führen, als seinen Kopf vor dieser Klinge zu retten. „Du sagtest mir, es wäre wegen Hanasawa-san gewesen, aus Eifersucht.“ Das kribbeln um seine Augen verriet Yukke, das er die Tränen nicht mehr lange würde zurückhalten können, doch kämpfte er sich mutig weiter, das war er Tatsuro einfach schuldig. „Ich habe es nicht glauben können, das du nur wegen ihr, so verrückt gespielt hast. Ich dachte unsere Freundschaft wäre dir einfach nicht wertvoll genug, und sagte Dinge die mir jetzt so unendlich leidtun. Ich habe nicht verstehen wollen, da ich mich viel zu gekränkt gefühlt hatte, und meine letzten Worte an dich waren, dass wir fertig wären. Ich gab unserer Freundschaft den Gnadenstoß und dann bin ich Hals über Kopf davongerannt, ohne dir eine weitere Chance auf Erklärung zu lassen. Es war rutschig auf den Wegen, aber ich war viel zu durcheinander, als das ich darauf achtgegeben hätte. Und dann war da dieses Auto und dieses schreckliche Geräusch von quietschenden Bremsen.“ Haltlos liefen Yukke nun die Tränen über das Gesicht, als er sich an den letzten Augenblick erinnerte, der so unheilvolle Folgen mit sich gezogen hatte. „Du hast meinen Namen gerufen, und dann spürte ich einen Aufprall und dann wurde es schwarz. Zuerst dachte ich, es wäre noch einmal glimpflich ausgegangen, als ich wieder zu mir fand und mich nur etwas zerschunden fühlte, doch dann sah ich dich auf dem Asphalt liegen, ohne eine Spur von Leben und hörte wie die Leute meinten, das du mich noch hattest wegstoßen können, nur um dann selbst erfasst worden zu sein.“ Dieser Gedanke schnürte Yukkes Kehle nun fast vollständig zu, und nur unter aufbringen großer Willenskraft, konnte er seinen letzten Satz noch formulieren. „Ich dachte ich hätte dich verloren und das nur, weil ich so unsäglich dumm und uneinsichtig war.“ Er hatte es gesagt, er hatte es endlich gesagt, doch fühlte es sich so unheilvoll, erdrückend an. Ein unsicherer Blick auf Tatsuro ließ nichts Positives hoffen. Dieser sah ihn nicht an, schaute nur mit leicht geweiteten Augen auf einen unbestimmten Punkt vor sich und schwieg. Langsam lichtete sich dieser Nebel in seinem Kopf, ließ ihn zweifelsfrei wissen, dass all diese merkwürdigen Erinnerungen die ihn in den letzten Tagen heimgesucht hatten, kein Überrest aus einen schweren Traum gewesen war, sondern Realität. Diese traurige Stimme, die so verzweifelt auf ihn eingesprochen hatte ihn nicht zu verlassen. Sie gehörte schon immer Yukke. Und genau diese Stimme sagte ihm jetzt, das es ihm unsagbar leid tat, das er verstehen würde, wenn er nie wieder etwas mit ihm zu tun haben wolle, da er an allem Schuld trug, was er hatte durchmachen müssen und das er gehen würde, weil er ihm nicht länger zur Last fallen wolle. Tatsuro hörte wie Yukke sich eilig erhob, wie dessen Schritte in den Flur führten und wie dieser die Wohnungstür öffnete. Yukke! Er musste ihn aufhalten! Kapitel 39: Two pieces of one wish ---------------------------------- Eilig hastete Tatsuro aus seinem Wohnzimmer, und konnte grade noch ein Stück von Yukkes dunkelblauen T-Shirts erhaschen, als dieser die Tür auch schon hinter sich schließen wollte, die Tatsuro grade noch so zu fassen bekam bevor sie gänzlich wieder in Schloss fallen konnte. Mit Nachdruck zog er sie wieder auf und ergriff in einen fließenden Bewegung Yukkes Arm um ihn vom Gehen abzuhalten. Yukkes leidlicher Blick, wandelte sich in Verblüffung, dem auch ein wenig Panik inne wohnte, als er sah das Tatsuro ihn nun festhielt, und er nicht abschätzen konnte, wie dieser nun reagieren würde. Doch fand er sich plötzlich in dessen Armen wieder, die ihn so fest umschlossen, dass ihm die Luft zum Atmen wegzubleiben drohte. „Es kümmert…mich nicht.“ wisperte Tatsuro in Yukkes Rotbraunes Haar und ließ sich, wie schon so oft zuvor, von dem Duft einspinnen, der Yukke immer zu umgeben schien und welcher ihn stets ein Gefühl von Geborgenheit vermitteln konnte. „Ich würde es…wieder für dich tun…denn nichts wäre schrecklicher…als dich zu verlieren.“ Ein inniges Schluchzen war daraufhin von Yukke zu vernehmen, den diese Worte so tief zu bewegen wussten, das seine Knie drohten unter ihm nachzugeben, worauf er sich einfach nur noch an Tatsuro festklammerte, wie an einen retten Fels in tosender Flut. Er konnte nicht aufhören zu weinen, zu erleichtert war er das Tatsuro ihm keine Vorwürfe machte, ihn nicht von sich gestoßen hatte. „Es tut mir so leid…, wimmerte er leise, „ wäre es möglich, ich würde all den Schmerz den du deswegen ertragen musstest auf mich nehmen, egal wie tief die Wunden auch sein würden. Ich würde alles tun, um zu diesem einen Abend zurück gehen zu können, um es zu verhindern. Kein Preis wäre mir zu hoch dafür.“ Es tatTatsuro weh zu sehen, wie sehr sich Yukke unter seinen Vorwürfen quälte, und sich immer mehr in seiner Verzweiflung verfing. „Du dir das…nicht an. Ich…trage es dir…nicht nach. Du bist…mir viel zu wichtig…, verstehst du?“ Doch schien Yukke der Gedanken an Vergebung gar nicht möglich zu sein, erwartete er wohl sogar noch irgendeine Art der Bestrafung, um für seine Fehler büßen zu müssen. Doch sah Tatsuro keine Fehler, nur das nachzuvollziehende Verhalten, das Yukke ihm damals entgegengebracht hatte, da er ihn in seiner Eifersucht so maßlos verletzt hatte. Wäre er nicht so egoistisch gewesen, hätte Yukke nicht so sauer auf ihn sein müssen, und sie hätten nicht darüber streiten müssen, worauf dieses Treffen im Park nie nötig gewesen wäre. Wenn jemand Schuld trug, dann er selbst. Nur wegen ihm, war es überhaupt erst soweit gekommen. „Nichts davon… war deine schuld,… hört du Yukke!“ Ein energisches Kopfschütteln folgte auf diese Worte und Tatsuro wusste einfach nicht, was er Yukke noch sagen sollte, damit dieser sich nicht so verantwortlich fühlte. „Ich hätte es sehen müssen…“ erklärte Yukke in einem etwas ersticktem Ton, „ich hätte sehen müssen, das es dich verletzt, wenn ich so unbefangen mit ihr umgehe, wo doch die Möglichkeit bestand, dass du noch immer Gefühle für sie hegen könntest. Ich war so egoistisch…“ In einen zischen Ton sog Tatsuro die Luft zwischen seinen Zähnen ein, als er Yukkes Theorie vernahm, waren doch da einige Fakten nicht ganz in der richtigen Anordnung. Vielleicht wäre es jetzt an der Zeit, das er Klarheit in all dieses Chaos brachte. Yukke war mutig genug gewesen, ihm die Last auf seiner Seele zu beichten, also wäre es nur fair, wenn er ihm jetzt von seinem Geheimnis erzählen würde. „Yukke…, du hast da…etwas falsch… verstanden. Ich war nicht…eifersüchtig auf dich, …sondern auf sie.“ Diese Erklärung ließen Yukke langsam ruhiger werden, sicherlich weil er sie nun erst einmal verarbeiten würde müssen, was in Tatsuro eine spürbare Nervosität schürte. „Wie…wie meinst du das?“ hörte er dann auch schon Yukke verwundert nachhaken, der sich nun etwas von ihm losgesagt hatte, um ihn etwas besser ansehen zu können. Nun war es an Tatsuro einmal tief durch zu atmen. Hoffentlich beging er mit seiner Offenlegung nun keinen Fehler. „Ich habe mich…in dich…verliebt.“ Tatsuro konnte deutlich mit verfolgen, wie Yukkes Gesichtszüge von anfänglicher Skepsis in unverkennbaren Unglauben wechselten, als er sich der vollen Tragweite dieser Beichte bewusst zu werden schien. „Du erlaubst dir einen Spaß mit mir, stimmt´s?“ war daraufhin Yukkes ehrliche Frage, der seinen Puls deutlich an Geschwindigkeit zunehmen spürte, als Tatsuro ihn daraufhin einen dieser seltsamen Blicke schenkte, die er auch zuvor schon einige Male hatte einfangen können. Und dann waren da Tatsuros Lippen auf den seinen, so weich und zärtlich, das er diese Erfahrung, sein Leben lang nicht mehr würde vergessen können. Es war wie die Erfüllung unzähliger Wünsche auf einmal. Und gerade als er dem Impuls nachgehen wollte, dieses Kuss zu erwidern, löste sich Tatsuro, mit merklich hektischer Atmung, wieder von ihm, worauf er seine Stirn an die seine legte und etwas zögerlich zu lächeln begann. „Nichts war mir…je so ernst.“ ließ er Yukke wissen, dem erneut die Knie weich zu werden drohten, weshalb sich seine Finger erneut in dem Shirt von Tatsuro vergruben, damit er nicht auf der Stelle in sich zusammen sinken würde. Es herrschte Stille zwischen ihnen, was Tatsuro nur so zu deuten wusste, dass Yukke sich momentan die richtigen Worte in seinen Kopf zusammen suchte, um ihm zu sagen, das er diese Gefühle nicht erwidern würde können. „Du bist…mir nichts…schuldig.“ War alles was Tatsuro daraufhin zu sagen angebracht erschien, da er nicht wollte, das Yukke sich nun zu irgendeiner nicht verletzenden Freundlichkeit gezwungen sah, nur weil er kurz zuvor noch so voller Reue über Tatsuros Schicksal gewesen war, das, so redete es sich Yukke ein, nur sein Verschulden gewesen war. Trotzdem kam er nicht umhin seinen Kopf leicht zu senken, wollte er Yukke nicht unbedingt in die Augen sehen müssen, würde er ihm seine Meinung zu all dem zutragen. Doch anstatt Worte kühler Besonnenheit und auf Verständnis hoffende Ablehnung zu vernehmen, spürte er plötzlich Yukkes Hand an seiner Wange, so wie er es auch schon auf dieser Terrasse in jenem Hotel wahrgenommen hatte, welche nun sanft zu seinem Kinn fuhr und ihn folglich aufforderte ihn wieder anzusehen. Tatsuro folgte dieser Bitte, jedoch mit unruhig schlagenden Herzen und Rauschen in den Ohren. „Es gibt da auch noch etwas, das du von mir wissen solltest.“ vernahm Tatsuro folglich Yukkes Stimme, die warm über sein Gesicht strich. Tatsuro hatte sich auf einige Szenarien seelisch und moralisch eingestellt, hatte er sich doch oft genug ausgemalt, was passieren könnte, würde er je Yukke seine Gefühle offen legen. Und er würde lügen, hätte er nie auch gehofft, dieser würde seine Empfindungen erwidern, doch hatte er sich nie diese Intensität, die diese zweite Berührung ihrer Lippen inne wohnte, vorstellen können. Yukke küsste ihn, und es war einfach nur unbeschreiblich. Vorhin, als er allen Mut aufgebracht hatte, da hatte er sich gar nicht erst erlaubt, diesen Kuss zu genießen, da er ganz genau wusste, würde er sich diesem hingeben, und dann für den Rest seines Lebens, darauf verzichten müssen, das wäre eine Qual die er nicht hätte durchstehen können. Doch löste sich jegliches Bedenken buchstäblich in Wohlgefallen auf, und Tatsuro gab sich mit jeder Faser seines Sein, diesem Moment hin, der einnehmender nicht hätte sein können. Es waren so viele überwältigende Empfindungen, die sich in ihm ausbreiteten und ihn das Gefühl vermittelten nur für diesen einen Augenblick gelebt zu haben. Langsam zogen sich Yukkes Lippen wieder von den seinen zurück, was Tatsuro einen leisen Laut des Protestes entlockte, was Yukke mit einem entschuldigenden Lächeln quittierte. Irgendwie erschien ihm das alles so unwirklich, das er sich prompt einmal auf seine Unterlippe biss, nur damit ihm der darauf folgende Schmerz versicherte, dass er sich noch immer in der Realität befand. Tatsuro hatte diesen kleinen Akt von, so konnte er sich vorstellen, Yukkes Traumprobe, verfolgt nur um daraufhin seine Zungenspitze schmerzlindernd über Yukkes Unterlippe streifen zu lassen. Yukkes Atmung war aufgeregt, genauso wie es die seine wiedergab. Keiner von beiden, so schien es, wollte dieses kleine Stück, auf dem sich aneinandergeschmiegt hatten, aufgeben. Als wäre jede Bewegung die sie auch nur einen winzigen Abstand auseinander brachte, gleich dem Verlassen einer Welt, in die es womöglich kein Zurück mehr gäbe, würden sie es wagen. Und wahrlich, wäre es möglich gewesen, Tatsuro hätte Yukke noch enger an sich ziehen wollen, bis nichts mehr zwischen ihnen stand, doch er wollte diesen nicht gleich dermaßen hastig mit seinen befreiten Gefühlen überfallen. Zwei Jahre voller underdrückter Sehnsüchte mochten schwer wiegen, doch war Tatsuro sich durchaus bewusst, das Yukkes Gefühle für ihn, noch recht jungfräulich waren. Tatsuro musste bei diesem Vergleich amüsiert seinen Kopf schütteln. Nun löste sich Yukke doch wieder etwas von ihm, worauf Tatsuro schon glaubte, er habe mit dieser Geste etwas getan was Yukke falsch verstanden haben könnte, doch zierte dessen Mund ein schüchternes Lächeln, als er ihn daraufhin anschaute. „Ich weiß, dass es jetzt wohl keiner erklärenden Worte mehr bedarf, aber ich möchte das du wirklich weißt, was ich dir mit, “ Yukke wurde noch eine Spur verlegener, „…was ich dir mit diesem Kuss sagen wollte.“ Yukke diesen Kuss erwähnen zu hören, ließ abermals diesen Schwarm Schmetterlinge in Tatsuros Bauch aufstieben, was ein angenehmes Kribbeln mit sich führte. „Tatsuro, ich habe mich in dich verliebt.“ Und auch wenn er es sich denken konnte, oder besser gesagt, er es sich nicht anders erklären wollte, so ließen diese Worte auch noch die letzte Zweifeln sich von seiner Seele stürzen, und Tatsuro kam nicht umhin, auf Yukkes Lippen zuzustreben, um diese noch Mals in Beschlag nehmen zu können. Es war etwas stürmischer, als die beiden Male zuvor, doch als er spürte, das Yukke ihm entgegen kam, behielt er diesen forscheren Kurs einfach bei. Yukkes Arme legten sich nun um seinen Hals, zogen ihn noch näher zu sich, was Tatsuro leise aufkeuchen ließ. Vorwitzig stahl sich nun Tatsuros Zunge zwischen seinem Lippen hervor, wiederholte die Geste die er auch vorhin schon gewagt hatte, worauf er verfolgen konnte, wie Yukke diese Spur mit seiner eigenen Zunge nachging, um sich Tatsuros Geschmack noch besser verinnerlichen zu können. Der Moment als Tatsuro Yukkes zaghaftes Einverständnis spürte, mehr von ihm probieren zu dürfen, ließ ihn wohlig aufseufzen. Wie lange hatte er sich danach gesehnt? Yukkes Hände fanden ihren Weg in seine dunklen Haare, vergruben sich darin in seinem eigenen Verlangen, und lösten sich auch nicht daraus, als sie sich schwer atmend voneinander trennen mussten. Nichts weiter erfüllte den schmalen Gang, als das vermischte Einziehen und Ausstoßen von Sauerstoff, als Yukke seinen Kopf nun in Tatsuros Halsbeuge bettet und diesem damit ein ersticktes Keuchen entlockte. In seinem jetzigen Zustand, war er mehr sensibilisiert, als es eine Berührung dieser einen gewissen Stelle an seinem Hals hätte vermitteln können, doch war es auch so ungemein anregend, das Tatsuro sich nur zu gerne in diesem Gefühl verloren hätte, wäre dies nicht die Phase, wo es immer noch am förderlichsten war, sich zu zügeln, wollte er nicht alles mit einer hormongesteuerten und überstürzten Handlung riskieren, was ihm gerade zuteil geworden war. Also versuchte er den letzten Rest an Willensstärke zusammenzukratzen, der sich nach dieser Explosion seiner Emotionen noch irgendwo in ihm befinden musste. Durfte aber feststellen, dass er unter dieser merklichen Ablenkung durch Yukkes Nähe an einem seiner Schwachpunkte, nicht wirklich in der Lage war sämtliche Partikel wieder einzufangen, um den bevorstehenden Niedergang seiner Beherrschung noch verhindern zu können. Und es kam einem süßen dar niedergehen gleich, als Yukke plötzlich begann, seine Lippen leicht aber dennoch viel zu spürbar, über die Empfindliche Haut gleiten zu lassen, und diese ab und an spielerisch mit seiner Zungenspitze zu necken. Ein verzweifeltes Wimmern rutschte Tatsuro zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch, was den Effekt mit sich brachte, das Yukke in seinem Tun inne hielt und ihn daraufhin etwas zu schuldbewusst anblickte. „Tut…tut mir leid, ich wollte nicht gleich so aufdringlich sein.