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Deine Ehefrau

für Deryan
von

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Gefangen im goldenen Käfig.

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Ich konnte spüren, wie mein Herz zerbrach, erst in zwei und dann in tausend Stücke.
 

Denn da war er wieder, dieser Blick, mit dem er sie ansah.
 

Sehnsüchtig, verliebt, so wie er mich nie ansehen würde. Meine Hände griffen in den Saum meines hellen, grünen Kleides. Ich hatte es extra für heute anfertigen lassen, nur für ihn. Es ließ die Schultern frei, gab einen herrlichen Ausblick auf meinen nackten Rücken und hatte einen schwingenden Rock, ich liebte es, genauso wie ihn.
 

Meinen Ehemann.
 

Musik drang an mein Ohr und ich bemerkte, dass ich ihn noch immer beobachtete. Er unterhielt sich mit einem seiner Geschäftsfreunde und doch glitt sein Blick immer wieder zu ihr. Ich schluckte hart und wendete mich schweren Herzens ab.
 

Um mich herum vernahm ich nur heitere Gesichter. Der Ball meiner Freundin Padme schien ein voller Erfolg zu werden. Das große Anwesen, welches ihr gehörte seit sie geheiratet hatte, glänzte, doch es war mir egal. In eleganten und langsamen Schritten, so wie ich es gelernt hatte, schritt ich durch die tanzende Menge. Am Damentisch blieb ich kurz stehen, um meinen Fächer vom Tisch zu nehmen und spürte, dass Padme mich fragend ansah, doch ich lächelte nur. Die anderen Frauen schwatzen munter weiter und bemerkten noch nicht einmal, dass ich mich wieder vom Tisch entfernte.

Zum ersten Mal seit meiner Ehe war ich froh, dass Bälle dieser Art in großen Herrenhäusern stattfanden. Der Luxus und die Eleganz, welche von allen Seiten strahlte, ob es die kostbar bemalte Decke war oder der aus Marmor glänzende Boden, lenkte von all den Unwichtigen Dingen ab.
 

Mich zum Beispiel.
 

Lachen dran an mein Ohr, doch es erreichte mein Innerstes nicht. Starr starrte ich geradeaus und ließ den lauten Festsaal hinter mir. Die bodengroßen Fenster des Tanzsaals waren geöffnet worden und ich trat nach draußen auf den großen Balkon. Ein leichter Wind kam auf und jagte mir eine Gänsehaut über die nackte Haut der Schulternblätter. Unbeeindruckt trat ich an das Geländer und sah über die saftige Wiese, bis hin zum angrenzenden Wald, der dunkel und bedrohlich wirkte. Meine Füße bewegten sich wie von selbst, als ich am Geländer entlang ging. Die linke Hand fuhr sachte über den weißen Stein, bis ich den Anfang einer Treppe erreichte. Ich nahm gar nicht wahr, wie ich die Stufen hinter mir ließ, die Wiese überquerte, magisch angezogen von der Dunkelheit, die der Wald versprach. Über mir überzog eine graue, dünne Schicht den hellen, blauen Himmel.
 

Erst als ich das Gras unter meinen Füßen verließ und den weichen, nachgiebigen, dunklen Boden spürte, war ich zum ersten Mal an diesem Abend in der Lage klar zu denken. Ich atmete tief durch und versuchte den Klos in meinem Hals zu unterdrücken. Während ich nach vorne sah und den dichten Wald vor mir ausmachte, kam unweigerlich der Wunsch in mir hoch, einfach zwischen all den Büschen und Bäumen zu verschwinden. Ins Unterholz kriechen zu können und nie wieder heraus zu kommen. Unaufhaltsam setzte ich einen Fuß vor den anderen und wagte es nicht, inne zu halten, aus Angst irgendwann stehen zu bleiben. Denn ich wollte nicht mehr zurück, wollte weg, ganz aus diesem Leben verschwinden.
 

Aus meinem Leben – was meine Familie als unverzeihlich ansehen würde.
 

Schließlich war ich eine Malfoy, geborene Greengrass und sollte nach Stolz und Würde handeln. Doch ich besaß keinen Stolz mehr und schon lange keine Würde. Ich war kaum 20 Jahre alt und wusste bereits jetzt schon, dass mein Leben zu Ende war. Seit dem Tag, an dem ich mich in meinen Ehemann verliebte, war mir bewusst geworden, dass ich verloren war.

Draco Malfoy, war der erste Junge in Hogwarts, der es geschafft hatte, dass ich zum ersten Mal einen bedeutenden Unterschied zwischen Jungen und Mädchen sah. In meinem vierten Schuljahr hatte ich angefangen, ihm heimliche, verstohlene Blicke zuzuwerfen, doch er bemerkte nicht einen von ihnen. Ich war unsichtbar für ihn. Bis zu meinem 17ten Geburtstag. Nie würde ich den Abend vergessen, als meine Schwester uns einander vorstellte. Vollkommen überrumpelt von seinem attraktiven Erscheinungsbild, hatte ich wie ein stotternder Trottel vor ihm gestanden und kaum ein vernünftiges Wort herausgebracht.
 

Bekleidet in einem schlichten schwarzen Anzug hatte er nur gelächelt und mir zum Geburtstag gratuliert. Eine ungewohnte Röte hatte meine Wangen überzogen und ich hatte versucht möglichst selbstsicher zu wirken, was mir in meinem albernen hellblauen Kleid damals sichtlich schwer gefallen war. Schließlich war ich für ihn noch ein halbes Kücken gewesen, seine damalige Freundin an seiner Seite hatte es mir bewiesen und mit Freude unter die Nase gerieben. Ich hatte es mir Würde ertragen und versucht mich darüber zu freuen, dass er zu meiner Party gekommen war. Damals sagte ich mir, dass es der schönste Geburtstag meines Lebens gewesen sei, doch dass war er nicht. Im Nachhinein war mir klar geworden, dass dieser Abend der Beginn meines Verderbens gewesen war. Die schwärmerischen Gefühle verwandelten sich in echte Liebe. Wir trafen uns immer wieder, auf Partys, Bällen oder auf Veranstaltungen und jedes Mal kamen wir ein wenig näher in Kontakt.
 

Kontakt, den ich hätte vermeiden sollen, doch nun war es zu spät.
 

