Something strange von abgemeldet (Was ist mit Tai los?) ================================================================================ Kapitel 1: Happy Birthday ------------------------- Völlig verstört betrachtete ich die Holzmaserung der Tür, die mein bester Freund mir soeben vor der Nase zugeschlagen hatte. Eigentlich wollte ich ihm nur die CD mit meinen neuen Leidern vorbeibringen, auf die ich nebenbei bemerkt ziemlich stolz war, doch anscheinend war ich zu einem sehr ungelegenem Zeitpunkt gekommen, denn anstatt mich rein zu bitten und mit mir zu quatschen, während wir meinen kreativen Ergüssen lauschten, wie es sonst immer Tais Art war, hatte er mich nur böse angefunkelt und mit einem mürrischen „Ich hab heute keine Zeit!“, die schon erwähnte Tür wieder zugemacht. Kurz schoss mir durch den Kopf, dass er wegen irgendetwas auf mich sauer war und mein Herz fing hektisch an zu klopfen, denn normalerweise war es nicht seine Art so zu zicken, darauf hatte ich das Patent und wenn er sich so verhielt, musste ich schon etwas Schlimmes angestellt haben. Ich überlegte fieberhaft was ich in letzter Zeit hätte falsch gemacht haben könnte, aber mir fiel beim besten Willen nichts ein. Ich wollte keinen Streit mit Tai wegen einer Sache, an die ich mich noch nicht mal erinnern konnte. Plötzlich kam mir ein Gedanke, der mich frösteln lies. Was war, wenn er gemerkt hatte, dass ich in ihn verschossen war? Oder vielleicht hatte mein kleiner Bruder sein Versprechen doch nicht gehalten und seiner Freundin Kari, Tais Schwester, alles erzählt. Seit einiger Zeit redete ich nämlich immer häufiger mit TK über alles was mich so beschäftigte. Es tat gut seine Probleme mit jemandem zu besprechen. Im Gegenzug half ich ihm mit meinen Klamotten aus und gab ihm Tipps für sein Styling, wenn er wieder mal ein Date mit Kari hatte. Vielleicht konnte man das nicht gerade gerecht nennen, aber wir waren beide sehr zufrieden damit. Plötzlich ging die Tür vor meiner Nase wieder auf und ich sah in das überraschte Gesicht Karis. Anscheinend hatte sie nicht damit gerechnet, dass ich vor der Tür stand. „Matt, was stehst du den hier wie bestellt und nicht abgeholt?“, ihre Stimme war so freundlich wie immer und das Lächeln mit dem sie mich anstrahlte, funkelte so stark, dass ich das Bedürfnis unterdrücken musste, mit den Händen meine Augen zu bedecken, um nicht geblendet zu werden. „Eigentlich wollte ich deinen Bruder besuchen.“ Schlagartig verschwand das Lächeln aus ihrem Gesicht und sie blickte mich ernst an. „Den kannst du momentan vergessen. Tai ist total unausstehlich, seit feststeht, dass er in den Kader aufgenommen wird.“ Kader? Welchen Kader meinte Kari? Kritisch hob ich die Augenbraue. „Kari? Wovon zur Hölle redest du?“ „Na von dem FC Tokio! Er wird doch ins Team aufgenommen!“ Ich konnte es einfach nicht fassen. Mein bester Freund spielte nächstes Jahr in der Bundesliga und ich wusste bis jetzt nichts davon. Einerseits freute ich mich für Tai, anderseits war ich sauer auf Tai, dass er mir nichts davon erzählt hatte. Zudem war ich mehr als traurig. Warum hatte er mir nichts erzählt? War ich im nicht wichtig genug um an seinem Leben teilzunehmen? Anscheinend konnte Kati in meinem Gesicht lesen, was in mir vorging, denn sie blickte mich mitleidig an. „Er hat es dir doch erzählt, oder?“ Enttäuscht schüttelte ich den Kopf und Kari sah einen Moment lang nicht, was sie sagen sollte, dann nahm ihr Gesicht einen entschlossen Ausdruck an. „Na ich weiß auch nicht, was das momentan soll. Der spinnt!“ Ich lächelte über den Versuch mich aufzuheitern. Vielleicht hatte Tai wirklich nur Stress und als guter Freund musste ich für ihn da sein, wenn er es wollte. Ich würde einfach warten müssen, bis er zu mir kam und dann konnten wir seinen Erfolg immer noch feiern. Weiter wollte ich nicht mehr darüber nachdenken, denn diese Lösung gefiel mir, deshalb wechselte ich elegant das Thema. „Und wo willst du heute hin?