Dudley Dursley entdeckt! von Swanpride (Die Fortsetzung zu "Harry Potter empfiehlt!") ================================================================================ Kapitel 1: Auf einen Schlag --------------------------- „Was soll das heißen? Das ist eine goldene Kreditkarte! Auf meinem Konto ist mehr als genug Geld, und selbst wenn dem nicht so wäre, ich habe fast unbegrenzten Kredit bei der Bank“, protestierte Dudley zum wiederholten Male. „Ich habe Ihnen doch schon gesagt: Laut meinem Computer ist Ihr Konto gesperrt.“ Die Verkäuferin wurde merklich ungeduldig. „Klären Sie das mit Ihrer Bank, nicht mit mir.“ Sie drehte Dudley halb den Rücken zu und nahm die Waren des nächsten Kunden in der Schlange entgegen. Dudley funkelte die Frau an. „Ich bin noch nicht fertig!“ „Doch, dass bist du!“ widersprach ein kräftig gebauter Mann. „Ich weiß nicht, was sich deine Eltern dabei gedacht haben, einem Jugendlichen eine goldene Kreditkarte zu geben, aber anscheinend sind sie endlich zur Vernunft gekommen. Höchste Zeit, wenn ich mir dein Benehmen so ansehe. Du hältst den ganzen Betrieb hier auf mit deinem Theater.“ Er ließ bedrohlich seine Muskeln spielen. „Also lass die nette junge Frau jetzt in Ruhe und schieb ab.“ Zustimmendes Gemurmel war zu hören. Gerne hätte Dudley dem unverschämten Kerl gezeigt wo es langging, doch auch wenn er selbst mit seinen zwölf Jahren bereits fast die Größe eines Teenagers hatte, galt das nicht für seine Kumpels. Mit solchen Schwächlingen konnte er eine so große Gruppe von Erwachsenen nicht einschüchtern. Zähneknirschend schnappte sich Dudley seine Kreditkarte und verließ unter dem hämischen Applaus der Anwesenden das Geschäft, aber nicht ohne „aus Versehen“ eine Schachtel mit Kaugummis umzureißen, die auf der Theke stand. „Hey, Dud, was isn nun mit den Getränken?“ fragte eine Junge mit rattenähnlichen Zügen…Pete Poolpiss oder so ähnlich hieß der Idiot. Er war nicht wichtig genug, um sich seinen Namen zu merken. „Kauf dir doch selbst welche“, fuhr Dudley ihn an. „Das werden wir auch. Im Kino, in das du ja nun wohl leider nicht mitkommen kannst“, meinte Cecil, zweitreichster Junge seines Jahrganges und ewiger Dorn in Dudleys Seite triumphierend. „Es sei denn, du hast noch irgendwo Bargeld in der Tasche.“ Natürlich nicht. Dudley bezahlte immer alles mit Kreditkarte, das wusste Cecil ganz genau. Er würde eher etwas kaufen, was er gar nicht haben wollte um über den Mindestpreis für Kartenzahlung zu kommen, ehe er sich mit Scheinen oder gar Kleingeld in der Hand erwischen ließ. Oder er würde einen seiner Freunde anweisen, es für ihn zu kaufen. Schließlich gab er ihnen oft genug Einen aus. Dennoch folgten sie nun alle Cecils Beispiel und ließen ihn auf der Straße stehen. Dudley ballte die Fäuste, aber er hatte sich zur Regel gemacht, nie einen Kampf anzuzetteln, wenn er nicht sicher war, dass er ihn gewinnen würde. Mit Cecil würde er mit Leichtigkeit fertigwerden, doch sollten sich die anderen Jungens entschließen, sich auf die Seite dieses eingebildeten Pinkels zu schlagen, dann würde er nicht nur den Kampf, sondern auch seine Vormachtstellung ein für alle Mal verlieren. Wenn er etwas von seinem Vater gelernt hatte, dann, dass er Andere am Leichtesten einschüchtern konnte, wenn diese von seiner Unbesiegbarkeit vollkommen überzeugt waren. Mit aller Kraft trat er gegen einen der Mülleimer, die überall auf dem Marktplatz an den Laternen befestigt waren. Ein lautes Scheppern ertönte als die Halteschraube brach und der Mülleimer zu Boden polterte. Nun, sie würden schon sehen, was sie davon hatten. Sobald seine Karte wieder funktionierte, würde er in den Laden gehen und das teuerste Spielzeug kaufen, das er finden konnte. Und keiner von ihnen würde die Erlaubnis erhalten, damit zu spielen. Aber nun musste er erst einmal ins Internat zurück und seine Eltern anrufen. Sein Vater würde der Bank sofort die Hölle heiß machen, da war Dudley sich sicher. Oder doch nicht? Letzte Woche war sein Geburtstag gewesen. Päckchen für ihn waren angekommen (45 der allerneuesten Spiele für seinen Gameboy und das Versprechen, dass noch ein ganz besonderes Geschenk zu Hause auf ihn wartete), doch weder seine Mutter noch sein Vater hatten sich bei ihm gemeldet. Das war ihm ganz Recht gewesen, denn so hatte er wenigsten in Ruhe feiern können. Erst jetzt wurde ihm langsam klar, wie ungewöhnlich dieses Verhalten war. Zu Beginn des Schuljahres hatte seine Mutter auf tägliche Anrufe bestanden, bis er sie davon überzeugen konnte, dass ihn dies