Einer meiner grünen Schuhe blieb in der Erde stecken und ich ließ den Schuh sein und schlüpfte heraus, den zweiten streifte ich ebenfalls ab und genoss es, Barfuss die weiche Erde unter meinen Füßen zu spüren. Trotz des Verlustes meines Schuhwerks ging ich weiter. Ein Lächeln huschte über meine roten Lippen, denn ich musste daran denken, wie angewidert Pansy Parkinson die Nase über mein Verhalten gerümpft hätte. Natürlich, sie wäre die Perfekte Ehefrau für meinen Gatten gewesen, denn sie besaß all das, was eine Mrs. Malfoy hätte vorweisen müssen. Und doch hatte Draco an dem Silvesterabend, als ich gerade einmal 19 Jahre alt geworden war, überraschenderweise um meine Hand angehalten.

Damals hatte ich, naiv wie ein kleines Mädchen, angenommen, obwohl er mich bis dahin noch nicht einmal geküsst hatte. Wie dumm war ich, zu glauben, er würde dieselben Gefühle für mich empfinden, wie ich für ihn. Dass es ihm dabei nur um das reine Blut meiner Familie und ihren guten Namen ging, hätte ich mir denken können, doch ich tat es nicht. Zu sehr nahmen mir meine Gefühle für ihn, die klare Sicht. Ein schrecklicher Fehler, den ich mir niemals verzeihen werde.

Verbitterung stieg in mir auf, als ich an den schönsten Tag in meinen Leben zurückdachte.
 

Meine Hochzeit.
 

Alles hätte so wunderschön sein können. Das Kleid war ein Traum, die Anzahl der Gäste gigantisch, das geschmückte Malfoy-Anwesen glich einem Märchen und mein Ehemann hätte der perfekte Prinz an meiner Seite sein können, wenn ich niemals erfahren hätte, was er mit dieser Ehe bezwecken wollte. Natürlich, der Name Malfoy hatte im Krieg gegen den dunklen Lord gelitten, wogegen die Familie Greengrass nach dem Krieg in die obersten Reihen der englischen Zaubergesellschaft aufgestiegen war. Wie in einem Traum hatte ich das Märchen der dummen Prinzessin gelebt. Hatte nicht wahrhaben wollen, dass mein Leben eine einzige Lüge war, eine Lüge, die Draco gewissenhaft aufbaute und mich glauben ließ, er würde dasselbe schöne Leben führen, wie ich.
 

Ich ließ den kostbaren Fächer fallen, den er mir zu unserer Hochzeit schenkte. Er war mein ganzer Stolz gewesen, denn nach den Aussagen meiner Freundinnen, war er einzigartig aus Indien, nur für mich hergestellt worden. Sie hatten mich neidisch angesehen und gehofft in nicht all zu weiter Ferne ebenfalls einen Gatten zu bekommen, der sie mit Kostbarkeiten verwöhnte. Der Fächer blieb aufrecht in der Erde stecken, doch es scherte mich nicht. Ich zog die weißen Handschuhe aus und ließ auch diese achtlos fallen. Ob sie aus feinster Seide waren oder nicht, es war mir egal. All dieser Luxus, all diese Geschenke waren nur dazu da gewesen, um sein schlechtes Gewissen mir gegenüber zu betäuben, doch das schlimmste war, ich konnte es ihm noch nicht einmal verübeln. Als Draco zum ersten Mal mit mir geschlafen hatte, war ich voller Angst gewesen, doch er hatte sie mir mit einem einzigen Kuss genommen. Seine Hände, seine Gesten, all das ließ mich Spüren, dass ich für ihn etwas Kostbares war, dass er niemals verlieren wollte. Eine weitere Lüge, die meinem Herzen die ersten Risse zufügte. Und je länger und mehr ich ihn kennen lernte, umso mehr spürte ich, dass es in seinem Leben eine Frau gab, der gehörte, was mir zustand.
 

Seine Liebe.
 

Zum ersten Mal fiel es mir auf, als ich ihn von unserem Ehebett aus beobachtete, wie er an einem sonnigen Morgen auf den Balkon trat und in die Ferne sah. In seinem Blick lag etwas, was mir bis dahin vollkommen fremd an ihm war. Etwas wie Wärme, Sehnsucht und Leidenschaft. In mir war eine unendlich große Wut aufgestiegen, hatte mich in Besitz genommen und wollte dafür sorgen, dass er diese Frau vergas. Mit allen Mitteln versuchte ich meine unbekannte Nebenbuhlerin auszustechen und gleichzeitig herauszufinden, wer sie war. Ich verbog mich, nur um ihn halten zu können. Las ihm all seine Wünsche von den Augen ab, begleitete ihn auf jede gehasste Veranstaltung, tat, was er verlangte und verführte ihn sooft ich konnte. Doch jedes Mal, wenn ich unter ihm lag und ihn in mir spürte, wusste ich, dass er nicht an mich dachte, sondern an die Frau, die er liebte.
 

Und das war ich nicht.
 

Ich löste die Diamantenstecker aus meinem Ohrläppchen und warf sie über meinen Kopf hinweg, ebenso, wie die schwere breite Kette um meinen Hals. Was sollte ich damit, glücklich werden konnte ich mit Geld und Reichtum sowieso nicht. Müde rieb ich mir mit der Hand über das Gesicht und unterdrückte aufkommende Tränen. Warum hatte es auch nur so lange gedauert, bis ich begriff, wer die Frau in den Träumen meines Mannes war?

Warum hatte ich nicht direkt aufgeben, sondern habe es drauf angelegt mich zu verkaufen und für etwas zu kämpfen, was sowieso keinen Sinn hatte. Denn schließlich würde ich niemals gegen Sie ankommen, ganz egal, wie sehr ich es versuchen würde.
 

