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Bis über den Tod hinaus

Liebe übersteht alles
von

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Bis über den Tod hinaus

31. Oktober 1981
 

Die Feder tanzte über das leicht gelbliche Papier, das sich an manchen Stellen schon leicht wellte, wegen der Tränen, die ihre Augenwinkel verließen, ihre Wange herunterrollten und von ihrem Kinn tropft, die Tränen die an ihrer blassen Nasenspitze hingen, die Tropfen, die die schwarze Tinte leicht verlaufen ließen, trotzdem noch lesbar.

Ihre Haare fielen ihr wie ein roter, seidig glänzender Vorhang ins Gesicht.

Ihre leuchtend grünen Augen, die Traurigkeit ausstrahlten, huschten ein letztes Mal über die Zeilen, dann setzte sie mit einem zufriedenen, dennnoch traurigen Lächeln ihre schwungvolle Unterschrift unter den Brief.

Wäre er hier, er würde erkennen, dass etwas nicht stimmte. Er würde sie liebevoll in den Arm nehmen, ihr mit seinen warmen Händen über den Rücken streichen, ihre Wange streicheln und ihr Geborgenheit und Liebe geben, und Sicherheit. Er würde sie trösten und alles wieder gut werden lassen – für diesen Moment.

Aber es sollte nicht so sein, sie wollte es auch gar nicht, sie hätte es nicht ausgehalten.

Wie sehr sehnte sie sich nach seinen starken Armen, nach seinen haselnussbraunen Augen, nach ihm. Doch wie sehr wusste sie, dass er jetzt nicht kommen durfte, und wie sehr wusste sie, dass es so oder so geschehen würde. Sie konnte nicht anders.

Ein rascher Blick auf die Uhr, hastig, aber ordentlich faltete sie das Papier zwei mal und schrieb langsam und sorgfältig seinen Namen auf den Brief.

„Für James

Tränen ließen die Schrift verlaufen, machten sie unlesbar.

Doch er würde es erkennen.

Sie ließ den Brief dort, auf dem aufgeräumten Küchentisch liegen.

Dann nahm sie den anderen Brief in ihre zarten, dünnen Hände.

Sie schritt vorsichtig die Treppe hoch. Ins Kinderzimmer.

Dort lag ihr Sohn – gerade 15 Monate alt, wie ihm aus dem Gesicht geschnitten. Wäre er wach gewesen, hätte man sehen können, dass er die Augen seiner Mutter hatte.

Vorsichtig schob sie ihm den zweiten Brief unter das Kopfkissen.

„Für Harry

Traurig strich sie ihm noch ein letztes Mal über die Wange.

Ein letztes Mal schritt sie diese Treppe hinunter, ein letztes Mal strich sie sanft über das Treppengeländer.

Sie ging aus dem Haus, glitt ein letztes Mal mit dem Blick über das einladende Haus, ging weiter.

Mit erhobenem Blick und Tränenspuren auf den Wangen ging sie die Straßen von Godric’s Hollow entlang.

Stumm.

Sie spürte nicht, wie der Wind durch ihre roten Haare strich, ihr helles Nachthemd tanzen ließ und ihre nackten Füße kitzelte.

Es war kalt, doch sie spürte die Kälte nicht, sie spürte nicht, wie sie auf einen spitzen Stein trat, sie hörte die Nachbarn nicht, die sie grüßten.

All diese Eindrücke nahm sie nicht wahr.

Die Straße bog sich zu einer Kurve, doch sie schritt weiterhin gerade aus weiter, auf einem Trampelpfad, direkt zum Meer.

Das lange Gras beugte sich dem Wind, sie verließ den Trampelpfad, der hinunter zum Strand führte. Sie stieg eine der Klippen hinauf, die sich weit über das Meer ausstreckten, das heftige Wellen schlug.

Ihre Haare und ihr Nachthemd wehten im Wind. Langsam streckte hob sie die Arme, trat einen Schritt näher an den Rand der Klippe.

In ihrem Kopf hörte sie Harry weinen, James schrie „Nicht!“

Doch in diesem Moment wünschte sie sich Nichts sehnlicher.

Sie atmete tief ein, roch den Duft der salzigen Luft, roch das Leben.

Sie hörte den Wind rauschen und die Wellen an die Klippen klatschen.

Sie schloss die Augen, entspannte sich.

Sie sprang.
 

****
 

Er rief sie.

James hatte schon ein bedrücktes Gefühl, als er vor der Haustür stand.

Bald musste er kommen,

Lord Voldemort.

Keine Antwort.

Ein erneuter Ruf.

Beunruhigt stieg er die Treppe hoch, hinter der ersten Tür sah er nur Harry, friedlich schlafend.

Er suchte weiter, aber er fand sie nicht.

Mit einem schweren Gefühl im Magen ging er zurück nach unten, in die Küche.