zu sehr vom Lernen ablenkte. Sie hatte nachgegeben unter der Bedingung, dass er ihr regelmäßig schrieb. Und meistens dachte er auch daran, zwei Zeilen auf eine Postkarte zu schmieren und sie abzusenden. Die Schulsekretärin erinnerte ihn daran, wann immer sie ihn sah, in der Hoffnung, sich einen weiteren hysterischen Anruf bezüglich seines Wohlbefindens zu ersparen. Was, wenn der Typ im Laden recht hatte? Was, wenn seine Eltern wirklich beschlossen hatten, ihm eine Lektion zu erteilen? Dudley wusste, dass er bei all seinen Prüfungen eine miserable Leistung abgelegt hatte. Er selbst sah zwar nicht ein, warum er sich anstrengen sollte (schließlich war er ein reicher Erbe), aber er wenn seine Leistungen zu schlecht für Smeltings waren, dann wäre sein Vater gewiss enttäuscht. Er versicherte ihm zwar immer, dass er keinen Streber als Sohn haben wollte, doch es war ihm wichtig, dass Dudley in seine Fußstapfen trat. Wenn er nun von Smeltings verwiesen werden würde… Ach Unsinn! Dann würde sein Vater einfach eine größere Summe spenden und die Sache in Ordnung bringen. Und die Schuld würde er gewiss nicht bei seinem Sohn sondern bei den Lehrern suchen. Wenn es eines gab, worauf sich Dudley verlassen konnte, dann war das die Tatsache, dass seine Eltern genau wussten, wie perfekt er war. Die Lehrer verstanden nur nicht, dass wahrhaft reiche Menschen nicht mit schwerer Arbeit belastet werden sollten. Und wenn er nichts lernte, dann war es deren Schuld, weil sie ihm nichts beibrachten. Dudley winkte sich ein Taxi heran. Glücklicherweise hatte er für solche Fälle vorgesorgt und bereits zu Beginn des Schuljahres eine größere Summe auf das Konto des Schulpförtners überwiesen. Geld, das einzig dazu gedacht war, Dudleys Taxifahrten zu bezahlen. Der Pförtner hatte zunächst den Kopf geschüttelt über die hohe Summe, da er sich sicher war, dass man davon die Taxifahrten von mindestens zwei Schuljahren bezahlen konnte. Inzwischen schüttelte er den Kopf darüber, dass das Geld fast aufgebraucht war. Kein Wunder, denn wenn am Wochenende die Schüler die Erlaubnis bekamen, ins nahegelegene Städtchen zu wandern, dann kehrte Dudley am Abend immer mit dem Taxi zurück. Drei Meilen laufen? Und das auch noch Bergauf? Niemals! „Der Direktor hat angeordnet, dass Sie zu ihm kommen, sobald Sie zurückgekehrt sind“, informierte ihn der Pförtner während er dem Taxifahrer Geld überreichte. Dudley ließ sich nicht dazu herab, zu antworten. Vor Wut schäumend lief er durch die Flure des Schuldgebäudes. Sein Tag wurde immer schlimmer. Erst der Ärger mit der Kreditkarte, dann Cecils triumphierendes Gehabe, eine frühe Rückkehr anstelle eines Kinobesuchs und nun kommandierte der alte Knacker ihn auch noch herum. Aber nicht mit ihm! Ja, er würde kommen, aber er würde dem Direktor die Hölle heiß machen! Er stürmte an der Sekretärin vorbei in sein Büro. „Sie wollten mich sprechen, Herr Direktor?“ sagte er in einem bewusst unverschämten Tonfall. „Allerdings!“ bestätigte der Direktor mit eisiger Stimme. „Darf ich vorstellen: Mrs. McGonagall.“ Erst jetzt realisierte Dudley, dass sich eine ältere Frau im Raum befand. Sie trug ein altmodisches Kostüm mit Schottenmuster und hatte die Haare zu einem strengen Dutt hochgesteckt. Mit kritischem Blick musterte sie ihn über den Rand ihrer Brillengläser hinweg. Als er keine Anstalten machte, sie zu begrüßen, meinte sie missbilligend: „Sehr viel Wert auf Benehmen scheinen Sie hier nicht zu legen.“ „Mr. Dursley ist ein spezieller Fall. Seine Eltern haben Ihn völlig verwöhnt, so etwas lässt sich in einem Jahr nicht korrigieren.“ Dudley starrte seinen Direktor mit offenem Mund an. Wie konnte er es wagen… „Nun, das wird von jetzt an Ihr Problem sein“, fuhr der Direktor fort. Endlich fand Dudley seine Sprache wieder, brachte aber nicht heraus als ein gequicktes „Wie bitte?“ Nun wandte sich der Direktor wieder ihm zu. „Mrs. McGonagall arbeitet für das Jugendamt. Sie ist hierhergekommen, um uns über einige Änderungen in Ihren privaten Umständen zu informieren. Ihr Zufolge sind Ihre Eltern wegen Unregelmäßigkeiten in ihren finanziellen Transaktionen verhaftet worden. Da der Kautionsantrag abgelehnt worden ist, werden Sie, Mr. Dursley, vorläufig unter die Obhut des Staates gestellt.“ Diesmal schaffte Dudley es noch nicht einmal, Worte zu formen. Seine Stimmbänder brachten nur ein gepresstes Quieken zustande. „Mrs. McGonagall wird hier auf Sie warten bis Sie ihre Sachen gepackt haben. Da nicht damit zu rechnen ist, dass Ihre Eltern das Schulgeld im nächsten Jahr aufbringen werden, empfehle ich Ihnen, sorgfältig darauf zu achten, nichts zurückzulassen.