“ Kari grinste mich breit an und ein leichter Rotschimmer legte sich über ihre Wangen. „Zu TK!“ „Ich bin mit dem Auto da. Soll ich dich mitnehmen?“ Ich hatte zwar keine große Lust auf Gesellschaft, aber ich wollte nicht, dass Kari eine ganze Stunde lang mit dem Zug fahren musste, wenn ich so doch einfach mitnehmen konnte. Sie nahm dankend an. Während der gesamten Fahrt redeten wir nicht viel und auch als wir bei mir zu Hause ankamen, war ich froh, dass Kari direkt in TKs Zimmer verschwand. So musste ich mich nicht mit den beiden beschäftigen. Verdrossen lies ich mich auf das Sofa fallen und angelte mir die Fernbedienung vom Wohnzimmertisch. Ich zappte ein wenig durch die Programme, merkte jedoch ziemlich schnell, dass ich mich nicht wirklich auf das konzentrieren konnte, was das Programm so hergab, also machte ich den Fernseher wieder aus und starrte eine zeitlang aus dem Fenster, während meine Gedanken immer noch um Tai kreisten. Da ich nicht wusste, was ich mit mir anfangen sollte, entschloss ich mich dazu etwas spazieren zu gehen. Nachdem ich kurze Zeit durch die Straßen gelaufen und die Leute beobachtet hatte, waren meine Gedanken immer noch ein einzig wirrer Klumpen. Ich hatte das Gefühl, dass sich der Konten mehr und mehr verfestigte, je weiter ich an irgendwelchen Enden zerrte, um ihn zu entwirren musste ich einem Ende folgen und es vorsichtig aus den Anderen fädeln, aber dazu brauchte ich einen Überblick, den ich mir so nicht beschaffen konnte. So verwirrt und völlig in Gedanken ging ich immer weiter, ohne auch nur einen Gedanken an die Zeit zu verschwenden, die ich mich jetzt schon auf meinem Spaziergang befand. Ich bekam nur am Rande mir, dass es immer dunkler wurde und bevor ich mich versah, befand ich mich im Stadtpark, indem es stockdunkel war. Ich fühlte mich plötzlich überhaupt nicht mehr wohl in meiner Haut und die absolute Stille, die sich um mich legte –nur ab und zu von einem leichten Rascheln oder Knacken unterbrochen – machte mir irgendwie Angst. Da es schon ziemlich kalt geworden war, wollte ich so schnell wie möglich nach Hause und der Weg durch den Park war der Kürzeste, aber bei der Atmosphäre die hier herrschte musste ich mich zusammenreißen, um nicht doch den längeren und weitaus sichereren Weg zu nehmen. Ich schüttelte den Kopf. War ich ein Mann oder eine Maus? Entschlossen straffte ich die Schultern und marschierte schnellen Schrittes durch den Park, bemühte mich jedoch nicht zu weit an den Büschen und dunklen Ecken zwischen den Bäumen vorbeizugehen. Falls mich jemand angreifen würde, hätte ich so immer noch die eingebildete Chance zu entkommen. Ich dachte wieder an Tai. Früher bei den Nachtwanderungen, die wir mit der Klasse auf unseren Fahrten immer gemacht hatten, war er immer bei mir. Ich war mir sicher, dass er sich todesmutig auf jeden Angreifer gestürzt hätte und ein kleines Lächeln stahl sich auf meine Lippen, als ich daran dachte, wie er immer lauernd mit mir durch den Wald gelaufen war, bereit mich mit seinem Leben zu verteidigen. Der Gedanke an Tai nahm mir ein wenig die Angst und ich bemerkte, wie ich mich etwas entspannte, als ein rosa Strahlen den gesamten Stadtpark erleuchtete. Etwas irritiert versuchte ich die Quelle des Lichtes auszumachen, doch da war es schon wieder verschwunden. Meine erster Gedanke war, dass es irgendwo in der Nähe ein Feuerwerk geben musste, aber da ich keinen Knall gehört hatte und auch keine weitern Raketen folgten, schloss ich diese Option aus. Außerdem war es mitten in der Woche und mir auch nicht bekannt, dass irgendwo ein Straßenfest stattfinden sollte. Langsam und doch jetzt wieder etwas aufmerksamer setzte ich meinen Weg fort, als mich ein kalter Schauer packte. Mir war so, als ob sich irgendwas in mir festsetzen würde und ich wurde traurig und zum ersten Mal in meinem Leben merkte ich was echte Trauer war. Es war so unendlich viel mehr als Tränen und Alleinsein. Echte Trauer zog einen langen Faden mit Wut, Schuldgefühlen und unsagbar großen Schmerzen