Hermine Granger war eine großartige Frau, eine Frau, die sogar ich für ihren Mut, ihre Intelligenz und ihre Herzlichkeit beneidete und akzeptierte. Sie war schön, hatte einen wunderbaren wohlgeformten Körper, wie eine Blues Sängerin im roten Abendkleid, volle Lippen, glänzende hellbraune Augen und Haar, das im halbdunklen aussah wie schimmernde Bronze. Ihre Haut hatte den Ton von Karamell und ihre Stimme klang wie Musik in den Ohren eines jeden Mannes, wenn sie lachte. Da konnte ich nicht mithalten. Ich war klein, sehr klein, besaß keinen wohlproportionierten Körper, sondern war zierlich und hatte eine Haut wie Schnee. So als hätte sie noch nie das Sonnenlicht gesehen. Meine dunkelblauen großen Augen glänzten nicht so bezaubernd wie ihre, sondern verkörperten eine Tiefe, wie die eines Sees. Früher war ich stolz darauf gewesen, doch jetzt schämte ich mich nur noch dafür.
 

Als ich Hermine Granger auf einer Feier des Ministeriums ansässig des Friedens begegnete und den Blick meines Mannes auf ihr ruhen sah, war der Boden unter meinen Füßen in zwei gerissen und ich war in eine unendliche Finsternis gestürzt. Höflich hatten sie einander begrüßt und dabei hatte mein Verstand begriffen, dass sie es hätte sein sollen, die neben ihn stand, nicht ich. Niemand hätte perfekter zu Draco gepasst, als sie. Sie hätte die Anforderungen meiner Schwiegereltern erfüllt, ohne sich dafür anstrengen zu müssen. Die Etiketten und Traditionen der Familie Malfoy wären für sie kein Hindernis gewesen, ebenso wenig die Bewältigung von Bällen, Pflichtveranstaltungen und unendlich lange Treffen mit Geschäftspartnern Dracos. Sympathien zu sammeln lag in ihrem Charakter, ihr offenes Lächeln, ihre Fröhlichkeit und Aufgeschlossenheit hätten ihr dabei geholfen. Ich dagegen war schüchtern, unsicher und brauchte meine Zeit, bis ich auf jemanden zugehen konnte, ohne Angst davor zu haben, mich zu blamieren. Eine Stimme in meinem Kopf schrie mir an jenem Abend unmissverständlich zu, dass Draco sie durchaus geheiratet hätte, wäre sie keine Muggelgeborene und hätte der Stand der Malfoys anders ausgesehen. Sein glücklicher Gesichtsausdruck, ließ mich stumm und heimlich weinen. So heftig und hemmungslos, dass mein Tränenfluss Stunden lang kein Ende genommen hatte. Es war wie eine Welle der Trauer, der Scham und ein Ekelgefühl gegenüber mir selbst gewesen.
 

Kalter Wind fegte über meinen Körper und ich löste die ersten Haarnadeln aus meiner kunstvollen Hochsteckfrisur. Eine nach der anderen und sanft fiel meine braune gewellte Mähne über meinen Rücken, bis auf meine Taille. Einst hatte ich mein dichtes und volles Haar geliebt, es sorgfältig gepflegt und alles dafür getan, dass der seidige Glanz erhalten blieb. Doch jetzt wäre es mir sogar egal gewesen, ob man es mir bis auf die Schultern gekürzt hätte oder es wie kurze Stoppeln vom Kopf abstand. Der Wind spielte mit meinen Strähnen und ich fuhr mit meiner rechten Hand durch meine Mähne, während meine linke die teueren, mit glitzernden Steinchen besetzten Nadeln, auf dem Boden zerstreute. Mir war alles egal geworden, auch als Draco die kommenden Monate mit mir schlief und ich tief in meinen Inneren wusste, an wen er dachte. Jedes mal, wenn er mich mit einer zärtlichen Geste berührte, starb etwas in mir. Zuerst nahm ich es nicht wahr, doch Stückchen für Stückchen verwandelte sich etwas in mir in eine leere, hohle Hülle.
 

Mein Herz.
 

Es zerbrach in tausend Teile, die Risse, die sich im Laufe der Monate ergeben hatten, hatten es geschafft, das Wertvollste was ich besaß zu zerstören. Nein, ich nahm es meinem Ehemann nicht übel, hasste ihn nicht dafür, dass er mich nicht liebte, sondern hatte sogar noch Mitleid mit ihm. Denn er war an eine Frau wie mich gebunden. Und nicht, an die, der seine Gedanken und all seine Liebe gehörten. Ich war es, die sich schämen sollte für ihre Naivität, nicht er für seine Kaltherzigkeit. Draco war alles, vielleicht ein wenig egoistisch, gehässig oder arrogant, doch niemals regierte die Kälte über ihn. Er besaß ein gutes Herz, das er zwar nur wenig zeigte, aber es war vorhanden. Und genau das liebte ich an ihn. Er musste tun, was für den Namen Malfoy am besten war und das war nun einmal eine Verbindung mit mir. Seine eigenen Bedürfnisse hatte er selbstlos aufgegeben und sich ganz seiner Verpflichtung hingegeben. Eine Selbstlose Tat, die mich glauben ließe, es läge ihm etwas an mir.

Über mir donnerte es und ich stolperte leicht. Die ersten Regentropfen fielen auf die Erde und innerhalb von Sekunden prasselte ein kalter Regenschauer auf mich herunter. Mein Kleid saugte sich mit Wasser voll, wurde schwer und klebte an meinen Beinen. Dass lange dunkle Haar verlor seine Leichtigkeit und die Wellen verschwanden. Unwillkürlich blieb ich stehen und bemerkte meinen heftigen Atem.
 

Wie lange war ich gelaufen?
 

Ich wusste noch nicht einmal, wo ich mich befand. Um mich herum sah ich nur Wald und Dunkelheit. Doch erneut interessierte es mich nicht. Meine Lunge schmerzte und ich versuchte mich zu beruhigen. Ich schloss die Augen und atmete das frische Moos und den fremden Geruch von Erz und Wald ein. Es war so unwirklich, dass ich mich beinahe fragte, ob ich es tatsächlich gewagt haben sollte, das Anwesen von Padme zu verlassen, ohne ein Wort zu sagen und ohne meinen Zauberstab mitzunehmen. Ich war nicht auf Magie angewiesen, ich würde auch so verschwinden können, ohne dass mich jemand vermissen würde. Mein Atem ging ruhiger und ich schritt weiter. Unter meinem rechten Fuß schmerzte etwas und mir wurde bewusst, dass ich in etwas getreten war, das mich verletzt hatte. Doch so schnell der Schmerz gekommen war, genauso schnell klang er auch wieder ab. Müde und merkwürdig erschöpft vom langen laufen, blieb mein Blick schließlich an einem großen umgekippten Baum hängen. Ich stieg über den Stamm und ließ mich auf dem nassen, weichen Boden nieder. Kraftlos berührte mein Kopf die Erde und ich zog die Beine zum Körper. Es war als würde ich mich nach einem langen, anstrengenden Tag zu Bett begeben.
 