“ Endlich gelang es Dudleys Gehirn, einen Gedanken zu formen. Der Direktor genoss das! Dieser Bastard, genoss das! Dudleys Eltern hatten dem Internat eine Summe gespendet, die dem Schulgeld für 30 Jahre entsprach. Doch nun, da aus dieser Richtung kein weiterer Geldsegen zu erwarten war, behandelte er ihn wie Abschaum! Das würde er sich nicht bieten lassen! „Das können sie mit mir nicht machen!“ Wütend fegte er den Schreibtisch leer und ging mit geballten Fäusten auf den erschrocken Mann zu. Er kam nur einen Schritt weit, als er unerklärlicherweise ins Stolpern geriet. Dann hatte ihn plötzlich jemand am rechten Handgelenkt gepackt, ihm den Arm auf den Rücken gedreht und auf die nun leere Schreibtischplatte gepresst. „Ich glaube, es ist besser, wenn ich den jungen Mann beim Packen helfe!“ erklang die entschiedene Stimme von Mrs. McGonagall hinter seinem Rücken. OOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOO Es dämmerte bereits als sie etwa vier Stunden später in einem Taxi losfuhren. Dudley fand es etwas merkwürdig, dass die Frau nicht in ihrem eigenen Wagen gekommen war, doch es sollte ihm Recht sein. In den Kleinwagen, den eine niedere Angestellte wie sie wahrscheinlich fuhr, hätte sein Gepäck gewiss nicht reingepasst. Bei dem Taxi handelte es sich um eine schwarze Limousine,* was Dudley als standesgemäß empfand. Dem Fahrer gelang es (zu Dudleys Überraschung) das gesamte Gepäck in den Kofferraum zu verfrachten. Der Kofferraum war wohl größer, als er von außen wirkte. Umso besser, denn so hatte er mehr als genügen Platz auf der Rückbank. Zu seinem Unmut beanspruchte Mrs. McGonagall nicht den Beifahrersitz für sich sondern nahm neben ihn Platz. Dudley versuchte immer noch zu begreifen, was geschehen war. Als er an diesem Morgen aufgewacht war, war er noch der Erbe eines gewaltigen Vermögens gewesen, und nun sollte er auf einmal völlig mittellos sein? Er starrte aus dem Fenster und beobachtete seine Schule immer kleiner wurde. Würde man ihn jetzt etwa auf eine öffentliche Schule schicken? Und wo würde er künftig leben? „Mrs. McGonagall?“ wagte er schließlich zu fragen. „Wo fahren wir hin?“ Die ältliche Dame, die ihn bislang schweigend beobachtet hatte, richtete sich in ihrem Sitz etwas auf, als würde sie sich auf einen Kampf gefasst machen. „Es ist an der Zeit, dass wir einiges klären. Was wissen sie über die Zaubererwelt?“ Dudley wurde nervös. Wenn es eine Regel gab, bei der seine Eltern streng blieben, dann die, dass Magie ein Tabuthema war. Von merkwürdigen Gestalten hatte er sich gefälligst fern zu halten. Er rutschte so weit es der Platz zuließ von der Frau weg. „Sie sind gar nicht vom Sozialamt. Meine Eltern sind gar nicht verhaftet worden!“ Obwohl er seine finanziell Zukunft nun wieder als gesichert ansah, fürchtete er sich mehr als zuvor. Was hatte diese merkwürdige Frau mit ihm vor. „Seien sie versichert, dass ihre Eltern tatsächlich verhaftet worden sind. Allerdings nicht von den Muggel…“, sie unterbrach sich selbst und setzte den Satz dann wieder an. „…den regulären Behörden ihrer Welt und auch nicht wegen Steuerhinterziehung. Sie haben Verbrechen gegen die Zaubererwelt begangen, für die sie sich verantworten müssen.“ Dudley schnaubte verächtlich. „Das ist lächerlich. Meine Eltern würden ihre Welt um keinen Preis der Welt betreten.“ „Ich habe nicht gesagt, dass sie sie betreten haben. Nur, dass sie wissentlich gegen unsere Gesetze verstoßen haben. Die Anklage lautet auf Kindesmisshandlung, Freiheitsberaubung und Veruntreuung im großen Stil.“ „Meine Eltern haben mich nie misshandelt!“ protestierte Dudley. Zwei kritische Augen musterten ihn von oben bis unten. „Da wäre ich mir nicht so sicher. Aber Sie sind auch nicht Gegenstand der Anklage, sondern ihr Cousin.“ „Der Freak?“ fragte Dudley verblüfft. Nun traf ihn ein entschieden kalter Blick. „Ich rate Ihnen, dieses Wort nicht mehr zu benutzen, besonders nicht in der Gegenwart von Zauberern. Die Reaktionen könnten sehr unangenehm für Sie sein. Nach dem, was Ihre Familie Mr. Potter angetan hat werden Sie ohnehin einen schweren Stand haben.“ „Sie haben sich um ihn gekümmert als niemand ihn haben wollte“, wiederholte Dudley eine oft gehörte Phrase. „Ohne Sie wäre er auf der Straße gelandet.“ McGonagall schien widersprechen zu wollen, doch stattdessen stellte sie eine Frage. „Mr. Dursley, wissen sie, womit Ihre Eltern ihr Geld verdient haben?