“ haspelte er Tatsuro entschuldigend entgegen, dem daraufhin nur ein weiterer Laut der Verzweiflung entkam. Wenn Yukke so etwas mit ihm machte, nur um ihn daraufhin mit diesen großen, runden Hundeaugen zu bedenken, dann konnte man es doch sicher nachvollziehen, wenn er jetzt einfach in ein durch Überforderung seiner Libido bedingtes Koma fallen würde, oder? So müsste er sich auch nicht der Peinlichkeit stellen, sollte Yukke mitbekommen, das ihn diese Aktion in anderen Regionen so gar nicht unberührt gelassen hatte. Aber er hatte es einfach nicht unterbinden können, so lange wie er Yukke schon verfallen war. Und nun wo er Yukke für sich gewonnen hatte, würde es womöglich noch schwieriger werden sich zu zügeln, würde ihm seine Fantasie nun doch ständig vorgaukeln, was er sich noch alles erhoffen durfte, würde Yukke ihm nun öfter so nahe kommen. Am besten er klärte diese Sache sofort auf, bevor es in einem peinlichen Szenario, für womöglich sie beide enden würde. „Yukke ich…, lass mich etwas erklären,… meine Gefühle für dich…haben zwei Jahre…mit meiner Sehnsucht… zu dir gespielt…, und nun ist es etwas schwierig…dieses Verlangen im…Zaum zu halten…, wenn du verstehst…was ich meine?“ Der sich intensivierenden Röte auf Yukkes Wangen, konnte er entnehmen, dass dieser sich genau vorstellen konnte, worauf er hinaus wollte. „Aber ich werde dich… damit nicht bedrängen, …es wird nur etwas…hart werden.“ Ein leicht belustigtes Glucksen, war von Yukke auf diese Ausführung hin zu hören, was Tatsuro nicht recht zu deuten vermochte, bis er sich seinen letzten Satz noch einmal im Geiste durch ging, und ihm seine Formulierung bewusst wurde, was ihn folglich ziemlich verschämt dreinblicken ließ. Dann nahm Yukkes Gesicht auch schon einen etwas entsetzten Ausdruck an. „Zwei Jahre?!“ Diese Erkenntnis überraschte Yukke nun sichtlich, auch wenn er aus den Richtigen Schlüssen ziehen konnte, das Tatsuro schon um einiges länger an ihm interessiert war, als es bei ihm der Fall war. Doch zwei Jahre? Das hatte er nicht erwartet. „So lange schon?“ Ein zögerliches Nicken folgte von Tatsuro, dem Yukkes Blick nun eindeutig etwas zu mitleidig erschien. Nicht weil er glaubte Yukke würde sich durch dieses Geständnis zu etwas gezwungen fühlen, sondern weil er annahm, das sich Yukke wieder einmal Vorwürfe machte, das er so lange im Unklaren darüber gewesen war und er, Tatsuro, dieses Geheimnis nur solange mit sich hatte herumschleppen müssen, weil er ihre Freundschaft nicht besser im Auge behalten hatte. „Es hat dich sicherlich oft gequält?“ Hörte er Yukke nun leise fragen, was seine Vermutung nur noch bestätigt. „Nun hat sich…mein Wunsch…ja erfüllt.“ versuchte Tatsuro ihn von diesen Gedanken zu befreien, was aber nicht so recht zu wirken schien. Doch noch bevor er noch etwas anderes hätte sagen können, waren Yukkes Lippen wieder auf den seinen, und verschluckten somit jede Möglichkeit an weiteren Worten. Tatsuro kam nicht umhin zu bemerken, dass Yukkes Zuwendung etwas leicht Verzweifeltes anhaftete, und es schmerzte ihn ein wenig, zu wissen, dass er wieder einmal der Auslöser war. Er wollte Yukkes dieses Gefühl nehmen, ihm deutlich machen, dass er sich für nichts die Schuld zuweisen durfte. Er hätte lieber noch ein paar weitere Jahre auf Yukke gewartet, als irgendwann zu begreifen, dass dieser ihn, nach einem Geständnis seiner Gefühle zu ihm, nur aus bloßen Schuldbewusstsein, erlaubt hatte ihm näher kommen zu dürfen. Dies wäre eine Erfahrung, die ihn ohne Zweifel gänzlich in Scherben schlagen würde. Er wusste wie Yukke manches Mal Dinge für sich zu interpretieren gedachte, und nicht selten, kam dieser zu dem Entschluss, das er etwas falsch gemacht hatte, anstatt einmal egoistisch zu sein, und sich zu sagen, dass auch andere nicht perfekt waren. Tatsuros Gedankengänge fanden ein jähes Ende, als er spürte wie Yukke seine Hände neu auf ihm arrangierte, worauf sich eine nun an seine Hüfte legte und die andere ich zwischen Nacken und Schlüsselbein platzierte. Yukkes Finger bewegten sich leicht und für Tatsuro in einen nahezu peinigenden Rhythmus, über wieder diese eine Stelle an seinem Hals, das er ein Zittern seines Körpers nicht mehr unterbinden konnte. „Yu…kke“ brachte er dessen Namen in einen Ton hervor der deutlich wiedergab, wie sehr ihn diese Berührungen zu stimulieren wussten. Und wäre er noch dazu in der Lage gewesen, hätte es Tatsuro auch etwas erschreckt, wie sehr er sich schon fallen ließ. Aber Yukke hörte nicht auf ihn in den Wahnsinn treiben zu wollen, dirigierte nun sogar die eine Hand von seinem Hals weg und unter sein Shirt, wo sie über die erhitzte Haut strich und Tatsuro abermals zu einem gedämpften Stöhnen animierte. Er kannte diese Situation, nur damals war Yukke nicht er selbst gewesen und er nicht selbstbezogen genug es einfach auszunutzen. Aber jetzt durfte er es, er durfte es zulassen, sich dem hingeben, was er sich so oft nur hatte vorstellen dürfen. Er musste nur versuchen diese Linie seiner Beherrschung nicht zu überschreiten. Es wäre noch zu früh. Doch unter all diesen geschickten Gesten die Yukke ihm zukommen ließ, war es schwer, den Weg nicht verschwimmen zu sehen. Sämtliche Kraft schien ihm entzogen zu werden, je passionierter Yukke wurde, je inniger das Spiel ihrer Zungen und je intensiver sich ihre Körper aneinander bewegten. Yukkes weicher Mund suchte sich nun unter einer federleichten Berührung den Weg zu Tatsuro Ohr, ließ seinen heißen Atem darüberstreichen und genoss das erneute Vibrieren das er Tatsuros Körper damit entlocken konnte. „Soll ich mich darum kümmern?“ flüsterte Yukke mit etwas rauer Stimme, und schob die Hand die noch auf Tatsuros Hüfte lag mehr auf seinen Bauch zu, was Tatsuro erschrocken aufkeuchen ließ. Natürlich hatte es Yukke bemerkt, wie auch nicht wenn sie kaum mehr Raum zwischen sich gelassen hatten. Es war ein Mix aus steigender Erregung und Scham der daraufhin durch Tatsuro preschte, als sich ihre Blicke trafen. Er wollte nicht das Yukke sich jetzt zu etwas gezwungen sah und anscheinend war dies auch deutlich in seinem Gesicht zu lesen, da Yukke nun verstehend zu lächeln begann. „Ich tue nichts, was ich nicht will.“ wisperte er gegen Tatsuro volle Lippen, gefolgt von einem weiteren leidenschaftlichen Kuss. Er wusste selbst nicht so genau, woher er den Mut nahm, Tatsuro solch ein Angebot zu machen, aber es erschien ihm auch nicht falsch. Sie kannten einander schon so lange, waren auch keine unerfahrenen Teenager mehr und waren auch keine Ausnahme, wenn es um das Ausleben von sexuellen Bedürfnissen ging, weshalb es für ihn jetzt auch nicht fremd oder unangebracht erschien, etwas entschlossener zu agieren. Außerdem machte es einem Tatsuro auch nicht gerade leicht, mit diesem Verlangen in seinen Augen und diesen Lauten denen etwas elektrisierendes inne wohnte und die genau wussten, welches Ziel sie zu treffen hatten um auch ihn immer weiter um den Verstand zu bringen. Und er wollte Tatsuro diesen Gefallen einfach tun, ohne irgendwelche Vorbehalte, sondern einfach nur, weil er es wollte. Genießerisch nippte Yukke noch einmal an Tatsuro Lippen, zog eine Spur aus leichten Küssen dessen Unterkiefer entlang und verlor sich nur zu gern in den großen und kleinen Gesten die Tatsuro ihm entgegenbrachte. „Diese Stelle hat es mir irgendwie angetan.“ raunte Yukke, der deutlich den heftigen Puls unter seinen Lippen spüren konnte, als er Tatsuros Halsbeuge erneut in Beschlag nahm, war ihm doch nicht entgangen, wie empfindlich Tatsuro dort reagierte. Einladend neigte dieser seinen Kopf nun etwas zur Seite und gab Yukke somit mehr Freiheit dieses Gebiet ausgiebiger mit seinem Mund erkunden zu können. „Yukke…ich…bitte…“ Tatsuro war es egal, ob er sich gerade ziemlich verzweifelt anhörte, alles was er wollte war mehr. Mehr von Yukke. Dieser dirigierte ihn nun in Richtung einer der Seitenwände, um ihm etwas Halt zu verschaffen, was Tatsuro auch dankbar annahm. Zwanglos streichelte er noch einmal über Tatsuros Bauch, bevor er seine Finger langsam unter den Bund der Hose schob, immer darauf bedacht Tatsuro noch die Chance zu geben, ihn aufhalten zu können, sollten ihm doch noch bedenken kommen. Er spürte wie Tatsuro schwer schluckte, als er dessen Erregung nahe kam. „Noch kannst du mich aufhalten.“ ließ er ihn mit ebenfalls erregter Stimme wissen, was dieser nur mit einem fahrigen Kopfschütteln beantwortete, dem ein inniger, kehliger Laut folgte, als Yukke seine Hand über den dünnen Stoff der Short über Tatsuros Glied fahren ließ, der ihn selbst merklich erzittern ließ. Solch eine Intensität hatte Yukke schon lange nicht mehr in Tatsuros Stimme vernehmen können, und umso heftiger traf es ihn jetzt. Er wollte diesen Klang noch einmal hören, diesen tiefen, brünstigen Laut des Wohlgefallens, der ihn dieses Kribbeln spüren ließ. Angespornt durch sein eigenes Verlangen, rutschten seine Finger nun noch unter die letzte Lage Stoff, und ließen Tatsuro seinen Kopf in den Nacken legen und Yukke das hören, nach was ihm so verlangt hatte. Haltsuchend krallte sich Tatsuro in Yukkes Shirt, auch um sich erneut zu versichern, das Yukke, dies alles keine Einbildung war, sondern einzigartige Realität. Mit Bedacht schloss Yukke seine Finger nun etwas fester um Tatsuros Erektion, verinnerlichte sich das Gefühl von Hitze und Kraft das davon ausging, und begann dann langsam sie darüber zu bewegen. Lustbetontes Stöhnen erfüllte die Luft um sie herum, schien sämtlichen Sauerstoff zu verbrauchen, so schwer fühlte sich das einfache Atmen an. „Mehr…“ keuchte Tatsuro und suchte gierig nach Yukkes willigen Lippen, um all dieser Energie in seinem Körper ein Polster geben zu können. Gekonnte trieb Yukke diese siedende Lust durch Tatsuro hindurch, gab ihm das Gefühl kurz vor dem Zerreisen zu stehen, wenn er an Tempo zulegte oder neckend mit seinem Daumen über dessen Spitze strich, nur um dann wieder zu diesen fast schüchternen Berührungen über zu gehen, die Tatsuro leise wimmern ließen. Yukke wusste genau, wie er seine Finger zu lenken hatte, mit denen er auch so virtuos seinen Bass zu führen wusste, womit er Tatsuro zu dem gefügigen Bündel machen konnte, das er momentan darstellte. Und gerade als dieser sich in der Fantasie verlor, das Yukke es ihm so gab, wie er es selbst wohl auch am liebsten besorgt bekam, verstärkte dieser wieder seinen Griff und fuhr mit raschen Stößen Tatsuros Länge auf und ab, welcher dieser innigen Stimulation schon bald nichts mehr entgegenzusetzen hatte. Yukkes bebende Stimme die seinen Namen sagte, war alles war es noch brauchte um Tatsuro hart und laut Stöhnend in Yukkes Hand kommen zu lassen. Mit der letzten Welle seines Orgasmus, schwanden nun auch seine letzten Kräfte, die ihn noch auf den Beinen hielten, worauf er langsam die Wand hinab rutschte und Yukke dabei mit sich zog. Er schmeckte das Salz auf Yukkes Stirn als er ihm einen erschöpften Kuss darauf setzte, und schloss dann für einen Augenblick seine Augen, da er sich einfach nur völlig verausgabt fühlte. Und als er sie wieder aufschlug lehnte Yukke an ihm, keine Spur mehr von ihrem kleinen Abenteuer an sich, und Tatsuro fragte sich, wie lange er denn weggedriftet war, das er nicht mitbekommen hatte, wie Yukke sich bereinigt hatte. „Ich glaube eine Dusche wäre jetzt genau das richtige für dich.“ Das heitere Grinsen, das Yukkes Gesicht erhellte, ließ Tatsuro erleichtert aufatmen. Yukke war noch immer bei ihm und schämte sich nicht ihn anzusehen oder mit ihm zu sprechen. Hätte Yukke ihm jetzt gesagt, dass es doch ein Fehler gewesen sei, er wäre nie wieder aufgestanden und hätte einfach nur auf sein Ende gewartet. Aber Yukke stand dazu, küsste ihn sogar noch einmal innig, bevor er aufstand und ihn ebenso nach oben hievte. „Ich bring dir ein paar frische Sachen.“ Damit schob ihn Yukke auch schon ins Bad und plötzlich überkam Tatsuro die Angst, Yukke würde nicht mehr da sein, wenn er es später wieder verlassen würde, was ihn eilig seine Arme um ihn schließen ließ, als dieser den Raum gerade verlassen wollte. „Versprich mir…nicht einfach…zu gehn. Warte…auf mich.“ Es machte Yukke ein wenig das Herz schwer, das Tatsuro wirklich annehmen konnte, das er ihn nun einfach mit sich allein lassen würde, doch konnte er dessen Furch auch verstehen, schien es ihm selbst noch alles so unwirklich, so zerbrechlich. Sanft nahm er Tatsuros Gesicht in seine Hände, was diesen wieder für einen Moment die Augen schließen ließ. „Ich verspreche es.“ gab er daraufhin zurück und besiegelte dies mit einem weiteren zusammenführen ihrer Lippen. Trotz der Gewissheit, das Yukke noch immer da sein würde, wenn er fertig geduscht hatte, beeilte sich Tatsuro mit dieser Prozedur, wollte er doch jeden Augenblick der ihn mit Yukke gegeben war auch nutzen können. Rasch stieg er wieder aus der Kabine, hüllte sich in eines seiner großzügigen Handtücher und wollte grade die Tür öffnen, als er das Anklopfen vernahm, auf das nur Sekunden später, Yukke mit den versprochenen Kleidungsstücken, folgte. Mit einem amüsierten Schmunzel betrachtete er sich den Mann vor sich, verpackt in einer azurblauen Frotteebahn und mit den triefend nassen Haaren. Sorgsam legte er den Stapel Sachen auf einem der Schränke ab, und griff nach einem der kleineren Handtücher, mit dem er dann begann Tatsuros Haare abzutrocknen. „Du wirst dich noch erkälten.