Mein Kleid klebte mit jeder Faser an meinem Körper und das Prasseln des heftigen Regens sorgte dafür, dass meine Haut schmerzte. Regungslos blieb ich hinter dem Baumstamm liegen und sah müde auf meine weißen, schmalen Hände. Stumm lauschte ich den Geräuschen des Waldes und meine Augen wurden schwerer und schwerer. Wie ein leises Klavierspiel schien der Regen mich in den Schlaf zu wiegen. Mein Körper wurde taub und kurz darauf spürte ich ihn schon gar nicht mehr. Ich dachte daran, wie gerne ich doch aus meinem goldenen Käfig ausgebrochen wäre, doch niemand hätte mir dabei geholfen. Meine Eltern hätten es als Schande angesehen, wenn ich Draco verlassen hätte. Daphne interessierte sich nicht für mich. Meine Schwiegereltern hassten mich und richtige Freunde hatte ich nicht. Niemand hätte mir geholfen, oder mich aufgenommen. Mit viel Kraftaufwand schaffte ich es, die Arme um meinen kalten Oberkörper zu schlingen und krümmte mich zusammen, wie ein Kind, dass Angst im Dunklen hatte. Meinen Stolz hatte ich verloren, als ich versucht hatte mit Hermine Granger mitzuhalten. Meine Würde hatte sich verabschiedet, als ich mit Draco geschlafen hatte, obwohl ich wusste, dass er mich nicht liebte.
 

Schwerfällig schloss ich meine Augen und lauschte meinem Herzschlag. Ich wollte verschwinden, wie Nebel, als wäre ich nie da gewesen. Und dabei würde ich etwas mitnehmen, etwas, was mit mir keine Zukunft hatte, schon gar nicht mit meinem Blut in seinen Adern. Das Kind, das in mir wuchs würde nicht glücklich werden. Ich konnte ihm kein sicheres und harmonisches Zuhause geben, keine liebevolle Mutter sein und für es sorgen, wenn ich dabei immer daran denken müsste, durch was für einen Umstand sein Leben entstanden war. Ich wurde es mitnehmen in eine Welt, die hoffentlich um einiges besser sein würde, als die, in der ich jetzt lebte. Es würde ganz schnell und schmerzlos sein. Der Schlaf überfiel mich und ich gab mich der Schwärze um mich herum hin, in der Hoffung nie wieder die Augen aufschlagen zu müssen, um die grausame Realität wieder zu sehen. Ein zartes und trauriges Lächeln glitt über meine blassen Lippen.
 

Ich wünschte mir, dass ich starb…
 

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Wärme kroch in mir hoch, sanftes Licht vertrieb die Schwärze um mich herum. Ganz langsam und zögerlich. Erleichterung breitete sich in meinem Magen aus und beflügelte mich. Ich fühlte mich seltsam gelöst und ließ mich vollkommen fallen. Ohne es zu leugnen, musste ich zugeben, dass es mir dort, wo ich jetzt war, besser gefiel, als in der Realität. Die Wärme tat mir gut und ich wollte die Augen öffnen um eine klare Sicht zu bekommen. Wie nach einem langen Winterschlaf brauchte ich mehrere Anläufe um meine schweren Lider zu heben. Im ersten Augenblick drehte sich alles um mich herum, doch dann klärte sich meine Sicht und mit einem brutalen Schlag in die Magengrube erkannte ich das Schlafzimmer, dass ich mir mit Draco auf Malfoy-Manor teilte. Mein Herz setzte kurz aus und sofort legte sich ein unheimlich schwerer Stein auf meine Brust, welche sich unregelmäßig hob und senkte. Schwerfällig sah ich auf das weiße, Spitzenbesetzte Nachthemd, das einzige, was mir von meiner geliebten Großmutter geblieben war. Meine Haut glühte leicht und mein Kopf brummte.
 

Wie kam ich hier her?

Wer hatte mich gefunden? Fragen über Fragen rauschten durch meinen Kopf und ich schluckte leicht, um meine schmerzende Kehle zu erlösen. Mein langes Haar war zu einem lockeren Zopf geflockten und ich sah leicht nach rechts. Die schweren, dunklen Vorhänge versperrten mir die Sicht nach draußen, nur dicke weiße Kerzen erhellten den Raum. Drei von ihnen standen auf meiner Nachtkonsole, während fünf weitere Platz auf meinem großen Schminktisch gefunden hatten und sich im Spiegel widerspiegelten. Angst stieg in mir auf und gleichzeitig Ohnmacht und Scham. Warum hatte man mich gefunden, ich war doch so weit ich konnte gelaufen und hatte versucht, dass niemand meine Abwesenheit bemerkte. War ich noch nicht einmal in der Lage zu sterben, ohne dass es mir misslang? Es kostete mich viel Kraft die schwere, dicke Decke von meinem Körper zu schieben und meine Füße auf den weichen Teppich zu setzen. Meine Umwelt verschwamm leicht, als ich meinen Oberkörper erhob und mich an meiner Nachtkonsole festhielt. Wie lange war ich schon hier? Wie viel Zeit war vergangen, seit ich im Wald die Augen geschlossen hatte?
 

Ich musste hier weg und zwar so schnell ich konnte. Meine Ohren vernahmen das knistern des Feuers, also musste der Kamin an sein. Ich verzichtete aus Anstrengung heraus, nach dem Feuer zu sehen und erhob mich. Zuerst schwankte ich leicht, doch als sich meine Beine wieder daran gewöhnt hatten zu stehen, setzte ich vorsichtig einen Fuß vor den anderen. Unsicher trat ich um das große Eichenbett herum und ich erkannte den Kamin, Flohpulver würde ich wie immer in der Dose auf dem Regal über dem Feuer finden. Egal, wer mich zurückgeholt hatte, niemand würde mich jetzt noch hier halten können. Ich atmete durch den Mund, meine Nase ließ keinen Sauerstoff durch und ich spürte, dass meine Brust wehtat, wenn ich zu tief atmete. Ich streckte meine Hand aus, als ich keine zwei Meter mehr von meiner Erlösung entfernt war. Gleich hatte ich es geschafft.
 