“ Dudley zuckte mit den Schultern. Er wusste, dass sie genug Geld besaßen, dass er nie in seinem Leben würde arbeiten müssen. Das reichte ihm völlig. „Das Geld stammt aus Werbeverträgen, die Ihre Eltern in Harrys Namen in der Zaubererwelt abgeschlossen haben. Jeder Penny den sie in den letzten Jahren ausgegeben haben gehört von Rechts wegen ihrem Cousin.“ Sollte das etwa heißen, dass dem Freak nun seine ganzen Sachen gehörten? Dudley verzog das Gesicht bei dem Gedanken, dass er vielleicht sogar schon in seinem Bett schlief. „Ich weiß, der Gedanke ist ziemlich abscheulich.“ Dudley war überrascht über das plötzliche Verständnis. „Ein Kind auf diese Weise auszunutzen und ihm dann auch noch gerade das Nötigste zu gewähren...“ Ach so, darum ging es. Er verstand nicht, was sich die Alte so aufregte. Ein guter Geschäftsmann ergriff nun einmal gute Gelegenheiten. Aber das sagte er lieber nicht laut. „…die Strafe für sie wird gewiss nicht milde ausfallen. Und Sie sind nun mehr oder weniger Elternlos.“ Irrte er sich oder klang da ein wenig Mitleid für ihn mit? „Meine Eltern sind noch am Leben.“ „Aber Sie können sich nicht um sie kümmern so lange sie im Gefängnis sitzen. Glücklicherweise hat Albus Dumbledore sich bereiterklärt nicht Mr. Potter sondern auch sie aufzunehmen. Für den Moment ist er ihr Vormund, zumindest, bis der Prozess Ihrer Eltern beendet ist. Danach sehen wir weiter.“ Albus Dumbledore…der Name kam ihm allerdings bekannt vor. War das nicht der Typ, der seinem Vater immer wegen dem Freak Schwierigkeiten machte? Von wegen Schulbesuch und so? Und der wollte nun sein Vormund sein? „Und was, wenn ich damit nicht einverstanden bin?“ erkundigte sich Dudley. „Die Alternativen werden ihnen viel weniger gefallen.“ OOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOO Nun, da Dudley wusste, dass er sich in einem magischen Auto befand, bemerkte er auch die eine oder andere Merkwürdigkeit. Beispielsweise befand sich der Wagen bei jeder roten Ampel automatisch am Beginn der Schlange. Er legte auch viel größere Strecken zurück, als es möglich war. Auf der Autobahn passierten sie die Ortsschilder im Sekundentakt. So schnell konnte Dudley die Beschriftungen nicht lesen, daher hatte er keine Ahnung, wo sie waren, als sie die Autobahn verließen. Mit Besorgnis beobachtete er wie die Umgebung immer ländlicher und somit einsamer wurde. Schließlich hielten sie vor einem rostigen Tor. Dahinter könnte Dudley eine Ruine erkennen, deren verfallene Türme sich vom hellen Nachthimmel deutlich abhoben. „Wir sind da. Steigen Sie aus, Mr. Dursley.“ Dudley dachte gar nicht daran, den hellen, warmen Wagen zu verlassen. „Hier steige ich nicht aus! Hier ist doch nichts!“ protestierte er. „Für diesen Unsinn haben wir nun wirklich keine Zeit! Wenn Sie so nett wären…!“ sagte sie dann zu dem Fahrer gewandt. Die Tür neben Dudley klappte auf und bevor er wusste, wie ihm geschah, fand er sich auf dem lehmigen Boden wieder. Er fluchte! „Kommen Sie endlich!“ befahl McGonagall, die inzwischen den Wagen verlassen hatte. Zu seinem entsetzen hatte sie tatsächlich das verrostete Tor angefasst und geöffnet. Wo war er hier nur gelandet? „Was ist mit meinem Gepäck?“ fuhr er sie an. „Das lass ich mir nicht wegnehmen!“ „Die Hauselfen werden sich darum kümmern.“ Dudley wusste nicht, was Hauselfen waren, aber er würde sein Gepäck gewiss nicht aus den Augen lassen. Er öffnete den Kofferraum, der zu seiner Überraschung nicht abgeschlossen war, und…fand nichts! Sein gesamter Besitz war verschwunden! „Wo sind meine Sachen?“ „Wahrscheinlich schon auf Ihrem Zimmer. Die Hauselfen neigen dazu, ihre Aufgaben schnell und diskret zu erfüllen. Wenn Sie nun endlich damit fertig sind, ein Spektakel aus sich zu machen…“ Sie trat durch das geöffnete Tor. Dudley folgte ihr unwillig mit stapfenden Schritten. Er hätte sich gerne noch eine Weile stur gestellt, aber er wollte seine Sachen wiederhaben, vor allem seinen Gameboy! Er konnte es kaum glauben, dass diese alte Vettel tatsächlich unbeirrt auf die Ruine zuging, ohne die Warnschilder zu beachten. Auf einer verfallenen Treppe hielt sie inne. „Willkommen in der Hogwartsschule für Hexerei und Zauberei.