“ Bekam dieser daraufhin in einem gespielt, mahnenden Ton zu hören, ließ sich darüber hinaus aber gern diese Zuwendung gefallen. „Wenn das bedeutet…das Schwester Yukesuko…sich um mich…kümmern würde,…dann gerne.“ „Ich glaub da hättest du gute Chancen.“ grinste Yukke verstohlen. Sie saßen zusammen auf der Couch, schauten sich, wie früher manchmal, eine dieser unzähligen Gameshows an, doch trennten sie diesmal keine Distanz voneinander. Tatsuro hatte sein Haupt in Yukkes Schoß gebettet, und genoss die sanften Streicheleinheiten die, dieser ihm zukommen ließ. Momentan fühlte er sich einfach nur wie der glücklichste Mensch auf Erden und wünschte sich, das es etwas gäbe das dieses Glückeinfangen konnte, damit es ihm nie wieder verloren ginge. Und plötzlich erinnerte er sich an etwas. Der Glücksbringer, den er für Yukke gemacht hatte, er war noch immer in seinem Koffer, der noch so in seinem Schlafzimmer stand, wie er ihn am Tage seiner Rückkehr, dort abgestellte hatte, da ihm wahrlich andere Dinge durch den Kopf gegangen waren, als das Aussortieren seiner Habseligkeiten. Etwas irritiert schaute Yukke ihm nach, als er so unerwartet aufsprang und aus dem Zimmer verschwandt. Hier irgendwo musste er doch sein, ging es Tatsuro durch den Kopf, als er sämtlichen Inhalt des Koffers achtlos auf dem Boden verstreut hatte, das Gesuchte aber nirgends entdecken konnte. Ein kurzer Wink der Erleuchtung traf ihn und mit gezieltem Griff zog er eine seiner Hosen heran und ging deren Taschen ab. Mit einem triumphierenden Strahl im Gesicht, hielt er den kleinen Anhänger vor seine Augen, um ihn sich noch mal zu begutachten. Hoffentlich würde Yukke seine Mühe nicht als zu kitschig empfinden. „Tatsuro?“ Etwas unsicher, was er von dem Verhalten seines Freundes denken sollte, lugte Yukke vorsichtig in das Schlafzimmer hinein, wo er Tatsuro in mitten der Überreste eines augenscheinlichen Wäscheorgans vorfand. „Was ist denn hier passiert?“ Doch anstatt ihm eine Antwort auf seine Frage zu geben, erhob sich Tatsuro einfach nur und grinste leicht verlegen. Sein Präsent hielt er hinter seinem Rücken versteckt, nicht ganz sicher, ob er es Yukke auch wirklich geben sollte. Doch dann fasste er Mut und trat auf diesen zu. „Hab ihn selbst…gemacht.“ erklärte er, als er Yukkes Hand ergriff, um ihm anzuzeigen, das er sie austrecken solle, damit er etwas in sie hineinlegen konnte. Etwas verwundert blickte dieser nun auf das Perlmutgebilde, bis er es schließlich aufnahm und sich genauer betrachtete. „Ist das ein Ibanez SR 5006?“ hörte er Yukke fragen, was Tatsuro leise Lachen ließ. Er hatte keine Ahnung was ein Ibanez 5006 war, aber so wie ihn Yukke anstrahlte hatte er ihm wohl doch eine Freude machen können. „Und selbstgemacht? Wann hast du denn die Zeit dafür gehabt?“ Es brauchte etwas Zeit, bis er Yukke die ganze Geschichte erzählt hatte, doch als er sie beendete, fiel dieser ihm recht stürmisch um den Hals, was ihn leicht in Schwanken brachte. „Das ist so…“ Yukke haderte etwas mit dem Wort, das ihm auf der Zunge lang, doch nach kurzem überlegen befand er das er es ruhig verwenden durfte, wenn er es auf die feminine Seite in sich schob. „…süß.“ Tatsuro konnte sich daraufhin ein feixen nicht verkneifen, das jedoch abrupt von einem leidenschaftlichen Kuss unterbunden wurde, auf den er sich nur zu gern einließ. Und Yukke lächelte erneut, als sie sich wieder voneinander lösten, und er Tatsuro folglich mit einem vorwitzigen Ausdruck in den Augen anschaute. „Mich würde ja nun schon interessieren, ob deine Hände auch in anderen Dingen so geschickt sein können.“ Kapitel 40: 36 Ways ------------------- „…oder hör dir das an! Verlangend strich Tatsuro über den Körper unter ihm, genoss das innige Stöhnen, das ihm Yukke schenkte und ihn…“ „SATOCHI es reicht!“ Es war früher Morgen, und eigentlich wäre dies die Zeit, in der Miya in Ruhe seinen Kaffee drang, genüsslich eine Zigarette rauchte und sich seelisch auf den bevorstehende Arbeit vorbereiten würde. Doch heute war wieder einmal einer dieser Tage, wo irgendeine chaotische Macht, der Meinung war, das man in schon kurz nach sieben in den Wahnsinn treiben müsse. Und wer würde sich dazu wohl besser eignen, als der höchst eigne Botschafter des Irrsinns selbst? Satochi indes, saß auf einem der Stühle in Miyas Küche, vor sich sein Netbook, das er erst kürzlich erstanden hatte, da er wohl noch nicht genügend andere technischen Spielereien sein eigen nennen konnte. Und dieses anzügliche Grinsen das dessen Lippen zierte, schien förmlich festgewachsen zu sein, da er seit seiner Ankunft hier, nichts anderes auf seinen Gesichtszügen zuließ, als eben diesen, für Miya ziemlich dümmlich wirkenden, Ausdruck. Aber damit hätte er sich trotzdem noch abfinden können, es war schließlich nichts Ungewöhnliches, das Satochi oft, recht unsinnig aus seiner Wäsche blickte. Und eigentlich, kannte Miya ihn nun lange genug das er hätte wissen müssen, dass diese Mimik in solch einer Vehemenz, noch nie etwas Gutes oder Intelligentes bedeutet hatte. Demzufolge hätte er Satochi auch einfach vor der Tür stehen lassen sollen, schon die Tatsache, dass dieser um solch eine Zeit zu ihm gefunden hatte, hätte ihm eine Warnung sein sollen. Aber nein! Er hatte wider seinen gesunden Menschenverstand die Tür nicht wieder zugeschlagen, sondern ihm Einlass gewährt und ihm sogar noch einen Kaffee angeboten. Und nun stand er schon seit fast fünf Minuten, vor seinem geschlossenen Kühlschrank, die eine Hand fest um dessen Griff geschlossen und innerlich betend, das doch bitte ein Fels aus Verstand auf Satochi niedergehen möge, und diesen davon abbrachte, seine neuste Entdeckung mit ihm teilen zu wollen. Miya hatte seine derzeitige Position nicht umsonst so gewählt, das er Satochi seinen Rücken zugekehrt hatte, wollte er doch vermeiden, das ihn all diese Dinge, die ihm dieser hier so freizügig vortrug, doch recht peinlich berührten und er sich sicher war, das man dies auch sehr gut in seinem Gesicht würde ablesen können. „Hier hab ich auch noch was Schönes.“ hörte Miya Satochis heitere Stimme erneut verkünden, worauf er sich kurzerhand den Vorwand, sich umziehen zu wollen, heranzog nur um daraufhin eilig in sein Schlafzimmer stürmen zu können. Womit hatte er das nur wieder verdient? Er wusste zwar, dass es eine Nische in ihrer Fanwelt gab, wo sich ihre, meist weiblichen Fans, ihre eigenen kleinen Realitäten über ihre Band und deren Mitglieder geschaffen hatten, aber das es auch so dermaßen intime Fantasien zu ihnen gab, war doch etwas verstörend, oder besser gesagt etwas entblößend, wenn man sie so ungeniert vorgelesen bekam, und das auch noch von einer Person die manchmal selbst in diesen Geschichten eine Rolle zu spielen hatte. Und Satochi tat seit gut einer Stunde nichts anderes, als ihn damit unterhalten zu wollen. Er habe diese interessante Seite im Internet gefunden, hatte er gesagt, als er sich an Miyas Küchentisch niedergelassen und unheilschwanend seinen Computer vor sich aufgebaut hatte. Schon bei diesem Hinweis, hatte Miya gewusst, dass er in der Falle saß, aber dass sie sich dermaßen unangenehm um seine Gelassenheit ziehen würde, hatte er nicht ahnen können. Sonst hätte er es ja auch gar nicht erst soweit kommen lassen. Mit einem recht frustrierten Seufzen, ließ Miya sich auf sein Bett fallen und blickte nachdenklich an die Decke des Raumes. Natürlich war er froh, dass sich in den letzten Wochen, eine Art von Normalität in ihrer Gruppe wiedergefunden hatte, und er freute sich auch ehrlich, dass es zwischen Yukke und Tatsuro nun keine Mauer mehr zu geben schien, die sie voneinander trennte. Aber so sehr er ihr Zusammensein auch unterstützte, gab es Angelegenheiten von denen er einfach nichts wissen musste und auch gar nichts wissen wollte. Und das schloß nun einmal deren Sexleben mit ein. Fanfantasie hin oder her. Er wollte keine Einzelheiten! Aber so wie es aussah, würde er dem nicht entkommen können, solange Satochi solch einen Heidenspaß an dieser Sache hatte. Es war wirklich wie verhext. Hätte er früher noch darum wetten können, dass es bestimmt Tatsuro gewesen wäre, der ihnen in allen Farben sein Liebesleben vortragen würde, so war es nun Satochi der sich nicht zügeln konnte, ihn in Verlegenheit ertränken zu wollen, wenn er so hingebungsvoll diese Texte vorlas. Kurz schloss Miya seine Augen über diese weniger erfreuliche Erkenntnis hin, nur um sie Sekunden später schreckgeweitet wieder aufzureißen. „Verdammt noch mal! Satochi du und deine dämliche homoerotische Gehirnwäsche.“ zischte er in die Stille, die ihn um gab, und erhob sich unter weiterem Murren wieder von seinem Nachtlager. Nein, er brauchte wirklich keine intimen Hinweise darüber, wie sich der Beischlaf seiner beiden Freunde gestalten könnte. Und wenn Satochi ihn nicht wieder damit in Ruhe lassen würde, dann würde er dieses bösartige kleine Netbook einfach verschwinden lassen, und all die anderen die folgen würden auch! Sonnenaufgang. Mit einem sinnierenden Lächeln, blickte Yukke aus dem Fenster seines Wohnzimmers, das er geöffnet hatte um etwas frische Luft in seine Räume ziehen zu lassen. Zwar konnte er nur vereinzelte Fragmente des Sonnenlichtes ausmachen, aber die Erinnerung, an dieses letzte, und für sein derzeitiges Hochgefühl ausschlaggebendes, Erheben dieses Gestirns, war ihm noch so präsent, als wäre es erst vor wenigen Tagen passiert. Und doch war schon einiges mehr an Zeit verstrichen, in welcher sich Stück für Stück noch weitere Dinge verändert hatten, die einfach nur auf eine neue und hellere Zukunft hoffen ließen. Ein Blick zurück in den Raum und auf die Zeitanzeige seines DVD Recorders sagte ihm, dass er noch Zeit habe, bevor er sich auf den Weg zum Proberaum machen müsse. Tatsuro hatte mit seiner Stimme weitere und großartige Fortschritte gemacht, und sie irgendwann gebeten, wieder mit dem Proben anzufangen, als eine Art des Trainings. Und auch wenn es noch nicht perfekt war, so hatte das Gefühl, das sie sich doch spürbar nach vorne bewegten, einfach etwas das sie alle anzutreiben wusste. Und bei Tatsuro spürte man es am deutlichsten. Dieser gab stets alles was ihm schon möglich war, nur um irgendwann eine weitere akustische Hürde überwinden zu können und ihnen zu verstehen zu geben, wie viel ihm die Musik wirklich bedeutete. Sie hatten ihren gemeinsamen Weg wiedergefunden. Ein Weitermachen ohne Tatsuro, wäre für Yukke auch einfach unvorstellbar gewesen. Tatsuro. Ob dieser ebenfalls schon munter war? Teto war sicherlich froh, dass sein Herrchen auch wieder einmal bei ihm geblieben war, und ihn nicht ständig alleine ließ. Und auch wenn Yukke noch immer nicht seine Vorsichtig diesen Vierbeinern gegenüber verloren hatte, so sah er auch ein, das er Tatsuro ab und an mit Teto würde teilen müssen. Er hatte zwar keine Ahnung, was die Psyche von Tieren betraf, aber warum sollte Teto nicht auch dazu im Stande sein, das Gefühl empfinden zu können Tatsuro zu vermissen. So wie er es tat, wenn sie sich über eine gewisse Zeitspanne nicht gesehen hatten. Und Yukke konnte nicht leugnen, dass er über seine Gedanken an Tatsuro, merklich unruhiger wurde. Unruhig vor Vorfreude, die ihn stets immer etwas zu früh erwachen ließ. Er konnte es dann schon kaum noch erwarten Tatsuro wiederzusehen, ihn umarmen zu können und… Ein sehnsüchtiges Seufzen rutschte über Yukkes Lippen. Sie hatten diese Richtlinien geschaffen, das sie sich während der Arbeit nicht zu innig miteinander beschäftigten, da es sie nur Ablenken und die anderen zu sehr in die Rolle der Verständnisvollen zwingen würde. Und eigentlich hatte Yukke auch kein Problem damit, solange er die Möglichkeit bekam, Tatsuro überhaupt einmal am Tag für sich allein in Anspruch nehmen zu können. Denn er liebte es einfach, wenn Tatsuro ihn küsste, davon bekäme er nie genug. Und er sehnte sich nach dessen Berührungen, wenn sie zusammen auf der Couch lagen und langsam in dieses Spiel verfielen, dass ihr beider Bedürfnis, die Nähe des anderen noch inniger spüren zu können, ihnen vorgab. Doch bis jetzt hatten sie sich nie weiter gewagt, als die Befriedigung des jeweils anderen auf einem noch recht zurückhaltenden Level. Doch brannte nun seit einiger Zeit ein Feuer in ihm, das deutlich heißer und impulsiver war, doch wusste er einfach nicht, wie er diese damit verbundene Energie umsetzen sollte. Er wollte mehr von Tatsuro, aber der Weg dieses heftige Verlangen auch besänftigen zu können, schien erneut so unwegsam und auch ein wenig beängstigend, das er bis jetzt, nicht den Mut hatte aufbringen können, Tatsuro zu mehr aufzufordern. Und Tatsuro war indes so geduldig mit ihm, drängte ihn nie zu etwas, dass er nicht wollte oder von dem er selbst nicht deutlich gemacht hatte, das es in Ordnung wäre mehr zu wagen. Womöglich, so schien es Yukke, legte es Tatsuro damit in seine Hände, wann er bereit für einen weiteren Schritt in ihrer Beziehung wäre, und zwang somit ihm zu liebe, sein eigenes Verlangen, ständig wieder zurück. Und schon diese Geste allein, war etwas wofür er Tatsuro so unglaublich dankbar war, das er erneut über sich selbst zu murren begann. Wenn er doch nur nicht so unsicher und, das war der eigentliche Hauptgrund, unerfahren wäre… Ein erneuter Blick, um sich der Zeit zu vergewissern, ließ Yukke jedoch seine Überlegungen verwerfen und dem beschwingten Gefühl Platz machen, das es keine Stunde mehr dauern würde, bis er Tatsuro wieder bei sich haben durfte. Tatsuros Wagen, stand bereits auf dem Parkplatz, als Yukke aus dem seinen ausstieg und etwas verwunder über das zeitige Erscheinen seines Freundes, einmal prüfend auf das Kennzeichen des Vehikels blickte, das nicht unweit von dem seinen entfernt stand. Ja, es war definitiv Tatsuros Auto. Rasch verriegelt Yukke sein Gefährt und trat in schnellen Schritten, den Weg hin zum Gebäude an. Es mochte albern sein, sich so überschwänglich zu fühlen, als hätte man sich Tage lang nicht mehr gesehen, aber Yukke störte sich nicht daran. Denn dieses Gefühl tiefster Zuneigung war echt und ein ums andere Mal so einnehmend, das er einfach nicht dagegen ankam, es gewähren zu lassen. Es war ruhig in den Gängen, als er sich in die Richtung ihres Proberaumes begab, was Yukke auch nur Recht sein konnte, da er somit der Gefahr entging, dass man ihn ungewollt zu einem Halt auffordern konnte. Nur noch um eine Ecke und er hätte sein Ziel erreicht gehabt, als er plötzlich am Arm gepackt und in eine der Nischen gezogen wurde, in der eine dieser monströsen Zimmerpflanze ihren Platz gefunden hatte , und welche jetzt, als willkommener Sichtschutz fungieren durfte. Tatsuro hatte ihn in einer bestimmenden, aber keineswegs groben Geste an eine Wand gepresst und küsste ihn mit einer Leidenschaft, das Yukke für einen Augenblick leicht die Sinne schwanden, bevor er ebenfalls all sein Verlangen in diese Begrüßung legte. „Mmm Vanille…“ deutete Yukke den Geschmack, der nun auf seinen Lippen lag, was Tatsuro mit einen erheiterten Schmunzeln quittierte. „Ich dachte, ich biete dir mal etwas Abwechslung.