hinter sich her. Fast wäre ich auf die Knie gesackt so heftig überkam mich dieses Gefühl, doch ich riss mich zusammen und ging weiter, als ich in einiger Entfernung ein lautes Grölen hörte. Abrupt blieb ich stehen. Das hatte sich nun wirklich nicht gut angehört. Irgendetwas ging da vor sich und ich war mir nicht sicher ob ich mich dorthin wagen wollte, doch etwas änderte meinen Entschluss schneller als ich es gedacht hätte. Etwas fing hell an zu leuchten und ich sah für einen kurzen Moment genau, was sich wenige hundert Meter vor mir abspielte. Ein junges Mädchen stand, mit einer Peitsche oder einem Band in der Hand vor einem knienden jungen Mann. Ich erkannte die brauen Struwelhaare Tais sofort und ehe ich mich versah setzte ich mich in Bewegung um meinem Freund beizustehen. Als ich bei Tai ankam, lies ich mich sofort auf den Boden fallen und legte ihm meine Hand auf die Schulter, während ich das Mädchen vor mir böse und entschlossen anfunkelte. Egal wer sie war und was sie vorhatte, ich würde Tai beschützen. Ich wappnete mich innerlich auf einen Angriff ihrerseits, denn für mich stand außer Frage, dass sie es war, die Tai vor wenigen Minuten diesen Schrei entlockt hatte, doch der Angriff bleib aus. Verwirrt versuchte ich in ihrem Gesicht zu erkennen, was sie vorhatte – was in der Dunkelheit nicht einfach war – und erkannte, dass sie sich scheinbar gar nicht für mich und Tai interessierte. Ich folgte ihrem Blick und sah ein Stück entfernt von uns ein Papier auf dem Weg liegen aus dem dunkle Schatten wabberten. Verwundert wanderte mein Blick von dem Papier zu dem uminösen Mädchen. Einige Augenblicke vergingen in denen nichts passierte, dann begann eine kleine Taschenuhr in ihrer Hand zu leuchten und ich erkannte das rosa Licht wieder, das vorhin den Park erhellt hatte. „Im Namen des Herrn, fange ich die Ausgeburten der Finsternis und mache unschädlich!" Mir kam DIE Erkenntnis. Ich hatte es mit einer Irren zu tun. Mein Verdacht erhärtete sich, als diese Bekloppte eine kleine Schachfigur aus ihrer Taschenuhr zog und sie auf das Papier schleuderte, während sie mit entschlossenem Gesichtsausdruck „Schach matt!“, schrie. In meinem Kopf ging gar nichts mehr seinen gewohnten Gang. Ich war heute ohnehin schon nicht auf der Höhe und musste hier mit ansehen, wie eine Irre Schachfiguren auf tote Gegenstände warf, während ihre Haare im Wind flatterten, obwohl es absolut windstill war. Mit einem lauten Ächzen machte sich Tai bemerkbar und ich gab ihm mit einem festen Druck meiner Hand zu verstehen, dass ich da war. Ob er mich nun registrierte oder nicht, war mir in diesem Moment egal. „Wer bist du und was hast du mit Tai gemacht?“ /Ihn mit Spielzeug beworfen und ihn an einer ungünstigen Stelle getroffen./, schoss es mir durch den Kopf, doch diesen Gedanken behielt ich lieber für mich. „Ich bin Jeanne D’Arc die Gesandte des Herrn und ich habe deinen Freund gerettet!“ /Jap, und ich bin Julius Cesar und hab die Titanic versengt./, aber auch diesen geistigen Ausguss hielt ich bei mir. Sie schien aber an meinem Gesicht zu sehen, was ich in etwas dachte, denn sie lächelte mich etwas überheblich, aber keinesfalls unfreundlich an, so als ob sie irgendetwas wusste, was ich nicht wusste und das machte mich fast wahnsinnig. Doch bevor ich richtig aufregen oder irgendetwas hinterfragen konnte, sprang sie schon wie ein kleiner, blonder Frosch durch den Stadtpark und war verschwunden. Tai stöhnte und schien aus einer Art Trance aufzuwachen. Er blinzelte mich verwirrt an und löcherte mich innerhalb von Sekunden mit so vielen Fragen, dass meine Synapsen endgültig durch knalten, da ich es einfach nicht gewohnt war, meinen Kopf so dermaßen anzustrengen. Ich erzählte ihm alles, was ich so mitbekommen hatte und auch Tai war sichtlich verwirrt, allein schon wegen der Tatsache, dass er sich im Park befand, da er sich nicht erinnern konnte, wie er hierhin gekommen war. FIN Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)