Alles sah unberührt aus, doch ihm fiel bald das zusammengefaltete Papier auf dem Tisch auf.

Zaghaft schritt er auf den Tisch zu.

Und bevor er richtig hinsah, wusste er, dass

„Für James“

drauf stand.

Er streckte die Hand aus, vorsichtig nahm er den Brief in seine Hände, er zitterte am ganzen Leib.

Ihm fiel auf, dass sie geweint haben musste.

Langsam faltete er den Zettel aus einander.

Er schloss kurz die Augen, holte tief Luft und fing an, die saubere Schrift zu lesen.
 

„Geliebter James,

Es tut mir so Leid.

Ich weiß nicht, ob du mich verstehen kannst, ich weiß nicht einmal, ob ich mich selbst verstehen kann,

und bevor du versuchst, mich zu verstehen, will ich, dass du weißt, ich habe die Zeit mit dir genossen, ich will, dass du weißt, ich kann mich nicht dafür entschuldigen.

Ich wusste schon seit Tagen, er würde uns finden. Ich wusste, ich würde sterben.

Ich wusste, hätte ich es dir gesagt, hättest du mich und Harry in Sicherheit gebracht und Voldemort angegriffen.

Ich wusste, du würdest sterben.

Ich könnte nicht ohne dich leben, ich wollte so nicht leben, ich hatte Angst.

Das Alles entschuldigt mich nicht, ich weiß.

Hätte nur ich überlebt, hätten weder ich, noch Harry ein schönes Leben geführt, ich weiß, du könntest mit ihm alleine leben, doch ich hätte es nicht geschafft. Ich bin eine schlechte Mutter.

Ich bin unglaublich feige, doch ich hätte das nicht ausgehalten.

Ich hoffe, dass du, und dass Harry, dass ihr beide überlebt, dass ihr ein schönes Leben führt, ohne mich.

Ich hoffe, dass ihr nach einem langen und ausgefüllten Leben zu mir kommt, und mir sagen könnt, dass ihr mir verzeiht.

Ich hoffe, und verlange, dass du mir nicht freiwillig nachkommst, du hast es nicht verdient, wegen mir zu sterben, auch wenn ich kein Recht darauf habe, etwas von dir zu verlangen, denn ich bin dir so viel schuldig.

Ich denke, du wirst enttäuscht von mir sein, zurecht, ich bin es selbst.

Ich komme mir vor wie ein widerlicher Feigling, der nur wegen einem schlechten Gefühl sein Leben aufgibt.

Ich komme mir vor, wie eine schreckliche Frau, die den, der sie liebt, alleine lässt, nur weil sie schwach ist.

Vor Allem komme ich mir vor, wie eine schlimme Mutter, die ihren Sohn ohne Mutter aufwachsen lässt, aber ich denke, du wirst es schaffen, ihm ein schönes Leben zu schenken.

Ich will, dass du weißt, ich liebe dich“
 

Die letzen Worte las er nicht mehr.

Sein Herz schrie, die Tränen kullerten nur so.

Traurig stieg er die Treppen hoch, setzte sich auf den Stuhl neben Harrys Bett, strich ihm immer wieder über den Kopf.

Dabei murmelte er leise Worte.

So saß er einige Stunden. Einsam. Verloren.

Er hörte die Tür aufschlagen, hörte schwere Schritte die Treppe hinaufsteigen.

Jemand schlug die Tür auf.

Lord Voldemort.

Doch James hatte seinen Entschluss gefasst.

Als ein grüner Blitz Richtung Harry zucke, sprang er davor, bereit, mit dem Leben abzuschließen.

Lautlos fiel er zu Boden.

Den Brief in der leblosen Hand.

Harry schlief seelenruhig weiter.
 

***
 

31. Oktober 1998
 

Er ging einen Schritt weiter.

Vorsichtig strich er mit seiner zitternden Hand über das Tor.

Aus dem Unkraut wuchs ein Schild, beschriftet mit goldenen Buchstaben:
 

„An dieser Stelle verloren in der Nacht des 21. Oktober 1981

Lily und James Potter ihr Leben.

Ihr Sohn Harry ist bis heute der einzige Zauberer,

der jemals den Todesfluch überlebt hat,

Dieses Haus, für Muggel unsichtbar,

wurde in seinem zerstörten Zustand belassen

zum Gedenken an die Potters

und zur Erinnerung an die Gewalt,

die ihre Familie zerriss.“
 

Er schob langsam das Tor auf, ging den Weg entlang und trat durch die Haustür ein.

Früher einmal musste das Haus wunderschön, hell und freundlich gewesen sein, doch nun hatte es jeglichen Glanz verloren. Er schritt durch die Küche, auf dem Tisch waren ein paar schwarze Tintenflecke und es lag eine Feder dort. Alles war mit einer dicken Staubschicht bezogen. Vorsichtig ging er die Treppe hoch, die erste Tür stand offen. Er trat hinein. Hier war ein Teil weggesprengt, doch als ob es einen magischen Schutz hätte, war sein Kinderbett unberührt.