“ Noch einmal fuhr Yukke seine Lippen mit seiner Zunge nach, dem Tatsuro eine leichte Provokation zuschreiben konnte, auf welche er sich aber nur zu gerne einließ. Yukkes Hände legten sich auf seine Hüften, verstärkten ihren Griff mit der steigenden Intensität ihres Tuns. Wenn sie sich nicht bald voneinander lossagen würden, dann könnten sie den eigentlichen Grund für ihr hier sein, wohl gänzlich absagen, und so sehr Tatsuro der Gedanke Yukke hier festzuhalten auch reizte, war er sich dennoch bewusst, das Miya und Satochi wegen ihm hier waren, um ihm die Unterstützung zukommen zu lassen, die es brauchte, damit er so bald wie möglich in seine alte Form zurück finden konnte. Und das wollte er auch würdigen. Also ließ er schweren Herzens wieder von Yukke ab, der auch ohne Erklärung verstand, dass sie sich langsam zu ihren anderen beiden Freunden dazugesellen sollten, wollten sie deren Verständnis nicht unnötig strapazieren. Es brauchte ein paar Sekunden, um ihrer Atmung wieder ein normales Tempo zu verleihen, worauf sie ihr Versteck schließlich verließen. Noch einmal nickte Tatsuro Yukke zu, als sie sich vor der Tür zu ihrem Proberaum befanden, als er diese letztendlich auftat und seine darin befindlichen Freunde mit einem gutgelaunten „Ohayo“ begrüßte. Satochi erwiderte seinen Gruß, gefolgt von einem innigen Strahlen, wogegen Miya seine Worte einfach nur in das Zettelchaos auf dem vor ihm befindlichen Tisch zu murmeln schien. Yukke tat es Tatsuro schließlich gleich, nur um daraufhin feststellen zu dürfen, das Satochi ihn recht eindringlich musterte. „Deine Haare sind etwas durcheinander mein lieber Yusuke.“ meinte dieser daraufhin in einem Ton, der verriet, dass er auch genau wisse, warum dies war. Nun blickte auch Miya von seinen Papieren auf, und wünschte sich abermals, das Satochi ihn heute Morgen doch einfach in Ruhe gelassen hätte. Es war nicht schwer zu erraten, was Yukke und Tatsuro vor ihrem Einfinden getan haben mussten, war Satochis Hinweis doch kaum zu übersehen, genau wie der dunkle Rotton der Yukkes Lippen zierte. Wieder knurrte Miya über die ungewollten Bilder in seinem Kopf, was Yukke dazu verleitete auf ihn zuzutreten und sich zu erkundigen, ob mit ihm alles in Ordnung wäre. Ja, er würde Satochi dafür noch büßen lassen, das er sich nun so unsäglich dämlich vorkam, das er weder Yukke noch Tatsuro würde in nächster Zeit direkt ins Gesicht sehen können, ohne das sich etwas in seine Fantasie schlich, das dort eindeutig fehl am Platze war. „Ja…alles Bestens, wirklich.“ Damit erhob sich Miya auch schon etwas zu hastig, um folglich den Plan für diesen Tag zu verkünden, der hoffentlich nicht noch abstraktere Formen annehmen würde, als er es bis jetzt getan hatte. Es war ihm gar nicht so aufgefallen, doch seit er mit Tatsuro zusammen war, hatte er tatsächlich seltener das Bedürfnis zu rauchen verspürt, als es sonst der Fall gewesen wäre. Vielleicht sollte er es wirklich ganz aufgeben. Der Rauch schmeckte nun auch viel bitterer, als er es von Früher her in Erinnerung hatte, und überhaupt war es doch eine ziemlich unschöne Angewohnheit. Außerdem konnte er sich nicht vorstellen, dass es Tatsuro mochte, wenn er allzu oft nach einen Aschenbecher schmeckte. Das leise Quietschen der Metalltür zu der er ich mit seinem Rücken befand, verriet Yukke, das sich jemand zu ihm gesellt hatte und ließ ihn von seiner unangezündeten Zigarette auf und neben sich blicken, wo er schließlich Satochi vor fand. „Und wie läuft es so?“ erkundigte sich dieser nach einer Weile des Schweigens, und Yukke wusste ganz genau, das Sato nicht auf Informationen zu seinen gesundheitlichen Befinden aus war. Es war nur eine Frage der Zeit, dass man sie zum neusten Stand ihrer Beziehung befragen würde, war der Weg den es gebraucht hatte sich zu finden, doch für sie alle recht aufreibend gewesen. „Kann mich nicht beschweren.“ Und wirklich, es gab in Bezug auf Tatsuro nichts zu beanstanden. Dieser gab sich alle Mühe, ihm ihr Zusammensein so fehlerfrei wie möglich zu gestalten, das Yukke nicht glücklicher hätte sein können. Bis… Bis auf die Sache die ihn auch heute Morgen schon zu beschäftigen gewusst hatte. Aber das lag letztendlich auch ganz allein an ihm. „Das freut mich zu hören.“ Satochi war wirklich froh, dass am Ende doch noch alles in den richtigen Bahnen verlaufen war und Yukke sowie Tatsuro endlich verstanden hatten. „Ich hab da übrigens was für dich. Ist ganz interessant.“ Yukke konnte verfolgen, wie Satochi etwas aus einer der unzähligen Taschen seiner weiten Hose hervorzog und es ihm daraufhin rüber reichte. Ein Buch. Neugierig nahm Yukke es entgegen, verriet der einfarbige, hellblaue Einband nichts über das was es in sich barg. Doch kaum hatte er den Titel gelesen, war er sich sicher, dass ihm das peinliche Empfinden, das ihn nun durchströmte, auch ziemlich deutlich anzusehen sein musste. Mit dem Ausdruck puren Unglaubens, blickte er zurück zu Satochi, der süffisant vor sich hin feixte, was Yukke sichtlich aus dem Konzept brachte. -36 Wege wie Mann einen Mann zum Höhepunkt bringt- Diese Worte ließen keinen Zweifel daran, mit welchem Inhalt dieses Buch bestückt sein würde. Nur wo um alles in der Welt hatte Satochi solche Lektüre her? Es war einfach nur unglaublich peinlich, sich mit so etwas konfrontiert zu sehen, und dann auch noch durch einen seiner besten Freunde. Ein weiterer Gedanke rauschte durch Yukkes Gehirnwindungen. „Du hast es gelesen?!“ hallte es etwas zu schrill von den sie umgebenden Häuserwänden wieder, was Yukke leicht zusammenschrecken ließ. „Ich kauf doch kein Buch, nur um es im Regal verstauben zu lassen. Natürlich hab ich es gelesen.“ „Aber…, das…das…, warum liest du solche Bücher?! Ich meine, du…“ Er konnte es nicht aussprechen, aber Yukke war sich sicher Satochi verstand auch so auf was er hinaus wollte. „Es kann nicht schaden, sich etwas zu bilden. Meinst du nicht?“ gab dieser schließlich unberührt wieder, und genau diese Gelassenheit verwirrte Yukke noch ein Stück mehr. Fassungslos starrte er von Satochi, auf das Buch in seinen Händen und wieder zu seinem Freund. Gut, es stimmte das man nie auslernte, aber das…, das war doch etwas völlig anderes. Nach weiteren tonlosen Versuchen Satochi verdeutlichen zu wollen, das er es doch für recht ungewöhnlich hielt, dass dieser sich mit solch einem Thema befasste, nahm ihm dieser das Buch wieder ab und blätterte kurz darin herum. „Schau, sogar mit Bildern. Damit man auch nichts falsch macht.“ Yukke war nun mehr als fassungslos, über die Selbstverständlichkeit, mit der ihm Satochi diese Thematik versuchte näher zu bringen, dass er vor Scharm am liebsten im Boden versunken wäre. Die Erkenntnis, das sich Sato hier wohl reichlich Gedanken über sein Sexleben mit Tatsuro machte, war ziemlich obskur, zog man in Betracht, das er selbst bis jetzt noch nicht viel weiter in seinen Überlegungen dazu war, als bis zu der Tatsache, dass er mehr von Tatsuro wollte. Wie sich dies aber gestallten sollte, das war der Punkt der ihn stets in diese nicht zu ignorierende Unruhe zu versetzten wusste. Und nun drückte ihm Sato solch ein Werk in die Hand, als wüsste er genau was ihn seinem Kopf vor sich ging, und das war ebenfalls ein Umstand, auf welchen er einfach nur noch verschämt zu Boden blicken konnte. War er denn wirklich so berechenbar? Stand ihm seine Unsicherheit zu dieser Thematik, so ersichtlich ins Gesicht geschrieben? Kein Wunder das Tatsuro ihn so umsichtig behandelte, was das Ausprobieren der Grenzen in ihrem Liebesleben betraf, wenn selbst Satochi in der Lage war, so einfach in ihm lesen zu können. Womöglich dachte Tatsuro noch, das er in völlige Hysterie ausbrechen könnte, würde er es wagen intimere Wünsche vorzubringen, und er es am Ende lieber gleich dabei beließ, sich mit dem zufrieden zu geben, was man ihm zukommen ließ, und um ihn nicht zu überfordern. „Wie kommst du darauf?“ Nun war es an Satochi etwas verblüfft drein zu schauen, da er sich nicht sicher war, Yukkes Frage auch richtig zuordnen zu können. „Was meinst du?“ hakte er schließlich nach, was Yukke ein inniges Seufzen entlockte. „Das ich keine Ahnung habe, von…“ damit deute er auf das Buch und kaute dabei sichtlich nervös auf seiner Unterlippe herum. „Erstens, lass bitte von dem Zerbeißen deines Schmollmundes ab, sonst glaubt Tatsuro noch, ich wäre über dich hergefallen und das möchte ich nicht riskieren.“ Yukke lächelte etwas amüsiert, über Satochis Sorge, kam dessen Wunsch aber nach. „Und Zweitens, es ist nicht so, dass dir ein riesiger Schild um den Hals hängt, wo drauf geschrieben steht, das du dich in Sachen Sex mit einem Mann, nicht so geübt zu verhalten weißt. Doch nach all den Jahren, die wir uns nun kennen, denke ich schon behaupten zu dürfen, meinen kleinen Yu-chan in manchen Dingen ganz gut einschätzen zu können. „ Wieder grinste Satochi aufmunternd. „Außerdem bin ich mir sicher, dass sich Tatsuro über ein paar anregende Überraschungen zu freuen weiß.“ Yukkes Verschämtheit steigerte sich bei dieser Erkenntnis noch um ein weiteres Level. „Gott Sato, du bist echt unmöglich!“ „Ich tu was ich kann.“ Nun musste auch Yukke etwas Lachen, selbst wenn diese Situation schon etwas Bizarres an sich hatte, so war er seinem Freund doch irgendwo dankbar, dass er ihm versuchte das alles etwas einfach zu gestalten. Also griff er wieder nach dem Buch und blätterte nun seinerseits durch die Seite, vermied es jedoch auf einer von denen zu verharren die eine Illustration zeigte. „Willst du es wieder haben, wenn ich es durch habe?“ grinste nun Yukke etwas verstohlen, was Satochi aber nicht aus seiner allgegenwärtigen Lockerheit brachte. „Ich hol es mir wieder, wenn Bedarf danach besteht.“ meinte dieser darauf recht simpel, was Yukke etwas verwundert die Augenbrauen heben ließ, brachte ihn diese Aussage doch etwas ins stutzen. Erneut konnte man vernehmen, wie jemand die Tür hinter ihnen öffnete, worauf Yukke eilig das Buch zu verstecken versuchte und somit von dem Vorhaben, Satochi zu diesen kryptischen Worten befragen zu wollen, abbrachte. Es mussten schließlich nicht noch mehr Leute in sein kleines, Problem der Unerfahrenheit eingeweiht werden. Auch wenn er annehmen konnte, das, wenn es für Satochi ein Leichtes war es zu registrieren, Miya es ebenso in Betracht zog. Dieses stand nun in der geöffneten Tür und blickte prüfend auf seine beiden Freunde, bevor er den Hinweis gab, das sie in fünf Minuten würden weiter machen wollen und sie sich beeilen sollten, mit was auch immer sie noch vor hätten. Dann fiel die Tür wieder zu und Yukke beförderte das Buch wieder unter seinem Shirt hervor. „Könntest du es vorerst wieder an dich nehmen? Ich möchte nicht unbedingt, das mich Tatsuro damit erwischt.“ Mit einen verstehenden Nicken und dem neckenden Zerwühlen von Yukkes Frisur, nahm Satochi das Buch erneut an sich und verstaute es dort, wo er es auch zuvor schon getan hatte. Daraufhin wendete er sich auch schon dem Eingang zu und zog die Tür auf, als er Yukkes etwas zu leise Stimme vernahm. „Sato…danke…“ hörte er ihn beinahe flüstern, worauf er sich ein Schmunzeln nicht verkneifen konnte, was Yukke Bestätigung genug zu sein schien, da dieser sich nun an ihm vorbei schob und dazu überging, seine Haare wieder in Ordnung zu bringen, die man ihm grad so wüst durcheinander gebracht hatte. Es war kurz nach achtzehn Uhr, als sie ihre Sachen wieder zusammenräumten, um in einen wohlverdienten Feierabend starten zu können. Miya war stolz auf Tatsuro und seine Ausdauer nicht aufgeben zu wollen, auch wenn es für ihn oft ziemlich anstrengend war. Aber die Fortschritte die sie verzeichnen konnten, sprachen deutlich für sich. Und Miya war sich sicher, dass der Wille den Tatsuro zeigte, zu einem sehr großen Prozentsatz auch Yukke zu verdanken war. Tatsuro wirkte seit ihrem Zusammen sein, einfach viel positiver und stärker in seinen Vorhaben, und motivierte dadurch auch seine Freunde ein gutes Stück mehr. Ein Blick durch den Raum, und Miyas Aufmerksamkeit erfasste das Bild von Tatsuro, der sich gerade an Yukkes Rücken schmiegte und diesem seine Arme um die Taille legte, ihn näher an sich heran zog. Er konnte nicht verstehen was sie sagten, nur das leichte Nicken von Yukkes Kopf gab Raum für Spekulationen. „Da kann man glatt etwas neidisch werden, nicht?“ Satochi war nun an Miyas Seite und verfolgte ebenfalls das Tun seiner beiden Freunde. Miya antwortete nicht auf dessen Frage, schien ihm jede Antwort, nur der Auslöser für eine unerwünschte Aktion seitens Satochis sein zu können. Und kaum, dass er diesen Gedanken zu Ende gebracht hatte, spürte er wie dieser seinen Arm um seine Schultern legte und ihn an sich drückte, sodass ihre Wangen aneinander lagen, wie als würde Sato ihn für ein überdimensionales Stofftier halten. „Ich möchte auch jemanden zum knuddeln haben.“ folgte dann auch schon die Erklärung für diese Anwandlung, worauf Miya energisch versuchte sich aus Satochis Fängen zu befreien, bevor dieser noch auf andere Ideen kommen konnte. „Lass mich endlich wieder los!“ maulte Miya nun reichlich ungehalten. „Such dir gefälligst eine Freundin bei der du dich ausleben kannst!“ Ein kurzer Seufzer war daraufhin von Satochi zu hören, bevor er wieder von Miya abließ, der sich augenblicklich ein paar Schritte von ihm entfernte. „Ach Miya-kun, du wärst mir auch viel zu störrisch. Außerdem würde mich beim Küssen dein Bart stören.“ „Huh…!“ Satochi hatte sich eindeutig zu viele von diesen Geschichten durchgelesen! Doch dieser schüttelte nur leicht mit dem Kopf, als er Miyas empörtes Gesicht einfing. „Mensch Miya, du warst aber auch schon mal entspannter. Oder hast du deinen Sinn für Humor schon wieder in der Reinigung?“ „Deine Späße sind noch mal mein Ende! Ich hoffe dem bist du dir bewusst!