„Was soll das werden?“
 

Die Stimme ließ mich zusammenzucken und ich ließ sofort die Hand sinken, meine glasigen Augen richteten sich auf die Tür und mein ganzer Körper erstarrte, als ich meinen Ehemann erblickte. Tadellos gekleidet, wie ich es von ihm gewöhnt war, stand er im Türrahmen. Die dunkelgraue bestickte Weste passte zu seinen sturmgrauen Augen, die nun auf mir lagen, die schwarze Hose erinnerte mich an jenen Tag, als wir zum ersten Mal als Ehepaar essen gegangen waren. Man möge mich für total irrsinnig halten, aber ich wusste ganz genau, was Draco wann getragen hatte. Jeder Tag den wir zusammen verbracht hatten, hatte sich wie Stein in mein Gedächtnis gemeißelt. Sein helles blondes Haar war streng zurück gekämmt, doch ich wusste, dass er es nur so trug, um nicht ständig Strähnen im Auge zu haben und weil es eine alte Gewohnheit geworden war. Unsicher ging ich einen Schritt zurück und sah zu Boden. Dabei vernahm ich seine dumpfen Schritte und mit jedem neuen verkrampfte sich mein Herz ein wenig mehr. Meine Arme schlangen sich um meinen Oberkörper und meine Finger gruben sich in die weißen Ärmel meines Nachthemdes. Eine kühle raue Handfläche legte sich auf meine Stirn und sein Atem streifte meine Wange als er vor mir stand. „Du hast Fieber, geh wieder zurück ins Bett.“
 

Ich rührte mich nicht, sondern schloss die Augen. Es war mir egal, was er von mir verlangte, es war mir auch egal, was aus mir wurde, ich wollte nur endlich von hier verschwinden, die Augen für immer geschlossen lassen und ihn nie wieder sehen, um den Schmerz in meiner linken Brust nicht mehr zu spüren. Als ich nicht reagierte, spürte ich, wie er tief ausatmete und seine Hand mein Kinn anhob, damit ich ihm in die Augen sah. Doch ich schlug seine Hand schwach weg. „Warum hast du das getan, Astoria?“ Seine Frage berührte mich nicht, schließlich war es eine alte Höflichkeitsfloskel. Mir wurde unwahrscheinlich heiß und ich hatte das Gefühl, dass Fieber würde meine Sicht beeinflussen. Denn immer wieder verschwommen die Muster des Teppichs auf dem Boden. Seine starken Hände griffen um meine Oberarme, es tat mir weh, doch verlor ich nicht einen Ton darüber.

„Wie lange weißt du schon, dass du schwanger bist.“ Dieser einzige Satz ließ den Damm in mir brechen, mein Kopf ruckte hoch und ich sah in sein kaltes abweisendes Gesicht. Meine Unterlippe zitterte. „W-Woher w-weißt d-du-!“, meine Stimme war mehr ein Krächzen, als eine richtige Antwort. „W-Warum-!“, ich schrie. Er wusste es, er wusste, dass ich einen Teil von ihm in mir trug und ihm diesen ohne zu zögern genommen hätte. Meine Beine knickten unter mir zusammen und ich wäre unaufhaltsam zu Boden gestürzt, hätte Draco mich nicht festgehalten.
 

Langsam ließ er mich zu Boden gehen, als meine Knie den Teppich berührten, drang noch immer der erstickte Laut aus meiner Kehle, der meinen Schrei darstellen sollte. Ich wusste, dass ich ein schrecklich erbärmliches Bild abgeben musste, doch es scherte mich nicht. Heiße Tränen liefen über mein Gesicht. Ich war gefangen in einer Wirklichkeit, die so schrecklich war, dass ich sie kaum ertragen konnte. Hilflos schlug ich mit meinen Fäusten gegen ihn, wohl wissend, dass ich ihn nicht verletzten würde, da ich sowieso viel zu schwach war. Doch bevor er meine Handgelenke umfassen konnte, verlor ich auch schon das Gleichgewicht und fiel zur Seite. Mein Kopf schlug auf dem weichen Teppich auf, meine Sicht verschwand hinter einem Schleier aus Tränen und ich legte meine Arme über mein Gesicht. Schmerzhaft hob und senkte sich meine Brust, die Kraft zum schreien versagte mir. Die Schmerzen, die ich am ganzen Körper spürte, waren der grausame Beweis, dass ich lebte. Ein schrecklicher Beweis, den ich am liebsten vernichten würde. Ich keuchte leise und unterdrückte einen Hustenanfall. Meine Kehle brannte.
 

„Warum wolltest du sterben, Astoria?“ Ich wusste nicht, woher er das wusste, doch antworten konnte ich nicht. Meine Arme, die auf meinen Augen lagen wurden schwer, doch Sekunden darauf wurden sie weggerissen und ich stöhnte, da der Griff mit dem er meine Handgelenke neben meinen Kopf drückte, alles andere als sanft war. Weinend begriff ich, dass er sich über mich gebeugt hatte und sein Gesicht dem meinen nur noch ein paar Zentimeter entfernt war. Sein schönes Gesicht war wutverzerrt und er sprach erneut: „Warum, antworte!“ Ich nahm meinen Blick von ihm und schloss die Augen. Alles in mir zitterte, aus Angst oder aus Verzweiflung, ich wusste es nicht. „Ich wollte… nicht mehr…“, kam es leise aus meiner Kehle, doch ich spürte, dass Draco mich verstand. „Konnte… nicht mehr.“ Unbarmherzig blieb sein Griff fest und meine Finger wurden taub. Doch ich achtete nicht darauf. Ein Zeichen der Schwäche lief über meine Stirn. „Was war der Anlass, dass du so verzweifelt warst?“ Seine Stimme war ruhig, doch ich konnte deutlich Unverständnis für meine Tat heraus hören. Unwillkürlich musste ich lachen, obwohl es sich nur wie ein Keuchen anhörte, schien er mich trotzdem zu verstehen.
 