Vorsichtig und langsam ging er zu seinem ehemaligen Schlafplatz.

Er nahm das kleine, von Hand bestickte Kissen in die Hand. Eine lächelnde Sonne war darauf abgebildet.

An der Stelle, wo vorher das Kissen war, lag ein zusammengefaltetes Papier.

„Für Harry“

Mit laut klopfendem Herz nahm er sich den Zettel, nachdem er das Kissen beiseite gelegt hatte, faltete es auf und begann zu lesen.
 

„Lieber Harry.

Ich hoffe, du verzeihst mir, dass du ohne mich leben musstest.

Eine Nachbarin erzählte mir einmal, sie fühlte sich erst, wie eine richtige Mutter, als sie mit erlebte, wie ihr Kind aufwuchs.

Ich bin traurig, ich habe mir immer vorgestellt, wie du mir stolz von deinen Quidditcherlebnissen erzählen würdest, wie du mir deine Zeugnisse präsentieren würdest, wie du mit mir lachen würdest, all das, was eine Mutter mit seinem Sohn erlebt, doch all dies erleben wir nicht zusammen, und ich fühle mich schuldig.

Vielleicht solltest du wissen, ich bin nicht so ehrenhaft gestorben, wie dir vielleicht erzählt wurde.

Ich bin aus dem Leben geflohen, hatte Angst vor der Einsamkeit.

Ich wusste, dass er kommen würde, doch sagte ich nichts, weil ich wusste, James würde bleiben und sterben, während wir in Sicherheit sein würden. Ich könnte nicht ohne ihn leben, ich liebe ihn.

Harry, ich weiß nicht, wie alt du bist, ob James bei dir ist, aber ich hoffe, es geht dir gut, ich hoffe du konntest auch ohne mich dein Leben führen, ich hoffe, du kannst mir ein kleinwenig verzeihen.

Ich bin eine schlechte Mutter, ich habe dich im Stich gelassen, obwohl ich es selbst nicht richtig verstehen kann, was ich tue.

Aber ich kann verstehen, wenn du mich, nachdem, was ich getan habe, nicht mehr als Mutter ansehen kannst und willst, egal wie sehr ich dich liebe.

Oh Harry, ich werde einfach gehen und sterben, ich habe solche Angst davor, was passieren wird, aber ich freue mich darauf, dich und deinen Vater, nachdem ihr ein schönes Leben hattet, wieder zu sehen.

Ich möchte dass du weißt,

ich werde dich nie vergessen,

ich liebe dich so sehr, bis über den Tod hinaus.

Deine, dich liebende, Mutter

Lily Evans“
 

____

nehmen wir einfach mal an, James hat sich für Harry geopfert ^^

Ich weiß, wegen dem Fideliuszauber hätte James gar nciht weggehen können, aber das übersehen wir einfach mal. ^^

lg

PS: Ich würde mich -wirklich- über Kommis freuen °^°



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2009-07-22T08:54:59+00:00 22.07.2009 10:54
Hey!

Ich hab`s endlich geschafft, mal bei MEINEN Lesern nach den FFs zu schauen! xD Es ist so lustig dich eigentlich nur von meiner FF zu kennen und dann deine Stories zu lesen...!

So, nun zum OS!
Also, ich bin eigentlich Niemand, der wirklich nahe am Wasser gebaut ist (außer an der Stelle, an der Sirius und Dumbledore abgekratzt sind, da muss ich zugeben, hab ich Rotz un Wasser geheult...), aber hier sind mir doch tatsächlich ein paar Tränen hinunter gekullert! x3
Und das, glaub mir, schafft wirklich nicht Jeder!

Also, ich finde es super-klasse und hoffe, ich bekomm noch mehr von dir zu lesen! Werde auf jeden Fall erst Mal den anderen OS. (Irgendwas mit Frühling...? xD)

LiebeGrüße,
deine LynniE.
Von: abgemeldet
2009-05-28T18:16:14+00:00 28.05.2009 20:16
Oh... Q~Q
Ich bin total gerührt.
Das war ja so traurig. U.U
Aber so schön beschrieben.
Ich liebe deinen Schreibstil.
Ehrlich.
Hoffentlich schreibst du noch mehr! ^o^
Von: abgemeldet
2009-05-13T17:06:56+00:00 13.05.2009 19:06
Bin grade zum ersten Mal bei animexx und hab ein bisschen
rumgesurft. Bin dabei auf deine FF gestoßen, weil mir der
Titel so gut gefiel!!! Und das Kapitel auch!
Hat mir echt gefallen!
Lg

Sarah


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