“ zeterte Miya weiter, was nun auch die Aufmerksamkeit von Yukke und Tatsuro erweckte. „Was ist denn los?“ versuchte Tatsuro die Lage zu erfassen, als er einen zorngeröteten Miya, in etwas Abstand zu einem albern lächelnden Satochi vorfand, die sich aber beide von einer Antwort fernhielten. „Bis Morgen!“ war schließlich alles, was sie noch von Miya zu hören bekamen, bevor dieser unter ärgerlichem Gemurmel den Raum verließ. Regen. Yukke mochte das melodische Prassel der unzähligen Tropfen an seinen Fenstern, vor allem wenn sich diese Atmosphäre durch einen lauen Sommerabend zog. Abwartend blickte er auf sein Handy, das er auf der Armlehne seines Sessels platziert hatte, in welchem er nun schon seit einer Weile saß, und Satochis Buchtipp studierte. Zum Glück, sah ihn niemand, wenn er sich von einem Kapitel in das nächste las, ständig mit diesem Glühen auf seinen Wangen und nicht selten mit dem Gefühl blanker Sprachlosigkeit beseelt. Sogar einen Fragebogen gab es, der einem nach dem angeben diverser Optionen verrieten, welcher Typ man im Bett wäre und welcher nicht minder minutiös formuliert war, wie der Rest in diesem Werk. Doch war seine Neugier schließlich doch um einiges ausgeprägter gewesen, als der Drang sich seiner Verlegenheit fügen zu wollen und so hatte er schon das ein oder andere Interessante in Erfahrung bringen können, glaubte jedoch nicht, das er jemals den Mut aufbringen könnte, es selbst einmal in die Tat umzusetzen. Vielmehr sah er sich in der Position, es an sich erleben zu dürfen, denn wenn er ehrlich war, hatte er schon eine gewisse Vorstellung, was die Rollenverteilung diesbezüglich betraf. Er mochte es, wenn Tatsuro die Führung übernahm, ihn mit seinen Berührungen umfing wie ein seidenes Tuch, und er das Gefühl verspürte Tatsuro würde seinen gesamten Körper einnehmen, selbst wenn er ihn nur küsste. Es war das Empfinden dieser sanften Gewalt, das er liebte. Diese energische Leidenschaft, die sich nur auf ihn konzentrierte, nur wegen ihm existierte. Allein der Gedanke, das er der Grund für Tatsuros Verlangen war, war erregend genug, das er sich schon ein um das andere Mal ziemlich zusammen nehmen musste, um nicht eben jene Gedanken zu einnehmend werden zu lassen. Zum Beispiel wenn sie probten. Tatsuros tiefe Stimme zu hören, erinnerte ihn unweigerlich an Situationen recht intimer Art, daran was es zu tun galt, um Tatsuro Laute dieses Intensität entlocken zu können, nach denen er fast schon süchtig war. Sein Blick richtete sich wieder auf das Buch in seinem Schoß. Er hatte gelesen, dass man seine Wünsche, dem Partner mitteilen sollte, um nicht der Enttäuschung zu erliegen, sollte dieser nicht alles allein deuten können. Und Yukke hatte einige Wünsche. Fantasien. Aber fehlte ihm noch immer die nötige Entschlossenheit, sich selbst derart offen geben zu können. Er hatte den Part, für den richtigen Zeitpunkt mehr als einmal gelesen, doch auch nach dem vierten Male, fand er keine Formel, die ihm hätte den optimalen Moment zusammenrechnen können. Es wäre eine Sache des Gefühls, der Harmonie des Paares, das einen führen sollte, hieß es. Am besten aus einem vertrauten Akt der Zweisamkeit heraus, ohne Zwang und genormte Richtlinien. Perfektion ergebe sich nicht, aus dem abarbeiten eines zuvor erstellten Planes, sondern aus den Empfindungen die man erlebe und der höchstmöglichen Befriedigung, die man seinem Partner bereiten würde können. Also bliebe ihm wohl doch nichts anderes übrig, als auf sein Gefühl zu vertrauen, die Zeichen richtig zuordnen zu können, damit es ihnen beiden ein unvergessliches Erlebnis würde werden können. Das Erklingen einer vertrauten Melodie ließ Yukke sein Mobiltelefon aufnehmen, worauf sich nach dem Drücken der Abnahmetaste und einem etwas rau klingenden „Hey“ seinerseits, Tatsuros Stimme in der Leitung befand. „Hey.“ hörte Yukke ihn sagen, gefolgt von der Frage, ob mit ihm alles in Ordnung wäre, da seine Stimme etwas seltsam geklungen hätte. Etwas peinlich berührt, musste Yukke feststellen, das ihn seine Überlegungen zu Tatsuro ein gewisses Maß an Erregung beschert hatte, was kurzerhand auf sein Sprachbild niedergegangen war, weshalb sich folglich dieser kratzigen Ton untergemischt hatte. Aber das wollte er Tatsuro nicht unbedingt als Erklärung liefern, worauf er sich kurz räusperte und ihm versicherte, dass er nur einen etwas trockenen Hals gehabt hätte. „Nicht das du dir eine Erkältung eingefangen hast!“ Yukke musste nun etwas lächeln ob der Sorge Tatsuros. „Keine Panik, mir geht es gut. Und bist du gut angekommen?“ Der Grund, warum er erneut seinen Abend ganz allein verbringen musste, war der, das Tatsuro am Morgen aufgebrochen war, seine Familie für ein paar Tage besuchen zu wollen. Tatsuros Mutter war dies sehr wichtig gewesen, da sie ihren Sohn so lange nicht mehr gesehen hatte und sich nun selbst davon überzeugen wollte, dass es ihrem Spross wieder deutlich besser ging. „Ja, es lief alles ohne Probleme. So eine Zugfahrt ist auch wesentlich entspannender, als sich bei solch einem Wetter mit dem Auto zu quälen“ Es dauerte eine gute Stunde, bis sie sich wieder voneinander verabschiedeten und Tatsuro versprach, das er sich am nächsten Tag wieder melden würde und ihn wissen ließ, das er ihn jetzt schon ziemlich vermissen würde. Und Yukke bestätigte ihm, das es ihm nicht anders erging, und er sich auf den Tag seiner Rückkehr freue. Drei Tage konnten doch eine recht lange Zeit darstellen, wenn man sich so unsäglich verliebt fühlte. Kapitel 41: As it should be --------------------------- Er hatte eine weitere Hürde genommen und Yukke war diesbezüglich schon etwas stolz auf sich. Zwar hatte er das Gefühl nicht loswerden können, dieser Postbote wüsste ganz genau, was sich in dem unscheinbaren Päckchen verberge und wozu er es gedachte zu gebrauchen, aber das konnte auch nur an seiner sensiblen Einbildungskraft gelegen haben, welche in der letzten Zeit ziemlich viel zu verarbeiten hatte. Aber er hatte es sich getraut etwas Eigeninitiative zu zeigen, und sei es nur durch das Bestellen diverser Artikel, die einem das Sexleben erleichtern und angeblich auch verschönern sollten. Zwar hätte er auch in ein Geschäft gehen können, um sich mit angebrachten Notwendigkeiten einzudecken, aber das hätte sein Stresslevel auf jeden Fall zum kollabieren gebracht und die Peinlichkeit, einer hysterischen Flucht, aus solch einen Laden, wäre nicht unbedingt etwas gewesen, das man hätte als, „so unauffällig wie möglich“, bezeichnen können. So war es doch wesentlich einfacher und vor allem anonymer gewesen. Mit ein paar gezielten Handgriffen, hatte Yukke den weißen Karton geöffnet und durchstöberte nun seine Ausbeute etwas genauer. Vielleicht hatte er es ein wenig übertrieben, was seine Auswahl anbelangte, doch bei so einem umfangreichem Sortiment, und seiner nicht zu verleugnenden Ratlosigkeit, was nun gut und empfehlenswert sein mochte, hatte er einfach auf Nummer sicher gehen wollen. Und so gesehen, war es ja auch nichts Schlechtes, wenn man eine abwechslungsreiche Kollektion auf Vorrat hatte. So wurde es wenigstens nicht langweilig. Kurz musste Yukke über diese seine Gedankengänge mit dem Kopf schütteln. Über was dachte er hier eigentlich nach?! Er hatte ja noch nicht einmal eine Vorstellung, wie er es überhaupt anstellen sollte Tatsuro zu verdeutlichen, dass sie sich ruhig etwas mehr wagen konnten. Wenn er selbst doch nur nicht so unbeholfen wäre, was diese Sache betraf! Etwas missmutig verschloss er die Kiste wieder und brachte sie anschließend in sein Schlafzimmer, wo er sie vorerst unter seinem Bett verstaute. Sie würde wohl so schnell nicht wieder darunter hervorkommen. Ein Blick auf seine Uhr sagte ihm, das es gerade kurz nach fünfzehn Uhr war, was bedeutete das ihn noch gute vierundzwanzig Stunden davon trennten Tatsuro endlich wiedersehen zu können. Vielleicht sollte er noch ein paar Erledigungen machen, so würde wenigstens die Zeit etwas schneller vergehen und ablenken würde es ihn auch. Zwei Uhr Sechsundfünfzig. Es hatte vor einer Weile wieder mit regnen angefangen und seit dem lauschte Yukke dem Rauschen das die Nacht ausfüllte, in der Hoffnung es würde ihn irgendwann in den Schlaf wiegen. Doch bis jetzt, hatte er noch immer kein Auge zu tun können. Diese innere Unruhe hatte ihn wieder in Griff und würde sich wohl auch erst wieder legen, wenn Tatsuro zurück wäre. Vier Uhr Dreiundzwanzig. Ein Geräusch hatte Yukke aus seinem unruhigen Halbschlaf gezogen, was ihn sich etwas benommen fühlen ließ, als er sich aufrichtete, um sicher zu gehen, dass er es nicht nur eingebildet hatte. Fahrig fuhr er sich über seine müden Augen, als er erneut das leise Summen vernahm. Sein Handy. Etwas verwundert, wer ihn um solch eine Zeit eine Nachricht zukommen ließ, griff er es auf und erkannte, dass es Tatsuro war der ihn kontaktiert hatte. Der erste Text sagte –endschuldige die Störung- mehr nicht, was Yukke leicht irritiert die Augenbrauen heben ließ, und er zur zweiten Nachricht wechselte. -Könntest du vielleicht die Haustür öffnen?- Nun war er gänzlich verwirrt, stieg aber dennoch aus seinem Bett und starrte daraufhin etwas unschlüssig auf die Gegensprechanlage in seinem Flur. Erlaubte sich Tatsuro hier einen Spaß mit ihm? Weitere Augenblicke verstrichen, bis Yukke schließlich den kleinen Knopf betätigte und horchte, ob wirklich jemand die Haustür öffnete. Und tatsächlich hörte er das dumpfe Klacken des Schlosses, worauf er seine Wohnungstür auftat, wo ihn das gerade erhellte Licht des Hausflures erst einmal unangenehm blendete. Er lauschte den eiligen Schritten die zu vernehmen waren und dann stand wirklich Tatsuro vor ihm, nass bis auf die Haut, aber mit einem solch herzlichen Strahlen im Gesicht, das Yukke fast meinte er befände sich in einem Traum, und sein Unterbewusstsein zeigte ihm genau das, was er sich am sehnlichsten wünschte. Tatsuro. Und je länger er sich diesen einfach nur anschaute, umso unwirklicher schien dieses Bild zu werden. Tatsuros feuchte Haare klebten auf dessen weißer Haut, gaben seinen Zügen noch etwas Sanfteres und Filigraneres, das in solch einem Kontrast, zu dem Feuer in diesen dunklen Augen stand, mit denen Tatsuro ihn fixierte. Yukkes Blick verfing sich an den einzelnen Tropfen die dessen schlangen Hals hinab liefen und sich im Stoff des weißen Shirts verloren, das vom Regen getränkt dessen Oberkörper eine scharfe Kontur verschaffte, die Yukke sehnsüchtig auf seine Unterlippe beißen ließ. Er liebte diesen sehnigen Körper, und die Art wie Tatsuro ihn zu bewegen wusste, es hatte ihn schon immer fasziniert und nun gehörte Tatsuro wirklich ihm. „Yukke?“ Es war nicht mehr als ein Flüstern, doch es reichte aus, um etwas in ihm zu betätigen, das seine Starre aufhob. Rasch zog er Tatsuro in den Flur seiner Wohnung hinein, störte sich nicht daran, als er die Tür mit einem geräuschvollen Donnern wieder ins Schloss fallen ließ und verschwendete keine weitere Zeit damit, Tatsuro einfach nur zu betrachten. Er spürte wie die Feuchtigkeit, seine eigene Kleidung durchnässte, doch es war ihm egal. Alles was momentan von Bedeutung war, war das er Tatsuro wieder hatte. Der Gedanke, dass er Tatsuros Lippen zu gierig in Beschlag nahm, sich zu impulsiv an dessen Körper drängte, ließ ihn leicht aufkeuchen. Er wollte Tatsuro und das ganz. Seine hitzigen Finger suchten sich ihren Weg unter den nassen Stoff und trafen dort auf viel zu kühle Haut, was Yukke wieder etwas zu Verstand brachte. Etwas wiederwillig löste er sich von Tatsuro, und als er erneut in diese dunkle Augen blicken konnte, war der Drang dort weiter zu machen, wo sie grade stehengeblieben waren, unglaublich verlockend, aber Tatsuro musste erst einmal aus diesen nassen Sachen raus und sich wieder etwas aufwärmen. Der Wunsch seiner Wiedersehensfreude Ausdruck verleihen zu wollen, würde eh so schnell nicht versiegen. „Warum hast du nicht einfach den Schlüssel benutz, den ich dir gegeben habe, oder geklingelt?“ Tatsuro geriet leicht ins straucheln, als er in eine trockene Hose schlüpfen wollte, wobei ihn Yukke vom Bett her beobachtete. „Na ja, das ist halt so eine Sache mit der Spontanität. Ich habe deine Schlüssel bei mir zu Hause liegen, wollte aber so schnell wie möglich hier her…zu dir. Und das mit der Klingel erschien mir in Anbetracht, dich damit so grob aus dem Schlaf zu reißen, als keine allzu feinfühlige Option.