“ Dudley blinzelte. Wo zuvor noch eine Ruine gewesen war, erhob sich plötzlich ein prachtvolles Schloss. Obwohl das Gemäuer alt aussah, wirkte es keinesfalls verfallen und wirkte trotz seiner trutzigen Gestalt sehr einladend. Den gesamten Weg durch die Gänge kam Dudley aus dem Staunen nicht mehr heraus. Kostbar wirkende Wandbehänge, schimmernde Rüstungen und eine Unzahl von Bildern. Bilder, deren Bewohner ihm zuwinkten (und manchmal bösartig anfunkelten). Ohne sich dessen recht bewusst zu sein, schloss Dudley immer enger zu McGonagall auf. OOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOO Harry befand sich nun seit etwa einer Stunde in Hogwarts. Es war alles, was er sich erträumt hatte und noch viel mehr. Das Schloss für sich genommen versprach bereits Tage, ach was, Monate gefüllt mit spannenden Erkundungen. Die Ländereien waren so gewaltig, dass das Anwesen der Dursleys wie der Vorgarten eines Reihenhauses wirkte. Und bis jetzt hatte sich noch niemand feindselig ihm gegenüber verhalten. Sein neuer Vormund, Albus Percival Wulfric Brian Dumbledore (wie er sich selbst vorstellte), erwies sich als etwas exzentrisch, aber freundlich. Er erlaubte Harry direkt, ihn mit einem seiner Vornamen anzusprechen (Harry entschied sich für „Albus“, weil er die anderen Namen schon wieder vergessen hatte). Er begrüßte auch Snape sehr herzlich, und Harry war sehr erleichtert, als er hörte, dass dieser seinen alten Posten als Lehrer für Zaubertränke wieder aufnehmen würde. Wenn er in der Nähe blieb, dann würde er schon auf Harry acht geben. Weniger glücklich war er, als er erfuhr, dass auch Dudley mit ihm leben würde. Er hatte gehofft, den fetten Despot nie wieder sehen zu müssen. Er war sich sicher, sein Cousin würde schon einen Weg finden, ihm sein neues Leben so schwer wie möglich zu machen. „Ah“, meinte Albus plötzlich. „Minerva ist endlich angekommen.“ Die Tür öffnete sich und eine streng aussehende, ältere Frau trat ein. Hinter ihr keuchte Dudley in den Raum. „Harry, das ist Professor McGonagall. Sie ist die Hauslehrerin für Gryffindor.“ Harry sprang auf und gab ihr die Hand. „Erfreut, Sie kennenzulernen“, sagte er höflich. „Die Freude ist ganz auf meiner Seite“, versicherte sie. „Hallo Dudley!“ meinte Harry dann weit weniger enthusiastisch und nur der Höflichkeit wegen. Er erhielt keine Antwort. „Gab es Probleme? Ihr seid spät dran“, erkundigte sich Albus. „Nichts Wichtiges. Mr. Dursley war nicht im Internat als ich eintraf und das Packen hat länger gedauert als erwartet.“ „Mr. Dursley, ich habe Ihrem Cousin bereits das Du angeboten. Wenn Sie damit einverstanden ist, können wir es genauso halten.“ Dudley atmete einige Male keuchend ein und aus bevor er genug Luft hatte, um zu antworten. „Ich würde das „Sie“ vorziehen.“ Harry musste ein triumphierendes Grinsen unterdrücken. Dudley mochte glauben, dass er Stolz gezeigt hatte, aber in Wirklichkeit hatte er nicht nur wie ein trotziges Kind geklungen, er hatte sogar ein Privileg ausgeschlagen, das Harry nun ganz alleine nutzen durfte. „Wie Sie wünschen. Nun, Sie haben eine lange Reise hinter sich. Wie wäre es, wenn Sie sich erst einmal ausruhen? Ihr Zimmer finden Sie, wenn Sie einfach die Treppe hinaufgehen. Harry, du möchtest dein Zimmer doch gewiss auch sehen, oder?“ Eigentlich war Harry nicht besonders scharf darauf, mit Dudley zusammen den Raum zu verlassen, aber er war neugierig auf sein neues Quartier. Daher nickte er und hastete schnell die Stufen hinauf. Ein kleiner Vorsprung vor Dudley würde ihm sicher zum Vorteil gereichen. Er gelangte in ein weiteres Turmzimmer, gemessen an der Krümmung der Wand größer als das, was er gerade verlassen hatte. Gäbe es die Ausbeulung durch die Rundung nicht, dann wäre der Raum genau dreieckig gewesen. Genau in der Mitte des Raumes war ein runder Tisch mit vier Stühlen. Die gebogene Wand war von oben bis unten mit vollgestopften Bücherregalen bedeckt, die von drei großen Fenstern unterbrochen wurden. Unter jedem Fenster war eine violett und grün gepolsterte Sitzbank. An der einen geraden Wand befanden sich zwei Türen, zwischen denen sich ein großer Kamin befand. An der Anderen befanden sich eine Tür und die Öffnung zu der Treppe, die er gerade hochgekommen war. An den beiden Türen die dem rechten Winkel am nächsten waren, befanden sich Namensschilder. Auf der neben der Treppe stand Dudley, auf der neben dem Kamin Harry. Erleichtert, dass er ein eigenes Zimmer hatte, trat Harry durch die Tür. Der Raum dahinter war ein wenig enttäuschend, denn er war fast völlig leer. Der einzige Schmuck auf der steinernen Wand war ein Gemälde, das einen Löwen zeigte, der auf einem Felsen in der Steppe vor sich hin döste. Es gab zwar auch hier eingebaute Bücherregale und eine Bank unter dem Panoramafenster, doch darauf lagen keine Kissen und die Regale waren völlig leer. Ein sehr gebraucht wirkender Holzschreibtisch