„Ich bin nicht… dumm, Draco.“ Ich öffnete meine Augen und sah ihm direkt ins Gesicht. Seine Miene war unergründlich, doch das schüchterte mich nicht ein, sondern sorgte viel mehr dafür, dass ich aussprach, was ich all die Zeit über bereits wusste. „D-Du liebst mich nicht… sondern… Granger…“ Ruckartig lockerte sich der Griff um meine Handgelenke und in seinem Gesicht regte sich etwas. Sein Mund öffnete sich, als wollte er etwas sagen, doch er brachte kein Wort heraus. „D-Du brauchst es nicht leugnen… ich weiß es, seit über zwei… M-Monaten.“ Ein gequältes Lächeln zierte meine Lippen und erneut rollte eine Träne über meine heiße Wange. „E-Es ist okay… ich war eben… dumm, schrecklich dumm.“ Meine Hände waren frei und ich wischte mir mit zitternden Fingern über das Gesicht. Mein Atem ging ruhiger und regelmäßiger. Es tat gut, dass auszusprechen, was mich all die Zeit über gequält hatte. „D-Du solltest glücklich s-sein… deshalb… wollte ich verschwinden…, damit d-du mir n-nichts mehr… vormachen brauchst.“ Ich ertrug es nicht, wie er mich ansah und starrte an die Decke. Nur das Knistern des Feuers drang an mein Ohr und ich hörte meinen eigenen lauten Atem. Niemand sagte etwas, wie auch, ich musste ihn kalt erwischt haben. Ich versuchte die Augen zu schließen, um die aufkommenden Kopfschmerzen zu ertragen, schließlich wusste ich, was jetzt folgen würde. Er liebte mich nicht und dementsprechend würden sich unsere Wege trennen.
 

„Du bist ein verdammt törichtes Weib!“, vernahm ich seine raue Stimme und zuckte zusammen, als ich seine kühle Hand auf meiner Wange spürte. Sein Daumen strich die restlichen Tränenspuren fort und ich öffnete schwerfällig meine Augen. Sein Gesichtsausdruck war ernst, doch seine Augen wirkten müde und traurig. Wortlos richtete er sich auf und ich spürte, wie seine Arme sich um mich legten, sodass er mich hochheben konnte. Es schien ihn keine Mühe zu kosten, mich zum Bett zu tragen. Sanft ließ er mich auf der Matratze nieder und sorgte dafür, dass mein schmerzender Kopf gut gestützt war. Schwerfällig atmete ich aus und empfand es als unangenehm, die dicke Decke auf meinem geschwächten Körper zu spüren. Meine Augen waren schwer, doch als ich den Kopf zur Seite drehte und einen kühlen Lappen auf meiner Stirn wahrnahm, konnte ich nicht anders als leise zu seufzte. Die Kälte tat gut und ich sah in das Gesicht meines Mannes. Noch immer sah er ernst auf mich herunter und setzte sich auf die Bettkante, die Matratze gab unter seinem Gewicht nach. Fürsorglich tupfte er meine Wangen und meine Augenlieder ab, ehe er den Lappen erneut in eine Schale Wasser tauchte. „Wieso hast du nicht mit mir darüber geredet?“
 

Meine Hand tastete schwerfällig nach einer Falte seiner Weste, wie in Trance strich ich sie glatt und fragte im Gegenzug: „W-was hättest du getan?“ Meine Stimme klang nicht mehr, wie meine eigene, sondern wie die einer alten Frau, die bereits das Leben hinter sich hatte. Draco strich sich durch das blonde Haar und einige Strähnen lösten sich. Es schien ihm schwer zu fallen, über das zu sprechen, was zwischen uns vorgefallen war, mir ging es ähnlich. „D-Du brauchst… dir keine Sorgen… m-machen. Ich werde n-niemanden davon erzählen.“, flüsterte ich leise und traurig, doch meine Worte schienen ihn nur wütend zu machen. „Erzähl keinen Unsinn!“, fuhr er mich scharf an und unweigerlich ließ ich meine Hand auf das Lacken fallen. „Glaubst du wirklich, es würde mich glücklich machen, wenn meine Frau aus meinem Leben verschwinden würde, Astoria, was glaubst du, warum ich dich geheiratet habe?“

„W-Wegen dem Erbe… dem B-B…“, bevor ich zu Ende sprechen konnte, erkannte ich den puren Hass in seinen Augen, seine Körperhaltung änderte sich, er richtete sich auf. „Dem Blut und dem angesehenen Namen? Bist du irrsinnig!“ Seine Stimme war laut und bedrohlich, ich zuckte zusammen, denn ich hasste es, wenn er brüllte.
 

„A-Aber… so ist es doch.“, erwiderte ich unerschrocken und sah ihn geradewegs an, dann hustete ich und krümmte mich vor Schmerzen in der Lunge. Wie aus weiter Ferne vernahm ich seine ausdruckslose Stimme. „Wenn es mir nach Blut und Namen gegangen wäre, dann hätte ich auch Pansy zur Frau nehmen können. Sie hätte sich perfekt an meiner Seite gemacht und sich nicht mit der Etikette quälen müssen, so wie du.“ Er jagte mir einen Dolch ins Herz, einen Dolch, der es bluten ließ. „Aber das habe ich nicht.“

„Warum nicht!“, keuchte ich. „D-Dann wäre dir eine… Menge erspart geblieben! Parkinson hätte… deine Affäre m-mit… G-Granger akzeptiert.“

„Merlin bewahre, jetzt sind wir also schon so weit, dass ich eine Affäre mit einem Schlammblut habe? Astoria, glaubst du allen ernstes, ich wäre auf ihr Angebot bezüglich ihrer nicht vorhandenen Verführungskünste eingegangen?“ Unwillkürlich öffnete ich sprachlos meinen Mund und wusste im ersten Moment nicht was ich sagen sollte. Sollte das etwa bedeuten, sie hatte… aber er wollte nicht…? Wenn ja, warum hatte ich dann die ganze Zeit etwas falsch gedeutet? Genervt und fassungslos seufzte Draco. „Da setzte ich Hinz und Kunz drauf an, dass du von ihrem Interesse nichts mitbekommst und du interpretierst es genau andersherum!“
 