“ Ein etwas verlegenes Lächeln verfing sich auf Tatsuro Gesicht, nachdem er dies gesagt hatte, versteckte diese Emotion aber gleich darauf unter der Notwendigkeit, sich nun auch ein trockenes Shirt über ziehen zu wollen. Doch noch bevor er seinen Oberkörper wieder mit, für Yukke, reichlich störenden Stoff, bedecken konnte, trat dieser auf Tatsuro zu und bat ihn, durch eine Geste, kurz darin inne zu halten. Noch immer war Tatsuros Haut kühl, aber angenehm unter seinen Berührungen, die diesem eine leichte Gänsehaut verschafften. Dann ließ Yukke auch schon wieder von ihm ab und nach einem flüchtigen Kuss, und dem Hinweis, dass er sich besser auch noch ein Sweatshirt überziehen sollte, wenn er sich nicht erkälten wolle, verließ er den Raum, um sich folglich in der Küche an etwas zu schaffen zu machen. Zumindest war das sein Plan, um sich wieder etwas unter Kontrolle zu bringen. Aber alles was er zu Stande brachte, war sich an der Küchenzeile anzulehnen und sich immer und immer wieder einen spärlich bekleideten Tatsuro vorzustellen. Wo sollte das nur Enden? OK, er wusste ganz genau, wo es enden sollte, beschäftigte er sich doch seit Tagen fast mit nichts anderem mehr, wäre da nur nicht immer diese Nervosität, die ständig alles so unglaublich verderben würde. Unter einem selbstkritischen Murren richtete er sich schließlich wieder auf, atmete noch einmal zur Beruhigung tief durch und beschloss sich nicht weiter verrückt machen zu lassen. Ein erneuter Blick ins Schlafzimmer zeigte ihm, das Tatsuro nun auf dem Bett lag und bereits eingeschlafen war. Immerhin war es ja auch erst kurz nach fünf und er spürte nun ebenfalls, wie ihn die Müdigkeit wieder einholte. Rasch hängte er noch Tatsuros feuchte Kleidung im Bad auf und gesellte sich dann zu ihm. Mit Tatsuro an seiner Seite, war die Suche nach einem entspannten Schlaf ein Leichtes. Zwölf Uhr Vierundvierzig. Das zeigte Tatsuro die Anzeige von Yukke Wecker, was ihn sich noch einmal umdrehen ließ, nur um daraufhin festzustellen zu müssen, das er allein im Bett lag. Prüfend strich er über die leere Fläche neben sich, um herauszufinden, wie lange Yukke schon wieder munter sein mochte. Es war noch etwas Wärme auf dem Lagen zu spüren, also noch nicht all zu lang. Das leise Rauschen aus Richtung Badezimmer verriet, das Yukke gerade unter der Dusche stehen musste, und Tatsuro somit noch etwas liegen bleiben konnte, bevor er diesem Reinigungsritual ebenfalls würde nachgehen können. Er war ehrlich froh wieder hier zu sein. Ein nerviges Kribbeln in seiner Nase, ließ in kurzum zweimal kräftig niesen, was wohl auf seine Aktion von heute Früh zurück zu führen war. Aber er hatte es nun einmal nicht mehr länger aushalten können, und war schon am Abend wieder von zu Hause aufgebrochen und nicht wie gedacht, erst am folgenden Mittag. Er konnte nicht sagen, was genau seine Mutter davon gehalten hatte, als er ihr mitgeteilt hatte, dass er schon eher fahren müsse. Aber ihr verständnisvolles Lächeln ließ annehmen, dass sie es ihm nicht übel nahm. Und so war er noch in den letzten Zug zurück nach Tokyo gesprungen, und dann, als er bei seiner Ankunft kein Taxi ausfindig machen konnte, einfach so losgelaufen. Im strömenden Regen. Yukke hatte ihn für verrückt erklärt, als er ihm dies erzählt hatte, und fassungslos mit dem Kopf geschüttelt. Doch gleich darauf hatte er ihn wieder an sich gezogen und ihn hingebungsvoll geküsst. Ein erneutes Niesen rüttelte ihn durch, worauf Tatsuro sich nach einer Packung Taschentücher umschaute. Vielleicht in der Schublade des Nachtisches. Und tatsächlich. Tatsuro nahm die gelb-weiße Packung auf und zog sich eines der Tücher heraus. Sein Blick schweifte eher beiläufig über den Rest des Schieberinhaltes, bestehend aus einer Dose Yuzudrops, einem kleinen Notizblock mit Stift, und einer Mukku Schlafmaske, als ihm jedoch ein Buch ins Auge fiel. Sein Einband war ziemlich unspektakulär. Hellblau. Die Kanji darauf sagten… Tatsuros Augen weiteten sich ungläubig. Seit wann hatte den Yukke solche Lektüre? Kurz horchte er auf, um sicher zu gehen, das Yukke noch immer im Badezimmer war, bevor er das Buch an sich nahm und noch einmal den Titel leise vor sich hin murmelte. Neugierig blätterte er nun darin herum, betrachtete sich das ein oder andere Bild und spürte wie ihm dabei immer ein wenig wärmer wurde. Ein paar Seiten weiter, entdeckte er einen Bogen, der einem Schultest glich, und welcher auch schon beantwortet worden war. Nach und nach ging Tatsuro die Fragen durch und verglich sie mit den kleinen Kreuzen die man neben den vorgegebenen Möglichkeiten gemacht hatte. Die Wärme in seinem Körper entwickelte sich mehr und mehr zu großer Hitze, je länger er sich mit dem Blatt Papier vor sich beschäftigte, und je bunter seine Fantasie diese Erkenntnisse auszumalen wusste. Das Entriegeln der Badzimmertür drang nur wage an seine Ohren, doch registrierte es Tatsuro noch rechtzeitig, um hektisch das Buch wieder zuzuschlagen und zurück an seinen Platz zu befördern, bevor Yukke ihn damit erwischen konnte. Etwas schwerfällig, rollte sich Tatsuro zurück in die Lagen, und sobald er hörte das Yukke den Raum betrat schloss er seine Augen und tat als würde er noch immer schlafen. Yukke jetzt anzusehen, wäre einfach zu viel für seine Selbstbeherrschung gewesen. An den vorsichtigen Gesten konnte Tatsuro erkennen, das Yukke wirklich davon ausging, das er noch nicht erwacht war und er ihn somit nicht aufwecken wollte. Kurz darauf war das Schließen der Tür zu vernehmen, und Tatsuro war wieder mit sich allein. Es waren wohl zehn Minuten vergangen, als er hörte wie sich die Wohnungstür öffnete und schloss, was anzeigte, das Yukke wohl etwas zu erledigen gedachte. Langsam wühlte sich Tatsuro wieder unter der Decke hervor und nachdem auch nach weiteren fünf Minuten nichts von Außerhalb zu ihm drang, zog er die Schublade wieder auf und widmete sich erneut dem unscheinbaren Buch. Verdammt! Es war nicht anders zu beschreiben, dachte sich Tatsuro, als er sich Yukke aus einiger Entfernung betrachtete und er sich erneut bewusst wurde, was ihm dieses Buch über seinen Yukke offenbart hatte. Verdammt auch deshalb, weil er nicht wusste, wohin mit seinen Gedanken und der Wirkung die sie auf ihn ausübten. Als Yukke wieder nach Hause zurück gekommen war, hatte er das Bett zwar schon verlassen gehabt, war aber auch nur ziellos durch die Wohnung geschlurft, da er einfach viel zu aufgewühlt war, um etwas anderes in Angriff nehmen zu können. Und sei es nur sich umzuziehen gewesen. Yukke hatte ihm daraufhin etwas besorgt angeschaut und Tatsuro wusste noch wie sensibel er auf dessen Berührung hin reagiert hatte, als er sich vergewissern wollte, ob er sich nicht doch eine Erkältung zugezogen hatte. Am liebsten wäre er gleich dort über ihn hergefallen, hätte Yukke ihm nicht gesagt, das gleich Miya und Satochi vorbei schauen würden, welche ihren Besuch durch einen spontanen Anruf übermittelt hatten, als Yukke unterwegs gewesen war. Und nun saß er hier, in diesem Ramen Shop, in welchen sie von Satochi gelotst worden waren und fand einfach keine innere Ruhe mehr. Yukke stand mit Miya an der Theke, um ihre Bestellung aufzugeben, und er hatte mit Sato einen der freien Tische in Beschlag genommen, an welchem er nun saß, allein und hippelig, da Satochi grad die Sanitäreinrichtung aufsuchte. Wie sollte er diesen Tag nur überstehen, ohne dass man ihm früher oder später sein merkwürdiges Verhalten anmerken würde? Denn das er sich etwas seltsam benahm, war selbst für ihn ziemlich offensichtlich. Am besten er dachte sich schon einmal eine halbwegs glaubhafte Erklärung aus, nicht das man ihn noch völlig unerwartet dazu befragen würde und ihm in seiner Dösigkeit nichts Besseres einfiel, als die Wahrheit auszuplaudern. Selbst wenn er sich sicher war, das Miya und Sato ihre Beziehung unterstützten, so glaubte er nicht, das die Offenbarung, das er jetzt gern hemmungslosen Sex mit Yukke haben wollte, die Antwort wäre die die beiden wünschten zu hören. Zumindest bei Miya war er sich sicher, dass dieser keinen Wert auf derart offenherzige Erklärungen legte. „Stimmt etwas nicht?“ hörte er Satochis Stimme plötzlich hinter sich fragen, worauf Tatsuro seine Aufmerksamkeit von Yukke entfernte, um sie folglich Satochi zukommen zu lassen, der sich nun wieder ihm gegenüber platziert hatte und ihn abwartend anblickte. „Warum?“ rutschte es Tatsuro etwas zu fahrig hervor, bevor er noch hätte richtig schalten können, um nicht genau das zu tun, wovon er grade gedacht hatte es vermeiden zu wollen. Aufmerksamkeit erregen. „Du wirkst auf mich eben etwas verspannt, mit all dem Fusswippen und Fingertrommeln.“ Erst jetzt registrierte Tatsuro seine nervösen Gesten und hielt abrupt in diese inne, was Satochi eines seiner typischen Schmunzeln entlockte und in Tatsuro das Gefühl weckte, das dieser ihn gerade ziemlich durchschaut hatte. „Es dauert noch ein paar Minuten.“ Erneut etwas zu hektisch, wandte sich Tatsuro nun wieder Yukke zu, der zwei Gläser Wasser in seinen Händen hielt und diese nun auf dem Tisch abstellte, bevor er sich schließlich neben Tatsuro auf die Sitzbank sinken ließ. Augenblicklich strömte dessen Präsens auf Tatsuro ein, was diesem ein innerliches Wimmern entlockte. Hatte ihn Yukkes Nähe und all die anderen kleinen Dinge, die dieser ausstrahlte um ihn zu umgarnen, früher schon des Öfteren ziemlich viel Willensstärke abverlangt, ihn nicht einfach an sich zu reisen und diverse Fantasien an ihm auszuleben, so war es jetzt, wo er sich Yukkes Gefühlen für sich sicher sein konnte, noch um einiges schwieriger geworden, sich zu beherrschen. Und erst recht nachdem er dieses verdammte Buch gefunden hatte. Er musste sich schleunigst etwas Ablenkung verschaffen, wollte er nicht riskieren, das Yukke ihn heute noch, für seine ungezügelte Zuneigung in die Verbannung schicken würde. „Und gibt es bei euch etwas Neues zu berichten?“ erkundigte er sich somit, an Satochi und Miya gewandt, als auch schon die Bedienung an ihrem Tisch erschien und sich freundlich danach erkundigte, wem sie welches Gericht zukommen lassen sollte, um dieses dann von ihrem Tablett vor den jeweiligen Gast zu setzen. Nun da sich jeder mit einer Schüssel Nudeln versorgt sah, richtete Tatsuro erneut seine Aufmerksamkeit auf seine beiden Freunde, von denen Satochi gerade dazu ansetzte etwas erzählen zu wollen, während er sich eine großzügige Portion Ramen zwischen seine Essstäbchen klemmte, die munter vor sich hin dampfte. „Miya und ich sind ein Paar…“ hörte er Satochi daraufhin sagen, der sich nun die Nudelbahn in den Mund schob und augenblicklich zu japsen begann, da diese noch viel zu heiß waren. Schockiert weiteten sich nun drei Augenpaare über diese Aussage, von denen Miya wohl am deutlichsten die Verwirrung im Gesicht stand, worauf er auch schon einen gezielten Hieb auf Satochis Hinterkopf folgen ließ, was diesen noch etwas inniger jammern ließ. „Ich wollte sagen, das Miya und ich ein paar Optionen durchgegangen sind, was unser zukünftiges Arbeiten anbelangt.“ moserte Satochi schließlich, mit leidlicher verzogener Mine, über die Pein die ihn grade so unverhofft ereilt hatte. „Der Kerl macht mich echt fertig.“ murmelte nun auch Miya etwas verdrossen vor sich hin, bevor er sich ebenfalls seinem Nudelgericht widmete, da er sich nicht in der Verfassung fühlte, Yukke und Tatsuro, nach dieser Peinlichkeit, ins Gesicht blicken zu können. Satochi hatte ihn wahrlich schon völlig vermurkst, was dieses Thema anbelangte. „Ich denke, dass wir es so am besten meistern können.“ Ein zustimmendes Nickte begegnete Miya auf seine Vorschläge, was ihre Arbeit und deren kommender Verlauf betrafen und Tatsuro musste feststellen, dass er sich doch tatsächlich wieder etwas unter Kontrolle hatte bringen können. Er durfte halt nur nicht zu oft zu Yukke schauen, und sich nicht zu sehr auf dessen Stimme konzentrieren, wenn dieser etwas sagte. Wenn er sich daran hielt, dann bestand auch keine allzu große Gefahr, etwas Unziemliches tun zu wollen. Ein kurzer Blick auf Miya und Sato, zeigte beide in ein angeregtes Gespräch über Verstärker und anderes Equipment vertieft, was Tatsuro kurz zu dem Gedanken geflügelte, das die beiden irgendwo schon ein witziges Paar abgeben würden. Über diese Vorstellen etwas albern grinsend, griff er zu seinem Glass und genehmigte sich einen Schluck daraus, als er plötzlich Yukkes Präsens wahrnahm, der sich zu ihm hinübergelehnt hatte und ihm ins Ohr flüsterte, ob alles mit ihm in Ordnung sei. Yukkes Nähe und dessen Stimme so unmittelbar wahrzunehmen, ließ Tatsuro schwer schlucken, was zur folgte hatte, das er sich verschluckte und reichlich unelegant in sein Glass hustete. Der folgende Ablauf erinnerte Tatsuro an einen sehr schlechten Sketch, als er vom Husten gebeutelt, Yukkes eine Hand auf seinem Rücken und die andere auf seinen Oberschenkel wiederfand, die sanft darüber hinweg strich, und etwas auslöste, das er doch so krampfhaft versucht hatte zu unterdrücken. Der Schreck darüber ließ ihn nach oben fahren, um folglich mit seinen Knien, poltrig gegen die Tischplatte donnerte und sich schließlich seinen Kopf an der, für seine Verhältnisse, etwas zu niedrig hängenden Tischleuchte stieß, um schließlich reichlich zermürbt wieder auf seinen Sitz zu sinken.. Nach diesem wenig graziösen Akt konnte er grade noch so den Drang unterdrücken, sein leicht schmerzendes Haupt nicht auch noch frustriert auf den Tisch zu knallen, und über die Erkenntnis zu lamentieren, das ihn Yukkes Gegenwart wohl zu noch mehr solcher Vorführungen bringen konnte, würde er dieses qualvolle Verlangen nicht irgendwie abstellen können. „Tut mir leid.“ Natürlich war es Yukke, der diese Worte an ihn gerichtet hatte, und folglich wieder dazu überging, ihn entschuldigend über seinen Oberschenkel zu streicheln, worauf Tatsuro ein leises Jammern entwisch, da er einfach nicht wusste, was er mit all diesen Empfindungen anstellen sollte. „Tut es sehr weh?“ erkundigte sich Yukke daraufhin, da er diesen Laut wohl damit gedeutet hatte, das ihm etwas schmerzte, worauf Tatsuro nur leicht mit dem Kopf schütteln konnte. Diese Hand machte ihn noch wahnsinnig! „Leute ich muss noch wohin, also wenn es euch nichts ausmacht, hau ich jetzt ab.“ Damit erhob sich Satochi auch schon und drängelte nun auch Miya sich zu bewegen, da er ihm mit seiner Person den Weg versperrte. „Ist ja gut!“ knurrte dieser genervt, als Satochi noch dazu überging seine Eile damit zu verdeutlichen, das er Miya leicht vor sich her schob, bis er an diesem vorbei treten konnte. „Ach und Miya-kun, ich hab meine Schlüssel bei dir vergessen, die bräuchte ich wieder.“ Zum wiederholten Male konnte man verfolgen, wie Miyas Gesichtszüge den Ausdruck von Verwirrung wiederspiegelten, als er Satochi anschaute und dieser ihn mit heiterer Selbstverständlichkeit angrinste. Ein weiterer Blick auf Tatsuro und Yukke und sämtliche Skepsis ergab sich in einem ergebenen Seufzen. Satochi hätte sich aber auch einen einfallsreicheren Vorwand aussuchen können, die beiden allein lassen zu wollen. „Verstehe.“ War schließlich alles was er dazu meinte und sich folglich ebenfalls von Yukke und Tatsuro verabschiedete, noch mit dem Hinweis versehen, das sie am Montag ausgeruht zu sein hätten, da einiges an Arbeit auf sie alle warten würde. „Und was machen wir jetzt noch?“ Yukkes Hand lag noch immer auf ihm, als er dies fragte, worauf Tatsuro sie am liebsten in die Region dirigiert hätte, die ihm gerade so unsäglich zu schaffen machte, was dann sicherlich auch Antwort genug gewesen wäre. Aber dies war definitiv der falsche Ort für solche Hinweise, also blieb ihm nichts anderes übrig, als mit den Schultern zu zucken, und abzuwarten, was Yukke darauf erwidern würde. „Vielleicht machen wir es uns auch einfach zu Hause etwas bequem. Was meinst Du?“ Auf diesen Vorschlag hin konnte Tatsuro nicht anders, als erleichtert durchzuatmen und dankbar zu lächeln. „Gute Idee.