mit Holzstuhl stand in einer Ecke. Nur das große Bett versprach ein wenig Luxus, und Harrys Koffer, der neben der Kommode am Fuße des Bettes stand, versöhnte Harry wieder mit dem kahl wirkenden Raum. Neben dem Schreibtisch befand sich eine weitere Tür, durch die Harry nun einen Blick wagte. Dahinter befand sich ein Badezimmer, dass luxuriöser war als alles, was Harry bislang zur Verfügung gestanden hatte. Die irisierenden Kacheln waren mit hohen Wasserpflanzen bemalt, zwischen denen sich Fische, Seepferdchen und Wesen, die Harry nicht identifizieren konnte, im wahrsten Sinne des Wortes tummelten. Einen Blick auf eine weitere Tür ihm gegenüber ließ ihn zwar vermuten, dass er dieses Paradies mit Dudley würde teilen müssen, aber allein der Gedanke, eine so große Dusche (mit Brauseaufsatz!) benutzen zu können, ließ sein Herz höher schlagen. Es gab zwei identische Waschbecken, und über jedem hing ein eigener Spiegel. Harry trat an das nächstgelegen heran und drehte den Hahn auf. Wie er gehofft hatte, warmes Wasser! In den letzen Wochen hätte er es zu schätzen gelernt, nicht mehr unter einem eisig kalten Strahl zittern zu müssen. Weit weniger enttäuscht kehrte er in sein Zimmer zurück und wandte sich seinem Koffer zu. Sobald er einige seiner Bücher in die Regale geräumt hatte, würde das Zimmer gewiss nicht mehr so kahl wirken. Er hatte gerade den ersten Stapel seiner Schulbücher in die Hand genommen, als Dudley durch die Badezimmertür ins Zimmer trat. „Die erwarten doch nicht wirklich von mir, dass ich das Bad mit dir teile, oder?“ Harry beobachtete Dudley argwöhnisch. Sein Cousin schlenderte durch den Raum und berührte alles, was ihm unter die Finger kam. „Wenigstens ist dein Zimmer genau so eine Bruchbude wie meines. Nun, du bist ja nichts Besseres gewohnt, aber für mich ist das wohl kaum angemessen, oder? Harry verzichtete darauf, diese Aussage zu kommentieren. Seiner Ansicht nach war ein Schweinestall die angemessene Unterkunft für seinen verfressenen Cousin. Dessen Schweinsäuglein richteten nun ihre volle Aufmerksamkeit auf Harry. „Du denkst wohl, dass du jetzt was Besseres bist als ich, oder?“ „Ich denke nur, dass du lieber auch deinen Koffer auspacken solltest“, erwiderte Harry und drehte sich zum Regal, um demonstrativ die Bücher wegzustellen. Das war ein Fehler! Er hätte seinen Cousin nicht aus den Augen lassen sollen. Dudley packte ihm schmerzhaft am Handgelenk und riss ihn wieder herum. Die Bücher polterten zu Boden. „Das ist alles deine Schuld! Ich weiß nicht, welche Lügen du erzählt hast, um meine Eltern in Schwierigkeiten zu bringen…“ „Lügen?“ unterbrach ihn Harry. „Ich musste nicht lügen. Ich musste kein Wort sagen.“ Dudley wirkte völlig überrascht, dass Harry es gewagt hatte, ihn zu unterbrechen, doch er hatte sich schnell gefangen. „Du bist Schuld, dass sie im Gefängnis sitzen!“ „Das haben sie ganz alleine hinbekommen. Sie sind diejenigen, die mein Geld veruntreut haben. Und weißt du was? Damit wären sie wahrscheinlich sogar durchgekommen, wenn sie mich anständig behandelt hätten. Niemand hätte darauf geachtet, wie viel Geld in ihre eigenen Taschen geflossen ist, wenn sie nicht so dämlich und gierig gewesen wären.“ „Na warte!“ fauchte Dudley und erhob seine geballt Faust. OOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOO Sobald Severus sicher war, dass sich die beiden Jungen nicht mehr in Hörweite befanden, wandte er sich Albus zu. „Ist das klug? Ein Muggel in Hogwarts – ganz besonders dieser Muggel – wird nichts als Schwierigkeiten machen.“ „Was schlägst du vor? Die Zauberwelt trägt eine gewisse Verantwortung diesem Kind gegenüber. In einem Waisenhaus wäre es auf keinem Fall gut aufgehoben. Dort wäre er ein leicht erreichbares Ziel, sowohl für fanatische Harry-Potter-Fans, die ihn unbedingt rächen wollen, als auch für die Anhänger Voldemorts.“ „Es wird sich doch bestimmt ein nettes, diskretes Ehepaar finden, das den Jungen nehmen würde, oder?“ wandte Minerva zu Severus Überraschung ein. Er hätte nicht gedacht, dass sie bei diesem Argument auf seiner Seite sein würde. „Vielleicht, doch seine Anwesenheit hier hat einige Vorteile. Auch durch Dudleys Adern fließt Lily Potters Blut. Durch ihn können wir den Blutschutz hier im Schloss neu errichten und somit für die Sicherheit beider Jungen sorgen.“ „Ist das der wahre Grund, warum Mr. Dursley das Schuljahr über hierbleiben soll?“ fragte Minerva. „Um den Zauber wieder zu stärken?