Etwas in mir setzte sich zusammen, etwas, was Monate lang Stück für Stück zerbrochen war. Mein Ehemann nahm meine Hand in seine und musterte sie einen Moment überlegend, schließlich schien er sich dafür zu entscheiden, mich in etwas einzuweihen. „Ich gestehe, es hat mir imponiert, dass die Freundin des Helden meinem Charme erlegen war, doch habe ich nie daran gedacht, mir dies zu nutzen zu machen. Weshalb auch, ich habe ja dich, jemand anderen brauche ich nicht, weder Pansy, noch Granger.“ Ich schluckte schwer und verzog das Gesicht, als ich erneut das Ziehen spürte. Draco sah noch immer auf meine Hand, die die seine gefangen zu halten schien. Ich betrachtete seine Augen, die den Schein der Kerzen widerspiegelten und seinen nachdenklichen, fast träumerischen Gesichtsausdruck. „Als du 17 wurdest, hattest du dieses unschuldige helle blaue Kleid an, dein Haar war gelockt und du spieltest immer mit einer Locken, wenn du unsicher warst – während meiner ganzen Anwesenheit.“ Ein kleines Lächeln quittierte seine Lippen. Ich hielt fast die Luft an und spürte mein Herz schneller schlagen, so schnell, dass weitere Hitze zum Fieber in mir aufstieg. Noch nie hatte ich ihn so sprechen gehört, der Klang seiner Stimme war mir fremd, wie Musik, doch etwas in mir freute sich darüber, dass er ausgerechnet über mich sprach.
 

Draco sah mich an, ich konnte den Ausdruck auf seinem Gesicht nicht definieren. „Die Nacht, als wir zum ersten Mal miteinander geschlafen haben, war für mich die schönste und aufregendste in meinem Leben. Du warst so wunderschön, deine Haut so weich, deine Augen so tief und glänzend, dass ich mich unweigerlich fragen musste, ob solch eine Frau tatsächlich die meine war.“ Kurz hielt er inne. „Aber du hattest Angst, Angst die ich dir nehmen wollte. Noch nie hatte ich bis dahin darauf geachtet, der Frau unter mir nicht wehzutun. Doch als du in jener Nacht mir gehören solltest, stand für mich an erster Stelle, dass du keine Schmerzen haben solltest, es dir gefallen sollte.“ Seine Stimme war immer leiser geworden und zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, das dass, was er sagte, seinen wahren Gefühlen entsprach. Gefühle, die für mich bestimmt waren. „Es gab viele Situationen, in denen fragte ich mich, ob ich dich verdient hatte, denn du gabst mir das, was ich glaubte, bereits verloren zu haben.“

Nicht verstehend sah ich ihn an, ich verstand nicht, doch Draco erklärte geduldig. „Wärme, das Gefühl willkommen zu sein, etwas, was ich seit dem Krieg nicht mehr zu spüren bekam. Und als du diese aufreizende Phase hattest…“, meine Wangen färbten sich rot, ich biss mir auf die Unterlippen, schließlich wusste ich genau, wovon er sprach. Nämlich von der Zeit, als ich ihn regelmäßig nach aller Kunst einer Frau verführt hatte. „… wusste ich, dass du die Frau sein würdest, mit der ich mir meine Zukunft aufbauen wollte.“
 

Seine Worte waren schlicht und einfach.
 

Doch sie sagten aus, woran ich die ganze Zeit gezweifelt hatte. Ich kam mir dumm und egoistisch vor, weil ich nicht offen mit ihm über meine Zweifel gesprochen hatte. Meine ganze Verzweiflung war ins Lächerliche gezogen worden. Scham überfiel mich und ich zog die Beine zum Körper um meinen Kopf auf die Knie zu legen. Ich hustete und keuchte, doch es war mir egal, zu sehr nagte das schlechte Gewissen an mir. „Merlin, w-was habe ich getan.“, wisperte ich leise. „V-Verzeih mir D-Draco, ich h-habe es nicht verdient, dass du…“ Bevor ich weiter sprechen konnte, spürte ich dass er sich zu mir herunter beugte und erneut dafür sorgte, dass ich meinen Kopf hob und ihn ansah. „Sprich nicht drüber. Nie wieder, hörst du?“ Seine kühlen Lippen hauchten mir einen Kuss auf die Wange und seine Hände strichen über mein langes Haar. „Die drei Stunden, in denen ich dich nicht finden konnte, waren die schlimmsten in meinem Leben. Ich will nicht mehr an diese Zeit denken, denn wirklich wichtig ist doch nur noch das, was vor uns liegt.“, seine rechte Hand grub sich durch die schwere Decke und legte sich auf meinen Bauch, sofort zog ich die Luft scharf ein und er lächelte. Als er das Nachthemd zur Seite strich, so als wäre es etwas Selbstverständliches und über meinen noch flachen, nackten Bauch strich, wurde mir klar, dass er von der Zukunft sprach, die wir zusammen haben würden.
 

Ich hob die Hände und zog ihn am Hemdkragen zu mir herunter, um ihn nicht anzustecken küsste ich ihn sanft auf die Lippen, ehe meine Lippen seine Stirn berührte und ich ein leises ´Danke` hauchen konnte. Kurz darauf drückte er mich bedacht zurück in die Kissen und sprach: „Ruh dich aus, werde gesund und wenn du wieder auf den Beinen bist, dann möchte ich, dass du nie wieder auch nur einen Gedanken daran verschwendest, warum ich dich geheiratet habe. Denn du weißt es, egal, welche Zweifel dich rügen sollten.“ Draco erhob sich und ich zog die Decke höher und streckte meine Beine aus. Müdigkeit und Erschöpfung überfielen mich. Seine dumpfen Schritte entfernten sich und sein langer Schatten zog an der Wand entlang. Ich beobachtete mit halb geschlossenen Augen, wie er sich im Türrahmen noch einmal umdrehte und er mich ansah. Ich kannte diesen Blick, ganz sicher. Nur war mir in diesem Moment entfallen, woher. Müde schloss ich meine Augen und mein geliebter Ehemann verschwand hinter einem schwarzen Vorhang. Erleichtert atmete ich leicht aus und versuchte mit meinem inneren Chaos zu Recht zu kommen.
 

Ich fühlte mich eigenartig, so gelöst und irgendwie glücklich.
 