“ Es war eine ruhige Fahrt zurück zu Yukkes Wohnung, nur unterlegt vom leisen dahin dudeln des Autoradios. Tatsuro hatte sich etwas schräg in seinem Sitz platziert, so dass sein Hinterkopf an der Seitenscheibe lehnte, damit er Yukke etwas besser beobachten konnte. Ab und zu blickte dieser ihn etwas verunsichert an, sagte aber nichts und ließ ihn gewähren, um sich daraufhin weiter auf den sie umgebenden Verkehr zu konzentrieren. Eine seltsame Spannung herrschte folglich auch, als sie auf dem Parkplatz vor Yukkes Wohnung zum stehen kamen, wo sich ihre Blicke mit einem Male in einer Intensität begegneten, das Yukke fast ein sehnsüchtiges Wimmer herausgerutscht wäre, wäre Tatsuro nicht plötzlich dazu übergegangen diese Verbindung zu lösen und aus dem Wagen auszusteigen. Tonlos liefen sie auf das Gebäude zu, und sprachen auch kein Wort, als sie Stufe für Stufe das Treppenhaus hinauf stiegen. Und Yukke war sich daraufhin etwas unschlüssig, wie er die vorherrschende Situation nun zu deuten hatte. War Tatsuro irgendwie missgestimmt? Hatte er etwas Falsches getan oder gesagt? Etwas abgeschweift von seinem Vorhaben, die Tür vor der sie sich nun befanden, mit dem dazugehörigen Schlüssel öffnen zu wollen, blickte Yukke einfach nur auf das weißlackierte Holz vor sich, und gerade als er den Entschluss gefasst hatte, seine Vermutung, dass etwas wohl nicht zu stimmen schien, Tatsuro mitteilen zu wollen, spürte er dessen Präsens plötzlich so nahe bei sich, das er leicht erschrocken aufkeuchte. Tatsuro legte keine Hand auf ihn, oder schloss seine Arme um seinen Körper, er schmiegte sich einfach nur von hinten an ihn heran, was Yukke etwas irritierte. Dann nahm er Tatsuros Atem auf seiner Wange wahr und nicht mehr, als den unsichtbaren Hauch einer Berührung von dessen Lippen darauf, was kurzum das Verlangen in Yukke weckte, diese nun wirklich spüren zu wollen. Doch Tatsuro gab diesem Wunsch nicht nach, zog seinen Kopf sogar wieder ein wenig zurück, worauf Yukkes aufkommender Protest jedoch von einem innigen Kribbeln überflügelt wurde, als Tatsuro leicht über sein Ohr strich und ihm damit doch noch einen wohligen Laut entlocken konnte. Tatsuros Arme stützten sich nun links und rechts von ihm an der noch immer verschlossenen Tür ab, deswegen sich auch sein Körper näher an Yukke drängte und er diesen damit zwang, sich leicht gegen das Holz vorm sich zu lehnen. Es war eine recht intime Position, die sie hier in diesem Flur eingenommen hatten, und wo die Gefahr bestand, dass jederzeit ein Nachbar seine Tür würde öffnen können und sie somit erwischte. Yukke schluckte etwas schwer über diesen Gedanken, und das bizarre Gefühl, es als leicht anregend zu empfinden. „Ich will dich Yukke…“ raunte ihm Tatsuro daraufhin auch schon in sein Ohr, was eine unglaubliche Wärme in Yukke zum Vorschein brachte. Er spürte wie Tatsuro seine Lippen an seinen Hals legte und bedächtig an der sensiblen Haut zu nippen begann. Und Yukke kam nicht umhin es zu genießen und diesem Gefühl, durch ein gedämpftes Stöhnen Ausdruck zu verleihen. Das brachte nun auch Tatsuro dazu eine Hand von der Tür zu nehmen und sie langsam über Yukkes Seite streichen zu lassen, bis er an dessen Hüfte angelangte und sie dort unter dessen Hemd dirigierte, nur um auf der erhitzen Haut, die nun unter seinen Fingern zu spüren war, wieder nach oben zu fahren und dort mit spielerisch Ruhe Yukke Brust zu erkunden. Und Yukke merkte wie ihm diese Zuwendung zu erregen wusste, und seine Beherrschung keine allzu ungestümen Laute von sich zu geben, so dünn wie Pergament wurde. „Tat…su…ro…“ Legte es dieser wirklich darauf an, dass man sie überraschte? Es wäre ihm durchaus zuzutrauen. Und kaum, dass er diesen Gedanken zu Ende gebracht hatte, suchte sich Tatsuro Hand ihren Weg seinen Oberkörper hinab und legte sich genau auf seine sich aufbauende Erektion. Erschrocken keuchte Yukke auf, über so viel Unbekümmertheit, ihn an einem Ort wie diesen, in so intimer Weise zuzusetzen. Doch als sich Tatsuros Finger nun leicht zu bewegen begannen, war das Gefühl so einnehmend, das er ein ungezügeltes Stöhnen einfach nicht mehr unterdrücken konnte. „Tatsu…ro, wir können nicht…“ Yukke wusste selbst nicht mehr, was er formulieren wollte, als Tatsuro Berührungen immer intensiver wurden, und er sich dessen Hand schon leicht entgegen bewegte, um etwas mehr Befriedigung daraus zu gewinnen. „Es liegt an dir, wo ich dich kommen lassen soll.“ hörte er Tatsuro dunkle Stimme nun so nah an seinem Ohr, das ihn daraufhin ein herrlich, wohliger Schauer überrann. „Wenn du es schaffst, die Tür zu öffnen, dann können wir auch drinnen weiter machen.“ bot dieser schließlich an, was Yukke, in seiner derzeitigen Verfassung, nur als reichlich Mühsam empfand. Und Tatsuro ließ auch nicht von ihm ab, entlockte ihm nur immer wieder ein williges Keuchen, mit seinen so gezielten Gesten. Wie sollte er den da überhaupt etwas zu Stande bringen? Fahrig suchte er schließlich nach dem Schloss, hielt er den Schlüssel doch nun schon seit einer Weile in seiner Hand. Doch unter solchen Bedingungen, gestallte es sich als äußerst umständlich, solch einen banalen Akt, wie das Öffnen einer Tür, auch umzusetzen. Und nur durch das Aufbringen eines letzten Restes Kontrolle, gelang es ihm schließlich seine Wohnung aufzutun, worauf er auch gleich hineingeschoben, und die Tür ungestüm hinter ihnen zugeworfen wurde. Yukkes Atmung ging schwer und hektisch, als er sich nun Tatsuro zuwandte, der ihn aus verlangenden Augen betrachtete und sich dabei besinnlich durch seine lange Haare fuhr, was Yukke begierig auf seine Unterlippe beißen ließ. Er könnte Tatsuro stundenlang ansehen, ohne es leid zu werden, so sehr war er diesen verfallen. Ein rascher Griff nach vorn und Tatsuro packte Yukke am Arm und zog diesen mit sich in Richtung Schlafzimmer. In einer fließenden Bewegung beförderte er Yukke auf das Bett, wo dieser zum Liegen kam und dieser ihn aus nicht minder hungrigen Augen anblickte. Tatsuro beugte sich nun über ihn und Yukke hätte nur zu gern seine Lippen auf die Tatsuros gelegt, doch hielt dieser ihn davon ab. Mit einem schelmischen Grinsen, drückte er ihn wieder zurück in die Lagen und setzte sich nun auf dessen Hüften, was ihnen beiden ein leises Keuchen entlockte. Schließlich widmete sich Tatsuro dem Hemd das Yukke unnötigerweise verhüllte und mit gekonnten Handgriffen hatte er die Knöpfe recht zügig geöffnet und streifte es diesem nun von den Schultern. Seine Hände streichelte daraufhin über dessen Schlüsselbein, die deutlich bebende Brust, hin über dessen Seiten, immer im Blick wie Yukke auf seine Zuwendungen reagierte. Er liebte es einfach, wenn sich Yukke etwas hemmungsloser zeigte und diesen Ausdruck von innigstem Verlangen wiederspiegelte. Genüsslich ließ Tatsuro nun seine Zunge an dessen Hals entlang gleiten, strich neckend die Ohrmuschel entlang, nur um daraufhin leicht hineinzubeißen und Yukke ein erneutes Stöhnen abzuverlangen. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf die schon leicht verhärteten Brustwarzen. Hingebungsvoll ließ er seine Zunge damit spielen, reizte sie mit seinen Fingern in einem synchronen Takt, und erfreute sich am vibrieren des Körpers unter ihm. Langsam zog er seine Bahn weiter, über die Bauchdecke, weiter hinunter zu Yukkes Nabel, um den er nun ebenso seine Zunge kreisen ließ, bevor er zu leichten Küssen wechselte, die sich immer mehr nach unten bewegten und Yukke in ahnender Erwartung seine Hüften ein wenig anheben ließ. „So ungeduldig?“ wisperte er der empfindlichen Haut unter seinen Lippen entgegen, und ließ es sich nicht nehmen, provokativ über Yukkes Schritt zu streifen, und diesen deutlich wimmern zu lassen. Ohne Eile öffnete Tatsuro nun den Gürtel der Hose, ließ sich Zeit bei deren Knopf und Reißverschluss, bevor er sie gänzlich hinab- und ausziehen konnte. Die letzte Lage Stoff, die nun noch vor ihm lag, ignorierte er aber willentlich, was auch Yukke zu bemerken schien und ihn folglich flehend dreinblicken ließ. Tatsuro jedoch ließ sich nicht von seinem Tun abbringen, streichelte dafür zärtlich die Innenseite von Yukkes Oberschenkel entlang, im Wissen, das diese eher unerfüllende Nähe seiner Hände, Yukke noch ein Stück weiter den Verstande verlieren lassen würde. Schließlich kniete er sich so, dass er eines seiner Beine zwischen die von Yukke positionierte und seinen Oberkörper nur wenige Zentimeter über den von Yukke platzierte. Und Tatsuro genoss dieses Spiel, das sie beide so unglaublich erregte und die Tatsache das Yukke ihm so uneingeschränkt vertraute. Und grade, als dieser seine Arme um ihn schließen wollte, um ihn näher an sich heranzuziehen, richtete Tatsuro seinen Oberkörper wieder auf und entzog sich somit dieser Bitte. Stattdessen griffe er nach dessen Handgelenken und drückte sie neben Yukkes Kopf in die weichen Lagen. Ein inniges aufstöhnen war von Yukke zu hören, als dieser nun den Wiederstand von Tatsuros Oberschenkel gegen seine Erregung pressen spürte. Und Tatsuro verstärkte den Druck noch ein wenig, worauf sich Yukke leicht dagegen zu bewegen begann. Es war ein Bild, das auch stark an Tatsuros Beherrschung zu rütteln wusste, als Yukke unter Aufnahme eines beständigen Rhythmus sich an ihm zu reiben begann und kontinuierlich Laute des äußersten Wohngefallens von sich gab. Dieser hatte seine Augen nun geschlossen und seinen Kopf ein wenig in den Nacken gelegt, worauf sich Tatsuro nur mit großer Mühe davon abhalten konnte, sich nicht einfach auf diesen sinnlichen Mund zu stürzen, durch den der Raum mit leidenschaftlichen Klängen gefüllt wurde. Doch wollte er sich diesen Genuss noch etwas aufsparen. Yukke hob nun leicht seine Lider und suchte den Blick Tatsuros, der augenblicklich sein Verlangen wachsen spürte, als er diesen einfangen konnte. Provokativ leckte sich Yukke über die vollen Lippen, und erbaute sich an der Genugtuung, Tatsuro damit ein begehrliches Knurren entziehen zu können. „Tatsuro ich will…mehr.“ hauchte Yukke verlockend und winkelte daraufhin sein rechtes Bein soweit an, das er damit nun auch gegen Tatsuros Härte drückte und diesen erneut zu einem wohliges Seufzen animierte. Rasch befreite sich dieser nun von seinem Shirt und ließ es sich nur zu gern gefallen, als sich Yukke anbot ihm nun seine Hose öffnen zu wollen. Kurz musste sich Tatsuro gänzlich erheben, um sich diese vollständig abstreifen zu können, wobei er sich dem verlangenden Blick von Yukke jedoch nicht entziehen konnte, der da so unglaublich einladend vor ihm auf dem Bett kniete. In einer vorsichtigen Bewegung streckte dieser nun seine Hände aus, bis sie auf Tatsuros Becken zum Liegen kamen. Der schüchternen Ausdruck, den Yukke ihn daraufhin auf seinen Zügen präsentierte, war etwas das Tatsuro abermals lüstern zum Brummen brachte. Angespornt durch diesen willigen Laut, schob Yukke seine Daumen nun unter den Bund der dunklen Pants, in der sich deutlich Tatsuros Erregung abzeichnete. Mit anhaltender Verlegenheit, streifte er den geschmeidigen Stoff Stück für Stück Tatsuros Hüfte hinunter, bis schließlich nichts mehr dessen Blöße verhüllte. Es war nicht das erste Mal, das er Tatsuro vollkommen nackt sah, doch noch nie zuvor, war er diesen in solch einer, schon als obszön zu bezeichneter Position, so nahe gekommen. Er spürte die Hitze von dessen Erektion quasi schon auf seinen Lippen, worauf er, aus einem unterschwelligen Impuls heraus, seine Zunge über eben diese gleiten ließ, was auch nicht spurlos an Tatsuro vorüber ging, der ihn abwartend musterte. „Sag mir, wenn ich es nicht richtig mache.“ hörte er Yukke noch sagen, bevor sich dessen Finger positionierend um seinen Schaft legten und er kurz darauf dessen weiche Zunge zaghaft über seine Eichel lecken spürte, was ihn kurzzeitig den Atem verschlug, bevor er dieses ungemein wohlige Empfinden mit einem tiefen Stöhnen zu unterstreichen wusste. Yukkes Bemühen war spürbar unerfahren, doch mit jedem Laut der Zufriedenheit, den er von Tatsuro einfangen konnte, wurde sein Tun sicherer und gezielter. Es war der Punkt, als Yukke seine pulsierende Länge gänzlich mit seinen Lippen umschloss und diese daraufhin leicht auf und ab zu bewegen begann, der Tatsuro sagte, das er sich unter solch einer stimulierenden Zuwendung, nicht mehr lange auf seinen Beinen würde halten können. Und Yukkes Zunge agierte nun immer geschickte im Zusammenspiel mit diesen sündigen Lippen, das Tatsuro schon bald das Gefühl umfing, eine ungeheure Energie würde im innersten seines Körpers wogen, der er nicht mehr lange etwa entgegenzusetzen hätte. „Yukke…“ brachte er es nur unter einiger Anstrengung hervor, was diesen so gleich inne halten ließ. Mit unsicherem Blick, schaute dieser daraufhin zu Tatsuro auf, der reichlich darum bemüht war, sich wieder soweit zu fangen, das er auch im Stande war, die Worte zu formulieren, die ihm auf der Zunge lagen. „War es nicht gut?“ Tatsuro wusste das er mit seinem ungewollten Schweigen Yukke zu solch einer Frage animieren würde, doch war das chaotische Treiben das ihm grade inne gewohnt hatte einfach zu konzentriert gewesen, als das er ihm hätte darauf sofort antworten können. „Zu gut.“ ließ er ihn schließlich wissen, was diesen etwas irritiert drein blicken ließ. Doch noch bevor er eine weitere Frage diesbezüglich hervorbringen konnte, drückte ihn Tatsuro wieder nach hinten, sodass dieser wieder auf seinem Rücken lag. „Ich möchte noch viel mehr von dir spüren.“ Das tiefe Raunen mit dem Tatsuro ihm dies sagte, bewirkte bei Yukke ein aufgeregtes Zittern, das seinen Körper erfasste. Er kannte dieses bestimmte Gefühl von Angst, doch war das Verlangen nach Tatsuro so viel stärker, das er dieses doch recht einfach zu verdrängen wusste. Ein einwilligendes Nicken ließ Tatsuro sich zu ihm hinunter beugen, wo er begann zärtlich dessen Hals zu küssen, und Yukke fragte sich in einem winzigen Moment des Bedauerns, warum ihm Tatsuro seine Lippen verweigerte, als dieser seine Hand nun zwischen seine Beine schob und zügellos über die dort zu findende Erektion streichelte. Gekonnte suchten sich die agilen Finger ihren Weg unter den Stoff, strichen neckend über die schon deutlich feuchte Spitze und verteilten die klare Flüssigkeit durch anreizende Bewegungen, bevor sie sich fest um Yukkes Glied legten und es zu massieren begannen. Willig kam Yukke dieser Befriedigung entgegen und gab sich anstandslos diesem fantastischen Empfinden hin das man ihm bescherte, als Tatsuro sein Tun plötzlich unterbrach und seinen Blick suchte. „Yukke… ich will dich, aber ich möchte dir nicht wehtun.“ Es brauchte eine Weile, bis dieser den Inhalt von Tatsuros Aussage auch verarbeitet hatte und ihre mögliche Bedeutung sich ihm entschlüsselte. „Unter dem Bett.