“ „Das Jahr hier wird Mr. Dursley gewiss nicht schaden. Seine schulischen Leistungen lassen sehr zu wünschen übrig. Ich werde einen guten Tutor für ihn besorgen, der ihm helfen wird, seine Wissenslücken aufzufüllen. “ Severus runzelte die Stirn. Also ging es in erste Linie um den Blutschutz. Das überraschte Severus weniger als die Tatsache, dass Albus sich kaum die Mühe machte, diese Motivation zu verschleiern. „Es wäre gut“, fuhr der Schulleiter fort, „wenn die beiden Jungen eine familiärere Beziehung entwickeln würden. Das würde den Schutz stärken.“ Aha, darum ging es ihm also, er wollte, dass sie Babysitter für die beiden Monster spielten, damit diese sich auch gut vertrugen. Aber ohne ihn! Potter alleine war zwar halbwegs erträglich, aber mit diesem verzogenen Balg von Cousin würde er sich nicht abgeben. Minerva seufzte. „Nach den Ereignissen können wir nicht vorsichtig genug sein“, gestand sie Dumbledore zu. Severus merkte auf. „Was für Ereignisse? Geht es um die toten Einhörner?“ „Unter anderem. Hast du den Klitterer gelesen?“ Severus rümpfte die Nase. „Der Unsinn, der im Tagesprophet steht ist schon fragwürdig genug, da werde ich meine Zeit nicht an dieses Schmierenblatt verschwenden.“ „Nun, diesmal war Xenophilius ziemlich nah an der Wahrheit dran mit seiner Theorie. Auch wenn Quirrell nicht von Wackspurts sondern von Voldemort befallen war. Beinahe wäre es ihm gelungen, den Stein der Weisen zu stehlen.“ Severus wurden die Knie weich bei der Vorstellung, was der Dunkle Lord mit dem Stein der Weisen hätte anstellen können. Um seine Schwäche zu verbergen setzte er sich in den nächstbesten Stuhl „Er hat alle Fallen überwunden?“ Dabei war er so stolz auf seine Idee gewesen. „Alle, bis auf die allerletzte. Der Spiegel Nerhegeb erwies sich glücklicherweise als ein unüberwindliches Hindernis. Ich bin sofort zurückgekehrt als mein Detektor mir signalisierte, dass jemand versucht, den Stein zu stehlen, aber wenn er den Spiegel mit derselben Leichtigkeit überwunden hätte wie die anderen Fallen, dann wäre ich zu spät gekommen.“ „Haben Sie Quirrel getötet?“ „Nein, als Voldmort meine Ankunft spürte ist er geflohen und hat den Körper seines Untergebenen zum Sterben zurückgelassen.“ „Und der Stein?“ Dumbledore sah ihn ernst an. „Was ich nun offenbare darf diese Wände nicht verlassen. Ich habe das Gerücht ausgestreut, dass ich den Stein vernichtet habe. Nikolas hat einen Vorrat Elixier mitgenommen und ist untergetaucht. Tatsächlich ist der Stein immer noch im Spiegel. Nikolas meint, da dies ein so sicheres Versteck sein, könne man den Stein dort ohne weiteres belassen. Ich habe die Fallen abbauen lassen, um die Illusion, dass der Stein vernichtet ist, zu unterstützen. Und ich habe den Spiegel an einen anderen, sichereren Ort gebracht. Hoffentlich wird das reichen, um Voldemort davon abzubringen, ein weiteres Mal danach zu suchen.“ Severus kam nicht umhin, ein wenig Stolz zu empfinden. Hier war er, Spion, ehemaliger Todesser, und doch vertraute Dumbledore ihm so eine wichtige Information an. Auch wenn er sich wünschte, dass der Schulleiter den Namen des Dunklen Lords nicht so beiläufig verwenden würde. Er wollte gerade eine Frage stellen, al s plötzlich ein prachtvoller Löwe laut brüllend durch die Gemälde der ehemaligen Schulleiter rannte und einigen Aufruhr verursachte. In einer fließenden Bewegung erhob sich Dumbledore von seinem Sessel. „Harry ist in Gefahr“, erklärte er und ging in Richtung seiner Gemächer, den Zauberstab gezückt. Die beiden Lehrer folgten seinem Beispiel. Severus konnte es kaum glauben. Gerade erst hatte er Harry in das Schloss gebracht und schon war er in Gefahr. Auf den Bengel aufzupassen war eine Vollzeitbeschäftigung. Die Szene, die sich ihnen bot, als sie in Harrys Schlafzimmer stürzten war nicht, was sie erwartet hatten. Severus hatte natürlich in Betracht gezogen, dass der grobschlächtige Cousin für den Alarm verantwortlich war, aber nicht damit gerechnet, dass besagter Cousin jammernd auf dem Boden hocken und sich die blutige Nase halten würde. ooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooo Harry starrte halb ungläubig, halb selbstzufrieden auf seinen blutenden Cousin. Er konnte kaum glauben, dass es ihm gelungen war, sich gegen dessen Attacke zu verteidigen. Dudley hatte wohl nicht damit gerechnet, dass er, der jahrelang vor ihm die Flucht ergriffen hatte, zurückschlagen würde. Harry hatte jedoch keine Zeit sich über seinen Triumph zu freuen. Nach der ersten Überraschung und sobald der schlimmste Schmerz verflogen war, funkelten Dudleys Augen vor Zorn. Harry hob die Fäuste. Beim nächsten Angriff würde er nicht so leicht davonkommen, aber er würde einen guten Kampf abliefern. Schritte ertönten, und Dudley änderte schnell seine Taktik. Schon wieder halb auf den Beinen ließ er sich wimmernd auf den Boden zurücksinken. „Er hat mich geschlagen!