Der leichte Windhauch, der mir sagte, dass mein Gatte die Schlafzimmertür geschlossen hatte, brachte mich dazu, mich zu erinnern, wo ich diesen einzigartigen Blick meines Mannes schon einmal gesehen hatte. Zaghaft erinnerte ich mich an einemn sonnigen Morgen, als er mich in der Nacht zuvor sooft geliebt hatte, dass es mir vorgekommen war, wie in einem nicht endenden Traum. Durch die Bewegung der Matratze war ich wach geworden und hatte durch meine Wimpern hindurch vernommen, wie Draco nach seinem Morgenmantel gegriffen hatte, auf den Balkon getreten war und eine sanfte, frische Brise durch sein zerzaustes Haar gefahren war. Es war der Blick, der mir einst das Herz gebrochen hatte. Der Gesichtsausdruck der Wärme, Sehnsucht und Leidenschaft verkörperte und heute eine weitere Bedeutung dazu gewonnen hatte.
 

Liebe…
 

Vollkommen geschafft fiel ich einen tiefen und festen Schlaf, doch zum ersten Mal seit langem konnte ich es gar nicht erwarten ausgeschlafen, gesund und wieder wach zu sein. Denn dieses Mal erwartete mich statt Dunkelheit, Verzweiflung und Angst, etwas, was ich Wärme, Geborgenheit und Hoffnung nannte. Hoffnung, die schon bald zu einem eigenen Lebewesen ran wachsen würde. Die gemeinsame Zukunft, von der Draco gesprochen hatte.
 

~ E n d e ~



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Kommentare zu diesem Kapitel (15)
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Von: abgemeldet
2011-04-05T10:26:09+00:00 05.04.2011 12:26
Hey :)
Das war eine unglaubliche story
Dein schreibstil ist genial :)
Ich konnte mich in alles hineinversetzen und hatte klare Szenen vor Augen.
Die Story konnte man auch besonders flüssig lesen :)

Ich mag eigentlich die Ich-persketive gar nicht,
da man nur die Sicht von einem Charakter liest,
aber bei dir was war einfach...
Genial.
Die Gedanken von Astori sich umzubringen,
und wieso man konnte es wirklich fühlen und man selbst merkte wie verzweifelt sie sein musste
Aber Dravo hat sie ja gefunden :)

Alles in einem War das eine sehr sehr gute Story
Hast du sehr gut gemacht
und ja, wenn ich eine Note dafür geben könnte,
dann würde ich dafür ne 1+ mit * geben :)

Liebe Grüße,
abgemeldet
Von:  Royalgirl
2010-09-26T14:45:08+00:00 26.09.2010 16:45
Ich bin wirklich beeindruckt!
Dein Schreibstil ist echt schön und die Handlung auch :D
ach und die Charakter sind wirklich gut getroffen :)
LG Royalgirl
Von:  Omama63
2010-07-06T09:51:02+00:00 06.07.2010 11:51
Ein klasse OS und ein schönes Ende.
Hat mir sehr gut gefallen.
Von:  Raven
2010-07-01T10:46:47+00:00 01.07.2010 12:46
Gott ist das eine schöne FF. ^^ bin total begeistert!

Lg Raven
Von:  Charlott
2010-02-06T20:32:26+00:00 06.02.2010 21:32
Der Anfang ust soo traurig. Oh Gott, da drüber komm ich gar nicht weg. Mir sind echt ein paar Tränen über die Wangen gelaufen.
Und das Ende, irgendwie süß, aber ich weiß nicht ob ich Draco so schnell glauben könnte. Weil er immer noch sowas ... verlogenes?! hat.
Mhh, jedenfalls toller OS und die Gefühle hast du wundervoll beschrieben. *__*

Liebe Grüße
Charlott ♥
Von:  Kerstin-san
2009-12-25T12:25:26+00:00 25.12.2009 13:25
Hey!
Der OS hat mir richtig gut gefallen.
Ich finds ja schon im Buch schade, dass man nicht mehr über Astoria erfährt, aber gerade deswegen kann man ihren Charakter ja formen wie man will.
Ihre nachdenkliche Art gefällt mir ziemlich gut und auch ihre Gefühle kommen ziemlich gut rüber.
Über das Happy End hab ich mich natürlich am meisten gefreut, bin halt ein kleine Romantikerin und da es mir am Besten gefällt, wenn ich ein Drama lese, dass dann ein Happy End hat (aber bitte kein zu kitschiges), dann bin ich vollkommen zufrieden. Von daher erfüllt dein OS alle meine Ansprüche =)
lg
Kerstin
Von:  Lily_Toyama
2009-08-31T19:48:01+00:00 31.08.2009 21:48
Ein wirklich toller OS.
Erst fängt er so traurig an, doch zum Glück ändert sich alles zum Guten.
Du hast einen wirklich tollen Schreibstil und schreibst unvorhersehbar und trotz in sich logisch, klasse.
Lg
Lily
Von:  Acrobalena-
2009-08-30T18:30:42+00:00 30.08.2009 20:30
echt tolle geschichte
als sie aufwahct dacht ich erst das er sie verschlägt weil er sie "weib" nennt und sie so fest festhält
aber dann......... ne liebeserklärung hach wie romantisch
hast die gefühle wirklich gut rüber gebracht
gefällt mir sehr:)
Von: abgemeldet
2009-08-29T21:30:18+00:00 29.08.2009 23:30
Hallöchen
Was für ein OS
Hat mir sehr gut gefallen
Man Tori versteht aber viel falsch
Hat mir gut gefallen
Mach weiter so
bye Chaosfee
Von:  stone0902
2009-08-13T16:31:37+00:00 13.08.2009 18:31
Oh man, dein Oneshot ist einfach wundervoll!
Ich mag dieses Pairing ja total gerne und man fragt sich immer: haben sie geheiratet weil sie sich lieben oder dient diese Ehe einem Zweck?
Ich, als hoffnunglose Romantikerin, bin natürlich davon überzeugt, dass sie sich lieben ;)
Dein Oneshot war so traurig, und Astoria hat mir so leid getan! ...
Von daher gefällt mir das Ende umso besser! Happy-Ends sind doch immer wieder schön ^___^
Jedenfalls finde ich, dass du sehr gut schreiben kannst. Du hast die Gefühle sehr gut rüber gebracht. Großes Lob an dich. Der SO war richtig fessenld!
Einfach klasse!


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