“ keuchte er daraufhin Tatsuro zu, der nun seinerseits etwas verwirrt zu sein schien. „Unter dem Bett…, die Kiste.“ Noch immer nicht ganz sicher, was Yukke ihm hier mitteilen wollte, streckte Tatsuro einen Arm unter das Bett und traf nach kurzem Erfühlen von Leere, auf einen Wiederstand, denn er schließlich hervorzog. Ein unscheinbarer, weißer Versandkarton fand seine Aufmerksamkeit, denn er nun neugierig öffnete und leicht zu grinsen begann, als er dessen Inhalt erfasste. Interessiert stöberte er durch das Angebot, worauf er schließlich eine der Flaschen entnahm und nach ein wenig Unschlüssigkeit, über das vorliegende Angebot, auch eines der Kondome wählte. „Du bist wirklich immer für eine Überraschung gut.“ gab er Yukke nun unter Vorhalten seiner Auswahl zu verstehen, dem augenblicklich eine deutliche Verlegenheit anzusehen war. „Ich dachte nur…, für den Fall…“ „Du bist einfach perfekt.“ Tatsuro wusste es nicht anders auszudrücken, zeigte ihm der selbstständige Einsatz seines Freundes doch, das er ein ebenso ausgeprägtes Empfinden von Verlangen hatte, wie er es tat und sich nicht nur auf solche Zweisamkeiten einließ, weil er sich ihm zu liebe dazu gezwungen sah. Eine überaus erregende Gewissheit, so musste Tatsuro feststellen, worauf er die beiden Utensilien erst einmal zu Seite legte, um sich weiter dem zu widmen, was so reizvoll vor ihm lag. Erst einmal befreite er Yukke gänzlich von dem letzten Kleidungstück, welches dieser noch trug und genoss die folgende Aussicht, die sich ihm daraufhin bot, in allen Zügen. Und er liebte es ebenso, wenn Yukke so schüchtern aussah, obwohl dieser auch eine ganz andere, so gegenteilige Seite zeigen konnte. In einer geschmeidigen Bewegung platzierte sich Tatsuro wieder über Yukke und senkte sich vorerst nur soweit zu ihm, das die Hitze ihrer beiden Körper zu einer Einheit verschmolzen, bevor er sich vollends an die weiche Haut unter sich schmiegte und jeden von ihnen ein wonniges Stöhnen entlockte. Tatsuros Gesicht vergrub sich in Yukkes Halsbeuge, als dieser seine Arme besitzergreifend um ihn schloss und sie noch näher aneinander presste. Harmonisches Keuchen erfüllte die Luft, als sie sich in einen beständigen Takt gegeneinander zu bewegen begannen und sie ihren Erektionen nur ein geringes Maß einer möglichen Befriedigung gönnten, was diesen Akt jedoch umso anheizender machte. Schließlich tastete Tatsuro auf der Decke nach der Hellgrauen Flasche, die er zuvor dort abgelegt hatte, um sich schließlich wieder etwas aufzurichten und Yukke um Erlaubnis bittend anzuschauen. Kurz schluckte dieser etwas schwer, als er Tatsuros Absicht erkannte, nickte aber dennoch zustimmend. „Ich werde so vorsichtig wie möglich sein, versprochen.“ Und Yukke wusste das er Tatsuro vertrauen konnte, doch konnte er seine ansteigende Nervosität trotzdem nicht vollends unterdrücken. Er verfolgte, wie Tatsuro den Deckel der Flasche öffnete und sich etwas von der leicht bläulichen Flüssigkeit auf seine Finger gab. Und dann, mit einem Male, lagen Tatsuros Lippen auf den seinen, luden ihn zu einem leidenschaftlichen Spiel ein, dem Yukke nur allzu willig folgte, und welches ihn seine Anspannung gänzlich vergessen ließ. Tatsuro Küsse waren impulsiv aber dennoch so überwältigend, das Yukke einfach nur immer mehr davon wollte. So entging ihm auch, wie dieser vorsichtig seine Finger positionierte und erst als er einen ungewohnten Wiederstand an seinem Eingang spürte, kam die Situation ein Stück weit wieder in sein Bewusstsein. Aber wie schon zuvor, war die Begierde mehr von Tatsuro zu wollen überwiegender und machte es ihm ein wenig einfacher das Unbekannte zuzulassen. Behutsam kreiste Tatsuros Finger um den empfindlichen Muskelring, bevor er langsam darin eindrang, immer darauf bedacht, es nicht zu unangenehm für Yukke werden zu lassen. Und es war wahrlich ein befremdliches Gefühl, das diesen daraufhin durchzog, doch er wusste aus seinem hilfreichen, kleinen Buch heraus, das er sich bei diesem Vorgang nicht verkrampfen sollte, selbst wenn es ihn ein drängender Impuls befahl. Also suchte er sich seine Ablenkung im innigen Spiel ihrer Lippen und Zungen und empfand nach einer Weile, dass der fremde Eindringling, zwar noch immer etwas ungewohntes vermittelte, es jedoch durchaus möglich war, sich diesem Gefühl anzupassen. Und als Tatsuro sich leicht in ihm zu bewegen begann, war der Drang sich irgendwann diesem Rhythmus hinzugeben, fast schon automatisch erfolgt. Tatsuro wagte es daraufhin, die nächste Stufe anzustreben, und war sichtlich erleichtert, als sich Yukke auch darauf recht gut einzustellen verstand. Es wurde etwas unangenehmer, als sich schließlich drei der fünf Finger Tatsuros in ihm befanden. Und Yukke dankte es diesem ehrlich, dass er ihm die Gelegenheit einräumte, sich etwas länger daran gewöhnen zu können, bis er ihm schließlich wissen ließ, dass es in Ordnung wäre diese zu bewegen. Und Yukke war überrascht, als er das Empfinden wahrnahm, wirklich Gefallen daran finden zu können, was ihn sich sogar nach einer Weile nachdrücklicher dagegen schieben ließ, und Tatsuro den Versuch einging, ebenso etwas passionierten zu agieren. Das kurz darauf zu hören Stöhnen, das ihm Yukke schenkte, als er einen gewissen Punkt in ihm getroffen hatte, ließ auch in Tatsuros Kehle ein dunkles Knurren entstehen, und steigerte sein Verlangen, nach mehr nur noch um ein weiteres. „Darf ich…?“ wisperte er schließlich rau gegen Yukkes dunklen und vollen Lippen, der diese Bitte folglich mit einen kurzen Nicken erwiderte. Behutsam zog Tatsuro seine Finger zurück und griff nun nach dem Kondom, das er sich recht geschickt überzuziehen wusste, gefolgt von dem Gel, das er in einer großzügige Menge auf seinem Glied verteilte und welches bei dieser seiner Zuwendung nur noch sehsüchtiger nach Befriedigung verlangte. Konzentriert positionierte er sich nun zwischen Yukkes Beinen, was seinen Puls, bei dem Gedanken an das Bevorstehende, nur noch hektischer zum Schlagen brachte. Und Yukke schien es nicht anders zu ergehen, spiegelte sich auf dessen Zügen nun doch etwas Anspannung wieder. „Warte.“ meinte dieser daraufhin auch schon, worauf Tatsuro ein Wink von Enttäuschung heim suchte, er sich aber trotzdem damit abgefunden hätte, würde Yukke es sich doch noch einmal anders überlegt haben. Doch war alles was er verfolgen konnte, wie dieser sich nun auf seinen Bauch drehte, und sich daraufhin auf allen Vieren wiederfand. „Ich möchte es so versuchen.“ Und Tatsuro musste zugeben, das ihn diese Position wirklich noch mehr an zumachen wusste und er sich doch ein wenig zurückhalten musste, nicht zu ungestüm zu werden. Sanft legte er seine Hände auf Yukkes Hüften, als er sich hinter diesen kniete und sich vorsichtig in diesen schob. Yukke spürte sofort, dass es diesmal ein viel penetranteres Gefühl mit sich brachte, als Tatsuros Vorbereitung ihm vermittelte hatte, doch suchte er sich die innere Ruhe zusammen, die es ihm einfacher machen sollte es zu ertragen. Ein deutliches Zischen rutschte ihm jedoch über die Lippen, als ihn ein zu schmerzliches Empfinden übermannte, was Tatsuro besorgt inne halten ließ. „Soll ich aufhören?“ erkundigte er sich wider dem Drang, sich einfach weiter nach vorn zu schieben, war dieser Effekt den er grade wahrnahm doch so ungemein verführerisch. „Schon OK. Ich muss mich nur erst einmal daran gewöhnen.“ Das leichte Japsen in Yukkes Stimme zeigte klar, dass es für diesen wirklich eine recht anstrengende Situation sein musste, und Tatsuro hoffte, das er Yukke dieses Gefühl würde wieder nehmen können, hätten sie erst einmal das Unangenehmste überstanden. Also verharrte Tatsuro geduldig, bis ihm Yukke ein Zeichen gab, das er sich weiter wagen durfte. Die Enge die ihn daraufhin Zentimeter für Zentimeter umfing, ließ Tatsuro wirsch auf seine Unterlippe beißen, es fühlte sich so unglaublich gut an, das er sich nur zu gern etwas zügelloser bewegen wollte, doch ging ihm Yukkes Wohlergehen eindeutig vor. Das tiefe durchatmen, das dieser von sich gab, und ihm wohl zur Entspannung dienlich sein sollte, verklang nun langsam und Tatsuro entkam nur ein überraschtes Keuchen, als Yukke sich plötzlich übergangslos auf ihn drängte, bis er schließlich gänzlich in diesem versunken war. Eine Weile herrschte andächtige Bewegungslosigkeit, bis sich Yukke achtsam zu rühren begann. Und Tatsuro ließ es sich gefallen, wusste er doch, das Yukke somit selbst bestimmen konnte, wie er am besten mit diesem neuen Gefühl zurechtkommen konnte. Ein brünstiges Stöhnen zeigte Tatsuro, das sich Yukke wohl gänzlich an diese Situation gewöhnt haben musste, worauf er sich nun ebenfalls zu bewegen begann und Yukkes Stößen somit entgegen kam. Verlangend gaben sie sich, den jeweils zu erlebenden und intensiven Empfindungen hin, die ihre leidenschaftliche Verbindung in ihnen auslöste, und doch nicht genug zu sein schien. Yukkes Finger hatten sich haltsuchend in die weißen Lagen gekrallt, um somit den gewünschten Widerstand zu Tatsuros impulsiven Bewegungen zu bieten, die ihn so zu fesseln in Stande waren. Frenetisch erhöhte sich der Rhythmus ihrer Körper gegeneinander, gepaart mit dem wollüstigen Lauten die sie noch weiter anzuspornen wussten. Tatsuros Stimme zu hören, getränkt mit dieser immensen Lust fachte Yukkes Leidenschaft bis zu einem kaum vorzustellenden Masse an, das er glaube dieser Wucht der Gefühle, die sie ihm vermittelte, nicht mehr lange gewachsen zu sein. Und doch wollte er noch so viel mehr. Mehr von Tatsuro. Und Tatsuro verinnerlichte sich diesen Moment den sie gerade miteinander teilten in all seinen Frequenzen, er wollte jede Sekunde davon in sich aufbewahren, sich vollends mit dem Menschen vereinen den er so unbeschreiblich liebte. Doch so sehr Tatsuro ihre Position aus zu befriedigen wusste, so fehlte ihm noch etwas zur Vollkommenheit dieses Aktes. Unter Aufbringung großer Willenskraft, zog er sich folglich aus Yukke zurück, was diesen ein empörtes Wimmern entlockte. „Dreh dich um…“ befahl ihm Tatsuro daraufhin in einem verlangenden Ton, dem Yukke auch sogleich Folge leistete. Gekonnte legte Tatsuro das eine Bein von Yukke auf seiner Schulter ab, damit dieser sein Becken in einem günstigen Winkel zu ihm anheben konnte und er sich erneut in dessen herrlichen Enge versenken konnte. Somit war es ihm auch endlich möglich, seinen Mund auf den von Yukke zu pressen, der sich nicht minder in diesem folgenden und ungehemmten Spiel ihrer Zungen zu verlieren schien. Und Tatsuro ergötzte sich nur zu gerne daran, wenn Yukke sich, unter süchtigem Stöhnen, ihm endgegenbäumen, wenn er abermals dieses sensible Bündel an Nerven in ihm getroffen hatte. Jedoch preschte sein Orgasmus mit einem Male so unaufhaltsam heran, das es Tatsuro grade so noch möglich war, seine Hand zwischen sich und Yukke zu schieben und sie um dessen Erektion zu schließen, um diesen in einen wilden Takt mit sich zum Höhepunkt treiben zu können. Und Yukkes Stöhnen wurde noch inbrünstiger, als er spürte wie sich Tatsuros Finger um seine Länge legten, welche unter dieser Zuwendung noch verlangender zu pulsieren begann und Yukke zielsicher zum Gipfel seiner Begierde trieb. Tatsuro spürte seinen Höhepunkt in solch einer immensen Wucht über sich hereinbrechen, das sein Körper und sein Geist nicht im Stande schienen, diese Explosion vollends verarbeiten zu können, so losgelöst fühlte er sich mit einem Male. Und seine Befreiung wohnte noch etwas mehr an Intensität inne, als er verfolgen konnte, wie auch Yukke sich in einem wohligen Schauer über seine Hand ergoss und dabei so unglaublich sinnlich anmutete. Ziemlich kraftlos tauschten sie noch einen innigen Kuss, bevor sich Tatsuro aus ihm entfernte und sich zufrieden grinsend neben ihn rollte. „Das schreit definitiv nach einer Wiederholung.“ gab er daraufhin noch immer etwas atemlos von sich, worauf sich ein erschöpftes Lächel auf Yukkes Lippen legte. „Bedenke aber, dass ich auch nicht mehr der Jüngste bin. Miya wäre sicherlich nicht begeistert von der Tatsache, wenn ich keine Energie mehr für etwas anderes übrig hätte.“ witzelte er daraufhin amüsiert, was Tatsuro dazu animierte sich nun wieder etwas aufzurappeln und sich leicht über Yukke zu beugen und ihn erneut zu küssen, bevor er mit einem breiten Grinsen wieder von ihm abließ. „Es ist keine Frage des Alters, mein lieber Yusuke“, neckte er diesen daraufhin schelmisch“, sonder eine Frage der Ausdauer. Und mir scheint, das wir daran ruhig noch etwas arbeiten sollten.“ Epilog: Thinking of you makes me feel like... --------------------------------------------- Es ist nicht die Nacht die mein Herz so euphorisch tanzen lässt, sondern deine Wärme unter meinen zitternden Fingern Dich zu erreichen, war mein innigster Wunsch, dahingelebt zwischen den Normen verwelkender Tage, verloren im Nebel einer falschzüngigen Illusion Doch du hast mir verziehen Eine Gedanke ohne Sünde, worin liegt der Wert eines blütenweißen Selbst, wenn alles im sterilen Licht ertrinkt? Meine Suche nach vollkommener Erlösung, kreuzte so oft deinen Weg, für diese zusammengekauerten Sekunden war meine Universum bereitwillig dem verlöschen nah Du lächelst im Schlaf, denkst du an mich? Für diesen Himmel würde ich sterben…leben, wo auch immer ich dich zu finden vermag Das Schwarz das an meinen Händen klebt verschmolzen mit dieser unschuldigen Nacht, dir macht es nichts aus, du suchst ihren Halt Für deine Unschuld, zahle ich mit dem mir ehrlichsten Gefühl, das dieses schmutzige Herz, in seiner blechernen Kiste, im Stande ist sich vorzustellen Meinen Stolz für deine Liebe, ich schenkte ihn dir, vernarbt vom einstigen Wälzen in dorniger Arroganz Du lächelst mir zu, und schließt ihn für mich fort Sollte ich jemals vergessen, welche Farbe die Zukunft trägt, rufe die Einsamkeit in mir zurück Das zähflüssige Rot ihrer Trauer erstickte mich zu oft, als das ich ihre Kratzen ignorieren könnte Das Etikett auf dem Glass, das mein Leben in sich konserviert, trägt nun deinen Namen, sag mir dass ich wieder atmen soll, und nur für dich lerne ich diesen Instinkt erneut Du bist der Hüter meiner obszönen Existenz Ich danke dir für Alles In deinen Augen spiegelt sich das ewige Versprechen, das niemand dir je mehr bedeuten wird, als meine sich darin verlierende Reflektion Hörst du das Singen meines freudetrunkenen Herzens? Meine Liebe ist für dich Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)