“ beklagte er sich, sobald er die Erwachsenen erblickte, die ins Zimmer gestürzt kamen, die Zauberstäbe erhoben. Harry duckte sich. Er wusste, nun würde er die Schuld für die Situation bekommen. Einen schönen Eindruck würde sein neuer Vormund von ihm bekommen. Wie immer hatte Dudley alles ruiniert. „Bedauerlich“, meinte Snape trocken. Harry wagte einen schnellen Blick in sein Gesicht und entspannte sich etwas. Snape war manchmal übertrieben unnachsichtig, aber diesmal richtete sich sein gestrenger Blick nicht auf Harry. Dudley, dem der Sarkasmus entgangen war, jammerte noch ein wenig lauter. „Unterlassen Sie dieses infernalische Gejaule! An einer blutenden Nase stirbt man nicht!“ meinte nun auch Professor McGonagall. Überrascht von der ungewohnten Reaktion verstummte Dudley tatsächlich. Sie trat vor und betrachtete die Verletzung. „Nichts ist gebrochen.“ Sie zückte ihren Zauberstab. Ungerührt von Dudleys offensichtlicher Angst sprach sie einen Zauber und das Blut verschwand. „Sneaky!“ rief Snape. Ein merkwürdige Kreatur mit Fledermausohren, gekleidet in ein Ledertuch, auf dem das Hogwartsemblem gestickt war, tauchte auf. Dudley stieß einen erstickten Schrei auf, aber Harry betrachtete das Wesen mit unverhohlenem Interesse. „Oh, Master ist zurück! Was kann Sneaky für ihn tun?“ Das Wesen wirkte sehr müde. Snape warf dem Schulleiter einen fragenden Blick zu. Dieser zuckte mit den Schultern. „Deine Vertretung hat die Annehmlichkeit, einen Hauselfen zur Verfügung zur haben, sehr genossen. Und Sneaky hat die letzten drei Tage damit verbracht das Labor, die Zutatenschränke und die Regale mit den Zaubertränken wieder nach deinem Standard zu organisieren.“ „Sneaky, hol mir Dose mit Heilsalbe für blaue Flecken. Vorausgesetzt, in meiner Anwesenheit ist etwas Brauchbares zusammengebraut worden.“ Harry fühlte sich leicht verraten. Dudley war nicht so schwer verletzt. Die Nase sah schon wieder völlig normal aus. Ehe irgendjemand etwas tun oder sagen konnte, kehrte Sneaky schon wieder zurück. „Hier, Mr. Tränkemeister, Sir!“ „Danke Sneaky! Und lass dir ruhig Zeit mit meinem Labor. Ich werde erst in etwa drei Wochen zurückkehren.“ Harry’s Herz sank. Snape wollte ihn wirklich hier alleine lassen? Lag ihm denn gar nicht an ihm? Er starrte zu Boden. Und sah überrascht auf, als lang gliedrige Finger sein Handgelenk hoben und vorsichtig Salbe auf die blauen Flecken schmierte, die Dudley dort hinterlassen hatte. Snape bewegte die Hand vorsichtig hin und her. Harry gab keinen Laut von sich und Snape nickte zufrieden. „Da nun alle Verletzungen versorgt sind, muss ich sagen, dass ich sehr enttäuscht bin!“ sagte nun Albus. „Aber er hat…“, protestierte Dudley. „Ich will es nicht hören, Mr. Dursley. Prügeleien sind in dieser Schule verboten, und ich werde meinen Mündeln gewiss nicht gestatten, sich über die Regeln hier hinwegzusetzen. Sie beide werden heute Abend auf ihren Zimmern bleiben. Ich will sie vor Morgen früh nicht mehr zu Gesicht bekommen. „Aber…“, setzte Dudley noch einmal an. „Muss ich Sie erst persönlich auf ihr Zimmer bringen lassen?“ erkundigte sich Albus. Dudley funkelte ihn an, war aber klug genug, es nicht darauf ankommen zu lassen. Wütend stapfte er hinaus. Snape schraubte das Salbendöschen wieder zu. „Wenn das alles ist, dann würde ich mich gerne zurückziehen.“ „Sicher! Alles Weitere können wir morgen besprechen.“ Harry war erleichtert. Zumindest würde Snape nicht sofort abreisen. „Harry, die Hauselfen werden dir später etwas zu Essen bringen. Wir sehen uns dann beim Frühstück. Schlaf gut!“ „Schlafen S…ich meine….Gute Nacht!“ Kurz darauf war Harry alleine. Er konnte sein Glück kaum fassen. Zum ersten Mal hatte niemand Dudleys Partei gegen ihn ergriffen. Und die Strafe war nicht der Rede wert. Er bekam sogar etwas zu essen. Und die Zeit hier konnte er gut nutzen, um seine Sachen fertig auszupacken. Er ahnte, die nächsten Monate würden die Besten seines Lebens werden. Anm.: *In England gibt es keine einheitliche Regelung bezüglich des Aussehens von Taxis. Erkennen tut man sie lediglich an den Taxizeichen auf dem Dach. Es ist daher nicht erstaunlich, dass Dudley sich über das Aussehen des Wagens nicht weiter wundert. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)